Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Aug. 2015 - 15 W 319/15
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Als Eigentümer des im Grundbuch von Bocholt Blatt xxxxx eingetragenen Grundbesitzes war zunächst Herr I eingetragen.
4Nach dessen Tod wurden am 25.07.20xx als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen Frau I2 und der Beteiligte zu 1). Bei dem Beteiligten zu 1) ist als Zusatz „Vorerbe“ vermerkt und in Abteilung II findet sich unter laufender Nr. 1 ein Nacherbenvermerk mit dem folgenden Inhalt:
5Bezüglich des Erbanteils des I3 … ist Nacherbfolge angeordnet. Die Nacherbfolge tritt bei Tod des Vorerben ein. Nacherbe ist I2 … Ersatznacherbe ist C, geb. I, … ersatzweise deren Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
6Am 18.09.20xx verstarb I2.
7Mit Schriftsatz vom 12.01.2015 hat die Beteiligte zu 2) beantragt, den oben angeführten Nacherbenvermerk dahingehend zu berichtigen, dass anstelle der verstorbenen Nacherbin nunmehr sie als Ersatznacherbin (sic!) eingetragen wird.
8Mit Schriftsatz vom 22.01.2015 hat die Beteiligte zu 2) diesen Antrag dahingehend abgeändert, dass der Nacherbenvermerk dahingehend berichtigt werden soll, dass anstelle der verstorbenen Nacherbin I2 nunmehr sie als Nacherbin eingetragen wird. Mit dem Versterben der Nacherbin sei sie als Ersatznacherbin an deren Stelle getreten.
9Mit Beschluss vom 30.06.2015 hat das Grundbuchamt diesen Antrag zurückgewiesen. Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 6.07.2015 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 14.07.2015 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
10II.
11Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist zurückzuweisen, da sie keinen Anspruch darauf hat, dass der in Abteilung II unter laufender Nummer 1 eingetragene Nacherbenvermerk berichtigt wird.
12Sinn und Zweck eines Nacherbenvermerks ist der Schutz des Nacherben davor, dass Verfügungen des Vorerben über das Grundstück infolge gutgläubigen Erwerbs entgegen § 2113 BGB Rechtswirksamkeit behalten (Demharter, Kommentar zur GBO, 29. Auflage, § 51 Rn.31).
13Der am 25.07.2006 eingetragene Nacherbenvermerk entspricht den gesetzlichen Vorgaben, indem er neben der namentlich bezeichneten Nacherbin I2 auch die Beteiligte zu 2) als Ersatznacherbin namentlich anführt (Demharter, a. a. O., § 51 Rn.17; Bauer/von Oefele-Schaub, Kommentar zur GBO, 3. Auflage, § 51 Rn.78; Grunsky in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, 2013, § 2102 Rn.15). Durch die namentliche Bezeichnung des Ersatznacherben im Nacherbenvermerk ist der Ersatznacherbe im Falle des Wegfalls des Nacherben gegen die Gefahren eines gutgläubigen Erwerbs hinreichend geschützt und damit dem Sinn und Zweck des Nacherbenvermerks gedient. Der Schutzzweck des Nacherbenvermerks erfordert es nicht, diesen im Falle des Wegfalls des Nacherben und dem damit verbundenen Eintritt der ersatzweise berufenen Person als Nacherben zu berichtigen, da mit der Berichtigung ein weitergehender Schutz für den vormaligen Ersatznacherben nicht zu erreichen ist. An die Eintragung des Nacherbenvermerks knüpft sich demgegenüber keinerlei positive Gutglaubenswirkung an. Es wird deshalb nicht etwa das Bestehen einer Nacherbenanwartschaft bis zum Eintritt des Nacherbfalls für eine bestimmte Person bescheinigt. Deshalb ist die von der Beteiligten zu 2) angestrebte „Berichtigung“ in Wahrheit völlig wertlos, weil sie keinerlei rechtliche Wirkungen zu ihren Gunsten erzeugen könnte. Wegen der beschriebenen beschränkten Wirkungen des Nacherbenvermerks kann nach gefestigter Rechtsprechung (BGH NJW 1982, 2499) bei Eintritt des Nacherbfalls die Nacherbfolge nicht etwa durch Bezugnahme auf den Nacherbenvermerk, sondern muss erneut nach Maßgabe des § 35 GBO entweder durch einen Erbschein für die Nacherbfolge oder durch letztwillige Verfügung in öffentlicher Urkunde nachgewiesen werden.
14Der Schutzzweck des Nacherbenvermerks wird auch nicht dadurch entwertet, dass dort neben den tatsächlichen Nacherben (hier: Ersatznacherben) noch weitere Personen aufgeführt sind, die tatsächlich nicht mehr Nacherben sind (LG Berlin Rechtspfleger 2005, 188).
15Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
16Das Interesse der Beteiligten zu 2) an der Berichtigung des Nacherbenvermerks bewertet der Senat nach billigem Ermessen mit 5.000 € (§§ 36 Abs. 1, 61 GNotKG).
17Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO sind nicht gegeben.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Aug. 2015 - 15 W 319/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Aug. 2015 - 15 W 319/15
Referenzen - Gesetze
(1) Die Verfügung des Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder Recht an einem Grundstück oder über ein zur Erbschaft gehörendes eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde.
(2) Das Gleiche gilt von der Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zwecke der Erfüllung eines von dem Vorerben erteilten Schenkungsversprechens erfolgt. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
(3) Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.
(1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
(2) Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlaßgegenstand ist nur auf Grund der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks kann das Grundbuchamt von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln, für welche die Form des § 29 nicht erforderlich ist, begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3 000 Euro wert ist und die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Der Antragsteller kann auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.
(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.