Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Okt. 2013 - L 3 AL 378/13 B

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2013:1031.L3AL378.13B.0A
bei uns veröffentlicht am31.10.2013

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 12. August 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

In dem bei dem Sozialgericht anhängig gewesenen Klageverfahren S 6 AL 34/10 war der Beschwerdeführer zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 31. Mai 2013 als Zeuge geladen. Zu dem Termin erschien der Zeuge nicht. Das Klageverfahren wurde im Termin durch Vergleich erledigt. Mit Schreiben vom 11. Juni 2013 forderte das Sozialgericht den Beschwerdeführer auf, binnen zwei Wochen mitzuteilen, warum er nicht zum Termin erschienen sei. Auch hierauf reagierte der Beschwerdeführer nicht. Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 erinnerte das Sozialgericht ihn unter Fristsetzung zum 26. Juli 2013 an die Beantwortung des Schreibens vom 11. Juni 2013 und führte aus, bei Nichtäußerung innerhalb der Frist werde davon ausgegangen, dass kein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zum Termin am 31. Mai 2013 vorgelegen habe. Insoweit komme die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Betracht. Sowohl die Ladung als auch die Schreiben vom 11. Juni 2013 und 4. Juli 2013 sind dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist erging der Beschluss des Sozialgerichts vom 12. August 2013, mit dem dem Beschwerdeführer wegen seines Nichterscheinens zum Termin am 31. Mai 2013 ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR sowie die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt wurden. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen. Am 6. September 2013 erklärte der Beschwerdeführer zur Niederschrift des Sozialgerichts, er habe den Beschluss vom 12. August 2013 erhalten. Zum Zeitpunkt des Termins am 31. Mai 2013 sei er krank gewesen. Er habe vergessen, sich zu melden; eine Krankschreibung habe ihm nicht ausgestellt werden können, da er keinerlei Leistungsbezüge erhalten habe. Selbst seine Krankenkassen-Beiträge müssten seine Eltern für ihn zahlen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne er das Ordnungsgeld nicht zahlen, da er erst ab Oktober Arbeitslosengeld II erhalte.

2

Das Sozialgericht hat diese Eingabe als Beschwerde ausgelegt und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.

II.

3

Die vom Sozialgericht zutreffend als solche ausgelegte Beschwerde, an der ein Beschwerdegegner nicht beteiligt ist (vgl. allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [SGG], 10. Aufl. Vor § 172 Rz 3), ist zulässig, aber nicht begründet. Denn der Beschwerdeführer ist in dem Termin am 31. Mai 2013 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen und hat bis zum Sitzungsende auch keine entschuldigende Erklärung für sein Nichterscheinen abgegeben. Das Sozialgericht ist deshalb gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 380 Abs. 1 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) berechtigt und verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld sowie die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen.

4

Dass der Beschwerdeführer nunmehr - nach Erlass des Beschlusses vom 12. August 2013 - den Entschuldigungsgrund einer Krankheit geltend macht, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels bei nicht rechtzeitiger Entschuldigung nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben (§ 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Der Senat sieht sich aus prozessökonomischen Gründen nicht gehindert, die nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründe im Sinne von § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO hier im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 12. August 2013 zu überprüfen (ähnlich für den Fall eines zunächst unentschuldigt nicht erschienenen Zeugen LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. August 2012, L 7 SF 1/12 B, zitiert nach juris; anders - im Sinne der Notwendigkeit eines gesonderten zweiten Beschlusses des Sozialgerichts - bei Nichterscheinen eines Klägers trotz Anordnung seines persönlichen Erscheinens LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. April 2012, L 15 SF 8/12 B, zitiert nach juris).

5

Vorliegend hat der Beschwerdeführer zwar behauptet, am Terminstag erkrankt gewesen zu sein; er hat zu seiner angeblichen Erkrankung jedoch keine näheren Angaben gemacht, die eine Überprüfung ermöglichen könnten. Vor diesem Hintergrund ist noch nicht einmal der Entschuldigungsgrund als solcher glaubhaft. Dass eine Krankschreibung wegen fehlenden Leistungsbezuges nicht habe erfolgen können, ist nicht überzeugend, weil der Beschwerdeführer gleichzeitig mitteilt, selbst seine Krankenkassen-Beträge müssten seine Eltern für ihn zahlen (so dass offenbar ein Krankenversicherungsschutz bestand). Nachdem der Beschwerdeführer auch auf die gerichtlichen Schreiben vom 11. Juni 2013 und 4. Juli 2013 nicht reagiert hat, ist eher der Eindruck entstanden, dass er sich um die Terminswahrnehmung ebenso wie um die nachträgliche Entschuldigung seines Nichterscheinens aus Nachlässigkeit oder Desinteresse nicht weiter gekümmert hat.

6

Wegen fehlender Glaubhaftmachung kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführer an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Denn er hat nicht einmal im Ansatz geltend gemacht, dass bzw. aus welchen Gründen er an der Beantwortung der gerichtlichen Schreiben vom 11. Juni 2013 und 4. Juli 2013 gehindert gewesen wäre.

7

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil der Beschwerdeführer nicht zum kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört (vgl. zur Anwendung des Grundsatzes der Kostenfreiheit nach § 183 SGG bei Beschwerden eines Zeugen gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 2. April 2008, L 7 B 6/08 AL, und vom 21. August 2012, a.a.O ; LSG Bayern, Beschluss vom 12. März 2012, L 2 SF 453/11 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.März 2012, L 13 SB 163/11 B, jeweils zitiert nach juris).Da die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens zu tragen.

8

Eine Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich. Unabhängig von der Höhe des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beträgt die Gerichtsgebühr gemäß § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zum GKG) in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung pauschal 60,00 EUR.

9

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


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Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschluss, 31. Okt. 2013 - L 3 AL 378/13 B zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen


(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieb

Zivilprozessordnung - ZPO | § 381 Genügende Entschuldigung des Ausbleibens


(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung de

Referenzen

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nach Satz 1 nicht rechtzeitig, so unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben.

(2) Die Anzeigen und Gesuche des Zeugen können schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder mündlich in dem zur Vernehmung bestimmten neuen Termin angebracht werden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.