Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Aug. 2016 - L 1 RS 10/15

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2016:0817.L1RS10.15.0A
bei uns veröffentlicht am17.08.2016

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vom ... 1975 bis zum ... 1990.

2

Die am ... 1941 geborene Klägerin erwarb am 9. Mai 1975 nach einem Abendstudium der Betriebswirtschaft/Ingenieurökonomie Chemische Industrie die Berufsbezeichnung Ingenieurökonom. Sie war vom 9. Mai 1975 bis 30. September 1978 als Ingenieur- und Betriebsökonomin bei dem VEB L. beschäftigt.

3

Vom 1. Oktober 1978 bis über den 30. Juni 1990 hinaus war die Klägerin zunächst als Wirtschaftsleiterin der Versorgungseinrichtung und ab 1980 als Verwaltungsleiterin der Betriebsberufsschule des KOV (Kooperationsverband) H. in W./H. (im Folgenden: Betriebsberufsschule) tätig. Dort waren nach Angaben der Klägerin 700 Lehrlinge internatsmäßig untergebracht. Die Klägerin erzielte jeweils ein über 600 M/Monat liegendes Einkommen und trat mit Wirkung vom 1. Januar 1979 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Eine Einbeziehung in ein Sonder- oder Zusatzversorgungssystem erfolgte nicht.

4

Frühere Anträge auf Feststellung von Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG hatte die Beklagte bestandskräftig abgelehnt (Ablehnungsbescheid vom 31. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2003, Überprüfungsbescheid vom 22. Januar 2008).

5

Am 12. Februar 2013 beantragte die Klägerin erneut die Überprüfung der Ablehnungsbescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Sie sei als Ingenieurökonomin bei der Betriebsberufsschule beschäftigt gewesen. Diese sei auch eine gleichgestellte Einrichtung i.S.v. § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. Nr. 62, S. 487) (2. DB) gewesen.

6

Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 11. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2013 ab. Die Betriebsberufsschule sei kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch keine im Sinne der 2. DB gleichgestellte Einrichtung gewesen. Betriebsberufsschulen seien in der vollständigen Auflistung nicht genannt. Die Verordnungstexte seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch nicht auszulegen. Nicht Schulen im Allgemeinen seien gleichgestellt gewesen, sondern lediglich Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt und des Post- und Fernmeldewesens. Daher habe die Klägerin keinen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage.

7

Dagegen hat die Klägerin am 9. August 2013 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben. Zur Begründung hat sie ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt: Die Betriebsberufsschule sei eine technische Schule im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen. Dies ergebe sich auch aus § 1 Abs. 2 Buchstabe e) der Dritten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. Nr. 62, S. 489 (3. DB). Ausdrücklich seien dort technische Lehranstalten genannt. "Schulen" sei ein Oberbegriff, zu dem auch die Betriebsberufsschule gehört habe. Zu den dort ausgebildeten technischen Berufen hätten gehört: Handwerker, Facharbeiter Gartenbautechnik und Umweltgestaltung, Landmaschinentechniker, Schädlingsbekämpfungstechniker usw. Ein Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung ergebe sich weiter aus § 4 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951 (GBl. 85 S. 675) (AVVO-Int). Die Betriebsberufsschule sei eine pädagogische Einrichtung gewesen.

8

Die Klägerin hat ein Schreiben des Landkreises P.-M. vom 25. November 2013 vorgelegt, wonach eine Personalakte dort nicht archiviert worden sei.

9

Ein Befangenheitsantrag der Klägerin gegen den Kammervorsitzenden ist mit Beschluss vom 20. März 2014 (S 11 SF 605/13 AB) zurückgewiesen worden. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge ist mit Beschluss vom 18. Februar 2015 (S 11 SF 211/14 AG) als unzulässig verworfen worden.

10

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2015 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 10. Mai 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG. Weder sei ihr von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt oder sei sie aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden, noch habe ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungszusage stattgefunden. Auch eine fiktive Einbeziehung nach der Rechtsprechung des BSG scheide aus. Die Klägerin sei am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt gewesen. Der KOV H. habe nicht Sachgüter oder Bauwerke auf industrielle Weise in Serie produziert. Es handele sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB. Die entsprechende Passage beziehe sich nur auf Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, der Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens. Die gleichgestellten Institutionen seien jeweils durch ein Semikolon abgegrenzt. Es handele sich ferner bei dem Einsatzbereich um eine Betriebsberufsschule des auf genossenschaftlicher Basis existierenden KOV und nicht um eine "technische Schule". Betriebsberufsschulen seien in der 2. DB nicht erwähnt. Bei dem KOV handele es sich aber um einen Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und/oder anderen Kooperationspartnern. Eine weitere Gleichstellungsmöglichkeit sei nicht ersichtlich. Eine nachträgliche Unterstellung unter das Zusatzversorgungssystem Nr. 4 oder Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG scheitere bereits an der Tätigkeit als Verwaltungsleiterin/Ingenieurökonomin.

11

Dagegen hat die Klägerin am 18. März 2015 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt: Schon aus der Vorgeschichte zur 2. DB ergebe sich, dass die Betriebsberufsschule eine technische Schule i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen sei. Die Einführung der Zusatzversorgungssysteme sei erfolgt, um der technischen Intelligenz einen höheren Lebensstandard einzuräumen. Dies ergebe sich auch aus zwei Beiträgen in Zeitschriften des Jahres 1950. Die in der Berufsbetriebsschule Ausgebildeten hätten eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen durch Erhöhung der Konsumgüterproduktion schaffen sollen. Bei den Schulen der Eisenbahn, der Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens seien hingegen keine Konsumgüter hergestellt worden und es hätte daher auch keine Konsumgüterproduktion gesteigert werden können. Das Semikolon in § 1 Abs. 2 der 2. DB könne daher nur ein Redaktionsversehen sein, da es nicht zum sozialen Ziel der Vorschrift passe. § 1 Abs. 2 der 2. DB sei nicht vollständig und müsse ausgelegt werden. Die Gleichstellung von Betriebsberufsschulen mit den volkseigenen Betrieben ergebe sich aus der Publikation "Gesetze finden leicht gemacht". Der Befangenheitsantrag gegen den Kammervorsitzenden sei begründet gewesen. Auch hätten die Voraussetzungen für die Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht vorgelegen. Es sei ferner im Tatbestand des Gerichtsbescheids nicht erwähnt worden, dass die früheren Ablehnungsgründe der Beklagten durch eine geänderte Rechtsprechung des BSG fehlerhaft geworden seien. Die Arbeitsverträge lägen nicht mehr vor.

12

In der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits hat die Klägerin einen schriftlichen Beweisantrag vom 17. August 2016 vorgelegt.

13

Die Klägerin beantragt,

14

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 27. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2013 aufzuheben, und diese unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Mai 2002 zu verpflichten, die Zeit vom 10. Mai 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG mit den entsprechenden Entgelten festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ergänzend führt sie aus: Die Betriebsberufsschule sei keine technische Schule i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen. Auch sei eine Auslegung der dort verwendeten Begriffe unzulässig. Für eine fiktive Einbeziehung könne nur auf die abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihre Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 9. April 2002, B 4 RA 42/01 R). Eine Erweiterung der in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannten Schulen durch Auslegung oder Analogiebildung sei daher nicht möglich. Eine Einbeziehung in die Altersversorgung der pädagogischen Intelligenz scheide aus, weil die Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation nicht vom persönlichen Anwendungsbereich erfasst sei.

18

Der Senat hat am 11. Februar 2016 Herrn M. B. hinsichtlich der Personalakte der Klägerin angeschrieben. Dessen Ehefrau hat am 24. Februar 2016 telefonisch mitgeteilt, dass ihr Mann zur Personalakte der Klägerin nichts weiter sagen könne. Der Senat hat am 5. April 2016 Herrn W. St. hinsichtlich der Personalakte der Klägerin angeschrieben. Dieser hat am 15. April 2016 geantwortet, er sei nicht im Besitz von Arbeitsverträgen oder Personalunterlagen der Klägerin.

19

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.1.

20

Die Berufung ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2.

21

Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht verfahrensfehlerhaft im Hinblick auf den abgelehnten Befangenheitsantrag zu Stande gekommen, und der Rechtsstreit war nicht gemäß § 159 Abs. 2 SGG an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

22

Der Befangenheitsantrag gegen den Kammervorsitzenden des Sozialgerichts ist gemäß § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung abschließend von der zuständigen Kammer des Sozialgerichts abgelehnt worden. Dagegen ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Insbesondere kann im Rahmen des Berufungsverfahrens nicht erneut eine Befangenheit geltend gemacht werden.

23

Ob das Sozialgericht zu Recht von einem Fall ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art i.S.v. § 105 Abs. 1 SGG ausgegangen ist und über die Klage durch Gerichtsbescheid entscheiden durfte, kann dahinstehen. Denn eine Zurückverweisung scheidet schon deshalb aus, weil keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Satz 1 Nr. 2 SGG)

24

Vollständig unerheblich ist, dass das Sozialgericht die Begründungen der früheren Ablehnungen durch die Beklagte im Gericht nicht angeführt hat. Nach § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG enthält das Urteil eine gedrängte Darstellung des Tatbestands.

II.

25

Die Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2013 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht i.S.d. §§ 153, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheids vom 31. Mai 2002 weder das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, so dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht vorliegen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den streitigen Zeitraum als Zugehörigkeitszeit nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG feststellen zu lassen. Das AAÜG ist in ihrem Fall nicht anwendbar, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat.

26

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 9. April 2002, B 4 RA 31/01 R).

1.

27

Die Klägerin erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihr von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt, noch ist sie auf Grund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in ihrem Fall nicht stattgefunden.

2.

28

Auch eine fiktive Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem scheidet aus. Der Senat lässt dabei offen, ob das AAÜG dem Grunde nach auf die Klägerin anwendbar ist, da sie eine von ihm in ständiger Rechtsprechung geforderte ausdrückliche schriftliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten hat (vgl. die bisherige ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Urteil vom 19. März 2009, L 1 R 91/06). Denn auch nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann, wären die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraums nicht erfüllt.

a.

29

Es besteht kein Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950, Teil I, Nr. 93 S. 844) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB. Dies hängt von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für

30

Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und

31

die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar

32

in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

33

Nach der Rechtsprechung des BSG müssen diese drei Voraussetzungen am 30. Juni 1990 kumulativ vorgelegen haben, damit das AAÜG überhaupt anwendbar ist.

34

In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung in die AVItech, denn die Voraussetzungen liegen nicht vor.

35

Es ist schon die betriebliche Voraussetzung, bezogen auf den 30. Juni 1990, nicht erfüllt. Ob die betriebliche Voraussetzung im Sinne der VO-AVItech i.V.m. der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 2 Rn 31 und Nr. 4 Rn 15), und welchen Zweck dessen Betrieb tatsächlich verfolgte (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 2).

36

Mangels Vorliegens von Arbeitsverträgen oder einer Personalakte lässt sich hier nicht feststellen, ob Arbeitgeber der Klägerin die Betriebsberufsschule selbst oder der KOV H. war. Die Klägerin selbst verfügt nach ihren Angaben nicht mehr über Arbeitsverträge. Der Landkreis P.-M. hat nach der Auskunft vom 25. November 2013 keine Personalakte archiviert. Anfragen des Senats an die früheren Mitarbeiter der Betriebsberufsschule B. und St. sind ohne Erfolg geblieben.

37

Der Senat hatte aber diese Frage nicht weiter nachzugehen, da die betrieblichen Voraussetzungen in keinem der beiden Fälle vorliegen würden.

a.a.

38

Der KOV H. war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Vielmehr war dieser ein Zusammenschluss von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und/oder anderen Kooperationspartnern wie z.B. volkseigenen Gütern nach § 14 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 2. Juli 1982 (GBl. 1982, Nr. 25, S. 443) (so auch: BSG, Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 30/01 R (23) zur zwischenbetrieblichen Bauorganisation (ZBO)).

39

Auch der Zweck des KOV H. entsprach nicht dem eines volkseigenen Produktionsbetriebs. Der Begriff des Produktionsbetriebs erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter oder Gebäude im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss also auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder Gebäuden ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteil vom 27. Juli 2004, B 4 RA 11/04 R). Landwirtschaftliche Produkte fallen jedoch nicht darunter.

40

Eine Gleichstellung mit volkseigenen Produktionsbetrieben gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insbesondere handelte es sich bei dem KOV H. nicht um ein volkseigenes Gut (so auch Urteil des erkennenden Senats vom 22. Mai 2014, L 1 RS 34/13).

41

Zwar wird die Betriebsberufsschule in dem Stichwortverzeichnis einer Publikation "Gesetze finden leicht gemacht" unter dem Stichwort VEB geführt. Es ist aber nicht ersichtlich, wie sich daraus die Gleichstellung von Betriebsberufsschulen mit den volkseigenen Produktionsbetrieben i.S.v. § 1 Abs. 2 2. DB ergebe soll.

42

Eine von der Klägerin geforderte erweiterte Auslegung von § 1 Abs. 2 der 2. DB über dessen Wortlaut hinaus ist, wie die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zu Recht anführt, ausgeschlossen.

43

Der Senat hatte auch nicht der im Beweisantrag vom 17. August 2016 aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob die Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die 2. DB "zur Steigerung der Konsumgüterproduktion" eingeführt wurden. Das gleiche gilt für die zum Beweis gestellte Behauptung, wonach die Aufzählung in der 2. DB nicht vollständig und diese daher auszulegen sei. Es kann nämlich dahin stehen, welche politischen Motive zur Einführung der Zusatzversorgungssysteme für die technische Intelligenz führten, und ob die 2. DB unvollständig gewesen ist. Denn die Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts der DDR hat sich strikt an deren Wortlaut zu orientieren (ständige Rechtsprechung des BSG, so etwa: Urteil vom 15. Juni 2010, B 4 RA 16/09 R (34)). Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift ist unzulässig (BSG, Urteil vom 7. September 2006, B 4 RA 41/05 R (16)). Daher war dem Beweisantrag nicht nachzugehen.

b.b.

44

Die Betriebsberufsschule war ebenfalls kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Denn es wurden keine Sachgüter oder Gebäude industriell hergestellt.

45

Es handelte sich auch nicht um eine gleichgestellte technische Schule i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB.

46

Schon aus der Systematik von § 1 Abs. 1 der 2. DB ergibt sich, dass zur "technischen" Intelligenz nur technisch ausgebildete Arbeitnehmer in Betrieben des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker sowie Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschule gehörten. Mit den "technischen Schulen" gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB können daher nur die Einrichtungen gemeint sein, die für technische Berufe i.S.d. technischen Intelligenz ausbildeten. Die von der Klägerin angeführten Ausbildungsberufe für Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (Handwerker, Facharbeiter für Gartenbautechnik und Umweltgestaltung, Landmaschinentechniker, Schädlingsbekämpfungstechniker) sind gerade nicht unter o.g. Wirtschaftsbereiche zu subsumieren.

47

Dies ergibt sich auch zwingend aus § 4 a) der AVVO-Int., die am 12. Juli 1951 und damit im engen zeitlichen Zusammenhang mit der 2. DB erlassen wurde. Denn dort wurden u.a. als Angehörige der pädagogischen Intelligenz in den berufsbildenden Schulen tätige Lehrer angeführt. Wären diese nach dem Verständnis des Verordnungsgebers als "technische Schule" i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB erfasst gewesen, hätte es einer gesonderten Einbeziehung nicht bedurft. Bei der Betriebsberufsschule des KOV H. handelte es sich um eine berufsbildende Schule nach § 4 a) der AVVO-Int.

48

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch aus § 1 Abs. 2 Buchstabe e) der 3. DB nicht, dass es sich um eine technische Schule gehandelt hat. Ausdrücklich sind dort "technische Lehranstalten" und weitere Ausbildungsstätten i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB genannt, nicht jedoch eine Betriebsberufsschule.

49

Der Senat geht zudem davon aus, dass zum Stichtag am 30. Juni 1990 technische Schulen i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB als eigenständige Bildungseinrichtungen im Bereich der Erwachsenenqualifikation nicht mehr existierten (so auch: Sächsisches LSG, Urteil vom 8. Februar 2011, L 5 R 172/08). Der dort verwendete Begriff bezieht sich allein auf Einrichtungen der Erwachsenenqualifizierung. Dies ergibt sich schon aus der an demselben Tag erlassenen (Ersten) Durchführungsbestimmung (GBl. Nr. 62, S. 485). Dort wurden zur Begründung der notwendigen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Intelligenz u.a. deren verdienstvolle Tätigkeiten bei der Leitung "von Schulen und Zirkeln zur Erweiterung der technischen Kenntnisse der Arbeiter und Meister" angeführt (Zweiter Absatz der Präambel). Der Begriff der "technischen Schulung" findet sich auch in der Verordnung über die Ausbildung und Qualifizierung der Arbeiter in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 5. März 1953 (GBl. 33, S. 406). Danach waren für die Ausbildung und Qualifizierung der nicht in einem Lehrverhältnis stehenden Arbeiter technische Betriebsschulen einzurichten, welche die bisherigen Betriebsvolkshochschulen ersetzen sollten. Mit der Verordnung über die Bildungseinrichtungen zur Erwachsenenqualifizierung vom 27. September 1962 (GBl. 77, S. 687) wurde die Erwachsenenqualifizierung auf die Volkshochschulen und Betriebsakademien übertragen. Auch nach den §§ 35, 39 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl. 6, S. 83) oblag die Aus- und Weiterbildung der Werktätigen den Betriebsakademien. Der Begriff "technische Betriebsschule" fand ab den 60er Jahren keine Verwendung mehr.

50

Die Betriebsfachschule war auch keine Schule der Eisenbahn, der Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens.

51

Von der Vorschrift erfasst waren nicht alle sonstige Schulen. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass sich aus dem in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendeten Semikolon ergibt, dass keine weiteren Schulen außer den genannten erfasst sein sollten (so auch: BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 RS 1/09 B (10) zu betrieblichen Forschungseinrichtungen). Dies folgt auch aus § 1 Abs. 2 b der die an demselben gleichen Tag veröffentlichten 3. DB, der den vermehrten Abschluss von Einzelverträgen mit Angehörigen der Intelligenz zum Inhalt hatte. Zu den dort gleichgestellten Betrieben zählen - in einer einzigen Auflistung - "Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, der Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens". Das von der Klägerin vermutete Redaktionsversehen und eine deshalb erforderliche weite Auslegung scheiden nach der bereits genannten Rechtsprechung des BSG aus.

b.

52

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf fiktive Einbeziehung in die zusätzliche Versorgung der Pädagogen in Einrichtungen der Volks- und Berufsbildung (Zusatzversorgungssystem Nr. 18 der Anlage 1 zum AAÜG) oder in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen nach Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG, weil sie nicht die zwingenden Voraussetzungen dieser Versorgungssysteme erfüllt.

53

Die gesetzlichen Regelungen der Zusatzversorgung der Pädagogen in der DDR änderten sich im Laufe der Zeit. Die AVVO-Int wurde zum 1. September 1976 für Personen ohne laufende Altersversorgung durch die Verordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsordnung) vom 27. Mai 1976 (GBl. I Nr. 18 S. 253, im Folgenden: VersO-Päd), diese wiederum zum 1. Oktober 1988 (für Personen ohne Versorgungsbezug) durch die Anordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen (Versorgungsanordnung) vom 2. Mai 1988 (nicht veröffentlicht; im Folgenden: VersAO-Päd) ersetzt. Deren Voraussetzungen erfüllt die Klägerin indes nicht.

54

Nach § 4 Buchst. a AVVO-Int gelten als Angehörige der pädagogisch tätigen Intelligenz alle in Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens (allgemeinbildende Schulen einschließlich Volkshochschulen, berufsbildende Schulen, Einrichtungen der Vorschulerziehung, Heime und Horte) tätigen Lehrer und Erzieher, sofern sie eine staatlich anerkannte abgeschlossene pädagogische Ausbildung besitzen und mindestens 2 Jahre in der genannten Einrichtung hauptamtlich tätig gewesen sind.

55

Eine ähnliche Ausschlussformulierung findet sich auch in § 1 Abs. 3 VersO-Päd. Die Gewährung von Leistungen war auch in § 3 Abs. 1 und 2 VersAO-Päd vom Abschluss einer staatlich anerkannten abgeschlossenen pädagogischen Ausbildung abhängig gemacht worden. § 3 Abs. 1 VersAO-Päd besagte, dass Anspruch auf Leistungen nach der VersAO-Päd besteht, wenn (unmittelbar) nach erfolgreichem Abschluss einer staatlich anerkannten pädagogischen Ausbildung als Lehrer, Erzieher, Kindergärtnerin, Freundschaftspionierleiter, Jugendfürsorger, pädagogischer Psychologe oder als Lehrkraft für den berufstheoretischen Unterricht eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 1 VersAO-Päd aufgenommen wurde.

56

Aus den gesamten Vorschriften der Pädagogenversorgungen und damit beider Versorgungssysteme ist zu erkennen, dass nur Lehrkräfte mit pädagogischer Ausbildung einzubeziehen waren. Die Klägerin verfügte weder über eine pädagogische Ausbildung noch war sie als Lehrkraft tätig.

c.

57

Eine Einbeziehung der Klägerin in ein anderes Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 zum AAÜG im umstrittenen Zeitraum kam nach ihrem beruflichen Werdegang von vornherein nicht in Betracht.

III.

58

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

59

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht. Die Entscheidung beruht auf der ständigen Rechtsprechung des BSG.


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(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend. (2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen

Einigungsvertrag - EinigVtr | Art 19 Fortgeltung von Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung


Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im

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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Aug. 2016 - L 1 RS 10/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 17. Aug. 2016 - L 1 RS 10/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Mai 2014 - L 1 RS 34/13

bei uns veröffentlicht am 22.05.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten die §§ 41 bis 46 Absatz 1 und die §§ 47 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung gilt stets als begründet, wenn der Richter dem Vorstand einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts angehört, deren Interessen durch das Verfahren unmittelbar berührt werden.

(4) (weggefallen)

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Landessozialgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn

1.
dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden,
2.
das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

(2) Das Sozialgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.

(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.

(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.

Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten.

(2) Zusatzversorgungssysteme sind die in Anlage 1 genannten Systeme.

(3) Sonderversorgungssysteme sind die in Anlage 2 genannten Systeme.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.

2

Der am ... 1935 geborene Kläger schloss eine Fachschulausbildung an der Fachschule für Gartenbau Q. erfolgreich ab und durfte nach der Urkunde vom 29. Juni 1957 die Berufsbezeichnung Gartenbauingenieur führen. Er war zunächst seit dem 15. Juli 1958 als Spezialagronom für Obst- und Gemüsebau bei der Maschinen-Traktoren-Station Q. beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 18. April 1967 war er als Abteilungsleiter Handel im Bereich des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst ab diesem Tag tätig. Er erwarb mit der Urkunde vom 14. Juli 1973 den Titel Diplomgartenbauingenieur an der H.-Universität B., Sektion Gartenbau. Nach dem Zeugnis der Hauptprüfung ist er berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulgartenbauingenieur zu führen. Der Kläger war ab 01. April 1978 bis 31. Dezember 1990 als Leiter der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst tätig. Er zahlte im Zeitraum 01. Dezember 1972 bis 30. Juni 1990 Beträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

3

Der Kläger beantragte erstmals am 19. Juli 1999 bei der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) nach dem AAÜG. Mit Bescheid vom 09. August 2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die betrieblichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die Tätigkeit im Kooperationsverband H.-S.-Obst sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb erfolgt. Den Widerspruch des Klägers vom 18. August 2000 gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000 zurück. Die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Einbeziehung in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz seien nicht erfüllt. Mangels einer positiven Entscheidung des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes komme auch eine Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit im Zusatzversorgungssystem Nr. 3 (verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft) nicht in Betracht. Die hiergegen gerichtete Klage vom 16. November 2000 wurde mit Urteil des Sozialgerichts Halle (SG) vom 05. November 2001 zurückgewiesen (Az.: S 6 RA 407/00). Das SG schloss sich der Auffassung der Beklagten zur Einbeziehung in die Zusatzversorgungssysteme Nr. 1 (technische Intelligenz) und Nr. 3 (verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft) der Anlage 1 zum AAÜG an. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

4

Der Kläger beantragte am 27. März 2002 die Überprüfung der ergangenen behördlichen Entscheidungen im Bescheid vom 09. August 2000 und Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2000. Nach den nunmehr aufgefundenen Unterlagen, insbesondere dem Arbeitsvertrag vom 18. April 1967 und der Mitteilung vom 01. März 1982 über die Einführung des Rahmenkollektivvertrags Volkseigene Güter (VEG) Pflanzenproduktion mit Wirkung vom 01. Oktober 1982, sei festzustellen, dass die Gemeinsame Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst einem VEG gleichgestellt gewesen sei. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der entsprechende Rahmenkollektivvertrag angewandt worden sei. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. März 2007 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Kooperationsverband H.-S.-Obst nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe. Die Entscheidung im Bescheid vom 09. August 2000 sei nicht zu beanstanden. Den hiergegen durch den Kläger am 20. März 2007 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2008 zurück. Eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sei nicht möglich, da die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Auch eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG (verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft) komme nicht in Betracht. Hierfür sei eine Ermessensentscheidung der damaligen, zuständigen Stelle erforderlich gewesen, die nicht mehr nachgeholt werden könne.

5

Der Kläger hat am 07. Juli 2008 erneut Klage beim SG erhoben. Mit Beschluss vom 09. Oktober 2009 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Dies sei sachdienlich, da bisher keine Klärung zur Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vorliege, welche von der bisherigen ständigen Rechtsprechung des 4. Senats des BSG abweiche. Nach der Fortsetzung des Verfahrens am 04. August 2010 hat das SG die Klage mit Urteil vom 29. August 2013 abgewiesen. Der Kläger erfülle bereits die persönliche Voraussetzung, die das BSG aufgestellt habe, nicht. Er sei als Gartenbauingenieur nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Darüber hinaus seien auch die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Tätigkeit im Kooperationsverband H.-S.-Obst sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens erfolgt. Eine Gleichstellung komme nicht in Betracht, da der Kooperationsverband kein VEG gewesen sei. Eine nachträgliche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG sei ausgeschlossen, da die erforderliche Ermessensentscheidung nicht mehr nachgeholt werden könne.

6

Gegen das am 07. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. September 2013 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Abschluss als Diplomgartenbauingenieur sei ein technischer Ingenieurabschluss. Insbesondere beinhalte das Studium auch die Fachrichtung Mechanisierung und Technik, was sich aus dem Abschlusszeugnis ergebe. Darüber hinaus habe er die Tätigkeit nicht im Kooperationsverband H.-S.-Obst, sondern als Leiter der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst ausgeübt. Diese sei als Arbeitgeber anzusehen und einem VEG gleichgestellt gewesen. Weiterhin sei er als verdienstvoller Leiter einer kooperativen Einrichtung auch in das Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG einzubeziehen.

7

Der Kläger beantragt,

8

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 09. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2000 den Zeitraum vom 14. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz, hilfsweise den Zeitraum vom 01. Januar 1988 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft, sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 29. August 2013 zurückzuweisen.

11

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und macht diese zum Gegenstand ihres eigenen Sachvortrages.

12

Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 11. April 2014 auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zur Frage der persönlichen Voraussetzung der Einbeziehung in die AVItech (Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – juris) und die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG (Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 50/02 R – juris) hingewiesen. Der Kläger hat an seiner bisherigen Auffassung festgehalten.

13

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

14

Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 12. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2008 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 09. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2000. Das Urteil des SG vom 29. August 2013 ist im Ergebnis und in der Begründung nicht zu beanstanden.

15

Soweit sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der Bescheid vom 09. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2000 ist rechtmäßig. Der Kläger hatte und hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den Zeitraum vom 14. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz bzw. zur zusätzlichen Altersversorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft feststellen zu lassen.

16

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11). Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden, noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.

17

Der Senat folgt zwar nicht der Rechtsprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann (vgl. Urteil vom 24. März 2011 – L 1 R 254/08 – juris). Aber auch nach dieser Rechtsprechung wären die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraums nicht erfüllt.

1.

18

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Zeitraum 14. Juli 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz berücksichtigt wird. Gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) kommt nur dann eine Einbeziehung in Betracht, wenn drei Voraussetzungen, die alle zugleich vorliegen müssen, erfüllt sind. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

19

Der Kläger erfüllte bereits die persönliche Voraussetzung nicht. Zudem übte er seine Tätigkeit als Leiter der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst auch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb, insbesondere einem VEG, aus.

a)

20

Die dem Kläger mit den Urkunden vom 29. Juni 1957 und 14. Juli 1973 verliehenen Titel Gartenbauingenieur bzw. Diplomgartenbauingenieur/Hochschulgartenbauingenieur entsprechen nicht der Berufsbezeichnung "Ingenieur" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB.

21

Zur Beantwortung der Frage, was unter der Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu verstehen ist, zieht das BSG die Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. DDR II S. 278) als faktisches Indiz heran (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – juris, Rdnr. 29). Nach § 1 Abs. 1 der Ingenieur-VO waren zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" folgende Personengruppen berechtigt:

22

in der Wortverbindung "Dr.-Ing." und "Dr.-Ing. habil." Personen, denen dieser akademische Grad von einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen, Universitäten und Akademien der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt verliehen wurde;

23

in der Wortverbindung "Dipl.-Ing." Personen, die den Nachweis eines ordnungsgemäß abgelegten technischen Abschlussexamens an einer deutschen Hochschule oder Universität vor 1945 oder den Hochschulen bzw. Universitäten der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können und denen das entsprechende Diplom verliehen wurde;

24

Personen, die den Nachweis eines abgeschlossenen technischen Studiums bzw. einer erfolgreich abgelegten Prüfung durch das Ingenieurzeugnis einer staatlich anerkannten deutschen Fachschule vor 1945 oder einer Fachschule der Deutschen Demokratischen Republik nach diesem Zeitpunkt erbringen können;

25

Personen, denen die Berufsbezeichnung "Ingenieur" aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt wurde.

26

Im Übrigen galten die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Buchstaben b und c Ingenieur-VO (nur noch) für die Berufsbezeichnung "Dipl.-Ing. Ök." und "Ing.-Ök." (§ 1 Abs. 2 Ingenieur-VO). § 1 Abs. 2 Ingenieur-VO ist somit eindeutig zu entnehmen, dass ausschließlich die Berufsbezeichnung Diplom-Ingenieurökonom bzw. Ingenieurökonom der Bezeichnung Diplom-Ingenieur bzw. Ingenieur gleichstand. Alle anderen Bezeichnungen, auch wenn sie den Wortteil Ingenieur enthalten, wie die dem Kläger verliehene Titel "Gartenbauingenieur bzw. Diplomgartenbauingenieur/Hochschulgartenbauingenieur", haben diese Gleichstellung nicht erfahren.

27

Vielmehr waren nach der Anlage "Verzeichnis der Berufsbezeichnungen für Absolventen der Universitäten, Hoch- und Fachschulen" zur "Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung" vom 03. März 1976 (GBl. Sonderdruck Nr. 869) und der Anlage "Verzeichnis der Berufsbezeichnungen für Absolventen der Universitäten, Hoch- und Fachschulen" zur "Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung" vom 25. Oktober 1979 (GBl. Sonderdruck Nr. 1024) Diplomgartenbauingenieure in der DDR nicht berechtigt den Titel "Diplomingenieur" zu führen (vgl. auch LSG für das Land Brandenburg, Urteil vom 12. April 2005 – L 22 RA 324/04 – juris, Rdnr. 33; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Februar 2006 – L 27 RA 246/07 – juris, Rdnr. 36; Sächsisches LSG, Urteil vom 09. Juli 2007 – L 7 R 739/06 – juris, Rdnr. 33). Die genannten Regelungen differenzierten die Berufsbezeichnungen der Hochschulausbildung nach der Fachrichtungsgruppe bzw. der Fachrichtung. Als solche werden dort u. a. genannt: Technische Wissenschaften mit den Fachrichtungen Maschinenwesen, Werkstoffwesen, Verfahrenstechnik, Elektrotechnik oder Elektronik, Bauwesen, Städtebau und Architektur, Verkehrswesen, Geodäsie und Kartografie, Bergbau, Informationsverarbeitung, Verarbeitungstechnik, übrige Ingenieurdisziplinen mit der Berufsbezeichnung Diplomingenieur sowie Agrarwissenschaften mit den Fachrichtungen Pflanzenproduktion, Agrochemie und Pflanzenschutz, Pflanzenzüchtung und Saatgutproduktion und Tierproduktion mit der Berufsbezeichnung Diplomagraringenieur, gärtnerische Produktion mit dem Titel Diplomgartenbauingenieur, Fischproduktion mit der Berufsbezeichnung Diplomfischingenieur, Veterinärmedizin mit der Bezeichnung Tierarzt, Forstwirtschaft mit der Berufsbezeichnung Diplomforstingenieur, Meliorationswesen mit der Berufsbezeichnung Diplommeliorationsingenieur, Mechanisierung der Landwirtschaft sowie Lebensmitteltechnologie jeweils mit der Berufsbezeichnung Diplomingenieur (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2014 – L 1 RS 18/13 – juris, Rdnr. 16, zum Meliorationsingenieur).

28

Dem ist zu entnehmen, dass die Absolventen der Agrarwissenschaften nur dann befugt waren, den Titel eines Diplomingenieurs zu führen, sofern sie einen Abschluss in der Fachrichtung Mechanisierung der Landwirtschaft oder Lebensmitteltechnologie besaßen. Die anderen Absolventen aus dem Bereich Agrarwissenschaften führten diesen Titel nicht. Auch der Kläger war daher aufgrund seines Studiums an der H.-Universität B., Sektion Gartenbau berechtigt, die Berufsbezeichnung Hochschulgartenbauingenieur, nicht aber Diplomingenieur zu führen. Auch wenn das Studium des Klägers technische Bereiche beinhaltete und die Diplomarbeit eine technische Fragestellung betraf, führte dies nach den Vorschriften der DDR nicht zu der Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" im Sinne der 2. DB zu führen.

b)

29

Der Kläger unterfällt auch keiner der weiteren, in der 2. DB genannten Fallgruppen. So regelt § 1 Abs. 1 der 2. DB den Kreis der Versorgungsberechtigten wie folgt:

30

"Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gelten:

31

Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Außerdem können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden."

32

Der Kläger ist weder Konstrukteur noch Techniker im Sinne dieser Regelung. Er ist auch nicht als "Werkdirektor" unmittelbar einzubeziehen. Als Werkdirektor ist der Direktor eines volkseigenen oder gleichgestellten Betriebes anzusehen. Der Kläger war jedoch Leiter der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst. Diese war weder ein volkseigener Betrieb noch ein (gleichgestelltes) volkseigenes Gut. Vielmehr handelt es sich bei dem Kooperationsverband nach § 14 i.V.m. § 10 Abs. 2 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG-Gesetz, GBl. DDR I, Nr. 25 S. 443) um einen Zusammenschluss von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und/oder anderen Kooperationspartnern, wie z.B. volkseigenen Gütern (vgl. zu kooperativen Einrichtung/Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) nach § 13 LPG-Gesetz: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04. November 2004 – L 1 RA 61/01 – juris; zur Zwischengenossenschaftlichen Bauorganisation (ZBO) BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R – juris). Dies zeigen auch die durch den Kläger vorgelegten Unterlagen. Aus der Mitteilung vom 01. März 1982 geht hervor, dass der Rahmenkollektivvertrag VEG Pflanzenproduktion mit Wirkung vom 01. Oktober 1982 bei der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst eingeführt wurde. Eines solchen ausdrücklichen Anwendungserlasses hätte es nicht bedurft, wenn diese bereits ein volkseigenes Gut gewesen wäre. Auch die von dem Kläger angeführten Umstände, dass es sich bei der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst um eine eigenständige juristische Person gehandelt habe und er ab dem 01. Oktober 1982 dort als Direktor beschäftigt gewesen sei, ändern an der Einordnung der Einrichtung nichts. Auch der Kläger geht offenbar davon aus, dass insoweit eine Gleichstellung mit einem volkseigenen Gut vorlag, die Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst aber selbst kein volkseigenes Gut gewesen ist. Dies entspricht auch der sich aus § 14 LPG-Gesetz ergebenden Rechtslage in der DDR. Demzufolge kann der Kläger aber auch nicht als "Werkdirektor" im Sinne der 2. DB angesehen werden, da keine leitende Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb oder gleichgestellten Betrieb vorlag. Eine Gleichstellung der ZBE, ZBO, kooperativen Einrichtungen nach § 13 LPG-Gesetz oder Kooperationsverbänden nach § 14 LPG-Gesetz mit den zugehörigen Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtungen erfolgte im Rahmen der 2. DB gerade nicht. Für eine erweiternde Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BSG kein Raum; es besteht ein Analogieverbot (st. Rspr., vgl. Urteil vom 07. September 2006 – B 4 RA 41/05 R – juris, Rdnr. 16). Hierfür spricht auch, dass gerade für die Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft ein eigenständiges Zusatzversorgungssystem geschaffen wurde (Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG). Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn bereits jeder Leiter einer solchen Einrichtung als "Werkdirektor" nach der 2. DB in die AVItech einbezogen werden konnte, wobei dann sogar ein Ingenieurtitel entbehrlich gewesen wäre.

c)

33

Nach den obigen Ausführungen war die Gemeinsame Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst kein volkseigener Produktionsbetrieb und auch diesem (z.B. als volkseigenes Gut) nicht gleichgestellt. Da auch eine erweiternde Auslegung des Anwendungsbereichs der 2. DB nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) nicht möglich ist, wird auch die betriebliche Voraussetzung durch den Kläger nicht erfüllt. Eine fiktive Einbeziehung in die AVItech kommt daher auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht.

2.

34

Darüber hinaus kann der Kläger auch keine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft beanspruchen. Nach den bundesrechtskonform auszulegenden Regeln dieses Versorgungssystems bestand am 30. Juni 1990 kein Recht, das die Beklagte im Sinne einer gebundenen Verwaltung verpflichtet hätte, den Kläger durch Einzelfallregelung in das Versorgungssystem einzubeziehen.

35

Auszugehen ist insoweit von der erst zum 01. Januar 1988 in Kraft getretenen Anordnung über die zusätzliche Versorgung für verdienstvolle Vorsitzende von Produktionsgenossenschaften und Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft vom 31. Dezember 1987. Gemäß § 1 der Anordnung galt diese für "verdienstvolle Vorsitzende der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, gärtnerischen Produktionsgenossenschaften, Produktionsgenossenschaften der Binnenfischer und anderer Produktionsgenossenschaften der Landwirtschaft, Leiter kooperativer Einrichtungen der Landwirtschaft sowie Leiter von Agrar-Industrie-Vereinigungen (nachfolgend Vorsitzende und Leiter genannt)." Diesem Anwendungsbereich könnte der Kläger als Leiter der Gemeinsamen Wirtschaftseinrichtung des Kooperationsverbandes H.-S.-Obst grundsätzlich unterfallen. Die Anordnung hätte aber frühestens ab dem 01. Januar 1988 und nicht bereits ab dem 14. Juli 1973, wie vom Kläger begehrt, eine Einbeziehung ermöglicht (§ 21 Abs. 1 der Anordnung).

36

Allerdings erforderte die Einbeziehung eine konkrete Einzelfallentscheidung. Der Vorsitzende des zuständigen Rates des Bezirks hatte das Recht, auf Vorschlag des Vorsitzenden des zuständigen Rates des Kreises, Vorsitzende und Leiter einzubeziehen, die durch ihre Tätigkeit einen hohen persönlichen Beitrag für die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung der Landwirtschaft leisteten, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) angehörten und für die tatsächlichen Bruttoeinkünfte über 7.200 Mark jährlich bzw. 600 Mark monatlich Beiträge zur FZR zahlten (§ 3 der Anordnung). Eine Verpflichtung zur Einbeziehung bestand mithin nicht. Bestimmte konkrete Auswahlkriterien, bei deren Vorliegen der Vorsitzende/Leiter einen Rechtsanspruch auf Einbeziehung hatte, waren nicht vorgegeben. Damit wird deutlich, dass nach bundesrechtlichem Maßstab eine gesetzlichen Anforderungen entsprechende willkürfreie Entscheidung nach den Regelungen dieses Systems nicht gewährleistet war. Es stand somit letztlich im freien Ermessen des mit der Gewährung der zusätzlichen Altersversorgung befassten Personenkreises, wer im Einzelfall in die zusätzliche Altersversorgung einbezogen wurde. Dementsprechend hat das BSG entschieden, dass alle Regelungen der Versorgungssysteme kein Bundesrecht wurden, die eine bewertende Entscheidung ("verdienstvoll") und/oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, eines Direktors oder einer staatlichen Stelle der DDR vorsahen (vgl. u. a. Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 50/02 R – juris). Da eine derartige (Ermessens-)Entscheidung mithin allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstab hätte getroffen werden können, darf sie mangels sachlicher, objektivierbarer bundesrechtlich nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend "ersetzt" werden (vgl. BSG, a.a.O., juris, Rdnr. 16). Das Bundesverfassungsgericht ist dieser Auffassung gefolgt (Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 445/05 – juris). Hier wird ausdrücklich ausgeführt:

37

"Die maßgebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 der Anordnung eröffnete in Bezug auf die Einbeziehung von Vorsitzenden und Leitern in das entsprechende Versorgungssystem ein Ermessen für die dafür zuständige Verwaltung. Dies schließt die Annahme eines fiktiven Anspruchs aus."

38

Eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 1 zum AAÜG kam daher bereits mangels ausdrücklicher Verwaltungsentscheidung der DDR (rückwirkend als fiktiver Anspruch) nicht in Betracht.

II.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 183 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

III.

40

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtsprechung des BSG ab.


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.