Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 09. März 2016 - 15 W 540/14
Tenor
Die Sache wird durch den Einzelrichter zur Entscheidung auf den Senat übertragen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.)
3Der Beteiligte zu 1) ist Bauträger der in den o.a. Grundbuchblättern eingetragenen Wohnungseigentumsanlage bestehend aus 20 Sondereigentumseinheiten. Nach Anlage der Grundbuchblätter hat er durch Ergänzungserklärung vom 11.08.2014, teils in Vollmacht für die ersten Erwerber, die Zuordnung von zwei Kellerräumen zu dem jeweiligen Wohnungseigentum durch Tausch geändert und das an einem weiteren Kellerraum begründete Sondereigentum aufgehoben. Die Aufhebung des Sondereigentums an dem Kellerraum (Nr.5) ist im Bestandsverzeichnis aller o.g. Grundbuchblätter vermerkt worden. Hierfür hat das Grundbuchamt mit Kostenrechnung vom 17.09.2014 insgesamt 20 Festgebühren von je 50 € nach KV Nr.14160 Ziff.5 GNotKG, mithin insgesamt 1.000 € in Ansatz gebracht. Gegen diese Kostenrechnung hat der Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht der Erinnerung teilweise abgeholfen und den Kostenansatz der Sache nach auf drei Festgebühren reduziert. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der Beschwerde und dem beschränkten Ziel, eines Ansatzes der Festgebühr für jede der Einheiten im Hinblick auf die Aufhebung des Sondereigentums an dem Kellerraum Nr.5.
4II.)
5Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
6Das Amtsgericht hat der Erinnerung des Beteiligten zu 1) zu Recht abgeholfen. Nach KV Nr.14160 Ziff.5 GNotKG wird die Festgebühr u.a. für die Eintragung der Aufhebung des Sondereigentums erhoben, und zwar für jedes betroffene Sondereigentum gesondert. Es kommt also entscheidend darauf an, wann ein Sondereigentum als von der Aufhebung betroffen anzusehen ist.
7Geht man vom Wortlaut der Vorschrift aus, so zeigt sich zunächst, dass es nicht darauf ankommen kann, ob die Aufhebung des Sondereigentums an dem Kellerraum Nr.5 in allen Wohnungsgrundbüchern vermerkt worden ist. Denn KV Nr.14160 Ziff.5, 2.HS GNotKG knüpft an die Betroffenheit des Rechts und nicht an buchungstechnische Vorgänge an (wie hier OLG München RPfleger 2016, 58f, das entgegen dem missverständlichen Leitsatz zu 3) in den Gründen auf die rechtliche Betroffenheit abstellt; Korintenberg/ Hey´l, GNotKG, 19. Aufl., KV Nr.14160 Rdn.29; Müller MittBayNot 2015, 18, 19; Böhringer BWNotZ 2015, 98, 104).
8Auch die Auffassung der Beschwerde, dass durch die Aufhebung alle Sondereigentumseinheiten insoweit betroffen sind, als hierdurch der Umfang des den jeweiligen Miteigentumsanteilen unterliegenden Gemeinschaftseigentums vergrößert werde, ist zwar materiell-rechtlich zutreffend, kostenrechtlich aber nicht zielführend. KV Nr.14160 Ziff.5 GNotKG unterscheidet, wie das bisherige Recht in den Absätzen 2 und 3 des § 76 KostO, zwischen der Änderung des Inhalts des Sondereigentums und der Aufhebung des Sondereigentums. Diese Unterscheidung wäre sinnlos, wenn eine (teilweise) Aufhebung des Sondereigentums über die Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum kostenrechtlich zugleich stets als Veränderung des Inhalts des verbleibenden Sondereigentums anzusehen wäre. Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass mit Aufhebung des Sondereigentums nur die vollständige Aufhebung aller Sondereigentumsrechte gemeint sei. Denn § 76 Abs.3 KostO, auf den sich auch der Gesetzgeber des GNotKG bezogen hat (vgl. BTDrs. 17/11471 S.210), verweist wegen des Begriffs der Aufhebung auf § 4 WEG. Diese Vorschrift differenziert jedoch nicht zwischen einer teilweisen und der vollständigen Aufhebung des Sondereigentums. Vielmehr gilt die Vorschrift nach wohl allgemeiner Auffassung auch für die teilweise Aufhebung von Sondereigentum (vgl. etwa Staudinger/Rapp, BGB, Neubearb. 2005, § 4 WEG Rdn.7; BeckOK-BGB/Hügel, Stand 2015, § 4 WEG Rdn.2).
9Hierfür spricht auch der vom Gesetz benutzte Ausdruck des Sondereigentums. Denn Sondereigentum ist nach § 5 Abs.1 WEG nur das Raumeigentum. Durch die Aufhebung des Sondereigentums an einem Raum wird das Raumeigentum anderer Einheiten jedoch nicht betroffen, sondern der Gegenstand des Gemeinschaftseigentums (vgl. § 5 Abs.1 und 2 WEG). KV Nr.14160 Ziff.5, 1.Alt. GNotKG erfasst hingegen allein eine Veränderung des Inhalts des Sondereigentum (vgl. § 10 Abs.3 WEG).
10Schließlich entspricht diese Sichtweise auch der Rechtslage unter Geltung der KostO. Hier wurde auch die teilweise Aufhebung von Sondereigentum allein unter § 76 Abs.3 KostO eingeordnet und dementsprechend nur eine Gebühr erhoben (Korintenberg/Lappe, KostO, 18. Aufl., § 76 Rdn.33). Da der Gesetzgeber mit KV Nr.14160 Ziff.5 GNotKG einen mehrfachen Gebührenansatz jedoch erklärtermaßen (vgl. BTDrs. 17/11471 S.210) nur in dem bisherigen Umfang zulassen wollte, kann die Vorschrift auch aus diesem Grund nur in dem oben beschriebenen Sinne verstanden werden.
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(1) Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
(2) Die Einigung bedarf der für die Auflassung vorgeschriebenen Form. Sondereigentum kann nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung eingeräumt oder aufgehoben werden.
(3) Für einen Vertrag, durch den sich ein Teil verpflichtet, Sondereigentum einzuräumen, zu erwerben oder aufzuheben, gilt § 311b Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Soweit sich das Sondereigentum auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks erstreckt, gilt § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
(2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume oder Teile des Grundstücks befinden.
(3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.
(4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften des Abschnitts 4 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird.
(1) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
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(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen sowie Beschlüsse, die aufgrund einer Vereinbarung gefasst werden, wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Im Übrigen bedürfen Beschlüsse zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch.