Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Juni 2015 - L 7 R 235/13

bei uns veröffentlicht am24.06.2015

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 11. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Der Klägerin werden aus den Gerichtskosten 225,00 € auferlegt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG verpflichtet ist, den Zeitraum vom 1. Januar 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.

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Die 1945 geborene Klägerin, die nach der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nunmehr eine Altersrente bezieht, absolvierte von September 1963 bis Februar 1965 eine Berufsausbildung zur Industriekauffrau. Danach war sie bis Dezember 1967 als Disponentin und anschließend bis November 1969 als Industrienäherin tätig. Nach einer anschließenden Tätigkeit als Sachgebietsleiterin bis Juli 1970 und als Erzieherin bis Juli 1971 war die Klägerin sodann bis Februar 1973 als Disponentin beschäftigt. Im Anschluss daran war sie bis Dezember 1975 als Brigadierin tätig. Vom 1. Januar 1976 bis über den 30. Juni 1990 hinaus arbeitete sie als Sachgebietsleiterin beim VEB Nachrichtenelektronik A-Stadt. Beiträge zur FZR entrichtete sie zumindest für die Zeit von Januar 1976 bis Dezember 1988.

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Am 16. November 2011 stellte sie bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Antrag gemäß § 44 SGB X hinsichtlich der Überprüfung des Renten- als auch des vorangegangenen Bescheides auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente der Höhe nach. Zur Begründung führte sie aus, sie sei in ein Zusatzversorgungssystem einzubeziehen, da sie seit 1976 als Sachgebietsleiterin Material - Koordinierung - Vorfertigung beim VEB Nachrichtenelektronik A-Stadt tätig gewesen sei. Nach dem beigefügten Funktionsplan aus dem Jahr 1980 habe ihr in dieser Eigenschaft die Koordinierung der materialseitigen Sicherung der Vorfertigung auf der Basis des Produktionsplanes und die Führung von Fehlteilübersichten als Grundlage für die Rapportführung oblegen. Als erforderliche Qualifikation nach dem Funktionsplan für die Bewältigung ihrer Arbeitsaufgaben sei der Fachschulabschluss als Ingenieur oder Ingenieurökonom vorgesehen gewesen. Sie verfüge zwar über keinen Abschluss als Ingenieur, allerdings sei sie, wie sich aus dem beigefügten Funktionsplan ergebe, auf einer entsprechenden Stelle, für die diese Qualifikation erforderlich gewesen sei, eingesetzt worden, sodass sie zumindest zu den gleichgestellten Personen im Sinne der genannten Vorschrift zu zählen sei. Ihre Vergütung sei entsprechend der eines Ingenieurs erfolgt.

4

Nachdem der Rentenversicherungsträger die Unterlagen an die Beklagte abgegeben hatte, lehnte diese mit Bescheid vom 4. Januar 2012 den Antrag der Klägerin, den die Beklagte als Antrag auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG ausgelegt hatte, ab, weil das AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar sei. Diese habe beim Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt. Eine tatsächliche Einbeziehung in ein Versorgungssystem der DDR sei nicht erfolgt. Ebenso liege kein Fall der nachträglichen Rehabilitierung vor. Ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach Maßgabe der vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Grundsätze hätte ebenfalls nicht bestanden.

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Nach ständiger Rechtsprechung des BSG finde die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben nur dann Anwendung, wenn am Stichtag des 30. Juni 1990 die folgenden drei Voraussetzungen, nämlich die persönliche, die sachliche und die betriebliche, gleichzeitig erfüllt seien. Generell sei dieses System eingerichtet für Personen,

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1. die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und

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2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hätten (sachliche Voraussetzung), und zwar

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3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einer gleichgestellten Einrichtung.

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Vorliegend erfülle die Klägerin die persönliche Voraussetzung nicht. Als Angehörige der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 (GBl I, S. 844) und der dazu ergangenen zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 - 2. DB - (GBl I, S. 487) über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben gälten:

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Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaues, der Metallurgie, des Maschinenbaues, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehörten ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen.

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Nur dieser Personenkreis habe nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung damit rechnen können, einbezogen zu werden. Dabei sei bei Ingenieuren und Technikern auf die Berechtigung zum Führen des Titels abzustellen. Der Abschluss der Klägerin als Industriekaufmann entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Fachschulausbildung mit Abschluss). Da die persönliche Voraussetzung nicht vorliege, komme eine nachträgliche Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz nicht in Betracht.

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Hiergegen legte die Klägerin am 7. Februar 2012 Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass laut Funktionsplan für die Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben als erforderliche Qualifikation der Fachschulabschluss beispielsweise eines Ingenieurs vorgesehen gewesen sei. Sie sei mithin dem Personenkreis der Ingenieure gleichzustellen.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

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Die Klägerin hat am 23. April 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Stralsund erhoben. Sie habe zwar keinen Abschluss als Ingenieur, da sie zu einem entsprechenden Studium nicht zugelassen worden sei, sei aber auf einer entsprechenden Stelle, für die diese Qualifikation erforderlich gewesen sei, eingesetzt gewesen. Sie zähle damit zumindest zu den gleichgestellten Personen, zumal sie auch entsprechend vergütet worden sei. Ob ein entsprechendes Zusatzversorgungszertifikat vorliege sei unerheblich, da das BSG im Jahr 1998 in ständiger Rechtsprechung davon ausgehe, dass die Vorlage eines Zugehörigkeitszertifikats zu dem entsprechenden Zusatzversorgungssystem nicht konstitutiv sei. Nach § 5 AAÜG hänge nach Auffassung des BSG die Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR eine entsprechende Versorgungszusage erteilt worden sei. Zugehörigkeitszeiten lägen auch dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei (Hinweis auf das Urteil des BSG vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R - und vom 4. August 1998 - B 4 RA 63/97 R -). Aus diesem Grunde sei auch sie in das streitige Zusatzversorgungssystem einzubeziehen.

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Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nach gefestigter Rechtsprechung des BSG auf die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung bzw. des Titels Ingenieur oder Techniker abgestellt werde. Falls die Klägerin auf Grund rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen bzw. politischer Verfolgung berufliche Benachteiligungen erlitten haben sollte (z. B. wegen Nichtzulassung zu einem Ingenieur-Fachschulstudium), so möge sie sich gegebenenfalls gemäß der Vorschriften des Zweiten SED- Unrechtsbereinigungsgesetzes vom 23. Juni 1994 sowie des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes zwecks beruflichen Nachteilsausgleichs an die entsprechend zuständige Rehabilitierungsbehörde wenden.

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Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG Stralsund durch Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2013 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz im streitigen Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte. Eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 S. 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsaktes sei der Klägerin unstreitig nicht erteilt worden. Nach dem am 1. August 1991 gültigen Bundesrecht und auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände hätte die Klägerin aus bundesrechtlicher Sicht auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer solchen Zusage im Bereich der Altersversorgung der technischen Intelligenz hänge gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 von drei Voraussetzungen (der persönlichen, der sachlichen und der betrieblichen Voraussetzung) ab.

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Generell sei dieses System eingerichtet für

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1. Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen,

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2. die die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hätten,

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3. und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieb.

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Auf dieser Grundlage habe die Beklagte für die Beschäftigung der Klägerin beim VEB Nachrichtenelektronik A-Stadt vom 1. Januar 1976 bis zum 30. Juni 1990 eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht festzustellen gehabt. Die persönliche Voraussetzung liege bei der Klägerin nicht vor. Sie sei nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung „Ingenieur" zu führen. Sie sei auch ansonsten nicht als Technikerin im Sinne der Versorgungsordnung (ingenieurtechnische Hoch- oder mittlere Hochschulausbildung mit Abschluss) ausgebildet. Sie habe eine industriekaufmännische Ausbildung erhalten. Damit fehle ihr die für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz erforderliche Voraussetzung. Dabei könne es nicht darauf ankommen, welche Arbeiten die Klägerin tatsächlich verrichtet habe. Es komme nicht selten vor, dass Arbeiten von Arbeitskräften ohne einen entsprechenden technischen Abschluss genauso gut ausgeführt würden wie von Ingenieuren und Technikern. Daraus folge jedoch versorgungsrechtlich keine Gleichstellung, sodass eine Einbeziehung nicht möglich sei.

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Gegen den am 23. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. August 2013 Berufung eingelegt. Dass die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der DDR im Bereich der technischen Intelligenz gerade nicht davon abhänge, dass eine konkrete Berufsbezeichnung geführt worden sei, sondern vielmehr nur davon abhängen solle, dass tatsächlich eine Tätigkeit ausgeführt worden sei, die in den Bereich dieses Berufs falle, übersehe das SG in seiner Entscheidung. Das BSG führe in seinem bereits erwähnten Urteil vom 24. März 1998 aus, dass es nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AAÜG maßgeblich allein darauf ankomme, ob die Beschäftigung im streitigen Zeitraum ihrer Art nach zu denjenigen gehöre, derentwegen nach den in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG genannten Texten das jeweilige Versorgungssystem errichtet worden sei. Dementsprechend dürfe es nicht darauf ankommen, ob tatsächlich eine Berufsbezeichnung „Ingenieur" oder „Techniker" geführt worden sei. Diese Problematik werde insbesondere bei Würdigung der Literatur zum heftig kritisierten Urteil des BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - deutlich. Hier könne vielfach nicht nachvollzogen werden, auf welcher Grundlage eine dahingehende Einschränkung erfolgen solle, dass es auf die Führung einer Berufsbezeichnung und nicht auf die tatsächlich ausgeführte Tätigkeit ankomme.

23

Nach Abschluss ihrer Ausbildung zum Industriekaufmann habe sie ab März 1965 eine Tätigkeit als Disponent bzw. als Industrienäherin ausgeübt. Während dieser Zeit habe sie mehrfach versucht ein Studium aufzugreifen, welches ihr allerdings auf Grund des Systems der DDR nicht zugebilligt worden sei. Insbesondere habe man unterstellt, sie wolle Republikflucht begehen. Auf Grund dessen sei ihr von staatlicher Seite unterbunden worden, ein Studium aufzunehmen. Am 20. Dezember 1978 habe sie die Qualifizierung zur Materialwirtschaftlerin im VEB Nachrichtenelektronik A-Stadt abgeschlossen. Auf Grund ihrer sehr guten Leistungen und organisatorischen Fähigkeiten sei sie 1973 als Leiterin einer Arbeitsbrigade im Montagebereich der Fertigung eingesetzt worden. Sie habe dort selbstständig die Überleitungs- und Produktionsaufgaben bei der Einführung neuer Techniken in guter Qualität gelöst. 1976 sei sie im Bereich Materialwirtschaft als Sachgebietsleiterin in der Abteilung Materialkoordinierung eingesetzt und hier bis zu ihrem Ausscheiden im Jahr 1991 tätig gewesen. Sie sei entsprechend ihrer Funktion, welche einem Ingenieur gleichgestellt gewesen sei, bezahlt worden. Somit könne festgehalten werden, dass ihr einzig entgegen gehalten werden könne, dass es ihr auf Grund der Staatsführung der DDR nicht ermöglicht worden sei, ein entsprechendes Studium aufzunehmen. Tatsächlich habe sie die Tätigkeiten eines Ingenieurs zuverlässig ausgeführt. Insoweit verweise sie auf das ihr von ihrem ehemaligen Arbeitgeber erteilte qualifizierte Zeugnis vom 31. März 1991 und den Funktionsplan des Jahres 1980.

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Die Klägerin hat in Kopie den bestandskräftig gewordenen Bescheid des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales - Rehabilitierungsbehörde - vom 11. September 2006 zu den Gerichtsakten gereicht, mit dem ihr Antrag auf berufliche Rehabilitierung vom 4. Oktober 2003 abgelehnt worden ist.

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Die Klägerin beantragt,

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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stralsund vom 11. Juli 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit ihrer Beschäftigung vom 1. Januar 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) und die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie hält die angefochtene gerichtliche Entscheidung für zutreffend und verweist auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG, wonach es auf die Berechtigung zum Führen des Titels „Ingenieur" bzw. „Techniker" ankomme, was im Fall der Klägerin nicht gegeben sei.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten (L 7 R 235/13 - S 2 R 175/12) sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

32

Zu Recht hat das Sozialgericht Stralsund in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2013 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2012, in welchem die Beklagte im Hinblick auf die Vorschriften des AAÜG eine „Erstfeststellung" getroffen und keine Entscheidung hinsichtlich eines Überprüfungsantrages der Klägerin nach § 44 SGB X erlassen hat, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz im streitigen Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte.

33

Zugehörigkeitszeiten zum streitigen Versorgungssystem sind vorliegend nicht gegeben kraft Versorgungszusage, Einzelentscheidung oder (positiv beschiedener) Rehabilitierungsentscheidung, denn solche wurden der Klägerin nicht zuteil. Die Klägerin war auch am 1. August 1991 nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft. Bei Personen, die ab 1. Juli 1990 in kein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, ist zu prüfen, ob sie nach dem am 1. August 1991 geltenden Bundesrecht an diesem Tag auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände einen fiktiven bundesrechtlichen „Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage“ erlangt haben (vgl. BSG SozR 3 - 8570 § 1 Nr. 2 - 8).

34

Der umschriebene fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl S. 844) und der 2. Durchführungsbestimmung (DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl S. 487) von drei Voraussetzungen ab (vgl. BSG SozR 3 - 8570 § 1 Nr. 2, 6). Generell war dieses System eingerichtet für Personen,

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1. die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und

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2. die entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar

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3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

38

Die Klägerin erfüllt die sogenannte persönliche Voraussetzung nicht, wie das Sozialgericht in seinem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat. Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 VO-AVItech gelten nach § 1 Abs. 1 der 2. DB: : Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete, wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker. Zu diesem Kreis gehören ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Außerdem können auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung auch andere Personen, die verwaltungstechnische Funktionen bekleiden, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter, Meister, Steiger, Poliere im Bauwesen, Laboratoriumsleiter, Bauleiter, Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers haben, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausüben, eingereiht werden.

39

Aus der Formulierung, dass auch „andere Spezialisten, die nicht den „Titel" eines Ingenieurs oder Technikers haben ... eingereiht werden" können, schließt das BSG, dass unter „Ingenieur" nur solche Personen verstanden wurden nach dem Sprachgebrauch der 2. DB, die „den Titel eines Ingenieurs" hatten. Es musste nach der Rechtsprechung des BSG also das Recht zum Führen des Titels „Ingenieur" bestanden haben (Urteil des BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R -, zitiert nach Juris, Randnummer 35). Die Führung des Titels „Ingenieur" setzte nach § 1 der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl II 278) - neben der qualifizierten Ausbildung - voraus, dass das Recht zur Führung des Titels durch einen besonderen Staatsakt verliehen worden war. An dieser Rechtsprechung (Berechtigung zur Führung des Titels „Ingenieur", Verleihung durch staatlichen Akt im Sinne einer Zuerkennung) hat das BSG auch in späteren Urteilen festgehalten (vgl. Urteil des BSG vom 16. März 2006 - B 4 RA 29/05 R -, zitiert nach Juris, Randnummer 24 - 27).

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Unstreitig war die Klägerin am Stichtag (30. Juni 1990) nicht berechtigt, den Titel eines „Ingenieurs" bzw. „Technikers" zu führen. Eine Einreihung auf Antrag des Werkdirektors durch das zuständige Fachministerium bzw. die zuständige Hauptverwaltung ist ebenfalls nicht erfolgt. Bei einer derartigen „Einreihung" handelte es sich um eine Einbeziehung im Ermessenswege, da die Einbeziehung nicht obligatorisch war, sondern einer individuellen Einzelentscheidung bedurfte. Derartige Einzelentscheidungen können heute aus bundesrechtlicher Sicht jedoch nicht - rückschauend - ersetzt werden (vgl. Urteil des BSG vom 31. Juli 2002 - B 4 RA 21/02 R).

41

Da die Klägerin nicht zur Führung des Titels „Ingenieur" berechtigt war, spielt es auch keine Rolle, dass sie vorträgt, dass sie laut Funktionsplan einen Posten bekleidet hat, für den der Fachschulabschluss eines Ingenieurs vorgesehen gewesen war. Allein durch Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit wurde die persönliche Voraussetzung für die Einbeziehung in das streitige Zusatzversorgungssystem - wie die Klägerin aber wohl meint - nicht erfüllt (vgl. Urteil des BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R). Der Rechtsauffassung des BSG in den vorgenannten Urteilen schließt sich der Senat an.

42

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

43

Der Senat hat es für erforderlich und angemessen gehalten, die Klägerin gemäß § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG in Höhe von 225,00 € an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Dabei steht nach Satz 2 der Vorschrift dem Beteiligten gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt nach Satz 3 der Vorschrift dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz, mithin vorliegend 225,00 €.

44

Die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter sind vom Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass und warum das Rechtsmittel der Berufung im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG keinen Erfolg haben kann. Der Klägerin ist nochmals dargelegt worden, dass sie keinen Anspruch auf Einbeziehung in das streitige Zusatzversorgungssystem besitzt, weil sie die sogenannte „persönliche" Voraussetzung nicht erfüllt. Ihr ist erläutert worden, dass sie am 30. Juni 1990 (zum Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme) nicht berechtigt war, den Titel eines „Ingenieurs" zu führen. Da die Klägerin auch nach eigener Einlassung unstreitig nicht über den Titel „Ingenieur" verfügt, hat der Senat die Fortführung des Rechtsstreits durch die Klägerin für missbräuchlich im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG erachtet.

45

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil Gründe hierfür nicht ersichtlich sind (§ 160 Abs. 2 SGG).

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(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Auf diese Zeiten sind vom 1. Januar 1992 an die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 17 sind Zeiten der Ausübung eines Tänzerberufes, für die nach dem Ausscheiden aus dem Tänzerberuf eine berufsbezogene Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen geleistet werden konnte.

(2) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung oder in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

(2a) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Anwartschaftszeiten für eine Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem.

(3) Bei Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, für die eine Beitragserstattung erfolgt ist, wird der in der Sozialpflichtversicherung versicherte Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zugrunde gelegt; §§ 6 und 7 sind anzuwenden.

(4) Eine Beitragserstattung liegt nicht vor, wenn sie vom Berechtigten nicht beantragt wurde und die Beiträge unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden sind. Ist über die Auszahlung des treuhänderisch verwalteten Vermögens noch nicht entschieden, ist der Betrag, der der Summe der verwalteten und im Verhältnis zwei zu eins auf Deutsche Mark umgestellten Beträge entspricht, dem Bundesamt für Soziale Sicherung zur Verfügung zu stellen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung berücksichtigt diesen Betrag bei der Abrechnung nach § 15 Abs. 4.

Vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik bleiben wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder mit den Regelungen dieses Vertrags unvereinbar sind. Im übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt.

(1) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung. Auf diese Zeiten sind vom 1. Januar 1992 an die Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch anzuwenden, soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 17 sind Zeiten der Ausübung eines Tänzerberufes, für die nach dem Ausscheiden aus dem Tänzerberuf eine berufsbezogene Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen geleistet werden konnte.

(2) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung oder in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

(2a) Als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem gelten auch Anwartschaftszeiten für eine Wiedereinbeziehung in das Versorgungssystem.

(3) Bei Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, für die eine Beitragserstattung erfolgt ist, wird der in der Sozialpflichtversicherung versicherte Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zugrunde gelegt; §§ 6 und 7 sind anzuwenden.

(4) Eine Beitragserstattung liegt nicht vor, wenn sie vom Berechtigten nicht beantragt wurde und die Beiträge unter treuhänderische Verwaltung gestellt worden sind. Ist über die Auszahlung des treuhänderisch verwalteten Vermögens noch nicht entschieden, ist der Betrag, der der Summe der verwalteten und im Verhältnis zwei zu eins auf Deutsche Mark umgestellten Beträge entspricht, dem Bundesamt für Soziale Sicherung zur Verfügung zu stellen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung berücksichtigt diesen Betrag bei der Abrechnung nach § 15 Abs. 4.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.