Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 21. Jan. 2016 - L 2 AS 624/15 B ER

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:0121.L2AS624.15BER.0A
bei uns veröffentlicht am21.01.2016

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 31. August 2015 wird abgeändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für den Zeitraum 1. August 2015 bis 30. April 2016 und längstens bis zu einer bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt der Antragsgegner.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) bzw. nach dem Zwölften Buch Sozialhilfe (SGB XII) für den Bewilligungszeitraum ab 1. August 2015.

2

Die am ... 1986 geborene Antragstellerin zu 1) ist portugiesische Staatsangehörige und die Mutter der Antragsteller zu 2) und zu 3). Sie reiste nach eigenen Angaben im März 2013 nach Deutschland ein. Vom 6. Mai bis 31. Juli 2013 war die Antragstellerin als Helferin in der Eisdiele S. in K. beschäftigt.

3

Am 13. Januar 2014 stellte die Antragstellerin zu 1) einen Leistungsantrag bei dem Antragsgegner und gab an, mietfrei bei Bekannten in der D. Straße in H. zu wohnen. Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin zu 1) mit Bescheid vom 14. Januar 2014 und Änderungsbescheid vom 6. Februar 2014 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2014 (Regelleistung).

4

Die Antragstellerin zu 1) unterzeichnete im Januar 2014 einen Mietvertrag für eine Wohnung in der H. Straße ... in H. und meldete sich dort an. Die Antragstellerin zu 1) beantragte Leistungen für eine Erstausstattung und zeigte im Mai 2014 an, dass sie nunmehr mit ihren am ... 2006 und am ... 2009 geborenen Kindern – den Antragstellern zu 2) und zu 3) - in der Wohnung lebe. Für Unterkunft und Heizung sind nach Aktenlage monatlich 328,99 EUR aufzuwenden. Der Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II ist an die Vermieterin abgetreten worden. Die Antragsteller zu 2) und zu 3) erhalten Kindergeld in Höhe von monatlich jeweils 188 EUR im Jahr 2015 und in Höhe von 190 EUR im Jahr 2016. Die Grundschule H. Straße in H. bestätigte am 22. Mai 2014, dass die Antragstellerin zu 2) die 2. Klasse der Grundschule H. Straße besucht.

5

Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 28. Mai 2014 ab, Leistungen für die Kinder zu bewilligen. Mit Bescheid vom 24. Juni 2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen auch für die Antragstellerin zu 1) ab Juli 2014 ab. Gegen beide Bescheide erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller Widersprüche. Der Antragsgegner wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 17. Juli 2014 als unbegründet zurück.

6

Das Sozialgericht Halle (SG) verpflichtete den Antragsgegner mit Beschluss vom 17. Juli 2014, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2014 zu bewilligen. Der Antragsgegner setzte den Beschluss mit vorläufigem Bescheid vom 22. Juli 2014 um.

7

Im Juli 2014 nahm die Antragstellerin zu 1) eine geringfügige Beschäftigung auf und erzielte für Juli, August und September 2014 Einkommen iHv monatlich weniger als 150 EUR. Am 30. November 2014 wurde das Arbeitsverhältnis beendet. Die Antragstellerin zu 1) begründete dies damit, dass sie die Arbeitszeiten nicht mit der Kinderbetreuung vereinbaren könne. Der Antragsgegner berücksichtigte mit Änderungsbescheiden vom 18. und 26. September 2014, 23. Oktober 2014 und 5. März 2015 die geänderten Einkommensverhältnisse.

8

Im November 2014 beantragte die Antragstellerin zu 1) die Zusicherung zu den Aufwendungen für einen Umzug in eine 4-Raum-Wohnung, da die 2-Raum-Wohnung zu klein sei. Der Antragsgegner lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 6. November 2014 ab.

9

Am 29. Dezember 2014 beantragten die Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen ab Januar 2015. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20. Januar 2015 ab. Dagegen richtete sich der Widerspruch der Antragsteller. Der Senat verpflichtete den Antragsgegner mit Beschluss vom 9. April 2015, den Antragstellern für den Zeitraum 1. Februar bis 31. Juli 2015 vorläufig Leistungen zu bewilligen. Der Antragsgegner setzte diese Entscheidung mit Bescheid vom 13. April 2015 um und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2015 als unbegründet zurück: Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus der Arbeitssuche ergibt, seien vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen.

10

Am 7. Juli 2015 beantragte die Antragstellerin zu 1) die Fortzahlung der Leistungen ab August 2015. Der Antragsgegner lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16. Juli 2015 ab. Dagegen richtete sich der mit Schreiben vom 22. Juli 2015 erhobene Widerspruch.

11

Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren mit dem am 27. Juli 2015 beim SG Halle eingegangenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz weiter. Sie tragen vor, der Senat habe für einen anderen Zeitraum bereits entschieden, dass vorläufig Leistungen zu bewilligen seien. Die Rechtsfrage sei vor dem EuGH anhängig und noch nicht abschließend geklärt. Die Tochter besuche die Schule in H. Der Sohn sei bis zur Leistungseinstellung in den Kindergarten gegangen.

12

Die Antragstellerin zu 1) legte im August 2015 diverse Bewerbungen auf Stellenangebote in K. vor.

13

Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzulehnen und sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2015 bezogen.

14

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 31. August 2015 abgelehnt und ausgeführt: Die Antragstellerin zu 1) habe kein Freizügigkeitsrecht als Arbeitnehmerin erworben. Bei der von Juli bis November 2014 ausgeübten Tätigkeit habe es sich um eine unregelmäßige Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung gehandelt. Es bestehe auch kein Anspruch auf eine vorläufige Leistungsbewilligung. Die Antragsteller könnten den Anspruch auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Heimatland geltend machen. Leistungen seien auch nicht aufgrund einer Folgenabwägung zu bewilligen. Wenn sich herausstelle, dass nach abschließender Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Leistungsanspruch bestehe, sei für eine Folgenabwägung kein Raum.

15

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller am 8. September 2015 zugestellten Beschluss hat dieser am 9. September 2015 Beschwerde vor dem Landessozialgericht erhoben und ausgeführt: Das SG habe bei seiner Entscheidung die Rechtsprechung des zweiten Senats des Landessozialgerichts nicht beachtet und sich auch nicht bzw. nur am Rande mit dieser auseinandergesetzt. Die Antragsteller verfügten seit August 2015 nicht mehr über finanzielle Mittel. Eine Entscheidung des EuGH in der Sache A. stehe noch aus. Die Antragstellerin zu 1) sei alleinerziehend. Die Kinder seien 6 und 9 Jahre alt. Die Antragstellerin zu 1) habe sich trotz dieser Belastung durch die Alleinerziehung intensiv um eine Beschäftigung bemüht. Sie habe in den vergangenen Wochen mit einem in K. lebenden Bekannten versucht, in K. und Umgebung eine Beschäftigung zu finden. Sie verspreche sich im Rheinland größere Erfolgsaussichten bei der Beschäftigungssuche als in H. Sie wohne aber weiterhin in H.

16

Die Antragstellerin zu 1) war vom 11. September 2015 bis 7. November 2015 als Reinigungskraft für die Firma K. Gebäudereinigung GmbH, H. Straße in ... G. beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag war vereinbart worden, dass die Antragstellerin den Rewe-Markt in der H.-straße in K. reinigen soll. Die Antragstellerin zu 1) sollte jeweils montags bis samstags für 1,5 Stunden arbeiten. Vereinbart war eine Vergütung von 9,55 EUR pro Stunde. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23. Oktober 2015. Darüber hinaus war die Antragstellerin zu 1) vom 1. bis 31. Oktober 2015 als Küchenhilfe in einem Restaurant in P. beschäftigt. Vereinbart war eine Arbeitszeit von 50 Stunden im Monat und eine Vergütung von 9 EUR pro Stunde. Dieses Arbeitsverhältnis endete ebenfalls durch eine Kündigung des Arbeitgebers. Aus diesen Beschäftigungen erzielte die Antragstellerin zu 1) Einkommen im Oktober 2015 in Höhe von 186,78 EUR und 450 EUR. Im November 2015 erzielte die Antragstellerin aus der Beschäftigung als Reinigungskraft ein Einkommen von 364,73 EUR.

17

Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2015 als unbegründet zurück: Der Anspruch auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II sei ausgeschlossen. Das im Jahr 2014 ausgeübte Arbeitsverhältnis sei nicht geeignet, die Arbeitnehmereigenschaft zu begründen. Lediglich im September sei ein Einkommen von mehr als 100 EUR erzielt worden. Die Tätigkeit sei nicht regelmäßig ausgeübt worden. Das Fürsorgeabkommen sei wegen des erklärten Vorbehalts nicht anzuwenden. Gegen diesen Widerspruchsbescheid haben die Antragsteller Klage erhoben, die am SG Halle unter dem Aktenzeichen S 18 AS 3810/15 noch anhängig ist.

18

Im Erörterungstermin am 5. November 2015 erklärte die Antragstellerin zu 1), sie sei jede Woche in K., wohne bei einem Bekannten und besuche ihre Kinder an den Wochenenden bzw. jedes zweite Wochenende. Unter der Woche würden die Kinder von einer Freundin betreut. Sie Sachen der Kinder befänden sich in der Wohnung in H. Die Bekannte, die die Kinder betreue, habe auch noch eine eigene Wohnung. Die Tochter gehe zur Schule und der Sohn sei bis Juli 2015 in den Kindergarten gegangen. Nachdem die Leistungen eingestellt worden waren, habe der Kindergarten gekündigt. Das Restaurant befinde sich in P ... Sie arbeite dort 40 Stunden pro Woche für 450 EUR netto. Es könne sein, dass es im November 2015 mehr Geld sei. Für die Beschäftigung als Reinigungskraft habe sie 180 EUR für September 2015 erzielt. Das Geld für den Monat Oktober 2015 habe sie noch nicht erhalten.

19

Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärte weiter, die Antragstellerin zu 1) habe im Restaurant zunächst drei Stunden täglich und ab November vier Stunden täglich gearbeitet. Sie habe vom 11. September bis 7. November 2015 eine nicht nur untergeordnete Tätigkeit ausgeübt. Die Kriterien für das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft seien erfüllt. Darüber hinaus sei sie unfreiwillig arbeitslos geworden. Wenigstens ab 11. September 2015 habe sie einen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Gegebenenfalls richte sich der Anspruch gegen den Sozialhilfeträger.

20

Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 die Stadt H. zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene erklärte, dass die Antragstellerin einen Antrag beim Sozialamt stellen müsse.

21

Die Antragsteller beantragen in der Hauptsache sinngemäß,

22

den Beschluss des Sozialgerichts vom 31. August 2015 aufzuheben und den Antragsgegner bzw. den Beigeladenen zu verpflichten, antragsgemäß Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.

23

Der Antragsgegner beantragt,

24

die Beschwerde zurückzuweisen.

25

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

26

Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

27

Die Berichterstatterin hat Auskünfte der Sozialarbeiterin Frau W. (Caritas), des Sachbearbeiters des Beigeladenen Herrn H. und der Sachbearbeiterin im Sozialamt Frau H. eingeholt.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen.

II.

29

Streitgegenstand ist die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII für den Zeitraum ab 1. August 2015.

30

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 SGG. Der Wert der Beschwerde übersteigt den Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR. Die Verpflichtung des Antragsgegners bzw. des Beigeladenen, den Antragstellern für die Zeit ab 1. August 2015 Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII zu bewilligen, überschreitet den maßgebenden Beschwerdewert von 750 EUR.

31

Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, den Antragsgegner bzw. den Beigeladenen zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

32

Rechtsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist danach stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund, d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, und ein Anordnungsanspruch, d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs, glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO).

33

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren nicht die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86b, Rn. 16b). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02). Dies gilt ganz besonders dann, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).

34

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sind die §§ 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 3 Satz 1, 20 Abs. 1 und 2, 22 Abs. 1 SGB II. Nach diesen Vorschriften erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des Regelbedarfs sowie der Bedarfe für Unterkunft und Heizung, soweit diese nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die u. a. erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Einkommen und Vermögen sind nach Maßgabe der §§ 11 ff, 12 SGB II anzurechnen.

35

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin zu 1) erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht. Auch ist sie, da ihr die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte, in der Lage, in dem in § 8 Abs. 1 SGB II beschriebenen Umfang erwerbstätig zu sein. Denn nach § 8 Abs. 2 SGB II reicht hierfür die rechtliche Möglichkeit aus, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen. Zudem hat die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. Januar 2013 - B 4 AS 54/12 R - juris, Rn. 18) in der Bundesrepublik Deutschland begründet. Seit dem 29. Januar 2013 tritt bei Unionsbürgern an die Stelle der Überprüfung der Voraussetzungen für die Ausstellung einer Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht die Prüfung über das Vorliegen oder den Fortbestand der Voraussetzungen für die Ausübung des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU, § 5 Abs. 3 FreizügG/EU. Die Antragsteller zu 2) und 3) erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II, da sie mit der Antragstellerin zu 1) in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben.

36

Der Leistungsanspruch ist auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Danach haben Ausländer und ihre Familienangehörigen in den ersten drei Monaten keinen Leistungsanspruch, wenn sie weder in der Bundesrepublik Arbeitnehmer oder Selbständige, noch aufgrund von § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind. Im Übrigen haben Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, keinen Leistungsanspruch.

37

Diese Ausschlussnormen greifen nicht ein. Es bestehen andere Aufenthaltsrechte.

38

Die Antragstellerin zu 1) hat durch die Aufnahme der Tätigkeit ab 11. September 2015 ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizüg/EU erworben, so dass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht eingreift. Sie hält sich auch schon länger als drei Monate in Deutschland auf. Am 11. September 2015 hat sie die Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Th. K. Gebäudereinigung GmbH aufgenommen. Bei dieser Tätigkeit handelte es entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht nur um eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind freizügigkeitsberechtigt Arbeitnehmer, die eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausüben mit Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit einen so geringen Umfang hat, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt (EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007, C-213 "Geven", Rnr. 16). Die Tätigkeiten der Antragstellerin zu 1) dürften nicht als völlig untergeordnet und unwesentlich eingestuft werden können. Die bisher bekannten Umstände sprechen dafür, dass es sich bei der Reinigungstätigkeit um eine normale Teilzeitbeschäftigung gehandelt hat. Die Antragstellerin sollte 9 Stunden in der Woche tätig sein und die Arbeitgeberin hatte sich verpflichtet, Tariflohn zu zahlen. Für die Antragstellerin zu 1) wurden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die weitere Tätigkeit im Restaurant ab 1. Oktober 2015 war nach den Angaben der Antragstellerin eine Vollzeittätigkeit zu einem sehr niedrigen Stundenlohn.

39

Nach dem Ende der Beschäftigung am 7. November 2015 besteht ggf. das nachgelagerte Freizügigkeitsrecht für einen Zeitraum von sechs Monaten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU. Die Voraussetzungen dieses Freizügigkeitsrechts liegen bis auf die Bescheinigung über die unfreiwillige Arbeitslosigkeit vor. Die Antragstellerin zu 1) ist unfreiwillig arbeitslos geworden, nachdem sie zuvor weniger als ein Jahr beschäftigt gewesen ist. Beide Arbeitsverhältnisse sind durch arbeitgeberseitige Kündigungen beendet worden. Der Antragsgegner hat Kenntnis von der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit, auch wenn die unfreiwillige Arbeitslosigkeit noch nicht durch die Agentur für Arbeit bescheinigt worden ist.

40

Dies kann jedoch offen bleiben, da den Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) für den Zeitraum ab 1. August 2015 ein weiteres Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 4 FreizügG/EU zusteht. Danach haben Kinder, die sich in der Schulausbildung bzw. Ausbildung befinden, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zusammen mit dem sorgeberechtigten Elternteil. Dieses Aufenthaltsrecht ist allein an den Zugang zur Ausbildung gebunden und setzt weiter nur voraus, dass ein Elternteil bereits freizügigkeitsberechtigt war, das Kind in Ausbildung ist und der Elternteil mit diesem Kind zusammenlebt. Die Antragstellerin zu 2) besucht die Schule und wird von der Antragstellerin zu 1) als sorgeberechtigter Mutter betreut. Die Antragstellerin zu 1) hatte in der Vergangenheit aufgrund ihrer Beschäftigungen im Jahr 2013, 2014 und dann noch einmal im Jahr 2015 ein Freizügigkeitsrecht erworben. Zu einem Zeitpunkt, in dem die Antragstellerin freizügigkeitsberechtigt war, hat die Antragstellerin zu 2) ihre Schulausbildung begonnen, die noch nicht abgeschlossen ist.

41

Hintergrund dieser Regelung ist Art. 10 der Verordnung 492/11 vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU. Danach können Kinder eines Mitgliedsstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, unter den gleichen Bedingungen am allgemeinen Unterricht sowie der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedsstaates wohnen. Diese Kinder haben nach der Rechtsprechung des EuGH ein eigenständiges Aufenthaltsrecht unabhängig von dem ggf. beendeten Aufenthaltsrecht der Eltern nach einer Beschäftigung. Denn wenn das Aufenthaltsrecht der Kinder entfallen würde, weil das Aufenthaltsrecht der Eltern beendet worden ist, könnten diese Kinder ihre Ausbildung nicht fortsetzen. Dieses ausbildungsbezogene Aufenthaltsrecht der Kinder besteht unabhängig von den Voraussetzungen der Freizügigkeits-Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 29. April 2004 (ABl. vom 30. April 2004 Nr. L 158/77). Insbesondere müssen diese Kinder und der sorgeberechtigte Elternteil nicht über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Februar 2010, C-480/08 Texeira zu der inhaltsgleichen Regelung in Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68 vom 15. Oktober 1968). Zusammen mit dem in der Ausbildung befindlichen Kind hat der sorgeberechtigte Elternteil ein von diesem abgeleitetes Aufenthaltsrecht, auch wenn das auf den Freizügigkeitsregelungen beruhende eigene Aufenthaltsrecht des Elternteils bereits nicht mehr besteht (vgl. BSG, Terminsbericht vom 3. Dezember 2015 zu B 4 AS 43/15 R). Der Antragsteller zu 3) hat ein Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU, da er seine Mutter begleitet.

42

Soweit Ansprüche der Antragsteller zu 2) und zu 3) betroffen sind, ist der Antragsgegner der richtige Leistungsträger. Die Kinder haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Aktenlage tatsächlich in H. Soweit ein Anspruch der Antragstellerin zu 1) in Rede steht, ist für eine vorläufige Regelung ebenfalls der Antragsgegner der zuständige Leistungsträger. Nach § 36 SGB II ist der Leistungsträger zuständig, in dem die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Gemäß § 36 SGB II ist dabei unerheblich, wo der erwerbsfähige Hilfsbedürftige seinen Wohnsitz hat. Der gewöhnliche Aufenthalt ist vom tatsächlichen nur vorübergehenden Aufenthalt abzugrenzen (vgl. Link in Eicher, SGB II, § 36 Rnr. 30). Der Senat geht auch davon aus, dass der gewöhnliche Aufenthalt der Antragstellerin zu 1) im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners in H. war. Die Antragstellerin zu 1) hatte ihren Wohnsitz über den gesamten Zeitraum in H. Tatsächlich hat sie sich wohl nicht den gesamten Zeitraum in H. aufgehalten. Zumindest im Zeitraum 11. September bis 31. Oktober 2015 war der Ort des tatsächlichen Aufenthalts nicht die Stadt H. In diesem Zeitraum hat die Antragstellerin in K. gewohnt und gearbeitet. Die Arbeitszeiten in der Reinigungsfirma ließen einen regelmäßigen Aufenthalt in H. nicht zu. Die Kinder lebten jedoch den gesamten Zeitraum in H. Inwiefern sich die Antragstellerin tatsächlich jedes Wochenende bzw. jedes zweite Wochenende in H. aufgehalten hat, muss den Ermittlungen im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Sie ist nach Aktenlage jedenfalls regelmäßig in ihre Wohnung in H. zu ihren Kindern zurückgekehrt. Der Lebensmittelpunkt lag somit in H. Mittlerweile lebt die Antragstellerin nach Aktenlage zumindest seit November 2015 dauerhaft in H.

43

Als Bedarf ist bei der Antragstellerin zu 1) der Regelsatz für Alleinstehende zuzüglich des Alleinerziehungszuschlags nach § 21 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen. Die Antragsteller haben einen Sozialgeldbedarf nach § 23 SGB II. Bedarfe für Unterkunft und Heizung sind in tatsächlicher Höhe kopfanteilig zu berücksichtigen. Einkünfte sind nach §§11ff. SGB II auf den Bedarf anzurechnen. Das Kindergeld ist jeweils bei den Kindern und die Einkünfte der Antragstellerin zu 1) entsprechend der Bedarfsanteile am Gesamtbedarf bei allen drei Familienmitgliedern anzurechnen. Die sich danach ergebenden Leistungsansprüche für Unterkunft und Heizung stehen aufgrund der erteilten Abtretungserklärung der Vermieterin zu und im Übrigen den Antragstellern.

44

Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsgrund geltend gemacht. Sie konnten ihren Lebensunterhalt seit August 2015 nur unzureichend sichern. Es bestehen bereits Mietschulden, die zum Verlust der Wohnung führen können.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

46

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).


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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 21 Mehrbedarfe


(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. (2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 938 Inhalt der einstweiligen Verfügung


(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. (2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verbo

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7a Altersgrenze


Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben: für de

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 39 Zustimmung zur Beschäftigung


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung setzt die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit voraus, es sei denn, die Zustimmung ist kraft Gesetzes, auf Grund der Beschäftigungsverordnung oder Bestimmung in einer zwisc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 926 Anordnung der Klageerhebung


(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe. (2) Wird dieser Anordnu

Zivilprozessordnung - ZPO | § 945 Schadensersatzpflicht


Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung er

Zivilprozessordnung - ZPO | § 928 Vollziehung des Arrestes


Auf die Vollziehung des Arrestes sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 921 Entscheidung über das Arrestgesuch


Das Gericht kann, auch wenn der Anspruch oder der Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht ist, den Arrest anordnen, sofern wegen der dem Gegner drohenden Nachteile Sicherheit geleistet wird. Es kann die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 923 Abwendungsbefugnis


In dem Arrestbefehl ist ein Geldbetrag festzustellen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 36 Örtliche Zuständigkeit


(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 939 Aufhebung gegen Sicherheitsleistung


Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

Referenzen - Urteile

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 21. Jan. 2016 - L 2 AS 624/15 B ER zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 21. Jan. 2016 - L 2 AS 624/15 B ER zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 03. Dez. 2015 - B 4 AS 43/15 R

bei uns veröffentlicht am 03.12.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozi

Bundessozialgericht Urteil, 30. Jan. 2013 - B 4 AS 54/12 R

bei uns veröffentlicht am 30.01.2013

Tenor Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. März 2011 sowie der Bescheid der

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Das Gericht kann, auch wenn der Anspruch oder der Arrestgrund nicht glaubhaft gemacht ist, den Arrest anordnen, sofern wegen der dem Gegner drohenden Nachteile Sicherheit geleistet wird. Es kann die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, selbst wenn der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft gemacht sind.

In dem Arrestbefehl ist ein Geldbetrag festzustellen, durch dessen Hinterlegung die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Schuldner zu dem Antrag auf Aufhebung des vollzogenen Arrestes berechtigt wird.

(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe.

(2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

Nur unter besonderen Umständen kann die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheitsleistung gestattet werden.

Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Beschäftigung setzt die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit voraus, es sei denn, die Zustimmung ist kraft Gesetzes, auf Grund der Beschäftigungsverordnung oder Bestimmung in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht erforderlich. Die Zustimmung kann erteilt werden, wenn dies durch ein Gesetz, die Beschäftigungsverordnung oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist.

(2) Die Bundesagentur für Arbeit kann der Ausübung einer Beschäftigung durch eine Fachkraft gemäß den §§ 18a oder 18b zustimmen, wenn

1.
sie nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird,
2.
sie
a)
gemäß § 18a oder § 18b Absatz 1 eine Beschäftigung als Fachkraft ausüben wird, zu der ihre Qualifikation sie befähigt, oder
b)
gemäß § 18b Absatz 2 Satz 2 eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung ausüben wird,
3.
ein inländisches Beschäftigungsverhältnis vorliegt und,
4.
sofern die Beschäftigungsverordnung nähere Voraussetzungen in Bezug auf die Ausübung der Beschäftigung vorsieht, diese vorliegen.
Die Zustimmung wird ohne Vorrangprüfung im Sinne des Absatzes 3 Nummer 3 erteilt, es sei denn, in der Beschäftigungsverordnung ist etwas anderes bestimmt.

(3) Die Bundesagentur für Arbeit kann der Ausübung einer Beschäftigung durch einen Ausländer unabhängig von einer Qualifikation als Fachkraft zustimmen, wenn

1.
der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird,
2.
die in den §§ 19, 19b, 19c Absatz 3 oder § 19d Absatz 1 Nummer 1 oder durch die Beschäftigungsverordnung geregelten Voraussetzungen für die Zustimmung in Bezug auf die Ausübung der Beschäftigung vorliegen und
3.
für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind, oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung), soweit diese Prüfung durch die Beschäftigungsverordnung oder Gesetz vorgesehen ist.

(4) Für die Erteilung der Zustimmung hat der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit Auskunft über Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten und sonstige Arbeitsbedingungen zu erteilen. Auf Aufforderung durch die Bundesagentur für Arbeit hat ein Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigt oder beschäftigt hat, eine Auskunft nach Satz 1 innerhalb eines Monats zu erteilen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten auch, wenn bei Aufenthalten zu anderen Zwecken nach den Abschnitten 3, 5 oder 7 eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung einer Beschäftigung erforderlich ist.

(6) Absatz 3 gilt für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis zum Zweck der Saisonbeschäftigung entsprechend. Im Übrigen sind die für die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit geltenden Rechtsvorschriften auf die Arbeitserlaubnis anzuwenden, soweit durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist. Die Bundesagentur für Arbeit kann für die Zustimmung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Saisonbeschäftigung und für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis zum Zweck der Saisonbeschäftigung am Bedarf orientierte Zulassungszahlen festlegen.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. März 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2010 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 6. Juli 2010 bis 4. Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 6.7.2010 bis 4.10.2010.

2

Die 1988 geborene Klägerin bulgarischer Staatsangehörigkeit reiste am 28.7.2009 mit einem bulgarischen Reisepass über den Grenzübergang Gradina (Bulgarien) aus und zu einem späteren, nicht exakt bekannten Zeitpunkt in die Bundesrepublik ein. Einwohnermelderechtlich wurde sie erstmals am 8.4.2010 "aus Bulgarien kommend" in Stuttgart erfasst. In der Zeit vor dem 8.4.2010 verfügte sie nicht über eine Arbeitserlaubnis und war nicht als Beschäftigte (bei einer Einzugsstelle oder der Minijobzentrale) gemeldet. Die Klägerin war seit Januar 2010 schwanger und wurde am 27.10.2010 von einem Mädchen entbunden. Am 6.7.2010 beantragte sie bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei Antragstellung gab sie an, Vater des erwarteten Kindes sei ihr Lebensgefährte. Zu diesem Zeitpunkt hatte dieser als griechischer Staatsangehöriger einen mehr als achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland zurückgelegt. Die Klägerin wies durch eine Urkunde des Jugendamts vom 20.7.2010 die Anerkennung der Vaterschaft nach. Über eine von ihr am 21.7.2010 bei der BA beantragte Erteilung einer Arbeitsgenehmigung-EU ohne Bezug zu einer konkreten Beschäftigung wurde zunächst nicht entschieden.

3

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II ab (Bescheid vom 28.7.2010; Widerspruchsbescheid vom 10.8.2010). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3.3.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 16.5.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin verfüge über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Nach allen Erkenntnissen des Verfahrens habe sie bereits im Streitzeitraum beabsichtigt, in Deutschland zu bleiben. Ihr Aufenthalt sei auch in einer Weise verfestigt gewesen, dass von seiner Dauerhaftigkeit auszugehen sei. Die Anmietung einer Wohnung mit dem Lebensgefährten sei geplant gewesen. Das erwartete Kind habe von seiner Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben dürfen, weil sein Vater einen mehr als achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland zurückgelegt habe. Die Klägerin sei nicht aus Rechtsgründen iS von § 8 Abs 2 SGB II als erwerbsunfähig einzustufen gewesen. Auch ein Unionsbürger, der noch nicht die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit genieße, sondern einer Arbeitserlaubnis bedürfe, sei zumindest dann erwerbsfähig iS von § 8 SGB II, wenn der Erlaubnisvorbehalt allein aus Nachrangigkeitsgründen bestehe und daher zumindest eine Arbeitserlaubnis-EU erteilt werden könne. Dies sei bei der Klägerin der Fall.

4

Der Leistungsanspruch sei jedoch nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ausgeschlossen, weil die Klägerin im streitigen Zeitraum allenfalls aus Gründen der Arbeitsuche aufenthaltsberechtigt gewesen sei. Andere Aufenthaltsgründe lägen nicht vor. Insbesondere sei die Klägerin in Deutschland nicht als oder wie eine Arbeitnehmerin beschäftigt gewesen. Im Hinblick auf ihr Kind habe die Klägerin kein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige erwerben können, weil sie erst ab Geburt des Kindes "Verwandte" iS von § 3 Abs 2 Nr 1 FreizügG/EU gewesen sei. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 4 iVm Art 70 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 liege nicht vor. Dieses trete hinter die Regelung in Art 24 Abs 2 der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) zurück. Zur Sozialhilfe iS des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG zählten auch die Regelleistung und die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach den §§ 20, 22 SGB II sowie - im Fall der Klägerin - die Mehrbedarfsleistungen für Schwangere. Diesen Leistungen fehle der spezifische Bezug zum Arbeitsmarkt, der einen Vorrang der VO (EG) Nr 883/2004 gegenüber der FreizügRL begründe. § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II iVm Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG sei als speziellere Regelung anwendbar. Auch ein Verstoß des § 7 Abs 1 S 2 SGB II gegen die Regelungen des EFA sei nicht ersichtlich, weil Bulgarien nicht Signatarstaat sei.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das Berufungsurteil trage dem Schutz des ungeborenen Lebens nicht ausreichend Rechnung. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu den aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen der bevorstehenden Vaterschaft eines bereits im Bundesgebiet lebenden Ausländers hinsichtlich seines ungeborenen Kindes sei übertragbar. Dies folge aus dem Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG und der aus Art 2 Abs 2 S 1 und Art 1 Abs 1 GG abzuleitenden Schutzpflicht für die Gesundheit der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes. Es sei dem Vater zu ermöglichen, den in § 1615f BGB festgelegten Unterhalt als Naturalunterhalt zu erbringen. Dass der Unionsgesetzgeber eine solche Situation nicht vorhergesehen habe, führe allenfalls dazu, dass sich das Aufenthaltsrecht nicht aus dem Sekundär- sondern dem Primärrecht ergebe. Die werdende Mutter habe in der Zeit der Schwangerschaft einen aufenthaltsrechtlich geschützten Anspruch auf Beistand durch den "werdenden" Vater. Leistungsansprüche im Rahmen der sozialen Koordinierung seien durch die Unionsbürger-Richtlinie nicht ausgeschlossen, weil der EuGH soziale Ansprüche aus dem Freizügigkeitsregime und aus den Regelungen über die sozialrechtliche Koordinierung als konkurrierende behandele.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Stuttgart vom 3. März 2011 und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 28. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2010 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 6. Juli 2010 bis 4. Oktober 2010 zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Die Klägerin könne über die Schwangerschaft keine Eigenschaft als Familienangehörige konstruieren. Zwar stünden sich - vor Erklärung des Vorbehalts der Bundesregierung - aus Rumänien und Bulgarien stammende EU-Bürger bei Leistungen nach dem SGB II schlechter als Ausländer, die gleichzeitig EFA-Staatsangehörige seien. Dieses unterschiedliche Ergebnis verstoße jedoch nicht gegen Unionsrecht, weil es durch die (befristet) eingeschränkte Freizügigkeit bulgarischer Staatsangehöriger gerechtfertigt sei, die insoweit auch das ansonsten unionsrechtlich geltende Diskriminierungsverbot einschränke.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Die Vorinstanzen und der Beklagte haben einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu Unrecht verneint.

10

1. Streitgegenstand sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die der Beklagte mit Bescheid vom 28.7.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2010 abgelehnt hat. Die Klägerin hat den streitigen Zeitraum ausdrücklich auf die Zeit vom 6.7.2010 bis 4.10.2010 beschränkt.

11

2. Die Klägerin erfüllte im streitigen Zeitraum sämtliche Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 SGB II und war auch nicht nach § 7 Abs 1 S 2 SGB II von den SGB II-Leistungen ausgeschlossen.

12

Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Klägerin bewegte sich innerhalb der Altersgrenzen des § 7 Abs 1 Nr 1 SGB II und war nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG(§ 163 SGG) hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II.

13

3. Die Klägerin war auch erwerbsfähig iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II iVm § 8 SGB II. Nach § 8 Abs 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf (nicht) absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. IS von § 8 Abs 1 SGB II können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte(§ 8 Abs 2 SGB II) .

14

Nach den Feststellungen des LSG standen körperliche Gründe iS von § 8 Abs 1 SGB II einer Erwerbsfähigkeit nicht entgegen. Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht iS von § 8 Abs 2 SGB II als erwerbsunfähig anzusehen war. Zwar bleibt für EU-Bürger der zum 1.1.2007 beigetretenen Staaten Bulgarien und Rumänien (vgl Vertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumänien zur Europäischen Union vom 25.4.2005 ) die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 AEUV) für eine Übergangsfrist von sieben Jahren bis zum 31.12.2013 in der Weise beschränkt, dass die bestehenden nationalen Regelungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für ausländische Staatsangehörige auch für diese neuen EU-Bürger beibehalten wurden. Staatsangehörige dieser Länder können sich nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU als Art 2 des ZuwanderungsG vom 30.7.2004 ; vgl § 1 Abs 2 Nr 1 AufenthG) grundsätzlich frei innerhalb der EU bewegen, benötigen zur Beschäftigungsaufnahme in Deutschland in der Übergangszeit aber weiterhin eine Arbeitsgenehmigung-EU (§ 284 Abs 1 S 2 SGB III idF des Gesetzes vom 7.12.2006, BGBl I 2814).

15

Die Klägerin war nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung. Es ist jedoch ausreichend, dass ihr vorbehaltlich der Vorlage eines konkreten, überprüfbaren Stellenangebots eines künftigen Arbeitgebers im streitigen Zeitraum die Aufnahme einer Beschäftigung hätte erlaubt werden können. Soweit das SG eine Erwerbsfähigkeit ohne weitere Ermittlungen mit der Begründung verneint hat, dass keine konkrete und realisierbare Möglichkeit zur Erteilung einer Arbeitsgenehmigung/EU bestanden habe, unterstellt es zu Unrecht, dass in jedem Einzelfall eine konkret-rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme geprüft werden muss. Für die Annahme, dass eine Beschäftigung iS des § 8 Abs 2 SGB II erlaubt ist oder erlaubt werden könnte, reicht es jedoch aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung zur Beschäftigungsaufnahme durch die BA erlaubt sein könnte, auch wenn dies bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber(§ 39 Abs 2 AufenthG) verhindert wird. Unabhängig hiervon ist Unionsbürgern, also auch Rumänen und Bulgaren, Vorrang gegenüber Drittstaatsangehörigen einzuräumen ("Gemeinschaftsprivileg" HK-AuslR/Clodius, 1. Aufl 2008, Anhang zum FreizügG/§ 284 SGB III RdNr 19). Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich nunmehr auch aus dem mit Wirkung zum 1.4.2011 (BGBl I 453) eingefügten § 8 Abs 2 S 2 SGB II. Dieser bestimmt, dass die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ausreichend ist(BT-Drucks 15/1749 S 31 "Klarstellung"; BT-Drucks 15/1516 S 52).

16

Einen solchen - gegenüber deutschen Staatsangehörigen und uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern - nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt hatte die Klägerin im streitigen Zeitraum, weil ihr eine Arbeitsgenehmigung/EU nach § 284 Abs 3 SGB III iVm § 39 Abs 2 Nr 1 AufenthG, etwa für eine Tätigkeit als Hilfskraft(vgl hierzu auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 13 RdNr 44), hätte erteilt werden können. Staatsangehörige aus den neuen EU-Beitrittsländern, die - wie die Klägerin - seit längerer Zeit in Deutschland wohnen, sind nicht als "Neueinreisende" iS von § 284 Abs 4 SGB III (mit "Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland") anzusehen, für die weitergehende Beschränkungen gelten(Dienelt aaO).

17

4. Die Klägerin verfügte im streitigen Zeitraum auch über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II.

18

Nach § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II iVm § 30 Abs 3 S 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Diese Definition gilt für alle Sozialleistungsbereiche des Sozialgesetzbuchs, soweit sich nicht aus seinen besonderen Teilen etwas anderes ergibt (§ 37 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen im streitigen Zeitraum zu beurteilen (BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 5 S 8). Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Mit einem Abstellen auf den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik soll - auch im Sinne einer Missbrauchsabwehr - ausgeschlossen werden, dass ein Wohnsitz zur Erlangung von Sozialleistungen im Wesentlichen nur formal begründet, dieser jedoch tatsächlich weder genutzt noch beibehalten werden soll (Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 30 RdNr 24 mit Verweis auf BT-Drucks 7/3786 S 5 zu § 30; zur Begründung eines Wohnsitzes "nach den faktischen Verhältnissen" iS von Art 1 lit j VO (EG) 883/2004 unter Einbeziehung der Definition in Art 11 VO (EG) Nr 987/2009 und Abgrenzung zur "legal residence in Directive 2004/38" Frings, Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr 883/2004 in ZAR, 2012, 317 ff, 322).

19

Jedenfalls für den Bereich des SGB II läuft es der Vereinheitlichung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts zuwider, wenn unter Berufung auf eine sog Einfärbungslehre vor allem des früheren 4. Senats des BSG (vgl hierzu BSG SozR 3-1200 § 30 Nr 21 S 45 ff; ähnlich BSG SozR 3-2600 § 56 Nr 7 S 31 ff; anders für die Familienversicherung nach § 10 SGB V: BSGE 80, 209 ff, 211 f = BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 12 S 52 f) dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmende Tatbestandsmerkmale im Sinne von rechtlichen Erfordernissen zum Aufenthaltsstatus aufgestellt werden (vgl Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 30 RdNr 26, 50 ff)und damit einzelnen Personengruppen der Zugang zu existenzsichernden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts versperrt wird. Zudem hat der Gesetzgeber diese Rechtsprechung nur in Teilbereichen, etwa beim Kinder-, Erziehungs- und Elterngeld, aufgegriffen und einen Anspruch von einem definierten Aufenthaltsstatus abhängig gemacht (vgl zB § 1 Abs 7 BEEG; § 1 Abs 6 BErzGG idF bis zum 31.12.2006; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Differenzierungskriterien: BVerfGE 111, 176 ff = SozR 4-7833 § 1 Nr 4). Ein diesen Regelungen entsprechendes, also zu dem gewöhnlichen Aufenthalt hinzutretendes Anspruchsmerkmal im Sinne des Innehabens einer bestimmten Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU bzw eines bestimmten Aufenthaltstitels nach dem AufenthG fehlt im SGB II. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II in einer anderen Regelungssystematik ein Ausschlusskriterium von SGB II-Leistungen nur für diejenigen Ausländer vorgesehen, deren "Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt".

20

Unabhängig hiervon liegt eine fehlende Dauerhaftigkeit des Aufenthalts im Sinne einer nicht vorhandenen Zukunftsoffenheit bei Unionsbürgern regelmäßig nicht vor, weil ihr Aufenthalt nicht nach einer bereits vorliegenden Entscheidung der dafür allein zuständigen Ausländerbehörde auflösend befristet oder auflösend bedingt ist. Zwar verfügte die Klägerin - anders als in den vom 14. Senat des BSG entschiedenen Fallgestaltungen (BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21 RdNr 13; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17) -offenbar (Feststellungen des LSG hierzu fehlen) nicht über eine Freizügigkeitsbescheinigung (§ 5 FreizügG/EU; entfallen durch Art 1 des Gesetzes zur Änderung des FreizügigkeitsG/EU und weitere aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21.1.2013 ). Einer solchen Bescheinigung kommt aber lediglich deklaratorische Bedeutung zu, weil sich das Freizügigkeitsrecht unmittelbar aus Gemeinschaftsrecht ergibt (BT-Drucks 15/420 S 101; BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 17; BVerwGE 110, 40, 53: subjektiv-öffentliches Unionsbürgerrecht unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme). Auch bei Staatsangehörigen aus den neuen Mitgliedstaaten kann der Aufenthalt während der Übergangsphase nur unter den Voraussetzungen der §§ 5 Abs 5, 6 und 7 FreizügG/EU wegen des Wegfalls, des Verlustes oder des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts, also nach Durchführung eines Verwaltungsverfahren, beendet werden(Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 2. Aufl 2011, § 13 RdNr 57, 61; OVG Bremen Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4). Das Aufenthaltsrecht besteht, solange der Aufnahmemitgliedstaat nicht durch einen nationalen Rechtsakt festgestellt hat, dass der Unionsbürger bestimmte vorbehaltene Bedingungen iS des Art 21 AEUV nicht erfüllt (Harms in Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 1. Aufl 2008, § 2 FreizügG RdNr 4 mwN).

21

Auch § 13 FreizügG/EU steht der Vermutung einer Freizügigkeit nicht entgegen. Danach findet, soweit ua nach Maßgabe des Vertrags vom 25.4.2005 über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (BGBl II 1146) abweichende Regelungen anwendbar sind, das FreizügG/EU Anwendung, wenn die Beschäftigung durch die BA gemäß § 284 Abs 1 SGB III genehmigt wurde. Trotz des unklaren Wortlauts des § 13 FreizügG/EU schränkt der Umstand, dass die Beitrittsverträge nationale Übergangsmaßnahmen im Hinblick auf den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt innerhalb eines längstens sieben Jahre dauernden Zeitraums durch die Mitgliedstaaten zulassen, nicht grundsätzlich das Freizügigkeitsrecht der neuen Unionsbürger ein(OVG Hamburg Beschluss vom 21.1.2011 - 1 B 242/10, juris-RdNr 4; HK-AuslR/Geyer, 1. Aufl 2008, § 13 FreizügG RdNr 2).

22

5. Der Anspruch auf SGB II-Leistungen ist auch nicht nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II ausgeschlossen. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind danach ua Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr 1) und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen (Nr 2). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) greift der Anspruchsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II schon deshalb nicht, weil die Klägerin unmittelbar nach Verlassen Bulgariens Ende Juli 2009 nach Deutschland eingereist ist und sich seitdem im Bundesgebiet aufgehalten hat, bevor sie im April 2010 einwohnermelderechtlich erfasst wurde.

23

6. a) Auch § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II schließt einen Anspruch der Klägerin nicht aus, weil sich ihr Aufenthaltsrecht im streitigen Zeitraum nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergab. Die Ausschlussregelung erfordert - zur Umsetzung des Willens des Gesetzgebers bei Unionsbürgern regelmäßig eine "fiktive Prüfung" des Grundes bzw der Gründe ihrer Aufenthaltsberechtigung. Bereits das Vorhandensein der Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts aus einem anderen Grund als dem Zweck der Arbeitsuche hindert die von der Rechtsprechung des BSG geforderte positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil sich aus der bevorstehenden Geburt des Kindes der Klägerin ein anderes Aufenthaltsrecht ergeben konnte.

24

b) Unbesehen des subjektiv-öffentlichen Unionsbürgerrechts nach der RL 2004/38/EG und dem deutschen FreizügG/EU erfordert eine dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Anwendung des Ausschlusstatbestandes des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II eine "fiktive Prüfung", ob - im Falle von Unionsbürgern - ein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitsuche bestand oder daneben auch andere Aufenthaltszwecke den Aufenthalt des Unionsbürgers im Inland rechtfertigen konnten. Dies ergibt sich aus der für die Auslegung der Vorschrift wesentlichen Entstehungsgeschichte der Ausschlussregelung.

25

Den Gesetzesmaterialien zu § 7 Abs 1 S 2 SGB II ist zu entnehmen, dass von der "Option" des Art 24 Abs 2 iVm Art 14 Abs 4 der RL 2004/38/EG auch im Bereich des SGB II Gebrauch gemacht werden sollte(BT-Drucks 16/5065 S 234; siehe auch BT-Drucks 16/688 S 13). Trotz des Kontextes, in welchem die Regelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II erlassen wurde, nämlich der Erweiterung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern zu einer allgemeinen Freizügigkeit für alle Unionsbürger durch die RL 2004/38/EG, wollte der bundesdeutsche Gesetzgeber neben den von Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG unstreitig erfassten Sozialhilfeleistungen auch SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausschließen. Deren Einordnung als Sozialhilfeleistungen iS von Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG ist allerdings fraglich. Die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entsprechend ihrer Aufnahme in den Anhang der VO (EG) Nr 883/2004 als "besondere beitragsunabhängige Geldleistungen" nach Art 4 iVm Art 70 VO (EG) Nr 883/2004, nicht jedoch als Leistungen der "sozialen Fürsorge" iS von Art 3 Abs 5a) VO (EG) Nr 883/2004 angesehen. Sie haben darauf hingewiesen, dass durch das Erfordernis der Erwerbsfähigkeit ein Bezug zu den Leistungen bei Arbeitslosigkeit bestehe (BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21 RdNr 29; BSGE 107, 206 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 22 RdNr 20 f; vgl auch EuGH Urteil vom 4.9.2009 - Rs C-22/08 - SozR 4-6035 Art 39 Nr 5, RdNr 43; siehe aber auch BVerwG Urteil vom 31.5.2012 - 10 C 8/12 juris RdNr 25 mwN, zur Einordnung von SGB II-Leistungen als aufenthaltsrechtlich schädliche Sozialhilfeleistungen iS des Art 7 Abs 1 Buchst b der RL 2004/38/EG, wobei dies "nicht zwingend deckungsgleich" mit dem in Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG genannten Begriff der Sozialhilfe sein müsse; kritisch hierzu Breidenbach in ZAR 2011, 235 ff).

26

Ungeachtet der insofern bestehenden Zweifel an der europarechtlichen Zulässigkeit des nicht nach dem Grad der Verbindung des arbeitsuchenden Unionsbürgers zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaats und seinem beruflich möglichen Zugang zum Arbeitsmarkt differenzierenden sowie zeitlich unbefristeten Ausschlusses der arbeitsuchenden Unionsbürger von SGB II-Leistungen ist § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II als Ausschlussregelung von existenzsichernden Sozialleistungen jedenfalls eng auszulegen. Auch aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv feststellt werden muss, dass dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland zusteht (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 28).

27

c) Jedenfalls nicht erfasst von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II werden Unionsbürger, bei denen die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU oder ggf dem begrenzt subsidiär anwendbaren AufenthG (siehe hierzu unten) aus anderen Gründen als dem Zweck der Arbeitsuche vorliegen. Insofern ist der Regelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II immanent, dass der Ausschluss nur Unionsbürger trifft, die sich ausschließlich und ggf schon vor einer Meldung beim Jobcenter auch eigeninitiativ um eine Beschäftigung bemüht haben, nicht jedoch diejenigen erfasst, die sich auch auf ein anderes Aufenthaltsrecht berufen können.

28

Da Unionsbürger für die Einreise keines Visums und für den Aufenthalt keines Aufenthaltstitels (§ 2 Abs 4 S 1 FreizügG/EU) bedürfen, kann bei ihnen der ausländerrechtlich anerkannte Aufenthaltszweck nicht unmittelbar einem entsprechenden Dokument mit möglicher Tatbestandswirkung für das SGB II entnommen werden. Vor dem Hintergrund einer - bis zur Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts einer Freizügigkeitsberechtigung - bestehenden Freizügigkeitsvermutung von Unionsbürgern und der bereits damit verbundenen Vermutung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (vgl Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 12 RdNr 34) kann bei dieser Personengruppe nicht darauf abgestellt werden, ob das Aufenthaltsrecht in einem Aufenthaltstitel dokumentiert ist. Zwar kann ein in einer ggf bis zum 28.1.2013 deklaratorisch erteilten Bescheinigung gemäß § 5 Abs 1 FreizügG/EU (aF) angegebener Aufenthaltszweck ein wesentliches Indiz für den Aufenthaltsgrund sein. Unionsbürger sind jedoch nicht verpflichtet, die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthalts durch eine entsprechende Bescheinigung nachzuweisen (BVerwG Urteil vom 16.11.2010 - 1 C 17/09, BVerwGE 138, 122 ff). Entscheidend ist das Vorliegen der Voraussetzungen für ein weiteres Aufenthaltsrecht. Auch soweit der Aufenthalt aus einem anderen materiell bestehenden Aufenthaltsrecht als dem Zweck der Arbeitsuche nicht beendet werden könnte, hindert dies sozialrechtlich die positive Feststellung eines "Aufenthaltsrechts allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II.

29

Seine Feststellung, die Klägerin sei im streitigen Zeitraum "ab dem 6.7.2010 in Deutschland allenfalls aus Gründen der Arbeitsuche aufenthaltsberechtigt", hat das Berufungsgericht vorrangig damit begründet, dass ein Aufenthaltsrecht wegen einer fortwirkenden Arbeitnehmereigenschaft nicht bestanden habe (vgl zu dem hierfür regelmäßig angenommen Zeitraum von sechs Monaten: § 2 Abs 3 S 1 Nr 2 iVm § 2 Abs 3 S 2 FreizügG/EU; EuGH Urteil vom 4.6.2009 - C-22/08, C-23/08 - SozR 4-6035 Art 39 Nr 5, RdNr 32; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 18). Ob sich die Klägerin bis zum Beginn des streitigen Zeitraums auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche berufen konnte, hat das LSG nicht erörtert. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein arbeitsuchender EU-Bürger solange freizügigkeitsberechtigt, wie er mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, wobei das Gemeinschaftsrecht die Länge des angemessenen Zeitraums nicht regelt. Allerdings ist es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, dem Angehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der zum Zweck der Stellensuche in sein Gebiet eingereist ist, auszuweisen, wenn dieser nach sechs Monaten keine Stelle gefunden hat, sofern der Betroffene nicht nachweist, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (EuGH Urteil vom 26.2.1991 - C-292/89 ; so auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 2 FreizügG/EU RdNr 56).

30

Auch wenn die Klägerin wegen des im streitigen Zeitraum hinzutretenden SGB II-Antrags und der damit verbundenen Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen und aktiv an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 Abs 1 S 1 und 2 SGB II), als Arbeitsuchende anzusehen ist, hindert dies nicht die Annahme eines Aufenthaltsrechts auch aus einem anderen Aufenthaltsgrund (vgl zum zulässigen Wechsel der Aufenthaltszwecke während des Aufenthalts: HK-AuslR/Geyer, 2008, § 5 FreizügG/EU RdNr 3). Auch der Verlust des Freizügigkeitsrechts kann erst festgestellt werden, wenn die Freizügigkeitsberechtigung nicht aus anderen Gründen besteht (Huber, AufenthaltsG, 2010, § 5 FreizügG/EU RdNr 15). Ein solches bereits vor SGB II-Antragstellung hinzugetretenes weiteres Aufenthaltsrecht der Klägerin im Bundesgebiet liegt hier vor.

31

d) Die Klägerin konnte sich nach den besonderen Einzelfallumständen in dem hier streitigen Zeitraum wegen der zu erwartenden Geburt des Kindes auch auf ein anderes Aufenthaltsrecht iS des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II berufen.

32

§ 11 Abs 1 S 5 FreizügG/EU in der bis zum 30.6.2011 geltenden Fassung vom 19.8.2007 (BGBl I 1970) bestimmt, dass das - grundsätzlich nur noch für Drittstaatsangehörige geltende - AufenthG weiterhin auch auf Unionsbürger Anwendung findet, wenn es eine günstigere Regelung vermittelt als das FreizügG/EU. Bei dem anzustellenden Günstigkeitsvergleich ist keine abstrakt wertende Betrachtung in Bezug auf die gesamte Rechtsstellung anzustellen. Vielmehr knüpft der Vergleich iS einer den konkreten Einzelfall in den Blick nehmenden Betrachtung an einzelne Merkmale an (Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 11 RdNr 28).

33

Nach dem insoweit anwendbaren § 7 Abs 1 S 3 AufenthG kann - unabhängig von der ansonsten geforderten Bindung der Aufenthaltserlaubnis an konkrete, im AufenthG genannte Aufenthaltszwecke(§ 7 Abs 1 S 2 AufenthG) - in begründeten Fällen im Wege einer Ermessensentscheidung eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht genannten Aufenthaltszweck erteilt werden. Allerdings ist das LSG zu Recht davon ausgegangen, dass eheähnlich zusammenlebende heterosexuelle Paare weder aus dem Auffangtatbestand des § 7 Abs 1 S 3 AufenthG noch aus dem europäischem Recht ein Aufenthaltsrecht zur Familienzusammenführung ableiten können, weil der Familiennachzug in § 3 FreizügG/EU und den §§ 27 ff AufenthG abschließend geregelt ist. Da nichteheliche Lebensgemeinschaften von den ausdrücklichen Regelungen gerade nicht erfasst sind, ist die Anwendung von § 7 Abs 1 S 3 AufenthG grundsätzlich gesperrt(vgl BVerwG Urteil vom 27.2.1996 - 1 C 41/93 - BVerwGE 100, 287 ff; Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 7 AufentG RdNr 20).

34

Die - hier im Rahmen der Ausschlussklausel des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II - bei Unionsbürgern nur zu prüfenden Voraussetzungen eines anderen Aufenthaltsrechts sind aber wegen der bevorstehenden Geburt des Kindes gegeben. Insofern handelt es sich um ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen, das aus dem Zusammenleben der Partner mit einem gemeinsamen Kind oder dem Kind eines Partners folgt. Diese Personengruppen bilden jeweils eine Familie iS des Art 6 GG und der §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1, 29 und 32 AufenthG und können sich auch auf den Schutz aus Art 8 der Konvention des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten(MRK) berufen (vgl auch Dienelt in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl 2011, § 7 AufenthG RdNr 20).

35

Eine solche Konstellation, die einen anderen Aufenthaltszweck als denjenigen der Arbeitsuche vermitteln kann, kann auch in einer bevorstehenden Familiengründung liegen. Insofern wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum AufenthG angenommen, dass der bevorstehenden Geburt eines Kindes aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen für den Aufenthaltsstatus eines Elternteils zukommen können. Die anstehende Vaterschaft eines bereits im Bundesgebiet lebenden Ausländers hinsichtlich des ungeborenen Kindes einer deutschen, aber auch ausländischen Staatsangehörigen kann aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen im Sinne eines Abschiebungshindernisses begründen, wenn entweder der Schutz der Familie nach Art 6 Abs 1 GG und die aus Art 2 Abs 2 S 1 und Art 1 Abs 1 GG abzuleitende Schutzpflicht für die Gesundheit der werdenden Mutter und des Kindes dies gebieten, oder wenn beide Elternteile bereits in Verhältnissen leben, welche eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung sicher erwarten lassen und eine (vorübergehende) Ausreise zur Durchführung eines Sichtvermerkverfahrens nicht zumutbar ist. Dies gilt zumindest mit der Vaterschaftsanerkennung und der Zustimmung der Mutter (§§ 1592 Nr 2, 1595 Abs 1 BGB) sowie einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung (OVG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.2.2012 - 2 S 94.11, 2 M 70.2 M 70.11 - RdNr 3 ff; Sächsisches OVG Beschluss vom 2.10.2009 - 3 B 482/09 - InfAuslR 2010, 27 ff: vgl auch VG Dresden Beschluss vom 11.6.2008 - 3 L 279/08 - RdNr 10 zum Abschiebungsschutz für eine werdende ausländische Mutter). Insofern tritt die staatliche Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 GG iVm Abs 2 GG ein (OVG Hamburg Beschluss vom 14.8.2008 - 4 Bs 84/08 - InfAuslR 2009, 16 ff). Von der Schutzpflicht des Staates aus Art 6 GG ist insbesondere die Rechtsposition des Kindes sowie dessen Anspruch auf Ermöglichung bzw Aufrechterhaltung eines familiären Bezugs zu beiden Elternteilen von Geburt an betroffen (BVerfG FamRZ 2006, 187 ff; BVerfG NVwZ 2006, 682, 683 zum Familienschutz; BVerfGE 80, 81 ff).

36

Diese aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen einer bevorstehenden Familiengründung bestanden auch im Falle der Klägerin. Es wäre ihr weniger als vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin nicht mehr zumutbar gewesen, sich von dem Vater des Kindes unter zumindest vorübergehender Aufgabe des familiären Zusammenhalts und mit dem Risiko einer zeitgerechten Rückkehr zur Geburt zu trennen. Auch in der hier vorliegenden Fallgestaltung soll verhindert werden, dass ein Kind in dem ersten Jahr nach seiner Geburt entgegen Art 6 Abs 1 GG von der Erziehungsleistung eines seiner Elternteile ausgeschlossen wird. Für die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen aus Art 6 GG und damit auch ihre Vorwirkungen ist dabei nicht vorrangig auf formal-rechtliche familiäre Bindungen, sondern auf die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern im Wege einer Einzelfallbetrachtung abzustellen (BVerfG FamRZ 2006, 187 ff, RdNr 18 mwN). Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin bereits bei Antragstellung angegeben, dass ihr Kind von dem Lebensgefährten sei, mit dem die Anmietung einer gemeinsamen Wohnung geplant sei. Es ergab sich daher schon für die Zeit vor der Anerkennung der Vaterschaft eine vorwirkende Schutzwirkung, die ein Aufenthaltsrecht der Klägerin wegen des bevorstehenden familiären Zusammenlebens begründen konnte.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer laufenden Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für Mai 2012.

2

Die Kläger sind schwedische Staatsangehörige. Die 1966 in Bosnien geborene Klägerin zu 1 reiste im Juni 2010 mit ihren Kindern, der im Mai 1994 geborenen Klägerin zu 2 sowie den in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Klägern zu 3 und 4, erneut in die Bundesrepublik ein. Die Klägerin zu 1, die im streitigen Zeitraum Kindergeld für die Kläger zu 2 bis 4 bezog, erhielt am 1.7.2010 eine Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU, diejenigen für die weiteren Kläger datieren vom 11.7.2011. Mit Ausnahme eines weiteren im Jahre 2005 in Schweden geborenen Kindes, für das wegen des Bezugs von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz SGB II-Leistungen nicht streitig sind, sind die Kinder (Kläger zu 2 bis 4) während eines vorangegangenen langjährigen Aufenthalts in Deutschland (B.) geboren.

3

Die erwerbsfähigen Klägerinnen zu 1 und 2 waren seit erneuter Einreise im Juni 2010 in kürzeren Beschäftigungen bzw Arbeitsgelegenheiten von weniger als einem Jahr tätig, jedoch nicht mehr in der Zeit ab Mai 2011. Im Übrigen bezogen die Kläger SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die der Beklagte zuletzt für die Zeit vom 1.12.2011 bis 31.5.2012 unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebots des Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) bewilligte (Bescheid vom 7.9.2011 idF der Änderungsbescheide vom 26.11.2011 und 9.12.2011).

4

Unter Hinweis auf den von der Bundesrepublik Deutschland im November 2011 erklärten Vorbehalt zum EFA hob der Beklagte die SGB II-Bewilligungen für den Monat Mai 2012 in vollem Umfang auf (Bescheid vom 2.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 29.6.2012). Das SG hat diese Bescheide aufgehoben (Urteil vom 19.12.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ua ausgeführt, die Kläger könnten auch im Mai 2012 SGB II-Leistungen beanspruchen, weil eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten sei. Zwar begründeten - bezogen auf die Klägerinnen zu 1 und 2 - "die Arbeitszeiten - für beide jeweils nicht mindestens sechs Monate seit Juni 2010 - kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht" und vermittele für beide "jeweils nach Beendigung der Beschäftigungen wieder ausschließlich die Arbeitsuche das Aufenthaltsrecht, so auch im Mai 2012". Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II greife jedoch nicht, weil Art 4 VO (EG) Nr 883/2004 jede Ungleichbehandlung von Unionsbürgern gegenüber den eigenen Staatsangehörigen bei den besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen untersage. Unabhängig hiervon werde die Ausschlussregelung weiterhin durch das speziellere Gleichbehandlungsgebot des Art 1 des EFA verdrängt.

5

Mit seiner Sprungrevision macht der Beklagte geltend, der Ausschluss von SGB II-Leistungen verstoße nicht gegen EU-Recht. Bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handele es sich um "Sozialhilfeleistungen" iS des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG, weshalb ein Leistungsausschluss für Arbeitsuchende möglich sei. § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II verstoße nicht gegen die VO (EG) Nr 883/2004. Auch das EFA stehe dem Leistungsausschluss nicht entgegen, weil der von der Bundesregierung erklärte Vorbehalt wirksam sei.

6

Mit Beschluss vom 12.12.2013 (B 4 AS 9/13 R) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH ua die Frage vorgelegt, ob - ggf in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 der VO (EG) Nr 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich seien, nach denen der Zugang zu besonderen beitragsunabhängigen Leistungen ausnahmslos nicht bestehe, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Hierzu hat der EuGH mit Urteil vom 15.9.2015 (Rs C-67/14 - SGb 2015, 638 ff) entschieden, dass Art 24 RL 2004/38/EG und Art 4 VO (EG) Nr 883/2004 dahin auszulegen seien, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstünden, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die sich in der von Art 14 Abs 4 Buchst b RL 2004/38/EG erfassten Situation befänden, vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" iS von Art 70 Abs 2 VO (EG) Nr 883/2004 ausgeschlossen würden, während Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befänden, diese Leistungen erhielten.

7

Der Beklagte beantragt weiterhin,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie beziehen sich ua auf die Ausführungen des Generalanwalts beim EuGH Wathelet (Schlussanträge vom 26.3.2015 in der Rs C-67/14) zu möglichen anderen Aufenthaltsrechten der Kläger.

Entscheidungsgründe

10

Die Sprungrevision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG (vgl § 170 Abs 4 SGG) begründet, weil die bisher getroffenen Feststellungen (§ 163 SGG) keine abschließende Entscheidung darüber zulassen, ob die Aufhebung der SGB II-Leistungsbewilligungen für den Monat Mai 2012 rechtmäßig war.

11

1. Die Revision des Beklagten ist zulässig. Gemäß § 161 Abs 1 S 1 SGG steht den Beteiligten die Sprungrevision zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und sie vom SG zugelassen worden ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Das SG hat die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz im Tenor des angefochtenen Urteils ausdrücklich zugelassen. Der Beklagte hat auch das Schriftformerfordernis des § 161 Abs 1 S 2 SGG erfüllt, weil er seiner Revisionsschrift die Zustimmung der Kläger zur Einlegung der Sprungrevision im Original beigefügt hat.

12

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 2.4.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.6.2012, soweit der Beklagte mit diesem die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Kläger zu 1 bis 4 für den Monat Mai 2012 aufgehoben hat. Hiergegen wenden sich diese zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 SGG).

13

3. a) Der Bescheid vom 2.4.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 29.6.2012 ist formell rechtmäßig. Vor Erlass des Aufhebungsbescheids sind die Kläger ordnungsgemäß angehört worden. Nach § 24 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies sind alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, dh auf die sich die Verwaltung auch gestützt hat (vgl nur Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - BSGE 113, 184 ff = SozR 4-1300 § 45 Nr 13, RdNr 15). Die Kläger haben sich jedenfalls in ihrer Widerspruchsbegründung konkret zu den Gründen für die beabsichtigte Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zukunft äußern können.

14

b) Der angefochtene Bescheid genügt auch den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Als materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung verlangt das Bestimmtheitserfordernis nach § 33 Abs 1 SGB X, dass der Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt vollständig, klar und in sich widerspruchsfrei ist. Dieses Erfordernis bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz der Entscheidung als auch auf den Adressaten des Verwaltungsaktes (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194 = SozR 4-4200 § 31 Nr 2, RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr 3 RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 ff = SozR 4-4200 § 38 Nr 2, RdNr 31). Zwar ist der Bescheid vom 2.4.2012 ausdrücklich nur an die Klägerin zu 1 gerichtet. Bereits der erste Satz der Begründung regelt jedoch erkennbar, dass auch die Bewilligungen für die Kinder der Klägerin, also die Kläger zu 2 bis 4, aufgehoben werden sollten. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Beklagte die von ihm aufgehobenen Bescheide ausdrücklich bezeichnet hat und diese auch SGB II-Leistungen an die weiteren Kläger beinhalteten (zum Rückgriff auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte vgl nur Urteil des Senats vom 28.3.2013 - B 4 AS 59/12 R - BSGE 113, 184 = SozR 4-1300 § 45 Nr 13, RdNr 16 mwN).

15

4. a) Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell rechtmäßig ist. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit den Bescheiden vom 7.9.2011, 26.11.2011 und 9.12.2011 bewilligten SGB II-Leistungen für den Monat Mai 2012 ist hier allein § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Zwar war die Bewilligung anfänglich rechtmäßig, sodass eine Rücknahme nach § 45 SGB X nicht in Betracht kam; eine wesentliche Änderung ist jedoch durch den von der Bundesregierung erklärten Vorbehalt zum EFA eingetreten.

16

b) Bei Erlass der Bewilligungsbescheide bestand ein Anspruch der Kläger auf SGB II-Leistungen. Das SG hat - für den Senat bindend - festgestellt, dass sämtliche Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten. Soweit das SG weiter angenommen hat, dass die Klägerinnen zu 1 und 2 im streitigen Monat Mai 2012 weiterhin als Arbeitsuchende iS von § 2 Abs 2 Nr 1 FreizügG/EU anzusehen waren(vgl zu den Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche: BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 34, RdNr 31 ff mwN; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 17 ff; BSG Urteil vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 26 mwN), stand der Leistungsausschluss des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II ihren Ansprüchen anfänglich schon deshalb nicht entgegen, weil er durch Art 1 EFA vom 11.12.1953 (BGBl II 1956, 564) verdrängt wurde.

17

c) Nach Art 1 des Abkommens, das ua die Bundesrepublik Deutschland und Schweden unterzeichnet haben, ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge (im Folgenden als "Fürsorge" bezeichnet) zu erbringen, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Das EFA ist durch das Zustimmungsgesetz vom 15.5.1956 (BGBl II 563) in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten begründendes Recht transformiert worden (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 24; BVerwG Urteil vom 18.5.2000 - 5 C 29/98 - BVerwGE 111, 200, 201). Als unmittelbar geltendes und spezielleres Bundesrecht schließt Art 1 EFA einen Leistungsausschluss für Staatsangehörige der Vertragsstaaten bei den von dem Abkommen erfassten Fürsorgeleistungen aus. Zu diesen Fürsorgeleistungen (vgl Begriffsbestimmung in Art 2 Abs a Nr i EFA) gehörte historisch die Sozialhilfe nach dem BSHG als "klassische" Fürsorgeleistung im Sozialleistungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einschränkung hinsichtlich der Gleichstellung ist nach Einführung des BSHG nur bezüglich der Leistungen nach § 30 BSHG (Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage) und nach § 72 BSHG (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) erfolgt(vgl Anhänge I und II zum EFA, Fassung ab 1.2.1991, BGBl II 686). Trotz der Neuordnungen im Recht der Existenzsicherung zum 1.1.2005 durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954 ff) und das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl I 3022), die auch das Außerkrafttreten des BSHG beinhalteten (vgl dessen Art 68), ist die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung zur Mitteilung geänderter bzw neuer Rechtsvorschriften im Bereich der Fürsorge nach Art 16 EFA nicht nachgekommen. Dies berücksichtigend hat der 14. Senats des BSG das Gleichbehandlungsgebot auch auf die zum 1.1.2005 neu geschaffenen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erstreckt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 32, 35).

18

5. a) Aufgrund des von der Bundesregierung zum EFA erklärten Vorbehalts ist jedoch eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X eingetreten. Zwar hielten sich die Klägerinnen zu 1 und 2 weiterhin "erlaubt" iS des Gleichbehandlungsgebots des Art 1 EFA im Bundesgebiet auf, weil sie weiterhin über eine Freizügigkeitsberechtigung als Arbeitsuchende verfügten (vgl zum "erlaubten Aufenthalt" iS des EFA Urteil des Senats vom 3.12.2015 - B 4 AS 59/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Einer weiteren Inländergleichbehandlung bezogen auf die hier allein streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II stand jedoch der von der Bundesregierung am 19.12.2011 erklärte Vorbehalt entgegen. Eine Verletzung von Vorschriften des EFA, die aufgrund seiner Umsetzung als Bundesrecht als revisibles Recht (§ 162 SGG) unmittelbar für die gesamte Bundesrepublik Deutschland gelten (vgl BSG Urteil vom 23.9.2004 - B 10 EG 3/04 R - BSGE 93, 194 = SozR 4-7833 § 1 Nr 6, RdNr 3 mwN), ist mit dem Vorbehalt nicht verbunden.

19

b) Der Vorbehalt ist formell wirksam erklärt worden. Nach Art 16 Abs b EFA hat jeder Vertragschließende dem Generalsekretär des Europarats alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind (Satz 1). Gleichzeitig mit dieser Mitteilung kann der Vertragschließende Vorbehalte hinsichtlich der Anwendung dieser Rechtsvorschriften auf die Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden machen (Satz 2). Nach Art 16 Abs c EFA hat der Generalsekretär des Europarats den übrigen Vertragschließenden alle Mitteilungen, die ihm nach den Bestimmungen der Absätze a und b zugehen, zur Kenntnis zu bringen. Auf der Grundlage dieser Regelung hat die Bundesregierung am 19.12.2011 gegen die Anwendung des SGB II im Rahmen des EFA gegenüber dem Europarat folgenden Vorbehalt angebracht: "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland übernimmt keine Verpflichtung, die im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der jeweils geltenden Fassung vorgesehenen Leistungen an Staatsangehörige der übrigen Vertragsstaaten in gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen zuzuwenden" (idF der Bekanntmachung vom 31.1.2012, BGBl II 144, berichtigt durch die Bekanntmachung zum Europäischen Fürsorgeabkommen vom 3.4.2012, BGBl II 470). Gleichzeitig hat sie erstmals die Regelungen des SGB II als neue Fürsorgevorschriften notifiziert. Der Vorbehalt wurde den übrigen vertragschließenden Parteien des Fürsorgeabkommens nach Art 16 Buchst c EFA zur Kenntnis gebracht (s zur Veröffentlichung auf den Seiten des Europarats http://conventions.coe.int SEV Nr 014).

20

c) Entgegen der Ansicht des SG musste der notifizierte Vorbehalt nicht durch ein entsprechendes Gesetz nach Art 59 Abs 2 S 1 GG im innerstaatlichen Recht umgesetzt werden. Nach Art 59 Abs 2 S 1 GG bedürfen Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf die Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes. Dies gilt nicht nur für Gesetze, sondern auch für Handlungen, die konkludent eine Änderung des Vertragsinhalts bewirken und soweit ein "Vertragsänderungswille" feststellbar ist (Pernice in Dreier, GG, 3. Aufl 2015, Art 59 RdNr 36). Eine solche Änderung bereits in Bundesrecht umgesetzter völkervertraglicher Verpflichtungen liegt hier jedoch nicht vor. Die Ermächtigung zur Erklärung von nachträglichen Vorbehalten bei Gesetzesänderungen der Vertragsstaaten im Bereich der Fürsorge nach Inkrafttreten des Abkommens ist den Vertragsstaaten vielmehr von vornherein und ausdrücklich eingeräumt worden (vgl Art 16 Abs b S 2 EFA, Denkschrift zum Europäischen Fürsorgeabkommen und dem Zusatzprotokoll, BT-Drucks II/1882, S 23; Ausschussdrucksache 17<11>881, S 1).

21

Art 16 EFA bringt zum Ausdruck, dass die Vertragsstaaten des EFA die Entscheidung darüber, welche nationalen Fürsorgeleistungen bei einer Änderung der nationalen Gesetzgebung in welchem Umfang in die Inländergleichbehandlung einbezogen werden (sollen), dem jeweils vertragschließenden Staat übertragen wollten. Auch wenn der 14. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 19.10.2010 davon ausgegangen ist, dass es sich sowohl bei den Regelleistungen nach dem SGB II als auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII um "Fürsorge" im Sinne des EFA handelt (B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 32), hinderte dies die Bundesregierung nicht an der Anbringung eines Vorbehalts unter Berücksichtigung der erst durch die Rechtsprechung des 14. Senats höchstrichterlich geklärten Zuordnung der SGB II-Leistungen. Es war ihr unbenommen, für die Hilfebedürftigen aus den EFA-Staaten die Anwendbarkeit des SGB II als eines von mehreren Existenzsicherungssystemen auszuschließen. Insbesondere waren mit der Einführung des SGB II materielle und über redaktionelle hinausgehende Änderungen insofern verbunden, als die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einer stärkeren Erwerbszentrierung, begleitenden Vermittlungstätigkeiten (s Eingliederungsvereinbarung) und einem - durch die Zusammenführung mit der ehemaligen Arbeitslosenhilfe bedingt - deutlich günstigeren Einsatz von Einkommen und Vermögen verbunden ist.

22

d) Der im Vorbehalt erklärte Ausschluss bei SGB II-Leistungen ist auch nicht als Einschränkung der durch das innerstaatlich umgesetzte EFA materiell gewährleisteten Inländergleichbehandlung (BVerwG Urteil vom 18.5.2000 - 5 C 29/98 - BVerwGE 111, 200 ff, 206) unwirksam und daher weiterhin für den Leistungsanspruch der Kläger unbeachtlich. Es handelt sich bei den SGB II-Vorschriften um "neue Rechtsvorschriften" iS der Vorbehaltsregelung des Art 16 Buchst b S 2 EFA.

23

Zwar war das SGB II - in seinen hier maßgeblichen leistungsrechtlichen Bestimmungen - im Dezember 2011 bereits seit einigen Jahren in Kraft. Der Begriff der "neuen Rechtsvorschriften" begründet aber keine "(Ausschluss-)Frist" zur Anbringung des Vorbehalts nach nationalem Inkrafttreten eines neuen Gesetzes. Vielmehr steht der Begriff der "neuen Rechtsvorschriften" in einem Zusammenhang damit, ob das Gesetz bzw die konkrete Fürsorgeleistung bereits im Anhang I zum EFA erfasst worden ist. Unter Berücksichtigung dessen muss die Mitteilung "neuer Rechtsvorschriften" nach Art 16 Buchst b S 1 EFA nicht unverzüglich nach dem innerstaatlichen Inkrafttreten dieser Normen, sondern kann - wie hier zeitgleich mit der Erklärung eines Vorbehalts - auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

24

e) In der Erklärung kann auch keine eine Unwirksamkeit des Vorbehalts herbeiführende "faktische Kündigung" iS des Art 24 EFA, also eine den Vertragsstaaten nicht über eine bloße Vorbehaltserklärung erlaubte einseitige Lösung bereits vorbestehender völkerrechtlicher Verpflichtungen - in der Auslegung durch die Rechtsprechung des 14. Senats des BSG - gesehen werden. Die Staatsangehörigen der EFA-Mitgliedstaaten haben weiterhin einen Anspruch auf SGB XII-Leistungen unter Außerachtlassung der nur für Ausländer geltenden Ausschlussregelung des § 23 Abs 3 SGB XII, weil ein Vorbehalt für die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht erklärt worden ist. Leistungen nach dem SGB XII sind für den Personenkreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, für welche die Ausschlussregelungen des SGB II eingreifen, auch nicht aus Gründen des nationalen Rechts ausgeschlossen (vgl hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 36 ff; vgl auch Ausschussdrucksache 17<11>881 vom 25.4.2012 - Schriftlicher Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Erklärung eines Vorbehalts gegen die Anwendung des Europäischen Fürsorgeabkommens , S 2 zu möglichen SGB XII-Ansprüchen für EFA-Staatsangehörige; aA Steffen/Keßler, ZAR 2012, 245, 246) (vgl hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 36 ff; vgl auch Ausschussdrucksache 17<11>881 vom 25.4.2012 - Schriftlicher Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Erklärung eines Vorbehalts gegen die Anwendung des Europäischen Fürsorgeabkommens , S 2 zu möglichen SGB XII-Ansprüchen für EFA-Staatsangehörige; aA Steffen/Keßler, ZAR 2012, 245, 246).

25

f) Liegt demnach eine wesentliche Änderung durch den von der Bundesregierung erklärten Vorbehalt vor, können sich die Kläger - für einen weiter bestehenden Anspruch auf SGB II-Leistungen - auch nicht darauf beziehen, dass der Ausschluss von arbeitsuchenden Unionsbürgern in ihrem Fall gegen europäisches Recht (Art 24 RL 2004/38/EG und Art 4 der VO Nr 883/2004) verstößt. Nach der Entscheidung des EuGH in dieser Sache (Urteil vom 15.9.2015 - Rs C-67/14 - SGb 2015, 638 ff) ist als geklärt anzusehen, dass der in § 7 Abs 1 S 2 SGB II normierte, ausnahmslose Ausschluss von SGB II-Leistungen auch bereits im Bundesgebiet beschäftigt gewesene Unionsbürgerinnen und Unionsbürger erfasst, die weniger als ein Jahr gearbeitet haben. Haben diese - wie hier die Klägerinnen zu 1 und 2 - nach Ablauf der Aufrechterhaltung ihrer Erwerbstätigeneigenschaft für den Zeitraum von sechs Monaten erneut ein Aufenthaltsrecht nur (noch) zur Arbeitsuche, steht der nachfolgende ausnahmslose Ausschluss von SGB II-Leistungen (vgl Frage 2 des Vorlagebeschlusses des Senats vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R) unabhängig von der Dauer des rein tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalts der (wieder) Arbeitsuchenden im Bundesgebiet sowie deren familiärer Umstände nach dieser Entscheidung des EuGH im Einklang mit Art 4 der VO (EG) Nr 883/2004 und Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG.

26

6. Der Senat konnte dennoch nicht abschließend beurteilen, ob die durch den Vorbehalt zum EFA bewirkte Änderung in den rechtlichen Verhältnissen iS von § 48 Abs 1 S 1 SGB X wesentlich war, der Verwaltungsakt also dem Grunde oder der Höhe nach so nicht mehr ergehen dürfte(vgl Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2013, § 48 RdNr 60; BSG Urteil vom 3.10.1989 - 10 RKg 7/89 - BSGE 65, 301, 302 = SozR 1300 § 48 Nr 60 "wahre Rechtslage"). Es sind bisher nicht getroffene Feststellungen zu möglichen anderen Aufenthaltsrechten der Klägerinnen zu 1 und 2 im Monat Mai 2012 erforderlich.

27

a) Nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG erfordert die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II eine Prüfung des Grundes bzw der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum (weiterhin) bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU bzw eines Aufenthaltsrechts nach den - im Wege eines Günstigkeitsvergleichs - anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes(§ 11 Abs 1 S 11 FreizügG/EU; vgl hierzu BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 34, RdNr 31 ff). Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem Zweck der Arbeitsuche hindert sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" iS von § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II(BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 34, RdNr 31 f; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 ff = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 17 ff)bzw lässt den Leistungsausschluss "von vornherein" entfallen (BSG Urteil vom 25.1.2012 - B 14 AS 138/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 28 RdNr 20 f). Ein anderes Aufenthaltsrecht iS des § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II kann sich auch aus einem - bei der Klägerin zu 2 - eigenständigen oder - im Falle der Klägerin zu 1 - abgeleiteten Aufenthaltsrecht nach der unionsrechtlichen Regelung des Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 ergeben(vgl BVerwG EuGH-Vorlage vom 13.7.2010 - 1 C 15/09 - juris RdNr 29; ein Verbleiberecht bereits unmittelbar aus Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 bejahend auch Epe in GK-AufenthG, § 3 FreizügG/EU RdNr 63 ff, Stand 7/2013; ebenso zu einem eigenständigen Aufenthaltsrecht des Kindes eines Wanderarbeitnehmers zusammen mit dem Recht auf Zugang zur Ausbildung bejahend auch Brechmann in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl 2011, Art 45 AEUV RdNr 91 f).

28

b) Zwar hat das SG ausgeführt, dass bei den Klägerinnen zu 1 und 2 auch im streitigen Monat Mai 2012 wieder ausschließlich "die Arbeitsuche das Aufenthaltsrecht" vermittelte. Hierin liegt jedoch keine Tatsachenfeststellung entsprechend den og Anforderungen, wie sie von der zeitlich überwiegend erst nach dem angegriffenen Urteil ergangenen Rechtsprechung des BSG zur Auslegung der Ausschlussregelung des § 7 Abs 1 S 2 SGB II formuliert worden sind. Zudem sind Aufenthaltsrechte nach Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 bisher nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung des BSG gewesen.

29

7. Bei seiner Entscheidung wird das LSG demnach bei möglichen Aufenthaltsrechten der Klägerinnen Folgendes zugrunde zu legen haben (§ 170 Abs 5 SGG):

Nach Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Nach Aufhebung der VO (EWG) Nr 1612/68 durch Art 41 VO (EU) Nr 492/2011 des EU-Parlaments und dessen Rates vom 5.4.2011 (ABl EU Nr L 141/1 vom 27.5.2011) übernimmt Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 insofern inhaltsgleich die bisherige Regelung des Art 12 Abs 1 VO (EWG) Nr 1612/68 (EuGH Urteil vom 6.9.2012 - Rs - C-147/11 und 148/11 - EAS Teil C VO Nr 1612/68 Art 12 Nr 13, RdNr 4).

30

Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes (vgl EuGH Urteil vom 17.9.2002 - Rs C-413/99 - Slg 2002, I-7091 ff, juris RdNr 51 ff) setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als Kind eines Arbeitnehmers gebunden (EuGH Urteil vom 21.6.1988 - Rs C-197/86 - Slg 1988, 3105 ff, juris RdNr 30; EuGH Urteil vom 4.5.1995 - Rs C-7/94 - Slg 1995, I-1031 ff, juris RdNr 27; EuGH Urteil vom 14.6.2012 - Rs C-542/09 - EAS Teil C AEUV Art 45 Nr 3, RdNr 50 f; vgl auch EuGH Urteil vom 6.9.2012 - Rs C-147/11 und C-148/11 - EAS Teil C VO Nr 1612/68 Art 12 Nr 13, RdNr 30 zur ausschließlichen Anwendbarkeit des Art 12 VO Nr 1612/68 auf Kinder von Arbeitnehmern). Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH impliziert das Ausbildungsrecht aus Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 gleichzeitig ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindlichen Kinder, das grundsätzlich bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind (EuGH Urteil vom 17.9.2002 - Rs C-413/99 - Slg 2002, I-7091 ff, juris RdNr 53 f; EuGH Urteil vom 13.6.2013 - Rs C-45/12 - EAS Teil C VO Nr 1408/71 Art 1 Nr 16, juris RdNr 46 und 52; EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-480/08 - Slg 2010, I-1107, juris RdNr 36 und 53).

31

Soweit und solange die regelmäßig minderjährigen Kinder eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers für die Wahrnehmung ihrer Ausbildungsrechte aus Art 10 VO (EU) Nr 492/2011 weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des Elternteils bedürfen, um ihre Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können, besteht darüber hinaus in gleicher Weise für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt aus Art 10 VO (EG) Nr 492/2011. Dies hat der EuGH damit begründet, dass die Versagung der Möglichkeit für die Eltern, während der Ausbildung ihrer Kinder im Aufnahmemitgliedstaat zu bleiben, geeignet sein könnte, den Kindern ein - ihnen vom Unionsgesetzgeber zuerkanntes - Recht zu nehmen (EuGH Urteil vom 13.6.2013 - Rs C-45/12 - EAS Teil C VO Nr 1408/71 Art 1 Nr 16, juris RdNr 46; EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-480/08 - Slg 2010, I-1107, juris RdNr 36, 53, 86). Ohne Belang ist, ob die Eltern der betreffenden Kinder inzwischen geschieden sind oder der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehmende Elternteil nicht mehr Wanderarbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat ist (vgl EuGH Urteil vom 8.5.2013 - Rs C-529/11 - EAS Teil C VO Nr 1612/68 Art 12 Nr 14, RdNr 27 mwN; Brinkmann in Huber, AufenthG, 2010, § 3 FreizügG/EU RdNr 19; Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl 2013, § 3 FreizügG/EU RdNr 60 ff).

32

Die einmal erworbenen Ausbildungs- und Aufenthaltsrechte der Kinder bzw der (sorgeberechtigten bzw die tatsächliche Sorge ausübenden) Elternteile bestehen nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von den in der RL 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (§ 4 FreizügG/EU) fort und sind autonom gegenüber den unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat regeln (EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-310/08 - Slg 2010, I-1065, juris RdNr 42 ff, 50; EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-480/08 - Slg 2010, I-1107, juris RdNr 53 ff; Brinkmann in Huber, AufenthG, 2010, § 3 FreizügG/EU RdNr 20 mwN; Kloesel/Christ/Häußer, Aufenthalts- und Ausländerrecht, § 3 FreizügG/EU RdNr 104, Stand Juli 2011; Epe in GK-AufenthG, § 3 RdNr 67, Stand Juli 2013; Brechmann in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl 2011, Art 45 AEUV RdNr 91 f). Insofern hat der EuGH der Entstehungsgeschichte (vgl KOM <2003> 199 endg S 7) und den Inhalten der RL 2004/38/EG entnommen, dass der Anwendungsbereich des Art 12 VO (EWG) Nr 1612/68 in seiner Auslegung durch den EuGH gerade nicht eingeschränkt werden sollte (vgl EuGH Urteil vom 23.2.2010 - Rs C-310/08 - Slg 2010, I-1065, juris RdNr 46 mwN). Art 12 Abs 3 RL 2004/38/EG in seiner Anknüpfung an die EuGH-Rechtsprechung (vgl EuGH Urteil vom 17.9.2002 - Rs C-413/99 - Slg 2002, I-7091, juris RdNr 63) - im deutschen Recht umgesetzt durch § 3 Abs 4 FreizügG(vgl BT-Drucks 16/5065 S 210) - bestätigt dies. Hiernach führt der Wegzug des Unionsbürgers aus dem Aufnahmemitgliedstaat oder sein Tod weder für seine Kinder noch für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, bis zum Abschluss der Ausbildung zum Verlust des Aufenthaltsrechts, wenn sich die Kinder im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und in einer Bildungseinrichtung zu Ausbildungszwecken eingeschrieben sind (vgl hierzu auch Kloesel/Christ/Häußer, Aufenthalts- und Ausländerrecht, § 3 FreizügG/EU RdNr 101, Stand Juli 2011; Epe in GK-AufenthG, § 3 FreizügG/EU RdNr 60, Stand 7/2013).

33

Näher zu prüfen ist daher, welchen Umfang und Charakter die vom SG angesprochenen "Arbeitszeiten" der Klägerin zu 1 im Bundesgebiet hatten und ob es sich hierbei um Beschäftigungen als Arbeitnehmerin iS von Art 10 der VO (EU) Nr 492/2011 handelte (vgl zur gemeinschaftlichen Bedeutung des Arbeitnehmerbegriffs zB EuGH Urteil vom 19.11.2002 - Rs C-188/00 - Slg 2002, I-10691, juris RdNr 32; Epe in GK-AufenthG, § 3 FreizügG/EU RdNr 66, Stand 7/2013 mwN). Ausgehend von seinem rechtlichen Ausgangspunkt hat das SG hierzu bisher keine Feststellungen treffen können, sondern lediglich - zusammenfassend für die Klägerinnen zu 1 und 2 - ausgeführt, dass die "Arbeitszeiten - für beide jeweils nicht mindestens sechs Monate seit Juni 2010 - kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht europarechtlich begründeten".

34

Voraussetzung solcher Aufenthaltsrechte wegen fortdauernder Ausbildungen der Kläger zu 3 und/oder 4 ist weiter, dass diese im streitigen Zeitraum ihre bereits während einer etwaigen Beschäftigung der Klägerin zu 1 als Arbeitnehmerin wahrgenommenen Schulausbildungen in einer in Deutschland gelegenen Einrichtung weiterhin regelmäßig nachgekommen sind (vgl zum Schulbesuch insb Epe in GK-AufenthG, § 3 FreizügG/EU RdNr 61 f, Stand 7/2013 mwN). Schließlich muss die Klägerin zu 1 als Elternteil die elterliche Sorge tatsächlich ausgeübt haben, was hier jedoch naheliegt.

35

Auch bezogen auf die erst während des Aufhebungsmonats Mai 2012 volljährig gewordene Klägerin zu 2 wird das LSG noch feststellen müssen, ob ihr ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach der VO (EU) Nr 492/2011 zustand. Anders als bei der Klägerin zu 1 kann sich ihre Freizügigkeitsberechtigung nicht aus derjenigen der Kläger zu 3 und 4 ableiten, weil die Geschwister im Verhältnis zu einem stammberechtigten Unionsbürger keine Familienangehörigen iS des § 3 Abs 2 FreizügG/EU und des Art 2 Nr 2 RL 2004/38/EG sind(vgl - auch zur Berücksichtigung familiärer Umstände - BVerwG Urteil vom 13.6.2013 - 10 C 16/12 - InfAuslR 2013, 364 ff). Zu klären ist ggf auch, ob sie im Mai 2012 ein Aufenthaltsrecht aus einer etwaigen Aufenthalts- bzw Freizügigkeitsberechtigung ihres Vaters ableiten konnte.

36

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist die Agentur für Arbeit zuständig, in deren Bezirk die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ist der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 an Minderjährige, die Leistungen für die Zeit der Ausübung des Umgangsrechts nur für einen kurzen Zeitraum beanspruchen, ist der jeweilige Träger an dem Ort zuständig, an dem die umgangsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kann ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht festgestellt werden, so ist der Träger nach diesem Buch örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Für nicht erwerbsfähige Personen, deren Leistungsberechtigung sich aus § 7 Absatz 2 Satz 3 ergibt, gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch der Träger zuständig, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Ist die leistungsberechtigte Person nach § 12a Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet, ihren Wohnsitz an einem bestimmten Ort nicht zu nehmen, kann eine Zuständigkeit der Träger in diesem Gebiet für die jeweiligen Leistungen nach diesem Buch nicht begründet werden; im Übrigen gelten die Regelungen des Absatzes 1.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist im Fall der Auszahlung der Leistungen nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 nach § 29 Absatz 6 der kommunale Träger zuständig, in dessen Gebiet die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer kommunaler Träger nach den Absätzen 1 oder 2 zuständig ist oder wäre.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.