Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. März 2013 - L 5 AS 161/13 B

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:0318.L5AS161.13B.0A
18.03.2013

Tenor

Der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. Dezember 2012 wird aufgehoben.

Die Landeskasse hat den Beschwerdeführern ihre außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Kläger zu 1 und 2 wenden sich als Beschwerdeführer gegen die Festsetzung eines Ordnungsgelds iHv jeweils 150 EUR in einem Klageverfahren, in dem die Aufhebung der Bewilligung und Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. November 2007 bis 31. Januar 2008 streitig war.

2

Der Beschwerdeführer sind verheiratet und bezogen gemeinsam mit den damals in ihrem Haushalt lebenden Kindern als Bedarfsgemeinschaft ergänzende Leistungen nach dem SGB II. Der Beschwerdeführer erzielte ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Die Beschwerdeführerin erhielt zudem einen Zuschlag nach § 24 SGB II. Mit dem streitigen Bescheid vom 18. März 2008 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Monat November 2007 vollständig sowie für die Monate Dezember 2007 und Januar 2008 teilweise auf und forderte die Erstattung des überzahlten Betrags. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhoben die Beschwerdeführer Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG).

3

Einen ersten, für den 10. November 2011 anberaumten Erörterungstermin hob das SG auf, nachdem der Beschwerdeführer schriftlich erklärt hatte, er sei dienstlich verhindert, und angeboten hatte, Fragen schriftlich zu beantworten. Auf eine erneute Ladung zum Termin am 21. Juni 2012 teilte der Beschwerdeführer schriftlich mit, er befinde sich im Juni 2012 bei einer Reha-Maßnahme in F. Daraufhin bat das SG um Übersendung eines Nachweises für die Verhinderung¸ ggf. werde das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin angeordnet. Nachdem sich die Beschwerdeführer bis zum Termin nicht geäußert hatten, hob das SG den Termin auf. Schriftlich wies das SG den Beklagten darauf hin, der angegriffene Bescheid sei unzureichend begründet; die Berechnung sei nicht nachvollziehbar.

4

Für den 30. August 2012 beraumte das SG einen erneuten Erörterungstermin und ordnete das persönliche Erscheinen beider Beschwerdeführer an. Ausweislich der Postzustellungsurkunden wurden die Ladungen am 1. August 2012 durch Übergabe an die Beschwerdeführerin zugestellt. Unter dem 28. August 2012 erließ der Beklagte zwei Ersetzungsbescheide zu den streitigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden. Zum Erörterungstermin erschienen die Beschwerdeführer nicht. Mit Schreiben vom 10. September 2012 forderte das SG die Beschwerdeführer auf, schriftlich darzulegen und nachzuweisen, weshalb sie zum Termin nicht erschienen seien. Soweit kein hinreichender Grund bestehe, könne gegen sie ein Ordnungsgeld verhängt werden. Diese führten unter dem 22. September 2012 aus, sie hätten keine Ladung erhalten. Es sei keine Zustellung erfolgt. Es habe auch kein Familienmitglied Briefe vom SG dem Briefkasten entnommen.

5

Das SG beraumte einen Verhandlungstermin im November 2012 an, den es am 12. November 2012 wegen Erkrankung der Vorsitzenden auf den 6. Dezember 2012 verlegte. Ausweislich der postdienstlichen Vermerke in den Postzustellungsurkunden wurden die Ladungen durch Übergabe an die Beschwerdeführerin und die Mitteilungen über die Terminsänderung durch Einlegen in den Wohnungsbriefkasten zugestellt. Mit Schreiben vom 30. November 2012, das bei dem SG am 3. Dezember 2012 einging, führten die Beschwerdeführer aus, sie seien am Terminstag verhindert. Die Beschwerdeführerin habe einen langfristig vereinbarten Termin beim Augenarzt, der nicht kurzfristig geändert werden könne. Der Beschwerdeführer sei seit kurzem wieder voll berufstätig – in der Zeit von 6.30 bis 15.00 Uhr. Unter dem 4. Dezember 2012 teilte das SG den Beschwerdeführern mit, der Termin und die Anordnung des persönlichen Erscheinens würden nicht aufgehoben, da die vorgebrachten Gründe dies nicht rechtfertigten.

6

Zur mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2012 erschienen die Beschwerdeführer nicht. Im Termin gab der Beklagte mehrere Teilanerkenntnisse ab. Nach Beratung erließ die Kammer einen Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgelds iHv je 150 EUR gegen die beiden Beschwerdeführer und ein Urteil in der Sache (Klageabweisung).

7

In der schriftlichen Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses hat das SG ausgeführt, die Beschwerdeführer seien ohne triftigen Grund zum Termin nicht erschienen. Die am 3. Dezember 2012 mitgeteilten Gründe reichten nicht aus. Zum einen sei es der Vorsitzenden in der Kürze der Zeit nicht mehr möglich gewesen, darauf zu reagieren. Zum anderen dränge sich der Verdacht auf, dass die Beschwerdeführer nicht gewillt seien, überhaupt zu einem Termin beim SG zu erscheinen. Wiederholt hätten Termine aufgehoben werden müssen. Der Erörterungstermin am 10. November 2011 habe aufgehoben werden müssen, nachdem der Beschwerdeführer – ebenfalls erst zwei Tage vor dem Termin – mitgeteilt habe, er werde von seinem Arbeitgeber für den Termin nicht freigestellt. Der Verhandlungstermin am 21. Juni 2012 sei aufgehoben worden, weil der Beschwerdeführer mitgeteilt habe, er befinde sich in einer Reha-Maßnahme. Trotz Aufforderung habe er keinen Nachweis hierüber erbracht. Zum Erörterungstermin am 30. August 2012 seien die Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen. Ihre Angabe im Nachgang, sie hätten keine Ladung erhalten, habe nicht den Tatsachen entsprochen. Dies sei durch die Postzustellungsurkunde belegt. Es lägen auch die weiteren Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes vor, denn Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens sei die Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits gewesen. Dies sei bereits für den Erörterungstermin am 30. August 2012 geplant gewesen. Dies hätte dann unter Umständen eine mündliche Verhandlung entbehrlich gemacht. In der mündlichen Verhandlung sei eine vergleichsweise Regelung möglich gewesen, da der angegriffene Bescheid noch Berechnungsfehler enthalten habe. Zudem hätten die Beschwerdeführer bei einer Teilnahme die Möglichkeit gehabt, persönlich ihre Argumente für eine Niederschlagung der Forderung gegenüber dem Beklagtenvertreter geltend zu machen oder Ratenzahlung zu vereinbaren. Das festgesetzte Ordnungsgeld liege deutlich unter dem Mittelwert des gesetzlichen Rahmens von 5 bis 1.000 EUR und sei unter Würdigung der Gesamtumstände angemessen. Gründe, die gegen eine Verhängung des Ordnungsgeldes sprächen, seien nicht ersichtlich. Urteil und Ordnungsgeldbeschluss wurden den Beschwerdeführern am 9. Januar 2013 zugestellt.

8

Am 15. Januar 2013 haben sie gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Sie hätten rechtzeitig schriftlich dargelegt, weshalb sie den Verhandlungstermin nicht persönlich wahrnehmen konnten. Der Beschwerdeführer bekomme von seinem Arbeitgeber keine Freistellung für "private Angelegenheiten". Die Urlaubsplanung für das Jahr 2012 sei bereits seit dem Ende Jahres 2011 festgeschrieben. Die Beschwerdeführerin habe am Verhandlungstag den Termin bei ihrer Augenärztin wahrgenommen, bei der sie in regelmäßiger Behandlung sei. Zum Beleg hat sie eine Kopie des "Glaukompasses" vorgelegt, aus dem sich u.a. Arzttermine am 6. Juni, 6. September, 6. Dezember 2012 und 7. März 2013 ergeben.

9

Die Beschwerdeführer beantragen sinngemäß,

10

den Beschluss des SG vom 6. Dezember 2012 aufzuheben.

11

Der Beschwerdegegner beantragt,

12

die Beschwerde zurückzuweisen.

13

Er hält sie für unbegründet.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. Sie war Gegenstand der Beratung des Senats.

II.

15

Die Beschwerde ist gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Das SG hätte gegen die Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 6. Dezember 2012 nicht festsetzen dürfen.

16

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Ordnungsgeld ist § 202 SGG iVm § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann das Gericht gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen – wie hier nach § 111 Abs. 1 SGG – angeordnet war, ein Ordnungsgeld wie gegen einen nicht erschienen Zeugen festsetzen, wenn er im Termin ausbleibt (vgl. hierzu §§ 380, 381 ZPO).

17

Dabei ist Sinn und Zweck der Vorschrift des § 141 Abs. 3 ZPO nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. November 1997, Az. 2 BvR 429/97, NJW 1998, S. 892 [893]; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. Juni 2011, Az. I ZB 77/10, NJW – RR 2011, S. 1363 m.w.N.; Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. August 2007, Az. 3 AZB 50/05, NJW 2008, S. 252).

18

Mit der Möglichkeit, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen, versetzt das Gesetz das Gericht in die Lage, den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassend und zeitnah zu klären, um zu einer Entscheidungsreife des Rechtsstreits zu gelangen (BAG, a.a.O.). Zur Durchsetzung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten und damit zur wirksamen Erreichung dieses Ziels sieht das Gesetz die Möglichkeit der Verhängung des Ordnungsgelds vor. Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben des Beteiligten die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (vgl. BGH, a.a.O.).

19

Sowohl die Anordnung des persönlichen Erscheinens als auch die Verhängung eines Ordnungsgelds stehen im Ermessen des Gerichts. Dieses ist jeweils pflichtgemäß in dem Sinne auszuüben, dass das Gericht den Sinn und Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens und des Ordnungsgelds zu berücksichtigen hat (BAG, a.a.O.). Beide sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig.

20

An einer diesen Grundsätzen entsprechenden Abwägung des Sozialgerichts fehlt es im angefochtenen Beschluss. Das SG hat bei der Festsetzung des Ordnungsgelds ermessensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass das Nichterscheinen der Beschwerdeführer im Termin am 6. Dezember 2012 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung geführt hat.

21

Zwar liegen die formellen Voraussetzungen für eine Verhängung von Ordnungsgeld vor. Die Beschwerdeführer wurden ordnungsgemäß mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens geladen; in der Ladung wurde auch auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen. Sie sind im Termin nicht erschienen, ohne einen geeigneten Vertreter zu entsenden. Weiter haben sie ihr Fernbleiben nicht genügend entschuldigt. Ohne weitere Angaben des Beschwerdeführers ist nicht nachvollziehbar, dass es ihm auch unabhängig von der bereits im Vorjahr getroffenen Urlaubsplanung nicht möglich war, von seinem Arbeitgeber eine ggf. nur halbtätige Freistellung zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins zu erreichen. Ebenso sind keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb es der Beschwerdeführerin nicht möglich oder zumutbar gewesen sein sollte, den geplanten Arzttermin zu verlegen.

22

Jedoch sind die materiellen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgelds nicht erfüllt. Zwar ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten in § 111 SGG – anders als in § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO – nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft; es ist liegt allein im Ermessen des Gerichts. Allerdings kann es auch im sozialgerichtlichen Verfahren insoweit nur vorrangig um die Aufklärung des Sachverhalts damit um die Beschleunigung des Verfahrens gehen (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 10. Auflage 2012, § 111 RN 1). Aufgrund der weiteren gesetzlichen Fassung kann Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens auch – wie das SG in seinem Beschluss ausgeführt hat – der Versuch der Herbeiführung einer vergleichsweisen Erledigung des Rechtsstreits sein. Im Rahmen der Ausübung seines Ermessens hat das Gericht jedoch zu beachten, ob der von ihm herangezogene Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens dem vorrangigen Regelungszweck (Aufklärung des Sachverhalts) zumindest nahekommt, und ob die Maßnahme Erfolg verspricht und im Einzelfall auch zumutbar ist.

23

Ebenso kann bei der Ermessensausübung bei Festsetzung des Ordnungsgelds der konkrete Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht außer Acht gelassen werden. Auch insoweit ist zu überprüfen, ob der im Einzelfall konkret verfolgte Zweck seiner Wertigkeit nach dem der Aufklärungsfunktion entspricht.

24

Das Ordnungsgeld hat nicht die Funktion, eine vermeintliche Missachtung einer richterlichen Anordnung oder der gerichtlichen Autorität zu ahnden. Auch das Bestreben des Gerichts auf eine einvernehmliche Regelung hinzuwirken, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Verhängung eines Ordnungsgelds, wenn der Beteiligte der Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht Folge leistet. Denn aus dem gesetzlichen Zweck ergibt sich, dass die Verhängung des Ordnungsgelds nur dann in Betracht kommen kann, wenn durch das unentschuldigte Ausbleiben des Beteiligten die Aufklärung des Sachverhalts verhindert oder erschwert wird und deshalb eine Verzögerung des Rechtsstreits eintritt (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April 2009, Az.: L 2 B 64/08 AS, juris RN 12).

25

Kann das Gericht jedoch in der Sache abschließend entscheiden, ohne dass es einer Mitwirkung des säumigen Beteiligten bedurfte, so ist die Festsetzung eines Ordnungsgelds in der Regel ermessensfehlerhaft und muss aufgehoben werden (vgl. Bayer. LSG, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2004, Az.: L 3 B 14/04 U, juris). Weder die Androhung noch die Festsetzung eines Ordnungsgelds dürfen dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss oder eine Rücknahmeerklärung zu erzwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007, Az.: VI ZB 4/07, NJW-RR 2007 S. 1364).

26

Vorliegend ergibt sich aus der Gesamtschau des Klageverfahrens, insbesondere den Ladungen und den richterlichen Hinweisen, dass eine Anwesenheit der Beschwerdeführer zwar wünschenswert, jedoch für eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich war. Das SG hatte nur dem Beklagten aufgegeben, die angegriffenen Bescheide weiter zu spezifizieren bzw. zu begründen. An die Beschwerdeführer sind Nachfragen zum Sachverhalt nicht gerichtet worden. Auch aus den Sitzungsniederschriften ergeben sich keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass ihre Anwesenheit im Termin zur Klärung von umstrittenen Tatsachen notwendig war. Vielmehr hat das SG auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2012 ein Urteil fällen können. Es bedurfte offensichtlich keiner weitergehenden Angaben der Beschwerdeführer.

27

Soweit kein weiterer Aufklärungsbedarf zur Ermittlung des Sachverhalts bestand, konnte die Abwesenheit der Beschwerdeführer im Verhandlungstermin letztlich die Sachaufklärung nicht erschweren und dadurch den Prozess verzögern. Insoweit war die Festsetzung des Ordnungsgelds unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft. Dies gilt auch, soweit das SG die Anwesenheit der Beschwerdeführer im Termin zum Führen von Vergleichsverhandlungen für erforderlich oder zweckmäßig gehalten hat. Auch in diesem Fall ist die Festsetzung des Ordnungsgelds nicht verhältnismäßig.

28

War nach alledem die Anwesenheit der Beschwerdeführer nicht geeignet, die Aufklärung zu fördern, kam der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht die – vom Gesetzgeber gewollte prozessfördernde – Bedeutung eines Beugemittels zur Beeinflussung zukünftigen prozessualen Verhaltens zu, sondern stellte eine strafähnliche und damit ermessenfehlerhafte Sanktion dar (vgl. ebenso 2. Senat des LSG, Beschluss vom 26. Februar 2013, Az.: L 2 AS 948/12 B, juris).

29

Dasselbe gilt, soweit das SG mit dem Ordnungsgeld zugleich das Fernbleiben der Beschwerdeführer im Erörterungstermin vom 30. August 2012 ahnden wollte, worauf Teile der Begründung des Beschlusses hindeuten. Insoweit kam der Versuch einer "erzieherischen" Beeinflussung ihres Verhaltens mit der Beendigung des Verfahrens durch Urteil am 6. Dezember 2012 zu spät.

30

Da die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde gegen das Ordnungsgeld erfolgreich sind, fallen die Kosten der Staatskasse in entsprechender Anwendung von § 46 Ordnungswidrigkeitengesetz iVm § 467 Abs. 1 Strafprozessordnung zur Last (vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 15. April 2009, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. März 2010, Az.: L 5 AS 1114/09 B, juris RN 17 f.; Leitherer, a.a.O., § 111 RN 6c; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30. Juni 2011, Az:. L 7 SB 29/11, juris).

31

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angegriffen werden (§ 177 SGG).


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(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen.

(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben.

(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Verhandlung oder zu einem Termin nach § 106 Absatz 3 Nummer 7 einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist.

(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.

(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termin angebracht werden.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 77/10
vom
22. Juni 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Frage, ob das Fernbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen
im Termin nach § 141 ZPO angeordnet ist, genügend entschuldigt ist,
kommt es nicht auf ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an; die
Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO findet insoweit keine Anwendung.

b) Da ein Ordnungsgeld nur festgesetzt werden kann, wenn das unentschuldigte
Ausbleiben einer Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den
Prozess verzögert, scheidet die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach
§ 141 Abs. 3 Satz 1, § 381 ZPO aus, falls eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung
scheitert und die Erledigung des Rechtsstreits eine Beweisaufnahme
in einem gesonderten Termin erfordert.
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 - I ZB 77/10 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2011 durch die
Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten werden der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. September 2010 und der Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Mannheim, 4. Kammer für Handelssachen , vom 19. Januar 2009 aufgehoben.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten wird auf jeweils 300 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die klagende Transportversicherung hat das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat mit Verfügung vom 8. September 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und das persönliche Erscheinen der Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch angeordnet. Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2009 durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Terminsvertreter der Beklagten hat eine "Prozessvollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO" vorgelegt, die sich nach ihrem Wortlaut auf alle den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen , insbesondere auch den Abschluss eines unwiderruflichen Vergleichs, bezogen hat.
2
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2009 gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen beide Parteien ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 300 € festgesetzt. In der Sache hat das Landgericht einen weiteren Haupttermin auf den 8. Juni 2009 anberaumt. Zu diesem Termin hat es erneut das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet und gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO vorsorglich die Ladung von zwei Zeugen verfügt. Des Weiteren hat das Landgericht den Parteien die Gelegenheit eingeräumt, zu den im Termin am 19. Januar 2009 erörterten Fragen binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. In der mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2009 sind die vorsorglich geladenen Zeugen vernommen worden. Mit Urteil vom selben Tag hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben.
3
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 19. Januar 2009 haben beide Parteien Beschwerde eingelegt, die das Beschwerdegericht zurückgewiesen hat.
4
Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten.
5
II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
6
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds gegen die Klägerin und die Beklagte erfüllt seien. Dazu hat es ausgeführt:
7
Die Voraussetzungen für die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin und des gesetzlichen Vertreters der Beklagten hätten vorgelegen. Der Umstand, dass der Name und die Funktion derjenigen Person, deren Erscheinen angeordnet worden sei, in der Terminsverfügung keine Erwähnung gefunden hätten, stehe dem nicht entgegen, weil die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer juristischen Person regelmäßig dahingehend zu verstehen sei, dass ihr gesetzlicher Vertreter erscheinen und angehört werden solle.
8
Es könne davon ausgegangen werden, dass die Ladungen den gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO erforderlichen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens enthalten hätten. Für die Klägerin sei im Termin am 19. Januar 2009 kein gesetzlicher Vertreter erschienen. Der für sie auftretende Terminsvertreter sei nicht ausreichend im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO "zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt" gewesen, da eine dem Terminsvertreter erteilte allgemeine Prozessvollmacht dafür nicht ausreiche. Die Beklagte habe zum Termin am 19. Januar 2009 ebenfalls keinen Vertreter entsandt, der "zur Aufklärung des Tatbestands" in der Lage gewesen sei. Ihr Terminsvertreter sei mit dem Sachverhalt nicht vertraut und deshalb nicht imstande gewesen, ergänzende Fragen des Gerichts in hinreichendem Maße zu beantworten. Anhaltspunkte für die Annahme, das Landgericht habe das ihm bei der Festsetzung des Ordnungsgelds eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, lägen nicht vor.
9
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

10
a) Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds im Streitfall gewahrt sind.
11
aa) Das Landgericht hat das persönliche Erscheinen der Klägerin und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 8. September 2008 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 8. September 2008 zeigt. Das war gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausreichend.
12
Aus den Gerichtsakten kann jedoch nicht festgestellt werden, dass für die Parteien - wie erforderlich - ihre gesetzlichen Vertreter (vgl. § 170 Abs. 1 und 2 ZPO) geladen worden sind, weil ein Doppel des Schreibens nicht zu den Akten gelangt und dem Akteninhalt auch nicht zu entnehmen ist, mit welchem Vordruck die Ladungen erfolgt sind. Die Parteien haben zwar ihrerseits das Ladungsschreiben nicht vorgelegt. Dies gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil, weil ihnen die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 10). Feststellungen zur Ladung der Parteien hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Gegen eine ordnungsgemäße Ladung sprechen auch die Zustellungen der Ordnungsgeldbeschlüsse , die ebenfalls nicht an die gesetzlichen Vertreter der Klägerin und der Beklagten vorgenommen worden sind.
13
bb) Die Rechtsbeschwerden rügen zudem mit Recht, dass nicht ersichtlich ist, dass die Parteien unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens geladen worden sind (§ 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Die gegenteilige Annahme des Beschwerdegerichts entbehrt einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.
14
b) Eine Aufhebung des Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung sind nicht erforderlich. Auch wenn die Ladung der Parteien ordnungsgemäß erfolgt wäre, könnten die Ordnungsmittelbeschlüsse nicht aufrechterhalten werden.
15
3. Die Festsetzung der Ordnungsgelder durch das Landgericht ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ermessensfehlerhaft.
16
a) Die Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgelds, wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG, NJW 1998, 892, 893; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, Beschluss vom 20. August 2007 - 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 12; MünchKomm.ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 141 Rn. 28; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/ Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 68; aA OLG München, MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 6; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 141 Rn. 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Hk-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 141 Rn. 6; aA Zöller/ Greger aaO § 141 Rn. 12).
17
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei und die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Sie sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zulässig. Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgelds darf zudem nicht dazu ver- wendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 17 f.; OLG Brandenburg, NJW-RR 2001, 1649, 1650; Musielak /Stadler aaO § 141 Rn. 16; Zöller/Greger aaO § 141 Rn. 3, 19).
18
b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Landgericht kann den angefochtenen Beschlüssen nicht entnommen werden.
19
Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Ordnungsgelder nicht berücksichtigt , dass das Nichterscheinen der Parteien im Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung und auch nicht zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Der Rechtsstreit ist erst nach Vernehmung von zwei Zeugen im Verhandlungstermin am 8. Juni 2009 entscheidungsreif gewesen. Beide vernommenen Zeugen waren im Termin am 19. Januar 2009 nicht anwesend. Eine Erledigung des Rechtsstreits ohne Beweisaufnahme hätte nur durch Abschluss eines Vergleichs erreicht werden können. Hierzu waren beide Parteien indes nicht bereit. Die mangelnde Vergleichsbereitschaft konnte dem Gericht zwar erst nach einer telefonischen Rückfrage der im Termin anwesenden Parteivertreter mitgeteilt werden. Die Rechtsbeschwerden weisen jedoch unwiderlegbar darauf hin, dass das Ergebnis auch bei einer persönlichen Anwesenheit der Parteien im Termin nicht anders ausgefallen wäre. Eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung kam nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz von vornherein nicht in Betracht. Unter diesen Umständen war die Anberaumung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme - wie nachfolgend auch geschehen - für die Erledigung des Rechtsstreits in erster Instanz unerlässlich. Zu den im Termin am 19. Januar 2009 offengebliebenen Fragen des Gerichts haben die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Februar 2009 rechtzeitig vor dem Termin am 8. Juni 2009 Stellung genommen. Der ergänzende Vortrag der Parteien hat dem Landgericht ersichtlich auch ausgereicht, da eine weitere Erörterung des Sach- und Streitstands vor Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr stattgefunden hat.
20
Die Festsetzung der Ordnungsgelder kann im Streitfall auch nicht darauf gestützt werden, dass das Landgericht gemäß § 278 Abs. 3 Satz 1 ZPO das persönliche Erscheinen der Parteien auch zu einer Güteverhandlung angeordnet hatte mit dem Ziel, den Rechtsstreit durch den Abschluss eines Vergleichs zu beenden. Die Partei braucht zu diesem Termin nicht persönlich zu erscheinen. Nach § 278 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsenden, der zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Nach dem Vortrag der Klägerin war dem für sie im Termin am 19. Januar 2009 auftretenden Rechtsanwalt eine schriftliche Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO übersandt worden, die der Terminsvertreter dem Gericht aus der Klägerin nicht bekannten Gründen allerdings nicht vorgelegt hat. Das braucht sich die Klägerin jedoch nicht als etwaiges Verschulden zurechnen zu lassen, da die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen von § 141 Abs. 3 ZPO nicht zur Anwendung kommt (vgl. OLG Bamberg, MDR 1982, 585, 586; OLG Celle, NdsRpfl. 1988, 164, 165; OLG Schleswig, OLGRep. 2003, 259; Musielak/ Stadler aaO § 141 Rn. 12; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 52; Wieczorek/Schütze/Smid aaO § 141 Rn. 67; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 141 Rn. 6; Hk-ZPO/Wöstmann aaO § 141 Rn. 6; aA OLG Köln, NJW 1978, 2515, 2516; OLG Stuttgart, JZ 1978, 689, 690; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl, § 141 Rn. 40). Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen eine Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet ist, im Fall ihres Ausbleibens ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen einen nicht erschienenen Zeugen setzt dessen ungenügende oder nicht rechtzeitige Entschuldigung voraus und erfordert in diesem Zusammenhang ein eigenes Verschulden des Zeugen (§ 381 ZPO). Die Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO oder die Zurechnung des Verschuldens Dritter aufgrund anderer Bestimmungen sehen die Vorschriften über die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen einen Zeugen nicht vor. Entsprechendes hat deshalb auch für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 Satz 1, § 381 ZPO gegen die nicht erschienene Partei zu gelten. Die Klägerin konnte berechtigterweise davon ausgehen, im Güte- und Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 ordnungsgemäß vertreten zu sein. Gleiches gilt für die Beklagte, da deren Terminsvertreterin - wie im Sitzungsprotokoll ausdrücklich vermerkt ist - eine Vollmacht gemäß § 141 ZPO vorweisen konnte.
21
Da somit das Ausbleiben der Parteien im Termin am 19. Januar 2009 weder zu einer Erschwerung und erheblichen Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung noch zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat und davon auszugehen ist, dass die Parteien zu diesem Termin Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsandt haben, können die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts keinen Bestand haben.
22
4. Danach ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), sind auch die Beschlüsse über die Festsetzung der Ordnungsgelder aufzuheben.
23
5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgelds ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1, § 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) allerdings nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm, MDR 1980, 322; OLG Bamberg, MDR 1982, 585; Stein/Jonas/Leipold aaO § 141 Rn. 58; MünchKomm.ZPO/Damrau aaO § 380 Rn. 13; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 380 Rn. 12), da diese nicht am Rechtsstreit beteiligt ist. Die Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 23; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 9; Musielak/Stadler aaO § 141 Rn. 15; Zöller/Greger aaO § 380 Rn. 10). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812,

1826).


Büscher Pokrant Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 19.01.2009 - 24 O 147/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.09.2010 - 15 W 30/09 -

(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen.

(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben.

(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Verhandlung oder zu einem Termin nach § 106 Absatz 3 Nummer 7 einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 4/07
vom
12. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts
gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aufzuheben, wenn im Termin zur mündlichen
Verhandlung des Rechtsstreits keine Fragen zum Sachverhalt offen geblieben
sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wird.
Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung
nicht erschienene Partei ist in einem solchen Fall unzulässig.
Zur Entscheidung über die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels, das zur Aufhebung
eines Ordnungsgeldbeschlusses führt.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 - LG Schweinfurt
AG Schweinfurt
hier: Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 3 werden der Beschluss der 1. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Schweinfurt vom 29. Dezember 2006 und der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 9. Mai 2006 aufgehoben. Gegenstandswert der Beschwerde: 200 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Schweinfurt die Zahlung von restlichem Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall von den Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs verlangt. Zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten angeordnet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt, die Beklagten von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu befreien. Das Amtsgericht hat daraufhin am 16. März 2006 verfügt, dass die Beklagten ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen durch Entsendung eines informierten und unbeschränkt bevollmächtigten Vertreters zum Termin nachkommen könnten. In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und die Beklagten zu 1 und zu 2 persönlich erschienen. Die Beklagte zu 3 (künftig: die Beklagte) ist nicht erschienen ; für sie ist auch kein nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld von 200 € auferlegt. In der Sache selbst hat das Amtsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung am 30. Mai 2006 ein Grundurteil gegen die Beklagten verkündet, das rechtskräftig geworden ist.
2
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 9. Mai 2006 hat die Beklagte am 22. Mai 2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 23. November 2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil das persönliche Erscheinen der Beklagten nicht aus einem wichtigen Grund unzumutbar gewesen sei. Insbesondere sei das persönliche Erscheinen der Partei nicht wegen der Entfernung von 174,8 km zwischen dem Geschäftssitz der Beklagten und dem Gericht unzumutbar. Auch die allgemeine berufliche Belastung des Vorstandes der Beklagten führe nicht zur Unzumutbarkeit des persönlichen Erscheinens. Dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer eine Vielzahl von Prozessen führe, mache das persönliche Erscheinen, das nur angeordnet werde, wenn es der erkennende Richter zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten halte, ebenfalls nicht unzumutbar. Soweit die Beklagte bereits vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, sie sei nicht vergleichsbereit , hindere dies die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht.
3
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

II.

4
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
5
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewahrt sind.
6
a) Allerdings geht es fehl, wenn die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beklagte sei verfahrensfehlerhaft , weil in der Anordnung des persönlichen Erscheinens Rechtsgrund und Zweck der persönlichen Anhörung nicht angegeben seien. Die Beklagte wurde gemäß § 141 Abs. 1 ZPO und damit "zur Aufklärung des Sachverhalts" geladen , wie der Terminsverfügung vom 2. März 2006 zu entnehmen ist. Wenn das Beschwerdegericht insoweit eine ordnungsgemäße Ladung feststellt, findet das in diesem Punkt eine Entsprechung in der Gerichtsakte.
7
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass für die Beklagte kein gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen sei, hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar mag - auch ohne Vorlage der Untervollmacht - zugunsten der Beklagten davon auszugehen sein, dass der im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits aufgetretene Unterbevollmächtigte in vollem Umfang Prozessvollmacht besaß. Ausweislich der Sitzungsniederschrift war er von der Beklagten jedoch nicht gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO bevollmächtigt. Eine solche Ermächtigung wird schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht ohne weitere Umstände von der Prozessvollmacht umfasst (vgl. KG JR 1983, 156, 157; OLG Frankfurt NJW 1991, 2090; OLG München MDR 1992, 513; OLG Köln OLGR Köln 2004, 256, 257). Zwar enthält die Prozessvollmacht regelmäßig auch die Vollmacht zu einem Vergleichsabschluss (§§ 81, 83 ZPO). Darüber hinaus muss der Vertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO aber auch in der Lage sein, über den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt Auskunft zu geben. Das wird häufig die Kenntnisse eines Sachbearbeiters erfordern und regelmäßig über die nur aus mittelbaren Informationen abgeleiteten, lediglich punktuellen Kenntnisse eines Prozessbevollmächtigten (vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1963, 602 f.) und erst recht über die eines mit der Sache in der Regel nicht näher befassten Unterbevollmächtigten hinausgehen.
8
c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gefehlt habe (§ 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
Das Amtsgericht hat das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 2. März 2006 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 3. März 2006 zeigt. Das war an sich ausreichend (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In gleicher Weise sind die Parteien am 9. März 2006 zu dem auf 9. Mai 2006 verlegten Termin umgeladen worden.
10
Aus den Unterlagen ist jedoch die Rüge der Rechtsbeschwerde, dass die Beklagte nicht - wie erforderlich - in Person eines gesetzlichen Vertreters (vgl. § 170 Abs. 2 ZPO) geladen worden sei, nicht zu widerlegen, weil ein Doppel des Schreibens nicht zur Akte gelangt ist. Die Beklagte hat zwar ihrerseits das Ladungs- und Umladungsschreiben nicht vorgelegt. Das gereicht ihr jedoch nicht zum Nachteil, weil ihr die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist. Feststellungen zur Ladung der Beklagten hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
11
Nicht nachvollziehbar ist die nicht näher begründete Feststellung des Beschwerdegerichts, es sei ein Vorstandsmitglied der Beklagten geladen und in der Ladung auf die Folgen eines Ausbleibens im Termin hingewiesen worden. Ein Vermerk darüber, dass Ladung und Umladung eines bestimmten Vorstandsmitglieds mit einem entsprechenden Vordruck erfolgt sei, ist den Akten nur für die - von der Ladung der Beklagten zum persönlichen Erscheinen zu unterscheidende - erstmalige Ladung der Partei zum Termin zur mündlichen Verhandlung vermerkt. Lediglich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist zusätzlich mit Verfügung vom 16. März 2006 auf die Vertretungsmöglichkeit gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO hingewiesen worden. Das steht der von § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO geforderten Belehrung der Partei über die Folgen ihres Ausbleibens nicht gleich (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854).
12
Nicht ersichtlich ist ferner, dass die Beklagte zu 3 unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens umgeladen worden ist (vgl. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
13
Von einer Aufhebung des Beschlusses unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung kann jedoch abgesehen werden, weil die Sache aus anderen Gründen selbst dann zur Endentscheidung reif ist, wenn die Ladung der Beklagten ordnungsgemäß erfolgt wäre.
14
2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist ermessensfehlerhaft.
15
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei im Ermessen des Gerichts steht. Das Amtsgericht hat aber entgegen der Ansicht des Landgerichts sein Ermessen fehlerhaft gebraucht.
16
a) § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgeldes , wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG NJW 1998, 892, 893; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 72, 73; OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 576, 577 f.; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339 und OLGR Köln 2004, 256, 257; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; OLG Hamm MDR 1997, 1061 und OLGR Hamm 2004, 233, 234; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 12; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 63, 68; a.A. OLG München MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 997 und FamRZ 1992, 72, 73; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339; OLG Köln OLGR 2004, 256, 257; OLG Brandenburg aaO; OLG Hamm aaO; OLG Stuttgart MDR 2004, 1020; LAG Niedersachsen MDR 2002, 1333, 1334; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Musielak/Stadler, ZPO; 5. Aufl., § 141 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 141 Rn. 40; a.A. KG JR 1983, 156, 157; Zöller/Greger, aaO).
17
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei steht hiernach zwar im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist aber pflichtgemäß auszuüben. Nach der gesetzlichen Regelung ist von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen, wenn einer Partei aus wichtigem Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem ist zu entnehmen, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens und dementsprechend auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes nur nach Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zulässig sind (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854 f. für eine Güteverhandlung).
18
Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes darf im Übrigen nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (vgl. OLG Brandenburg aaO; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 18; Zöller/Greger, aaO, Rn. 3, 19).
19
b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Erstgericht ist den angefochtenen Beschlüssen nicht zu entnehmen.
20
Nachdem die Beklagte schon vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte, dass Vergleichsbereitschaft nicht bestehe, kam eine Anordnung des persönlichen Erscheinens - wie geschehen - allenfalls noch zur Aufklärung des Sachverhalts in Betracht. Insoweit mag zwar nicht zweifelhaft sein, dass ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sich die Sachverhaltskenntnisse eines Sachbearbeiters der Anstalt aneignen muss. Im hier zu entscheidenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass das Erstgericht in der mündlichen Verhandlung Sachverhaltsfragen hätte erörtern wollen, deren vorherige (auch schriftliche) Erfragung nicht zweckmäßig, deren Beantwortung aber zu einer umfassenden Erledigung des Rechtsstreits erforderlich gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt NJW 1991, 2090).
21
Das Beschwerdegericht hat hierzu nichts festgestellt und weder die Sitzungsniederschrift noch das rechtskräftige (Grund-)Urteil des Erstgerichts, das ohne weiteren Vortrag und ohne weitere Verhandlung erlassen werden konnte, lassen hierzu etwas erkennen. Es ist daher davon auszugehen, dass weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung nach Ansicht des Erstgerichts nicht bestand.
Die erforderliche Abwägung vor Verhängung des Ordnungsgeldes hätte daher zur Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beklagten führen müssen mit der Folge, dass das Ordnungsgeld nicht verhängt werden durfte.
22
3. Nach allem ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist auch der Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufzuheben.
23
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) jedoch nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm MDR 1980, 322; OLG Bamberg MDR 1982, 585; LG Heilbronn MDR 1995, 753, 754; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rn. 58; MünchKommZPO/Damrau; 2. Aufl., § 380 Rn. 13; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 380 Rn. 12), denn diese ist nicht am Rechtsstreit beteiligt. Derartige Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 97, 98; OLG Zweibrücken MDR 1996, 533; OLG Düsseldorf MDR 1985, 60; OLG Celle NdsRPfl 1982, 45; OLG Frankfurt MDR 1984, 322; OLG Brandenburg aaO; LAG Frankfurt MDR 1982, 612; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 15; Zöller/Greger aaO, § 380 Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann , aaO, § 380 Rn. 18). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812). Einer Kostenentscheidung bedarf es daher nicht. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 09.05.2006 - 3 C 1674/05 -
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 29.12.2006 - 11 T 237/06 -

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungs-geldes in Höhe von 500,00 EUR im Rahmen eines Klageverfahrens, in welchem in der Sache eine Leistungsbewilligung nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 streitig ist.

2

Die Klägerin und ihr Ehegatte bezogen als Bedarfsgemeinschaft von der für die Leistungen nach dem SGB II zuständigen ARGE SGB II B. (im Folgenden ARGE) Grundsicherungsleistungen bis zum 30. Juni 2008. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 22. Mai 2008 lehnte die ARGE mit Bescheid vom 18. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2008 die weitere Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008 mit der Begründung ab, die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien nicht hilfebedürftig, da das aus der selbständigen Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin erzielte Einkommen bedarfsdeckend sei. Der Ehegatte der Klägerin betreibt einen Einzelhandel mit dem Verkauf von Tabakwaren, Zeitschriften, Telefonkarten und Fahrscheinen (Bistro) sowie eine Toilettenanlage zu Vermietungszwecken.

3

Daraufhin erhob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 3. Dezember 2008 namens und in Vollmacht der Klägerin bei dem Sozialgericht Halle eine unter dem Aktenzeichen S 7 AS 5274/08 weiterhin anhängige Klage und kündigte den Antrag an, den Bescheid vom 18. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2008 aufzuheben und die beklagte ARGE (bzw. deren Rechtsnachfolger, das Jobcenter B.) zu verurteilen, der Klägerin Grundsicherungsleistungen in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Als Aktivpartei wird lediglich die Klägerin und nicht auch ihr Ehegatte geführt. Nach umfangreichem Schriftwechsel der Beteiligten zu der streitigen Höhe des anzurechnenden Einkommens beraumte der Kammervorsitzende am 20. Dezember 2011 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für den 13. März 2012 unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin an. Zu diesem Termin erschien für die Klägerin lediglich die Prozessbevollmächtigte und teilte mit, die Klägerin könne nicht erscheinen, da ihr Ehegatte vor einigen Wochen einen Herzinfarkt erlitten habe und sie deshalb dessen Gewerbe betreuen müsse. In diesem Termin forderte der Kammervorsitzende ausweislich des Terminprotokolls vom 13. März 2012 die Beteiligten zur Nachreichung weiterer Unterlagen und Berechnungen sowie die Klägerin zur Glaubhaftmachung der Gründe für ihr Ausbleiben auf. Des Weiteren erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung nach Vorlage der Berechnungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 13. März 2012 ergänzend Bezug genommen. Am 28. März 2012 reichte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Bescheinigung über eine stationäre Anschlussheilbehandlung des Ehegatten der Klägerin in der Zeit vom 21. Februar 2012 bis zum 20. März 2012 nach.

4

Nach einem weiteren umfangreichen Schriftwechsel der Beteiligten beraumte der Kammervorsitzende am 3. Juli 2012 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage für den 9. Oktober 2012 unter erneuter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin an. Das Ladungsschreiben vom 4. Juli 2012 wurde ausweislich der Zustellungsurkunde der Klägerin am 6. Juli 2012 durch persönliche Übergabe zugestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Ladungsschreibens vom 4. Juli 2012 ergänzend Bezug genommen. Zu dem Termin am 9. Oktober 2012 erschien für die Klägerin lediglich deren Prozessbevollmächtigte. Diese teilte mit, sie habe keine Kenntnis darüber, weshalb die Klägerin nicht erschienen sei. Der Kammervorsitzende forderte die Klägerin mit Protokoll dieses Termins auf, bis zum 25. Oktober 2012 die Gründe für ihr Ausbleiben darzulegen. Des Weiteren forderte er unter anderem die Klägerin zur Nachreichung von Unterlagen und Berechnungen nebst einer Stellungnahme zu der Frage auf, "wie die im Zeitraum des gesamten Jahres 2008 getätigten Privateinlagen aufgebracht wurden, und insbesondere um welche Mittel es sich hierbei handelt, und was mit den jeweiligen Privatentnahmen sowohl in der Tabak- und Zeitschriftenoase als auch im Bistro erfolgt ist". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Protokolls des Termins vom 9. Oktober 2012 ergänzend Bezug genommen.

5

Mit (zwischenzeitlich rechtskräftigen) Beschluss vom 9. Oktober 2012 setzte das Sozialgericht gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 13. März 2012 fest. Die Durchführung eines vorbereitenden Erörterungstermins sei unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin notwendig gewesen, um die Sach- und Rechtslage zu klären und zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. In Anbetracht des Betriebes des Bistro sowie des Tabak- und Zeitungsladens, den zwischen den Beteiligten äußerst umstrittenen tatsächlichen Grundlagen dieser selbständigen Tätigkeit, der umstrittenen Bestimmung der Betriebseinnahmen und -ausgaben sowie des umfangreichen Schriftwechsels handele es sich vorliegend um schwierig zu bestimmende Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin im streitigen Zeitraum. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 9. Oktober 2012 ergänzend Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2012 reichte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die im Termin am 9. Oktober 2012 angeforderten Berechnungen und Unterlagen nach.

6

Nachdem beim Sozialgericht eine Reaktion der Klägerin auf die mit Protokoll vom 9. Oktober 2012 erbetene Darlegung der Gründe für ihr Ausbleiben nicht einging, hat dieses mit Beschluss vom 1. November 2012 gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 9. Oktober 2012 festgesetzt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Obgleich die Klägerin ordnungsgemäß unter Belehrung über die Rechtsfolgen bei unentschuldigtem Ausbleiben zu dem Termin der Erörterung der Sach- und Rechtslage geladen worden sei, sei sie unentschuldigt nicht erschienen. Die Durchführung eines vorbereitenden Erörterungstermins sei unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin auch notwendig gewesen, um die Sach- und Rechtslage zu klären und zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen. In Anbetracht des Betriebes des Bistro sowie des Tabak- und Zeitungsladens, den zwischen den Beteiligten äußerst umstrittenen tatsächlichen Grundlagen dieser selbständigen Tätigkeit, der umstrittenen Bestimmung der Betriebseinnahmen und -ausgaben sowie des umfangreichen Schriftwechsels handele es sich vorliegend um schwierig zu bestimmende Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin im streitigen Zeitraum. Ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR erscheine unter Beachtung des auch durch die vorherige Nichtteilnahme am Termin vom 13. März 2012 und des notwendig gewordenen weiteren Termins am 9. Oktober 2012 zur weiteren Sachverhaltsklärung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sachgerecht. Angesichts dessen, dass die Klägerin nicht mehr im Leistungsbezug sei und das ihr derzeit zur Verfügung stehende Einkommen und Vermögen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht klar offen lege, seien keine durchgreifenden Anhaltspunkte ersichtlich, welche eine niedrigere Festsetzung veranlassen könnten.

7

Gegen diesen der Klägerin am 6. November 2012 und ihrer Prozessbevollmächtigten am 23. November 2012 zugestellten Beschluss hat die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte am 30. November 2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor: Zum einen sei bereits die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht sachdienlich und mithin ermessensfehlerhaft. Sie (die Klägerin) betreibe kein Gewerbe und verfüge über keinerlei Kennt-nisse zu dem von ihrem Ehegatten betriebenen Gewerbe, da sie dort lediglich derzeit aushelfe. Das Sozialgericht habe sich daher an ihren Ehegatten oder an die beauftragte Buchhaltungsfirma wenden müssen, zumal auch die im Termin anwesende Prozessbevollmächtigte über hinreichende Kenntnisse zu den streitigen Fragen verfüge. Überdies sei dem Gericht ihre Unabkömmlichkeit aus dem laufenden Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Termin am 13. März 2012 mitgeteilt worden. Im Weiteren sei die Anberaumung eines zweiten Erörterungstermins auch nicht wegen des Nichterscheinens der Klägerin im ersten Termin erforderlich geworden. Das Sozialgericht habe nach dem ersten Termin nicht, wie angekündigt, entscheiden können, weil der Beklagte im Nachgang bislang unstreitige Tatsachen streitig gestellt habe. Zum anderen sei die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ermessensfehlerhaft. Die Wirkung der Festsetzung des ersten Ordnungsgeldes in Höhe von 300,00 EUR mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 für das Ausbleiben im Termin am 13. März 2012 sei als erzieherische Maßnahme weit verfehlt, wenn sogleich im Nachgang ohne Einräumung der Chance einer Verhaltensänderung ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt werde. Überdies verfüge sie über kein Einkommen, welches sie zur Begleichung des Ordnungsgel-des einsetzen könne. Lediglich ihr Ehegatte erziele Einkommen.

8

Die Klägerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 1. November 2012 aufzuheben.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Gerichtsakten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

11

Die Beschwerde der Klägerin ist gemäß den §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und auch begründet. Das Sozialgericht hätte gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin am 9. Oktober 2012 nicht festsetzen dürfen.

12

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Ordnungsgeld ist § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann das Gericht gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen – wie hier nach § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG – angeordnet war, ein Ordnungsgeld wie gegen einen nicht erschienenen Zeugen festsetzen, wenn er im Termin ausbleibt (vgl. hierzu die §§ 380, 381 ZPO). Dies gilt nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht, wenn der Beteiligte einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Dabei ist Sinn und Zweck der Vorschrift des § 141 Abs. 3 ZPO nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (BVerfG, Beschluss vom 10. November 1997, 2 BvR 429/97, NJW 1998, 892, 893; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, I ZB 77/10, NJW-RR 2011, 1363, m.w.N.; BAG, Beschluss vom 20. August 2007, 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252). Mit der Möglichkeit, das persönliche Erscheinen der Beteiligten anzuordnen, versetzt das Gesetz das Gericht in die Lage, den entscheidungserheblichen Sachverhalt umfassend und zeitnah zu klären, um zu einer Entscheidungsreife des Rechtstreits zu gelangen (BAG, Beschluss vom 20. August 2007, a.a.O.). Zur Durchsetzung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten und damit zur wirksamen Erreichung dieses Ziels sieht das Gesetz die Möglichkeit der Verhängung des Ordnungsgeldes vor. Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben des Beteiligten die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, a.a.O., m.w.N.). Sowohl die Anordnung des persönlichen Erscheinens als auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Dieses ist jeweils pflichtgemäß in dem Sinne auszuüben, dass das Gericht den Sinn und Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens und des Ordnungsgeldes zu berücksichtigen hat (BAG, Beschluss vom 20. August 2007, a.a.O.). Sowohl die Anordnung des persönlichen Erscheinens als auch die Festsetzung von Ordnungsgeld sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unter Einbeziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig.

13

An einer diesen Grundsätzen entsprechenden Abwägung des Sozialgerichts fehlt es in dem angefochtenen Beschluss. Das Sozialgericht hat bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes ermessensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass das Nichterscheinen der Klägerin im Termin am 9. Oktober 2012 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung geführt hat.

14

In der Gesamtschau des bisherigen Klageverfahrens, insbesondere in Anbetracht der streitgegenständlichen Fragen und des Termins der Erörterung der Sach- und Rechtslage am 13. März 2012, konnte das Sozialgericht nicht davon ausgehen, dass die Anwesenheit der Klägerin in einem zweiten Erörterungstermin (am 9. Oktober 2012) für eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist. Zum einen hat das Sozialgericht im vorausgegangenen Termin am 13. März 2012, in welchem die Klägerin nicht anwesend war, das Einverständnis der Beteiligten für eine – nach Eingang noch angeforderter Berechnungen der Beteiligten beabsichtigte – Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung eingeholt. Schon insoweit erschließt sich die im angefochtenen Beschluss angeführte Notwendigkeit der Durchführung eines weiteren vorbereitenden Erörterungstermins unter gleichzeitiger Anwesenheit der Klägerin nicht. Dies gilt auch im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang erwähnte Pflicht des Gerichts, auf die Stellung sachdienlicher Klageanträge hinzuwirken. Zieht das Gericht eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung in Betracht, geht es grundsätzlich von einer Entscheidungsreife des Klageverfahrens aus, die keine weiteren Hinweispflichten mehr erforderlich macht. Zum anderen sind auch sonst, insbesondere unter Berücksichtigung der Anwesenheit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits im ersten Termin und deren detaillierte Zuarbeiten während des gesamten Klageverfahrens, keine objektiven Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Anwesenheit der Klägerin in einem zweiten Termin – wie von dem Sozialgericht im angefochtenen Beschluss angeführt – zur Klärung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Tatsachen in Bezug auf die selbständige Tätigkeit des Ehegatten der Klägerin hätte beitragen können. Wenngleich auch schwierig zu bestimmende Einkommensverhältnisse der Klägerin im Rahmen der begehrten Grundsicherungsleistungen streitgegenständlich sein mögen, handelt es sich dennoch um lediglich anzurechnendes Einkommen des Ehegatten der Klägerin. Hierüber kann nur dieser oder die – in beiden Terminen anwesende – Prozessbevollmächtigte der Klägerin Auskünfte erteilen, was die Inhalte der auf die Termine vom 13. März 2012 und 9. Oktober 2012 eingereichten Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin verdeutlichen. Selbst bei Anwesenheit der Klägerin im Termin hätte diese die vom Gericht aufgeworfenen Fragen zur selbständigen Tätigkeit ihres Ehegatten ersichtlich nicht beantworten können. Aus den nach dem Termin am 13. März 2012 eingereichten Berechnungen der Beteiligten folgt nichts anderes. Selbst wenn das Sozialgericht nach Vorlage dieser Berechnungen eine Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nicht mehr als sachdienlich und einen weiteren Erörterungstermin als notwendig angesehen haben mag, weil beispielsweise die vorgelegten Berechnungen neue Fragen zur Einkommensberechnung aufgeworfen haben, dann ist in Anbetracht der vorgenannten Ausführungen immer noch nicht ersichtlich, weshalb die Anwesenheit der Klägerin die Aufklärung des Sachverhalts fördern soll. Weder handelt es sich um ein von ihr erzieltes Einkommen noch sind weitere Punkte außer die Einkommensberechnung zwischen den Beteiligten streitig. So haben die Prozessbevollmächtigte der Klägerin und der Beklagte im Termin am 13. März 2012 übereinstimmend zu Protokoll erklärt, welchen Gesamtbedarf (Regelleistung nebst Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung) sie der Berechnung zugrunde legen. Sofern das Sozialgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht, hätte lediglich der Ehegatte der Klägerin zu einer Förderung der Sachverhaltsaufklärung beitragen können. Sieht das Sozialgericht aber schon keinen weiteren Aufklärungsbedarf zur Ermittlung des von dem Ehegatten erzielten Einkommens, worauf die nunmehr erfolgte Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 28. März 2013 ohne Ladung des Ehegatten als Zeugen schließen lässt, erscheint auch die Anwesenheit der Klägerin in einem die mündliche Verhandlung vorbereitenden Termin als Erkenntnisquelle des Gerichts nicht geboten. Hiervon ausgehend konnte das (unentschuldigte) Ausbleiben der Klägerin die Sachaufklärung nicht erschweren und dadurch den Prozess verzögern. In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch die Prozessbevollmächtigte im Termin vertreten war und diese weder nach dem Inhalt des Terminprotokolls vom 9. Oktober 2012 noch nach dem gesamten Prozessgeschehen, insbesondere auch in Anbetracht des Inhalts des Terminprotokolls vom 13. März 2012, nicht zu verstehen gegeben hat, ohne die Klägerin an der Aufklärung des Sachverhalts nicht mitwirken zu können.

15

Im Übrigen wäre die Festsetzung des Ordnungsgeldes auch dann ermessensfehlerhaft, wenn das Sozialgericht aus anderen als den im angefochtenen Beschluss genannten – und nach den vorstehenden Ausführungen des Senats nicht tragenden – Gründen die Anwesenheit der Klägerin im Termin am 9. Oktober 2012 für erforderlich oder zumindest für zweckmäßig hätte halten dürfen. Denn (auch) in diesem Fall ist die Festsetzung des Ordnungsgeldes nicht verhältnismäßig.

16

Die Vorschrift des § 106 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 7 SGG sieht für den Kammervorsitzenden zum Zwecke der Erledigung des Rechtstreits möglichst in einer mündlichen Verhandlung die Möglichkeit vor, einen Termin unter Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beteiligten zur Erörterung des Sachverhalts anzuberaumen. Dabei kann die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten auch als Möglichkeit, beispielsweise Rechts- oder Vergleichsgespräche zu führen, sachgerecht sein. Bleibt ein persönlich geladener Beteiligter gleichwohl im Termin unentschuldigt aus, hat das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung zu beachten, ob ein Ordnungsgeld festgesetzt wird, um auf dessen zukünftiges prozessuales Verhalten einzuwirken, wobei die Verhängung eines Ordnungsgeldes aber nicht dazu verwendet werden darf, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, a.a.O., m.w.N.). Hiervon ausgehend ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht verhältnismäßig, wenn zur Erreichung des mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens verfolgten Zieles ein ebenso geeignetes, aber milderes Mittel zur Verfügung steht. So verhält es sich hier. Unabhängig davon, dass die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen des Senats zwar zur Sachverhaltsaufklärung nicht beitragen konnte, hatte das Sozialgericht gleichwohl die Möglichkeit, im Termin am 9. Oktober 2012 ein Rechtsgespräch zu führen, entsprechende richterliche Hinweise zu erteilen und auf die Stellung sachdienlicher Klageanträge hinzuwirken, da die Klägerin im Termin anwaltlich vertreten war. Ebenso konnte das Sozialgericht mit der Prozessbevollmächtigten und der erschienenen Vertreterin des Beklagten Vergleichsgespräche führen. Schließlich bestand auch im Nachgang zum Termin die Möglichkeit, schriftliche Hinweise zu erteilen und als Erkenntnisquelle die Angaben des Ehegatten der Klägerin zu nutzen. Dieser könnte als Zeuge vernommen werden oder die Klage würde als auch für den Ehegatten erhoben angesehen und das persönliche Erscheinen des Ehegatten angeordnet werden. Letzteres erscheint hier nach der Auslegung des Klagebegehrens unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips naheliegend, weil die Klägerin erkennbar Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft, zu der auch ihr Ehegatte gehört, geltend macht.

17

War nach alledem die Anwesenheit der Klägerin nicht geeignet, die Sachverhaltsaufklärung zu fördern, und standen zur Erreichung der im Übrigen mit der Anordnung ihres persönlichen Erscheinens bezweckten Ziele mildere, ebenso geeignete Mittel zur Verfügung, kommt der Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht die – prozessfördernde – Bedeutung eines Beugemittels zur Beeinflussung zukünftigen prozessualen Verhaltens zu, sondern stellt aus-schließlich eine strafähnliche und damit ermessensfehlerhafte Sanktion dar. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als das Sozialgericht erst nach dem wiederholten Ausbleiben der Klägerin im Termin am 9. Oktober 2012 das Ordnungsgeld zunächst für das Ausbleiben im Termin am 13. März 2012 und im Anschluss das der vorliegenden Beschwerde zugrunde-liegende zweite – und sogleich höhere – Ordnungsgeld festgesetzt hat, ohne dass mit der ersten Ordnungsgeldfestsetzung das prozessuale Verhalten der Klägerin in Bezug auf den Termin am 9. Oktober 2012 hätte "erzieherisch" beeinflusst werden können.

18

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist kein kontradiktorisch ausgestaltetes Verfahren (so bereits der Senat im Beschluss vom 28. Februar 2012, L 2 AS 474/11 B, zitiert nach Juris, m.w.N.). Da bei der erfolgreichen Beschwerde die Auslagen des Beteiligten nicht der am Rechtsstreit nicht beteiligten Staatskasse aufzuerlegen sind, gehen diese zu Lasten des nach dem Urteil kostenpflichtigen Beteiligten (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, a.a.O.).

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.