Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Sept. 2014 - II-8 WF 105/14
Tenor
wird die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 27.06.2014 – Festsetzung des Verfahrenswertes – zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet (§ 59 Abs. 3 FamGKG).
1
Gründe:
2I.
3Die Mutter des beteiligten Kindes hat im vorliegenden Verfahren die Feststellung beantragt, dass sie über ausreichende Erziehungsfähigkeit verfügt, um das beteiligte Kind in ihrem Haushalt zu erziehen, und ein Verbleib in einer Mutter – Kind – Einrichtung nicht erforderlich ist.
4Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten zur Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter und der Notwendigkeit des Verbleibs in einer Mutter – Kind - Einrichtung eingeholt. Nachdem die Kindesmutter sich aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens im Termin am 27.06.2014 bereit erklärt hat, zusammen mit ihrem Kind in einer betreuten Einrichtung zu bleiben, ist die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
5Das Amtsgericht hat den Verfahrenswert auf 3.000 € festgesetzt.
6Hiergegen wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter mit ihrer Streitwertbeschwerde, mit der sie geltend macht, dass aufgrund des Umfangs der Sache eine Erhöhung des Verfahrenswertes auf 5.000 € geboten sei.
7II.
8Die von der Verfahrensbevollmächtigten in eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist zulässig; auch die nach § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG erforderliche Beschwer wird erreicht.
9Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Der Verfahrenswert beträgt gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG in Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge betreffen, grundsätzlich 3.000 €. Sofern dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheint, kann nach § 45 Abs. 3 FamGKG ein höherer oder niedrigerer Wert festgesetzt werden.
10Als mögliche Gründe für eine Anhebung des Verfahrenswertes nennt der Gesetzgeber den besonderen Umfang und/oder die besondere Schwierigkeit des Verfahrens. Bei einer einfachen Sach- und Rechtslage oder bei geringen Einkommen eines Beteiligten kann nach der Vorstellung des Gesetzgebers dagegen eine Herabsetzung des Verfahrenswertes erwogen werden (BT-Drucks. 16/6308, S. 306).
11Die Abweichung von dem für durchschnittliche Sorge- und Umgangsrechtsfälle vorgesehenen Verfahrenswert, der abweichend von der früheren Gesetzeslage nicht mehr als Regelbetrag, sondern als Festbetrag vorgegeben ist, ist nach der Gesetzessystematik eine Ausnahme und kann nur in Betracht gezogen werden, wenn der Arbeitsaufwand des Gerichts und der Verfahrensbevollmächtigten so stark von einem durchschnittlichen Verfahren abweicht, dass der nach § 45 Abs. 1 FamGKG vorgesehene Verfahrenswert aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalles zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führen würde.
12Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Verfahren eine Anhebung des Verfahrenswertes nicht gerechtfertigt.
13Zwar ist nach einer ausführlichen Erörterung der Sach- und Rechtslage im ersten Termin ein Sachverständigengutachten eingeholt worden, dessen Auswertung den Arbeitsaufwand für alle Verfahrensbeteiligte erhöht hat. Dies führt jedoch auch zusammen mit dem nach der Erstellung des Gutachtens regelmäßig erforderlichen zweiten Termin nicht zu einer so großen Abweichung von einem durchschnittlichen Sorge- oder Umgangsverfahren, dass allein aufgrund dieser Umstände die nach dem Verfahrenswert von 3.000 € anfallenden Gebühren bereits unvertretbar niedrig erscheinen, zumal vorliegend das klare Ergebnis des Gutachtens die Kindesmutter dazu veranlasste, ihren Feststellungsantrag nicht weiter zu verfolgen, was zu einer Erledigung des Verfahrens führte. Zudem sprechen nach der Begründung des Gesetzgebers auch die schlechten Einkommensverhältnisse der Kindesmutter gegen eine Erhöhung des Verfahrenswertes.
14Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch vertretene Auffassung, dass bereits die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder die Anhörung der Beteiligten in mehr als einem Termin regelmäßig die Erhöhung des Verfahrenswertes geboten erscheinen lässt (Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 11.02.2011, Az. 10 WF 399/10 NJW 2011, 1373) wird von dem erkennendenSenat nicht geteilt.
15Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 59 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 57 Abs. 7 FamGKG). Eine Rechtsmittelbelehrung ist deshalb nicht zu erteilen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Sept. 2014 - II-8 WF 105/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Sept. 2014 - II-8 WF 105/14
Referenzen - Gesetze
(1) Gegen den Beschluss des Familiengerichts, durch den der Verfahrenswert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 55 Abs. 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Familiengericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 55 Abs. 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Verfahrenswert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 57 Abs. 3, 4 Satz 1, 2 und 4, Abs. 5 und 7 ist entsprechend anzuwenden.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag vom Oberlandesgericht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) In einer Kindschaftssache, die
- 1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge, - 2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft, - 3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, - 4.
die Kindesherausgabe oder - 5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.
(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind.
(2) Gegen die Entscheidung des Familiengerichts über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Familiengericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Familiengericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Oberlandesgericht vorzulegen. Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Beschwerde ist bei dem Familiengericht einzulegen.
(5) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung und die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(6) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(7) Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.