Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Feb. 2014 - VII-Verg 2/14

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2014:0217.VII.VERG2.14.00
17.02.2014

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 23. Dezember 2013 (VK 1-105/13) zu verlängern, wird abgelehnt.

Der Senatsbeschluss vom 20. Januar 2014 (VII-Verg 2/14) betreffend die einstweilige Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels ist gegenstandslos.

Die Hauptbeteiligten des Verfahrens werden aufgefordert

-          die Antragsgegnerin zu 1: dem Beschwerdegericht eventuelle Auftragsvergaben unverzüglich mitzuteilen und dies durch geeignete Belege nachzuweisen,

-          die Antragstellerin: dem Gericht mitzuteilen, ob und mit welchen Anträgen das Rechtsmittel aufrechterhalten bleiben soll.


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Tenor

I.

Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird aufgehoben.

II.

Die Antragsgegnerin wird - bei fortbestehender Vergabeabsicht - verpflichtet, die Eignungsprüfung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen.

III.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Verfahren vor der Vergabekammer wird für die Antragstellerin für notwendig erklärt.

IV.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 600.000,- € festgesetzt.

Gründe

A.

I.

Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 18.05.2013 den Auftrag „Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. ab 01.07.2014“ europaweit im offenen Verfahren aus. Die Antragstellerin wendet sich gegen ihren Ausschluss aus dem Vergabeverfahren.

1. Für den Gang des Vergabeverfahrens und den diesem zugrunde liegenden Sachverhalt wird auf den Beschluss der Vergabekammer vom 09.01.2014, dort Seite 2-12 (Bl. 477-487 VK) verwiesen. Der Kreistag des Antragsgegners hat am 20.01.2014 über die Vergabe wie folgt beschlossen (Anlage BG 1): „1. Der Kreistag stimmt der Auftragsvergabe der Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. an die (geschwärzt) zu.2. Sollte nach der Beschlussfassung das OLG München dem Nachprüfungsantrag der (geschwärzt) stattgeben, ermächtigt der Kreistag gemäß Art. 30 Abs. 2 Landkreisordnung den Kreisausschuss zur abschließenden Auftragsvergabe...“.

2. Mit sofortiger Beschwerde vom 28.01.2014 wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihren Vortrag vor der Vergabekammer, wonach ihr Ausschluss materiell und formell rechtswidrig sei. Für die materielle Rechtswidrigkeit führt sie folgende Gesichtspunkte an: Die von ihr benannte Nachunternehmerin S. sei ausreichend qualifiziert gewesen, jedenfalls habe sie die Fa. D. als Nachunternehmerin statt der Fa. S. benennen dürfen. Im Übrigen sei sie selbst ausreichend geeignet und zertifiziert und schließlich verstoße das Verhalten des Antragsgegners gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10.04.2014 ließ die Antragstellerin insbesondere ausführen, die Grundsätze für die formale Eignungsprüfung seien verkannt worden und beruft sich weiter auf Teil IV - besondere Vertragsbedingungen/Entsorgungsvertrag, dort § 7 Abs. 2, woraus sich ergebe, dass sie Unterauftragnehmer austauschen bzw. selbst an deren Stelle treten könne.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird aufgehoben.

2. Dem Antragsgegner wird untersagt, das Angebot der Antragstellerin vom Vergabeverfahren „Rest- und Bioabfallabfuhr mit Behälteränderungsdienst sowie Sperrmüllabholung auf Abruf mit anschließender Verwertung getrennt erfasster Fraktionen im Landkreis F. ab 01.07.2014“ (EU-Bekanntmachung 2013/S 096-164011) auszuschließen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten beider Rechtszüge des Verfahrens.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

Die Antragsgegnerin tritt dem mit Schriftsatz vom 10.02.2014 entgegen und beantragt:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 28.01.2014 gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 09.01.2014 (Az.: 21.VK-3194-46/13) wird zurückgewiesen.

2. ... (betrifft Akteneinsicht)

3. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendigen Kosten des Antrags- und Beschwerdegegners.

Die Antragsgegnerin tritt sämtlichen Ausführungen der Antragstellerin im Einzelnen entgegen und hält sie überdies bereits für präkludiert.

Beide Parteien haben im Termin vom 10.04.2014 - mit unterschiedlicher Begründung - eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof angeregt.

Auf die Sitzungsniederschrift vom 10.04.2014 (Bl. 87/90 d. A.) wird ebenso verwiesen wie auf sämtliche im Verfahren gewechselten Schriftsätze.

B.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist zulässig und begründet.

I.

Die Antragstellerin hat unverzüglich gerügt, sie sei zu Unrecht ausgeschlossen worden, weil sie keine ausreichende Zertifizierung ihres Nachunternehmers nachgewiesen habe, § 107 Abs. 3 GWB. Das entsprechende Ausschlussschreiben der Antragsgegnerin ging der Antragstellerin am 13.09.2014 zu, am 17.09.2013 erhob sie die Rüge durch Anwaltsschriftsatz.

II.

Der Senat ist an einer Entscheidung zulasten der Antragsgegnerin nicht deswegen gehindert, weil eine Beiladung der aussichtsreichsten Mitbieterin unterblieben ist. Auch hat die Vergabekammer zu Recht kein drittes Unternehmen beigeladen. Für das Verfahren vor der Vergabekammer ergibt sich dies bereits aus dem Zeitablauf: Erst mit Beschluss des Kreistages vom 20.01.2014 wurde eine Entscheidung über die Auftragsvergabe getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren vor der Vergabekammer bereits durch Beschluss derselben beendet. Für das Verfahren vor dem erkennenden Senat gilt, dass auch der bereits erwähnte Beschluss des Antragsgegners noch nicht endgültig war und ist, sondern in seiner Ziffer 2 das dortige weitere Verfahren von der Entscheidung des Senats abhängig macht. Dementsprechend ist auch kein Schreiben mit den notwendigen Angaben gemäß § 101 a GWB an die Bieter ergangen. Die Entscheidung des Senats mag ein drittes Unternehmen in seinen Rechten betreffen. Gleichzeitig hat der Senat aber auch zu berücksichtigen, dass bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens die Antragsgegnerin - wie aus Anlage BG 1 ersichtlich - die Identität des erstplatzierten Bieters nicht offenbaren will.

III.

Der am 13.09.2013 ausgesprochene Ausschluss der Antragstellerin vom Verfahren war nicht rechtmäßig.

1. In einer zweistufigen Eignungsprüfung hat die Vergabestelle zunächst formal zu prüfen, ob der Bieter die „geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise“ vorgelegt hat, § 19 III Nr. 3 a) VOL/A-EG. Das heißt umgekehrt, dass sie eine Ablehnung nur dann aussprechen darf, wenn der Bieter solche Unterlagen nicht vorgelegt hat, welche aus der Bekanntmachung klar und eindeutig ersichtlich als gefordert erkennbar waren. Unklarheiten und Zweifel insoweit gehen zulasten der Vergabestelle, vgl. Dittmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOL/A, Rn. 190 ff. zu § 19 EG, insbesondere jedoch auch ebendort Haussmann/von Hoff, Rn. 65 und 66 zu § 7 EG.

2. Dabei ist es - unabhängig von der Konkretisierung der Anforderungen - grundsätzlich zulässig, Eignungsnachweise erst im Nachgang zu fordern - dies zeigt schon der Wortlaut des § 19 III Nr. 3 a) VOL/A - EG, der von „oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweisen“ spricht.

3. Die Bekanntmachung selbst enthält jedenfalls keinen ausreichenden Grad an Konkretisierung, um den Ausschluss der Antragstellerin zu rechtfertigen. Allerdings wird hier ausreichend deutlich, dass sich die Antragsgegnerin vorbehält, zum Nachweis der Eignung eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nach § 52 KrW/AbfG bzw. § 57 KrWG i. V. m. Entsorgungsfachbetriebeverordnung aufzufordern. Dies erscheint dem Senat als hinnehmbar; eine Verletzung des Transparenzgebotes liegt hierin (noch) nicht, da der Bieter damit hinreichend darüber informiert wird, dass ein solcher Nachweis ihm eventuell abverlangt werden wird und er sich im Laufe des Verfahrens hierauf noch ausreichend einstellen kann. Der Hinweis auf die Notwendigkeit einer späteren Konkretisierung war in der Bekanntmachung klar und eindeutig - anders als in den Sachverhalten, welche den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf Verg 8/12 und des Bundesgerichtshofs X ZR 130/10 zugrunde lagen, vgl. auch Haussmann/von Hoff a. a. O.

4. Soweit ein solches Vorgehen - wie hier - zulässig ist, muss dann jedoch auf der nächsten Stufe der Konkretisierung für den Bieter ausreichend deutlich werden, welche konkreten Anforderungen an ihn gestellt werden. Dies ist hier nicht ausreichend klar erfolgt, als die Antragsgegnerin am 02.08.2013 bat, Eignungsnachweise der Unterauftragnehmer wie folgt zu übermitteln: „Nachweis der Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb nach § 52 KrW/AbfG bzw. § 57 KrWG i. V. m. Entsorgungsfachbetriebeverordnung ...“. Der Aufforderung fehlt die notwendige Konkretisierung auf die Norm 200140. Zwar ist der Antragsgegnerin darin Recht zu geben, dass einerseits der ausgeschriebene Auftrag eindeutig auf die Sammlung und Entsorgung von Sperrmüll/Hausmüll gerichtet war, andererseits die Anlage zu § 2 I der AVV, das Abfallverzeichnis, klar erkennen lässt, dass nur das Zertifikat 200140 die sich daraus ergebenden Arbeiten absolut passend umfasst, während die von der Antragstellerin für die Fa. S. GmbH vorgelegten Zertifikate nur Teilausschnitte dieser Tätigkeit und dies in nicht ausreichender Art und Weise als zertifiziert erscheinen lassen. Auch der Senat hat in seinem Hinweis vom 06.04.2014 noch diese Auffassung vertreten. Diese Argumentation berücksichtigt aber nicht ausreichend das das Vergabeverfahren - neben anderen Grundsätzen tragende - Transparenzgebot. Entscheidend sind hierbei zwei Gesichtspunkte: Gerade auf der Ebene einer Nachforderung wäre es der Antragsgegnerin ein leichtes gewesen, das von ihr erwartete Zertifikat konkret zu benennen. Insofern brauchte die Antragstellerin - die hier freilich durchaus leichtfertig vorgegangen ist - nicht sorgfältiger und klüger zu sein als die Antragsgegnerin. Vor allem jedoch hat sich in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats auch ergeben, dass die Antragsgegnerin nicht von Gesetzes wegen gehalten war, auf der Vorlage des Zertifikats 200140 zu bestehen. Vor diesem Hintergrund konnte die Antragstellerin das Schreiben der Antragsgegnerin vom 02.08.2013 nicht ausschließbar auch so verstehen, dass von ihr verlangt wurde, irgendeine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für die Fa. S. GmbH vorzulegen, was sie dann ja auch in Hinblick auf andere Zertifikate als das Zertifikat 2010140 getan hat.

IV.

Da der Ausschluss der Antragstellerin zu Unrecht erfolgt ist, wird die Antragsgegnerin nun auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats zu prüfen haben, ob die Antragstellerin in der Wertung zu belassen ist. Dabei gilt:

1. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Antragsgegnerin inhaltlich durchaus berechtigt gewesen wäre, das Zertifikat 200140 als Eignungsnachweis zu verlangen.

2. Auch wenn das Zertifikat 200140 nicht schon in der Bekanntmachung konkret abverlangt werden musste, sondern eine spätere Konkretisierung zulässig war, fand diese doch jedenfalls ihre zeitliche Grenze in dem Moment der Angebotsabgabe; sie kann nun also nicht mehr nachverlangt werden.

3. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die mit EFZ 2010140 zertifizierte Antragstellerin selbst eintreten kann.

4. Im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung wird die Antragsgegnerin (nur) noch prüfen müssen, ob die Antragstellerin und ihre Nachunternehmer ausreichend geeignet sind.

C.

I.

Eine Divergenzvorlage gemäß § 124 Abs. 2 GWB war nicht veranlasst. Der Senat weicht nicht von tragenden Gesichtspunkten einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs ab. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführte Entscheidung OLG Düsseldorf vom 17.03.2011, VII Verg 57/10. Es handelt sich jeweils um am Einzelfall orientierte Entscheidungen. Beide Oberlandesgerichte sind sich darin einig, dass an die Bestimmtheit der Bekanntmachung bzw. vorbehaltener späterer Konkretisierungen strenge Maßstäbe zu stellen sind.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 78 GWB, die Streitwertfestsetzung auf § 50 Abs. 2 GKG, wobei ein ungefährer Betrag in Höhe von 5% der Bruttoangebotssumme der Antragstellerin zugrunde gelegt wurde.

(1) Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 7 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Für Arzneimittel nach Absatz 3b Satz 1 beträgt der Abschlag nach Satz 1 6 vom Hundert. Pharmazeutische Unternehmer sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Soweit pharmazeutische Großhändler nach Absatz 5 bestimmt sind, sind pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, den Abschlag den pharmazeutischen Großhändlern zu erstatten. Der Abschlag ist den Apotheken und pharmazeutischen Großhändlern innerhalb von zehn Tagen nach Geltendmachung des Anspruches zu erstatten. Satz 1 gilt für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder aufgrund des § 129 Absatz 3 Satz 3 oder Absatz 5a bestimmt sind, sowie für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden. Die Krankenkassen erhalten den Abschlag nach Satz 1 für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen, für Fertigarzneimittel, aus denen Teilmengen entnommen und abgegeben werden, sowie für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, der bei Abgabe an Verbraucher auf Grund von Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder nach § 129 Absatz 3 Satz 3 gilt. Wird nur eine Teilmenge des Fertigarzneimittels abgerechnet, wird der Abschlag nur für diese Mengeneinheiten erhoben.

(1a) Vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2013 beträgt der Abschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel einschließlich Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen abweichend von Absatz 1 16 Prozent. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel nach Absatz 3b Satz 1. Die Differenz des Abschlags nach Satz 1 zu dem Abschlag nach Absatz 1 mindert die am 30. Juli 2010 bereits vertraglich vereinbarten Rabatte nach Absatz 8 entsprechend. Eine Absenkung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer gegenüber dem Preisstand am 1. August 2009, die ab dem 1. August 2010 vorgenommen wird, mindert den Abschlag nach Satz 1 in Höhe des Betrags der Preissenkung, höchstens in Höhe der Differenz des Abschlags nach Satz 1 zu dem Abschlag nach Absatz 1; § 130a Absatz 3b Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Für Arzneimittel, die nach dem 1. August 2009 in den Markt eingeführt wurden, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet. Hat ein pharmazeutischer Unternehmer für ein Arzneimittel, das im Jahr 2010 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben wurde und das dem erhöhten Abschlag nach Satz 1 unterliegt, auf Grund einer Preissenkung ab dem 1. August 2010 nicht den Abschlag gezahlt, obwohl die Preissenkung nicht zu einer Unterschreitung des am 1. August 2009 geltenden Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers um mindestens 10 Prozent geführt hat, gilt für die im Jahr 2011 abgegebenen Arzneimittel abweichend von Satz 1 ein Abschlag von 20,5 Prozent. Das gilt nicht, wenn der pharmazeutische Unternehmer den nach Satz 6 nicht gezahlten Abschlag spätestens bis zu dem Tag vollständig leistet, an dem der Abschlag für die im Dezember 2010 abgegebenen Arzneimittel zu zahlen ist. Der erhöhte Abschlag von 20,5 Prozent wird durch eine erneute Preissenkung gegenüber dem am 1. August 2009 geltenden Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers gemindert; Satz 4 gilt entsprechend.

(1b) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 erhalten die Krankenkassen von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 einen Abschlag in Höhe von 12 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Ist der Abschlag nach Absatz 1 Satz 1 in einer Erstattungsbetragsvereinbarung nach § 130b abgelöst worden, erhalten die Krankenkassen von Apotheken einen Abschlag in Höhe von 5 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Die Abschläge nach den Sätzen 1 und 2 können durch eine ab dem 12. November 2022 abgeschlossene Erstattungsbetragsvereinbarung nach § 130b abgelöst werden, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist.

(2) Die Krankenkassen erhalten von den Apotheken für die zu ihren Lasten abgegebenen Impfstoffe für Schutzimpfungen nach § 20i einen Abschlag auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, mit dem der Unterschied zu einem geringeren durchschnittlichen Preis nach Satz 2 je Mengeneinheit ausgeglichen wird. Der durchschnittliche Preis je Mengeneinheit ergibt sich aus den tatsächlich gültigen Abgabepreisen des pharmazeutischen Unternehmers in den vier Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in denen der wirkstoffidentische Impfstoff abgegeben wird, mit den am nächsten kommenden Bruttonationaleinkommen, gewichtet nach den jeweiligen Umsätzen und Kaufkraftparitäten. Absatz 1 Satz 3 bis 5, Absätze 6 und 7 sowie § 131 Absätze 4 und 5 gelten entsprechend. Der pharmazeutische Unternehmer ermittelt die Höhe des Abschlags nach Satz 1 und den durchschnittlichen Preis nach Satz 2 und übermittelt dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Anfrage die Angaben zu der Berechnung. Kann der Abschlag nach Satz 1 nicht ermittelt werden, gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Bei Preisvereinbarungen für Impfstoffe, für die kein einheitlicher Apothekenabgabepreis nach den Preisvorschriften auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder nach § 129 Absatz 3 Satz 3 gilt, darf höchstens ein Betrag vereinbart werden, der dem entsprechenden Apothekenabgabepreis abzüglich des Abschlags nach Satz 1 entspricht.

(3) Die Absätze 1, 1a, 1b und 2 gelten nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag auf Grund des § 35 festgesetzt ist.

(3a) Erhöht sich der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer gegenüber dem Preisstand am 1. August 2009, erhalten die Krankenkassen für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel ab dem 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2026 einen Abschlag in Höhe des Betrages der Preiserhöhung; dies gilt nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag auf Grund des § 35 festgesetzt ist. Zur Berechnung des Abschlags nach Satz 1 ist der Preisstand vom 1. August 2009 erstmalig am 1. Juli 2018 und jeweils am 1. Juli der Folgejahre um den Betrag anzuheben, der sich aus der Veränderung des vom Statistischen Bundesamt festgelegten Verbraucherpreisindex für Deutschland im Vergleich zum Vorjahr ergibt. Für Arzneimittel, die nach dem 1. August 2010 in den Markt eingeführt werden, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet. Bei Neueinführungen eines Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bereits ein Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und vergleichbarer Darreichungsform in Verkehr gebracht hat, ist der Abschlag auf Grundlage des Preises je Mengeneinheit der Packung zu berechnen, die dem neuen Arzneimittel in Bezug auf die Packungsgröße unter Berücksichtigung der Wirkstärke am nächsten kommt; dies gilt nicht für die Neueinführung eines Immunglobulins menschlicher Herkunft, für das nach dem 31. Dezember 2018 eine Zulassung nach § 25 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes oder eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt wurde, mit Ausnahme der Zulassung von anderen Stärken oder Ausbietungen. Satz 4 gilt entsprechend bei Änderungen zu den Angaben des pharmazeutischen Unternehmers oder zum Mitvertrieb durch einen anderen pharmazeutischen Unternehmer. Für importierte Arzneimittel, die nach § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 abgegeben werden, gilt abweichend von Satz 1 ein Abrechnungsbetrag von höchstens dem Betrag, welcher entsprechend den Vorgaben des § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 niedriger ist als der Arzneimittelabgabepreis des Bezugsarzneimittels einschließlich Mehrwertsteuer, unter Berücksichtigung von Abschlägen für das Bezugsarzneimittel aufgrund dieser Vorschrift. Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3b werden zusätzlich zu dem Abschlag nach den Sätzen 1 bis 5 erhoben. Rabattbeträge, die auf Preiserhöhungen nach den Absätzen 1, 1b und 3b zu gewähren sind, vermindern den Abschlag nach den Sätzen 1 bis 6 entsprechend. Für die Abrechnung des Abschlags nach den Sätzen 1 bis 6 gelten die Absätze 1, 5 bis 7 und 9 entsprechend. Absatz 4 findet Anwendung. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ab dem 13. Mai 2017 im Benehmen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene. Der Abschlag nach Satz 1 gilt entsprechend für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden; Absatz 1 Satz 7 gilt entsprechend. Für Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand des 1. September 2020 Anwendung findet. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2023 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 4 zweiter Halbsatz vorzulegen.

(3b) Für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel erhalten die Krankenkassen ab dem 1. April 2006 einen Abschlag von 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer; für preisgünstige importierte Arzneimittel gilt Absatz 3a Satz 6 entsprechend. Eine Absenkung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, die ab dem 1. Januar 2007 vorgenommen wird, vermindert den Abschlag nach Satz 1 in Höhe des Betrages der Preissenkung; wird der Preis innerhalb der folgenden 36 Monate erhöht, erhöht sich der Abschlag nach Satz 1 um den Betrag der Preiserhöhung ab der Wirksamkeit der Preiserhöhung bei der Abrechnung mit der Krankenkasse. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 30 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht für Preiserhöhungen, die sich aus der Anhebung des Preisstands vom 1. August 2009 nach Absatz 3a Satz 2 ergeben. Absatz 3a Satz 8 bis 11 gilt entsprechend. Satz 2 gilt nicht für ein Arzneimittel, dessen Abgabepreis nach Satz 1 im Zeitraum von 36 Monaten vor der Preissenkung erhöht worden ist; Preiserhöhungen vor dem 1. Dezember 2006 sind nicht zu berücksichtigen. Für ein Arzneimittel, dessen Preis einmalig zwischen dem 1. Dezember 2006 und dem 1. April 2007 erhöht und anschließend gesenkt worden ist, kann der pharmazeutische Unternehmer den Abschlag nach Satz 1 durch eine ab 1. April 2007 neu vorgenommene Preissenkung von mindestens 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer ablösen, sofern er für die Dauer von zwölf Monaten ab der neu vorgenommenen Preissenkung einen weiteren Abschlag von 2 vom Hundert des Abgabepreises nach Satz 1 gewährt.

(3c) Wird ein Arzneimittel in den Markt eingeführt, für das nach Absatz 3a Satz 4 oder Satz 5 ein Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 anfällt, kann der pharmazeutische Unternehmer beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine Befreiung vom Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 beantragen. Der Antrag ist zu begründen. Die Befreiung ist zu erteilen, wenn für das in den Markt eingeführte Arzneimittel eine neue arzneimittelrechtliche Genehmigung erteilt wurde, die im Vergleich zu bereits zugelassenen Arzneimitteln mit demselben Wirkstoff eine neue Patientengruppe oder ein neues Anwendungsgebiet erfasst und wenn eine Verbesserung der Versorgung zu erwarten ist. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen entscheidet über den Antrag innerhalb von acht Wochen nach Eingang. Die Entscheidung ist zusammen mit den tragenden Gründen und dem Antrag unverzüglich mit einer Frist von vier Wochen dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung zu übermitteln. Erteilt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Befreiung oder wird die Entscheidung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen durch die Entscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit ersetzt, vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer mit dem pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung mit Wirkung für alle Krankenkassen einen Herstellerabgabepreis für das Arzneimittel. Die Krankenkassen erhalten den Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Vereinbarung eines neuen Herstellerabgabepreises.

(3d) Für in § 35 Absatz 1a Satz 2 genannte Arzneimittel, für die nach Absatz 1a Satz 4 ein fiktiver Festbetrag festgesetzt wurde, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen fiktiven Festbetrag auf Grundlage des Abgabepreises der pharmazeutischen Unternehmer ohne Mehrwertsteuer. Für in § 35 Absatz 5 Satz 8 genannte Arzneimittel bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus den um 50 Prozent angehobenen Festbetrag auf Grundlage des Abgabepreises der pharmazeutischen Unternehmer ohne Mehrwertsteuer, der zuletzt für das Arzneimittel galt. Für Arzneimittel, die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführt sind und deren Festbetrag aufgehoben wurde, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis entsprechend des Satzes 2. Für Arzneimittel, die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführt sind und für die zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste oder der Änderung dieser Liste kein Festbetrag galt, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen zuletzt geltenden Preisstand gemäß Absatz 3a. Für Arzneimittel, für die das Bundesministerium für Gesundheit eine Bestimmung nach § 35 Absatz 5b Satz 3 getroffen hat und für die zum Zeitpunkt der Bekanntmachung dieser Bestimmung kein Festbetrag galt, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen zuletzt geltenden Preisstand gemäß Absatz 3a. Die Sätze 1 bis 5 finden ab dem 1. Februar 2024 Anwendung.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit hat nach einer Überprüfung der Erforderlichkeit der Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a nach Maßgabe des Artikels 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme die Abschläge durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates aufzuheben oder zu verringern, wenn und soweit diese nach der gesamtwirtschaftlichen Lage, einschließlich ihrer Auswirkung auf die gesetzliche Krankenversicherung, nicht mehr gerechtfertigt sind. Über Anträge pharmazeutischer Unternehmer nach Artikel 4 der in Satz 1 genannten Richtlinie auf Ausnahme von den nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a vorgesehenen Abschlägen entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls und der besonderen Gründe sind im Antrag hinreichend darzulegen. § 34 Absatz 6 Satz 3 bis 5 und 7 gilt entsprechend. Das Bundesministerium für Gesundheit kann Sachverständige mit der Prüfung der Angaben des pharmazeutischen Unternehmers beauftragen. Dabei hat es die Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sicherzustellen. § 137g Absatz 1 Satz 7 bis 9 und 13 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze berechnet werden können. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Aufgaben nach den Sätzen 2 bis 7 auf eine Bundesoberbehörde übertragen.

(5) Der pharmazeutische Unternehmer kann berechtigte Ansprüche auf Rückzahlung der Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b gegenüber der begünstigten Krankenkasse geltend machen.

(6) Zum Nachweis des Abschlags übermitteln die Apotheken die Arzneimittelkennzeichen über die abgegebenen Arzneimittel sowie deren Abgabedatum auf der Grundlage der den Krankenkassen nach § 300 Abs. 1 übermittelten Angaben maschinenlesbar an die pharmazeutischen Unternehmer oder, bei einer Vereinbarung nach Absatz 5, an die pharmazeutischen Großhändler. Die pharmazeutischen Unternehmer sind verpflichtet, die erforderlichen Angaben zur Bestimmung des Abschlags an die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf maschinell lesbaren Datenträgern zu übermitteln. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Apotheker, der pharmazeutischen Großhändler und der pharmazeutischen Unternehmer können in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere regeln.

(7) Die Apotheke kann den Abschlag nach Ablauf der Frist nach Absatz 1 Satz 4 gegenüber pharmazeutischen Großhändlern verrechnen. Pharmazeutische Großhändler können den nach Satz 1 verrechneten Abschlag, auch in pauschalierter Form, gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern verrechnen.

(8) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren. Dabei kann insbesondere eine mengenbezogene Staffelung des Preisnachlasses, ein jährliches Umsatzvolumen mit Ausgleich von Mehrerlösen oder eine Erstattung in Abhängigkeit von messbaren Therapieerfolgen vereinbart werden. Verträge nach Satz 1 über patentfreie Arzneimittel sind so zu vereinbaren, dass die Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers zur Gewährleistung der Lieferfähigkeit frühestens sechs Monate nach Versendung der Information nach § 134 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und frühestens drei Monate nach Zuschlagserteilung beginnt. Der Bieter, dessen Angebot berücksichtigt werden soll, ist zeitgleich zur Information nach § 134 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen über die geplante Annahme des Angebots zu informieren. Rabatte nach Satz 1 sind von den pharmazeutischen Unternehmern an die Krankenkassen zu vergüten. Eine Vereinbarung nach Satz 1 berührt die Abschläge nach den Absätzen 3a und 3b nicht; Abschläge nach den Absätzen 1, 1a und 2 können abgelöst werden, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können Leistungserbringer oder Dritte am Abschluss von Verträgen nach Satz 1 beteiligen oder diese mit dem Abschluss solcher Verträge beauftragen. Die Vereinbarung von Rabatten nach Satz 1 soll für eine Laufzeit von zwei Jahren erfolgen. In den Vereinbarungen nach Satz 1 sind die Vielfalt der Anbieter und die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen. In den Vereinbarungen nach Satz 1 über patentfreie Arzneimittel, die nach den Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geschlossen werden, ist eine kontinuierliche versorgungsnahe Bevorratung der von der jeweiligen Vereinbarung erfassten Arzneimittel in einem Umfang zu vereinbaren, der der voraussichtlich innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Abschluss der Vereinbarung durchschnittlich abzugebenden Menge dieser Arzneimittel entspricht. Als versorgungsnah gilt eine Bevorratung in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes. Innerhalb der letzten sechs Monate vor Ende der Vertragslaufzeit der Vereinbarung nach Satz 1 darf die Bevorratung der von der jeweiligen Vereinbarung erfassten Arzneimittel unter Sicherstellung der bedarfsgerechten, angemessenen und kontinuierlichen Belieferung nach § 52b Absatz 1 und 2 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes schrittweise reduziert werden. Satz 1 gilt nicht für Impfstoffe für Schutzimpfungen nach § 20i und die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführten Arzneimittel zur Behandlung von Kindern.

(8a) Zur Vermeidung von Lieferengpässen und zur Sicherstellung einer diversifizierten, bedarfsgerechten Versorgung mit patentfreien Antibiotika bilden die Krankenkassen oder ihre Verbände für die Vergabe von Vereinbarungen nach Absatz 8 Satz 1 für diese Arzneimittel Lose nach § 97 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände legen jeweils die für die Gewährleistung der Liefersicherheit erforderliche Anzahl der Lose fest. Abweichend von § 97 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Verbindung mit § 69 Absatz 3 schreiben die Krankenkassen oder ihre Verbände mindestens die Hälfte der Lose so aus, dass Rabatte für die in Satz 1 genannten Arzneimittel mit pharmazeutischen Unternehmern nach Absatz 8 Satz 1 vereinbart werden, die für die Herstellung dieser Arzneimittel in der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produzierte Wirkstoffe verwenden. Der Verwendung von in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produzierten Wirkstoffen für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel steht die Verwendung von in einem Staat produzierten Wirkstoffen für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel gleich, sofern

1.
dieser Staat der dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen von 1994 (ABl. C 256 vom 3.9.1996, S. 1), das durch das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (ABl. L 68 vom 7.3.2014, S. 2) geändert worden ist, oder anderen, für die Europäische Union bindenden internationalen Übereinkommen beigetreten ist,
2.
der jeweilige öffentliche Auftrag in den Anwendungsbereich des jeweiligen Übereinkommens fällt und
3.
mindestens die Hälfte der zur Erfüllung der Vereinbarung nach Absatz 8 Satz 1 benötigten Wirkstoffe für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produziert wird.
Die Beschränkungen nach den Sätzen 3 und 4 müssen mit Hinweis auf diese Vorschriften in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen aufgeführt werden. Die übrigen Lose schreiben die Krankenkassen oder ihre Verbände so aus, dass Vereinbarungen nach Absatz 8 Satz 1 für die in Satz 1 genannten Arzneimittel mit mehr als einem pharmazeutischen Unternehmer geschlossen werden. Die Lose nach Satz 3 ermöglichen dieselbe Liefermenge wie die Lose nach Satz 6. Gehen in einem der nach Satz 3 oder Satz 6 ausgeschriebenen Lose keine oder keine zuschlagsfähigen Angebote ein, hat dies keinen Einfluss auf die Erteilung des Zuschlags in den anderen nach Satz 3 oder Satz 6 ausgeschriebenen Losen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilt den Krankenkassen oder ihren Verbänden auf Antrag Auskunft zur Herstellungsstätte des bei der Herstellung des rabattierten Arzneimittels tatsächlich verwendeten Wirkstoffs eines pharmazeutischen Unternehmers, wenn dies für die Entscheidung über den Zuschlag oder die Überprüfung der Erfüllung der Vereinbarung nach Absatz 8 Satz 1 erforderlich ist. Sofern Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Erteilung der Auskunft im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut.

(8b) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b Satz 1 des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats dem Bundesministerium für Gesundheit empfehlen, einzelne patentfreie Arzneimittel mit in der Liste nach § 52b Absatz 3c Satz 1 des Arzneimittelgesetzes aufgeführten versorgungskritischen Wirkstoffen oder patentfreie Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen eines bestimmten Anwendungsbereichs als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration einzustufen. Sofern Wirkstoffe im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Empfehlung im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Auf der Grundlage der Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte kann das Bundesministerium für Gesundheit nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen einzelne patentfreie Arzneimittel mit in der Liste nach § 52b Absatz 3c Satz 1 des Arzneimittelgesetzes aufgeführten versorgungskritischen Wirkstoffen oder patentfreie Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen eines bestimmten Anwendungsbereichs als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration einstufen. Die Einstufung ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Absatz 8a ist auch auf patentfreie Arzneimittel, die nach Satz 3 als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration eingestuft wurden, anzuwenden.

(8c) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen können zur Versorgung ihrer Versicherten mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte für die jeweils verwendeten Fertigarzneimittel vereinbaren. Vereinbarungen nach Satz 1 müssen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich geschlossen werden. Absatz 8 Satz 2 bis 9 gilt entsprechend. In den Vereinbarungen nach Satz 1 ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen.

(9) Pharmazeutische Unternehmer können einen Antrag nach Absatz 4 Satz 2 auch für ein Arzneimittel stellen, das zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 zugelassen ist. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn der Antragsteller nachweist, dass durch einen Abschlag nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a seine Aufwendungen insbesondere für Forschung und Entwicklung für das Arzneimittel nicht mehr finanziert werden.

(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abhängt.

Bei den Oberlandesgerichten wird ein Kartellsenat gebildet. Er entscheidet über die ihm gemäß § 57 Absatz 2 Satz 2, § 73 Absatz 4, §§ 83, 85 und 86 zugewiesenen Rechtssachen sowie über die Berufung gegen Endurteile und die Beschwerde gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87.

(1) Beim Bundesgerichtshof wird ein Kartellsenat gebildet; er entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über die in § 73 Absatz 5 genannten Verfügungen des Bundeskartellamts und über folgende Rechtsmittel:

1.
in Verwaltungssachen über die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (§§ 77, 79, 80) und über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 78);
2.
in Bußgeldverfahren über die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte (§ 84);
3.
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87
a)
über die Revision einschließlich der Nichtzulassungsbeschwerde gegen Endurteile der Oberlandesgerichte,
b)
über die Sprungrevision gegen Endurteile der Landgerichte,
c)
über die Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse der Oberlandesgerichte in den Fällen des § 574 Absatz 1 der Zivilprozessordnung.

(2) Der Kartellsenat gilt im Sinne des § 132 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Bußgeldsachen als Strafsenat, in allen übrigen Sachen als Zivilsenat.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 9/11
vom
18. Juni 2012
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abfallentsorgung II
Wird ein Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren
darauf gestützt, dass die angekündigte Beschaffung von Entsorgungsleistungen
durch Vergabe einer Dienstleistungskonzession gesetzwidrig sei und nur im Wege
eines öffentlichen Auftrags erfolgen dürfe, sind die Nachprüfungsinstanzen des Vierten
BGH, Beschluss vom 18. Juni 2012 - X ZB 9/11 - Vergabekammer Düsseldorf
OLG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2012 durch
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, die Richter Gröning und
Hoffmann sowie die Richterin Schuster

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Antragsgegnerin ist eine im Jahr 2010 von der Stadt V. als Alleingesellschafterin gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Übernahme kommunaler Entsorgungs- und Straßenreinigungsaufgaben "als Erfüllungsgehilfe der Stadt V. " ist. Wie sich aus der Präambel einer von der Stadt V. und der Antragsgegnerin am 24. Februar 2011 als Konzessionsvertrag geschlossenen Vereinbarung ergibt, erfolgte die Gründung, um der Antragsgegnerin im Wege einer Dienstleistungskonzession die der Stadt als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger obliegende gesetzliche Aufgabe zu übertragen, die im Stadtgebiet anfallenden Abfälle zu erfassen und dem Kreis V. zur Verwertung oder Beseitigung zu überlassen , wobei die öffentlich-rechtliche Verantwortung als Aufgabenträger bei der Stadt verbleiben sollte. Diese gewährte der Antragsgegnerin für das Stadtgebiet das alleinige Recht, die zur Durchführung der Abfallsatzung der Stadt erforderlichen Dienstleistungen mit Ausnahme der hoheitlichen Maßnahmen auszuführen. Die Antragsgegnerin sollte nach den vertraglichen Regelungen auch berechtigt sein, Rechte und Pflichten aus dem Vertrag ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen, insbesondere auch, eine Unterkonzession zu vergeben.
2
Unter Bezugnahme auf das ihr übertragene ausschließliche Recht zur Sammlung und zum Transport der andienungspflichtigen Abfälle in der Stadt V. machte die Antragsgegnerin Ende 2011 in verschiedenen Presseerzeugnissen die Vergabe einer Unterkonzession für die Sammlung und den Transport von Satzungsabfällen der Stadt V. bekannt (Entsorgung von Restabfällen, Papier und Pappe, Schadstoffen und sperrigen Abfällen sowie von kompostierbaren Pflanzenabfällen). Die Gegenleistung sollte in der Erteilung der Berechtigung bestehen, von den satzungsunterworfenen Nutzern der öffentlichen Einrichtung "Abfallentsorgung" Entgelte zu erheben. Die Dienstleistungskonzession sollte im Verhandlungsverfahren vergeben werden. Bietergemeinschaften und der Einsatz von Nachunternehmern waren nicht zugelassen und die Zahlung von Tariflöhnen sollte zugesichert werden.
3
Nachdem die Antragstellerin die Durchführung des Vergabeverfahrens vergeblich gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hatte, hat sie ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und mit näherer Begründung in erster Linie geltend gemacht, es gehe nicht um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession, son- dern eines Dienstleistungsauftrags, im Übrigen sei die Vergabe einer Dienstleistungskonzession mit § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaft - und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) nicht vereinbar. Sie hat vor der Vergabekammer beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das eingeleitete Ausschreibungsverfahren aufzuheben und, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht , den Auftrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.
4
Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin untersagt, das ausgeschriebene Wettbewerbsverfahren durch Vertragsabschluss zu beenden. Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt hat.
5
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht den Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen für zulässig erklärt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.


6
Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig. Soweit das Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, auf anderslautende Rechtsprechung (Thüringer OLG, Vergaberecht 2010, 705) hinweist, kann dahinstehen, ob die Sache dem Bundesgerichtshof auch im Wege der Divergenzvorlage (§ 124 Abs. 2 GWB) hätte vorgelegt werden können. Zur Klärung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch ein oberstes Lan- desgericht im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG). Dass diese Regelung auch im Verhältnis zwischen den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte und Gerichten anderer Rechtswege gilt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11, 440 Rn. 6 - Rettungsdienstleistungen III).

III.


7
In der Sache ist das Rechtsmittel nicht begründet.
8
1. Das Beschwerdegericht hat die Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen im Streitfall bejaht und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe zwar dem äußeren Anschein nach eine Dienstleistungskonzession ausgeschrieben. Streitigkeiten aus der Vergabe solcher Konzessionen könnten an sich auch nicht vor die Vergabekammer und den Vergabesenat gebracht werden. Jedoch seien die Vergabenachprüfungsinstanzen nach § 104 Abs. 2 GWB zuständig, wenn ein Antragsteller geltend mache, die beabsichtigte Vergabe verletze ihn in seinen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB. Die Norm schütze nicht nur vor Verstößen gegen vergaberechtliche Bestimmungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, sondern auch davor, dass Leistungen, die als Dienstleistungsaufträge vergeben werden müssten, unter Umgehung des Vergaberechts durch Dienstleistungskonzession beschafft werden sollten. So verhalte es sich hier, weil die Erteilung einer Dienstleistungskonzession nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG unzulässig sei. Nach dieser Bestimmung könnten Dritte mit der Erfüllung der Aufgaben der entsorgungspflichtigen Stelle beauftragt werden. Der Dritte werde dann als Erfüllungsgehilfe dieser Stelle tätig. Rechtsbeziehungen zwischen ihm und dem Nutzer entstünden nicht, sondern lediglich zwischen der entsorgungspflichtigen Stelle und dem Dritten einerseits und dem Nutzer andererseits. Dementsprechend könne auch nur die entsorgungspflichtige Stelle Entgeltansprüche gegenüber dem Nutzer erheben. Eine Dienstleistungskonzession sei in diesem Rahmen unzulässig. Eine Pflichtenübertragung nach § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG, in deren Rahmen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession in Betracht kommen könnte, sei weder von der Antragsgegnerin noch von der Stadt V. gewollt und die Voraussetzungen dafür (§ 16 Abs. 3 KrW-/AbfG) lägen auch nicht vor.
9
2. Die Bejahung der Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen durch das Beschwerdegericht greift die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg an.
10
a) Ob das Begehren der Antragstellerin vor die im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Nachprüfungsinstanzen gehört oder ein anderer Rechtsweg zu beschreiten ist, ist in Anlehnung an die Grundsätze zu beantworten, nach denen bei - wie hier - fehlender ausdrücklicher Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers zu entscheiden ist, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist. Dafür kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes auf die Natur des Rechtsverhältnisses und dabei entscheidend auf die wahre Natur des Anspruchs an, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt (GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1987 - GmS-OGB 1/88, BGHZ 108, 284, 286 mwN).
11
b) Nach der Natur des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs sind die Nachprüfungsinstanzen nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuständig. Das Begehren der Antragstellerin geht dahin, der Antragsgegnerin die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zu untersagen, weil die Wahl dieser Vertragsart der Vergabestelle gesetzlich (§ 16 Abs. 1 KrW-/AbfG) verwehrt und das für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen oberhalb des einschlägigen Schwellenwerts geltende Vergaberecht zu beachten sei. Mit ihrem Angriff, die Wahl eines dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht unterliegenden Vertragstyps sei nicht statthaft, macht die Antragstellerin der Sache nach die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren geltend (§ 97 Abs. 7 GWB). Dafür ist die Zuständigkeit der Vergabekammern (§§ 102 ff. GWB) und der Vergabesenate (§§ 116 ff. GWB) gegeben.
12
aa) Die Annahme des Oberlandesgerichts, das von der Antragstellerin beanstandete Vergabeverfahren sei auf die Vereinbarung einer Dienstleistungskonzession gerichtet, wird von der Rechtsbeschwerde als ihr günstig nicht angegriffen und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken. Es entspricht des Weiteren der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an sich nicht in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 28 f. - S-BahnVerkehr Rhein/Ruhr; Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11, VergabeR 2012, 440 Rn. 10 ff. - Rettungsdienstleistungen III). Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wären Vergabekammer und Vergabesenat nicht zuständig.
13
bb) Im Streitfall kommt jedoch hinzu, dass der Beschaffung der fraglichen Entsorgungsleistungen im Wege der Erteilung einer Dienstleistungskonzession nach dem Vorbringen der Antragstellerin und den von der Rechtsbeschwerde nicht infrage gestellten Ausführungen des Oberlandesgerichts die Regelung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG entgegensteht. Zu Recht hat das Oberlandesgericht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung die Wahl der Dienstleistungskonzession als Vertragsart durch die Antragsgegnerin unter diesen Voraussetzungen einer vergaberechtswidrigen De-facto-Vergabe gleichgesetzt. Um eine solche handelt es sich u. a. dann, wenn die Vergabestelle einen öffentlichen Auftrag unmittelbar einem Unternehmen erteilt, obwohl sie andere Unternehmen ohne gesetzliche Gestattung nicht am Vergabeverfahren beteiligt hat (§ 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB). Diese Regelung will ermöglichen, dass ein vergaberechtswidrig erteilter Auftrag noch nachträglich einem geordneten Vergabeverfahren zugeführt werden kann. Vom Regelungsgegenstand des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB unterscheidet sich der Streitfall nur graduell durch den unerheblichen Umstand, dass die Antragsgegnerin zwar einen Teilnahmewettbewerb eröffnet hat, die Leistung aber im Übrigen frei von den Restriktionen des für die Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der einschlägigen Schwellenwerte geltenden Vergaberechts vergeben will.
14
cc) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Rechtsbeschwerde, im Nachprüfungsverfahren seien nur Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften zu prüfen, zu denen die vom Oberlandesgericht herangezogenen Bestimmungen des KrW-/AbfG und des Abfallgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen nicht zählten. Der Anspruch aus § 97 Abs. 7 GWB schließt das Recht ein, die Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens zur Beschaffung einer dem Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Leistung zu erzwingen, wenn die Vergabestelle den Beschaffungsvorgang nicht als ausschreibungspflichtig erachtet und ihn deshalb ohne förmliches Vergabeverfahren abschließen will. Um die Durchsetzung eines Vergabeverfahrens unter diesen Vorzeichen geht es der Antragstellerin im Streitfall. Er weist lediglich die Besonderheit auf, dass der Erfolg dieses Begehrens nach Lage des Sachverhalts davon abhängt, ob der Antragsgegnerin die Beschaffung der Leistung durch Vergabe einer Dienstleistungskonzession aufgrund einer gesetzlichen Regelung untersagt ist, die selbst nicht unmittelbar zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB zu rechnen ist (hier: § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG, aufgehoben durch Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom 24. Februar 2012, BGBl. I S. 212; vgl. dazu die im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung in § 22 des als Art. 1 des vorgenannten Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts geschaffenen Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen [Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG]). Diese Frage ist inzidenter im Rahmen der in die Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen fallenden Prüfung zu beantworten, ob der Beschaffungsvorgang, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, den Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB unterliegt. Ob § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG - gegebenenfalls eine an die Stelle dieser Regelung getretene Norm - dem Abschluss einer Dienstleistungskonzession im Streitfall entgegensteht, kann nicht losgelöst von dieser Frage beurteilt werden und deshalb auch nicht die Zulässigkeit eines anderen Rechtswegs begründen, sondern ist im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags abschließend zu klären.
15
dd) Nicht zielführend für den Standpunkt der Antragstellerin ist ihr Einwand , die Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag und -konzession diene der Festlegung, ob der Vergaberechtsweg eröffnet sei oder nicht, und, diese Abgrenzung werde durch die Erwägungen des Oberlandesgerichts zur Umgehung des Vergaberechts konterkariert. Dies lässt den vorstehend erörterten Umstand außer Acht, dass die Antragstellerin - als eine vor die Nachprüfungsinstanzen gehörende Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB - geltend macht, dass die Antragsgegnerin die in Rede stehende Beschaffung als Dienstleistungskonzession tätigen wolle. Das Oberlandesgericht hat deshalb zu Recht die Auffassung vertreten, dass das Petitum eines Unternehmens mit Interesse am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB), der Gegenstand einer Dienstleistungskonzession müsse als Dienstleistungsauftrag ausgeschrieben werden, weil der Abschluss eines Konzessionsvertrages aufgrund gesetzlicher Regelung nicht statthaft sei, vor der Vergabekammer und dem Beschwerdegericht geltend zu machen sei.

III.


16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Keukenschrijver Mühlens Gröning
Richter Hoffmann ist in Urlaub und ortsabwesend und kann deshalb nicht unterschreiben. Keukenschrijver Schuster
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.10.2011 - VII-Verg 51/11 -

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Saarlandes vom 18. Mai 2004 (3 VK 06/03) wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Antragsgegners sowie der Beigeladenen zu 2) und 5). Die Hinzuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwalts durch den Antragsgegner sowie die Beigeladenen zu 2) und 5) wird - auch im Verfahren vor der Vergabekammer - für notwendig erklärt.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 82.571 EUR festgesetzt.

Gründe

A.

Der Antragsgegner ist im gesamten Saarland im Bereich der überörtlichen Abfallentsorgung zuständig. Er nimmt diese Aufgabe für insgesamt 48 Kommunen wahr. Ab dem Jahr 2004 lässt der Antragsgegner die Sammlung und Beförderung von sog. PPK-Abfällen (Altpapierfraktionen Papier, Pappe und Kartonagen) sowie die Containergestellung und Containerbewirtschaftung in den 48 Kommunen durch Dritte erledigen.

Zu diesem Zweck eröffnete der Antragsgegner auf der Grundlage der Verdingungsunterlagen vom 18.7.2003 durch Bekanntmachung vom 30. Juli 2003 ein europaweites Vergabeverfahren. Die Ausschreibung, die den Zeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2008 betrifft, ist in 4 Regionallose unterteilt. Die Verwertung der PPK-Abfälle ist nicht Gegenstand der Ausschreibung.

Die Angebote waren mit einem Einheitspreis pro Container - Entleerung anhand der zur Ausschreibung gehörenden Preisblätter „Leerung„ und „Beförderungen„ unter Zugrundelegung der sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Anzahl von Fahrten zuzüglich der angegebenen Schwankungsbreite zu kalkulieren. Maßgebliches Zuschlagskriterium sollte nach Ziff. 2.1.7 der Preis sein.

Auf Seite 2 der Verdingungsunterlagen, wegen deren Inhalt im Übrigen auf das bei den Vergabeakten befindlichen Belegexemplar verwiesen wird, wies der Antragsgegner die Bietinteressenten darauf hin, dass die bisherige Praxis der Zusammenarbeit der öffentlich - rechtlichen Entsorgungsträger mit dem Systembetreiber DSD - AG (im folgenden DSD- AG) - diese bestand in einer 100-prozentigen Beauftragung der Leistungen durch den Entsorgungsträger und einer Erstattung von 25 % der Kosten durch die DSD - AG - vom Bundeskartellamt als rechtswidrig angesehen wird und dass weiterhin Unklarheit über die Modalitäten einer rechtlich zulässigen und wirtschaftlich vorteilhaften Zusammenarbeit für den Entsorgungsträger bestünden. Der Auftraggeber gehe momentan davon aus, dass (aus Kostengründen) kein zweites paralleles Entsorgungssystem für PPK-Abfälle eingeführt werde. Er strebe aktuell eine Vereinbarung mit dem Systembetreiber nach § 6 Verpackungsverordnung über die Mitbenutzung des hier ausgeschriebenen Entsorgungssystems an, die aber noch nicht vorliege. Weiter heißt es:

„Aus diesem Grund wird für die vorliegende Ausschreibung nur der andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle zugrunde gelegt. Der Auftraggeber geht davon aus, dass 85 % der PPK-Abfälle andienungspflichtig sind, d.h. bezogen auf das Jahr 2002 von den 50.653 Tonnen PPK-Abfällen 43.055 Tonnen andienungspflichtige PPK-Abfälle und 7.698 Tonnen nicht andienungspflichtige PPK-Abfälle waren.

Eine Sortieranalyse zur Feststellung des Verpackungsanteils am Gesamtaufkommen der PPK-Abfälle ist in Auftrag gegeben. Das Ergebnis dieser Analyse kann zu einer Änderung der vorgenannten Mengenbasis führen. Dieses Ergebnis wird den Bietern unmittelbar nach Eingang beim Auftraggeber rechtzeitig vor der Angebotseinreichung zugestellt.

Sollte die Einigung über die Mitbenutzung nicht rechtzeitig vor der Angebotseinreichung erreicht werden, behält sich der Auftraggeber vor, den Auftragnehmer gleichwohl mit der Sammlung und Beförderung der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle auf der Grundlage der Regelungen der vorliegenden Ausschreibung zu beauftragen„.

Die Antragstellerin forderte die Verdingungsunterlagen an und rügte mit Schreiben vom 30. August 2003 (Bl. 350 bis 352 der Vergabeakte) einzelne Regelungen und Bedingungen der Verdingungsunterlagen als vergabewidrig. Die Beanstandungen betrafen insbesondere die Ziff. 1.1. 3 (Zustimmung des Auftraggebers); 2.1.1. u. 2.3.2.2 (Beförderungsziele, Mengen neben Containern); 2.1.4 b) (Leerungen und Zusatzleerungen); 2.2.2 (Abfallaufkommen, Bandbreite unveränderter Einheitspreise); 2.3.2.4 (Containergestellung) und 2.3.2.5 (Containerreinigung) der Verdingungsunterlagen. Die Antragstellerin kritisierte, dass nach Ziff. 1.1.3 der Ausschreibung nur der mit ca. 85 % angenommene andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle zugrunde gelegt wurde und dass sich der Antragsgegner für den Fall des Nichtzustandekommens der von ihm angestrebten Einigung mit den Betreibern des Dualen Systems Deutschland nach § 6 Verpackungsverordnung über die Mitbenutzung des hier ausgeschriebenen Entsorgungssystems, vorbehalten hat, die Auftragnehmer mit der Sammlung und Beförderung der nicht andienungspflichtigen PPK - Abfälle auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung zu beauftragen, ohne die Vergütung dieser zusätzlichen Leistungen verbindlich zu regeln. Hierdurch und durch weitere Unklarheiten, die sich aus den o.g. Ziffern ergeben, lasse sich der Umfang der tatsächlich zu erbringenden Leistungen nicht verlässlich beurteilen.

Den Bietern würden unter Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ungewöhnliche Wagnisse aufgebürdet.

Der Antragsgegner nahm mit einem an alle Bieter gerichteten Schreiben vom 11. September 2003 zu diesen Rügen und den Fragen und Beanstandungen weiterer Bietinteressenten Stellung und erläuterte und ergänzte einzelne Regelungen der Leistungsbeschreibung (Bl. 314 f. der Vergabeakte). So wurde in Ziff. 1.1.3 ein Absatz angefügt, in dem der Anteil des andienungspflichtigen Teils der PPK-Abfälle von 85 auf 87 % heraufgesetzt wurde. Außerdem wurde die Bandbreite an Massenveränderungen, innerhalb deren die angebotenen Einheitspreise unverändert bleiben sollten, von +/- 15 auf +/- 10 reduziert (Ziff. 2.1.4 b; 2.1.6; 2.2.2 und 2.3.2.4).

Am 15. September 2003 gab die Antragstellerin ein Angebot für die ausgeschriebenen Leistungen betreffend die Regionallose 1, 2, 3 und 4 ab.

Nach dem Ergebnis einer im Auftrag des Antragsgegners durchgeführten rechnerischen, technischen und wirtschaftlichen Prüfung der Angebote waren bei den Regionallosen 1 und 2 die Angebote der Beigeladenen zu 1), die sich auf 410.112 bzw. 513.032 EUR (brutto) beliefen, die Günstigsten. Die Angebote der Antragstellerin lagen mit 650.437 bzw. 695.372 EUR (jeweils brutto) auf Rang 5 bzw. 4. Beim Regionallos 3 war das Angebot der Beigeladenen zu 2) mit 517.169 EUR (brutto) das Günstigste. Das Angebot der Antragstellerin lag mit 651.718 EUR (brutto) auf Rang 3. Beim Regionallos 4 lag das 475.337 EUR (brutto) betragende Angebot der Beigeladenen zu 5) an erster Stelle. Das Angebot der Antragstellerin über 711.158 EUR (brutto) belegte Rang 4.

Mit Schreiben vom 12. November 2003, der Antragstellerin zugegangen am 14. November (Bl. 677, 666 der Vergabeakte), teilte der Antragsgegner der Antragstellerin gemäß § 13 VgV mit, dass der Zuschlag für die Regionallose 1 bis 4 den jeweils an erster Stelle der Bieterreihenfolge stehenden Mitbewerbern erteilt werden soll und dass ihre Angebote aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt werden können.

Mit Anwaltsschreiben vom 21. November 2003 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung als vergabewidrig und forderte den Antragsgegner auf, die von ihr aufgezeigten Vergabeverstöße zu beseitigen. Die Antragstellerin vertrat die Auffassung, die Verdingungsunterlagen seien unklar, denn sie regelten den Leistungsgegenstand nicht eindeutig und erschöpfend und legten den Bietern zudem unter Verstoß gegen §§ 8 Nr. 1 Abs. 2, Abs. 3 VOL/A ungewöhnliche Wagnisse auf. Die Antragstellerin hat argumentiert, für sie sei nicht beurteilbar gewesen, auf welche Papiermenge sie sich bei Abgabe ihres Gebots habe einstellen müssen. Problematisch sei insbesondere, dass der auf 13 % veranschlagte Gewichtsanteil der nicht andienungspflichtigen PPK - Abfälle wegen des größeren Volumens der Verpackungsabfälle zu einer wesentlich höheren Zahl von Entleerungen führe, als in der Ausschreibung angenommen, was mit Blick auf die voraussichtlichen Abfuhrkapazitäten erhebliche Unwägbarkeiten mit sich bringe. Des Weiteren hat die Antragstellerin einen Verstoß gegen das in § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A geregelte Wettbewerbsprinzip hinsichtlich der Verwertung der Depotcontainer moniert. Mitbewerber die, wie die Beigeladenen zu 1) und 5), Container schon vor Jahrsbeginn 2004 zu marktunüblich niedrigen Preisen über die (angeblich) vom Antragsgegner beherrschte mbH (GkE) erworben haben, hätten die geringen Gestehungskosten in ihrer Angebotskalkulation berücksichtigen können, was zu Wettbewerbsvorteilen führe. In dem Zusammenhang hat die Antragstellerin behauptet, die GkE habe die ihr von dem Eigenbetrieb des Antragsgegners „…„(BDSiS) im Jahr 1998 in großer Zahl veräußerten Abfallcontainer zu marktunüblich niedrigen Preisen an die Beigeladenen zu 1) und 5) weiter veräußert.

Mit Schreiben vom 25.11.2003, abgesandt am 26.11.2003, setzte der Antragsgegner die Antragstellerin davon in Kenntnis, dass er deren Rügen nicht abzuhelfen gedenke.

Noch vor Erhalt dieses Schreibens stellte die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 25. November 2003 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Saarlandes, mit dem sie die Aufhebung der ihrer Auffassung nach fehlerhaften Ausschreibung angestrebt hat. Die Antragstellerin hat ihren Nachprüfungsantrag darauf gestützt, dass die Verdingungsunterlagen § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOL/A zuwider liefen, die Leistungsbeschreibung sei weder eindeutig noch erschöpfend. Es bleibe unklar, ob nur der andienungspflichtige Anteil oder die gesamten PPK-Abfälle Gegenstand der Ausschreibung sind. Außerdem würden den Bietern unter Verstoß gegen § 8 Nr. 1 (3) VOL/A unkalkulierbare Wagnisse auferlegt. Besondere Risiken ergäben sich schon daraus, dass die Abladestellen, wie mit Schreiben vom 30.8. und 21.11.2003 gerügt, nicht festgelegt sind, so dass im Leistungszeitraum möglicherweise wechselnde Abladestellen in einem Umkreis von 130 km von der Gemarkungsgrenze der betreffenden Kommune angefahren werden müssten. Da für die noch zu vergebenden Verwertungsaufträge kürzere Zeitintervalle als für die hier vergebenen Leistungen vorgesehen seien, seien Bieter zur Gewährleistung paralleler Abfuhrrhythmen gezwungen, unnötige Betriebsmittel (Fahrzeuge) vorzuhalten. Die in Ziff. 2.1.4 b) der Leistungsbeschreibung vorgesehene einmal wöchentliche Abfuhr eines Containerstandplatzes sei unrealistisch. Nach den bisherigen Erfahrungen der Antragstellerin, die in der Vergangenheit in wesentlichen Teilen des Abfuhrgebietes die entsprechenden Leistungen erbracht habe, seien ca. 70 % der vorhandenen Behälter mindestens zweimal wöchentlich zu leeren. Da eine getrennte Abfuhr von andienungspflichtigen und nicht andienungspflichtigen PPK-Abfällen, die sich in denselben Containern befinden, praktisch nicht durchführbar sei, stelle sich die Situation aufgrund der Ausschreibung so dar, dass verbindlichen Leistungspflichten unsichere Vergütungsansprüche gegenüberstehen.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin den Vorwurf erneuert, der Antragsgegner habe über die (angeblich) von ihm beherrschte GkE Mitbietern unter Verstoß gegen § 2 VOL/A unzulässige Wettbewerbsvorteile verschafft.

Nachdem der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer eingeräumt hat, dass er mit den Mindestbietenden bereits Dienstleistungsverträge zur Gewährleistung einer Entsorgung über den 1.1.2004 hinaus abgeschlossen hat, hat die Antragstellerin des weiteren beantragt, festzustellen, dass die interimsweise geschlossenen Verträge wegen Verstoßes gegen das Zuschlagsverbot gemäß den §§ 115 GWB; 134 BGB nichtig sind und dass der Antragsgegner gemäß § 115 Abs. 3 GWB verpflichtet werden möge, die Dienstleistungsverträge nur kurzfristig, unter der auflösenden Bedingung des rechtskräftigen Abschlusses dieses Nachprüfungsverfahrens freihändig zu vergeben.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 2) und 5) haben beantragt, den Nachprüfungsantrag abzuweisen.

Der Antragsgegner hat die Antragsbefugnis der Antragstellerin mit Blick auf deren schlechte Rangpositionen in Abrede gestellt. Er hat weiter die Auffassung vertreten, der Leistungsbeschreibung sei eindeutig zu entnehmen, dass nur der andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle Gegenstand der Ausschreibung ist. Den Bietinteressenten würden auch nicht unter Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A unzumutbare Risiken überbürdet. Der Antragsgegner hat schließlich bestritten, auf Entscheidungen der GkE im Zusammenhang mit dem Verkauf von Depotcontainern Einfluss genommen und dadurch bestimmten Bietern Wettbewerbsvorteile verschafft zu haben.

Durch den nunmehr angefochtenen Beschluss vom 18. Mai 2004 hat die 3. Vergabekammer des Saarlandes die vom Antragsgegner geschlossenen Dienstleistungsverträge gemäß der „Bekanntmachung über vergebene Aufträge„ vom 10.4.2004 für unwirksam erklärt, soweit ihre Laufzeit über den 30.6.2004 hinausgeht und festgestellt, dass der Antragsgegner zur Herstellung der Entsorgungssicherheit weiter Dienstleistungsverträge mit einer Laufzeit bis zu 6 Monaten abschließen könne, wenn gewährleistet sei, dass deren Ausgestaltung der Zuschlagserteilung entsprechend dem bestandskräftigen Abschluss des Nachprüfungsverfahrens nicht entgegenstehe. Im Übrigen wurde der Nachprüfungsantrag mit der Begründung abgewiesen, Vergaberechtsverstöße, durch welche die Antragstellerin in ihren Bieterechten verletzt würde, lägen nicht vor. Die Ausschreibung sei entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin klar und eindeutig, das ihr zugrunde liegende Konzept verstoße auch nicht gegen § 8 Nr. 1 Abs. 2, Abs. 3 VOL/A, denn Bietern würden keine ungewöhnlichen Wagnisse auferlegt. Schließlich sei auch keine Verletzung des in § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A geregelten Wettbewerbsprinzips festzustellen.

Gegen diesen, der Antragstellerin am 26. Mai 2004 zugestellten Beschluss, auf den wegen weiterer Einzelheiten des Vergabeverfahrens, der kontroversen Rechtsstandpunkte der Beteiligten und der die Vergabekammer leitenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen Bezug genommen wird, richtet sich die mit Telefax vom 9. Juni 2004 eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin strebt unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an, soweit ihr Nachprüfungsantrag abgewiesen wurde. Die Antragstellerin hält an ihrer Auffassung fest, die Ausschreibung sei schon deshalb vergabewidrig, weil der Leistungsgegenstand nicht eindeutig und erschöpfend definiert sei. Bietinteressenten könnten aus den Verdingungsunterlagen nicht ersehen, ob sich ihr Angebot auf die gesamten PPK - Abfälle oder nur auf den andienungspflichtigen Anteil beziehen soll. Außerdem sei es vergabewidrig, wenn der Antragsgegner nur den kommunalen PPK- Anteil, der 87 % des Gesamtgewichts des PPK - Aufkommens ausmache, ausschreibe und nicht auch den der Verpackungsverordnung unterliegenden sog. DSD - Anteil mit ausschreibe. Da sich der Antragsgegner in Ziff. 1.1.3 vorbehalte, den Auftragnehmer für den Fall, dass eine Einigung mit dem Systembetreiber über den DSD - Anteil nicht zustande komme, auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung auch mit der Sammlung und Beförderung der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle zu beauftragen, lasse er Bietinteressenten in der Leistungsausschreibung über den tatsächlichen Bedarf an andienungspflichtigem Abfall im Unklaren. Die Kalkulationsgrundlagen seien in mehrfacher Hinsicht untransparent. Da die Eventualposition der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle nach den eigenen Angaben des Antragsgegners ausgehend von deren Gewichtsanteil, erst recht aber unter Berücksichtigung des wesentlich höheren Volumenanteils der Verpackungsabfälle, 10 % des Gesamtauftrages überschreite, liege ein Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A vor. Das mit diesen Unwägbarkeiten verbundene Risiko, bereits jetzt ohne verbindliche Vergütungsregelung mit einer faktisch erforderlichen zweimal wöchentlichen Leerung der Container kalkulieren zu müssen (je einmal für den andienungspflichtigen und nicht andienungspflichtigen Anteil), werde ungerechtfertigt auf die Bietinteressenten verlagert. Die Vergabestelle wälze die sie gemäß § 15 KrW-/AbfG treffende Risiken auf die Auftragnehmer ab, wobei erschwerend hinzukomme, dass den Bietern kein Alleinverhandlungsrecht mit dem DSD eingeräumt werde. Ziffer 1.1.3 der Vergabeunterlagen und der dort vorgesehene Zustimmungsvorbehalt seien vergabewidrig und das Ausschreibungsverfahren sei insgesamt aufzuheben. Der in Ziff. 1.1.3 enthaltene Zustimmungsvorbehalt verstoße darüber hinaus gegen das in § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A geregelte Wettbewerbsprinzip. Auch sonst hält die Antragstellerin ihre bereits dargestellten Rügen, auf die unter B. II im Einzelnen eingegangen wird, aufrecht.

Die Antragstellerin beantragt (Bl. 3, 4, 40, 41, 284 d.A.),

1. den Beschluss der Vergabekammer des Saarlandes vom 18. Mai 2004 aufzuheben, soweit ihr Nachprüfungsantrag abgewiesen wird;

2. die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde nach § 18 Abs.1 S.3 GWB bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern;

3. dem Antragsgegner aufzugeben, das streitgegenständliche Vergabeverfahren aufzuheben;

hilfsweise,

dem Antragsgegner aufzugeben, die Verdingungsunterlagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu überarbeiten und die Bieter erneut unter Benennung einer neuen Angebotsfrist zur Abgabe eines Angebots aufzufordern.

4. dem Antragsgegner die Kosten sowohl des erstinstanzlichen Vergabekammerverfahrens als auch des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 124 Abs.4 GWB, 80 VwVfG aufzuerlegen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 2) und 5) beantragen,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin einschließlich des Antrages nach § 118 Abs.1 S.3 GWB zurückzuweisen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 2) und 5) beantragen desweiteren,

die Hinzuziehung eines Anwalts - auch im Verfahren vor der Vergabekammer - für notwendig zu erklären.

Sie treten dem Beschwerdevorbringen entgegen und verteidigen die angefochtene Beschlussentscheidung zumindest im Ergebnis. Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 2) und 5) sind der Auffassung, der Leistungsbeschreibung lasse sich hinreichend klar entnehmen, dass Gegenstand der Ausschreibung nur die andienungspflichtigen PPK-Abfälle sind. Weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger das Ergebnis der mit dem Dualen System wegen der Mitbenutzung der Container geführten Verhandlungen nicht habe absehen können, habe die Ausschreibung konzeptionell für alle Eventualitäten offen gehalten werden müssen. Die gerügten Verstöße gegen § 8 VOL/A seien nicht festzustellen. Auch sonst liege kein Vergabeverstoß vor.

Durch Beschluss vom 14. Juni 2004 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen - und zwar bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S.3 GWB - verlängert (Bl. 203 bis 207 d.A.).

B.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (I.). Das Rechtsmittel bleibt aber in der Sache ohne Erfolg (II.).

I.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist gemäß § 116 Abs. 1 GWB statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch form - und fristgerecht eingelegt worden (§ 117 Abs. 1 bis 3 GWB). Die im Beschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfenden allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens (§§ 98 bis 100, 102, 107 Abs. 1, 108 GWB) liegen ebenfalls vor. Nach § 100 Abs. 1 GWB finden die Vorschriften des GWB über die Vergabe öffentlicher Aufträge nur auf solche Aufträge Anwendung, deren Auftragswerte die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Schwellenwerte (gemäß § 1 VOL/A) erreichen. Die Höhe des Schwellenwertes hängt von der Art des zu vergebenden Auftrages und der Person des Auftraggebers ab. Für Dienstleistungsverträge im Anwendungsbereich der VOL/A liegt der Schwellenwert grundsätzlich bei 200.000 EUR. Dieser Wert ist zweifelsfrei erreicht. Der maßgebliche Gesamtauftragswert liegt weit über dem Schwellenwert. Die Beteiligten gehen auch übereinstimmend davon aus, dass das GWB sowie die Vergabevorschriften der VOL/A Anwendung finden.

Gegen die nach § 107 Abs. 2 S.2 GWB erforderliche Antragsbefugnis der Antragstellerin und damit die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ergeben sich in Übereinstimmung mit der Vergabekammer keine Bedenken. Antragsbefugt ist, wer ein Interesse an dem Auftrag hat und wer eine Verletzung in seinen Bieterrechten nach § 97 Abs. 2 GWB sowie einen hierdurch bereits entstandenen oder jedenfalls drohenden Schaden darlegt.

Der Antragstellerin kann entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners nicht schon deshalb die Antragsbefugnis abgesprochen werden, weil sie hinsichtlich der 4 Regionallose, für die sie Angebote abgegeben hat, jeweils nicht auf Rangstelle 2 des Submissionsspiegels steht.

Es genügt die nicht ganz fern liegende Möglichkeit eines drohenden Schadens, die bereits bei einer Verschlechterung der Zuschlagschancen besteht. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin soll das Vergabeverfahren in erheblichem Maße fehlerhaft durchgeführt worden und die Ausschreibung wegen schwerwiegender Mängel aufzuheben sein. Sind aber die (kalkulatorisch bedeutsamen) Verdingungsunterlagen in mehrfacher Hinsicht vergabewidrig, ist zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die Antragstellerin ohne die von ihr behaupteten Fehlleistungen eine Aussicht auf Zuschlagserteilung gehabt hätte. Wäre die Ausschreibung entsprechend der Argumentation der Antragstellerin zwingend aufzuheben, bestünde für sie grundsätzlich die Möglichkeit, sich in einem anschließenden neuen Verfahren zu beteiligen und so die Aufträge doch noch zu erhalten. Dementsprechend versagt die Rechtsprechung die Rügebefugnis selbst bei nicht wertbaren Angeboten nicht, wenn der gerügte Vergaberechtsverstoß, wie hier, die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibungsbedingungen betrifft (BayObLG, Beschluss vom 15.7.2002; Verg 15/02; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. 3. 2004; VII Verg 7/04; IBR 2004, 271).

Da die Darlegungslast hinsichtlich eines drohenden Schadens nicht allzu hoch angesetzt werden und im Rahmen der Prüfung der Antragsberechtigung die eigentliche Sachprüfung nicht vorweggenommen werden soll, hat die Vergabekammer die Antragsbefugnis der Antragstellerin - es ist anzunehmen, dass diese sich im Falle der Neuausschreibung an einem anschließenden Vergabeverfahren beteiligen wird - zu Recht bejaht.

II.

Die somit zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache aber nicht begründet. Die streitbefangene Ausschreibung verstößt nicht gegen Vergabevorschriften. Auch sonst sind keine Vergabeverstöße festzustellen, durch welche die Antragstellerin in ihren Bieterrechten nach 97 Abs. 7 GWB verletzt wird.

1.

Der Senat vermag insbesondere keinen Verstoß gegen § 8 Nr. 1 VOL/A - im Ergebnis in Übereinstimmung mit der angefochtenen Beschlussentscheidung der Vergabekammer - festzustellen.

Die Leistungsbeschreibung widerspricht weder den in § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A aufgestellten Grundsätzen der Eindeutigkeit und Vollständigkeit (a), noch werden Bietern unter Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ungewöhnliche, mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzip unvereinbare Wagnisse technischer oder wirtschaftlicher Art aufgebürdet (b).

a.

Eine Leistungsbeschreibung genügt nur dann den Anforderungen des § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A - die Vorschrift hat bieterschützenden Charakter - wenn sie eindeutig und erschöpfend gestaltet ist. Eindeutig heißt, die Leistungsbeschreibung muss so beschaffen sein, dass aus der Perspektive des Bieters bei Anlegung eines professionellen Sorgfaltsmaßstabes auch ohne „intensive Auslegungsbemühungen„ ohne weiteres klar ist, welche Leistung von ihm in welcher Form gefordert wird. Erschöpfend bedeutet, dass keine Restbereiche verbleiben dürfen, die seitens der Vergabestelle nicht schon klar umrissen sind (vgl. Müller - Wrede, VOL/A. 1. Aufl. Rdn. 13 - 16 zu § 8 m.w.N.).

Die Argumentation der Antragstellerin, die Ausschreibung sei in der Frage, welche PPK-Abfälle Gegenstand der ausgeschriebenen Leistung sind, nicht eindeutig, es sei unklar, ob der Antragsgegner nur den andienungspflichtigen Teil der PPK-Abfälle von 87 % oder auch die nicht andienungspflichtigen restlichen 13 % ausgeschrieben habe, so dass es an der Vergleichbarkeit der Angebote fehle (§ 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A), vermag nicht zu überzeugen.

Der Antragsgegner hat in der Ausschreibung nach Auffassung des Senats unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass Gegenstand der Ausschreibung ausschließlich die andienungspflichtigen PPK-Abfälle sind, für deren Entsorgung der öffentlich-rechtliche Auftraggeber zuständig ist. Deren Gewichtsanteil hat die Vergabestelle zunächst auf 85 %, d.h. bezogen auf das Jahr 2002 auf 43.055 von insgesamt anfallende 50.653 Tonnen und nach dem Ergebnis einer Sortieranalyse in der Folge mit 87 % der insgesamt anfallenden PPK-Abfälle angegeben. Unter Ziff. 2.1.2. auf Seite 13 der Verdingungsunterlagen („Gegenstand der Ausschreibung„) wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller den Auftrag „im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Zuständigkeit„ vergibt, was gleichfalls als Hinweis darauf verstanden werden musste, dass nur der andienungspflichtige Anteil auftragsgegenständlich war.

Nach der Konzeption der Ausschreibung war den Bietern vorgegeben, ihr Angebot mit einem Einheitspreis pro Containerentleerung zu kalkulieren und dabei die in der Ausschreibung angegebene Anzahl von Fahrten zuzüglich der genannten Schwankungsbreite zugrunde zu legen. Daher mussten Bieter bei der Kalkulation ihrer konkreten Angebote für die ausgeschriebene Dienstleistung nicht davon ausgehen, dass sie auch die nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle abfahren müssen. Es kann in dem Zusammenhang dahinstehen, ob der Volumenanteil der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle, wie die Antragstellerin meint, deutlich höher ist als deren Gewichtsanteil und ob dieser etwa 50 % beträgt und deshalb mehr Entleerungen erforderlich werden, als der auf den andienungspflichtigen Anteil beschränkten Ausschreibung zugrunde gelegt sind. Mit Blick auf das konkret abzugebende Angebot war klar und eindeutig geregelt, von wie viel Fahrten die Bieter auszugehen hatten.

Die mit Schriftsatz vom 16.9.2004 angestellte Spekulation der Antragstellerin, Bieter könnten die hinsichtlich der nicht ausgeschriebenen Verpackungsabfälle mit Blick auf die Zahl der Entleerungen zu besorgende „Unterdeckung„ trotz eindeutiger anders lautender Vorgaben der Verdingungsunterlagen doch berücksichtigt haben, mit der Folge, dass ihre Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. d) VOL/A vom weiteren Verfahren auszuschließen sind, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage.

Den Verdingungsunterlagen waren auf Seite 2 unter dem Stichwort „Allgemeines„ die Gründe zu entnehmen, die den Antragsgegner bewogen haben, sich für die konkrete Art der Ausschreibung zu entscheiden. Der Antragsgegner teilt die Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes, dass die andienungspflichtigen PPK-Abfälle, für deren Entsorgung die Kommunen zuständig sind und die sonstigen PPK-Abfälle, deren Abfuhr den Systembetreibern wie etwa dem Dualen System Deutschland obliegt, getrennt ausgeschrieben werden müssen, weil eine gemeinsame Ausschreibung gegen das Kartellverbot des § 1 GWB verstoße.

Zum Zeitpunkt der Ausschreibung stand nicht fest, wie sich die Systembetreiber verhalten würden. Der Antragsgegner hat darauf aufmerksam gemacht, dass die - aus seiner Sicht wegen der präsumtiven Kosten unwahrscheinliche - Möglichkeit bestand, dass die Systembetreiber ein eigenes Entsorgungssystem aufbauen.

Vor diesem, den Bietern zur Kenntnis gebrachten Hintergrund, ist die Wortfassung der Ausschreibung eindeutig. Sie lässt nach Auffassung des Senats keinen Raum für Zweifel daran, dass Gegenstand der Ausschreibung und damit der von Bietern zu kalkulierenden Angebote nur der andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle und die sich aus den Verdingungsunterlagen ergebende Zahl von Entleerungen sein und dass die Kalkulation der Bieter nach den dort genannten Vorgaben erfolgen sollte.

Genau so haben sämtliche professionellen Bieter und letztlich auch die Antragstellerin (vgl. den Schriftsatz vom 25. August 2004; Bl. 282 d.A.) die Ausschreibung verstanden und ihre konkreten Angebote entsprechend kalkuliert. Die Antragstellerin versteht die Ausführungen im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen zu 5) vom 15.7.2004 miss, wenn sie meint, die Beigeladene zu 5) sei von einer Ausschreibung der gesamten PPK-Abfälle ausgegangen. Die Beigeladene zu 5) war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass Gegenstand der Ausschreibung nur der mit 87 % angenommene andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle ist. Sie meinte aber, dass die Bietinteressenten dessen ungeachtet damit rechnen mussten, letztlich ggf. doch - allerdings gegen eine, mit dem Systembetreiber bei Zustandekommen einer Mitbenutzungsvereinbarung noch zu regelnde Mehrvergütung - 100 % abfahren zu müssen.

Der Umstand, dass sich der Antragsgegner für den Fall des Nichtzustandekommens der angestrebten Vereinbarung mit dem Systembetreiber DSD - AG in Ziff. 1.1.3 vorbehalten hat, die Auftragnehmer auch mit der Beförderung der nicht andienungspflichtigen PKK- Abfälle zu beauftragen, musste von verständigen Bietern als weiterer Hinweis darauf interpretiert werden, dass nur die andienungspflichtigen PPK - Abfälle Gegenstand der Ausschreibung und der von ihnen konkret vorzunehmenden Angebotskalkulation waren. Wären die nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle ebenfalls ausgeschrieben gewesen, hätte es keines Hinweises auf eine mögliche nachträgliche Auftragserweiterung durch den Antragsgegner bedurft.

Der Antragsgegner hat nachvollziehbar erläutert, der Vorbehalt der Auftragserweiterung durch ihn sei für den Fall von Bedeutung gewesen, dass sich der Systembetreiber DSD - AG nicht rechtmäßig verhalten, dass dieser also weder ein eigenes Entsorgungssystem aufgebaut, noch eine Mitbenutzungsvereinbarung getroffen hätte und der Antragsgegner als öffentlich - rechtlicher Entsorgungsträger in Erfüllung der ihn nach § 15 KrW-/AbfG treffenden Abfuhrpflicht gehalten gewesen wäre, auch die nicht andienungspflichtigen Abfälle und die hierfür zu entrichtende Mehrvergütung in eigener Regie zu regeln.

Ein vernünftiger Erklärungsempfänger konnte die Ausführungen jedenfalls nicht dahin missverstehen, dass die nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle Gegenstand der konkreten Ausschreibung des Antragsgegners und Grundlage der Kalkulation der von den Bietern zu erbringenden Leistungen sein sollten.

Dieser Wertung stehen auch die (zugegebenermaßen missverständlichen) Ausführungen der Vergabekammer in der angefochtenen Beschlussentscheidung nicht entgegen. Wenn es dort unter Ziff. II 2. (Bl. 92 d.A.) heißt, aufgrund der Leistungsbeschreibung hätten die Bieter mit einem Abfuhraufkommen von 100 % rechnen müssen, was sie letztlich auch getan hätten, wollte die Kammer damit ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen, dass der nicht andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle ebenfalls Gegenstand der Ausschreibung und der konkret abzugebenden Angebote war. Gemeint war vielmehr, dass sich die Bieter, weil mit dem Aufbau eines eigenen Entsorgungsnetzes durch das DSD aus Kostengründen bei realitätsnaher Betrachtung nicht zu rechnen war, darauf einrichten mussten, den gesamten PPK - Abfall abfahren zu müssen und zwar schon deshalb, weil der nicht andienungspflichtige Teil in denselben Containern gesammelt wurde. Klar war aber auch, dass diese Leistung im Falle des Zustandekommens der vom Antragsgegner angestrebten Nutzungsvereinbarung mit den Systembetreibern den Bietern auf der Grundlage von Verträgen, die diese mit den Betreibern schließen, bzw. bei rechtswidrigem Verhalten der Betreiber, alternativ vom Antragsgegner, zusätzlich zu vergüten ist.

Zwar kommt bei Ausschreibungen eine Auslegung nach zivilrechtlichen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) nach allgemeiner Auffassung nicht in Betracht (BGH NJW 2002, 1954, 1955; Saarl. OLG Beschl. V. 13.11.2002 - 5 Verg 1/02; Müller - Wrede a.a.O. Rdn. 16 zu § 8 ).

Ausgehend vom maßgeblichen Empfängerhorizont eines Bieters, der die gebotene „Professionalität„ an den Tag legt und der mit der Materie und der Problematik der unterschiedlichen Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Entsorgung von PPK-Abfällen vertraut ist, konnte nach der Wortfassung der Ausschreibung, insbesondere nach den eingangs unter „Allgemeines„ gegebenen Hinweisen auf die Unwägbarkeiten, die sich aus den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit dem Systembetreiber DSD - AG ergeben, für Bieter kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass Gegenstand der Ausschreibung und Grundlage ihrer Angebotskalkulation nur der andienungspflichtige Anteil der PPK-Abfälle und dass es nicht die gesamten PPK-Abfälle waren.

b.

Ein Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A - die Sollvorschrift hat, insbesondere wenn eine Verletzung des vergaberechtlichen Wettbewerbsprinzips im Raum steht (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) bieterschützenden Charakter - kann ebenfalls nicht festgestellt werden.

Die hier zu beurteilende Ausschreibung legt den Bietern entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerin keine ungewöhnlichen bzw. unzumutbaren Wagnisse auf.

Welches Wagnis ungewöhnlich und vergaberechtlich nicht zulässig ist, kann nur einzelfallbezogen nach Art und Umfang der nachgefragten Leistung unter Beachtung des Gesichtspunkts der Branchenüblichkeit geklärt werden. Entscheidend ist, dass dem Bieter im Rahmen der Leistungsbeschreibung hinreichende Grundlagen für die erforderliche Kostenkalkulation zur Verfügung gestellt werden. Ist das nicht der Fall, wird vom Vorliegen eines ungewöhnlichen Wagnisses auszugehen sein (Müller - Wrede a.a.O. Rdn. 8). Stets dürfen dem Bieter nur leistungstypische Wagnisse, also solche, die er nach dem jeweiligen Vertragstyp gemeinhin zu tragen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juli 2003; Verg 26/03), aufgebürdet werden.

Er soll nicht mit Risiken belastet werden, die sich aus Umständen oder Ereignissen ergeben, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkungen auf Preise und Fristen er nicht im Voraus einschätzen kann. Sinn von § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ist es, zu verhindern, dass öffentliche Auftraggeber als Nachfrager die Vertragsbedingungen diktieren und den häufig spezialisierten, auf diese Aufträge angewiesenen Bietinteressenten, unternehmerische Risiken jedweder Art im Wege eines „Diktates„ überbürden können (Müller - Wrede a.a.O. Rdn. 35 f. zu § 8).

Hiervon ausgehend kann ein Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A im Streitfall nicht bejaht werden.

a.

Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, das vom Antragsgegner unzulässigerweise geschaffene Risiko liege zunächst darin, dass in der Ausschreibung im Grundsatz von einer nur einmal wöchentlich vorzunehmenden Leerung zuzüglich durchschnittlich 10 Zusatzleerungen pro Jahr und Container ausgegangen werde, wohingegen der Antragstellerin als Altvertragspartnerin aus eigener Anschauung bekannt sei, dass mit einer zweimal wöchentlichen Leerung (einmal für den nicht andienungspflichtigen und einmal für den andienungspflichtigen Anteil) zu rechnen sei. Dies deshalb, weil der Volumenanteil der Verpackungsabfälle deutlich über deren vom Antragsgegner mit 13 % veranschlagten Gewichtsanteil liege. Er betrage ca. 50 %. Die hieraus resultierende „Unterdeckung„, die pro Los und Jahr etwa 20.000 Entleerungen ausmache und die damit verbundenen kalkulatorischen Risiken würden ohne sachliche Rechtfertigung auf die Bieter abgewälzt.

Dass die in der Ausschreibung genannte Anzahl von Leerungen für den wie dargelegt allein ausschreibungsgegenständlichen Abtransport der andienungspflichtigen PPK-Abfälle nicht ausreichend ist, behauptet die Antragstellerin allerdings selbst nicht. Der Einwand, es bestehe im Hinblick auf das größere Volumen der nicht andienungspflichtigen Verpackungsabfälle und eine sich insoweit ergebende „Unterdeckung„ ein ungewöhnliches Wagnis, liegt schon deshalb neben der Sache, weil die Abfuhrmengen, auf die sich die vorgebliche „Unterdeckung„ und die 10 % überschreitende Anzahl von Mehrleerungen bezieht, gar nicht Gegenstand der konkreten Ausschreibung und Angebotskalkulation sind.

Diese (Mehr-) Leistungen sollen den Bietern laut Ausschreibung - entweder vom Systembetreiber bei Zustandekommen einer Nutzungsvereinbarung oder ggf. im Rahmen eines Zusatzauftrages durch den Antragsgegner - gesondert vergütet werden.

Ohne Erfolg argumentiert die Antragstellerin, es sei jedenfalls als Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOL/A zu werten, dass Bietinteressenten aufgrund der Ausschreibung keine Klarheit über das Entgelt für die wegen der Anfuhr des Verpackungsmülls zu erbringenden Leistungen hätten; insbesondere sei bei Angebotsabgabe nicht gewährleistet, dass ihnen die Mehrkosten, die durch die zusätzlichen Entleerungen entstehen, angemessen vergütet werden und dies stelle ein ungewöhnliches Wagnis dar. Das gelte umso mehr, als bei Nichtzustandekommen der angestrebten Nutzungsvereinbarung keineswegs sicher sei, dass Bieter vom Antragsgegner eine angemessene Vergütung des durch den Abtransport des Verpackungsmülls verursachten Mehraufwandes erhalten werden.

Das Argument, verbindlichen Leistungspflichten stünden unsichere Vergütungsansprüche in einer mit § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A nicht in Einklang zu bringenden Weise gegenüber, vermag letztlich nicht überzeugen.

Der Antragstellerin ist zwar einzuräumen, dass Bieter in der Tat damit rechnen und sich im Rahmen einer internen Gesamtkalkulation darauf einrichten mussten, ggf. auch die der Verpackungsverordnung unterliegenden PPK-Abfälle, deren Gewichtsanteil bei etwa 13 % liegt, abfahren zu müssen. Kalkulationserhebliche Nachteile im Sinne unzumutbarer Wagnisse können den Bietern durch diese Eventualität im Endergebnis aber nicht entstehen.

Falls es zu einer Vereinbarung zwischen dem Systembetreiber DSD - AG und dem Antragsgegner wegen der Mitbenutzung des vorhandenen Entsorgungssystems kommt, haben es die Bieter selbst in der Hand, mit dem Systembetreiber für den Abtransport der nicht andienungspflichtigen Verpackungsabfälle eine Vergütung auszuhandeln, die dem durch das (vorgeblich) höhere Volumen dieser Abfälle bedingten tatsächlichen Mehraufwand, insbesondere einer dadurch eventuell erforderlichen größeren Zahl von Entleerungen, angemessen Rechnung trägt.

Sollte die Mitbenutzungsvereinbarung nicht zustande kommen und der Systembetreiber wider Erwarten ein eigenes System aufbauen, wäre die der Ausschreibung zugrunde gelegte Anzahl von Entleerungen, was die Antragstellerin nicht ernsthaft in Frage stellt, auskömmlich. Die von der Antragstellerin für diesen Fall diskutierte Möglichkeit von Fehlwürfen kann naturgemäß nicht von vorne herein Maßstab der Ausschreibung der andienungspflichtigen PPK-Abfälle und der im Rahmen dieser Angebotserstellung konkret vorzunehmenden Kalkulation sein.

Sollte es bei dem eben unterstellten Gang der Dinge in relevantem Umfang zu Fehlwürfen kommen, bestünde immer noch die Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung der Vergütung. Der Antragsgegner hat mit Erläuterungsschreiben vom 11.9.2003 die Bandbreite der Massenveränderungen in Bezug auf die konkret ausgeschriebenen Leistungen von +/- 15 auf +/- 10 reduziert (Ziff. 2.2.2. der Verdingungsunterlagen). Eine Schwankungsbreite von 10 %, wie sie durch die Rechtsprechung auch im Rahmen des § 2 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B als ohne Einfluss auf die spezifischen Preise der jeweiligen Leistung erachtet wird (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 13. Dezember 2002, 5 Verg 1/02), eröffnet für die Antragstellerin kein unkalkulierbares Risiko, das einen Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A begründen könnte. Dass mit Fehlwürfen in einer Größenordnung von mehr als 10 % sicher zu rechnen wäre, behauptet die Antragstellerin nicht.

Aber auch für den wenig wahrscheinlichen Fall, dass sich der Systembetreiber nicht zum Abschluss einer Mitbenutzungsvereinbarung mit dem Antragsgegner bereit findet und dass es auch nicht zum Aufbau eines eigenen Entsorgungssystems kommen wird, der Systembetreiber sich also rechtswidrig der Verpflichtung zur Abfuhr der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle entziehen sollte, ergäbe sich auf der Grundlage der streitbefangenen Ausschreibung im Rahmen eines vom Antragsgegner als für die Abfallentsorgung nach § 15 Abs. 1 S.1 Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz (KrW -/AbfG) zuständigen öffentlich - rechtlichen Träger noch zu erteilenden Ergänzungsauftrages ein gegen diesen gerichteter Vergütungsanspruch.

Soweit die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung ein „Szenarium„ entwickelt haben, wonach sich der Antragsgegner im Falle des Scheiterns der Verhandlungen mit dem Systembetreiber und bei Nichtaufbau eines eigenen Entsorgungsnetzes, entgegen den Ausführungen auf Seite 2 der Ausschreibung weigern könnte, eine Vergütungsvereinbarung bezüglich des Mehraufwandes zu treffen, der durch die Entsorgung der nicht ausgeschriebenen Verpackungsabfälle entsteht, hat diese Eventualität schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil die Ausschreibung naturgemäß nur Regelungen für ein rechtmäßiges Vorgehen der Vergabestelle treffen kann und es keinen Anhalt dafür gibt, dass sich der Antragsgegner dessen ungeachtet weigern würde, den in der Ausschreibung angekündigten Zusatzauftrag zu erteilen und zu vergüten.

Im Übrigen ergäbe sich für diesen, aus Sicht des Senats in hohem Maße abwegigen Fall, aufgrund der in der Ausschreibung enthaltenen Erklärungen ein Rechtsanspruch auf Erteilung eines entsprechenden Zusatzauftrages, zumindest aber bestünden Aufwendungsersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der berechtigten GOA.

Weshalb sich für die Bieter aus der streitbefangenen Ausschreibung dessen ungeachtet Risiken ergeben sollen, die nicht im Rahmen einer sorgfältigen und vernünftigen Kalkulation einpreisbar sind, ist weder einleuchtend dargetan noch sonst ersichtlich. Die zu besorgende Mehrbelastung bezieht sich nicht auf die Containergestellung und -bewirtschaftung. Sie wirkt sich lediglich auf die Anzahl der notwendigen Leerungen aus.

Zwar wendet die Antragstellerin im Grundsatz zu Recht ein, dass sie und andere Bieter zumindest für einen gewissen Zeitraum, nämlich bis zur Klärung der Frage der Mitbenutzung der Container durch den Systembetreiber, (Mehr-) Aufwendungen für den Abtransport der nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle einkalkulieren müssen, ohne schon jetzt Gewissheit über die exakte Höhe der zu erwartenden Mehrvergütung und den Leistungsschuldner zu haben.

Hierbei handelt es sich aber nicht um Wagnisse, die nach dem Grundgedanken des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A den Bieter nicht treffen können, sondern um Unwägbarkeiten praktischer Art, auf die auch der Antragsgegner keinen Einfluss hat und die mit Blick auf die problematische Rechtslage vom Antragsgegner im Rahmen einer Ausschreibung nicht in einem für die Bieter in jeder Hinsicht „befriedigenden„ Sinn zu lösen sind.

Das Wagnis des Ob und Wie der Mitbenutzung durch den Systembetreiber und der Frequenz der notwendigen Entleerungen wurde wegen der besonderen Umstände, die Hintergrund der streitbefangenen Ausschreibung sind und auf welche die Vergabestelle selbst teilweise keinen Einfluss hat, nicht in unzulässiger Weise auf die Entsorger abgewälzt.

Unstreitig ergeben sich für den Antragsgegner und andere öffentlich - rechtliche Entsorgungsträger Schwierigkeiten, die daraus resultieren, dass für die Entsorgung der PPK-Abfälle sowohl der Antragsgegner als öffentlich - rechtlicher Entsorgungsträger wie auch die Systembetreiber nach § 6 der Verpackungsverordnung (Letztere für Verpackungsmaterial) zuständig sind. Bisher arbeitete der Antragsgegner mit dem Systembetreiber DSD - AG in der Weise zusammen, dass er die Leistungen zu 100 % ausgeschrieben und die DSD - AG ihm 25 % der Kosten erstattet hat. Diese Praxis wurde seitens des Bundeskartellamts als rechtswidrig beanstandet. Der Antragsgegner geht in Übereinstimmung mit dem Bundeskartellamt (vgl. hierzu den Beschluss vom 6. Mai 2004; Bl. 110 f.d.A.) davon aus, dass eine gemeinsame Ausschreibung andienungspflichtiger und nicht andienungspflichtiger PPK-Abfälle durch den öffentlich - rechtlichen Entsorgungsträger und den Systembetreiber eine unzulässige Nachfragebündelung gemäß § 1 GWB darstellt. Da andienungspflichtige und nicht andienungspflichtige PPK-Abfälle (es sei denn, es würden getrennte Entsorgungsnetze existieren) praktisch nicht getrennt entsorgt werden können, weil sie sich in denselben Abfallcontainern befinden und weil der Aufbau eines parallelen Entsorgungssystems für nicht andienungspflichtige PPK-Abfälle aus wirtschaftlichen Gründen höchst unwahrscheinlich ist, verhandelt der Antragsgegner mit dem Systembetreiber DSD- AG über die Mitbenutzung des hier ausgeschriebenen Entsorgungssystems. Da bei den Verhandlungen bislang noch kein Ergebnis erzielt werden konnte, der öffentlich - rechtliche Entsorgungsträger aber gesetzlich verpflichtet ist, die Abfuhr der PPK-Abfälle zu gewährleisten, hat er mit Blick auf die vom Bundeskartellamt vertretene und von ihm geteilte Rechtsauffassung zur Unzulässigkeit einer gemeinsamen Ausschreibung seiner hier zu beurteilenden Ausschreibung nur den andienungspflichtigen Anteil der PKK- Abfälle zugrunde gelegt.

Es mag sein, dass es vergabe- und kartellrechtlich unbedenklich gewesen wäre, wenn der Antragsgegner, wie in dem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Beschluss des Bundeskartellamtes vom 6. Mai 2004 exemplarisch aufgezeigt, den gesamten Auftrag für die Entsorgung von andienungspflichtigen und nicht andienungspflichtigen PPK-Abfälle ausgeschrieben und er es den Bietinteressenten überlassen hätte, mit dem Systembetreiber eine Vereinbarung über das Entgelt für die Mitbenutzung zu treffen.

Das bedeutet aber nicht, dass jede andere Form der Ausschreibung dazu führt, dass sich der Antragsgegner dem von der Antragstellerin erhobenen Vorwurf aussetzt, er überbürde Teile der ihn gemäß § 15 KrW-/AbfG treffenden Pflichten und Risiken unter Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A auf die Auftragnehmer.

Eine, wie hier, auf die kommunalen PPK- Mengen beschränkte Ausschreibung ist nach Auffassung des Bundeskartellamtes kartellrechtlich ebenfalls unbedenklich, wenn es den Entsorgern überlassen bleibt, mit den Systembetreibern eine Nutzungs- und Vergütungsvereinbarung hinsichtlich des bestehenden Entsorgungssystems zu treffen (Bl. 171 d.A.).

Der Antragsgegner hat in den Verdingungsunterlagen keinen Zweifel daran gelassen, dass es den Bietern für den Fall des Zustandekommens einer Mitbenutzungsvereinbarung überlassen bleibt, mit dem Systembetreiber eine Entgeltvereinbarung in eigener Verantwortung zu treffen. Die Ausschreibung stellt das Recht der Bieter, mit dem Systembetreiber DSD - AG selbständig in Verhandlungen wegen der Vergütung für eine evtl. Mitbenutzung einzutreten, nicht in Frage.

Aus dem für diesen Fall vorgesehenen Zustimmungsvorbehalt ergibt sich - zumindest bei vernünftiger Sichtweise - nichts anderes.

Der Vorbehalt ist sachlich gerechtfertigt, weil der Antragsgegner aus nachvollziehbaren Erwägungen sicher gehen will, dass im Rahmen der noch zu treffenden Vergütungsregelung auf seine Belange Rücksicht genommen wird. Es versteht sich von selbst, dass im Falle einer Mitbenutzung der vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger finanzierten Container durch das DSD dem Antragsgegner ein angemessenes Nutzungsentgelt zu entrichten ist. Vor diesem Hintergrund hat der Antragsgegner ein legitimes Interesse daran, bei der Ausschreibung in geeigneter Form Vorsorge dafür zu treffen, dass seine diesbezüglichen Interessen gewahrt werden. Durch den Zustimmungsvorbehalt wird die Befugnis der Antragstellerin, das Mitbenutzungsentgelt mit dem Systembetreiber selbst auszuhandeln, nicht in unvertretbarer Weise eingeschränkt und der Antragstellerin wird auch kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet.

Der Zustimmungsvorbehalt begegnet mit Rücksicht auf die Unzulässigkeit von Verträgen zu Lasten Dritter und weil unbillige Ergebnisse zum Nachteil der Antragstellerin durch eine von sachwidrigen Erwägungen getragene Zustimmungsverweigerung des Antragsgegners wegen § 315 BGB nicht zu besorgen sind, keinen durchgreifenden Bedenken und kann nicht als unzulässige Einschränkung des Rechts der Antragstellerin auf eigenverantwortliche Aushandlung eines Mitbenutzungsentgelts angesehen werden.

Im Übrigen würde sich die Situation bei der von der Antragstellerin für vorzugswürdig und vergaberechtlich unbedenklich erachteten Ausschreibung des „gesamten„ Auftrages und Aushandlung einer Mitbenutzungsvereinbarung mit dem Systembetreiber in der Frage der „Vergütungssicherheit„ für sie nicht wesentlich anders darstellen. Die Höhe des Entgelts für die Abfuhr des Verpackungsmülls wäre auch dann vom ungewissen Ergebnis künftiger Nachverhandlungen mit dem Systembetreiber abhängig. Das „plakative„ Argument, mit dem ein Verstoß gegen § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A belegt werden soll, verbindlichen Leistungspflichten stünden unsichere Vergütungsansprüche gegenüber, besäße auch dann Gültigkeit.

b.

In Übereinstimmung mit der Vergabekammer ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, davon auszugehen, dass die Unbestimmtheit der Standorte der Abladestellen (Ziff. 2.1.1 und 2.3.2.3.) mit Blick auf die Maximalentfernung von 130 km kein unzumutbares Wagnis darstellt. Dass (alle) Bietinteressenten wegen der vom Antragsgegner gewählten Trennung zwischen der Sammlung und Beförderung einerseits und der Verwertung der PPK-Abfälle andererseits zur Bedienung der Abfuhrrhythmen größere Fuhrkapazitäten bereithalten müssen, ist keine unzulässige Risikoüberbürdung.

Eine Ausschreibung mit Entfernungsstaffeln ist nach der Rechtsprechung des Vergabesenats des Saarländischen Oberlandesgerichts im Grundsatz nicht zu beanstanden (5 Verg 1/02; Beschl. v. 13.11.2002).

Die Antragstellerin hat nicht aufgezeigt, dass hierdurch relevante kalkulatorische Unsicherheiten entstehen und dass sie in einem Umfang Fahrkapazitäten vorhalten muss, dass von einem ungewöhnlichen Wagnis i.S.d. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A ausgegangen werden müsste.

c.

Gleiches gilt mit Blick auf die in Ziff. 1.3.2.5 der Verdingungsunterlagen mit ca. 1 % angegebene und von der Antragstellerin als nicht auskömmlich angesehene Quote für außerordentliche jährliche Reinigungen. Dass die Reinigungsquote in den streitgegenständlichen Reinigungsgebieten deutlich höher liegt und ca. 10 % betragen soll, hat die Antragstellerin zwar behauptet, jedoch ist ihre Sachdarstellung durch nichts belegt.

2.

Ein Verstoß gegen das in § 2 Nr. 1 und 2 VOL/A geregelte „Prinzip Wettbewerb„ kann schließlich ebenfalls nicht festgestellt werden.

Ein solcher würde vorliegen, wenn der Antragsgegner die Teilnehmer am Vergabewettbewerb nicht gleich behandelt oder wenn er sich sonst nicht hinnehmbarer wettbewerbsbeschränkender oder unlauterer Verhaltensweisen schuldig gemacht hätte.

a.

Der von der Antragstellerin behauptete Verstoß der Ausschreibung gegen das Boykottverbot des § 21 Abs. 1 GWB liegt ersichtlich nicht vor.

Die hier zu beurteilende Ausschreibung stellt in Ziff. 1.1.3 das Recht der Bieter, mit dem Systembetreiber DSD selbständig in Vertragsverhandlungen wegen der Vergütung für eine Mitbenutzung einzutreten, nicht in Frage. Der Zustimmungsvorbehalt kann aus den bereits dargelegten Gründen nach seiner vom Antragsgegner einsichtig dargestellten Zweckbestimmung bei vernünftiger Betrachtung nicht im Sinne einer Behinderung verstanden werden.

b.

Ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A lässt sich nicht damit begründen, dass der Antragsgegner, wie die Antragstellerin mutmaßt, auf die Verwertung der Container, die ihr Eigenbetrieb „…„ (BDSiS) im Jahr 1998 in großer Zahl an die mbH (GkE) veräußert hat, in der Weise Einfluss genommen hätte, dass er die (angeblich) von ihm beherrschte GkE angewiesen haben soll, die Container zu marktunüblich niedrigen Preisen an Mitbewerber der Antragstellerin, insbesondere die Beigeladenen zu 1) und 5), die zugleich Gesellschafter der GkE sind, zu veräußern und dass er die Konkurrenten dadurch in die Lage versetzt hat, wesentlich günstiger zu kalkulieren und deutlich niedrigere Angebote abzugeben als die Antragstellerin.

Für die von der Antragstellerin vermuteten Manipulationen gibt es mit Blick auf die Ausführungen im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 26.8.2004 (Bl. 277 f. d.A.), denen die Antragstellerin nicht (mehr) substantiiert entgegengetreten ist, keinen hinreichenden tatsächlichen Anhalt.

Die Ziff. 1 und 2 des Beschlusses der Vergabekammer sind nicht Gegenstand der Anfechtung (vgl. Sitzungsprotokoll vom 1. September 2004; Bl. 284 d.A.).

Der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin muss nach alldem der Erfolg in der Sache versagt bleiben.

III.

Die Kostenentscheidung für das Verfahren der sofortigen Beschwerde folgt aus einer analogen Anwendung der §§ 91 ff. ZPO (vgl. BGHZ 146, 202, 217; Bechthold, Kartellgesetz, . Aufl. Rdn. 2 zu § 127 GWB). Danach waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens entsprechend § 97 Abs. 1 ZPO von der Antragstellerin zu tragen, denn ihre Beschwerde blieb erfolglos. Zu diesen Kosten gehören neben den notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners auch diejenigen der Beigeladenen zu 2) bis 5), die sich aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt haben und die mit ihren Sachanträgen erfolgreich waren.

Mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die Kostenentscheidung im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren auch wegen der notwendigen Auslagen eines Beigeladenen allein nach den für die Zivilgerichte geltenden Kostengrundsätzen, also nach der ZPO und nicht analog § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. BGH VergabeR 2004, 201/208). Der Ausspruch dient - zumindest für das Beschwerdeverfahren - nur der Klarstellung, denn zu den notwendigen Aufwendungen gehören im Beschwerdeverfahren auch die Anwaltskosten der Verfahrensbeteiligten (§ 91 ZPO; 120 Abs. 1 GWB).

Der Antrag nach § 118 Abs. 1 S.3 GWB hatte kostenrechtlich außer Betracht zu bleiben, denn er ist prozessual überholt und war nicht (mehr) entscheidungsbedürftig, nachdem der Senat mit Beschluss vom 14. Juni 2004 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen verlängert und über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S.3 GWB in der Folge vor der Entscheidung über die Beschwerde nicht entschieden hat.

Der Senat hielt es für sachgerecht, die Hinzuziehung eines bevollmächtigten Rechtsanwalts in dem Verfahren vor der Vergabekammer entsprechend dem Antrag der Vergabestelle für notwendig zu erklären (§ 128 Abs. 4 S.3 GWB). Einem öffentlichen Auftraggeber wird die Hinzuziehung eines Anwalts zwar nicht regelmäßig, jedenfalls aber dann zuzubilligen sein, wenn sich in dem Nachprüfungsverfahren schwierige Rechtsfragen aufwerfen, die unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache sowie der den Antragsgegner treffenden Pflicht zur Beschleunigung und Verfahrensförderung (vgl. § 113 Abs. 2 GWB) die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe notwendig erscheinen lassen (zu den Abwägungskriterien vgl. Bayrisches Oberstes Landgericht VergabeR 2004, 259; OLG Düsseldorf VergabeR 2004, 266/270 f.).

Auch in Bezug auf die Beigeladenen zu 2) und 5), die sich am Nachprüfungsverfahren wesentlich beteiligt und dieses auch gefördert haben, war die Hinzuziehung eines Anwalts insoweit für notwendig zu erklären.

IV.

Die Festsetzung des Geschäftswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 12 a Abs. 2 GKG. Nach herrschender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung ist üblicherweise von 5 % der streitbefangenen Nettoauftragssumme des Antragstellers und Beschwerdeführers auszugehen, was in der Regel der pauschalierten Gewinnerwartung entspricht (OLG Koblenz VergabeR 2001, 123, 127; Heiermann/Riedl/Rusam; Handkommentar zur VOB, 1o. Aufl. Rz. 37 zu § 128).

Weil das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin, die sich auf alle 4 Regionallose beworben hat, jedoch vorrangig auf Aufhebung der Ausschreibung und damit auf Verhinderung des Zuschlags an die Beladenen zu 1), 2) und 5) als preisgünstigste Bieter gerichtet war, ist von deren Nettoangebotspreisen auszugehen. Da diese sich auf insgesamt 1.651.421 EUR belaufen, ergibt sich ein Geschäftswert von 82.571 EUR.