Landgericht Zweibrücken Beschluss, 08. Juli 2008 - Qs 77/08

ECLI:ECLI:DE:LGZWEIB:2008:0708.QS77.08.0A
bei uns veröffentlicht am08.07.2008

Tenor

Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wird der Beschluss des Amtsgerichts Landstuhl vom 29. 05. 2008 aufgehoben.

Die Sache wird an den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Landstuhl zur Vornahme der beantragten Vernehmung des Zeugen zurückverwiesen.

Gründe

1

Der Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Landstuhl hat den Antrag der Staatsanwaltschaft Saarbrücken auf Vernehmung eines in F. wohnhaften Zeugen abgelehnt unter Hinweis auf § 163 a III StPO und den umgerechnet nur 15 Minuten länger dauernden Anfahrweg nach Saarbrücken.

2

Die dagegen gerichtete und nach § 304 StPO zulässige Beschwerde der Staatsanwaltschaft führt zum Erfolg.

3

Nach § 162 Abs. 1 S. 3 StPO ist für richterliche Vernehmungen - anders als nach Abs. I S. 1 -auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Untersuchungshandlung vorzunehmen ist. Das ist bei dem in F. wohnhaften Zeugen das dortige Amtsgericht Landstuhl. Die Staatsanwaltschaft stellt bei diesem Gericht (Ermittlungsrichter) den Antrag, wenn dies u.a. zur Vermeidung von Belastungen Betroffener angebracht ist. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn einem Zeugen – wie hier - nicht zugemutet werden soll, in den Amtsgerichts-Bezirk Saarbrücken zu reisen, in dem die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 162 Rn. 11). Auf diesen Gesichtspunkt hat die Staatsanwaltschaft bei ihrer Antragstellung und anlässlich der Beschwerde hingewiesen. Die Einschätzung der Staatsanwaltschaft in Bezug auf die Interessen des Zeugen ist bindend (NK-Pflieger, StPO, § 162 Rn. 8). Der Ermittlungsrichter hat nach § 162 Abs. 2 StPO nur die gesetzliche Zulässigkeit der beantragten Handlung zu prüfen. Das unterliegt bei der Zeugenvernehmung keinem Zweifel. Für eine weitergehende Prüfungskompetenz des Ermittlungsrichters (etwa Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit) gibt es keine gesetzliche Grundlage (Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 14 und 17 m.w.N.).

4

Dies führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung zur Vornahme der beantragten Vernehmung.

5

Angesichts der gesetzlichen Neuregelung steht der Entscheidung auch der Beschluss der Kammer vom 10. 10. 2005 in Qs 117/05 nicht entgegen.

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Landgericht Zweibrücken Beschluss, 08. Juli 2008 - Qs 77/08 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafprozeßordnung - StPO | § 162 Ermittlungsrichter


(1) Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme einer gerichtlichen Untersuchungshandlung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie oder ihre den Antrag stellende Zweig

Referenzen

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Erachtet die Staatsanwaltschaft die Vornahme einer gerichtlichen Untersuchungshandlung für erforderlich, so stellt sie ihre Anträge vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie oder ihre den Antrag stellende Zweigstelle ihren Sitz hat. Hält sie daneben den Erlass eines Haft- oder Unterbringungsbefehls für erforderlich, so kann sie, unbeschadet der §§ 125, 126a, auch einen solchen Antrag bei dem in Satz 1 bezeichneten Gericht stellen. Für gerichtliche Vernehmungen und Augenscheinnahmen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk diese Untersuchungshandlungen vorzunehmen sind, wenn die Staatsanwaltschaft dies zur Beschleunigung des Verfahrens oder zur Vermeidung von Belastungen Betroffener dort beantragt.

(2) Das Gericht hat zu prüfen, ob die beantragte Handlung nach den Umständen des Falles gesetzlich zulässig ist.

(3) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befasst ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Nach einem Antrag auf Wiederaufnahme ist das für die Entscheidungen im Wiederaufnahmeverfahren zuständige Gericht zuständig.