Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 12. März 2015 - III-1 Ws 40-41/15
Tenor
1. Die Beschwerden der Nebenklageberechtigten H. Y. und H. Y. gegen die sie betreffenden Entscheidungen in dem Beschluss des Vorsitzenden der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Januar 2015 werden als unbegründet verworfen.
2. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
1
Gründe
2I.
3Der am 19. Oktober 2014 vorläufig festgenommene Angeschuldigte befindet sich seit dem Folgetag für das hier anhängige Verfahren in Untersuchungshaft. Die vor dem Schwurgericht erhobene Anklage vom 19. Dezember 2014 wirft ihm Totschlag zum Nachteil des Geschädigten E. Y., eines türkischen Landsmannes, zur Last. Für den Fall der Eröffnung des Hauptverfahrens ist nach vorläufiger Planung der Kammer eine Durchführung der Hauptverhandlung an siebzehn Tagen im Zeitraum 31. März bis 9. Juni 2015 vorgesehen.
4Der Geschädigte hinterlässt seine Ehefrau sowie fünf minderjährige Kinder, ferner seine Eltern und fünf Geschwister. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens sowie nach Anklageerhebung haben sich folgende (in Düsseldorf ansässige) Rechtsanwälte für bestimmte Angehörige des Geschädigten bestellt und in deren Namen – vorbehaltlich einer Anklageerhebung – den Anschluss als Nebenkläger erklärt sowie die eigene Beiordnung als Beistand beantragt:
5Rechtsanwalt/Anwältin |
Nebenklageberechtigte(r) |
Antrag vom |
|
1. |
RAin V. |
N. Y. (Ehefrau) |
28.10.2014 |
2. |
RAin S.-F. |
H. Y. (Kind) R. Y. (Kind) S. Y. (Kind) E. Y. (Kind) E. Y. (Kind) |
05.01.2015 |
3. |
RAin B. |
H. Y. (Mutter) |
12.11.2014 |
4. |
RA H. |
H. Y. (Vater) |
17.11.2014 |
5. |
RA B. |
H. Y. (Bruder) |
28.10.2014 |
6. |
RAin K.-H. |
R. Y. (Bruder) |
12.11.2014 |
7. |
RAin S. |
M. Y. (Bruder) I. Y. (Bruder) N. E. (Schwester) |
21.01.2015 |
Mit Schreiben vom 13. und 14 Januar 2015 hat der Kammervorsitzende die zu 1-6 genannten Rechtsanwälte um Mitteilung sachlicher Gründe für die Beiordnung personenverschiedener Beistände gebeten und ferner anheimgestellt, sich nach interner Verständigung dazu zu äußern, welcher Rechtsanwalt im Falle einer gemeinsamen Vertretung jeweils mehrerer Nebenklageberechtigten für die drei Gruppen „Ehegattin und Kinder“, „Eltern“ und „Geschwister“ bestellt werden solle. In den hierzu abgegebenen Stellungnahmen ihrer anwaltlichen Vertreter haben die – teils in Deutschland, teils in der Türkei wohnhaften – Nebenklageberechtigten jegliches „Gruppendiktat“ abgelehnt und das Erfordernis der Einzelvertretung – unter Hinweis auf die fehlende Darlegungslast im Übrigen – mit „innerfamiliären Besonderheiten“ jedenfalls im Bereich der Geschwister und mit möglichen Interessenkollisionen aufgrund kulturbedingt unterschiedlicher Wertvorstellungen begründet.
7Durch Beschluss vom 21. Januar 2015 hat der Kammervorsitzende der Ehefrau sowie der Mutter des Geschädigten und seinem Bruder R. Y. die von ihnen benannten Rechtsanwältinnen als Beistände beigeordnet (s. o. zu 1, 3 und 6) und die Anträge des Vaters, des Bruders H. Y. sowie der minderjährigen Kinder des Geschädigten auf Beiordnung der von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte abgelehnt (s. o. zu 2, 4 und 5). Über den Beiordnungsantrag der drei übrigen Geschwister des Geschädigten (Tabelle Nr. 7) ist ausweislich der hier vorliegenden Zweitakte noch nicht entschieden.
8Mit ihren Beschwerden vom 28. Januar 2015 verfolgen die Nebenklageberechtigten H. Y. (Bruder des Geschädigten, Rechtsanwalt B.) und H. Y. (Vater des Geschädigten, Rechtsanwalt H.) nach wie vor das Ziel einer Beiordnung der anwaltlichen Vertreter ihrer Wahl.
9II.
10Die Rechtsmittel sind unbegründet.
111. Zwar gehören die Beschwerdeführer nach dem Ermittlungsergebnis als „Angehörige eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten im Sinne des § 395 Abs. 2 Nr. 1“ zum privilegierten Kreis derjenigen Nebenklageberechtigten, denen gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO unabhängig von den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe auf Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen ist. Bei dessen Auswahl hat der zuständige Vorsitzende auch grundsätzlich dem vom Antragsteller bezeichneten Anwalt den Vorzug zu geben, soweit kein „wichtiger Grund“ entgegensteht (§ 397a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 142 Abs. 1 Satz 2 StPO).
122. Zu Recht hat sich der Kammervorsitzende im vorliegenden Fall durch wichtige Gründe in diesem Sinne an einer Beiordnung aller benannten Nebenklagevertreter gehindert gesehen.
13a) Da der Geschädigte dreizehn nahe Angehörige hinterlässt, von denen nur die fünf minderjährigen Kinder und drei der Geschwister zu einer „Mehrvertretung“ durch einen gemeinsamen Anwalt bereit sind, sähe sich der bisher durch einen Pflicht- und einen Wahlverteidiger vertretene Angeschuldigte im Falle wunschgemäßer Bescheidung aller Beiordnungsanträge sieben Nebenklägervertretern (neben der Anklagebehörde) gegenüber. Schon diese personelle „Schieflage“ ist geeignet, das Gebot der Waffengleichheit – als konstituierendes Element fairer Verfahrensführung – zu Lasten des Angeklagten zu tangieren. Durch die Vielzahl an Rechtsbeiständen und deren zu erwartende Prozessaktivitäten kann ferner eine Verfahrensverzögerung eintreten, die unter dem Gesichtspunkt des hier zu wahrenden Beschleunigungsgebots in Haftsachen bedenklich erscheint. Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die notwendigen Auslagen der Nebenkläger im Falle einer Verurteilung vom Angeschuldigten zu tragen wären und die aus einer Tätigkeit zahlreicher Nebenklägervertreter resultierende Kostenlast dessen Resozialisierungschancen deutlich verringern kann (vgl. zu alledem Pues, StV 2014, 304, 305). Diese Risiken sind im Falle einer Nebenklagevertretung ohne gerichtliche Beiordnung (§ 397 Abs. 2 Satz 1 StPO) praktisch dadurch minimiert, dass die Nebenklageberechtigten in aller Regel schon angesichts des eigenen Kostenrisikos an einer möglichst kostensparenden Ausübung ihrer Rechte interessiert sind und daher nur bei Vorliegen zwingender Gründe mehrere Anwälte mit ihrer Vertretung beauftragen werden. Da dieses Korrelat im Bereich der gerichtlichen Beistandsbestellung nach § 397a Abs. 1 StPO entfällt, ist der Vorsitzende nach Ansicht des Senats bei der Ausübung seines Auswahlermessens in Fällen der hier vorliegenden Art berechtigt, zwecks Verhinderung einer zu weitgehenden Beeinträchtigung der Verfahrensrechte des Angeklagten die jeweils gesonderte anwaltliche Vertretung mehrerer Nebenklageberechtigten vom Vorliegen sachlicher Gründe abhängig zu machen.
14b) Sachliche Gründe für eine Vertretung der insgesamt dreizehn Nebenklageberechtigten durch sieben Rechtsbeistände sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
15Anders als bei einem Angeklagten ist bei Nebenklägern eine Mehrfachvertretung grundsätzlich zulässig, da sie regelmäßig nicht mit Interessenskonflikten verbunden ist (OLG Hamburg NStZ-RR 2013, 153; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. August 1999 [3 Ws 393/99]
3. Die im angefochtenen Beschluss getroffene Auswahlentscheidung ist nicht zu beanstanden. Aufgrund der besonderen Konstellation des hier zur Rede stehenden Einzelfalles war der Kammervorsitzende kraft richterlichen Ermessens berechtigt, im Rahmen einer Bündelung der Opferinteressen nur die Einzelbeiordnungsanträge der Ehefrau und der Mutter des Geschädigten sowie seines Bruders R. Y. positiv zu bescheiden.
17a) Es begegnet von Rechts wegen keinen Bedenken, dass der angefochtene Beschluss im Ausgangspunkt – angesichts der Unzumutbarkeit einer Beiordnung eines Beistandes für sämtliche dreizehn Nebenklageberechtigten – die jeweils gemeinsame anwaltliche Vertretung der drei Gruppen „Ehegattin und Kinder“, „Eltern“ und „Geschwister“ vorsieht. Diese Einteilung ist sachgerecht, da sie die gesetzliche Vertretung der minderjährigen Kinder des Geschädigten durch ihre Mutter berücksichtigt (vgl. hierzu OLG Hamburg NStZ-RR 2013, 153; OLG Köln StV 2014, 278 f.) und sich im Übrigen an der Generationenzugehörigkeit orientiert.
18b) Mangels Benennung eines gemeinsamen Vertreters durch die den einzelnen Gruppen zugehörigen Nebenklageberechtigten hat sich der Kammervorsitzende zu Recht veranlasst gesehen, unter den benannten Einzelvertretern selbst einen Rechtsbeistand für die jeweiligen Gruppen auszuwählen und dem auf seine Beiordnung gerichteten Gesuch – unter Ablehnung der nach wie vor uneingeschränkt auf eine abweichende Einzelvertretung gerichteten Anträge der übrigen Nebenklageberechtigten dieser Gruppe – stattzugeben. Auch diese Entscheidung ist ermessensfehlerfrei erfolgt.
19Dass der Vorsitzende innerhalb der Gruppe der Eltern dem zeitlich zuerst eingegangenen Beiordnungsantrag der Mutter des Geschädigten den Vorzug gegeben hat, ist mangels anderer sachgerechter Differenzierungskriterien – die seitens der Eltern benannten Anwälte haben beide ihren Kanzleisitz am Gerichtsort und sind gleichermaßen geeignet, die Nebenklage zu vertreten – nicht zu beanstanden.
20Ferner lässt es auch keinen Ermessensfehler erkennen, dass der Vorsitzende bei seiner Auswahl unter den Beiordnungsanträgen der Geschwister das zuerst eingegangene Gesuch des Beschwerdeführers H. Y. mit Blick auf mögliche Verhinderungsprobleme des von ihm benannten Beistandes nicht berücksichtigt hat, weil dieser bereits in einem anderen, zeitgleich terminierten Umfangsverfahren beim Landgericht Düsseldorf (10 KLs 5/13) als bestellter Beistand tätig ist. Zwar hat Rechtsanwalt B. ausweislich des Beschwerdevorbringens mittlerweile seinen amtlich bestellten Vertreter mit der Wahrnehmung aller (acht) kollidierenden Termine in dem anderen Verfahren beauftragt. Dass dieses jedoch im weiteren Verlauf eine Entwicklung nimmt, die eine persönliche Abwesenheit des bestellten Beistandes erfordern und ihn dadurch an einer uneingeschränkten Wahrnehmung der Nebenklagevertretung im hier vorliegenden Verfahren hindern könnte, ist beim derzeitigen Stand nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund stellt die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Nebenklagevertreter in dem anderen Verfahren nach wie vor ein geeignetes Differenzierungskriterium dar, das die Auswahlentscheidung des Kammervorsitzenden auch aus gegenwärtiger Sicht als sachgerecht erscheinen lässt.
214. Die Einzelbeiordnungsanträge der Beschwerdeführer waren daher abzulehnen. Zu Recht hat der Kammervorsitzende ihrem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen vermocht, dass den Nebenklageberechtigten H. und H. Y. jedenfalls hilfsweise an der Beiordnung eines anderen als des von ihnen selbst jeweils benannten Rechtsanwalts gelegen ist. Auch die Rechtsmittelbegründungen geben insoweit keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Den Beschwerdeführern bleibt unbenommen, im weiteren Verlauf des Verfahrens auf Beiordnung eines der bereits bestellten Rechtsbeistände anzutragen.
22III.
23Die Kostenentscheidungen folgen aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
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(1) Dem Nebenkläger ist auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er
- 1.
durch ein Verbrechen nach den §§ 177, 232 bis 232b und 233a des Strafgesetzbuches oder durch einen besonders schweren Fall eines Vergehens nach § 177 Absatz 6 des Strafgesetzbuches verletzt ist, - 1a.
durch eine Straftat nach § 184j des Strafgesetzbuches verletzt ist und der Begehung dieser Straftat ein Verbrechen nach § 177 des Strafgesetzbuches oder ein besonders schwerer Fall eines Vergehens nach § 177 Absatz 6 des Strafgesetzbuches zugrunde liegt, - 2.
durch eine versuchte rechtswidrige Tat nach den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches verletzt oder Angehöriger eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten im Sinne des § 395 Absatz 2 Nummer 1 ist, - 3.
durch ein Verbrechen nach den §§ 226, 226a, 234 bis 235, 238 bis 239b, 249, 250, 252, 255 und 316a des Strafgesetzbuches verletzt ist, das bei ihm zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, - 4.
durch eine rechtswidrige Tat nach den §§ 174 bis 182, 184i bis 184k und 225 des Strafgesetzbuchs verletzt ist und er zur Zeit der Tat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder - 5.
durch eine rechtswidrige Tat nach den §§ 221, 226, 226a, 232 bis 235, 237, 238 Absatz 2 und 3, §§ 239a, 239b, 240 Absatz 4, §§ 249, 250, 252, 255 und 316a des Strafgesetzbuches verletzt ist und er bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann.
(2) Liegen die Voraussetzungen für eine Bestellung nach Absatz 1 nicht vor, so ist dem Nebenkläger für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. § 114 Absatz 1 Satz 1 zweiter Halbsatz sowie Absatz 2 und § 121 Absatz 1 bis 3 der Zivilprozessordnung sind nicht anzuwenden.
(3) Anträge nach den Absätzen 1 und 2 können schon vor der Erklärung des Anschlusses gestellt werden. Über die Bestellung des Rechtsanwalts, für die § 142 Absatz 5 Satz 1 und 3 entsprechend gilt, und die Bewilligung der Prozesskostenhilfe entscheidet der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts.
(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.
(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.
(3) Über die Bestellung entscheidet
- 1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht; - 2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist; - 3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.
(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.
(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.
(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.
(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.
(1) Der Nebenkläger ist, auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll, zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist zur Hauptverhandlung zu laden; § 145a Absatz 2 Satz 1 und § 217 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend. Die Befugnis zur Ablehnung eines Richters (§§ 24, 31) oder Sachverständigen (§ 74), das Fragerecht (§ 240 Absatz 2), das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 Absatz 2) und von Fragen (§ 242), das Beweisantragsrecht (§ 244 Absatz 3 bis 6) sowie das Recht zur Abgabe von Erklärungen (§§ 257, 258) stehen auch dem Nebenkläger zu. Dieser ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im selben Umfang zuzuziehen und zu hören wie die Staatsanwaltschaft. Entscheidungen, die der Staatsanwaltschaft bekannt gemacht werden, sind auch dem Nebenkläger bekannt zu geben; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Nebenkläger kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen. Der Rechtsanwalt ist zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist vom Termin der Hauptverhandlung zu benachrichtigen, wenn seine Wahl dem Gericht angezeigt oder er als Beistand bestellt wurde.
(3) Ist der Nebenkläger der deutschen Sprache nicht mächtig, erhält er auf Antrag nach Maßgabe des § 187 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung schriftlicher Unterlagen, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist.
(1) Dem Nebenkläger ist auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt als Beistand zu bestellen, wenn er
- 1.
durch ein Verbrechen nach den §§ 177, 232 bis 232b und 233a des Strafgesetzbuches oder durch einen besonders schweren Fall eines Vergehens nach § 177 Absatz 6 des Strafgesetzbuches verletzt ist, - 1a.
durch eine Straftat nach § 184j des Strafgesetzbuches verletzt ist und der Begehung dieser Straftat ein Verbrechen nach § 177 des Strafgesetzbuches oder ein besonders schwerer Fall eines Vergehens nach § 177 Absatz 6 des Strafgesetzbuches zugrunde liegt, - 2.
durch eine versuchte rechtswidrige Tat nach den §§ 211 und 212 des Strafgesetzbuches verletzt oder Angehöriger eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten im Sinne des § 395 Absatz 2 Nummer 1 ist, - 3.
durch ein Verbrechen nach den §§ 226, 226a, 234 bis 235, 238 bis 239b, 249, 250, 252, 255 und 316a des Strafgesetzbuches verletzt ist, das bei ihm zu schweren körperlichen oder seelischen Schäden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, - 4.
durch eine rechtswidrige Tat nach den §§ 174 bis 182, 184i bis 184k und 225 des Strafgesetzbuchs verletzt ist und er zur Zeit der Tat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder - 5.
durch eine rechtswidrige Tat nach den §§ 221, 226, 226a, 232 bis 235, 237, 238 Absatz 2 und 3, §§ 239a, 239b, 240 Absatz 4, §§ 249, 250, 252, 255 und 316a des Strafgesetzbuches verletzt ist und er bei Antragstellung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann.
(2) Liegen die Voraussetzungen für eine Bestellung nach Absatz 1 nicht vor, so ist dem Nebenkläger für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. § 114 Absatz 1 Satz 1 zweiter Halbsatz sowie Absatz 2 und § 121 Absatz 1 bis 3 der Zivilprozessordnung sind nicht anzuwenden.
(3) Anträge nach den Absätzen 1 und 2 können schon vor der Erklärung des Anschlusses gestellt werden. Über die Bestellung des Rechtsanwalts, für die § 142 Absatz 5 Satz 1 und 3 entsprechend gilt, und die Bewilligung der Prozesskostenhilfe entscheidet der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts.
(1) Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Handelt derselbe im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner Partei, so tritt Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren ein.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.