Landgericht Waldshut-Tiengen Beschluss, 11. Juli 2012 - 1 T 62/12

bei uns veröffentlicht am11.07.2012

Tenor

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Schopfheim vom 04.06.2012 und die Entscheidung der Gerichtsvollzieherin vom 05.03.2012 werden aufgehoben.

2. Die Gerichtsvollzieherin wird angewiesen, den Schuldner in der Zwangsvollstreckungssache 3 DR 170/12 zum Zweck der Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses laut eidesstattlicher Versicherung vom 12.01.2012 hinsichtlich der Art und des Umfangs der Tätigkeit des Schuldners für die Firma L… GmbH zu laden.

Gründe

 
I.
Am 12.01.2012 gab der Schuldner auf Antrag der Beschwerdeführerin vor der zuständigen Gerichtsvollzieherin die eidesstattliche Versicherung ab. Unter dem Punkt „Arbeitseinkommen“ gab er ein monatliches Brutto- wie Nettoeinkommen von 400,- EUR an, als Arbeitgeberin nannte er die L… GmbH, vertreten durch die Geschäftsführerin S... N…, …. Bei der Geschäftsführerin handelt es sich um die Ehefrau des Schuldners, bei der Geschäftsadresse um die Wohnanschrift des Schuldners.
Bereits am 17.05.2011 waren der Schuldner und seine Ehefrau in einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Schopfheim, an dem die Beschwerdeführerin als Klägerin beteiligt war, vernommen bzw. angehört worden und hatten nähere Angaben über die Erwerbstätigkeit des Schuldners gemacht.
Mit Schreiben vom 31.01.2012 beantragte die Beschwerdeführerin die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses hinsichtlich Art und Umfang der Erwerbstätigkeit um zu überprüfen, ob hier verschleiertes Arbeitseinkommen vorliege. Die Gerichtsvollzieherin kündigte mit Schreiben vom 08.02.2012 die Ablehnung dieses Antrags ab. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.02.2012 Erinnerung ein, mit Schreiben vom 05.03.2012 erfolgte die angekündigte Ablehnung des Antrags durch die Gerichtsvollzieherin.
Das Amtsgericht Schopfheim hat die Erinnerung mit Beschluss vom 07.05.2012, dem Gläubigervertreter zugegangen am 10.05.2012, als unbegründet zurückgewiesen, da das Vermögensverzeichnis des Schuldners umfassend ausgefüllt und weder lückenhaft, unklar noch widersprüchlich sei. Weitere Nachfragen seien im Übrigen durch die Angaben in dem Zivilrechtsstreit geklärt worden.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 22.05.2012, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 793 ZPO statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Dem Gläubiger steht nämlich bei der Abnahme der Eidesstattlichen Versicherung ein Fragerecht zu, aus dem sich auch das Recht des Gläubigers ableitet, Fragen - insbesondere auch solche, die über das amtliche Formular hinausgehen - schriftlich einzureichen, damit der Schuldner diese zur Vervollständigung des Vermögensbildes beantwortet (vgl. LG Essen, Beschluss vom 29.08.2008, 16a T 69/08 m.w.N.). Dieses Fragerecht unterliegt engen Grenzen, die sich aus dem Zweck der Offenbarungspflicht ergeben und enthält kein umfassendes Ausforschungsrecht. Erforderlich ist, dass die Fragen in Zusammenhang mit dem konkreten Einzelfall stehen. Das ist insbesondere anzunehmen, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass es konkrete Anhaltspunkte für weitere Vermögenswerte des Schuldners gibt (vgl. BGH, Beschluss v. 12.01.2012, I ZB 2/11; LG Münster, Beschluss v. 25.08.2009, 5 T 376/09; AG Lahr, Beschluss v. 10.06.2011, M 1636/10;).
Solche konkreten Anhaltspunkte liegen hier vor, da der Schuldner nach seinen Angaben lediglich über ein Arbeitseinkommen von 400,- EUR monatlich verfügt, das er in einer von seiner Ehefrau geführten Firma erzielt. Es entspricht herrschender Rechtsprechung, dass ein Gläubiger dann vom Schuldner die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses zur ausgeübten Tätigkeit nach Art und Umfang der Tätigkeit und Arbeitszeit bei einem Drittschuldner verlangen kann, wenn es nach den Gesamtumständen jedenfalls nicht völlig fern liegt, dass im Verhältnis zwischen dem Schuldner und seinem Arbeitgeber ein Teil des Einkommens des Schuldners im Sinne von § 850 h ZPO verschleiert werden könnte (vgl. AG Nürtingen, Beschluss v. 05.12.2008, 1 M 2460/08; LG Ingolstadt, Beschluss v. 13.03.2010, 13 T 1908/09; LG Dessau-Roßlau, Beschluss v. 11.07.2008, 5 T 48/08 m.w.N.) Dieser nicht völlig fernliegende Verdacht ergibt sich hier daraus, dass der Schuldner bei einer von seiner Ehefrau geführten Firma beschäftigt ist und dort ein ungewöhnlich niedriges Einkommen erzielt. Bereits der Umstand, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis ein ungewöhnlich geringes Arbeitsentgelt angibt, begründet nach der Rechtsprechung nämlich eine Anfangswahrscheinlichkeit, dass hier ein verschleiertes Arbeitseinkommen vorliegen könnte (LG Ingolstadt, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, wenn wie hier ein persönliches Näheverhältnis zu dem Arbeitgeber bzw. dessen Geschäftsführerin besteht.
10 
Dass die Gläubigerin aus einem Zivilrechtsstreit bereits Informationen über die Tätigkeit des Schuldners erhalten hat, ändert hieran nichts. Zum einen erfolgten diese Angaben bereits im Mai 2011, sodass sich hier inzwischen Änderungen ergeben haben können. Zum anderen hat der Gläubiger einen Anspruch darauf, dass die erforderlichen Angaben zu Protokoll der Gerichtsvollzieherin erklärt werden und der Schuldner die Richtigkeit der Angaben an Eides statt versichert. Eine anderweitige Erlangung dieser Informationen steht dem nicht gleich (vgl. LG Ingolstadt, a.a.O.).
11 
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da weder zu Lasten des nicht angehörten Schuldners noch zu Lasten der Gerichtsvollzieherin oder der Staatskasse eine Kostenentscheidung ergehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19.05.2004, IXa ZB 297/03; Zöller, RN 34 zu § 766).

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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - I ZB 2/11

bei uns veröffentlicht am 12.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 2/11 vom 12. Januar 2012 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 807 a) Der Schuldner muss in der eidesstattlichen Versicherung grundsätzlich auch Ansprü

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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 2/11
vom
12. Januar 2012
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Schuldner muss in der eidesstattlichen Versicherung grundsätzlich
auch Ansprüche auf Beitragsrückerstattung und auf Leistungsansprüche
aus Sachversicherungen sowie auf Erstattung von überzahlten Abschlägen
auf Verträge mit Energieversorgern angeben.

b) Ob der Schuldner Fragen des Gläubigers zu diesen Themen beantworten
muss, die über diejenigen hinausgehen, die im herkömmlich verwendeten
Formblatt zur Erstellung des Vermögensverzeichnisses enthalten sind,
hängt allerdings weiter davon ab, ob die zusätzlichen Fragen auf die konkrete
Schuldnersituation abstellen oder aber ohne erkennbaren Zusammenhang
mit dem konkreten Lebenssachverhalt lediglich der allgemeinen
Ausforschung im Wege der Befragung auf Verdacht dienen.
BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 - I ZB 2/11 - AG Strausberg
LG Frankfurt (Oder)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 9. Zivilkammer - vom 2. Dezember 2010 wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 300 €

Gründe:


1
I. Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin aus einem Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.
2
Die Schuldnerin gab auf Betreiben eines anderen Gläubigers am 17. Mai 2010 die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO ab. Dabei verneinte sie im Vermögensverzeichnis die Frage Nr. 18 nach "Ansprüchen aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen, auch Untermiete und Ansprüche auf Rückzahlung hinterlegter Mietkautionen". Auch die Frage Nr. 22 nach "sonstigen Forderungen" verneinte die Schuldnerin.
3
Am 1. September 2010 beantragte der Gläubiger die Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung durch Beantwortung folgender Fragen: 1. Ist die Schuldnerin Versicherungsnehmerin diverser Sachversicherungen? Insofern wird um Bekanntgabe der Art der Versicherung, des Versicherungsunternehmens mit Angabe dessen Sitzes und der Versicherungsnummer gebeten. 2. Die Schuldnerin hat anzugeben, mit welchen Energieversorgern (Strom, Gas) Vertragsbeziehungen unterhalten werden. 3. Die Schuldnerin wird gebeten, den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Vermieters mitzuteilen.
4
Im Antrag führte der Gläubiger zur Begründung aus: Bezüglich der unter 3. gestellten Frage wird darauf verwiesen, dass im Rahmen der Betriebskostenabrechnungen den Mietern Betriebskostenrückerstattungen zustehen können, deren Pfändung möglich ist.
5
Der Gerichtsvollzieher bestimmte Termin zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung auf den 15. September 2010, zu dem die Schuldnerin nicht erschien.
6
Der Gläubiger hat beantragt, gegen die Schuldnerin Haftbefehl gemäß § 901 ZPO zu erlassen. Zur Begründung hat er ausgeführt, aus der Beantwortung der von ihm gestellten Fragen sollten sich weitere Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben. Bei möglicherweise bestehender Sachversicherung könne die Pfändung des Anspruchs auf Prämienrückvergütung oder auf Erstattung zu viel gezahlter Beiträge oder die Pfändung von Erstattungsansprüchen nach Eintritt des Versicherungsfalls erfolgen. Hinsichtlich der Energieversorger wäre unter anderem die Pfändung der Rückerstattung von zu viel gezahlten Energiekosten zweckdienlich; Energie müsse jeder beziehen, die monatlichen Abschläge würden dem Verbrauch angepasst, es könne so zu Überzahlungen gekommen sein. Ebenso verhalte es sich im Hinblick auf die Mitteilung des Namens und der Anschrift des Vermieters. Auch im Rahmen der mietvertraglichen Betriebskostenabrechnung könne der Schuldner im Falle einer Überzahlung mit einer Erstattung rechnen.
7
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung der erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung eines Termins zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung weiter.
8
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls gemäß § 901 ZPO lägen nicht vor, weil die Schuldnerin nicht zur Nachbesserung ihrer eidesstattlichen Versicherung gemäß dem Begehren des Gläubigers verpflichtet sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:
9
Ein allgemeiner Fragenkatalog zur "Befragung auf Verdacht" müsse nicht beantwortet werden. Ein Schuldner sei nur dann zur Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn ein äußerlich erkennbar unvollständiges , ungenaues oder widersprüchliches Vermögensverzeichnis vorgelegt werde. Weiter müsse sich der Gläubiger bei Fragen mit hohem Abstraktionsgrad nicht in jedem Fall mit verneinenden Angaben ebenfalls globalen Zuschnitts zufrieden geben, wenn die Lebenssituation des Schuldners oder die dem Gläubiger zu Gebote stehenden Informationen etwas anderes nahelegten. Dann sei ein präzisierendes Nachfragen zulässig. Im Streitfall bestünden keine Anhaltspunkte für solche Nachfragen.
10
Die Frage, ob die Schuldnerin Versicherungsnehmerin von Sachversicherungen sei, sei auf eine Ausforschung gerichtet. Konkrete Anhaltspunkte für den Abschluss von Versicherungen, die Beitragsrückerstattungen vorsähen, seien nicht ersichtlich, zumal es bei etwaigen Versicherungsverhältnissen auch völlig ungewiss sei, ob der Versicherungsfall jemals eintrete. Im Übrigen habe die Schuldnerin im Vermögensverzeichnis das Bestehen "sonstiger Forderungen", zu denen auch Forderungen gegen Versicherer gehörten, verneint.
11
Auch im Hinblick auf die Frage nach Vertragsbeziehungen mit Energieversorgern sei es völlig ungewiss, ob es jemals zu pfändbaren Erstattungsansprüchen wegen zu viel geleisteter Abschlagszahlungen kommen werde, zumal die niedrigen Einkommensverhältnisse der Schuldnerin das Entstehen eines Erstattungsanspruchs ohnehin unwahrscheinlich erscheinen ließen.
12
Die Schuldnerin müsse auch Namen und Anschrift des Vermieters nicht mitteilen. Sie habe im Vermögensverzeichnis die Frage nach dem Bestehen mietvertraglicher Ansprüche ausdrücklich verneint. Das zukünftige Entstehen von pfändbaren Ansprüchen aus dem Mietverhältnis sei völlig ungewiss.
13
III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Erlasses eines Haftbefehls nach § 901 ZPO nicht vorliegen.
14
Der Erlass eines Haftbefehls setzt nach § 901 ZPO voraus, dass der Schuldner dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung unentschuldigt ferngeblieben ist oder die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung grundlos verweigert hat. Die Verpflichtung des Schuldners zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung muss damit im Termin bestanden haben (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - I ZB 80/07, NJW 2008, 3288, 3289). Daran fehlt es hier. Die Schuldnerin war zu der vom Gläubiger beantragten Nachbesserung ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht verpflichtet.
15
1. Allerdings scheidet eine Nachbesserung vorliegend nicht bereits deshalb aus, weil Fragen nach Sachversicherungsverträgen, Energieversorgern und nach dem Namen und der Anschrift des Vermieters vom Schuldner im Verfahren nach § 807 ZPO grundsätzlich nicht beantwortet werden müssten.
16
Inhalt und Umfang der Pflicht einer Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung bestimmen sich nach § 807 ZPO und dessen Zweck, dem Gläubiger eine Grundlage für eine etwaige Vollstreckung zu geben und ihm Kenntnis von denjenigen Vermögensstücken zu verschaffen, die möglicherweise seinem Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung unterliegen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980; Beschluss vom 3. Februar 2011 - I ZB 2/10, NJW-RR 2011, 851 Rn. 9; MünchKomm.ZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 903 Rn. 27). Die Auskunftsverpflichtung nach § 807 ZPO kann sich auch auf künftige Forderungen erstrecken, sofern der Rechtsgrund und der Drittschuldner der Forderung im Zeitpunkt der Pfändung hinreichend bestimmt sind (BGH, NJW-RR 2011, 851 Rn. 10 mwN).
17
Nach diesen Maßstäben muss der Schuldner in der eidesstattlichen Versicherung grundsätzlich auch Ansprüche auf Beitragsrückerstattung und auf Leistungsansprüche aus Sachversicherungen (vgl. LG Koblenz, JurBüro 2006, 548; LG Mönchengladbach, JurBüro 2008, 552, 553; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 807 Rn. 24; Kessen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 807 Rn. 26; Goebel, Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 2 Rn. 123; aA LG Münster, Beschluss vom 25. August 2009 - 5 T 376/09, juris Rn. 7) sowie auf Erstattung von überzahlten Abschlägen auf Verträge mit Energieversorgern (dazu LG Koblenz, JurBüro 2006, 548; AG Rüdesheim, JurBüro 2008, 665 f.; AG Aachen, JurBüro 2008, 664 f.; aA LG Münster aaO juris Rn. 23) und auf mietvertragliche Betriebs- und Nebenkosten (LG Kleve, JurBüro 2010, 383; aA LG Münster aaO juris Rn. 19) angeben.
18
Ob der Schuldner Fragen des Gläubigers zu diesen Themen beantworten muss, die über diejenigen hinausgehen, welche im herkömmlich verwendeten Formblatt zur Erstellung des Vermögensverzeichnisses enthalten sind, hängt allerdings weiter davon ab, ob die zusätzlichen Fragen auf die konkrete Schuldnersituation abstellen oder aber ohne erkennbaren Zusammenhang mit dem konkreten Lebenssachverhalt lediglich der allgemeinen Ausforschung im Wege der Befragung auf Verdacht dienen (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 900 Rn. 29, § 903 Rn. 14, 16; MünchKomm.ZPO/Eickmann aaO § 900 Rn. 17; Musielak/ Voit, ZPO, 8. Aufl., § 900 Rn. 22 f.; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 807 Rn. 34; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 807 Rn. 20; krit. Goebel aaO § 2 Rn. 116).
19
2. Es kann offenbleiben, ob die vom Gläubiger im Streitfall geltend gemachten Fragen bereits deshalb nicht von der Schuldnerin beantwortet werden müssen, weil der Gläubiger die Fragen und deren Begründung nicht konkret auf die Situation der Schuldnerin bezogen hat. Denn jedenfalls fehlt es an den weiteren Voraussetzungen, die an die Zulässigkeit der Nachbesserung einer bereits abgegebenen eidesstattlichen Versicherung zu stellen sind.
20
a) Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung nur verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges , ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (BGH, NJW 2004, 2979, 2980; Beschluss vom 4. Oktober 2007 - I ZB 11/07, NJW-RR 2008, 1163 Rn. 8; Beschluss vom 20. November 2008 - I ZB 20/06, WM 2009, 1431 Rn. 13; Beschluss vom 3. Februar 2011 - I ZB 50/10, NJW-RR 2011, 667 Rn. 7; MünchKomm.ZPO/Eickmann aaO § 900 Rn. 19; vgl. auch § 185o GVGA). Dies setzt voraus, dass aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich ist, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind oder aber der Gläubiger glaubhaft macht, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis ver- sehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 667 Rn. 8 f.; Stein/Jonas/Münzberg aaO § 903 Rn. 5; Olzen in Prütting/Gehrlein aaO § 903 Rn. 15; Zöller/Stöber aaO § 903 Rn. 14, 16).
21
b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Schuldnerin hat unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses die Frage verneint, ob ihr "Ansprüche aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen, auch Untermiete und Ansprüche auf Rückzahlung hinterlegter Mietkautionen" zustünden. Auch die Frage Nr. 22 nach "sonstigen Forderungen" hat die Schuldnerin mit "nein" beantwortet. Es ist aus dem Vermögensverzeichnis selbst nicht ersichtlich, dass diese Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind. Der Gläubiger hat auch nicht Anhaltspunkte für einen konkreten Verdacht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Schuldnerin versehentlich im Vermögensverzeichnis unzutreffende oder unvollständige Angaben gemacht hat. Derartige auf die konkrete Schuldnersituation bezogene Umstände macht auch die Rechtsbeschwerde nicht geltend. Zwar meint sie, es liege zumindest nahe, dass die Schuldnerin Sachversicherungen und Vertragsbeziehungen zu Energieversorgern unterhalte, jedenfalls sei die Wahrscheinlichkeit derartiger Verträge nicht derart gering, dass das Nachbesserungsersuchen als schikanös und mutwillig erscheine. Dieses Vorbringen reicht jedoch für die Darlegung eines Nachbesserungsgrundes nicht aus, weil die Rechtsbeschwerde keine auf die Verhältnisse der Schuldnerin bezogenen konkreten Umstände zu benennen vermag. Soweit sie ferner geltend macht, die Schuldnerin beziehe Wohngeld und wohne zur Miete, sind zwar Umstände der konkreten Schuldnersituation benannt, es fehlt insoweit jedoch an entsprechenden Feststellungen des Beschwerdegerichts. Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, dass das Beschwerdegericht solche Feststellungen verfahrensfehlerhaft nicht getroffen hätte.
22
IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde des Gläubigers zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
AG Strausberg, Entscheidung vom 03.11.2010 - 8 M 1153/10 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 02.12.2010 - 19 T 447/10 -