Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. März 2014 - 3 Ss OWi 274/14

18.03.2014

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tatbestand

Das AG hat den bislang verkehrsrechtlich unbelasteten Betr. wegen einer am 17.07.2013 als Führer eines Pkw innerhalb geschlossener Ortschaften begangenen fahrlässigen Überschreitung der dort gemäß § 3 III 1 Nr. 1 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 55 km/h zu einer Geldbuße von 560 Euro verurteilt und gegen ihn ein mit der Anordnung nach § 25 IIa 1 StVG verbundenes Fahrverbot für die Dauer von 1 Monaten verhängt. Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die StA die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet, dass das AG gegen den Betr. nicht entsprechend dem Bußgeldbescheid gemäß § 4 I 1 Nr. 1 BKatV i. V. m. Nr. 11.3.8 der Tab. 1c zum BKat ein Regelfahrverbot für die Dauer von 2 Monaten verhängt hat. Das Rechtsmittel erwies sich als erfolgreich.

Gründe

I.

Die statthafte (§ 79 I 1 Nr. 3 OWiG) sowie auch im Übrigen zulässige und wegen der in der Hauptverhandlung vom 29.11.2013 wirksam erklärten Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch (§ 67 II OWiG) nur noch diesen betreffende Rechtsbeschwerde erweist sich - zumindest vorläufig - als begründet.

1. Das AG hat zutreffend erkannt, dass aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen des Bußgeldbescheids gemäß §§ 24, 25 I 1 1. Alt., 26 a StVG i. V. m. § 4 I 1 Nr. 1 BKatV i. V. m. Nr. 11.3.8 der Tab. 1c zum BKat neben der Anordnung einer Geldbuße in Höhe von 280 Euro an sich die Verhängung eines Regelfahrverbots für die Dauer von 2 Monaten wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in Betracht kam. Allerdings hält die Begründung, aufgrund derer sich das AG abweichend von dem an sich verwirkten Regelfahrverbot von 2 Monaten zur Verhängung eines Fahrverbots für die Dauer lediglich eines Monats veranlasst gesehen hat, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

2. Aufgrund der auch von den Gerichten zu beachtenden Vorbewertung des Verordnungsgebers in § 4 I BKatV ist das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung i. S. v. § 25 I 1 StVG indiziert, so dass es regelmäßig der Anordnung eines Fahrverbotes als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme bedarf (BGHSt 38, 125/130 und 231/235; BayObLG VRS 104, 437/438; st. Rspr.. des Senats). Diese Bindung der Sanktionspraxis dient der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der durch bestimmte Verkehrsverstöße ausgelösten Rechtsfolgen (BVerfG NZV 1996, 284/285). Zu diesen Rechtsfolgen zählt jedoch nicht nur die Frage, ob gegen einen Betr. „in der Regel“ ein Fahrverbot zu verhängen ist (§ 4 I 1 BKatV), sondern auch, wie sich aus § 4 I 2 BKatV ergibt, die „in der Regel“ festzusetzende Dauer des aufgrund einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers i. S. v. § 25 I 1 StVG verwirkten Fahrverbots (OLG Bamberg, Beschlüsse vom 11.04.2006 - 3 Ss OWi 354/06 = zfs 2006, 533 ff. = DAR 2006, 515 f. = VRR 2006, 230 ff. = VRS 111, 62 ff. und vom 18.03.2009 - 3 Ss OWi 196/09 = DAR 2009, 401 f. = VerkMitt 2009, Nr. 63 = VRR 2009, 309 f. = OLGSt StVG § 25 Nr. 46, jeweils m. w. N.).

3. Ebenso wie von der Verhängung eines Regelfahrverbots nur dann gänzlich abgesehen werden kann, wenn wesentliche Besonderheiten in der Tat oder in der Persönlichkeit des Betr. anzunehmen sind und deshalb der vom Bußgeldkatalog erfasste Normalfall nicht vorliegt, ist der Tatrichter vor einer Verkürzung der im Bußgeldkatalog vorgesehenen Regeldauer des Fahrverbots gehalten zu prüfen, ob der jeweilige Einzelfall Besonderheiten aufweist, die ausnahmsweise die Abkürzung rechtfertigen können und daneben eine angemessene Erhöhung der Regelbuße als ausreichend erscheinen lassen. Hier wie dort können dabei sowohl außergewöhnliche Härten als auch eine Vielzahl minderer Erschwernisse bzw. entlastender Umstände genügen, um eine Ausnahme zu rechtfertigen (OLG Bamberg a. a. O. m. w. N.).

4. Auch die Frage der Dauer eines zu verhängenden Fahrverbots liegt hierbei grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Tatrichters, der innerhalb des ihm eingeräumten Bewertungsspielraums die Wertungen nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen zu treffen hat. Seine Entscheidung kann vom Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat. In Zweifelsfällen hat das Rechtsbeschwerdegericht die Bewertung des Tatrichters zu respektieren, und zwar auch dann, wenn es selbst hinsichtlich der Frage der Fahrverbotsdauer zu einem abweichenden Ergebnis gelangte.

5. Den vorstehenden Anforderungen wird das angegriffene Urteil hier nicht gerecht:

a) Zwar hat sich das AG auch hinsichtlich der Frage der Fahrverbotsdauer zu Recht mit den unmittelbaren und mittelbaren beruflichen und wirtschaftlichen Folgen eines zweimonatigen Fahrverbots für den Betr., der neben seiner Beschäftigung als Arbeitnehmer im Schichtdienst zusammen mit seiner Ehefrau und mit Unterstützung einer Aushilfskraft einen Döner-Imbiss betreibt, auseinandergesetzt, nachdem der Betr. bestimmte, gerade von einem die Mindestdauer von 1 Monat überschreitenden Fahrverbot ausgehende Konsequenzen für seine selbstständige Existenz geltend gemacht hat. Die Befassung hiermit gebot das mit Verfassungsrang ausgestattete rechtsstaatliche Übermaßverbot (OLG Bamberg a. a. O.).

b) Allerdings verdeutlichen die Urteilsgründe schon nicht, warum der Betr. zwar ein einmonatiges Fahrverbot „irgendwie überbrücken“ könnte, bei einem Fahrverbot von 2 Monaten Dauer aber „hierfür keine Möglichkeit“ mehr bestehen sollte. Unklar bleibt ferner, warum der nach den Feststellungen gewissermaßen ‚rund um die Uhr‘ arbeitende Betr. selbst unter Berücksichtigung des für sich genommen nicht aussagekräftigen Restschuldenstandes aus der selbstständigen Existenzgründung sowie den angegebenen Arbeits- und Öffnungszeiten seines Imbisses nicht aufgrund seiner regelmäßigen Einkünfte als Arbeitnehmer für einen wenigstens teilweisen Ausgleich für den überschaubaren Zeitraum von 2 Monaten sorgen könnte, so dass die durch die Fahrverbotsdauer eintretenden Erschwernisse noch als hinnehmbar anzusehen wären. Auch sonst zeigen die Urteilsgründe keine hinreichend konkreten Gründe auf, die für sich allein oder in ihrer Zusammenschau eine Abkürzung der Regelfahrverbotsdauer von 2 Monaten auf nur einen Monat unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbotes rechtfertigen könnten.

c) Schließlich erweisen sich die Zumessungsgründe des AG deshalb als unzureichend, weil das AG zwar die vom Betr. geltend gemachten beruflichen und wirtschaftlichen Folgen eines zweimonatigen Fahrverbots zu Recht als möglichen „Härtefall“ bedacht, die entsprechenden Angaben des Betr., es drohe bei Verhängung eines zweimonatigen Fahrverbots der Verlust seiner selbstständigen Existenz aber offenbar ungeprüft übernommen hat.

(aa) Es entspricht ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, dass ein im Einzelfall mit durchaus guten Gründen als „glaubwürdig“ erscheinender Vortrag vom Tatrichter gleichwohl kritisch zu hinterfragen ist, um das missbräuchliche Behaupten eines Ausnahmefalles auszuschließen. Zugleich wird das Rechtsbeschwerdegericht nur so in die Lage versetzt, die Rechtsanwendung nachzuprüfen. Dies ist hier zumindest nicht mit der gebotenen Sorgfalt geschehen. Denn anhand der Urteilsgründe vermag der Senat schon im Ansatz nicht zu übersehen, ob die Feststellungen und Wertungen des AG zur konkreten Ausgestaltung der selbstständigen Tätigkeit des Betr. auf einer hinreichend tragfähigen Grundlage beruhen. Insbesondere fehlen Feststellungen zur konkreten Einkommens- und Vermögenslage des Betr., so dass beispielsweise vollständig offen bleibt, ob und gegebenenfalls warum der Betr. unter Berücksichtigung seiner finanziellen Gesamtsituation gerade aufgrund der 1 Monat übersteigenden Fahrverbotsdauer tatsächlich seinen Imbissstand nicht mehr weiter betreiben könnte. Vielmehr erscheint eine konkret existenzbedrohende Wirkung eines - wenn auch zweimonatigen - Fahrverbots - aufgrund der bisherigen Feststellungen wenig plausibel.

(bb) Wird wegen der drohenden Verhängung eines Fahrverbots oder - wie hier - seiner Dauer eine existenzielle Betroffenheit geltend gemacht, ist bei Selbstständigen, Handwerkern oder Freiberuflern die Vorlage hinreichend aussagekräftiger Unterlagen wie Bilanzen, Kontounterlagen, Steuerbescheide oder Gewinnermittlungen grundsätzlich unabdingbar. Offenbar hat das AG jedoch bislang insoweit, etwa auch durch zeugenschaftliche Einvernahme des betrieblichen Steuerberaters oder durch Verlesung der vorgenannten oder vergleichbarer Unterlagen im Wege des Urkundenbeweises, noch gar keinen Beweis erhoben.

(cc) Hinzu kommt schließlich, dass sich das AG unzureichend damit auseinander gesetzt hat, weshalb es dem Betr. auch wegen des nach Sachlage (wiederum) zu gewährenden Vollstreckungsaufschubs nach § 25 IIa 1 StVG tatsächlich nicht möglich und zumutbar sein sollte, den Beginn des Fahrverbots innerhalb des zeitlichen Rahmens von 4 Monaten zumindest teilweise auf einen ihm günstigeren Zeitpunkt zu legen und dadurch sowie durch weitere und dann durchaus zumutbare Ausgleichsmaßnahmen, etwa der vorübergehende Einstellung eines Fahrers, die Folgen des zweimonatigen Fahrverbotes wenigstens so weit abzumildern, dass die Gefahr einer Existenzvernichtung abzuwenden wäre. Allein mit dem Hinweis, dass weder die Ehefrau des Betr. noch die Aushilfskraft eine Fahrerlaubnis besitzen, durften auch diese Fragen nicht unbeantwortet bleiben.

(dd) Dass der Betr. angibt, zur Gewerbeausübung, namentlich zur regelmäßigen Bestückung seines Imbisses mit frischen Lebensmitteln - im Ergebnis nicht anders wie jeder abhängig beschäftigte Berufskraftfahrer - auf höchstmögliche Mobilität und Flexibilität angewiesen zu sein, könnte ein Abweichen vom Fahrverbot im Übrigen selbst dann nicht rechtfertigen, wenn dem Betr. aufgrund eines uneingeschränkten und „Schuldeinsicht“ belegenden Tatgeständnisses oder seines konkreten Verteidigungsverhaltens in Gestalt der Einspruchsbeschränkung oder eines in der Hauptverhandlung hinterlassenen positiven persönlichen Eindrucks eine günstige Prognose hinsichtlich seines künftigen Verkehrsverhaltens zugebilligt werden könnte. Nach alledem kann der Senat nicht ausschließen, dass das AG seinen Feststellungen einseitig die Angaben des Betr. und diese im Ergebnis ohne hinreichende Ausschöpfung sonstiger Beweismittel nur einer an der Oberfläche verbleibenden Plausibilitätsprüfung unterzogen hat. Dies genügt den aus § 267 III StPO in Verbindung mit § 71 I OWiG resultierenden sachlich-rechtlichen Anforderungen an die Abfassung der Urteilsgründe regelmäßig nicht.

II.

Auf die Rechtsbeschwerde der StA ist daher das angefochtene Urteil aufzuheben; wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße betrifft die Aufhebung nicht nur die Fahrverbotsanordnung, sondern den gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen (§ 79 III Satz 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, da in einer neuen Verhandlung möglicherweise doch noch ergänzende, wenn auch derzeit nicht konkret erkennbare Feststellungen zu der Frage getroffen werden könnten, ob gerade ein zweimonatiges Fahrverbot für den Betr. - selbst unter Berücksichtigung der nach Aktenlage unverändert eröffneten Möglichkeiten eines Vollstreckungsaufschubs nach § 25 IIa StVG - eine unverhältnismäßige Härte darstellt. [...]

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 18. März 2014 - 3 Ss OWi 274/14 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 79 Rechtsbeschwerde


(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 25 Fahrverbot


(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbeh

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(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.

(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.

(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.

(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.

(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.

(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.

(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.

(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.