Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16

bei uns veröffentlicht am29.02.2016

Tenor

Die Beschwerden des Angeklagten gegen die Verfügungen des Vorsitzenden der Kleinen Strafkammer 10 des Landgerichts Hamburg vom 5. Februar 2016 werden auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe

I.

1

Der Angeklagte ist am 1. Oktober 2015 durch das Amtsgericht Hamburg wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden; zuvor war ihm auf ausdrücklichen Wunsch des Angeklagten unter Entpflichtung des bisherigen Verteidigers nunmehr Rechtsanwalt ... als Verteidiger beigeordnet worden.

2

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht dieses Urteil am 12. Februar 2016 im Rechtsfolgenausspruch geändert und den Angeklagten - unter Verwerfung seiner eingelegten Berufung - zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Hiergegen hat der Verteidiger am 12. Februar 2016 Revision eingelegt.

3

Nachdem der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung am 5. Februar 2016 erklärt hatte, dass er den „Rechtsanwalt wechseln“ möchte, denn „ich glaube ihm nicht mehr“, und der Vorsitzende dieses Begehren als Antrag auf Entpflichtung des Pflichtverteidigers „abgelehnt“ hatte, hat der beigeordnete Verteidiger seine Entpflichtung beantragt. Diesen Antrag hat der Vorsitzende „zurückgewiesen“. Daraufhin hat der Verteidiger mit einem als Anlage zu Protokoll gereichten Schriftsatz Beschwerde „gegen die Anordnung des Vorsitzenden, mit der der Antrag auf Entpflichtung zurückgewiesen wurde“ eingelegt und zugleich beantragt, dem Angeklagten zur Begründung der Beschwerde einen Pflichtverteidiger zu bestellen. Gegen den diesen Antrag zurückweisenden Beschluss hat der Verteidiger sodann “namens des Angeklagten“ Beschwerde eingelegt.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Beschwerden beantragt.

II.

5

Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

6

1. Die Beschwerden sind statthaft (§ 304 Abs. 1 StPO).

7

a) § 305 S. 1 StPO steht der Zulässigkeit der Beschwerden nicht entgegen. Nach zutreffender herrschender Meinung handelt es sich, auch wenn ablehnende Entscheidungen zu § 140 StPO - wie hier - in der Hauptverhandlung ergangen sind, nicht um der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidungen im Sinne dieser Vorschrift (Senatsbeschluss vom 17. April 2013, Az.: 2 Ws 72/13; KK-Zabeck, StPO, 7. Auflage, § 305 Rn. 8; Meyer-Goßner, StPO, 58. Auflage, § 141 a Rn. 10a m.w.N.).

8

b) Der Verteidiger, dem ein eigenes Beschwerderecht weder gegen die Ablehnung seiner gerichtlichen Bestellung (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 141 Rn. 10 m.w.N.) noch gegen die Ablehnung seiner Entpflichtung (Senatsbeschluss vom 17. November 1997, NJW 1998, 621; OLG Bamberg, MDR 1990, S. 460; OLG Hamm NJW 2006, 2712 f.) zusteht, hat die Beschwerden namens und im Auftrag des Angeklagten eingelegt.

9

c) Hinsichtlich der gegen die „Zurückweisung“ der Entpflichtung gerichteten Beschwerde ist der Beschwerdegegenstand noch hinreichend bestimmbar. Insoweit ergibt die nach § 300 StPO gebotene Auslegung unter Berücksichtigung des weiteren Beschwerdevorbringens noch hinreichend klar, dass es sich der Sache nach um eine Beschwerde gegen die zeitlich vorangegangene, den Entpflichtungsantrag des Angeklagten ablehnende, Verfügung handelt.

10

Zwar könnten sowohl der zeitliche Ablauf der Beschwerdeanbringung nach der „Zurückweisung“ seines auf Entpflichtung gestellten Antrags sowie die nachfolgende Bezeichnung des Beschwerdegegenstandes („gegen die Anordnung des Vorsitzenden, mit der der Antrag auf Entpflichtung zurückgewiesen [Hervorhebung durch Senat] wurde“) nahelegen, dass allein die Verfügung des Vorsitzenden angefochten sein soll, mit der die vom Verteidiger - der Sache nach bereits unzulässig (HansOLG NJW 1978, 1172) und damit mangels eigener Beschwer überdies einem eigenem Rechtsmittel entzogene (Senatsbeschluss vom 17. November 1997, NJW 1998, 621; OLG Bamberg a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. § 143 Rn. 7) - selbst beantragte Entpflichtung versagt wurde.

11

Indes ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen und der Verknüpfung, wonach dem Angeklagten zur Begründung der - gemeint: seiner - Beschwerde ein neuer Pflichtverteidiger zu bestellen sei, dass es sich allein um ein Rechtsmittel des Angeklagten gegen die erste ergangene Verfügung des Vorsitzenden handeln soll.

12

2. Die Beschwerden des Angeklagten sind aber unbegründet.

13

a) Die Beschwerde des Angeklagten gegen die unterlassene Bestellung eines (weiteren) Pflichtverteidigers für das Beschwerdeverfahren ist unbegründet, weil der Angeklagte hierauf keinen Anspruch hat.

14

aa) Mit dem Institut der notwendigen Verteidigung und mit der Bestellung eines Verteidigers sichert der Gesetzgeber das Interesse, das der Rechtsstaat an einem prozessordnungsgemäßen Strafverfahren hat (BVerfG NJW 1984, 113 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 140 Rn. 1): das Institut gewährleistet vorrangig den Anspruch des Beschuldigten auf effektive Verteidigung. Zugleich soll aber die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens garantiert werden (Senatsbeschluss vom 17. November 1997, NJW 1998, 621; Kett-Straub, NStZ 2006, S. 361, 362); insofern ist auch eine Bestellung gegen den Willen des Beschuldigten möglich (BVerfG a.a.O.).

15

bb) Gemessen hieran besteht keine Notwendigkeit einer weiteren Beiordnung eines weiteren Verteidigers.

16

Der Senat lässt es dahingestellt, unter welchen Voraussetzungen überhaupt ein weiterer Pflichtverteidiger zu bestellen ist; jedenfalls gebietet das Institut der notwendigen Verteidigung keine weitere Beiordnung in Fällen, in denen der Angeklagte, der bereits pflichtverteidigt ist, mit einem lediglich pauschal vorgetragenem Vorwurf ohne jede Substantiierung die Entpflichtung seines beigeordneten Verteidigers begehrt: ebenso wenig wie es der Angeklagte in der Hand hat, durch unsubstantiierte Behauptungen seinen Pflichtverteidiger „abzuschießen“ (zum Begriff und Phänomen s. Kett-Straub, a.a.O. S. 365), ist das Gericht veranlasst, einen zweiten Verteidiger auf Zuruf gleichsam „ins Blaue“ hinein zu bestellen.

17

Vorliegend erschöpft sich das gesamte Vorbringen in der Äußerung des Angeklagten, wonach er seinem Rechtsanwalt „nicht mehr glaube“; im weiteren Beschwerdevorbringen ist pauschal von einem „schwerwiegenden Vertrauensverlust“ die Rede sowie davon, dass von einem Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht mächtig und juristischer Laie sei, nicht verlangt werden könne, fundiert vorzutragen. Der Senat vermag nicht zu erkennen, warum der Angeklagte - dem überdies ein Dolmetscher zur Verfügung stand - nicht in der Lage sein soll, in eigenen Worten Umstände darzulegen, weshalb er seinem auf eigenen Wunsch hin beigeordneten Verteidiger nicht mehr „glauben“ - was immer das bedeuten mag - könne.

18

Ebenso erschließt sich dem Senat nicht, dass der bisher beigeordnete Verteidiger gehindert sein soll, substantiiert für den Angeklagten dieses vorzutragen: auch unter Berücksichtigung des Mandatsverhältnisses und der hieraus resultierenden Verschwiegenheitsverpflichtung hat es der Angeklagte in der Hand, den notwendigen Vortrag beizubringen.

19

b) Die Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung des Widerrufs der Bestellung von Rechtsanwalt ... hat in der Sache ebenfalls keinen Erfolg, weil ein wichtiger Grund, der einen Widerruf rechtfertigen könnte, nicht vorliegt und auch vorrangige Interessen entgegenstehen.

20

Bei dieser Entscheidung sind die unter II.2.a)aa) nebeneinanderstehenden Zwecke der notwendigen Verteidigung zu beachten.

21

aa) Soweit anerkannt ist, dass neben dem Ausschließungsverfahren nach §§ 138a ff. StPO und über die ausdrücklich normierten Fälle der §§ 143, 145 Abs.1 StPO hinaus die Bestellung eines Verteidigers aus wichtigem Grund aufgehoben werden kann (BVerfG NJW 1975, 1015; BGH NStZ 1993, 600; OLG Bremen NStZ 14, 358; Senatsbeschluss a.a.O.), muss eine ernsthafte Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Angeklagten und dem Pflichtverteidiger vorliegen (OLG Karlsruhe NStZ 1988, 239 f.) und deshalb zu besorgen sein, dass die Verteidigung objektiv nicht mehr sachgerecht geführt werden kann (BVerfG NJW 2001, 3695 ff; KK-Laufhütte/Willnow, 7. Auflage, § 143 Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 143 Rn. 5). Allerdings reicht der bloße Hinweis auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis nicht aus, da der Angeklagte keinen Anspruch auf Abberufung eines Verteidigers hat, zu dem er kein Vertrauen zu haben glaubt (so aber MüKo StPO/Thomas/Kämper § 143 Rn. 9). Voraussetzung ist vielmehr, dass konkrete Umstände substantiiert dargelegt werden, die vom Standpunkt eines vernünftigen und verständigen Beschuldigten aus die Sorge rechtfertigen, dass die Verteidigung objektiv nicht mehr sachgerecht geführt werden kann (ganz HM, vgl. BGH NStz-RR, 2005, 240; StV 2004, 302; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. m. w. N.).

22

Hieran fehlt es aus den bereits unter II.2.a)bb) dargelegten Gründen.

23

bb) Im Übrigen merkt der Senat an, dass auch widerstreitende verfahrenssichernde Interessen einer Entpflichtung des bisherigen Verteidigers entgegenstanden und -stehen.

24

So befand sich der Angeklagte im Beschlusszeitpunkt seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft und hatte damit die erstinstanzlich ausgesprochene Haftstrafe bereits faktisch vollverbüßt, die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hatte bereits an vier Hauptverhandlungstagen (5. Januar 2016, 12. Januar 2016 und 15. Januar 2016 und 5. Februar 2016) stattgefunden und war weitgehend abgeschlossen. Nach Antragstellung und ablehnender Verbescheidung durch den Vorsitzenden der Kleinen Strafkammer am 5. Februar 2016 stand der abschließende Hauptverhandlungstermin am 12. Februar 2016 an, an welchem nach Einvernahme von zwei weiteren Zeugen - die jeweils nach wenigen Minuten entlassen wurden - der Angeklagte zu seinen persönlichen Verhältnissen gehört und die Beweisaufnahme geschlossen wurde. Nach den Plädoyers und dem letzten Wort ist das Urteil verkündet und der Haftbefehl aufgehoben worden. Der vom Angeklagten unzulänglich begründete Wunsch nach Austausch des Verteidigers hätte unter den gegebenen Umständen zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung geführt und dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten besonderen Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen widersprochen (vgl. zur Beachtung des Beschleunigungsgebots im Rahmen des § 142 Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 142 Rn. 9a); hinzu kommt, dass ein zur Verteidigung bereiter Rechtsanwalt vom Angeklagten noch nicht einmal benannt worden war.

25

Gegenwärtig ist der Angeklagte überdies für das Gericht nicht erreichbar, wie seine Entlassung aus der Untersuchungshaft „o.f.W.“ belegt. Deshalb sprechen auch Gründe der Verfahrenssicherung - vgl. nur § 145 a, 345 StPO - dagegen, den lediglich mit einem pauschalen Vorwurf belegten Verteidiger selbst gegen den Willen des Angeklagten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. Rn. 10) - auf den Willen des Verteidigers kommt es insoweit nicht an (vgl. LR/Lüderssen/Jahn, 26. Auflage, § 142 Rn. 30)- zu dieser Unzeit zu entpflichten.

III.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16

Referenzen - Gesetze

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16 zitiert 9 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 140 Notwendige Verteidigung


(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn 1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last g

Strafprozeßordnung - StPO | § 300 Falschbezeichnung eines zulässigen Rechtsmittels


Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

Strafprozeßordnung - StPO | § 305 Nicht der Beschwerde unterliegende Entscheidungen


Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaub

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

Strafprozeßordnung - StPO | § 145 Ausbleiben oder Weigerung des Pflichtverteidigers


(1) Wenn in einem Falle, in dem die Verteidigung notwendig ist, der Verteidiger in der Hauptverhandlung ausbleibt, sich unzeitig entfernt oder sich weigert, die Verteidigung zu führen, so hat der Vorsitzende dem Angeklagten sogleich einen anderen Ver

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 29. Feb. 2016 - 2 Ws 28/16.

Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 21. Dez. 2017 - 2 Ws 206 - 207/17

bei uns veröffentlicht am 21.12.2017

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 33, vom 13. November 2017 aufgehoben und die Sache an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfa

Referenzen

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

(3) (weggefallen)

Ein Irrtum in der Bezeichnung des zulässigen Rechtsmittels ist unschädlich.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

(1) Wenn in einem Falle, in dem die Verteidigung notwendig ist, der Verteidiger in der Hauptverhandlung ausbleibt, sich unzeitig entfernt oder sich weigert, die Verteidigung zu führen, so hat der Vorsitzende dem Angeklagten sogleich einen anderen Verteidiger zu bestellen. Das Gericht kann jedoch auch eine Aussetzung der Verhandlung beschließen.

(2) Wird der notwendige Verteidiger erst im Laufe der Hauptverhandlung bestellt, so kann das Gericht eine Aussetzung der Verhandlung beschließen.

(3) Erklärt der neu bestellte Verteidiger, daß ihm die zur Vorbereitung der Verteidigung erforderliche Zeit nicht verbleiben würde, so ist die Verhandlung zu unterbrechen oder auszusetzen.

(4) Wird durch die Schuld des Verteidigers eine Aussetzung erforderlich, so sind ihm die hierdurch verursachten Kosten aufzuerlegen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.