Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2005 - L 11 KR 729/05

26.07.2005

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Zweitversorgung des Klägers mit einer Oberschenkelprothese streitig.
Der 1955 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger ist vollschichtig erwerbstätig als Bank-Filialleiter. Darüber hinaus engagiert er sich im B. Behinderten-Stadtverband, wo er selbst Übungsstunden leitet. Seit einem Verkehrsunfall vom 18. Juli 1972 ist er mit einer Oberschenkelprothese versorgt. In der Vergangenheit stand ihm zum Wechsel eine zweite Prothese zur Verfügung. Des weiteren ist er mit Unterarmgehstützen ausgestattet.
Nachdem eine der beiden Prothesen defekt wurde, verordnete ihm der behandelnde Orthopäde Dr. D. am 19.05.2003 eine neue Oberschenkelprothese mit sitzbeinumgreifendem Schaft, hydraulischem Schwung, Standphasensteuerung und energierückbringendem Prothesenfuß. Laut dem Kostenvoranschlag der B. Orthopädie-Technik sollte die Prothese 11.360,19 EUR kosten.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, eine Doppel- bzw. Mehrfachausstattung gelte als unwirtschaftlich, daher sei grundsätzlich ein benötigtes Hilfsmittel nur in einfacher Stückzahl zu gewähren. Wenn eine Behinderung in besonderen Lebensbereichen (z.B. am Arbeitsplatz) ausgeglichen werde, seien ggf. andere Träger für die Gewährung der Leistung zuständig (z.B. BfA, LVA oder Bundesanstalt für Arbeit). Für Schwerbehinderte könnten Hilfen nach dem Schwerbehindertengesetz in Betracht kommen.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er müsse, sofern seine Prothese ausfalle, die öffentlichen Auftritte im Rahmen seiner beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit mit Krücken und abgenähter Hose absolvieren. Dies sei ihm nicht zumutbar und würde ihn seelisch erheblich beeinträchtigen. Im übrigen habe die Beklagte die Kosten für eine zweite Prothese in der Vergangenheit stets übernommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, eine Mehrfachausstattung mit einem Hilfsmittel werde nur in den Ausnahmefällen gewährt, wenn ein am Körper getragenes Hilfsmittel aus hygienischen Gründen gewechselt werden müsse (z.B. ein Überbrückungsmieder) oder wenn die gelieferte Erstausstattung nicht ausreiche, um alle konkret zu berücksichtigenden Grundbedürfnisse des Versicherten abzudecken. Diese Ausnahmefälle lägen bei dem Kläger nicht vor. Die Kasse sei ihrer Verpflichtung dadurch nachgekommen, dass dem Kläger eine Oberschenkelprothese zur Verfügung gestellt worden wäre. Diese sei voll funktionsfähig und ohne Einschränkungen benutzbar. Allein der Umstand für den Fall eines eventuellen Defektes eine Zweitprothese zu benötigen, könne ebenfalls zu keiner anderen Entscheidung führen, da der Eintritt eines unbestimmten Ereignisses unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten nicht eine rein vorsorgliche Ersatzversorgung rechtfertige. Zudem bestünde in einem solchen Fall die Möglichkeit der vorübergehenden Versorgung mit Unterarmgehstützen bzw. einem Rollstuhl. Auch die Hygiene rechtfertige keine Zweitprothese, denn das Schaftinnenmaterial bestünde aus geschlossen-porigem Kunststoff und könne z.B. mit neutraler Seife gereinigt und dann trockengewischt werden und im Anschluss (also innerhalb weniger Minuten) wieder benutzbar sein. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt sein, dass der Kläger erst im August 2002 eine Neuversorgung bewilligt erhalten habe und ihm im Januar 2003 noch die Kostenbeteiligung zur Instandsetzung der Zweitprothese im Rahmen eines Sozialgerichtsverfahren (S 5 KR 1741/02) zugesagt worden wäre.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er habe nun für den Sport keine eigene Prothese mehr, sondern nutze immer mehr die gleiche Prothese. Dies habe zur Konsequenz, dass Verschleißerscheinungen verstärkt aufträten, insbesondere Geräusche und Abrieb im Bereich des Kniegelenkes. Er müsse daher etwa alle 2 bis 3 Monate zu einem Orthopädie-Techniker nach V. fahren, der die Prothese neu justiere und z.B. Bremsklötze auswechsle. Dies geschehe in der Regel sofort. Die Termine bei seinem Orthopädie-Techniker seien zumeist sehr kurzfristig. Manchmal könne ihm der Techniker auch, wenn erforderlich, ein Austausch-Kniegelenk zur Verfügung stellen, wenn nicht umgehend eine Reparatur erfolgen könne. Die Unterarmgehstützen benutze er nur für kurze Wege innerhalb der Wohnung, insbesondere Abends, wenn er sich ohne die Prothese ins Bett bewegen wolle.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins vom 29. November 2004 wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2005, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 1. Februar 2005, mit der Begründung ab, die bisherige Versorgung des Klägers mit nur einer Prothese gleiche das Grundbedürfnis der elementaren Bewegungsfreiheit aus. Sie werde bei Gesunden durch die Fähigkeit des Gehens, Laufens und Stehens sichergestellt und werde, falls diese Fähigkeit durch eine Behinderung beeinträchtigt sei, durch einen Basisausgleich versorgt. Der behinderte Versicherte müsse durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage versetzt werden, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang „an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen seien. Der Kläger müsse zwar seine Oberschenkelprothese wegen ihres Verschleißes alle 2 bis 3 Monate warten und reparieren lassen, die erforderlichen Reparaturarbeiten würden aber sofort durchgeführt, so dass keine realistische Gefahr bestehe, dass ihm zeitweise keine Prothese zur Verfügung stünde. Die bloße hypothetische Möglichkeit eines Ausfalls rechtfertige keine Mehrfachausstattung. Soweit der Kläger Beeinträchtigungen im Rahmen seiner beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit befürchte, sei hierfür die Beklagte nicht zuständig. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei allein die medizinische Rehabilitation. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibe Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Anspruch werde auch nicht dadurch begründet, dass die Beklagte in der Vergangenheit die Kosten einer zweiten Prothese übernommen habe. Zwar umfasse der Anspruch des Versicherten auch die Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln. Dies setze aber ebenfalls eine Notwendigkeit voraus, die vorliegend nicht gegeben sei.
Mit seiner hiergegen am 22. Februar 2005 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, er nehme in vielfältiger Weise am öffentlichen Leben teil und zwar mehr als dies normal üblich wäre. Deswegen sei er sowohl in seiner beruflichen Umgebung auf eine jederzeit verfügbare Prothese angewiesen als auch im Behindertensport als Übungsleiter. Bei letzterem komme es zu einer besonderen Beanspruchung der Prothesen. Durch das Vorhandensein einer zweiten Prothese würden auch die Reparaturintervalle von gegenwärtig alle 2 bis 3 Monate vergrößert werden, so dass unter dem Strich nur unwesentliche Mehrkosten anfallen würden. Er habe gegenwärtig eine erhebliche Mehrbelastung dadurch, dass er auf seine eigenen Kosten nach V. fahren müsse, um Wartungen und Reparaturen durchzuführen. Außerdem treffe es nicht zu, dass er aufgrund sofortiger Reparaturen stets versorgt werde.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2005 sowie den Bescheid vom 27. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einer Oberschenkelprothese als Zweitausstattung zu versorgen.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Sie verweist darauf, dass zum Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken und sportlicher Freizeitbetätigung zählten, somit die vom Kläger vorgebrachten Gründe eine Zweitversorgung nicht rechtfertigen könnten. Auch sei die 2001 bewilligte Neuanfertigung einer Beinprothese im Laufe des Jahres 2001 zweimal, im Jahr 2002 dreimal, im Jahr 2003 einmal und im Jahr 2004 sechsmal repariert worden. Hierbei habe es sich jeweils um Reparaturen gehandelt, die keinen längerfristigen Ausfall des Hilfsmittels bedeutet hätten. Es sei auch unwirtschaftlich allein aufgrund des Verdachtes, dass ein längerer Ausfall eines Hilfsmittel einmal eintreten könne, ein Zweit-Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.
15 
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat eine Auskunft bei dem Orthopädie-Techniker eingeholt. Dieser teilte mit, der Kläger werde seit 1995 mit Oberschenkelprothesen versorgt. Diese würden ca. ein- bis zweimal im Monat repariert bzw. Servicearbeiten vorgenommen. Dies sei dadurch begründet, dass Oberschenkelprothesen für Amputierte des Mobilitätsgrades III, also einem sog. „uneingeschränktem Außenbereichsgeher", aufgrund ihrer hohen mechanischen Belastung einem enorm hohen Verschleiß unterlägen. Dieser führe zu unangenehmen mechanischen Geräuschen, die regelmäßig beseitigt werden müssten. Zu den Änderungsarbeiten zählten aber auch Nachpassarbeiten am Prothesenschaft (Stumpfbettung), die durch Veränderungen des Körpergewichts entstünden. Um Druckstellen zu beseitigen, müssten ebenfalls diverse Änderungen vorgenommen werden. Dadurch entstünden jährlich Kosten von ca. 2.634,90 EUR. Bei großen Druckstellen reise der Kläger ohne Prothese an, was eigentlich aus psychosozialer Sicht nicht akzeptabel sei. Ebenfalls sei Aussteigen unterwegs z.B. auf Parkplätzen und Raststätten nicht möglich. Bei Erneuerung der kosmetischen Verkleidung der Prothese aus Schaumstoff müsse das Kunstbein für mindestens 2 Werktage in der Werkstatt sein. Dann könne man dem Kläger auch keine Ersatzprothese stellen, da Beinprothesen individuell gefertigte Medizinprodukte darstellten und für eine namentliche Person gefertigt würden. Denkbar sei zwar der Austausch eines mechanischen Bauteils, nicht jedoch Schaft und Kosmetik. 2004 sei der Kläger an insgesamt 5 Tagen, davon zweimal an 2 Tagen, und 2005 insgesamt 6 Tage, davon einmal an 2 Tagen, ohne Prothesenversorgung gewesen.
16 
Die Beklagte hat die Wartungsdaten der Fa. B. bestritten. Von 2001 bis 2004 hatte sie ihren Unterlagen zufolge nur insgesamt 13 Reparaturen, d.h. pro Jahr 3,25, erstattet.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten S 5 KR 1741/02 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,-- EUR durch die begehrte Kostenübernahme für die Zweitversorgung überschritten wird. Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet.
19 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
20 
Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich und zutreffend dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
21 
Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren bzw. die weiteren Ermittlungen bei dem Orthopädie-Techniker B. führen zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhaltes.
22 
Nach Abschnitt III. Nr. 21 der für den Leistungsanspruch des Versicherten im Einzelfall nach § 91 Abs. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verbindlichen Hilfsmittel-Richtlinien i.d.F. vom 17.Juni 1992 kann nämlich die hier streitige Mehrfachversorgung mit Hilfsmitteln nur dann verordnet werden, wenn dies aus hygienischen Gründen notwendig oder aufgrund der besonderen Beanspruchung durch den Versicherten zweckmäßig und wirtschaftlich ist, (A. II. b. 21 der Hilfsmittelrichtlinien).
23 
Da eine Verordnung aus hygienischen Gründen vorliegend denknotwendig ausscheidet, kann es nur darum gehen, ob die besondere, geltend gemachte Beanspruchung durch Vereinsarbeit bzw. Behindertensport den klägerischen Anspruch begründet. Das ist nach ständiger Rspr. nicht der Fall, weil diese Aktivitäten nicht zu dem auszugleichenden Grundbedürfnis zählen. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, gehört zwar zu den Grundbedürfnissen, die eine Versorgung mit Hilfsmitteln zu Lasten der GKV rechtfertigen, auch die Bewegungsfreiheit. Wenn die Fähigkeit des Gehens, Laufens und Stehens beeinträchtigt ist, so rechtfertigt das aber nur einen Basisausgleich, d.h. nicht das volle Gleichstellen mit den Möglichkeiten eines Gesunden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Bei der Bewegungsfreiheit ist der Ausgleich des Grundbedürfnisses deswegen auf den Nahbereich bezogen und beschränkt. Hierzu reicht aber nach dem eigenen Vortrag des Klägers, da er die Zweitprothese nur wegen seiner Freizeitaktivitäten benötigt, die Versorgung mit nur einer Erstprothese aus.
24 
Die Verordnung ist zur Überzeugung des Senats auch unwirtschaftlich. Denn der Kläger ist nach den Angaben seines Orthopädie-Technikers nur dann ohne Prothese, wenn er entweder an großen Druckstellen leidet oder die kosmetische Verkleidung der Prothese aus Schaumstoff erneuert werden muss, was dann mindestens 2 Werktage andauert. Im ersten Fall kann die Behinderung des Klägers auch durch eine Zweitprothese nicht ausgeglichen werden, da die großen Druckstellen generell einem Tragen einer Prothese entgegenstehen. Lediglich im zweiten Fall wäre er auf die Versorgung mit einer Zweitprothese angewiesen. Angesichts der Intervalle, wann dies jeweils auftritt, nämlich an 5 Tagen im Jahr 2004 und 6 Tagen im Jahr 2005, rechtfertigt das aber nicht einen Anspruch auf eine Zweitversorgung, da eine solche gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V verstoßen würde. Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es insoweit nicht. Selbst wenn etwas mehr Reparaturen anfallen als diese bei der Beklagten in Rechnung gestellt wurden, so führt selbst das nicht zu einem positiven Ergebnis für den Kläger. Die Unwirtschaftlichkeit des Hilfsmittels in diesem konkreten Fall bzw. dass dieses konkret nicht notwendig ist, ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits daraus, dass der Orthopädie-Techniker bestätigt hat, dass der Kläger auch ohne Prothese selbständig anreisen kann. Der Kläger hat darüber hinaus angegeben, dass er mit Unterarmstützen versorgt ist und diese im häuslichen Bereich verwendet. D.h. er kann, sollte aufgrund der Nichtversorgung mit einer Prothese die Sturzgefahr erhöht sein, sich dieses weiteren Hilfsmittels bedienen, welches angesichts der nur kurzen Zeiträume zumutbar ist. Dies gilt gerade im Hinblick auf die ansonsten entstehenden Kosten von 11.360,19 EUR, die gemessen an dem tatsächlichen Bedürfnis des Klägers unverhältnismäßig sind.
25 
Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, es handele sich um keine Mehrausstattung, denn ihm sei eine höherwertige Beinprothese als die alte verordnet worden. Als Mehrfachausstattung sind nämlich funktionsgleiche Mittel anzusehen (Abschnitt III. Nr. 21 S. 2 der Hilfsmittel-Richtlinien). Selbst wenn es sich - verglichen mit der alten Zweitprothese - um eine Weiterentwicklung der Prothesetechnik handeln würde, so begründet das auch nach den Urteilen des BSG vom 16. September 2004 (B 3 KR 2/04; B 3 KR 1/4; B 3 KR 6/04; B 3 KR 20/04) keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung, denn vorliegend kommt es nicht auf den Nutzen und die Qualität eines neuartigen Hilfsmittels gegenüber einer bereits bestehenden Versorgung mit einem mechanischen System an. Der Kläger begehrt nicht ein Hilfsmittel mit einem höheren therapeutischen Nutzen und ein neuartiges Hilfsmittel, sondern mit einem solchen ist er bereits - als Erstversorgung - ausgestattet.
26 
Nach alledem konnte die Berufung daher keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
27 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
18 
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft, da die erforderliche Berufungssumme von 500,-- EUR durch die begehrte Kostenübernahme für die Zweitversorgung überschritten wird. Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet.
19 
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Versorgung mit einem Hilfsmittel sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
20 
Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich und zutreffend dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat auch auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung (§ 153 Abs. 2 SGG).
21 
Auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren bzw. die weiteren Ermittlungen bei dem Orthopädie-Techniker B. führen zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhaltes.
22 
Nach Abschnitt III. Nr. 21 der für den Leistungsanspruch des Versicherten im Einzelfall nach § 91 Abs. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verbindlichen Hilfsmittel-Richtlinien i.d.F. vom 17.Juni 1992 kann nämlich die hier streitige Mehrfachversorgung mit Hilfsmitteln nur dann verordnet werden, wenn dies aus hygienischen Gründen notwendig oder aufgrund der besonderen Beanspruchung durch den Versicherten zweckmäßig und wirtschaftlich ist, (A. II. b. 21 der Hilfsmittelrichtlinien).
23 
Da eine Verordnung aus hygienischen Gründen vorliegend denknotwendig ausscheidet, kann es nur darum gehen, ob die besondere, geltend gemachte Beanspruchung durch Vereinsarbeit bzw. Behindertensport den klägerischen Anspruch begründet. Das ist nach ständiger Rspr. nicht der Fall, weil diese Aktivitäten nicht zu dem auszugleichenden Grundbedürfnis zählen. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, gehört zwar zu den Grundbedürfnissen, die eine Versorgung mit Hilfsmitteln zu Lasten der GKV rechtfertigen, auch die Bewegungsfreiheit. Wenn die Fähigkeit des Gehens, Laufens und Stehens beeinträchtigt ist, so rechtfertigt das aber nur einen Basisausgleich, d.h. nicht das volle Gleichstellen mit den Möglichkeiten eines Gesunden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Bei der Bewegungsfreiheit ist der Ausgleich des Grundbedürfnisses deswegen auf den Nahbereich bezogen und beschränkt. Hierzu reicht aber nach dem eigenen Vortrag des Klägers, da er die Zweitprothese nur wegen seiner Freizeitaktivitäten benötigt, die Versorgung mit nur einer Erstprothese aus.
24 
Die Verordnung ist zur Überzeugung des Senats auch unwirtschaftlich. Denn der Kläger ist nach den Angaben seines Orthopädie-Technikers nur dann ohne Prothese, wenn er entweder an großen Druckstellen leidet oder die kosmetische Verkleidung der Prothese aus Schaumstoff erneuert werden muss, was dann mindestens 2 Werktage andauert. Im ersten Fall kann die Behinderung des Klägers auch durch eine Zweitprothese nicht ausgeglichen werden, da die großen Druckstellen generell einem Tragen einer Prothese entgegenstehen. Lediglich im zweiten Fall wäre er auf die Versorgung mit einer Zweitprothese angewiesen. Angesichts der Intervalle, wann dies jeweils auftritt, nämlich an 5 Tagen im Jahr 2004 und 6 Tagen im Jahr 2005, rechtfertigt das aber nicht einen Anspruch auf eine Zweitversorgung, da eine solche gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V verstoßen würde. Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es insoweit nicht. Selbst wenn etwas mehr Reparaturen anfallen als diese bei der Beklagten in Rechnung gestellt wurden, so führt selbst das nicht zu einem positiven Ergebnis für den Kläger. Die Unwirtschaftlichkeit des Hilfsmittels in diesem konkreten Fall bzw. dass dieses konkret nicht notwendig ist, ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits daraus, dass der Orthopädie-Techniker bestätigt hat, dass der Kläger auch ohne Prothese selbständig anreisen kann. Der Kläger hat darüber hinaus angegeben, dass er mit Unterarmstützen versorgt ist und diese im häuslichen Bereich verwendet. D.h. er kann, sollte aufgrund der Nichtversorgung mit einer Prothese die Sturzgefahr erhöht sein, sich dieses weiteren Hilfsmittels bedienen, welches angesichts der nur kurzen Zeiträume zumutbar ist. Dies gilt gerade im Hinblick auf die ansonsten entstehenden Kosten von 11.360,19 EUR, die gemessen an dem tatsächlichen Bedürfnis des Klägers unverhältnismäßig sind.
25 
Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, es handele sich um keine Mehrausstattung, denn ihm sei eine höherwertige Beinprothese als die alte verordnet worden. Als Mehrfachausstattung sind nämlich funktionsgleiche Mittel anzusehen (Abschnitt III. Nr. 21 S. 2 der Hilfsmittel-Richtlinien). Selbst wenn es sich - verglichen mit der alten Zweitprothese - um eine Weiterentwicklung der Prothesetechnik handeln würde, so begründet das auch nach den Urteilen des BSG vom 16. September 2004 (B 3 KR 2/04; B 3 KR 1/4; B 3 KR 6/04; B 3 KR 20/04) keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung, denn vorliegend kommt es nicht auf den Nutzen und die Qualität eines neuartigen Hilfsmittels gegenüber einer bereits bestehenden Versorgung mit einem mechanischen System an. Der Kläger begehrt nicht ein Hilfsmittel mit einem höheren therapeutischen Nutzen und ein neuartiges Hilfsmittel, sondern mit einem solchen ist er bereits - als Erstversorgung - ausgestattet.
26 
Nach alledem konnte die Berufung daher keinen Erfolg haben, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
27 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2005 - L 11 KR 729/05

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2005 - L 11 KR 729/05

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 26. Juli 2005 - L 11 KR 729/05 zitiert 7 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Referenzen

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.