Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 09. Juli 2015 - L 6 U 75/11

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2015:0709.L6U75.11.0A
bei uns veröffentlicht am09.07.2015

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Streitig ist im Rahmen einer Überprüfungsverfahrens die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 1317).

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Der 1964 geborene Kläger erlernte nach seinem Schulbesuch von September 1980 bis August 1983 den Beruf des Zimmermanns und war anschließend bis Juli 1990 als Produktionsarbeiter, Zimmerer und Bindernagler tätig. Nachfolgend arbeitete er als Bauhelfer und in der Folgezeit von Januar 1992 bis April 1993 im Kunststofffensterbau. Von Mai 1993 bis Ende Dezember 1997 und von Mitte April 1998 bis September 2000 war der Kläger wiederum als Zimmermann beschäftigt.

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Unter dem 12. August 2001 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: die Beklagte) und trug vor, seit April 2000 habe er ständig zunehmende Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen. Er leide an Übelkeit, Höhenuntauglichkeit, Magenschmerzen sowie Geschwüren im Zwölffingerdarm. Am 16. Juni 2000 sei er umgefallen und am nächsten Tag mit Atemnot, Angstgefühlen, Herzrasen und -rhythmusstörungen ins Krankenhaus gebracht worden. Als Ursache hierfür sei insbesondere der Umgang mit Holzschutzmitteln während seiner Tätigkeit als Zimmermann anzusehen.

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Im Sozialversicherungsausweis (SV-Ausweis) des Klägers sind für die Zeit von Anfang November 1980 bis Mitte März 1988 – soweit lesbar – Behandlungen wegen folgender Diagnosen verzeichnet: sonstige Affektionen des Magens und Zwölffingerdarms (ICD-9 537); Grippe (ICD-9 487); Verstauchung und Zerrung des Fußgelenks (ICD-9 845); Prellung der unteren Extremitäten (ICD-9 924); Kontaktdermatitis und sonstige Ekzeme (ICD-9 692); akute Mandelentzündung (ICD-9 463); sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis (ICD-9 558); vaskuläre Insuffizienz des Darms (ICD-9 557); akute Rachenentzündung (ICD-9 462); Gastritis und Duodenitis (ICD-9 535); offene Wunde der Schulter und des Oberarms (ICD-9 880) sowie Phlegmone und Abszess sonstigen Sitzes (ICD-9 682). Aus den beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnissen der Krankenkassen des Klägers gehen im Zeitraum zwischen Anfang November 1992 bis Mitte Oktober 1999 folgende Arbeitsunfähigkeitseinträge hervor: 5. bis 10. November 1992 (Infekt der oberen Luftwege); 16. bis 26. März 1993 (nicht näher bezeichnete Verletzung); 31. Januar bis 4. Februar 1994 (Atemwegsinfekt); 23. Februar bis 3. März 1995 (Lumbago); 9. bis 18. März 1995 (vertebragenes Syndrom); 24. September bis 15. Oktober 1999 (sonstige Affektionen).

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Nach dem (undatierten) Arztbrief des Facharztes. für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dipl.-Med. K. bestünden keine Hinweise auf eine Sensibilisierung gegenüber Holzschutzmitteln. Der Nervenarzt Dr. S. hatte im Arztbrief vom 8. Oktober 1999 regelrechte neurologische Befunde mitgeteilt. Nach der Epikrise des Krankenhauses P. Berg B. vom 7. Juli 2000 habe im Rahmen eines Herzkatheters eine koronare Makroangiopathie (Gefäßerkrankung) ausgeschlossen werden können. Während der Untersuchung sei jedoch ein kathederinduzierter Vasospasmus (Gefäßkrampf) mit Kammerflimmern aufgetreten. Als Entlassungsdiagnosen sind eine vasospastische Angina pectoris, ein metabolisches Syndrom sowie ein Nikotinabusus angegeben worden. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dipl.-Med. L. hatte unter dem 18. August 2000 unauffällige klinische und neurologische Befunde festgehalten. Im Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H. vom 21. August 2000 sind die Diagnosen linkstemporaler Kopfschmerz, subjektive Sehstörung, Adipositas sowie Hypercholesterinämie gestellt worden. Ein Computertomogramm des Schädels, ein Elektroencephalogramm (EEG) sowie ein neurologisches Konsil hätten keine Hinweise auf ein pathologisches Geschehen gezeigt. In einem auf Veranlassung des zuständigen Rentenversicherungsträgers erstellten Gutachten vom 3. Januar 2001 war der Nervenarzt Dr. S. zur Diagnose einer somatoformen Funktionsstörung im Sinne von Herz-Angst-Gefühlen und dissoziativen Missempfindungen gelangt; die neurologischen Befunde seien unauffällig gewesen. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik S. vom 17. Mai 2001 bestünden beim Kläger eine Somatisierungsstörung und ein Diabetes mellitus Typ II. Sowohl der somatische als auch der neurologische Befund seien unauffällig gewesen. Laut einem Schreiben des Landkreises W. (Gesundheitsamt) vom 14. August 2001 habe eine am 24. Juli 2001 durchgeführte Blutuntersuchung keinen Nachweis des Holzschutzmittels Lindan über der Nachweisgrenze vom 0,7 µg/l erbracht. In der Kurzepikrise der Klinik B. W. vom 13. September 2001 über die teilstationäre Behandlung des Klägers vom 3. Juli bis 13. September 2001 wurden als Diagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie der Verdacht auf eine hypochondrische Störung festgehalten. Unter dem 30. Januar 2002 teilte der Facharzt für Laboratoriumsmedizin Privatdozent (PD) Dr. B. auf Grundlage einer am 15. Januar 2002 durchgeführten Blutuntersuchung mit, er habe u.a. Hexachlorcyclohexan (HCH) in Form von &946;-HCH mit einem Wert von 1.449 ng/l bei einem Referenzbereich bis 400 ng/l und Pentachlorphenol (PCP) mit einem Wert von unter 2 µg/l bei einem Referenzbereich bis 7 µg/l im Blut des Klägers festgestellt. Da u.a. diese Substanzen nicht in der Natur vorkämen, könne kein Normalbereich angegeben werden. Das Überschreiten des Referenzbereiches zeige eine Belastung, nicht jedoch unbedingt eine toxische Wirkung an.

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In seiner Stellungnahme vom 22. März 2002 führte der Präventionsdienst der Beklagten aus, nach seinen Angaben habe der Kläger während seiner Berufsausbildung unbehandelte Rohhölzer verarbeitet. Zu chemischen Stoffen habe kein Kontakt bestanden; auch habe er nicht mit Trennmitteln gearbeitet. Während der 15monatigen Tätigkeit in der Kunststofffensterherstellung habe er Profile zugeschnitten, Teilstücke an einem stationären Fensterschweißgerät (mit Absaugung) verschweißt sowie im geringen Umfang Klebearbeiten durchgeführt. Bei größeren Aufträgen habe er die gefertigten Fenster vor Ort eingebaut. Dabei habe er Kunststoffschäume als Abdichtmittel und Fugenfüller verwendet; Handelsnamen und Fabrikationsdaten seien ihm diesbezüglich nicht mehr bekannt. Während seiner Tätigkeit als Bauhelfer habe der Kläger Hautkontakt zu basilitgetränkten Dachlatten und zu imprägnierten Hölzern gehabt. Ebenso behandelte Hölzer habe er als Zimmerer verarbeitet (Errichten von Dachstühlen, Abbund). Er habe auch mit einem Pinsel die Schnittstellen an den Hölzern mit Holzschutzmitteln nachgestrichen; Tränkarbeiten habe er aber nicht verrichtet. Bei den Basilitholzschutzmitteln habe es sich um wässrige Lösungen von Salzen auf der Basis von Chrom-, Fluor- und Borverbindungen gehandelt. Das in der DDR verwendete Holzschutzmittel Dohnalit sei ebenfalls eine wässrige Lösung von Fluoriden und Chromsalzen gewesen. Hinweise zum Umgang mit Holzschutzmitteln, die Pestizide enthalten hätten, bestünden nicht.

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Ergänzend legte der Präventionsdienst zur Beschäftigungszeit des Klägers von Mitte April 1998 bis Ende September 2000 unter dem 1. Juli 2002 dar, die Schnittstellen der imprägnierten Bauhölzer seien mit Holzschutzmitteln von REMMERS (wässrige Lösung) durch Pinselanstriche nachbehandelt worden. Gelegentlich seien in der Altbausanierung durch Spezialfirmen auch Schwamm beseitigende Maßnahmen ausgeführt worden. Welche Mittel hierbei Verwendung gefunden hätten, sei nicht feststellbar gewesen. Aus dem internen Produktinformationsprogramm seien die den Schwamm bekämpfende Mittel von DESOWAG und REMMERS (Aida-Schwammschutz, Aida-Kiesol und Basileum) betrachtet worden. Aida-Schwammschutz basiere als wässrige Lösung auf Borverbindungen. Aida-Kiesol diene als wässrige alkalische Zubereitung von kaliumhydroxidhaltigen Kieselsäureverbindungen der Mauerwerksstabilisierung und dem Holzschutz. Basileum (lösemittelhaltiger Holzschutz) beinhalte u.a. Permethrin und Tebuconazole (Insektizide bzw. Fungizide). Der Kläger habe aber keine Spritzarbeiten ausgeführt und zu den Schwammbekämpfungsmitteln keinen Kontakt gehabt.

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Nach dem Arztbrief des Facharztes für Humangenetik Dr. P. vom 23. Oktober 2003 fehle beim Kläger das Glutathion-S-Transferase-M-1-Gen, wodurch die Veranlagung zur Entwicklung einer chemikalieninduzierten Erkrankung signifikant erhöht sei.

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In ihrem – vom Sozialgericht (SG) Dessau im Verfahren S 3 U 143/02 eingeholten – Gutachten vom 14. November 2003 diagnostizierte die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. B. u.a. eine komplexe Stoffwechselstörung mit Übergewicht, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und einer Fettleber sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Gegenüber der Sachverständigen gab der Kläger an, im Zeitraum von 1980 bis 1982 habe er etwa für 30 Tage je 30 bis 40 Balken beim Dachstuhlbau bearbeitet und die Schnittstellen mit Holzschutzmitteln getränkt. Bei der nachfolgenden Tätigkeit bis 1990 habe er in den ersten sechs Jahren in der Fertigungshalle gearbeitet. Dort seien die Hölzer in das Schutzmittel Dohnalit getränkt worden, was etwa 2-4 Stunden wöchentlich umfasst habe. Ansonsten habe sich sein Arbeitsplatz 5-10 m vom offenen Tränkbecken (1 x 7 m) entfernt befunden. Eine dazwischen befindliche Schiebetür sei im Sommer offen gewesen. Die Hölzer seien in der offenen Halle getrocknet worden. Bei der Verladung der oft noch nicht trockenen Hölzer seien Handschuhe getragen worden. 1988/1989 sei er im Zuschnitt und als Staplerfahrer eingesetzt gewesen; auch hier habe er 2-4 Stunden pro Woche Tränkarbeiten verrichtet. Gesundheitliche Beschwerden hätten seinerzeit nicht bestanden. In den Jahren 1990 bis 1992 habe er nur selten Dachstuhlarbeiten durchgeführt und die Schnittstellen mit Schutzmitteln getränkt. Von Mai 1993 bis Ende Dezember 1997 habe er alle Zimmermannsarbeiten verrichtet. Holzschutzmittel seien mit Pinseln nur auf die Schnittstellen des vorbehandelten Holzes aufgetragen worden, was jeweils wenige Sekunden gedauert habe. Verwendung hätten die Mittel Dohnalit, Wolsit und Basilit gefunden. Von 1998 bis 2000 habe er vorwiegend Richtarbeiten vorgenommen und kaum Umgang mit Holzschutzmitteln gehabt. Die Sachverständige legte hierzu dar, sowohl beim Tränken als auch beim anschließenden Trocknen in der Halle sei mit dem Wasser auch ein Teil der in den Holzschutzmitteln enthaltenen gelösten Salze verdunstet. Angesichts der geringen Expositionszeit sei die Belastung als gering einzustufen, was durch das vom Kläger angegebene Fehlen von Beschwerden bestätigt werde. Entsprechendes gelte für das Tränken der Schnittflächen. Der beim Kläger gemessene PCP-Wert habe zudem im Referenzbereich gelegen; der HCH-Wert habe sich im Sommer 2002 wieder im Normalbereich befunden. Zudem könne eine Lindanbelastung auch aus der Nahrung importierter Lebensmittel stammen. Gegen einen beruflichen Zusammenhang – hinsichtlich einer BK 1317 – spreche schließlich der untypische zeitliche Verlauf. Lösemittelbedingte Nervenschäden träten immer zeitnah zur Exposition auf.

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Mit Bescheid vom 26. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 1317 ab, nachdem ihr von der Krankenkasse des Klägers (nochmals) ein – in dessen Namen von seiner Mutter gestellter – entsprechender Antrag vom 25. Oktober 2006 übermittelt worden war. Zur Begründung verwies sie auf die Ergebnisse der vorangegangenen Ermittlungen. Die beruflichen Einwirkungen seien zu gering gewesen, um chronische Schädigungen des Nervensystems im Sinne einer – bislang nicht festgestellten – Polyneuropathie oder Enzephalopathie zu verursachen. Auch der zeitliche Verlauf sei mit lösungsmittelbedingten Nervenschäden nicht in Einklang zu bringen. Den hiergegen am 21. Februar 2007 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2007 als unbegründet zurück.

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Aus einem Arztbrief des Elbe-Elster-Klinikums F. vom 3. Juli 2007 über eine viertägige stationäre Behandlung des Klägers gingen die Diagnosen Thoraxschmerz mit Ausschluss eines Myokardinfarkts, anhaltende somatoforme Störung, chronische Neuroborelliose, arterielle Hypertonie, Adipositas sowie Diabetes mellitus Typ II mit ausgeprägter diabetischer Polyneuropathie hervor. Nach dem vorläufigen Entlassungsbericht des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie R. vom 11. Oktober 2007 bestünden ein chronifiziertes Schmerzsyndrom und eine chronische Neuroborreliose. Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. A. stellte unter dem 13. Februar 2008 u.a. die Diagnosen chronische Neuroborreliose, Spannungskopfschmerz, Polyneuropathie bei Neuroborreliose und Diabetes mellitus Typ 2, wobei die Diagnostik noch nicht abgeschlossen sei.

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Mit Schreiben vom 8. September 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 26. Januar 2007. Er sei erheblich gegenüber Schadstoffen exponiert gewesen. Während seiner beruflichen Tätigkeit habe er sich ständig an Stellen aufgehalten, an welchen er mit organischen Lösungsmitteln in Berührung gekommen sei.

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In seinen daraufhin erstellten Stellungnahmen vom 27. August und 4. Dezember 2009 verblieb der Präventionsdienst der Beklagten bei seinen bisherigen Einschätzungen; eine Exposition im Sinne der BK 1317 habe beim Kläger nicht bestanden.

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Mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 lehnte die Beklagte eine Rücknahme ihres Bescheides vom 26. Januar 2007 ab. Insoweit sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen worden.

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Den hiergegen am 22. Januar 2010 erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2010 als unbegründet zurück.

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Am 28. April 2010 hat der Kläger vor dem SG Dessau-Roßlau Klage erhoben und geltend gemacht, er sei in weitaus größerem Umfang gegenüber organischen Lösungsmitteln exponiert gewesen als vom Präventionsdienst angenommen. Das Vorliegen einer Polyneuropathie habe das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Im Urteil vom 15. Mai 2008 (L 6 U 59/04) festgestellt.

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Die Beklagte hat gemeint, eine Erkrankung im Sinne der BK 1317 sei beim Kläger nicht hinreichend gesichert. Daneben sei durch die Stellungnahmen des Präventionsdienstes das Vorliegen einer ausreichenden Schadstoffexposition widerlegt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die vom Kläger beschriebenen Tätigkeiten nach dem Merkblatt zur BK 1317 nicht den besonderen Risikoberufen zuzuordnen seien.

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Das SG hat – auf Vorschlag des Klägers – von dem Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Prof. Dr. B. das Gutachten vom 19. April 2011 eingeholt. Diesem gegenüber hat der Kläger angegeben, er sei als Zimmerer sowohl im Bereich der Altbausanierung als auch im Neubau eingesetzt gewesen. Während der Lehrzeit habe er Hölzer verschiedener Art geschnitten, Dachstühle aufgebaut oder Schalungsarbeiten verrichtet. Die Schnittstellen der Hölzer seien mit Schutzmitteln gestrichen worden, zu denen u.a. lindanhaltige Substanzen gehört hätten. Er selbst habe ca. 3-5 l Holzschutzmittel pro Woche verstrichen. Hierbei habe er gummierte, gelegentlich auch lederne Handschuhe getragen. Gleichwohl habe häufig Hautkontakt bestanden, insbesondere beim Tragen oder Bearbeiten des Materials sowie beim Einbau von bereits trockenen gestrichenen Hölzern. Lackierungen oder Lasierungen habe er nur selten durchgeführt. Während der Lehrzeit habe im Betrieb eine 250 m2 große und ca. 5 m hohe Bindernaglerhalle bestanden. Eine Belüftung sei nur durch ein Schiebetor möglich gewesen. Die Hölzer seien in zwei je 1,10 x 8,00 m großen und 1,20 m tiefen offenen Trögen mit Holzschutzmitteln getränkt worden. Ihre Lagerung sei ebenfalls in der Halle erfolgt. Organische Lösungsmittel seien nicht zum Einsatz gekommen. Die Druckluftnaglerpistolen seien aber mit Waschbenzin gereinigt worden, das sich in einem 5-7 l fassenden Eimer befunden habe. Pro Woche seien ca. 10 l Waschbenzin verbraucht worden. Die Reinigung habe etwa eine Stunde pro Tag beansprucht; sie sei mit dem Pinsel erfolgt, wobei Handschuhe getragen worden seien. Auch nach der Lehrzeit habe er während seiner Folgebeschäftigungen vorgetränkte Hölzer verarbeitet; die Schnittstellen seien mit Holschutzmitteln versehen worden. Diese seien in Kanistern angeliefert worden. Auch hier habe der durchschnittliche Verbrauch ca. 5 l pro Woche betragen. Während seiner Beschäftigung im Kunststofffensterbau habe er in einer ca. 200 m2 großen Halle ca. 1-2 l Kunststoffreiniger pro Woche verwendet, der stark nach Verdünnung gerochen habe.

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Als Beschwerden hat der Kläger gegenüber dem Sachverständigen ständige Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit, einen Oberkörper-Dauerschmerz, Schmerzen in Armen und Beinen, Verdauungs- und Sehstörungen, Beschwerden im Hals, teilweise Atemnot, Konzentrationsstörungen, Beschwerden beim Stehen und Gehen, Tinnitus und einen verstärkten psychischen Druck geschildert. Prof. Dr. B. hat die Diagnosen metabolisches Syndrom, chronisches Schmerzsyndrom, chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung, Schilddrüsenunterfunktion sowie Testosteronmangel gestellt; eine diskrete Polyneuropathie sei nach den erhobenen Befunden nicht auszuschließen. Im Ergebnis ist er zu der Einschätzung gelangt, die beruflichen Belastungen seien unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs nicht mit Wahrscheinlichkeit als Ursache einer BK 1317 anzusehen. Von 1983 bis 1990 habe arbeitstäglich maximal eine einstündige Belastung gegenüber Waschbenzin bestanden, das n-Hexanhabe enthalten können. Gegen eine berufliche Verursachung sprächen das Fehlen einer klinisch auffälligen Nervenerkrankung während der beruflichen Exposition sowie die fortdauernde Progredienz der Beschwerdesymptomatik nach Expositionsende. Die Polyneuropathie stehe am ehesten mit dem Diabetes mellitus in Verbindung.

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Mit Urteil vom 24. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit zwar gegenüber organischen Lösungsmitteln und deren Gemischen exponiert gewesen. Es sei nach dem überzeugenden Gutachten Prof. Dr. B.s jedoch nicht wahrscheinlich, dass diese die beim Kläger bestehende Polyneuropathie wesentlich verursacht hätten.

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Gegen das ihm am 9. September 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Oktober 2011 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seit Ende der 1980er Jahre an Polyneuropathie zu leiden und sich spätestens seit Anfang der 1990er Jahre in ständiger ärztlicher Behandlung zu befinden. Neben laufendem Hautkontakt zu lindanhaltigen Holzschutzmitteln sei er auch gegenüber Waschbenzin exponiert gewesen, das sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes in unverschlossenen Behältern befunden habe, so dass er über Jahre hinweg Giftstoffe eingeatmet habe. PD Dr. B. habe in der Blutuntersuchung vom 15. Januar 2002 insbesondere erhebliche Mengen an HCH festgestellt. Entgegen Prof. Dr. B. seien andere Erkrankungen als Ursache der Polyneuropathie auszuschließen. So seien der Diabetes mellitus und die Borreliose erst in den Jahren 2003 bzw. 2007 aufgetreten. Zudem entspreche die Annahme des Sachverständigen, nach Beendigung der Exposition sei eine Besserung der Symptomatik zu erwarten, nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. August 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2010 aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheides vom 26. Januar 2007 seine Polyneuropathie mit Wirkung vom 1. August 2001 an als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

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Auf entsprechende Anforderung des Senats hat Prof. Dr. B. in seiner unter dem 15. November 2012 eingegangenen ergänzenden Stellungnahme dargelegt, nach aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand, auf den im Gutachten vom 19. April 2011 verwiesen worden sei, ergäben sich Hinweise für eine im Einzelfall bei sehr hoher Belastung beobachtete Persistenz oder mit längerer Latenz auftretende Funktionsstörung zwar für hirnorganische, nicht jedoch für periphere Nervenfunktionsstörungen. Einer im Juli 2012 veröffentlichte Studie über subklinische neuropathische Veränderungen bei 38 iranischen Schuhmachern mit noch bestehender n-Hexan-Belastung belege nur die grundsätzliche Potenz dieses aliphatischen Kohlenwasserstoffs, periphere Nervenfunktionsstörungen auszulösen. Auch in einer – im Gutachten noch nicht eingeführten – Studie aus dem Jahr 2009, die sich auf 18 Schuhmacher mit akuter oder subakuter Neuropathie bezogen habe, sei in 15 Fällen ein Jahr nach Expositionsende eine komplette Wiederherstellung der messtechnisch erfassten Veränderungen beschrieben worden. Einer dem Schuhmacherberuf vergleichbar hohen und jahrzehntelangen Belastung mit organischen Lösungsmitteln sei der Kläger auch nach seinem eigenen Vorbringen überdies nicht unterlegen. Holzschutzmittel enthielten u.a. Lindan bzw. &947;-HCH. Bei entsprechend Exponierten, vor allem bei der Produktion von Lindan, seien außerdem erhöhte Belastungen mit länger im Körper nachweisbarem &946;-HCH nachzuweisen gewesen. Die Belastungen hätten jedoch mehr als das Hundertfache höher – nämlich um 190 µg/l – als der beim Kläger festgestellte Wert von 1,4 µg/l gelegen. Die insoweit gegebene Überschreitung des von PD Dr. B. angegebenen Referenzwerts sei daher sicher als nicht geeignet anzusehen, eine berufsbedingte Polyneuropathie wahrscheinlich zu machen.

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Ferner hat der Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. B. das Gutachten vom 25. Oktober 2013 sowie dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. das Zusatzgutachten vom 15. Oktober 2013 erstellen lassen. Dr. K. hat auf seinem Fachgebiet die Diagnosen distal symmetrische, vorwiegend demyelinisierende sensible Polyneuropathie, Panikstörung sowie undifferenzierte Somatisierungsstörung gestellt. Demgegenüber seien weder eine Neuroborreliose noch eine Enzephalopathie ausreichend zu sichern. Im EEG habe sich kein Hinweis auf eine diffuse Hirnschädigung wie bei einer Enzephalopathie gezeigt. Die normalen Nervenaktionspotentiale sprächen gegen eine toxische Verursachung der Polyneuropathie, bei der eine Reduktion der Amplituden zu erwarten sei. Bei einer chronischen Intoxikation des Nervensystems häufige Symptome wie ein Tremor oder eine Ataxie seien ebenso nicht nachweisbar. Als wahrscheinlichste Ursache sei der Diabetes mellitus anzusehen. Prof. Dr. B. ist zu dem Ergebnis gelangt, ein Zusammenhang zwischen den beruflichen Belastungen des Klägers und der Polyneuropathie sei nicht wahrscheinlich; er schließe sich den Einschätzungen von Dr. B. und Prof. Dr. B. an. Gegen eine berufliche Verursachung spreche die gesicherte Konkurrenzursache eines Diabetes mellitus sowie der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Beschwerdebeginns bei den neurologischen Untersuchungen am 8. Oktober 1999 und 18. August 2000 keine Hinweise für eine Polyneuropathie zu finden gewesen seien. Vielmehr sei eine solche erst bei der jetzigen neurologischen Untersuchung durch Dr. K. gesichert worden.

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Schließlich hat der Kläger die von ihm in Auftrag gegebenen humangenetischen Gutachten des Dr. H. vom 13. Oktober 2013 und 14. August 2014 vorgelegt, wonach primär zwar keine genetischen Ursachen für die Beschwerden des Klägers nachweisbar, aber genetische Faktoren an deren Auftreten auch nicht auszuschließen seien.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der (auch beigezogenen weiteren) Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe

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Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

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Der Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2010 beschwert den Kläger deshalb nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Beklagte darin zutreffend die Rücknahme ihres Bescheides vom 26. Januar 2007 abgelehnt hat. Hierauf hat der Kläger nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – deshalb keinen Anspruch, weil der Bescheid weder auf einem fehlerhaften Sachverhalt noch einem falschen Rechtsverständnis beruht.

33

Anzuwenden sind hier die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Denn der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall (BK 1317) soll nach seinem Antrag nach dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sein (vgl. Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I, 1254 ff., §§ 212 ff. SGB VII).

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Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung – die Berufskrankheiten-Verordnung – mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Voraussetzung für die Anerkennung der hier strittigen BK 1317 ist nach deren Tatbestand das Vorliegen einer durch den beruflichen Umgang mit organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen bedingten Polyneuropathie oder Enzephalopathie beim Versicherten. Dies ist vorliegend bezogen auf die allein streitige Polyneuropathie nicht der Fall.

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Zunächst war der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Zimmermann und Produktionsarbeiter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter versichert, wobei seine in der DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten einer solchen versicherten Tätigkeit gleich stehen. Der Senat geht entsprechend den Darlegungen von Dr. B. und Prof. Dr. B. auch davon aus, dass der Kläger währenddessen ihrer Art nach gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 1317 ausgesetzt war, so dass die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (= besondere Einwirkungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII) erfüllt sind (vgl. hierzu auch Merkblatt zur BK 1317, BArbBl. 2005, 49; BK-Report 2/2007 – BK 1317, Stand März 2007, 74 und 126 f., auch abrufbar unter: http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bkrep-2-2007a.pdf; Wissenschaftliche Begründung zur BK 1317, BArbBl. 1996, 44).

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Diese beruflichen Einwirkungen sind nach dem insoweit einschlägigen Beweismaßstab jedoch nicht als wesentliche (Mit)-Ursache der beim Kläger diagnostizierten Polyneuropathie hinreichend wahrscheinlich zu machen.

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Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den geltend gemachten Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Die bloße Möglichkeit einer Verursachung genügt dagegen nicht. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" voraus, dass die versicherte Einwirkung bei wertender Betrachtung nicht nur irgendeine Bedingung war, sondern wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich ursächlich mitgewirkt hat. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (hier der Erkrankung) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind etwa die Art und das Ausmaß der versicherten Einwirkung, die erhobenen Befunde, der Krankheitsverlauf sowie konkurrierende Ursachen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).

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Danach mag zwar die berufliche Exposition als solche – ungeachtet der von Dr. B. und Prof. Dr. B. hinsichtlich ihres Umfangs erhobenen Einwände (vgl. hierzu auch BK-Report 2/2007, a.a.O., 145) – auf einen Ursachenzusammenhang hindeuten. Allein hieraus kann jedoch noch nicht auf eine berufsbedingte Krankheitsentstehung geschlossen werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 46/03 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 3; Urteil vom 18. November 1997 – 2 RU 48/96 – SGb 1999, 39 ff.). Entscheidende Zweifel an der angeschuldigten Ursachenbeziehung werden durch den zeitlichen Krankheitsverlauf hervorgerufen. Hierbei stützt sich der Senat auf die gleichlautenden Einschätzungen von Dr. B. und Prof. Dr. B., denen sich Prof. Dr. B. vollständig angeschlossen hat. Davon abweichende ärztliche Bewertungen liegen nicht vor,

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Auf Grundlage der von ihm wiedergegebenen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse hat Prof. Dr. B. darauf verwiesen, dass im Rahmen der BK 1317 zwischen der Exposition und dem Beginn einer Polyneuropathie grundsätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht, d.h. die Erkrankung entwickelt sich während oder kurz nach der Exposition. Ein längeres Intervall zwischen der letzten Exposition und dem Krankheitsbeginn ist mit den kurzen biologischen Halbwertzeiten neurotoxischer Lösungsmittel nämlich nicht zu vereinbaren (siehe auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Februar 2015, M 1317, Anm. 2 und 3; BK-Report 2/2007, a.a.O., 145). Auch nach dem Merkblatt zur BK 1317 (zitiert nach Mehrtens/Branden-burg, a.a.O.) entwickelt sich eine lösungsmittelbedingte Polyneuropathie in der Regel in enger zeitlicher Beziehung zur beruflichen Exposition, wobei die klinische Diagnose der Erkrankung auch zwei bis drei Monate nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erstmals gestellt werden kann. Ein entsprechend plausibler zeitlicher Verlauf ist beim Kläger nicht belegt. Vielmehr ist bei ihm eine Polyneuropathie, von deren Vorliegen sich der Senat eine volle Überzeugung bilden können müsste (vgl. zu diesem Beweismaßstab BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2; Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 27/86 – SozR § 548 Nr. 84), frühestens ab Anfang Juli 2007 nachzuweisen, als eine solche Diagnose überhaupt erstmals aktenkundig ist.

40

Auch Brückensymptome im Sinne auffälliger klinischer Befunde, die auf die Manifestation einer peripheren Nervenerkrankung während oder kurz nach Expositionsende im September 2000 hindeuten, sind nicht zu sichern. Im Gegenteil hatten Dr. S. sowie Dipl.-Med. L. unter dem 8. Oktober 1999 bzw. 18. August 2000 keine Hinweise auf eine Polyneuropathie gefunden, wie Prof. Dr. B. und Prof. Dr. B. zutreffend angemerkt haben. Auch für den nachfolgenden Zeitraum sowie die vorangegangene Zeit gilt nichts anderes. So werden etwa auch im Bericht des Gemeinschaftskrankenhauses H. vom 21. August 2000 und im Gutachten Dr. S.s vom 3. Januar 2001 regelrechte neurologische Befunde beschrieben. Entsprechendes ist mit unauffälligen somatischen und neurologischen Feststellungen auch dem Reha-Entlassungsbericht der B.-Klinik S. vom 17. Mai 2001 zu entnehmen. Noch in seinem Gutachten vom 19. April 2011 hat Prof. Dr. B. eine Polyneuropathie nach den erhobenen Befunden lediglich nicht ausschließen können; Prof. Dr. B. hält eine solche Erkrankung überhaupt erst auf Grundlage des Gutachtens von Dr. K. vom 15. Oktober 2013 für diagnostizierbar.

41

Für die Zeit von November 1980 bis Oktober 1999 ist ebenfalls keine Symptomatik zu belegen, die auf eine Polyneuropathie hindeuten könnte. Vielmehr liegen laut den Einträgen im SV-Ausweis bzw. in den Vorerkrankungsverzeichnissen der Krankenkassen auch hier lediglich Behandlungen oder Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen insoweit unspezifischer Erkrankungen vor (z.B. Affektionen des Magens und Zwölffingerdarms, Verstauchung und Zerrung des Fußgelenks bzw. Prellung der unteren Extremitäten, Kontaktdermatitis und sonstige Ekzeme, akute Mandelentzündung, sonstige nichtinfektiöse Gastritis, Gastroenteritis und Kolitis, vaskuläre Insuffizienz des Darms, akute Rachenentzündung, Infekt der oberen Luftwege, Lumbago, vertebragenes Syndrom bzw. sonstige Affektionen).

42

Weitere ernste Zweifel an einer im Wesentlichen berufsbedingten Verursachung der Polyneuropathie werden durch das untypische Krankheitsbild sowie die gesicherte Konkurrenzursache des Diabetes mellitus hervorgerufen (vgl. insoweit nochmals Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 1317, Anm. 3; BK-Report 2/2007, a.a.O., 145). Dr. K. hat hierzu ausgeführt, dass die normalen Nervenaktionspotentiale für eine toxische Verursachung der Polyneuropathie, bei der eine Reduktion der Amplituden zu erwarten sei, untypisch sind. Daneben hat er einen Tremor oder eine Ataxie, wie sie bei einer chronischen Intoxikation des Nervensystems häufig anzutreffen seien, ebenso ausgeschlossen. Schließlich haben Dr. B., Prof. Dr. B., Dr. K. und Prof. Dr. B. als wahrscheinliche Ursache der Polyneuropathie nicht die vom Kläger angeschuldigten beruflichen Belastungen, sondern den unabhängig hiervon bei ihm erstmals im Mai 2001 diagnostizierten Diabetes mellitus ausgemacht. Dies entspricht auch den Einschätzungen in den Arztbriefen des E.-E.-Klinikums F. vom 3 Juli 2007 sowie von Dr. A. vom 13. Februar 2008. Davon abweichende Bewertungen der eingeschalteten Ärzte liegen nicht vor. Der Senat sieht keine Veranlassung, sich dieser einhelligen Beurteilung nicht anzuschließen.

43

Dem lässt sich auch der von PD Dr. B.r am 15. Januar 2002 festgestellte HCH-Wert von 1,449 µg/l nicht entgegen halten, zumal sich nach dessen Ausführungen aus der Überschreitung des Referenzwerts (bis 0,4 µg/l) schon nicht auf eine toxische Wirkung schließen lässt. Gegen die Wahrscheinlichkeit eines beruflichen Ursachenzusammenhangs spricht daneben, dass sich dieser Wert nach den Ausführungen von Dr. B. sowie Prof. Dr. B. ein halbes Jahr später wieder normalisiert hatte bzw. die bei einschlägig Exponierten gemessenen Vergleichswerte über 100fach erhöht waren.

44

Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

46

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor, weil es sich um eine Entscheidung aufgrund tatsächlicher Würdigung auch rechtlich nicht umstrittener Grundlagen handelt.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 09. Juli 2015 - L 6 U 75/11

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 09. Juli 2015 - L 6 U 75/11 zitiert 15 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 9 Berufskrankheit


(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 157


Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daß die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind. In der Rechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unternehmen der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der sie an Land beurlaubt sind.

(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.

(2) Die Unfallversicherungsträger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erfüllt sind.

(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen

1.
in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist,
2.
in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.

(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.

(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach den Sätzen 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.

(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.

(5) Soweit Vorschriften über Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls abstellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit abzustellen.

(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verhütung des Entstehens, der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,
2.
die Mitwirkung der für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen bei der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind; dabei kann bestimmt werden, daß die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen berechtigt sind, Zusammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Versicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungsträger andere Ärzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3.
die von den Unfallversicherungsträgern für die Tätigkeit der Stellen nach Nummer 2 zu entrichtenden Gebühren; diese Gebühren richten sich nach dem für die Begutachtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.

(7) Die Unfallversicherungsträger haben die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständige Stelle über den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten, soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zuständigen Stelle abweicht.

(8) Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.

(9) Die für den medizinischen Arbeitsschutz zuständigen Stellen dürfen zur Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufskrankheiten zu entschädigen sind, Daten verarbeiten sowie zur Vorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrer Mitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie dürfen diese Daten insbesondere an den zuständigen Unfallversicherungsträger übermitteln. Die erhobenen Daten dürfen auch zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt werden. Soweit die in Satz 1 genannten Stellen andere Ärzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die Übermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten Ärzten zulässig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.