Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 11. Juni 2015 - 1 Vollz (Ws) 163/15
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung
- auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an
die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn verwiesen.
1
Gründe:
3I.
4Der Betroffene verbüßt eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Er wurde am 03.02.2015 von der JVA F in die JVA Z verlegt.
5Am 03.06.2014 hatte der Betroffene beantragt, ihm gemäß § 43 Absatz Abs. 7 StVollzG Arbeitsurlaub zu bewilligen. Diesen Antrag lehnte der Leiter der JVA F mit Verfügung vom 23.07.2014 mit der Begründung ab, dass die Missbrauchsgefahr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
6Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte der Betroffene am 07.08.2014 durch seine Verfahrensbevollmächtigte beantragt, die am 23.07.2014 verfügte Ablehnung seines Urlaubsantrags aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Urlaub gemäß § 43 Abs. 7 StVollzG zu bewilligen, hilfsweise die JVA F zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Sache neu zu entscheiden.
7Unter Bezugnahme auf seine Verlegung in die JVA Z wurde der Betroffene mit Schreiben der Strafvollstreckungskammer Kleve vom 03.02.2015, das ebenfalls dem Leiter der JVA F übersandt wurde, aufgefordert, sich dazu zu erklären, ob - u.a. - das vorliegende Verfahren fortgeführt werden solle. Für die begehrte Maßnahme - so die Strafvollstreckungskammer - dürfte nunmehr der Leiter/die Leiterin der JVA Z zuständig sein; gegebenenfalls komme eine Abgabe bzw. Verweisung des Verfahrens an die für die JVA Z zuständige Strafvollstreckungskammer (Landgericht Bonn), gegebenenfalls auch ohne ausdrücklichen Antrag des Betroffenen, in Betracht.
8Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 11.02.2015 ließ der Betroffene der Strafvollstreckungskammer Kleve mitteilen, dass er mit der Abgabe des Verfahrens an die Vollstreckungskammer Bonn nicht einverstanden sei, sondern darum bitte, dass das hiesige Gericht, welches die Sache bisher bearbeitet habe, in dieser Angelegenheit entscheide.
9Durch Beschluss vom 18.02.2015 hat die 2. kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen diesem auferlegt. Zu Begründung hat die Strafvollstreckungskammer im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Verlegung des Betroffenen in die JVA Z sei das Verfahren in der Hauptsache erledigt. Denn eine Entscheidung gegen den Leiter der JVA F komme nunmehr nicht mehr in Betracht. Der Betroffene müsste gegebenenfalls bei der JVA Z bzw. deren Leiter erneut die Bewilligung von Urlaub beantragen.
10Soweit der Betroffene auf den Hinweis der Kammer vom 03.02.2015 erklärt habe, er begehre eine Entscheidung der Strafvollstreckungskammer Kleve, sei diese Erklärung dahingehend ausgelegt worden, dass der Betroffene beantrage, festzustellen, dass die Ablehnung der Maßnahme rechtswidrig gewesen sei. Für eine solche Ablehnung sei jedoch hier kein Raum, weil ein Feststellungsinteresse des Betroffenen nicht bestehe. Eine gegen den Leiter der JVA F gerichtete Entscheidung könne nämlich keine präjudizierende Wirkung gegenüber dem Leiter der JVA Z entfalten. Dieser sei an die ablehnende Entscheidung des Leiters der JVA F nicht gebunden und habe über einen Urlaubsantrag des Betroffenen in eigener Verantwortung zu entscheiden.
11Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er durch seine Verfahrensbevollmächtigte geltend macht, die Strafvollstreckungskammer habe zu Unrecht das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Durch eine Verlegung in eine andere Anstalt erledigten sich nur Maßnahmen, die mit den besonderen Verhältnissen in der abgebenden Anstalt begründet worden seien. Stütze sich die Maßnahme dagegen auf in der Person des Gefangenen liegende Umstände, wie es im vorliegenden Verfahren der Fall sei - der Urlaubsantrag sei abgelehnt worden, da eine Missbrauchsgefahr bei dem Betroffenen nicht sicher habe ausgeschlossen werden können - so wirke sie auch nach der Verlegung fort. Infolge der Verlegung sei allerdings ein Wechsel im Bezug auf den Antragsgegner eingetreten, so dass die Sache in entsprechender Anwendung der §§ 83 VwGO, 17a Abs. 2 GVG an das für diesen örtlich zuständige Gericht zu verweisen sei.
12II.
131.
14Die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 116 StVollzG) zuzulassen, da die Strafvollstreckungskammer sowohl verkannt hat, unter welchen Voraussetzungen wegen der Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache nur noch über die Kosten des Verfahrens gemäß § 121 Abs. 2 S. 2 StVollzG eine Entscheidung zu treffen ist als auch, wann von einer Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache bei einer Verlegung des Betroffenen in eine andere JVA nach Anbringung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung auszugehen ist.
152.
16Die Rechtsbeschwerde erweist sich auch als begründet. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zu einer Verweisung des Verfahrens an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn.
17a)
18Der Betroffene hatte durch seine Verfahrensbevollmächtigte auf die Anfrage der Strafvollstreckungskammer vom 03.02.2015 ausdrücklich erklärt, dass er eine Entscheidung über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die Strafkammer beim Landgericht Kleve begehrt. Er damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er seinen ursprünglichen Antrag aufrecht erhält und über diesen Antrag eine Entscheidung begehrt. Bei dieser Fallgestaltung durfte die Strafvollstreckungskammer nicht im Rahmen einer Prozessentscheidung die Erledigung des von den Betroffenen gestellten Antrags feststellen und gemäß § 121 Abs. 2 S. 2 StVollzG nur noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden. Denn die Feststellung der Erledigung setzt nach den hier anwendbaren verwaltungsprozessualen Grundsätzen regelmäßig eine ausdrückliche Erklärung des Betroffenen voraus, dass die Hauptsache erledigt sei, die im vorliegenden Verfahren aber nicht erfolgt ist. Ist allerdings tatsächlich eine Erledigung eingetreten, was das Gericht im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen von Amts wegen zu prüfen hat, und wird eine entsprechende Erklärung des Betroffenen nicht abgegeben, so ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zu verwerfen (vgl. Senatsbeschluss vom 08.07.2014 – III – 1 Vollz (Ws) 511/13 m. w. N.
19b)
20Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer ist die Hauptsache auch nicht erledigt.
21Nicht jede (nicht nur vorübergehende) Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere JVA führt zu einer Erledigung der Hauptsache. Ob die Verlegung in eine andere JVA zur Erledigung führt, hängt davon ab ob die betreffende Maßnahme fortwirkt (vgl. Bachmann in Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrell, StVollzG, 12. Aufl., § 115 StVollzG Rdnr. 80). Maßgebend ist, ob die Maßnahme, die Verfahrensgegenstand ist, von den Verhältnissen in der damaligen Anstalt abhängt - dann tritt Erledigung ein - oder durch die Person des Betroffenen veranlasst ist - dann ist eine Erledigung zu verneinen (vgl. Senatsbeschluss vom 29.07.2013 - III-1- Ws 138/13; Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 9 m.w.N.; OLG Celle, Beschluss vom 11.12.2001 - 3 Ws 455/01 (StrVollz); Bachmann in Laubenthal/Nestler/ Neubacher/Verrell, StVollzG, 12. Aufl., § 115 StVollzG Rdnr. 80).
22Im vorliegenden Verfahren beruhte die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Arbeitsurlaub auf der Annahme einer Missbrauchsgefahr durch den Betroffenen und damit auf Gründen, die ihre Ursache in der Person des Betroffenen haben, so dass eine Erledigung nicht eingetreten ist.
23Aus der Senatsentscheidung vom 31.01.1985 (1 Vollz (Ws) 289/84, NStZ 1985, 336) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr hat der Senat in dieser Entscheidung offen gelassen, ob die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Klageänderung und Verweisung im Fall einer Verlegung des Betroffenen von einer JVA in eine andere grundsätzlich entsprechend anzuwenden sind, und die Annahme einer Erledigung der Hauptsache in dem zu entscheidenden Fall damit begründet, dass jedenfalls bei der gegebenen Fallgestaltung einer Verlegung des Betroffenen aus dem geschlossenen in den offenen Vollzug für die Frage eine Urlaubsbewilligung jeweils andere Umstände und Beurteilungskriterien maßgebend seien. Da sich gerade diese Umstände durch die Verlegung entscheidend geändert hätten, sei bei einer solchen Fallgestaltung weder ein „Klageänderung“ mit Verweisung noch eine ohne Wirkung für die künftige Behandlung von Urlaubsanträgen ausgesprochene Feststellung der Rechtswidrigkeit zulässig.
24Das OLG Koblenz hat zwar in seiner Entscheidung vom 20.06.2013 (2 Ws 190 -282/13 (Vollz) und 2 Ws 450, 451/13 (Vollz), zitiert nach juris), die u.a. die Ablehnung von Anträgen eines Strafgefangenen auf Ausführungen, Ausgänge, Urlaub und Freigang ohne konkrete zeitliche Vorgaben betraf und der die Fallgestaltung zu Grunde lag, dass der Strafgefangene nach Anbringung seiner Anträge auf gerichtliche Entscheidung in eine JVA des Landes Sachsen verlegt worden war, ausgeführt, hinsichtlich dieser Anträge sei infolge der Verlegung in eine andere JVA Erledigung eingetreten. Zur Begründung nimmt das Oberlandesgericht Koblenz aber Bezug auf die vorgenannte Entscheidung des Senats vom 31.01.1985. Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass das Oberlandesgericht Koblenz von dieser Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm abweichen wollte, der Senat aber in dem Beschluss vom 31.01.1985 hinsichtlich Frage der Erledigung nicht allein auf die Tatsache der Verlegung, sondern vielmehr maßgeblich darauf abgestellt hat, dass sich gerade infolge der Verlegung die Umstände sowie die Beurteilungskriterien für die beantragte Lockerungsmaßnahme dergestalt geändert hätten, dass das Erfordernis eines „unveränderten Streitgegenstandes“ nicht mehr gegeben sei, ist davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht Koblenz bei der von ihm festgestellten Erledigung der Hauptsache von unterschiedlichen Verhältnissen in der JVA, aus der die Verlegung erfolgt ist, und in der aufnehmenden, in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Bundeslandes fallenden JVA ausgegangen ist, die eine erneute Entscheidung über die Lockerungsanträge des Strafgefangenen erforderlich machten. Dafür spricht auch, dass es in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz heißt, der Leiter der aufnehmenden JVA habe in „eigener Kompetenz unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse der JVA (Hervorhebung durch den Senat) zu entscheiden, und außerdem darauf abstellt wird, dass dieser bei seiner Entscheidung, ob dem Strafgefangenen Lockerungen zu gewähren seien, seit dem 01.06.2013 die Vorschriften der §§ 38 ff. SächsStVollzG zugrunde legen müsse, diese Vorschriften aber nicht der Prüfungsmaßstab seien, die das Oberlandesgerichts Koblenz bzw. die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz bei einer eigenen Überprüfung anzuwenden hätten.
25Angesichts dessen bestand aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz auch kein Anlass, die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG zur Entscheidung vorzulegen.
26c)
27Die Verlegung des Betroffenen aus der JVA P in die JVA Z hatte zur Folge, dass die behördliche Zuständigkeit auf die aufnehmende JVA übergegangen ist. Ein solcher Wechsel der Antragsgegner bewirkt gemäß § 110 StVollzG zugleich den Wechsel der gerichtlichen Zuständigkeit, so dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Verpflichtungsantrag des Betroffenen auf die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bonn, in deren Bezirk die JVA Z ihren Sitz hat, übergegangen ist (vgl. BGH NStZ 1989, 196).
28Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Kleve hätte deshalb die Sache an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bonn verweisen müssen, und zwar in entsprechender Anwendung des § 83 VwGO (vgl. BGH a.a.O.). Dagegen wäre es eine erhebliche Beeinträchtigung, die dem vom Gesetzgeber beabsichtigten effektiven Rechtsschutz zuwiderliefe, wenn man von dem Betroffenen nach einer Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt verlangen wollte, in der neuen, zuständigen Vollzugsanstalt einen weiteren Antrag auf Vollzugslockerungen zu stellen, statt das anhängige gerichtliche Verfahren weiterbetreiben zu können (vgl. BGH, a.a.O.). Denn die gerichtliche Entscheidung über das Antragsbegehren würde damit beträchtlich hinausgeschoben. Außerdem würde es dadurch der Vollzugsanstalt ermöglicht, missliebigen Anträgen eines Gefangenen mit dessen Verlegung zu begegnen und die gerichtliche Entscheidung zu verhindern oder jedenfalls hinauszuzögern (vgl. OLG Celle, NStZ 1981, 494).
29Ein Verweisungsantrag ist durch den Betroffenen zwar nicht gestellt worden.
30Aufgrund der am 19.03.1991 in Kraft getretenen Neuregelung der Vorschrift des § 83 VwGO, die auf eine entsprechende Anwendung des § 17a Abs. 2 und Abs. 3 GVG verweist, ist entgegen der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BGH, NStZ 1990, 205) ein Verweisungsantrag nicht mehr erforderlich. Die Verweisung kann nunmehr in entsprechender Anwendung des § 17a Abs. 2 S. 1 GVG nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen erfolgen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 19.03.2008 – 3 Ws 1261/07 -, NStZ-RR 2008, 293; Thüringer OLG, Beschluss vom 28.11.2005 – AR (S) 167/05 -, OLG-NL 2006, 190; OLG Celle, Beschluss vom 07.04.2011 – 1 Ws 115/11 –, BeckRS 2011, 08958; Bachmann in Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrell, StVollzG, 12. Aufl., § 115 StVollzG Rdnr. 80).
313.
32Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.
33Eine eigene Entscheidung des Senats ist mangels Spruchreife nicht veranlasst. Aus dem angefochtenen Beschluss lässt sich nicht entnehmen, auf welche konkreten Umstände bzw. Tatsachen die JVA F die von ihr angenommene Missbrauchsgefahr gestützt hat. Die Angabe, dass die Missbrauchsgefahr nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne, stellt keine nachvollziehbare Begründung dar. Die Missbrauchsgefahr ist vielmehr positiv festzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 16.07.2015 – III- 1 Vollz (Ws) 247/15).
34Das Verfahren war nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in entsprechender Anwendung des § 83 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 1 S. 1 GVG an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn zu verweisen. Diese Strafvollstreckungskammer ist gemäß § 110 StVollzG zur Überprüfung von Entscheidungen der JVA Z, die in deren Bezirk ihren Sitz hat, zuständig.
35Die für Verweisung erforderliche Anhörung der Beteiligten ist bereits durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve mit ihrem Schreiben vom 03. 02.2015 erfolgt.
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(1) Die Arbeit des Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) Übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 aus, so erhält er ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts ist der in § 200 bestimmte Satz der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung des Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
(4) Übt ein Gefangener zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhält er ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht.
(5) Das Arbeitsentgelt ist dem Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) Hat der Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine zugewiesene Tätigkeit nach § 37 oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so wird er auf seinen Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des § 42 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen der Gefangene ohne sein Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihm zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert ist, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) Der Gefangene kann beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 6 in Form von Urlaub aus der Haft gewährt wird (Arbeitsurlaub). § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 2 bis 5 und § 14 gelten entsprechend.
(8) § 42 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Stellt der Gefangene keinen Antrag nach Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt des Gefangenen angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Absatz 9 ist ausgeschlossen,
- 1.
soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist, - 2.
bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist, - 3.
wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung die Lebensverhältnisse des Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern, - 4.
wenn nach § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird, - 5.
wenn der Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen wird.
(11) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 10 ausgeschlossen ist, erhält der Gefangene bei seiner Entlassung für seine Tätigkeit nach Absatz 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 vom Hundert des ihm nach den Absätzen 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihm nach § 44 gewährten Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung; vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich, nicht abtretbar und nicht vererblich. Einem Gefangenen, bei dem eine Anrechnung nach Absatz 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung zum Eigengeld (§ 52) gutgeschrieben, soweit er nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen wird; § 57 Abs. 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
(1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind.
(2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz 1 in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigem Ermessen.
(3) Bei erstinstanzlichen Entscheidungen des Gerichts nach § 119a fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last. Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3.
(4) Im übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend.
(5) Für die Kosten des Verfahrens nach den §§ 109ff. kann auch ein den dreifachen Tagessatz der Eckvergütung nach § 43 Abs. 2 übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden.
(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:
- 1.
der Revision gegen - a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters; - b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern; - c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
- 2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist; - 3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes; - 4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.
(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung
- 1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung, - 2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung, - 3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder - 4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Arnsberg zurückverwiesen.
1
Gründe:
3I.
4Der Betroffene verbüßt wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe in der JVA X. Am 15.02.2018 werden 15 Jahre der verhängten Strafe vollstreckt sein. Am 25.09.2014 beantragte er die Verlegung in den offenen Vollzug. Die Leiterin der JVA X lehnte dies mit Bescheid vom 28.11.2014 ab. Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses wurde die Entscheidung, wie sich aus einer Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid ergibt, damit begründet, dass nach der gewonnenen Persönlichkeitseinschätzung die Begehung neuer Straftaten unter den gelockerten Rahmenbedingungen des offenen Vollzuges zu befürchten sei. Maßgeblich für diese Einschätzung sei der Umstand, dass der Betroffene eine inhaltliche Aufarbeitung der Anlasstat bislang nicht zugelassen habe. Auch eine Bearbeitung der kritischen Persönlichkeitsanteile habe bislang nicht erfolgen können. Nach Einschätzung des psychologischen Dienstes der JVA X könne so eine individuelle Handlungstheorie seiner Delinquenz nicht erstellt und präventiv wirkende Faktoren nicht bestimmt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheine daher eine Verlegung in den offenen Vollzug nicht vertretbar. Grundlage der Entscheidung der JVA seien, so die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses, Stellungnahmen des Betreuers, des Sozialdienstes und des psychologischen Dienstes gewesen. Der Inhalt dieser Stellungnahmen wird nicht mitgeteilt.
5Den gegen diesen Bescheid eingelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Der Vollzugsbehörde stehe bei der Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug ein Ermessen zu. Gemäß § 10 Abs. 1 StVollzG solle ein Gefangener in den offenen Vollzug verlegt werden, wenn er geeignet und nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des offenen Vollzuges zu Straftaten missbrauchen wird. Bei dem Begriff der Flucht- und Missbrauchsgefahr handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der zwar grundsätzlich der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliege, bei dessen Anwendung aber der Vollzugsbehörde wegen der damit zusammenhängenden Prognoseentscheidung ein eigener Beurteilungsspielraum verbleibe. Hiernach sei die Entscheidung der JVA, eine Verlegung in den offenen Vollzug abzulehnen, nicht zu beanstanden. Die JVA sei von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen und habe dabei die fehlende Tataufarbeitung und die Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers berücksichtigt. Im Hinblick auf die bestehende Tatleugnung und Persönlichkeitsdefizite, die durch Jähzorn und leichte Erkennbarkeit geprägt seien, sei nicht einschätzbar, ob eine Missbrauchsgefahr zu befürchten ist. Dies seien Aspekte, die im Rahmen der Entscheidung über die Verlegung in den offenen Vollzug von Bedeutung seien. Die JVA habe auch den richtigen Begriff des Versagungsgrundes zu Grunde gelegt und so zu der Befürchtung der Begehung weiterer Straftaten wegen der Tataufarbeitung und der Persönlichkeitsstruktur gelangt.
6Während im Originalbeschluss - zutreffend - angegeben ist, der Betroffene verbüße eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes, enthält die dem Betroffenen und seiner Verfahrensbevollmächtigten bekannt gemachte Abschrift bzw. Ausfertigung abweichend davon den Hinweis, der Betroffene verbüße eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung
7Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Der Betroffene sieht den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts als gegeben an. Grundsätzlich müsse geklärt werden, inwiefern die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes NRW bei dem Vollzug von lebenslangen Freiheitsstrafen einer besonderen Auslegung bedürfen. In der Sache meint er, § 10 StVollzG sei nicht richtig angewendet worden. Aufgrund der besonderen Belastungen der langjährigen Haft hätte die Kammer die Entscheidung der JVA detaillierter überprüfen müssen.
8Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrund für unzulässig.
9II.
10Die – auch im Übrigen zulässige – Rechtsbeschwerde ist zuzulassen. Anerkanntermaßen ist die Rechtsbeschwerde über die Zulassungsgründe des
11§ 116 StVollzG hinaus auch dann zuzulassen, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (Senatsbeschluss vom 12.11.2013 – III – 1 Vollz(Ws) 517/13 – juris).
12So liegt der Fall hier. In dem angefochtenen Beschluss nimmt die Strafvollstreckungskammer Bezug nach § 115 Abs. 1 S. 3 StVollzG auf den angefochtenen Bescheid vom 28.11.2014 und teilt dazu weiter mit, die JVA habe im gerichtlichen Verfahren ergänzend noch auf die Stellungnahmen der Fachdienste Bezug genommen. Diese Mitteilung kann nicht als Verweis im Sinne von § 115 Abs.1 S. 3 StVollzG gewertet werden. Zum einen ist er nicht als Verweis formuliert, zum anderen ist eine Verweisung auch nur wegen der Einzelheiten zulässig. Was die gemeinten Stellungnahmen im Wesentlichen beinhalten, wird nicht mitgeteilt. Danach stützt sich die Entscheidung der Kammer auf Tatsachen, die sich der ordnungsgemäß in Bezug genommen angefochtenen Entscheidung der JVA nicht entnehmen lassen und dementsprechend einer Überprüfung durch den Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich sind.
13Auch die Gründe des angefochtenen Beschlusses sind mangels Mitteilung entsprechender Tatsachengrundlagen nicht hinreichend nachvollziehbar; so ist insbesondere nicht belegt, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen die Strafvollstreckungskammer im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung „Persönlichkeitsdefizite“ des Verurteilten, „die durch Jähzorn und leichte Kränkbarkeit geprägt sind“, einzubeziehen vermag.
14III.
15Da dem Senat eine hinreichende Überprüfung der angefochtenen Entscheidung schon mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht möglich ist, war der angefochtene Beschluss schon auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts hin aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG).
16Angesichts des Umstandes, dass der angefochtene Beschluss an dem o.g. nicht behebbaren Mangel leidet und der Aufhebung anheimfällt, bedurfte es einer erneuten Zustellung einer mit dem Original übereinstimmenden Beschlussausfertigung nicht.
17Der Senat weist für die erneute Entscheidung darauf hin, dass zwar am 27.01.2015 das nunmehr maßgebliche Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen (StVollzG NRW) in Kraft getretenen ist, es allerdings weder aus dem Gesetzestext noch aus den Gesetzesmaterialien erkennbar ist, dass der Landesgesetzgeber die Voraussetzungen, unter welchen Gefangene im offenen Vollzug untergebracht werden können, in § 12 Abs. 1 Satz 2 StVollzG NRW im Verhältnis zur früheren Rechtslage hätte ändern wollen.
18Zutreffend führt die Strafvollstreckungskammer in der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Ermessensentscheidung der JVA vom Gericht nur daraufhin überprüft werden darf, ob die Vollzugsbehörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie ihrer Entscheidung den richtigen Begriff des Versagungsgrundes zu Grunde gelegt hat und ob sie dabei die Grenzen des ihr zustehenden Ermessensspielraums eingehalten hat. Gemäß § 115 Abs. 5 StVollzG darf das Gericht nur prüfen, ob Ermessensfehler vorliegen. Es darf aber nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Vollzugsbehörde setzen. Der im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgte Rückgriff auf Tatsachen, die zumindest nach den getroffenen Feststellungen (aufgrund fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Verweisung gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 StVollzG) nicht erkennbar Gegenstand der angefochtenen Entscheidung der JVA gewesen sind, lässt besorgen, dass dieser Prüfungsrahmen nicht beachtet worden ist.
19Für das weitere Verfahren wird die Kammer zu prüfen haben, ob sich alleine aus der Umstand der Tatleugnung die Annahme einer Missbrauchsgefahr im Sinne des § 10 Abs. 1 StVollzG bzw. nunmehr § 12 Abs. 1 StVollzG NRW begründen lässt. Nach beiden Vorschriften ist Voraussetzung für eine Versagung, dass zu befürchten ist, der Verurteilte werde sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die besonderen Verhältnisse des offenen Vollzuges zur Begehung von Straftaten missbrauchen. Die Ermessensentscheidung der JVA muss sich also auch damit befassen. Es erscheint zweifelhaft, ob die bisher mitgeteilte und eher pauschal gehaltene Begründung der JVA diesem Erfordernis hirneichend genügt. Bei der Entscheidung über die Frage, ob die Vollzugsbehörde von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und die Grenzen des Beurteilungsspielraums eingehalten hat, wird zu berücksichtigen sein, dass abwägungsrelevante Umstände im Rahmen der Prüfung einer Missbrauchsgefahr (§§ 10, 11 StVollzG bzw. §§ 12, 53 StVollzG NRW) vor allem die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, etwaige frühere Straftaten, die Umstände und das Gewicht der Tat sowie die Tatmotivation, sein Verhalten und seine Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug sind (OLG Hamburg, Beschl. v. 13.07.2007 – 3 Vollz (Ws) 26-28/07 zit. nach Juris; OLG Frankfurt NStZ-RR 2004, 1278; OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2013 - 2 Ws (Vollz) 148/13, BeckRS 2014, 07702). Tatmotivation und Persönlichkeitsentwicklung im Vollzug sind also hierbei nicht die allein maßgebenden Umstände.
20Zudem muss eine Missbrauchsgefahr positiv festgestellt werden, so dass es nicht genügt, wenn sie nicht sicher auszuschließen ist; fehlende Mitarbeit an der Behandlung reicht für sich allein zur positiven Feststellung der Missbrauchsgefahr grundsätzlich ebenso wenig aus wie das Fehlen einer günstigen Sozialprognose (OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2013 - 2 Ws (Vollz) 148/13, BeckRS 2014, 07702, m.w.N.). Soweit der angefochtene Beschluss ausführt, es sei nicht „einschätzbar, ob eine Missbrauchsgefahr zu befürchten ist“, deutet dies darauf hin, dass dieser Maßstab verkannt worden ist.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.
(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.
(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.
(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.
Über den Antrag entscheidet die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat.