Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.05.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer anstelle einer zeitlich befristet bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die Beklagte bewilligte der 1954 in der T. geborenen Klägerin mit Bescheid vom 20.01.2010, ausgehend von einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes von drei bis unter sechs Stunden, auf den Rentenantrag vom 09.11.2009 weiterhin und im Anschluss an die vorherige Bewilligung Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 30.06.2012. Den gegen die befristete Bewilligung eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2010 zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 19.04.2010 das Sozialgericht Freiburg angerufen (S 6 R 2026/10), das auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. F., Ärztlicher Direktor des A. -Rheumazentrums B., eingeholt hat (Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden für leichte körperliche Tätigkeiten unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen). Der Rüge der Klägerin, der Sachverständige habe das Gutachten nicht selbst erstellt, ist das Sozialgericht nicht nachgegangen und hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 05.10.2011 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 08.05.2012 (L 9 R 4694/11) den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückverwiesen. Im wieder eröffneten Klageverfahren S 14 R 3564/12 hat das Sozialgericht Freiburg den Sachverständigen im Hinblick auf die Rügen der Klägerin befragt und mit Urteil vom 06.05.2013 die Klage erneut abgewiesen; das Gutachten von Prof. Dr. F. sei verwertbar. Ein Verstoß gegen § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 407a Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) liege nicht vor.
Zwischenzeitlich hat die Beklagte auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 05.03.2012 mit Bescheid vom 22.03.2012 der Klägerin erneut Rente wegen voller Erwerbsminderung, weiterhin auf Zeit und bis zum 30.06.2015, bewilligt.
Gegen das ihr am 01.07.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.07.2013 Berufung eingelegt. Sie meint, der Bescheid vom 22.03.2013 sei nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, ihr Antragsrecht nach § 109 SGG sei nicht verbraucht, weil die Assistenzärztin Dr. O. prägenden Einfluss auf das Gutachten gehabt habe, und sie beantragt, ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG (zunächst durch Dr. A. , zuletzt durch Dr. S. ) einzuholen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.05.2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.05.2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 und den Bescheid vom 22.03.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren,
10 
sinngemäß weiter hilfsweise,
11 
ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Der Senat hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 16.12.2013 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Befristung im angefochtenen Bescheid durch die neuerliche Rentenbewilligung vom 22.03.2012 sich erledigt haben und der Bescheid vom 22.03.2012 nicht nach § 96 SGG einbezogen sein dürfte.
15 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
16 
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
17 
Die gemäß §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht Freiburg die Klage abgewiesen. Denn mit Erlass des auf Antrags der Klägerin ergangenen Bescheides vom 22.03.2012, mit welchem Erwerbsminderungsrente über das ursprüngliche Befristungsende hinaus bis 30.06.2015 bewilligt worden ist, ist die Klage unzulässig geworden, die Berufung somit unbegründet.
18 
Gegenstand des Rechtsstreit ist - wie später noch darzulegen ist - allein der Bescheid vom 20.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010, soweit der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2012 hinaus abgelehnt wurde (Anfechtungsklage) sowie das Begehren der Klägerin (Leistungsklage) auf Verurteilung der Beklagten zu einer solchen Leistungsgewährung (Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30.06.2012 hinaus und auf Dauer). Diese kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage war ursprünglich zulässig.
19 
Ein Bescheid, mit dem der Versicherungsträger dem Rentenbewerber trotz eines auf Dauerrente gerichteten Antrags eine Rente nur auf Zeit gewährt, enthält mehrere, voneinander zu trennende Verfügungen (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 24.10.1996, 4 RA 31/96 in SozR 3-2200 § 300 Nr. 8 und Urteil vom 11.02.1988, 4/11a RA 10/87 in SozR 2200 § 1276 Nr. 11) und damit mehrere Verwaltungsakte i.S. des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X): Zum einen die Rentenbewilligung (Verfügungssatz 1, mit jeweils zu trennenden - siehe LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2006, L 10 R 4911/05 - Verfügungssätzen zu Rentenart, Rentenhöhe und Dauer der Rente), zum anderen die Ablehnung des weitergehend geltend gemachten Anspruchs auf durchgängige, zeitlich nicht beschränkte Rentengewährung (Verfügungssatz 2). Die Rentenbewilligung ist regelmäßig - sofern, wie im vorliegenden Fall, die einzelnen Verfügungssätze der Rentenbewilligung nicht in Streit gestellt werden - ein den Versicherten ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt. Damit wird allein durch die zweite Regelung, die Ablehnung einer Dauerrente, was ausdrücklich ausgesprochen oder konkludent durch die Begrenzung der Bezugsdauer der mit dem Verfügungssatz 1 bewilligten Rente verlautbart werden kann, der Versicherte (formell) beschwert.
20 
In dieser Art entschied die Beklagte über den Rentenantrag der Klägerin mit dem streitigen Bescheid vom 20.01.2010: Sie erkannte einen, sich an die vorherige Rentenbewilligung anschließenden und mit dem 30.06.2012 wegfallenden Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung in bestimmter Höhe zu (Verfügungssatz 1) und lehnte durch die zeitliche Begrenzung der Rentenbewilligung einen weitergehenden Rentenanspruch für die nachfolgende Zeit ab (Verfügungssatz 2). Dem entsprechend wendet sich die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage auch nur gegen diese teilweise Ablehnung der Rentenbewilligung (Verfügungssatz 2).
21 
Indessen ist diese Anfechtungsklage unzulässig geworden.
22 
Zulässig ist eine Anfechtungsklage nur, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Beschwert ist ein Kläger nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungsklage ist somit, dass der Kläger behauptet, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil dieser Verwaltungsakt objektiv rechtswidrig sei und subjektiv in rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingreife (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 54 Rdnrn. 7, 9 f. - so genannte Klagebefugnis -).
23 
Eine solche Behauptung - durch Verfügungssatz 2 des Bescheides vom 20.01.2010 beschwert zu sein - kann die Klägerin nicht mehr aufstellen. Denn mit dem während des Klageverfahrens ergangenen Bescheid vom 05.03.2012 (Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung im Anschluss an die bisherige Bewilligung und bis zum 30.06.2015) hat sich Verfügungssatz 2 des Bescheides vom 20.01.2010 in sonstiger Weise erledigt und er entfaltet deshalb keine Rechtswirkungen mehr (§ 39 Abs. 2 SGB X). Denn Regelungsinhalt von Verfügungssatz 2 des Bescheides vom 20.01.2010 war allein die Ablehnung von Rente über den 30.06.2012 hinaus. Mit der Rentenbewilligung vom 05.03.2012 ist gerade für den anschließenden Zeitraum auf Grund des Weitergewährungsantrages der Klägerin die begehrte Rente bewilligt worden (Verfügungssatz 1, bei gleichzeitiger Ablehnung von Rente über den 30.06.2015 hinaus = Verfügungssatz 2 des Bescheids vom 05.03.2012). Damit ist die ursprüngliche zeitliche Begrenzung im Bescheid vom 20.01.2010 gegenstandslos geworden. Entfaltet aber die Rentenablehnung im Bescheid vom 20.01.2010 keine Wirkung mehr, ist die Klägerin hierdurch auch nicht mehr beschwert, die Anfechtungsklage somit unzulässig.
24 
Unzulässig ist dann auch das von der Klägerin erhobene Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente über den 30.06.2012 hinaus. Grundsätzlich ist zwar eine solche Leistungsklage auf Verurteilung eines Leistungsträgers zur Gewährung von Rente möglich (§ 54 Abs. 4 SGG). Voraussetzung ist jedoch, dass zunächst die Verwaltung mit der Sache befasst war und über das Begehren gerade in den streitgegenständlichen Bescheiden entschied (BSG Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R; Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Andernfalls fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes in Form eines derartigen Leistungsbegehrens (Keller, a.a.O., Rdnrn. 21, 39b). So liegt der Fall hier: Durch die Erledigung von Verfügungssatz 2 des Bescheides vom 20.01.2010 fehlt es - in den streitgegenständlichen Bescheiden - an einer anfechtbaren und damit an einer im vorliegenden Rechtsstreit angefochtenen Regelung zur Frage der Rentendauer. Die unzulässige Anfechtungsklage zieht gleichsam die Unzulässigkeit der Leistungsklage nach sich (BSG Urteil vom 21.09.2010, B 2 U 25/09 R).
25 
Zum selben Ergebnis führt die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Bereich der Grundsicherung und Sozialhilfe bei aufeinander folgenden Leistungsablehnungen auf Grund neuer Anträge. Danach endet der Zeitraum, für den die erste ablehnende Entscheidung Wirkung entfaltet, mit einer erneuten Leistungsablehnung (BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R in SozR 4-3500 § 21 Nr. 1; Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 59/06 R, in juris). Dies muss erst recht gelten, wenn nach einer Leistungsablehnung (hier: Verfügungssatz 2 im Bescheid vom 20.01.2010) nach erneuter Antragstellung und Prüfung ein Bescheid ergeht, mit dem die Leistung im Hinblick auf den neuen Antrag für einen bestimmten Zeitraum bewilligt (Verfügungssatz 1 im Bescheid vom 22.03.2012), darüber hinaus aber abgelehnt wird (Verfügungssatz 2 im Bescheid vom 22.03.2012). Damit hat sich nach dieser Rechtsprechung allein wegen des Erlasses des Bescheides vom 22.03.2012 (neue Entscheidung auf Grund neuen Antrages) die ursprüngliche Leistungsablehnung erledigt.
26 
Im Ergebnis ist somit die Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf den Bescheid vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2010 unzulässig geworden. Damit hat das Sozialgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
27 
Der Bescheid vom 22.03.2012 ist entgegen der Auffassung des Klägervertreters nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Nach dieser Bestimmung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
28 
Mit Bescheid vom 20.01.2010 wurde der Klägerin auf Grund des Rentenantrags vom 09.11.2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung, befristet bis 30.06.2012, bewilligt. Mit Bescheid vom 22.03.2012 ist dann auf Grund des Rentenantrags vom 05.03.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 30.06.2015 gewährt worden, d. h. für einen anschließenden Zeitraum. Hierdurch ist die Regelung im bisherigen Bescheid vom 20.01.2010 weder ersetzt noch abgeändert worden, sondern der Bescheid vom 22.03.2012 hat - wie die Klägerin selbst mit ihrem Antrag auf Weiterzahlung der Rente - an die ursprüngliche Befristung der Rente angeknüpft, sie somit nicht beseitigt, sondern sie vorausgesetzt. Es hat damit den Verfügungssatz 2 im Bescheid vom 20.01.2010 weder abgeändert noch ersetzt.
29 
Zum selben Ergebnis gelangt die oben erwähnte Rechtsprechung des BSG unter dem Gesichtspunkt einer Leistungsablehnung (hier: Ablehnung der Gewährung einer unbefristeten Rente wegen Erwerbsminderung). Denn die Ablehnung einer unbefristeten Leistung stellt keine Regelung mit Dauerwirkung dar, weshalb sie mit Wirkung für die Zukunft weder abgeändert noch ersetzt werden kann (BSG vom 11.12.2007 a. a. O.); ein auf einen erneuten Antrag ergehender weiterer Ablehnungsbescheid (hier: Ablehnung von Rente über den 30.06.2015 hinaus durch Bescheid vom 22.03.2012) ist damit nicht nach § 96 Abs. 1 SGG einzubeziehen (BSG vom 11.12.2007 a.a.O.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 96 Rdnr. 4b).
30 
Eine Einbeziehung in analoger Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG kommt gleichfalls nicht in Betracht: Durch den Wortlaut von § 96 SGG in der mit Wirkung zum 01.04.2008 eingeführten Fassung soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers der Anwendungsbereich der Norm dahingehend eingeschränkt werden, dass eine Einbeziehung des neu ergangenen Verwaltungsaktes nur in direkter und nicht in entsprechender Anwendung der Vorschrift erfolgen kann (vgl. hierzu BT-Drucksache 16/7716, Seite 18 f.). Dem entsprechend ist die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BSG (Urteil vom 24.02.1999, B 5/4 RA 57/97 R) überholt.
31 
Die Nichtanwendbarkeit des § 96 Abs. 1 SGG schließt zwar eine (gewillkürte) Klageänderung nach § 99 Abs. 1 SGG grundsätzlich nicht aus, es fehlt jedoch an deren Voraussetzungen (s. BSG, Urteil vom 30.09.2009, B 9 VG 3/08 R in SozR 4-3100 § 60 Nr. 6). Vorliegend ist von der Klägerin eine solche Klageänderung zu keinem Zeitpunkt erklärt worden. Entsprechend liegt weder eine diesbezügliche Einwilligung der Beklagten hierzu vor (§ 99 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGG) noch hat das Sozialgericht eine Klageänderung für sachdienlich gehalten (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Zudem setzt eine Klageänderung grundsätzlich voraus, dass die neue Klage zulässig ist, also ein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 78 SGG), was in Bezug auf den Bescheid vom 22.03.2012 nicht der Fall ist.
32 
Die von der Klägerin gestellten Beweisanträge nach § 109 SGG lehnt der Senat ab, schon weil medizinische Gutachten bei diesem Sachstand zu keinem entscheidungsrelevanten Erkenntnisgewinn führen können (vgl. BSG, Urteil vom 20.04.2010, B 1/3 KR 22/08 R, SozR 4-1500 § 109 Nr. 3). Denn auf die Frage eines dauerhaften Leistungsvermögens von unter drei Stunden kommt es für die Entscheidung nicht (mehr) an.
33 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
34 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 17. Juli 2014 - L 10 R 2929/13 zitiert 16 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder2. der Verwaltungsakt v

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 407a Weitere Pflichten des Sachverständigen


(1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der S

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(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, so hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen.

(2) Der Sachverständige hat unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen. Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.

(3) Der Sachverständige ist nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.

(4) Hat der Sachverständige Zweifel an Inhalt und Umfang des Auftrages, so hat er unverzüglich eine Klärung durch das Gericht herbeizuführen. Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.

(5) Der Sachverständige hat auf Verlangen des Gerichts die Akten und sonstige für die Begutachtung beigezogene Unterlagen sowie Untersuchungsergebnisse unverzüglich herauszugeben oder mitzuteilen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so ordnet das Gericht die Herausgabe an.

(6) Das Gericht soll den Sachverständigen auf seine Pflichten hinweisen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. November 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente ab einem früheren Zeitpunkt.
Der 1966 geborene Kläger fehlte Ende 1989, nachdem sein Vater gestorben war und ihn seine Freundin verlassen hatte, häufig am Arbeitsplatz, was am 10. Januar 1990 zur fristlosen Kündigung führte. Danach fiel er psychisch zunehmend auf und wurde am 6. Oktober 1990 vom Hausarzt wegen Alkoholkrankheit, akute Psychose (paranoid) mit Erregungszustand in das Psychiatrische Zentrum Nordbaden eingewiesen, wo ein Alkoholmissbrauch diagnostiziert wurde. Später ergab sich die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie.
Die Beklagte wurde mit Urteil des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 5. Juli 2004 (S 10 R 1510/03) verurteilt, dem Kläger auf Grund seines Antrags vom 8. Februar 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 zu gewähren. Grundlage hierfür war im Wesentlichen das Gutachten von Dr. Sch. , Chefarzt der Abteilung Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie I des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden. Die gegen das Urteil eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten wurden - u. a. nach Einholung einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme bei Dr. Sch. - mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 25. Januar 2005 (L 9 RJ 2670/04) zurückgewiesen; seine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (B 13 RJ 47/95 B) nahm der Kläger wieder zurück. Das SG nahm Erwerbsunfähigkeit spätestens seit dem 31. Oktober 1990 an, das LSG ging (im Rahmen der Frage, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen) von einem „Leistungsfall“ (gemeint: Versicherungsfall) am 10. Januar (Verlust des Arbeitsplatzes) oder am 6. Oktober 1990 (Klinikeinweisung) aus.
Mit Bescheid vom 15. März 2005 gewährte die Beklagte auf Grund des Urteils des SG Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2002 in Höhe von monatlich 795,51 EUR brutto (also ohne Abzüge zur Kranken- und Pflegeversicherung), ausgehend von einem Versicherungsfall am 31. Oktober 1990. Wegen des Versicherungsverlaufs und der Einzelheiten der Rentenberechnung wird auf Aktenseiten 401 ff. der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Der Kläger legte gegen den Bescheid Widerspruch mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rente ein. Die Rente sei mit Stand 1990 berechnet worden, sodass zwischenzeitliche Rentenanpassungen berücksichtigt werden müssten.
Der Kläger hat am 14. Juni 2005 Untätigkeitsklage bei dem SG erhoben und diese, nachdem sein Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005 zurückgewiesen worden war, als Leistungsklage weiterverfolgt. Die Rentensteigerung in der Zeit von 1990 bis 2002 und eine Zurechnungszeit bis zum 65. Lebensjahr seien nicht berücksichtigt worden, außerdem sei als „Leistungsfall“ (wohl: Versicherungsfall) der 10. Januar 1990 anzunehmen.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. November 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe den Rentenanspruch nach der zur Zeit seiner Entstehung am 1. Februar 2002 für die Rentenformel geltenden Werte (§§ 64 ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) berechnet. Auch das Ende der Zurechnungszeit habe die Beklagte gem. § 253a SGB VI zutreffend auf April 2024 festgestellt.
Mit seiner am 17. November 2005 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Seine Cousine Martina, die bei der Rentenversicherung Angestellte sei, habe ihm 1990 eine volle Erwerbsunfähigkeitsrente von 1.613 DM errechnet. Außerdem sei die Rente seit 1. Mai 1994 auszubezahlen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2005 hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 22. September 2005 auf Abänderung des Bescheids vom 15. März 2005 im Hinblick auf die Gewährung der Rente ab einem früheren Zeitpunkt abgelehnt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
10 
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. November 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung, ausgehend von einem Versicherungsfall am 10. Januar 1990, ab Mai 1994 zu gewähren.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.
13 
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und (weiterhin) die zur vollen Erwerbsminderung führenden Leistungseinschränkungen frühestens ab September 1996 für erwiesen.
14 
Die Beklagte hat eine Probeberechnung, ausgehend von einem Versicherungsfall am 10. Januar 1990 vorgelegt. Dabei hat sich eine monatliche Rente von 901,24 EUR brutto (Stand 1. Februar 2002) errechnet. Die Einzelheiten ergeben sich aus Aktenseiten 48 ff. der Akten des Senats.
15 
Dr. Sch. hat sich gutachtlich nach Aktenlage dahingehend geäußert, dass die Datenlage begrenzt sei. Der Beklagten sei grundsätzlich beizupflichten, dass (aussagekräftige) ärztliche Unterlagen erst für die Zeit ab Oktober 1990 vorlägen. Zum Zeitpunkt der Einweisung des Klägers in das Psychiatrische Landeskrankenhaus Nordbaden habe beim Kläger eine psychotische Dekompensation vorgelegen, die in der überwiegenden Anzahl der Fälle bereits Jahre vorher manifeste krankhafte psychische Veränderungen zeige. Nicht nur aus den eigen anamnestischen Angaben des Klägers, sondern auch das Einweisungsschreiben des Hausarztes Dr. H. spreche für eine psychotische Symptomatik im längerfristigen Vorfeld der Einweisung.
16 
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats sowie die beigezogenen Akten S 10 RJ 1510/03 und L 9 RJ 2670/04 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet, die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 unzulässig.
19 
Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2004 ausführende Bescheid vom 15. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2005, mit dem die Beklagte
20 
1. Rente wegen voller Erwerbsminderung,
21 
2. ab dem 1. Februar 2000 und
22 
3. in Höhe von 795,51 EUR bewilligte.
23 
Der Widerspruch des Klägers bezog sich ausschließlich auf Verfügungssatz 3, also die Rentenhöhe. Auch nur hierüber befand die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005. Die übrigen Verfügungssätze 1 und 2 (Rentenart und insbesondere Rentenbeginn) des Bescheides vom 15. März 2005 sind mangels Anfechtung bestandskräftig und verbindlich (§ 77 SGG) geworden.
24 
Damit hat der Bescheid vom 14. Dezember 2005, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Verfügungssatzes 2 (Rentenbeginn) abgelehnt hat, nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens nach § 96 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG werden können. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn nach Klageerhebung ein Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ähnliches gilt, wenn die Rücknahme eines angefochtenen Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelehnt wird. Ist eine Regelung (im Sinne eines Verfügungssatzes, also eines Verwaltungsaktes) aber nicht Gegenstand eines Rechtsstreits, kann ein späterer Bescheid, der sich auf eine solche Regelung bezieht, ebenfalls nicht Gegenstand des Rechtsstreits werden.
25 
Allerdings hat der Kläger gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 ausdrücklich mit dem zu den Senatsakten gelangten Schreiben vom 21. Dezember 2005 Klage erhoben und dieses Begehren in seinen folgenden Prozessanträgen weiter verfolgt. Dies stellt eine Klageerweiterung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG dar. Ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG liegt nicht vor, weil es sich bei Rentenbeginn und Rentenhöhe - wie dargelegt - um unterschiedliche Verfügungssätze handelt. Diese Klageerweiterung ist zulässig, weil sich die Beklagte darauf im Sinne des § 99 Abs. 2 SGG eingelassen und somit in die Klageänderung eingewilligt hat. Denn sie ist in Kenntnis des klägerischen Begehrens und auf ausdrückliche Nachfrage davon ausgegangen, dass der Bescheid Gegenstand des Verfahrens wird (Schriftsatz vom 26. Januar 2006).
26 
Indessen ist die so geänderte Klage unzulässig. Das LSG ist gem. § 29 SGG nur zuständig für Entscheidungen im Berufungsverfahren. Die einzige Ausnahme hierzu enthält § 96 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002, B 4 RA 20/01 R in SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Diese Ausnahme liegt hier jedoch - wie dargelegt - nicht vor. Auch ist es den Beteiligten verwehrt, durch Vereinbarung eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG zu begründen (BSG, a.a.O, auch zum Nachfolgenden). Dies gilt insbesondere für den Fall der hier vorliegenden gewillkürten Klageänderung. Auch wenn diese durch Einlassung der Beklagten zulässig ist, hat dies nicht zur Folge, dass der Senat in der Sache entscheiden darf. Denn es müssen sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, also auch die Zuständigkeit des LSG. Damit ist die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 unzulässig und aus diesem Grund abzuweisen (so auch die Entscheidung des BSG, a.a.O).
27 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Rente. Nach § 63 SGB VI richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist. Nach § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn 1. die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2. der Rentenartfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.
28 
Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich aus dem Rentenbescheid. Dass die zu Grunde liegenden versicherungsrechtlichen Zeiten unzutreffend sind, hat der Kläger nicht konkret dargelegt und ist auch sonst für den Senat nicht ersichtlich. Soweit der Kläger eine fehlerhafte Berechnung der Zurechnungszeit im erstinstanzlichen Verfahren gerügt hat, hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen die von der Beklagten ermittelte Zurechnungszeit zutrifft. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Seine diesbezügliche Rüge hat der Kläger in der Berufung auch nicht mehr wiederholt. Soweit der Kläger Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Versicherungsfalles geltend macht, steht § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI der Berücksichtigung entgegen. Danach werden bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Beitrags- und Anrechnungszeiten nach Eintritt der Leistungsminderung nicht berücksichtigt.
29 
Zutreffend ist die Beklagte auch von einem Versicherungsfall im Oktober, also spätestens am 31. Oktober 1990 ausgegangen. Hierzu wurde sie mit dem Urteil des SG vom 5. Juli 2004 verurteilt, wobei sich der Versicherungsfall, also der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit (bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) ergibt, wenn man den Tenor anhand der Entscheidungsgründe auslegt (vgl. Bolay in: Lüdtke, SGG, 2. Aufl. 2006, § 136 Rdnr. 9 mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Daran ist durch das Urteil des LSG vom 25. Januar 2005 nichts geändert worden, denn dieses wies lediglich die Berufungen zurück. Zudem erfolgten die Ausführungen zu einem alternativen Versicherungsfall am 10. Januar 1990 allein im Rahmen der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und können nicht hinreichend deutlich auf die rentenrechtlichen Zeiten und damit die Rentenhöhe bezogen werden.
30 
Auch bei einer inhaltlichen Prüfung kann sich der Senat nicht von einem Versicherungsfall vor Oktober 1990 überzeugen. Der Kläger ist am 6. Oktober 1990 in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. eingeliefert worden. Frühestens für Oktober 1990 ist damit die paranoide Schizophrenie objektiv nachgewiesen. Wenn dies für die Zeit davor angenommen werden soll, begibt man sich in den Bereich der Spekulation. Zwar hat der behandelnde Arzt anlässlich der Einweisung einschlägige Symptome bereits im Januar 1990 ("Arbeitslosigkeit, trinkt nur noch, vermehrte Isolation, zum Gespräch mit der Familie nicht bereit“) beschrieben. Auch ist nachvollziehbar, wenn Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme für den Senat ausführt, dass sich die Erkrankung des Klägers nicht plötzlich entwickelt, sondern einen gewissen Vorlauf benötigt hat. Wie sich die Erkrankung jedoch konkret im Einzelnen entwickelt hat und - hierauf ist besonders hinzuweisen - welche konkreten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit dies jeweils hatte, ist völlig unklar.
31 
Weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht, insbesondere scheidet eine ergänzende Befragung von Angehörigen des Klägers aus. Bei der hier entscheidungserheblichen Frage der Krankheitsentwicklung des Klägers sind medizinische Laien überfordert, aussagekräftige Erkenntnisse zu liefern.
32 
Auch im Übrigen lässt die Rentenhöhe keine Rechtsfehler erkennen. Der Rentenartfaktor von 1,0 folgt aus § 67 Nr. 3 SGB VI, der aktuelle Rentenwert (§ 75 SGB VI) beträgt für den Rentenbeginn am 1. Februar 2002 25,31406 EUR (vgl. Aichberger, Ordnungsnummer 4/11, Punkt IX).
33 
Entgegen der Auffassung des Klägers wird seine Rente damit nicht auf den Zeitpunkt Oktober 1990 berechnet und in dieser Höhe ohne Rentenanpassungen an ihn im Jahre 2002 ausgezahlt. Denn der genannte aktuelle Rentenwert beinhaltet bereits diese Rentenanpassungen. Hierauf hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vom 2. Dezember 2005 zutreffend und ausführlich hingewiesen. Würde man den für das Jahr 1990 geltenden aktuellen Rentenwert der Rentenberechnung zu Grunde legen, ergäbe sich eine monatliche Rente von brutto 636,06 EUR. Tatsächlich wurde dem Kläger zum 1. Februar 2002 Rente in Höhe von monatlich 795,51 EUR brutto bewilligt.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
35 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.

Gründe

 
18 
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet, die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 unzulässig.
19 
Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2004 ausführende Bescheid vom 15. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juni 2005, mit dem die Beklagte
20 
1. Rente wegen voller Erwerbsminderung,
21 
2. ab dem 1. Februar 2000 und
22 
3. in Höhe von 795,51 EUR bewilligte.
23 
Der Widerspruch des Klägers bezog sich ausschließlich auf Verfügungssatz 3, also die Rentenhöhe. Auch nur hierüber befand die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005. Die übrigen Verfügungssätze 1 und 2 (Rentenart und insbesondere Rentenbeginn) des Bescheides vom 15. März 2005 sind mangels Anfechtung bestandskräftig und verbindlich (§ 77 SGG) geworden.
24 
Damit hat der Bescheid vom 14. Dezember 2005, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Verfügungssatzes 2 (Rentenbeginn) abgelehnt hat, nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens nach § 96 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG werden können. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn nach Klageerhebung ein Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ähnliches gilt, wenn die Rücknahme eines angefochtenen Bescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelehnt wird. Ist eine Regelung (im Sinne eines Verfügungssatzes, also eines Verwaltungsaktes) aber nicht Gegenstand eines Rechtsstreits, kann ein späterer Bescheid, der sich auf eine solche Regelung bezieht, ebenfalls nicht Gegenstand des Rechtsstreits werden.
25 
Allerdings hat der Kläger gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 ausdrücklich mit dem zu den Senatsakten gelangten Schreiben vom 21. Dezember 2005 Klage erhoben und dieses Begehren in seinen folgenden Prozessanträgen weiter verfolgt. Dies stellt eine Klageerweiterung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG dar. Ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG liegt nicht vor, weil es sich bei Rentenbeginn und Rentenhöhe - wie dargelegt - um unterschiedliche Verfügungssätze handelt. Diese Klageerweiterung ist zulässig, weil sich die Beklagte darauf im Sinne des § 99 Abs. 2 SGG eingelassen und somit in die Klageänderung eingewilligt hat. Denn sie ist in Kenntnis des klägerischen Begehrens und auf ausdrückliche Nachfrage davon ausgegangen, dass der Bescheid Gegenstand des Verfahrens wird (Schriftsatz vom 26. Januar 2006).
26 
Indessen ist die so geänderte Klage unzulässig. Das LSG ist gem. § 29 SGG nur zuständig für Entscheidungen im Berufungsverfahren. Die einzige Ausnahme hierzu enthält § 96 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002, B 4 RA 20/01 R in SozR 3-1500 § 29 Nr. 1). Diese Ausnahme liegt hier jedoch - wie dargelegt - nicht vor. Auch ist es den Beteiligten verwehrt, durch Vereinbarung eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG zu begründen (BSG, a.a.O, auch zum Nachfolgenden). Dies gilt insbesondere für den Fall der hier vorliegenden gewillkürten Klageänderung. Auch wenn diese durch Einlassung der Beklagten zulässig ist, hat dies nicht zur Folge, dass der Senat in der Sache entscheiden darf. Denn es müssen sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, also auch die Zuständigkeit des LSG. Damit ist die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2005 unzulässig und aus diesem Grund abzuweisen (so auch die Entscheidung des BSG, a.a.O).
27 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Rente. Nach § 63 SGB VI richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Für beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist. Nach § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn 1. die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2. der Rentenartfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.
28 
Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich aus dem Rentenbescheid. Dass die zu Grunde liegenden versicherungsrechtlichen Zeiten unzutreffend sind, hat der Kläger nicht konkret dargelegt und ist auch sonst für den Senat nicht ersichtlich. Soweit der Kläger eine fehlerhafte Berechnung der Zurechnungszeit im erstinstanzlichen Verfahren gerügt hat, hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass und aus welchen Gründen die von der Beklagten ermittelte Zurechnungszeit zutrifft. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Seine diesbezügliche Rüge hat der Kläger in der Berufung auch nicht mehr wiederholt. Soweit der Kläger Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt des Versicherungsfalles geltend macht, steht § 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI der Berücksichtigung entgegen. Danach werden bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Beitrags- und Anrechnungszeiten nach Eintritt der Leistungsminderung nicht berücksichtigt.
29 
Zutreffend ist die Beklagte auch von einem Versicherungsfall im Oktober, also spätestens am 31. Oktober 1990 ausgegangen. Hierzu wurde sie mit dem Urteil des SG vom 5. Juli 2004 verurteilt, wobei sich der Versicherungsfall, also der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit (bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) ergibt, wenn man den Tenor anhand der Entscheidungsgründe auslegt (vgl. Bolay in: Lüdtke, SGG, 2. Aufl. 2006, § 136 Rdnr. 9 mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Daran ist durch das Urteil des LSG vom 25. Januar 2005 nichts geändert worden, denn dieses wies lediglich die Berufungen zurück. Zudem erfolgten die Ausführungen zu einem alternativen Versicherungsfall am 10. Januar 1990 allein im Rahmen der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und können nicht hinreichend deutlich auf die rentenrechtlichen Zeiten und damit die Rentenhöhe bezogen werden.
30 
Auch bei einer inhaltlichen Prüfung kann sich der Senat nicht von einem Versicherungsfall vor Oktober 1990 überzeugen. Der Kläger ist am 6. Oktober 1990 in das Psychiatrische Landeskrankenhaus W. eingeliefert worden. Frühestens für Oktober 1990 ist damit die paranoide Schizophrenie objektiv nachgewiesen. Wenn dies für die Zeit davor angenommen werden soll, begibt man sich in den Bereich der Spekulation. Zwar hat der behandelnde Arzt anlässlich der Einweisung einschlägige Symptome bereits im Januar 1990 ("Arbeitslosigkeit, trinkt nur noch, vermehrte Isolation, zum Gespräch mit der Familie nicht bereit“) beschrieben. Auch ist nachvollziehbar, wenn Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme für den Senat ausführt, dass sich die Erkrankung des Klägers nicht plötzlich entwickelt, sondern einen gewissen Vorlauf benötigt hat. Wie sich die Erkrankung jedoch konkret im Einzelnen entwickelt hat und - hierauf ist besonders hinzuweisen - welche konkreten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit dies jeweils hatte, ist völlig unklar.
31 
Weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht, insbesondere scheidet eine ergänzende Befragung von Angehörigen des Klägers aus. Bei der hier entscheidungserheblichen Frage der Krankheitsentwicklung des Klägers sind medizinische Laien überfordert, aussagekräftige Erkenntnisse zu liefern.
32 
Auch im Übrigen lässt die Rentenhöhe keine Rechtsfehler erkennen. Der Rentenartfaktor von 1,0 folgt aus § 67 Nr. 3 SGB VI, der aktuelle Rentenwert (§ 75 SGB VI) beträgt für den Rentenbeginn am 1. Februar 2002 25,31406 EUR (vgl. Aichberger, Ordnungsnummer 4/11, Punkt IX).
33 
Entgegen der Auffassung des Klägers wird seine Rente damit nicht auf den Zeitpunkt Oktober 1990 berechnet und in dieser Höhe ohne Rentenanpassungen an ihn im Jahre 2002 ausgezahlt. Denn der genannte aktuelle Rentenwert beinhaltet bereits diese Rentenanpassungen. Hierauf hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vom 2. Dezember 2005 zutreffend und ausführlich hingewiesen. Würde man den für das Jahr 1990 geltenden aktuellen Rentenwert der Rentenberechnung zu Grunde legen, ergäbe sich eine monatliche Rente von brutto 636,06 EUR. Tatsächlich wurde dem Kläger zum 1. Februar 2002 Rente in Höhe von monatlich 795,51 EUR brutto bewilligt.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
35 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 streitig.

2

Die Klägerin ist die Witwe des am 9.3.2006 verstorbenen J. N. (im Folgenden: Versicherter), mit dem sie zum Zeitpunkt des Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebte. Der Versicherte bezog ab Juni 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung und nahm im August 2001 eine geringfügige Beschäftigung auf. Mit dem Arbeitgeber vereinbarte er unter dem 28.1.2004, die Beschäftigung "zu unterbrechen". Ab diesem Tag war der Versicherte wegen einer Asbeststaublungenerkrankung arbeitsunfähig. Am 2.2.2004 begab er sich in stationäre Behandlung.

3

Die Steinbruchs-Berufsgenossenschaft (BG), Rechtsvorgängerin der Beklagten, stellte bei dem Versicherten eine Asbeststaublungenerkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nummer 4105 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung fest (Bescheid vom 5.8.2004). Mit Schreiben vom 15.10.2004 teilte sie ihm mit, dass wegen der BK ein Anspruch auf Verletztengeld und für die Dauer von sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit ein Lohnfortzahlungsanspruch bestehe. Der hiergegen auf Zahlung von Verletztenrente gerichtete Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005). Ab 2.2.2004 bestehe für 78 Wochen ein Anspruch auf Verletztengeld. Erst danach beginne ein Anspruch auf Rente.

4

Das Sozialgericht Münster (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.5.2008). Während des Berufungsverfahrens stellte die BG wegen der Folgen der BK eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH ab dem 1.8.2005 fest (Bescheid vom 7.9.2005). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die auf Zahlung von Verletztenrente "anstelle von Verletztengeld" ab 29.1.2004 gerichtete Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28.8.2009). Die geringfügige Beschäftigung eines Beziehers einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit sei eine vom Schutzzweck des § 45 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) umfasste Tätigkeit und schließe den Anspruch auf Verletztengeld nicht aus. Der Anspruch auf Verletztenrente beginne erst an dem Tag, der auf den Tag folge, an dem der Anspruch auf Verletztengeld ende.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 45 Abs 1 und § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII. Das Verletztengeld sei nur für Versicherte vorgesehen, die zum Kreis der Erwerbstätigen gehörten und ihren Lebensunterhalt vor Eintritt der durch den Versicherungsfall bedingten Arbeitsunfähigkeit aus einer Erwerbstätigkeit oder einer daran anknüpfenden Sozialleistung bestritten hätten. Mit den Einkünften aus der geringfügigen Beschäftigung habe der Versicherte seinen Lebensunterhalt nicht sicherstellen können. Da bereits bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit habe gerechnet werden können, habe der Anspruch auf Verletztengeld bereits mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit geendet.

6

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 10.3.2004 bis zum 26.7.2005 und Verletztenrente ab 27.7.2005 bewilligt (Bescheid vom 19.1.2010).

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Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. August 2009 und des Sozialgerichts Münster vom 28. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Verwaltungsaktes vom 15. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 zu verurteilen, ihr anstatt des Verletztengeldes die Verletztenrente des Versicherten nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 100 vH vom 29. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2005 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie trägt vor, mit dem Verletztengeld seien die Einkünfte aus der geringfügigen Beschäftigung ausgeglichen worden. § 46 Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB VII sei nicht anwendbar.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 Sozialgerichtsgesetz), mit der unter Aufhebung des den Anspruch auf Verletztengeld feststellenden Verwaltungsaktes vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Verletztenrente für die Zeit vom 29.1.2004 bis zum 26.7.2005 geltend gemacht wird. Diese Klagen sind unzulässig.

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Nach § 54 Abs 1 SGG kann mit der Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung begehrt werden(Satz 1). Sie ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein (Satz 2). Insoweit reicht es zwar schon aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, sie sei nicht rechtmäßig (BSG vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 18). An der Klagebefugnis fehlt es aber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (BSG vom 14.11.2002 - B 13 RJ 19/01 R - BSGE 90, 127, 130 = SozR 3-5795 § 10d Nr 1 S 4), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 33/07 R - SozR 4-1500 § 77 Nr 1 RdNr 13). Solange der zuständige Unfallversicherungsträger nicht über einen Leistungsanspruch entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde (vgl § 88 SGG), kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben. Das ist hier der Fall.

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Durch den Verwaltungsakt vom 15.10.2004 ist allein ein Anspruch auf Verletztengeld festgestellt worden. Er enthält keine Regelung iS des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), mit dem die BG einen Anspruch auf Verletztenrente abgelehnt hätte. Bei dem Verletztengeld (§§ 45 ff SGB VII)und der Verletztenrente (§§ 56 ff SGB VII) handelt es sich um unterschiedliche Sozialleistungen, die im SGB VII systematisch voneinander getrennt normiert sind. Sie bilden jeweils einen eigenständigen Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens (vgl § 8 SGB X), über den der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu entscheiden hat.

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Über den Anspruch auf Verletztenrente ist auch nicht im Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005 entschieden worden. Abgesehen davon, dass die Widerspruchsstelle funktional und sachlich nicht zuständig ist, an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu befinden (BSG vom 20.7.2010 - B 2 U 19/09 R), setzt sich auch der Widerspruchsbescheid allein mit dem Anspruch auf Verletztengeld auseinander. Den Inhalt eines Verwaltungsaktes hat das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit festzustellen. Dabei ist Maßstab der Auslegung der "Empfängerhorizont" eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 20/06 R - BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, jeweils RdNr 11 mwN). Gemessen daran ist die Formulierung im Widerspruchsbescheid "erst wenn der Anspruch auf Verletztengeld endet, beginnt ein Anspruch auf Rente (§§ 46 Abs. 3 SGB VII, 72 Abs. 1 SGB VII)" nur ein Hinweis auf die bestehende Gesetzeslage. Mit ihr hat die BG keine Regelung über ein Recht des Versicherten auf Verletztenrente getroffen.

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Der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage stehen die Bescheide vom 7.9.2005 und 19.1.2010 nicht entgegen. Der Verwaltungsakt im Bescheid vom 7.9.2005, mit dem ein Anspruch auf Verletztenrente für die Zeit ab 1.8.2005 - und nicht ein früherer Zeitpunkt - festgestellt wurde, ist vom Versicherten nicht angefochten worden und damit für die Beteiligten bindend (§ 77 SGG). Er ist nicht nach § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, denn er hat den allein das Verletztengeld betreffenden Verwaltungsakt vom 15.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.3.2005 weder abgeändert noch ersetzt. Seine Einbeziehung kann auch nicht auf eine weite oder analoge Anwendung des § 96 SGG gestützt werden, weil dadurch der Streitstoff erweitert würde und Erwägungen der Prozessökonomie ein solches Ergebnis nicht rechtfertigen(vgl BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 54/02 R - BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, jeweils RdNr 5).

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Auch der Verwaltungsakt im Bescheid der Beklagten vom 19.1.2010 über die Zahlung der Verletztenrente schon ab 27.7.2005 hat daher den hier angefochtenen Verwaltungsakt nicht abgeändert oder ersetzt. Unabhängig davon gilt ein Verwaltungsakt, der während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt, als mit der Klage beim SG angefochten (§ 171 Abs 2 SGG).

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Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht die Unzulässigkeit der mit ihr kombinierten (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) nach sich. Auch diese Leistungsklage setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger die begehrte Leistung abgelehnt hat und kommt daher vor dem Erlass einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung nicht in Betracht.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn

1.
ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder
2.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
3.
ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.

(2) (weggefallen)

(3) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.