Landessozialgericht NRW Urteil, 29. Feb. 2016 - L 3 R 740/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.07.2013 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im Deutschen Medizinischen Zentrum (DMZ) am Toten Meer.
3Der am 00.00.1952 geborene Kläger entrichtete von April 1968 bis im Juli 1986 184 Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Sodann war er bis Dezember 2010 als Geschäftsführer im Maschinenbau tätig. Nach einer Auskunft des Arbeitgebers, der Firma X Kunststofftechnik, vom 27.02.2014 ist der Kläger seit Januar 2011 als Maschinenbautechniker versicherungspflichtig tätig.
4Am 07.04.2010 beantragte der Kläger im Wesentlichen wegen einer Sklerodermie vom Akrosklerosetyp sowie einer undifferenzierten Spondylarthritis die Gewährung einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation am Toten Meer. Mit Bescheid vom 03.05.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von drei Wochen im Klinikum Bad Bramstedt, Bad Bramstedt.
5Mit seinem Widerspruch vom 07.06.2010 machte der Kläger unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Bayern (Urteil vom 26.11.2008 - L 16 R 892/07) geltend, dass nur eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer erfolgversprechend sei. Mit Schreiben vom 09.09.2010 bot die Beklagte dem Kläger alternativ eine Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik Bad Bentheim, Bad Bentheim, an. In dieser Klinik sei eine gesamtindikationsgerechte Leistung zur medizinischen Rehabilitation möglich. Nachdem sich der Kläger zu diesem Vorschlag nicht geäußert hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2010 den Widerspruch als unbegründet zurück. Der vom Kläger gewünschte Rehabilitationsort werde nicht von der Deutschen Rentenversicherung Bund belegt. Eine Verpflichtung, diese Einrichtung dennoch auszuwählen, bestünde nur dann, wenn die Rehabilitation allein in dieser Einrichtung erfolgversprechend wäre. Jede andere Einrichtung, die von der Deutschen Rentenversicherung Bund betrieben werde oder mit der ein Belegungsvertrag bestehe, müsste ungeeignet sein. Vorliegend stünden mehrere geeignete eigene Rehabilitationseinrichtungen sowie auch Vertragseinrichtungen zur Verfügung. Unter Berücksichtigung des persönlichen Behandlungsbedarfes und des Zieles der Sicherung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, aber auch der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, sei das Klinikum Bad Bramstedt ausgewählt worden. Diese Einrichtung sei indikationsgerecht und erfülle die qualitativen Anforderungen.
6Der Kläger hat am 12.01.2011 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, eine medizinische Maßnahme am Toten Meer sei die einzige wirksame Maßnahme zur Erhaltung seiner Erwerbsfähigkeit. Durch im Mai und Oktober 2006 durchgeführte Maßnahmen am Toten Meer habe er eine deutliche Beschwerdelinderung bis Ende 2007 erfahren. Seit 2008 nähmen die Beschwerden zu. Eine Reha-Maßnahme in Bad Aibling habe frühzeitig aufgrund der dort durchgeführten physiotherapeutischen Behandlung und einer damit verbundenen erheblichen Verschlechterung der Beschwerden abgebrochen werden müssen. Insbesondere die Wärme am Toten Meer sei für die Beschwerden wesentlich effektiver, zumal physikalische Anwendungen am Heimatort keine zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht hätten.
7Der Kläger hat beantragt,
8die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2010 zu verurteilen, ihm Maßnahmen zur Rehabilitation in Form einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im DMZ (Medizinisches Zentrum, Rehabilitationszentrum am Toten Meer) am Toten Meer zu gewähren.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat die Auffassung vertreten, dass stationäre Leistungen zur Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht würden, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben würden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) bestehe. Ein solcher Vertrag bestehe mit den vom Kläger gewünschten Einrichtungen am Toten Meer nicht. Ein Anspruch auf Erbringung der Leistung in der begehrten Gegend bestehe daher nicht. Ein derartiger Anspruch käme nur in Frage, wenn einzig eine Leistung am Toten Meer eine erfolgreiche Rehabilitation verspräche. Das sei jedoch nicht der Fall. In der von der Beklagten ausgewählten Rehabilitationseinrichtung sei die bei dem Kläger erforderliche intensive Behandlung gewährleistet. Zudem würden dort die qualitativen Anforderungen der Deutschen Rentenversicherung Bund an eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation und alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rehabilitation erfüllt.
12Das Sozialgericht hat den Facharzt für Innere Medizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. A mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat nach Untersuchung des Klägers am 08.07.2011 folgende Diagnosen gestellt: - Systemische Bindegewebserkrankung (ED 05) (Sklerodermie Typ, M. Raynaud Symptomatik, Ösophagusmotilitätsstörungen, Undifferenzierte Polyarthritis, sklerodermieassoziiert, Psoriasis Typ ohne Psoriasis, Immunsuppressive entzündungshemmende Dauertherapie, Z.n. extrakorporaler Photophorese, Z.n. einmaliger Illomedinbehandlung über 5 Tage mit Flush Symptomatik 4/09), - Schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom (statisch, muskulär und degenerativ, undifferenzierte Spondylarthitis, Sakroiliitis, mit Nervenreizungen, cortisonbedingte Knochendichteminderung), - Schmerzhaftes Schultersyndrom re. (Knorpelaufbrauchserscheinungen mit reaktiver Entzündung, Sehnenansatzreizungen, Engpasssymptomatik), - Hämochromatose (ED 9/06), - Bluthochdruck mit Linksherzbelastung, Blutdruckschwankungen und Schwindelerscheinungen, - Z.n. effektiven operativem Verschluss Foramen ovale, - Noduläre Schilddrüsenveränderung, - Fettstoffwechselstörung, - Niktotinabusus. Ohne Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation in einem geeigneten Heilklima in Verbindung mit kurortspezifischem Heilmittel sei mit häufigen und länger andauernden Ausfallzeiten durch Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, die durchaus mehr als die Hälfte eines Arbeitsjahres ausmachen könnten. Durch die vom Kläger beantragten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation könne eine bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit zwar nicht wiederhergestellt, jedoch wesentlich gebessert werden. Bei der beim Kläger vorliegenden leistungseinschränkenden Multimorbidität sei eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation am Toten Meer nicht die einzig wirksame Maßnahme zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Ein vergleichbarer Genesungserfolg lasse sich allerdings nicht über die Unterbringung in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung in Bad Bramstedt, Bad Bentheim oder einer anderen Einrichtung der Rentenversicherung in der Bundesrepublik, mit der die Beklagte einen Belegungsvertrag habe, erreichen. Indikationsbezogen für die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen fielen Kosten bei einer Maßnahme in Israel in Höhe von 3.440,00 EUR und in Jordanien in Höhe von 3.245,00 EUR (Fallpauschale für 21 bis 28 Tage) an. Vergleichsweise betrügen die Kosten in Deutschland in einer Belegklinik der Beklagten für eine dreiwöchige Behandlung z.B. im Klinikum Bad Bramstedt 2.415,63 EUR. Nach Auskunft eines mit der Durchführung von Reha-Maßnahmen am Toten Meer seit Jahrzehnten sehr erfahrenen Reiseveranstalters und Vertragspartners mehrerer gesetzlicher Krankenkassen (Gesundheitsreisen X1 GmbH, Hamburg) kämen dann noch zusätzliche Kosten, je nach Unterbringung in einem Einzel- oder Doppelzimmer, auf die Patienten zu.
13In einer ergänzenden Stellungnahme vom 07.11.2011 hat der Sachverständige ausgeführt, der Vorhalt der Beklagten, dass sie keinen Vertrag mit Einrichtungen am Toten Meer habe, sei medizinisch sachlich nicht begründet. Nicht ohne guten Grund bestehe ein solcher Vertrag mit zahlreichen gesetzlichen Krankenkassen, die ebenfalls an sachlich wirtschaftliche Sachzwänge gebunden seien. Vorliegend liege der Erfolg einer medizinischen Behandlung vorrangig an heilklimatischen und ortsgebundenen Heilmitteln. Diese seien in dieser Form nur am Toten Meer gegeben.
14Sodann hat das Sozialgericht Dr. C (Chefarzt der Klinik für Rheumaorthopädie des St. K-Stifts, T) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger am 07.05.2011 untersucht und folgende Diagnosen gestellt: - diskrete Sklerodermie vom Akrosklerosetyp mit arteriellen Durchblutungsstörungen der Endglieder (Raynaud-Syndrom) sowie Ösophagusmotilitätsstörungen, - undifferenzierte Spondylarthritis, - Omalgie beidseits, - coxalgieforme Beschwerden rechts, - sekundäres Fibromyalgiesyndrom, - Osteoporose, - Hämochromatose, - Bluthochdruck, - Blutfettwechselstörung, - Fettleber, - Krampfaderleiden, - chronischer Nikotinabusus. Infolge dieser Gesundheitsstörungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers für seinen Beruf gemindert und gefährdet. Die bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit könne durch die beantragte Leistung zur medizinischen Rehabilitation wesentlich gebessert, aber nicht wiederhergestellt werden. Eine wesentliche Verschlechterung könne abgewendet werden. Nach dem bisherigen Krankheitsverlauf brächten die Rehabilitationsmaßnahmen am Toten Meer einerseits durch die günstigen heilklimatischen Bedingungen mit trockener, heißer Luft, UV-Licht und einmaliger Zusammensetzung des Meerwassers und andererseits durch die einzelnen physikalischen Behandlungen wie Schlammbäder, Schwefelbäder, Moorbäder sowie krankengymnastische Übungen im Thermalwasser über 33° bei warmer Umgebungsluft eine nachhaltige Linderung der Beschwerden für ein halbes Jahr. Jedoch könne ebenso wie am Toten Meer in der U-Fachklinik, Bad T, die Balneophototherapie unter durch ein spezielles und patentiertes System nachgestellten Bedigungen des Toten Meeres durchgeführt werden. Nach einer Auskunft der Barmer Krankenkasse gebe es eine Fallpauschale, die sich auf 3.126,00 EUR für einen Aufenthalt von 21 bis 42 Tage belaufe. Vergleichsweise betrügen die Kosten in Deutschland in einer Beleg-Klinik der Deutschen Rentenversicherung Bund für eine dreiwöchige Behandlung von 1.900,00 bis 2.300,00 EUR, ebenfalls als Fallpauschale.
15In einer ergänzenden Stellungnahme vom 30.10.2012 hat Dr. A ausgeführt, dass es unter heilklimatischen Gesichtspunkten, die bei der Indikation eine vorrangige Rolle spielten, naturgemäß durch eine Rehabilitationsmaßnahme in der U-Fachklinik oder irgendeiner anderen Reha-Klinik in Deutschland ein vergleichbarer Heilerfolg wie durch eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer nicht erreicht werden könne. Der Unterschied zwischen dem Toten Meer und Bad T und andernorts sei die Filtration der UV-Strahlen mit einem ortsgebundenen einzigartigen Muster.
16Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 05.07.2013 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.05.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2010 verurteilt, dem Kläger Maßnahmen zur Teilhabe in Form einer stationären, medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im DMZ am Toten Meer zu gewähren. Das Sozialgericht hat sich dabei den Ausführungen des Dr. A angeschlossen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass Einrichtungen in Israel den Qualitätsstandards der Rentenversicherung nicht entsprächen, zumal es Einrichtungen wie das DMZ gebe, die Versorgungsverträge mit deutschen Krankenkassen abgeschlossen hätten, die auch die Qualitätsstandards des SGB IX berücksichtigen müssten. So werde das DMZ von den gesetzlichen Krankenkassen als Reha-Klinik anerkannt und auch von Trägern der Deutschen Rentenversicherung belegt. Zudem könne die Beklagte auf die Einhaltung ihrer Qualitätsanforderungen ggf. durch Abschluss eines Einzelvertrages gemäß § 21 SGB IX hinwirken. Dies sei für den zu entscheidenden Einzelfall aber auch nicht relevant, da bei der Prüfung der Qualität und Wirksamkeit die Anforderungen an die Qualität hinter den Aspekt der Wirksamkeit zurücktreten müssten, wenn nur durch eine bestimmte Maßnahme eine ausreichende Wirksamkeit erreicht werden könne. Die Beklagte könne sich unter diesen Umständen auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet sei, die inländischen Einrichtungen, mit denen sie Verträge abgeschlossen habe, zu bevorzugen. Die Leistungen im Ausland seien auch wirtschaftlicher. Zwar sei eine Behandlung am Toten Meer rein kaufmännisch betrachtet teurer als eine Behandlung in einer Belegklinik der Beklagten. Allerdings seien bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit nicht nur rein wirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen, sondern vielmehr auch der diagnostische und der therapeutische Nutzen. Die Maßnahme im Ausland müsse einen weitergehenden Erfolg bzw. eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit versprechen als im Inland, um das Merkmal der Wirtschaftlichkeit zu erfüllen. Dies sei schon wegen des länger anhaltenden Heilerfolges der Fall.
17Gegen das am 15.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.07.2013 Berufung eingelegt. Bei der am Toten Meer angebotenen Behandlung handele es sich um eine rein organzentrierte Bade-Lichttherapie, die - unabhängig davon, ob sie am Toten Meer oder im Inland durchgeführt werde - dem versorgungsspezifischen Auftrag der Gesetzlichen Rentenversicherung nicht gerecht werde und isoliert keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation sei. Die organzentrierte Behandlung einer akuten Krankheit sei Aufgabe der Krankenkassen. Ein temporärer Behandlungserfolg am Toten Meer erfülle nicht die Forderung des § 18 SGB IX nach zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit und reduziere das Ermessen nicht auf Null. Die Tatsache, dass Krankenkassen mit Einrichtungen am Toten Meer Versorgungsverträge abgeschlossen hätten, sei unerheblich. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung dienten dazu, den Versicherten wieder in das Erwerbsleben einzugliedern bzw. eine drohende Erwerbsminderung zu verhindern. Diese Erwerbsorientiertheit unterscheide medizinische Rehabilitationsleistungen der Rentenversicherung von Leistungen anderer Rehabilitationsträger. Dies könne dazu führen, dass ein medizinisches Rehabilitationskonzept von der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht akzeptiert werden könne, obwohl die Einrichtung von anderen Reha-Trägern belegt werde.
18Die Beklagte beantragt,
19das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.07.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
20Der Kläger beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
23Der Senat hat eine Auskunft der X Kunststofftechnik, N, vom 27.02.2014 sowie einen Befundbericht des Prof. Dr. T vom 15.07.2014 eingeholt. Nach Beiziehung von Berichten des K1 Klinikums N über ambulante Behandlungen am 20.01.2014 und am 06.05.2013 sowie über eine stationäre Behandlung vom 12.02. bis zum 21.02.2014 und der Entlassungsberichte über Kuraufenthalte des Klägers am Toten Meer in den Jahren 2006 und 2010, hat der Senat Prof. Dr. I mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat den Kläger am 08.09.2015 untersucht und folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - Initiale systemische Sklerodermie vom limitierten Typ (Akrosklerodermie), - Unspezifische Spondylarthritis mit Beteiligung des Halswirbel-, Brustwirbel- und Lumbalbereichs, verbunden mit einer Beteiligung der Iliosakralgelenke, - Schulterschmerzsyndrom beidseits sowie Hüftschmerzsyndrom rechts aufgrund von Engpass-Syndromen, - Knochenschwund, - Rheumatismus der Weichteile mit diffuser Schmerzhaftigkeit (sekundäres Fibromyalgie-Syndrom), - Vermehrter Eisengehalt des Blutes, - Bluthochdruck, - Erhöhung der Blutfettwerte. Er ist zu der Einschätzung gelangt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers für eine Tätigkeit als Maschinenbautechniker gefährdet sei. Die Erwerbsfähigkeit könne durch eine Rehabilitationsmaßnahme in der Bundesrepublik Deutschland erhalten werden. Hierfür sei die U-Fachklinik in Bad T geeignet. Eine Linderung der Beschwerdesymptomatik sei zu erwarten. Die Linderung oder Besserung werde allerdings voraussichtlich nur vorübergehend sein. Durch eine Klimatherapie am Toten Meer sei eine vorübergehende Linderung der Beschwerdesymptomatik zu erwarten. Hingegen sei keine dauerhafte Linderung oder Besserung zu erwarten. Er stimme überein mit den Befunden und der Einschätzung des Heilerfolges in dem Gutachten des Dr. C. Zu der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. A sei anzumerken, dass auch das Strahlenspektrum am Toten Meer sich über den Tag hin verändere. Daten für eine Überlegenheit des Heilklimas am Toten Meer bzw. den wirksamen Anteil im Rahmen einer komplexen rehabilitativen Maßnahme würden nicht vorgelegt. Die Einholung eines weiteren - insbesondere eines rheumatologischen - Gutachtens, sei nicht erforderlich.
24Der Kläger ist mit dem Ergebnis des Gutachtens von Prof. Dr. I nicht einverstanden. Er vertritt die Auffassung, dass dieser seine Erkrankung nicht hinreichend beurteilen könne.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten (Az: 000) verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme im DMZ am Toten Meer.
28Nach § 9 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe, u. a. die hier erstrebten Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden (Satz 1 Nr 1) und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern (Satz 1 Nr 2). Gemäß § 9 Abs 2 SGB VI können die Leistungen nach Absatz 1 erbracht werden, wenn die (in § 10 SGB VI geregelten) persönlichen und (die in § 11 SGB VI geregelten) versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
29Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Maßnahmen zur Teilhabe hat der Kläger erfüllt, denn er hat die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt (§ 11 Abs 1 S 1 SGB VI). Er hat bereits in der Zeit von April 1968 bis Juli 1986 184 Pflichtbeiträge und damit für mehr als 15 Jahre (180 Monate) entrichtet.
30Ebenso hat der Kläger die persönlichen Voraussetzungen für eine Maßnahme zur Rehabilitation erfüllt. Er ist in seiner Erwerbsfähigkeit gefährdet. Diese Gefährdung kann durch eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation gemindert werden (§ 10 Abs 1 SGB VI). Dies steht zur Überzeugung des Senats auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme fest. Hiernach leidet der Kläger im Wesentlichen an einer initialen systemischen Sklerodermie vom limitierten Typ (Akrosklerodermie), einer unspezifischen Spondylarthritis mit Beteiligung des Halswirbel-, Brustwirbel- und Lumbalbereichs verbunden mit einer Beteiligung der Iliosakralgelenke, einem Schulterschmerzsyndrom beidseits sowie Hüftschmerzsyndrom rechts aufgrund von Engpass-Syndromen sowie an einem Rheumatismus der Weichteile mit diffuser Schmerzhaftigkeit (sekundäres Fibromyalgie-Syndrom). Durch eine Rehabilitationsmaßnahme kann nach der Einschätzung der Sachverständigen zumindest eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
31Welche Maßnahme zur Rehabilitation zu gewähren ist, liegt im Ermessen der Beklagten. Gemäß § 13 Abs 1 SGB VI bestimmt der Rentenversicherungsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Rehabilitationsleistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Maßstab einer gerichtlichen Entscheidung (Überprüfung) ist dabei, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Eine Verpflichtung der Beklagten zum Erlass einer bestimmten (Ermessens-) Entscheidung kann nur ausgesprochen werden, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Voraussetzung hierfür ist eine derartige Einschränkung des Ermessensspielraumes des Leistungsträgers, dass dieser rechtmäßig nur eine einzige Entscheidung treffen darf.
32Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Träger kann im Rahmen seines Auswahlermessens sowohl eigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen im Sinne des § 21 SGB IX (§15 Abs 2 Satz 1 SGB VI) im Inland, als auch (Vertrags-)Einrichtungen im Ausland (§ 18 Satz 1 SGB IX) berücksichtigen. Voraussetzung für eine Einbeziehung von Auslandseinrichtungen in das Auswahlermessen ist dabei, dass die Leistung dort bei zumindest gleicher Qualität und Wirksamkeit wirtschaftlicher ausgeführt werden kann. Eine Ermessensreduzierung auf Null der Gestalt, dass die allein vom Kläger begehrte Maßnahme zur Rehabilitation im DMZ am Toten Meer die einzig wirksame Maßnahme ist, liegt nicht vor. Alternativ kann eine Behandlung in der U-Klinik, Bad T, erfolgen. Der Senat schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen Dr. C und Prof. Dr. I an. Diese Sachverständigen kommen in ihren Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Erkrankung des Klägers, die nicht heilbar ist, durch eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation gelindert werden kann. Eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer führt - den Ausführungen der Sachverständigen folgend, die auf den Angaben des Klägers beruhen - für ein halbes Jahr zu einer nachhaltigen Linderung. Ein vergleichbarer Erfolg kann durch eine Rehabilitationsmaßnahme in der U-Fachklinik, Bad T, erzielt werden. In dieser Klinik wird die Balneophototherapie unter den Bedingungen des Toten Meeres durchgeführt. Der Einschätzung des Dr. A, Facharzt für Innere Medizin sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin und Ärztlicher Berater des Unternehmens "Gesundheitsreisen X1 GmbH", das Reisen an das Tote Meer vermittelt (www.X1-reisen.de), folgt der Senat nicht, sondern schließt sich den Ausführungen insbesondere des mit der Behandlung von Sklerodemie vertrauten Sachverständigen Prof. Dr. I an. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, Prof. Dr. I sei als Dermatologe und Allergologe nicht hinreichend qualifiziert, seine Erkrankung (Akrosklerose) zu beurteilen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Prof. Dr. I ist als Leiter der Sprechstunde Kollagenosen und Sklerodermie an der Universitätsklinik Köln mit dieser Erkrankung vertraut. Aufgaben der Sprechstunde sind die Diagnostik und Therapie der verschiedenen Formen der Sklerodermie und der Kollagenosen. Die Arbeitsgruppe beteiligt sich an verschiedenen Therapiestudien und am Netzwerk systemische Sklerodermie (http://dermatologie.uk-koeln.de/patienten/leistungsspektrum/ kollagenosen). Auf diese Klinik als Fachklinik verweist auch das Deutsche Netzwerk für Systemische Sklerodermie - DNSS auf seiner Internetseite (www.sklerodermie.info).
33Die Beklagte ist - bei gleicher Wirksamkeit einer Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer in der U-Fach-Klinik - auch nicht unter Kostengesichtspunkten verpflichtet, dem Kläger eine Rehabilitationsmaßnahme im DMZ zu bewilligen. Eine Rehabilitationsmaßnahme im DMZ ist nicht kostengünstiger als eine Rehabilitationsmaßnahme in der Bundesrepublik Deutschland. Sowohl Dr. C als auch Dr. A kommen zu dem Ergebnis, dass eine Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer einen höheren Kostenaufwand erfordert als eine Rehabilitationsmaßnahme im Inland. Dr. C hat in seinem Gutachten vom 21.05.2012 ausgeführt, dass es nach einer Auskunft der Barmer Krankenkasse für eine Kur am Toten Meer eine Fallpauschale gebe, die sich auf 3.126,00 EUR für einen Aufenthalt von 21 bis 42 Tage beläuft. Vergleichsweise betragen die Kosten in Deutschland in einer Beleg-Klinik der Deutschen Rentenversicherung Bund für eine dreiwöchige Behandlung 1.900,00 bis 2.300,00 EUR, ebenfalls als Fallpauschale. Dies wird gestützt durch die Angaben des Dr. A. Dieser hat ausgeführt, dass indikationsbezogen für die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen Kosten bei einer Maßnahme in Israel in Höhe von 3.440,00 EUR und in Jordanien in Höhe von 3.245,00 EUR (Fallpauschale für 21 bis 28 Tage) anfielen. Vergleichsweise betragen die Kosten in Deutschland in einer Belegklinik der Beklagten für eine dreiwöchige Behandlung z.B. im Klinikum Bad Bramstedt 2.415,63 EUR.
34Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
35Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 29. Feb. 2016 - L 3 R 740/13
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Ist der Träger der Eingliederungshilfe der für die Durchführung des Teilhabeplanverfahrens verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für die Gesamtplanung ergänzend; dabei ist das Gesamtplanverfahren ein Gegenstand des Teilhabeplanverfahrens. Ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der für die Durchführung des Teilhabeplans verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für den Hilfeplan nach den §§ 36, 36b und 37c des Achten Buches ergänzend.
(1) Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Antragseingang bei dem leistenden Rehabilitationsträger entschieden werden, teilt er den Leistungsberechtigten vor Ablauf der Frist die Gründe hierfür schriftlich mit (begründete Mitteilung).
(2) In der begründeten Mitteilung ist auf den Tag genau zu bestimmen, bis wann über den Antrag entschieden wird. In der begründeten Mitteilung kann der leistende Rehabilitationsträger die Frist von zwei Monaten nach Absatz 1 nur in folgendem Umfang verlängern:
- 1.
um bis zu zwei Wochen zur Beauftragung eines Sachverständigen für die Begutachtung infolge einer nachweislich beschränkten Verfügbarkeit geeigneter Sachverständiger, - 2.
um bis zu vier Wochen, soweit von dem Sachverständigen die Notwendigkeit für einen solchen Zeitraum der Begutachtung schriftlich bestätigt wurde und - 3.
für die Dauer einer fehlenden Mitwirkung der Leistungsberechtigten, wenn und soweit den Leistungsberechtigten nach § 66 Absatz 3 des Ersten Buches schriftlich eine angemessene Frist zur Mitwirkung gesetzt wurde.
(3) Erfolgt keine begründete Mitteilung, gilt die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Die beantragte Leistung gilt auch dann als genehmigt, wenn der in der Mitteilung bestimmte Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ohne weitere begründete Mitteilung des Rehabilitationsträgers abgelaufen ist.
(4) Beschaffen sich Leistungsberechtigte eine als genehmigt geltende Leistung selbst, ist der leistende Rehabilitationsträger zur Erstattung der Aufwendungen für selbstbeschaffte Leistungen verpflichtet. Mit der Erstattung gilt der Anspruch der Leistungsberechtigten auf die Erbringung der selbstbeschafften Leistungen zur Teilhabe als erfüllt. Der Erstattungsanspruch umfasst auch die Zahlung von Abschlägen im Umfang fälliger Zahlungsverpflichtungen für selbstbeschaffte Leistungen.
(5) Die Erstattungspflicht besteht nicht,
- 1.
wenn und soweit kein Anspruch auf Bewilligung der selbstbeschafften Leistungen bestanden hätte und - 2.
die Leistungsberechtigten dies wussten oder infolge grober Außerachtlassung der allgemeinen Sorgfalt nicht wussten.
(6) Konnte der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Leistungsberechtigten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese vom Rehabilitationsträger in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch auf Erstattung richtet sich gegen den Rehabilitationsträger, der zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung über den Antrag entschieden hat. Lag zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung noch keine Entscheidung vor, richtet sich der Anspruch gegen den leistenden Rehabilitationsträger.
(7) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die Träger der Eingliederungshilfe, der öffentlichen Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge.
(1) Die Träger der Rentenversicherung erbringen Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um
- 1.
den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und - 2.
dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
(2) Die Leistungen nach Absatz 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und - 2.
bei denen voraussichtlich - a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, - b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, - c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder - bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder - 2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.
(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.
(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die bei Antragstellung
- 1.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder - 2.
eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.
(2) Für die Leistungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch erfüllt, die
- 1.
in den letzten zwei Jahren vor der Antragstellung sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben, - 2.
innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen und bis zum Antrag ausgeübt haben oder nach einer solchen Beschäftigung oder Tätigkeit bis zum Antrag arbeitsunfähig oder arbeitslos gewesen sind oder - 3.
vermindert erwerbsfähig sind oder bei denen dies in absehbarer Zeit zu erwarten ist, wenn sie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
(2a) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden an Versicherte auch erbracht,
- 1.
wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre oder - 2.
wenn sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung erforderlich sind.
(3) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen haben auch überlebende Ehegatten erfüllt, die Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit haben. Sie gelten für die Vorschriften dieses Abschnitts als Versicherte.
(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und - 2.
bei denen voraussichtlich - a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, - b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, - c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder - bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder - 2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.
(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.
(1) Der Träger der Rentenversicherung bestimmt im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten im Sinne des § 8 des Neunten Buches und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend.
(2) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nicht
- 1.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein, - 2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung, - 3.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die dem allgemein anerkannten Stand medizinischer Erkenntnisse nicht entsprechen.
(3) Der Träger der Rentenversicherung erbringt nach Absatz 2 Nr. 1 im Benehmen mit dem Träger der Krankenversicherung für diesen Krankenbehandlung und Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft. Der Träger der Rentenversicherung kann von dem Träger der Krankenversicherung Erstattung der hierauf entfallenden Aufwendungen verlangen.
(4) Die Träger der Rentenversicherung vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Näheres zur Durchführung von Absatz 2 Nr. 1 und 2.
Ist der Träger der Eingliederungshilfe der für die Durchführung des Teilhabeplanverfahrens verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für die Gesamtplanung ergänzend; dabei ist das Gesamtplanverfahren ein Gegenstand des Teilhabeplanverfahrens. Ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der für die Durchführung des Teilhabeplans verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für den Hilfeplan nach den §§ 36, 36b und 37c des Achten Buches ergänzend.
(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.
(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass
- 1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden, - 2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und - 3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.
(1) Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Antragseingang bei dem leistenden Rehabilitationsträger entschieden werden, teilt er den Leistungsberechtigten vor Ablauf der Frist die Gründe hierfür schriftlich mit (begründete Mitteilung).
(2) In der begründeten Mitteilung ist auf den Tag genau zu bestimmen, bis wann über den Antrag entschieden wird. In der begründeten Mitteilung kann der leistende Rehabilitationsträger die Frist von zwei Monaten nach Absatz 1 nur in folgendem Umfang verlängern:
- 1.
um bis zu zwei Wochen zur Beauftragung eines Sachverständigen für die Begutachtung infolge einer nachweislich beschränkten Verfügbarkeit geeigneter Sachverständiger, - 2.
um bis zu vier Wochen, soweit von dem Sachverständigen die Notwendigkeit für einen solchen Zeitraum der Begutachtung schriftlich bestätigt wurde und - 3.
für die Dauer einer fehlenden Mitwirkung der Leistungsberechtigten, wenn und soweit den Leistungsberechtigten nach § 66 Absatz 3 des Ersten Buches schriftlich eine angemessene Frist zur Mitwirkung gesetzt wurde.
(3) Erfolgt keine begründete Mitteilung, gilt die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Die beantragte Leistung gilt auch dann als genehmigt, wenn der in der Mitteilung bestimmte Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ohne weitere begründete Mitteilung des Rehabilitationsträgers abgelaufen ist.
(4) Beschaffen sich Leistungsberechtigte eine als genehmigt geltende Leistung selbst, ist der leistende Rehabilitationsträger zur Erstattung der Aufwendungen für selbstbeschaffte Leistungen verpflichtet. Mit der Erstattung gilt der Anspruch der Leistungsberechtigten auf die Erbringung der selbstbeschafften Leistungen zur Teilhabe als erfüllt. Der Erstattungsanspruch umfasst auch die Zahlung von Abschlägen im Umfang fälliger Zahlungsverpflichtungen für selbstbeschaffte Leistungen.
(5) Die Erstattungspflicht besteht nicht,
- 1.
wenn und soweit kein Anspruch auf Bewilligung der selbstbeschafften Leistungen bestanden hätte und - 2.
die Leistungsberechtigten dies wussten oder infolge grober Außerachtlassung der allgemeinen Sorgfalt nicht wussten.
(6) Konnte der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Leistungsberechtigten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese vom Rehabilitationsträger in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der Anspruch auf Erstattung richtet sich gegen den Rehabilitationsträger, der zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung über den Antrag entschieden hat. Lag zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung noch keine Entscheidung vor, richtet sich der Anspruch gegen den leistenden Rehabilitationsträger.
(7) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für die Träger der Eingliederungshilfe, der öffentlichen Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.