Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 01. Okt. 2008 - L 5 B 342/08 AS

ECLI:ECLI:DE:LSGRLP:2008:1001.L5B342.08AS.0A
bei uns veröffentlicht am01.10.2008

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 6.8.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 11 AS 439/08 beim Sozialgericht (SG) Koblenz.

2

Am 28.2.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 250,-- € für Anschaffungen (Trainingsanzug, Turnschuhe, Turnhose, Badehose, Bademantel, Schlafanzüge, Freizeithose, Schuhe, Reisetasche) im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 28.2.2008 dieses Darlehen. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Bewilligung als Darlehen und begehrte die Leistung als Zuschuss. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.4.2008 zurück, weil die Voraussetzungen für einen Zuschuss nach § 23 Abs 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht erfüllt seien. Hiergegen hat der Kläger am 14.5.2008 Klage erhoben.

3

Das SG hat den Antrag des Klägers auf PKH für das Klageverfahren durch Beschluss vom 6.8.2008 abgelehnt, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Denn die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung als Zuschuss seien nicht erfüllt. Gegen diesen ihm am 11.8.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11.9.2008 eingelegte Beschwerde des Klägers.

II.

4

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172 f Sozialgerichtsgesetz - SGG). Der Umstand, dass die Berufung im Hauptsacheverfahren nicht statthaft ist, steht der Statthaftigkeit der Beschwerde nicht entgegen (Beschluss des Senats vom 10.6.2008 - L 5 ER 91/08 AS).

5

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf PKH zu Recht wegen Fehlens der Erfolgsaussicht des Klageverfahrens (§ 73a Abs 1 Satz 1 iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO) abgelehnt.

6

Der Kläger hat keinen Anspruch auf den von ihm beantragten Betrag in Höhe von 250,-- € als Zuschuss. Grundsätzlich wird der Bedarf des Betroffenen durch die Regelleistung nach dem SGB II in vollem Umfang abgedeckt. Die Beklagte hat vorliegend die Voraussetzungen einer Ausnahme hiervon nach § 23 Abs 1 SGB II bejaht und dem Kläger ein Darlehen bewilligt. Die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 SGB II, wo bestimmte Ausnahmefälle geregelt sind, bei denen in solchen Fällen die Leistungsgewährung im Wege des Zuschusses erfolgt, sind beim Kläger nicht erfüllt. Davon kommt lediglich § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II in Form der Alternative „Erstausstattungen für Bekleidung“ in Betracht. Ein Anspruch auf dieser Grundlage scheidet aber im Ergebnis aus.

7

Die Leistungsgewährung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II ist, ebenso wie bei Erstausstattungen für die Wohnung (§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II), im Sinne eines „Startpaketes“ im Falle einer grundlegend neuen Lebenssituation zu verstehen (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 23 Rz 343, 363). Dafür spricht neben dem Begriff Erstausstattung auch die gleichzeitige Erfassung von Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt in derselben Vorschrift. Der Begriff der Erstausstattung setzt deshalb voraus, dass so gut wie keine Ausstattung für die jetzige Bedarfssituation vorhanden ist. Dies kann zB nach längerer Haft oder Obdachlosigkeit oder infolge starker Gewichtsveränderungen der Fall sein (Hengelhaupt aaO Rn 364). Ausgehend davon sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen einer Erstausstattung nicht erfüllt, weil die Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme keine neue Bedarfssituation aufgrund grundlegend neuer Lebensumstände begründet und zudem der vorhandene Bekleidungsbestand nur ergänzt (vgl Hengelhaupt aaO Rn 365) werden soll.

8

Die gegenteilige Auffassung von Lang/Blüggel (in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 23 Rn 105), unter den Begriff „Erstausstattungen“ fielen alle Bekleidungsstücke, die bisher nicht aufgrund gewährter Sozialleistungen beim Hilfesuchenden vorhanden sind, widerspricht dem Gesetzeswortlaut sowie der Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass der Bedarf des Arbeitsuchenden, abgesehen von eng begrenzten Ausnahmen, durch den Regelsatz abgedeckt ist. In Anbetracht der eindeutigen Rechtslage kann vorliegend nicht auf den Grundsatz, dass zweifelhafte Rechtsfragen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden sollen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 73a Rn 7b), abgestellt werden.

9

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens ist ausgeschlossen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO).

10

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 23 Besonderheiten beim Bürgergeld für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte


Beim Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 gelten ergänzend folgende Maßgaben:1.Als Regelbedarf wird bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahre

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.