Landgericht Tübingen Urteil, 21. Dez. 2005 - 8 O 35/04

bei uns veröffentlicht am21.12.2005

Tenor

1. Die Beklagte Ziffer 1 und der Beklagte Ziffer 3 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 750,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. August 2004 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 1 und 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen und künftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, der auf der verspäteten Diagnose eines Oberschenkelhalsbruches links während der Behandlung in der Klinik der Beklagten Ziffer 1 zwischen dem 02.03.2003 und dem 24.03.2003 beruht, soweit nicht Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist für den Kläger ohne Sicherheitsleistung und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten Ziffer 1 und 3 können die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert:

Antrag Ziffer 1:

10.000,00 Euro

Antrag Ziffer 2:

5.000,00 Euro

Summe:

15.000,00 Euro.

Tatbestand

 
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung in der Kinderklinik der Beklagten Ziffer 1 in S in Anspruch nach einem Epilepsieanfall vom 20.03.2003 und einem Oberschenkelhalsbruch links.
Der am 01.04.1981 geborene Kläger leidet an einer Encephalopathie mit unklarer Genese. Die Erkrankung führte bei ihm zu einer spastisch-dystonen Tetraparese und einer ausgeprägten Entwicklungsverzögerung. Seit 1998 ist der Kläger auf den Rollstuhl angewiesen. Außerdem sind beim Kläger seit dem 3. Lebensjahr therapiebedürftige zerebrale Krampfanfälle aufgetreten, weshalb seit 1984 eine antiepileptische Therapie mit Luminal-Tabletten (Wirkstoff: Phenobarbital) begonnen wurde. Zwischen 1992 und 1994 war der Kläger anfallsfrei. Nach einer Hüftgelenkssubluxation rechts 1993 wurde im Februar 1994 eine Hüftgelenksoperation vorgenommen. Im Anschluss an einen Versuch, das Luminal abzusetzen, trat 1995 ein Anfallsrezidiv auf, es erfolgte die Umstellung der antikonvulsiven Therapie auf Luminal und Vigabatrin (Sabril). Im November 1995 wurde beim Kläger eine Unterschenkelfraktur bei ausgeprägter Osteoporose diagnostiziert (vgl. dazu den Arztbrief der Kinderklinik der Beklagten Ziffer 1 vom 26.06.2000, Anlage B 5). Sowohl am 04.04.1997 als auch am 26.06.1998 erlitt der Kläger in der Kinderklinik der Beklagten Ziffer 1 im Rahmen eines stationären Aufenthaltes einen Krampfanfall (von 1,5 Minuten bzw. 10-15 Minuten Dauer). Ein weiterer Grand mal-Anfall von 15 Minuten Dauer ereignete sich im Mai 1999. Die Medikation von 1 ½ Tabletten Phenobarbital (150 mg) und 1,5 g Sabril täglich wurde ab Oktober 1999 bis 2003 beibehalten.
Nach einem stationären Aufenthalt zwischen dem 06.11. und dem 01.12.2002 in der Kinderklinik der Beklagten Ziffer 1 wurde der Kläger erneut am 02.03.2003 stationär dort als Kassenpatient auf den dringenden Wunsch der Eltern hin aufgenommen. Als Physiotherapeut war der Beklagte Ziffer 2 für den Kläger verantwortlich, bei dem Beklagten Ziffer 3 handelt es sich um den für die medizinische Behandlung zuständigen Oberarzt. Zu diesem Zeitpunkt lag eine ausgeprägte familiäre Überlastungssituation, insbesondere ein hochgradiger Erschöpfungszustand der Mutter vor. Nach den Angaben der Eltern seien zuhause stundenlanges Perseverieren, eine eigentümliche Ambivalenz mit häufigen Eskalationen, rückläufige Aggressionen gegenüber dem Vater und Autoaggressionen mit Schnittverletzungen beim Kläger aufgefallen. Bei der Aufnahme trug dieser eine Oberschenkelorthese rechts. Im Arztbrief vom 16.07.2003 ist die infantile Zerebralparese als Hauptdiagnose erwähnt, weiter werden als Nebendiagnosen aufgeführt
– spastisch-dystone Tetraparese
– schwere thorakolumbale Lähmungsskoliose
– Knieinstabilität rechts
– Dysarthrie, –antrophonie
– Grand mal Epilepsie
– Hirnorganisches Psychosyndrom
10 
– Osteoporose.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des vorerwähnten Arztbriefes (Anlage 2, Bl. 23/26 der Akten) Bezug genommen. Der orthopädische Aufnahmebefund beschreibt eine Beweglichkeit des rechten Hüftgelenkes von 0-30-80° für Extension/Flexion, des linken Hüftgelenkes von 0-0-85°. Für den 04.03.2003 ist in den Behandlungsunterlagen dokumentiert, dass der Vater des Klägers im Hinblick auf die Behandlung mit Phenobarbital keine Veränderung wünscht.
12 
Am 06.03.2003 wurde die Luminal-Gabe ab dem Abend täglich auf eine Tablette (100 mg) reduziert. Wie dem Schreiben der Kinderklinik S vom 07.03.2003 (Anlage B 2, Bl. 79/80 der Akten) zu entnehmen ist, erfolgte diese Reduktion zur Minderung negativ psychotroper Nebenwirkungen des Phenobarbitals und zur Schaffung von günstigen Vorraussetzungen für eine Verhaltenstherapie. Am 14.03.2003 wurde die Luminal-Dosis auf eine 3/4 Tablette täglich reduziert (75 mg), am 18.03.2003 weiter auf ½ Tablette Luminal täglich (50 mg). Zwischen dem Zeit 02.03. und dem 24.03.2003 wurde der Kläger in einem Fahrradergometer mit Servomotor (Bewegungstrainer der Firma Reck, Modell Motomed) zum Erhalt der aktiven und passiven Gelenkbeweglichkeit sowie zum Training der Muskulatur mit anliegenden Oberschenkelorthesen mobilisiert.
13 
Am 20.03.2003 kam es gegen 10.15 Uhr zu einem tonisch-klonischen Krampfanfall, als der Kläger im Rollstuhl saß. Der Patient war zu diesem Zeitpunkt nicht ansprechbar, hatte blau verfärbte Lippen und verdrehte die Augen, außerdem hatte er eingenässt. Der Krampfanfall dauerte ca. 30 Sekunden, danach war der Kläger für weitere 5 Minuten nicht orientiert. Die Luminaldosis wurde wieder auf 150 mg täglich erhöht.
14 
Für den 21.03.2003 ist in den Behandlungsunterlagen festgehalten, dass der Kläger Schmerzen im Bereich des linken Knies hatte. Trotz ständigem Umlagern schrie der Patient. Am Morgen wurde eine Temperatur von 37,9°C festgestellt, das linke Knie war erwärmt. Es wurde ein Überbelastung bei der Krankengymnastik vermutet, eine vorübergehende Ruhigstellung und Hochlagerung wurde angeordnet. Am 22.03.2003 fielen nach wie vor Knieschmerzen beim Drehen auf, am 23.03.2003 sogar bei Berührung. Eine am 24.03.2003 durchgeführte Röntgenkontrolle führte zur Diagnose eines Oberschenkelhalsbruches links und zur Verlegung des Klägers in das O-Hospital in S. Dort wurde am 25.03.2003 die Fraktur operativ im Wege eine Ostiosynthese mit Winkelplatte versorgt, der dortige stationäre Aufenthalt dauerte insgesamt 10 Tage. Wegen einer Lockerung der Platte musste der Kläger am 27.04.2003 erneut im O-Hospital in S aufgenommen werden. Eine konservative Behandlung schloss sich bis zur Entlassung am 07.05.2003 an.
15 
Weil der Kläger am 15.05.2003 Blut spuckte, wurde er in die Universitätsklinik G eingewiesen. Er erhielt dort zwei Bluttransfusionen. Eine Magenspiegelung führte zur Diagnose einer Speiseröhrenentzündung und einer Gastritis, am 16.05.2003 konnte der Kläger wieder entlassen werden.
16 
Der Kläger trägt vor, die antikonvulsive Therapie mit Luminal sei ohne Rücksprache und Einwilligung der Eltern reduziert worden. Die Reduzierung sei in Anbetracht der den Beklagten bekannten Folgen des Absetzversuches aus dem Jahr 1995 kontraindiziert gewesen. Ferner geht der Kläger davon aus, dass der Oberschenkelhalsbruch durch die Mobilisierung mit dem Fahrradergometer hervorgerufen worden ist. Gegenüber den Eltern habe der Kläger geäußert, die "Schmerzen seien vom Fahrradfahren gekommen". Aus der Sicht des Klägers erfolgte diese Mobilisierung unter Verletzung der Regeln der ärztlichen Kunst. Hiergegen hätten nicht nur die bekannte Spastik und Osteoporose gesprochen, sondern zusätzlich die Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Hüftgelenkes und der Umstand, dass die Beinorthesen des Klägers für ein solches Training nicht geeignet gewesen seien, da diese nicht über einen Entriegelungsmechanismus verfügt hätten. Der Kläger bestreitet, dass ein Fahrradergometer mit einer automatischen Spastikabschaltung zum Einsatz gelangt ist. Er beanstandet darüber hinaus, dass die Einstellungsparameter des Gerätes, die er für dokumentationspflichtig hält, nicht dokumentiert wurden und erhebt den Vorwurf, nicht dauernd überwacht worden zu sein.
17 
Schließlich ist der Kläger der Ansicht, der Bruch sei zu spät erkannt worden, weil zusätzliche diagnostische Maßnahmen früher hätten durchgeführt werden müssen.
18 
Insgesamt nimmt der Kläger eine grob fehlerhafte Behandlung in der Kinderklinik S an. Bei korrekter Vorgehensweise hätte nicht nur der Krampfanfall, sondern auch der Oberschenkelhalsbruch sowie die nachfolgende Operation mit stationärem Aufenthalt von 10 Tagen Dauer verhindert werden können. Zurechenbar ist nach Auffassung des Klägers ferner eine Verlängerung der Schmerzbeeinträchtigung, der erneute stationäre Aufenthalt im O-Hospital S sowie der erhöhte Schmerzmittelkonsum mit Gastritis und Speiseröhrenentzündung. Der Kläger klagt noch heute über ein Schmerzempfinden im Bereich des linken Beines wegen der eingesetzten Platte, außerdem sei eine zusätzliche Entwicklungsverzögerung eingetreten. Wegen dieser Beeinträchtigungen hält er ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000,00 Euro für angemessen. Mit einer weiteren Operation sei zu rechnen, außerdem seien durch die Pflichtverletzungen materielle Mehraufwendungen entstanden.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
21 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den in Folge der ärztlichen Behandlungsfehler während des stationären Aufenthaltes des Klägers in der Klinik der Beklagten Ziffer 1 in S zwischen dem 02.03. und dem 24.03.2003 entstandenen und zukünftigen noch entstehenden materiellen sowie zukünftigen immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht aufgrund sachlicher und zeitlicher Kongruenz auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.
22 
Die Beklagten beantragen,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Die Beklagten stellen das Vorliegen eines Behandlungsfehlers in Abrede. Weil Antiepileptika mit schwerwiegenden Nebenwirkungen (wie Osteoporose und Depressionen) verbunden seien, sei es insbesondere zum Ausschluss selbst verletzender Handlungen sinnvoll und angezeigt gewesen, die Langzeitbehandlung mit Phenobarbital zu vermeiden. Ein völliges Absetzen des Phenobarbitals sei nicht beabsichtigt gewesen, sondern lediglich eine Dosisreduzierung, bei der mit Entzugsanfällen nicht habe gerechnet werden müssen. Insgesamt sei die Herabsetzung der Dosis daher in vertretbarer Weise erfolgt. Das entsprechende Vorgehen sei mit den Eltern des Klägers vereinbart worden. Die Beklagten bestreiten, dass die Verringerung des Luminals zu dem Krampfanfall vom 20.03.2003 geführt hat.
25 
In Bezug auf den Bewegungstrainer heben die Beklagten hervor, dass dieser über eine Abschaltautomatik bei Spastik verfügt habe. Die streitgegenständliche Beinschiene sei zu entriegeln gewesen mittels eines Kniescharniers ("Schweizer Sperre"), die Mobilisierung sei in entriegeltem Zustand erfolgt. Eine Kontraindikation habe nicht vorgelegen, vielmehr sei der Einsatz des Fahrradergometers zur Verhinderung von Sekundärschäden aufgrund der Tetraparese notwendig geworden. Die Beklagten halten für ausgeschlossen, dass das Gerät die Fraktur verursacht hat. Selbst ein Spasmus könne eine Fraktur hervorrufen. Eine schuldhaft verzögerte Diagnose des Oberschenkelhalsbruches liege nicht vor, da ein differenzierter Dialog mit dem Kläger nicht möglich und die Schmerzempfindung in Ruhe reduziert gewesen sei. Die Gastritis bzw. Speiseröhrenentzündung habe mit der Behandlung in Schömberg nichts zu tun. In diesem Zusammenhang verweisen die Beklagten auf das Vorliegen einer Hiatushernie mit Refluxerkrankung.
26 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsatz sowie die zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen verwiesen.
27 
Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 11.01.2005 sowohl ein neurologisches als auch ein orthopädisches Sachverständigengutachten eingeholt, die von beiden Gutachtern mündlich erläutert wurden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. B vom 15.04.2005 (Bl. 171/181 der Akten) und auf das orthopädische Gutachten von Oberarzt Dr. N vom 09.06.2005 (Bl. 200/210 der Akten) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2005 (Bl. 241/253 der Akten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
28 
Die zulässige Klage hat nur in geringem Umfang Erfolg. Die streitgegenständliche Behandlung in der Kinderklinik in Schömberg war fehlerhaft, weil der Oberschenkelhalsbruch schuldhaft verspätet diagnostiziert worden ist. Die Beklagte Ziffer 1 und der Beklagte Ziffer 3 schulden dem Kläger aus diesem Grunde ein Schmerzensgeld in Höhe von 750.– Euro. Ebenfalls zu beanstanden ist die dort vorgenommene Reduktion des Phenobarbitals. Indessen hat diese nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit zu dem Krampfanfall vom 20.03.2003 oder zu anderen nachteiligen Gesundheitsfolgen geführt, weshalb eine Haftung insoweit ausscheidet. Beweiserleichterungen zugunsten des Klägers greifen nicht ein. Im Übrigen ist die Betreuung und Therapie des Klägers in S nicht zu beanstanden (I.). Diese Feststellungen beruhen auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. B und Dr. N, die die Kammer für überzeugend hält und die sie sich daher zu Eigen macht. Der Feststellungsantrag ist aus den gleichen Gründen nur zum Teil begründet (II.).
I.
29 
Antrag Ziffer 1:
1.
30 
Der Kläger vermochte einen Behandlungsfehler beim Bewegungstraining unter Verwendung eines Fahrradergometers der Marke Reck, Modell Motomed, nicht zu belegen (a). Außerdem fehlt es insoweit am Nachweis der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität (b.).
a)
31 
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst mobilisiert wurde.
aa)
32 
Die passive Mobilisierung auf dem Bewegungstrainer war aufgrund der bestehenden Osteoporoseerkrankung indiziert, weil die Knochenstabilität dadurch verbessert wird (S. 7 des orthopädischen Gutachtens).
bb)
33 
Wegen der vom Kläger getragenen Oberschenkelorthesen musste auf den Bewegungstrainer nicht verzichtet werden. Die dem Kläger verordneten Oberschenkelorthesen sind, wovon sich die Kammer selbst in der Sitzung vom 09.11.2005 überzeugen konnte, im Bereich des Kniegelenkes zu entriegeln. Wie der Beklagte Ziffer 2 nachvollziehbar näher dargelegt hat, erfolgte das Bewegungstraining in entriegeltem Zustand, wobei eine komplette Streckung, die zu einem Einrasten der Beinorthesen führen würde, auf dem Fahrradergometer nie erreicht wurde. Die Kammer hat keinerlei Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Dass die Orthesen dem Kläger nicht abgenommen wurden, stellt einen Behandlungsfehler nicht dar (S. 9 des Protokolls).
cc)
34 
Die beim Kläger vorliegende Beugefähigkeit an beiden Hüftgelenken bei knapp 90° schloss den Einsatz des Bewegungstrainers nicht aus, da hierbei eine Flexion über die genannten maximalen Beugefähigkeiten nicht erreicht wird (S. 8 des orthopädischen Gutachtens).
dd)
35 
Die beim Kläger bestehende Spastik bildete ebenfalls keine Kontraindikation. Wie sich den Herstellerinformationen entnehmen lässt, die zum Gegenstand der mündlichen Erörterung gemacht wurden, verfügt das zum Einsatz gelangte Gerät über einen Bewegungsschutz, der beim Auftreten eines Widerstandes sofort zu einer Gegenbewegung führt, um eine bestehende Spastik zu lösen. Dies wurde zusätzlich durch den Sachverständigen Dr. N bestätigt. Die Abschaltautomatik war, so der Beklagte Ziffer 2 weiter, während des Trainings ständig eingeschaltet.
ee)
36 
Der Kläger vermochte nicht zu beweisen, dass beim Training mit dem Fahrradergometer die falschen Einstellungsparameter am Gerät gewählt wurden. Dazu war vom Beklagten Ziffer 2 glaubhaft zu erfahren, dass das Gerät individuell auf den Kläger angepasst worden sei. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt Beschwerden beim Training geäußert. Es sei eine mittlere Drehgeschwindigkeit eingestellt gewesen, die weit unter der Frequenz gelegen habe, die üblicherweise beim Fahrradfahren auftrete. Hiervon ausgehend lassen sich, so die Kammer weiter sachverständig beraten, keinerlei Sorgfaltsverstöße beim Umgang mit dem Bewegungstrainer feststellen (S. 9/10 des Protokolls).
37 
Beweiserleichterungen wegen eines Dokumentationsmangels greifen in diesem Zusammenhang nicht Platz. Die Einstellungsparameter sind, wie der Sachverständige Dr. N näher dargelegt hat, aus ärztlicher Sicht nicht zu dokumentieren. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Denn für die weitere ärztliche bzw. physiotherapeutische Behandlung und deren Erfolg sind diese Einstellungsparameter ohne besondere Bedeutung.
ff)
38 
Der Vorwurf, der Kläger sei ohne Aufsicht mobilisiert worden, geht fehl. Der Beklagte Ziffer 3 hat dazu plausibel erläutert, dass immer jemand anwesend ist, wenn ein Patient auf dem Bewegungstrainer sitzt.
b)
39 
Der Oberschenkelhalsbruch lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit auf den Einsatz des Bewegungstrainers zurückführen. Dass der Kläger, wie sein Betreuer mitgeteilt hat, im O-Hospital sinngemäß erwähnte: "Beim Fahrradfahren aua gemacht!", belegt nach der Überzeugung der Kammer noch nicht zweifelsfrei, dass hierbei auch eine Fraktur verursacht worden ist. Dies gilt umso mehr, als für einen solchen Bruch auch andere Ursachen in Betracht kommen. Wie die Erörterungen mit dem Sachverständigen Dr. N weiter ergeben haben, kann nicht nur ein epileptischer Anfall, sondern sogar ein bloßes Umlagern des Patienten oder eine andere krankengymnastische Maßnahme eine solche Folge auslösen (S. 10 f. des Protokolls). Damit lässt sich der für eine Haftung erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der beanstandeten Mobilisierung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden nicht belegen.
2.
40 
Jedoch wurde der Oberschenkelhalsbruch in der Klinik der Beklagten Ziffer 1 pflichtwidrig verspätet erkannt. Aus diesem Grunde ist die Beklagte Ziffer 1 wegen schuldhafter Verletzung von sich aus dem Behandlungsvertrag ergebenden Pflichten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 750,00 Euro verpflichtet (§§ 280 Abs. 1, 278, 253 Abs. 2 BGB). Gem. §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB kann der Kläger ein solches Schmerzensgeld auch vom Beklagten Ziffer 3 verlangen, der mit der Beklagten Ziffer 1 als Gesamtschuldner haftet (§ 421 BGB).
a)
41 
Nach der Auffassung des orthopädischen Gutachters Dr. N hätte bereits vor dem 24.03.2003 eine Röntgendiagnostik durchgeführt werden müssen. Nach dem Krampfanfall vom 20.03.2003 traten beim Patienten Temperaturen bis 38,5° C auf, ferner eine Überwärmung des linken Kniegelenkes. Zusätzlich lag der Eindruck von lagerungsbedingter Schmerzhaftigkeit im Bereich des linken Knies vor mit der Folge, dass die Behandler von einer Überlastung des Patienten durch die Therapie im Bewegungstrainer ausgingen. Bei dieser Sachlage wäre es, wir Dr N näher erläutert hat, notwendig gewesen, die Möglichkeit eines Knochenbruches früher auszuschließen. Denn die erhöhte Temperatur, die Erwärmung des Knies und eine lagerungsbedingte Schmerzhaftigkeit können indirekte Hinweise für eine Fraktur sein. Diesen Hinweisen hätte nachgegangen werden müssen (S. 9 f. des schriftlichen Gutachtens und S. 11 f. des Protokolls).
b)
42 
Es ist im vorliegenden Fall zu unterstellen, dass eine frühere Röntgendiagnostik zum Nachweis eines Knochenbruches geführt hätte.
aa)
43 
Unterhalb der Schwelle zum groben Behandlungsfehler greift eine Beweiserleichterung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann Platz, wenn die Unterlassung die Erhebung bzw. Sicherung medizinisch zweifelsfrei gebotener Befunde betrifft und dieser Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein medizinisch positives Ergebnis gehabt hätte. Bei einer solchen Sachlage ist zugunsten des Patienten ein reaktionspflichtiger Befund zu unterstellen (BGH NJW 1999, 2731; NJW 1999, 3408; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 4. Aufl., B. RN 296 mit weiteren Nachweisen). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn ein positiver Befund mit mehr als 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre (OLG Köln VersR 2004, 247).
bb)
44 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Sachverständige Dr. N hat keinen Zweifel daran gelassen, dass eine diagnostische Abklärung der Beschwerden des Klägers bereits vor dem 24.03.2003 zweifelsfrei medizinisch geboten war. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Bruch schon 20.03.2003 vorgelegen hat, hat er mit mehr als 50% angegeben (S. 12 des Protokolls).
c)
45 
Folge des Behandlungsfehlers ist, dass der Heilungsverlauf um maximal 4 Tage verzögert wurde. Gesundheitliche Dauerschäden sind dem Kläger hieraus nicht erwachsen. Dem Behandlungsfehler nicht zurechnen lässt sich die nachfolgende Operation und der damit zusammenhängende stationäre Aufenthalt im O-Hospital S, weil eine Osteosynthese mit Winkelplatten ohnehin erforderlich geworden wäre. Auch die nachfolgend aufgetretenen Komplikationen können nicht mir der für eine Haftung notwendigen Gewissheit auf die Verzögerung der Heilbehandlung um maximal 4 Tage zurückgeführt werden. Dies gilt insbesondere für die Gastritis und die Speiseröhrenentzündung, weil diese als Folge der über mehrere Wochen andauernden Therapie mit Antirheumatika anzusehen ist, die aufgrund anhaltender Schmerzen erst nach der operativen Bruchversorgung begonnen wurde (S. 11 des Gutachtens). Danach hätte sich bei einer früheren Operation am tatsächlichen Geschehensablauf nicht zweifelsfrei etwas geändert.
d)
46 
Die erlittenen immateriellen Nachteile rechtfertigen ein Schmerzensgeld in Höhe von 750,00 Euro. Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger bis zum Operationszeitpunkt vermehrt Schmerzen ertragen musste, die ganz oder nahezu ganz hätten verhindert werden können. Ausgehend von den dokumentierten Befunden bestand während der fraglichen Zeit keine extreme Schmerzsituation.
3.
47 
Die mehrfach vorgenommene Reduzierung des Phenobarbitals widersprach den Regeln der ärztlichen Kunst (a). Jedoch steht nicht fest, dass der Krampfanfall vom 20.03.2003 bei einer korrekten medikamentösen Therapie hätte verhindert werden können (b). Auf Beweiserleichterungen kann sich der Kläger nicht stützen (c).
a)
48 
Das Phenobarbital wurde 3 mal reduziert, nämlich am 06.03., am 14.03. und am 18.03.2003 von 150 mg auf 50 mg täglich. Diese Vorgehensweise war nach dem Urteil des neurologischen Sachverständigen Prof. Dr. B nicht korrekt. Das Rezidivrisiko für einen Krampfanfall beim Absetzen einer antikonvulsiven Behandlung ist höher bei kurzer Anfallsfreiheit, häufigeren Anfällen, Einnahme von mehr als einem Anti-Epileptikum, nicht normaler neurologischer oder geistiger Entwicklung sowie bei Rezidivanfällen nach vorangehendem Absetzversuch. Daher barg die Reduktion der antikonvulsiven Behandlung mit Luminal beim Kläger ein mindestens 40%-iges Risiko von Entzugsanfällen (S. 7 des schriftlichen Gutachtens). Demgegenüber rechtfertigten die psychotropen Nebenwirkungen der antiepileptischen Behandlung das Herabsetzen der medikamentösen Behandlung mit Luminal nicht. Derartige Nebenwirkungen sind in der Literatur zwar wiederholt beschrieben worden. Jedoch sind, wie Prof. Dr. B näher dargelegt hat, die beim Kläger aufgetretenen Verhaltensweisen typisch für geistig behinderte Jugendliche mit vielfältigen familiären, Krankheits- und Institutionserfahrungen und daher sehr viel eher dem hirnorganischen Psychosyndom zuzuordnen (S. 8 des Gutachtens). Außerdem war die Reduzierung der Phenobarbitalbehandlung in Anbetracht der erst knapp 4 jährigen Anfallsfreiheit aus der Sicht des neurologischen Sachverständigen verfrüht (S. 9 des Gutachtens). Im Ergebnis wurde das Luminal sorgfaltspflichtwidrig in zu hohem Maße und in zu kurzer Zeit reduziert (S. 6/9 des Protokolls).
b)
49 
Indessen vermochte der Kläger nicht zu beweisen, dass der Geschehensablauf bei Fortführung der antikovulsiven Medikation mit 150 mg täglich ein anderer gewesen wäre. Dazu war vom Sachverständigen Prof. Dr. B weiter zu erfahren, dass zwar die Reduzierung des Phenobarbitals mit mehr als 75%iger Wahrscheinlichkeit zu dem erneuten Krampfanfall vom 20.03.2003 geführt hat, dass aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, dass der Krampfanfall bei korrekter Behandlung hätte verhindert werden können. Denn bereits in den Jahren 1997 bis 1999 ist es insgesamt zu drei Anfällen gekommen, obwohl der Kläger damals Luminal in einer Dosis von mindestens 100 mg täglich erhalten hatte (S. 10 des schriftlichen Gutachtens). Im Übrigen lassen sich weder im Hinblick auf die Entwicklung der epileptischen Erkrankung noch im Hinblick auf den sonstigen körperlichen Zustand des Patienten nachteilige Auswirkungen des sehr kurzen Krampfanfalles annehmen (S. 8 des Protokolls).
c)
50 
In Mangelung eines groben Behandlungsfehlers greifen Beweiserleichterungen zu Gunsten des Klägers nicht ein.
aa)
51 
Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht (BGH NJW 2004, 2011). Ein grober Behandlungsfehler liegt nur dann vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2001, 2795 mit weiteren Nachweisen). Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, obliegt dem Tatrichter (BGH aaO.; NJW 1996, 2428).
bb)
52 
Mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Bode ist die dreimalige Reduzierung des Phenobarbitals auch bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BGH NJW 1998, 1782; OLG Stuttgart VersR 1997, 700) nicht als schlechterdings unverständlich zu bewerten (S. 7 des Protokolls). Denn die Motive der behandelnden Ärzte, die zur Herabsetzung der Luminal-Dosis geführt haben, waren medizinisch durchaus nachvollziehbar und daher verständlich. Ausschlaggebend hierfür war zum einen der Wunsch, nachteilige Nebenwirkungen des Phenobarbitals – namentlich eine ungünstige Beeinflussung der bereits bestehenden Osteoporose-Erkrankung – durch die Umstellung auf ein anderes Medikament zu vermeiden. Zum anderen wurde der Zweck verfolgt, die Verhaltenssituation zu verbessern und die Kooperationsmöglichkeit bei der Physiotherapie zu fördern, um dadurch eine höhere Beweglichkeit und Belastbarkeit des Patenten zu erreichen. Für dieses Therapiekonzept stand nur ein begrenzter zeitlicher Rahmen zur Verfügung. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Annahme eines groben Verstoßes gegen die Regeln der ärztlichen Kunst auch nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt.
53 
Soweit der neurologische Sachverständige Prof. Dr. B seine Bewertung des Behandlungsfehlers davon abhängig gemacht hat, ob das Therapiekonzept vorher mit den Eltern des Patienten abgesprochen war oder nicht, vermag die Kammer der Auffassung des Gutachters nicht zu folgen. Sie führt zu einer unzulässigen Vermengung der unterschiedlichen Rechtsgrundsätze, die bei einer Haftung aus Behandlungsverschulden einerseits und wegen eines Aufklärungsverschuldens andererseits in der Rechtsprechung anerkannt sind. Wenn einer ärztlichen Behandlung die erforderliche Einwilligung fehlt und sich hieraus nachteilige Gesundheitsfolgen ergeben, resultiert aus diesem Umstand – unabhängig vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers – bereits eine Verpflichtung zum Schadensersatz. Nach der Spruchpraxis des BGH führt die fehlende Einwilligung jedoch nicht zu Beweiserleichterungen auf der Kausalitätsebene (BGH NJW 1992, 754; Geiß/Greiner, aaO., C. RN 149 mit weiteren Nachweisen). Daher ist es nicht gerechtfertigt, ein einfaches Behandlungsverschulden dann als einen groben Verstoß gegen den ärztlichen Standard zu qualifizieren, wenn eine Einwilligung in die fragliche Therapie nicht erteilt worden ist. In Bezug auf den vorliegenden Fall muss es daher bei der Annahme eines einfachen Behandlungsfehlers bleiben.
4.
54 
Unter den gegebenen Umständen kann die Kammer offen lassen, ob die Behandler eine Einwilligung der Eltern des Klägers zur Reduzierung des Phenobarbitals eingeholt haben und ob diese Einwilligung wirksam erteilt worden ist. Denn selbst dann, wenn eine solche Einwilligung nicht erteilt worden sein sollte oder unwirksam wäre, würde dies nicht zu einer Haftung der ärztlichen Behandler führen. Denn auch eine Haftung wegen mangelhafter Aufklärung setzt den vom Patienten zu erbringenden Nachweis voraus, dass die rechtswidrige Behandlung zu einem Gesundheitsschaden geführt hat (BGH NJW 1992, 754; Geiß/Greiner, aaO., C. RN 149 mit weiteren Nachweisen). Dieser Beweis lässt sich, wie bereits näher dargelegt worden ist, hier aber nicht führen, weil ungewiss ist, ob der Krampfanfall vom 20.03.2003 bei einer Beibehaltung der ursprünglichen Luminal-Dosis vermieden worden wäre oder nicht.
II.
55 
Antrag Ziffer 2:
56 
Der Feststellungsantrag ist lediglich teilweise begründet. Es ist nicht auszuschließen, dass die durch die verspätete Erkennung des Oberschenkelhalsbruches bewirkte Heilungsverzögerung zu materiellen Schäden bzw. künftigen, noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden führt. Entsprechende Folgen können aber lediglich von ganz geringem Gewicht sein.
B.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Den Wert des Feststellungsantrages hat die Kammer in Übereinstimmung mit dem Kläger auf 5.000,00 Euro festgesetzt. Den erfolgreichen Teil hat die Kammer mit 200,00 Euro bewertet. Damit unterliegt der Kläger im Prozess zum weit überwiegenden Teil.
58 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe

 
A.
28 
Die zulässige Klage hat nur in geringem Umfang Erfolg. Die streitgegenständliche Behandlung in der Kinderklinik in Schömberg war fehlerhaft, weil der Oberschenkelhalsbruch schuldhaft verspätet diagnostiziert worden ist. Die Beklagte Ziffer 1 und der Beklagte Ziffer 3 schulden dem Kläger aus diesem Grunde ein Schmerzensgeld in Höhe von 750.– Euro. Ebenfalls zu beanstanden ist die dort vorgenommene Reduktion des Phenobarbitals. Indessen hat diese nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit zu dem Krampfanfall vom 20.03.2003 oder zu anderen nachteiligen Gesundheitsfolgen geführt, weshalb eine Haftung insoweit ausscheidet. Beweiserleichterungen zugunsten des Klägers greifen nicht ein. Im Übrigen ist die Betreuung und Therapie des Klägers in S nicht zu beanstanden (I.). Diese Feststellungen beruhen auf den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. B und Dr. N, die die Kammer für überzeugend hält und die sie sich daher zu Eigen macht. Der Feststellungsantrag ist aus den gleichen Gründen nur zum Teil begründet (II.).
I.
29 
Antrag Ziffer 1:
1.
30 
Der Kläger vermochte einen Behandlungsfehler beim Bewegungstraining unter Verwendung eines Fahrradergometers der Marke Reck, Modell Motomed, nicht zu belegen (a). Außerdem fehlt es insoweit am Nachweis der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität (b.).
a)
31 
Es ist davon auszugehen, dass der Kläger unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst mobilisiert wurde.
aa)
32 
Die passive Mobilisierung auf dem Bewegungstrainer war aufgrund der bestehenden Osteoporoseerkrankung indiziert, weil die Knochenstabilität dadurch verbessert wird (S. 7 des orthopädischen Gutachtens).
bb)
33 
Wegen der vom Kläger getragenen Oberschenkelorthesen musste auf den Bewegungstrainer nicht verzichtet werden. Die dem Kläger verordneten Oberschenkelorthesen sind, wovon sich die Kammer selbst in der Sitzung vom 09.11.2005 überzeugen konnte, im Bereich des Kniegelenkes zu entriegeln. Wie der Beklagte Ziffer 2 nachvollziehbar näher dargelegt hat, erfolgte das Bewegungstraining in entriegeltem Zustand, wobei eine komplette Streckung, die zu einem Einrasten der Beinorthesen führen würde, auf dem Fahrradergometer nie erreicht wurde. Die Kammer hat keinerlei Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Darstellung zu zweifeln. Dass die Orthesen dem Kläger nicht abgenommen wurden, stellt einen Behandlungsfehler nicht dar (S. 9 des Protokolls).
cc)
34 
Die beim Kläger vorliegende Beugefähigkeit an beiden Hüftgelenken bei knapp 90° schloss den Einsatz des Bewegungstrainers nicht aus, da hierbei eine Flexion über die genannten maximalen Beugefähigkeiten nicht erreicht wird (S. 8 des orthopädischen Gutachtens).
dd)
35 
Die beim Kläger bestehende Spastik bildete ebenfalls keine Kontraindikation. Wie sich den Herstellerinformationen entnehmen lässt, die zum Gegenstand der mündlichen Erörterung gemacht wurden, verfügt das zum Einsatz gelangte Gerät über einen Bewegungsschutz, der beim Auftreten eines Widerstandes sofort zu einer Gegenbewegung führt, um eine bestehende Spastik zu lösen. Dies wurde zusätzlich durch den Sachverständigen Dr. N bestätigt. Die Abschaltautomatik war, so der Beklagte Ziffer 2 weiter, während des Trainings ständig eingeschaltet.
ee)
36 
Der Kläger vermochte nicht zu beweisen, dass beim Training mit dem Fahrradergometer die falschen Einstellungsparameter am Gerät gewählt wurden. Dazu war vom Beklagten Ziffer 2 glaubhaft zu erfahren, dass das Gerät individuell auf den Kläger angepasst worden sei. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt Beschwerden beim Training geäußert. Es sei eine mittlere Drehgeschwindigkeit eingestellt gewesen, die weit unter der Frequenz gelegen habe, die üblicherweise beim Fahrradfahren auftrete. Hiervon ausgehend lassen sich, so die Kammer weiter sachverständig beraten, keinerlei Sorgfaltsverstöße beim Umgang mit dem Bewegungstrainer feststellen (S. 9/10 des Protokolls).
37 
Beweiserleichterungen wegen eines Dokumentationsmangels greifen in diesem Zusammenhang nicht Platz. Die Einstellungsparameter sind, wie der Sachverständige Dr. N näher dargelegt hat, aus ärztlicher Sicht nicht zu dokumentieren. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Denn für die weitere ärztliche bzw. physiotherapeutische Behandlung und deren Erfolg sind diese Einstellungsparameter ohne besondere Bedeutung.
ff)
38 
Der Vorwurf, der Kläger sei ohne Aufsicht mobilisiert worden, geht fehl. Der Beklagte Ziffer 3 hat dazu plausibel erläutert, dass immer jemand anwesend ist, wenn ein Patient auf dem Bewegungstrainer sitzt.
b)
39 
Der Oberschenkelhalsbruch lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit auf den Einsatz des Bewegungstrainers zurückführen. Dass der Kläger, wie sein Betreuer mitgeteilt hat, im O-Hospital sinngemäß erwähnte: "Beim Fahrradfahren aua gemacht!", belegt nach der Überzeugung der Kammer noch nicht zweifelsfrei, dass hierbei auch eine Fraktur verursacht worden ist. Dies gilt umso mehr, als für einen solchen Bruch auch andere Ursachen in Betracht kommen. Wie die Erörterungen mit dem Sachverständigen Dr. N weiter ergeben haben, kann nicht nur ein epileptischer Anfall, sondern sogar ein bloßes Umlagern des Patienten oder eine andere krankengymnastische Maßnahme eine solche Folge auslösen (S. 10 f. des Protokolls). Damit lässt sich der für eine Haftung erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der beanstandeten Mobilisierung und dem eingetretenen Gesundheitsschaden nicht belegen.
2.
40 
Jedoch wurde der Oberschenkelhalsbruch in der Klinik der Beklagten Ziffer 1 pflichtwidrig verspätet erkannt. Aus diesem Grunde ist die Beklagte Ziffer 1 wegen schuldhafter Verletzung von sich aus dem Behandlungsvertrag ergebenden Pflichten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 750,00 Euro verpflichtet (§§ 280 Abs. 1, 278, 253 Abs. 2 BGB). Gem. §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB kann der Kläger ein solches Schmerzensgeld auch vom Beklagten Ziffer 3 verlangen, der mit der Beklagten Ziffer 1 als Gesamtschuldner haftet (§ 421 BGB).
a)
41 
Nach der Auffassung des orthopädischen Gutachters Dr. N hätte bereits vor dem 24.03.2003 eine Röntgendiagnostik durchgeführt werden müssen. Nach dem Krampfanfall vom 20.03.2003 traten beim Patienten Temperaturen bis 38,5° C auf, ferner eine Überwärmung des linken Kniegelenkes. Zusätzlich lag der Eindruck von lagerungsbedingter Schmerzhaftigkeit im Bereich des linken Knies vor mit der Folge, dass die Behandler von einer Überlastung des Patienten durch die Therapie im Bewegungstrainer ausgingen. Bei dieser Sachlage wäre es, wir Dr N näher erläutert hat, notwendig gewesen, die Möglichkeit eines Knochenbruches früher auszuschließen. Denn die erhöhte Temperatur, die Erwärmung des Knies und eine lagerungsbedingte Schmerzhaftigkeit können indirekte Hinweise für eine Fraktur sein. Diesen Hinweisen hätte nachgegangen werden müssen (S. 9 f. des schriftlichen Gutachtens und S. 11 f. des Protokolls).
b)
42 
Es ist im vorliegenden Fall zu unterstellen, dass eine frühere Röntgendiagnostik zum Nachweis eines Knochenbruches geführt hätte.
aa)
43 
Unterhalb der Schwelle zum groben Behandlungsfehler greift eine Beweiserleichterung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann Platz, wenn die Unterlassung die Erhebung bzw. Sicherung medizinisch zweifelsfrei gebotener Befunde betrifft und dieser Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein medizinisch positives Ergebnis gehabt hätte. Bei einer solchen Sachlage ist zugunsten des Patienten ein reaktionspflichtiger Befund zu unterstellen (BGH NJW 1999, 2731; NJW 1999, 3408; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 4. Aufl., B. RN 296 mit weiteren Nachweisen). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn ein positiver Befund mit mehr als 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre (OLG Köln VersR 2004, 247).
bb)
44 
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Sachverständige Dr. N hat keinen Zweifel daran gelassen, dass eine diagnostische Abklärung der Beschwerden des Klägers bereits vor dem 24.03.2003 zweifelsfrei medizinisch geboten war. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Bruch schon 20.03.2003 vorgelegen hat, hat er mit mehr als 50% angegeben (S. 12 des Protokolls).
c)
45 
Folge des Behandlungsfehlers ist, dass der Heilungsverlauf um maximal 4 Tage verzögert wurde. Gesundheitliche Dauerschäden sind dem Kläger hieraus nicht erwachsen. Dem Behandlungsfehler nicht zurechnen lässt sich die nachfolgende Operation und der damit zusammenhängende stationäre Aufenthalt im O-Hospital S, weil eine Osteosynthese mit Winkelplatten ohnehin erforderlich geworden wäre. Auch die nachfolgend aufgetretenen Komplikationen können nicht mir der für eine Haftung notwendigen Gewissheit auf die Verzögerung der Heilbehandlung um maximal 4 Tage zurückgeführt werden. Dies gilt insbesondere für die Gastritis und die Speiseröhrenentzündung, weil diese als Folge der über mehrere Wochen andauernden Therapie mit Antirheumatika anzusehen ist, die aufgrund anhaltender Schmerzen erst nach der operativen Bruchversorgung begonnen wurde (S. 11 des Gutachtens). Danach hätte sich bei einer früheren Operation am tatsächlichen Geschehensablauf nicht zweifelsfrei etwas geändert.
d)
46 
Die erlittenen immateriellen Nachteile rechtfertigen ein Schmerzensgeld in Höhe von 750,00 Euro. Dabei hat die Kammer insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger bis zum Operationszeitpunkt vermehrt Schmerzen ertragen musste, die ganz oder nahezu ganz hätten verhindert werden können. Ausgehend von den dokumentierten Befunden bestand während der fraglichen Zeit keine extreme Schmerzsituation.
3.
47 
Die mehrfach vorgenommene Reduzierung des Phenobarbitals widersprach den Regeln der ärztlichen Kunst (a). Jedoch steht nicht fest, dass der Krampfanfall vom 20.03.2003 bei einer korrekten medikamentösen Therapie hätte verhindert werden können (b). Auf Beweiserleichterungen kann sich der Kläger nicht stützen (c).
a)
48 
Das Phenobarbital wurde 3 mal reduziert, nämlich am 06.03., am 14.03. und am 18.03.2003 von 150 mg auf 50 mg täglich. Diese Vorgehensweise war nach dem Urteil des neurologischen Sachverständigen Prof. Dr. B nicht korrekt. Das Rezidivrisiko für einen Krampfanfall beim Absetzen einer antikonvulsiven Behandlung ist höher bei kurzer Anfallsfreiheit, häufigeren Anfällen, Einnahme von mehr als einem Anti-Epileptikum, nicht normaler neurologischer oder geistiger Entwicklung sowie bei Rezidivanfällen nach vorangehendem Absetzversuch. Daher barg die Reduktion der antikonvulsiven Behandlung mit Luminal beim Kläger ein mindestens 40%-iges Risiko von Entzugsanfällen (S. 7 des schriftlichen Gutachtens). Demgegenüber rechtfertigten die psychotropen Nebenwirkungen der antiepileptischen Behandlung das Herabsetzen der medikamentösen Behandlung mit Luminal nicht. Derartige Nebenwirkungen sind in der Literatur zwar wiederholt beschrieben worden. Jedoch sind, wie Prof. Dr. B näher dargelegt hat, die beim Kläger aufgetretenen Verhaltensweisen typisch für geistig behinderte Jugendliche mit vielfältigen familiären, Krankheits- und Institutionserfahrungen und daher sehr viel eher dem hirnorganischen Psychosyndom zuzuordnen (S. 8 des Gutachtens). Außerdem war die Reduzierung der Phenobarbitalbehandlung in Anbetracht der erst knapp 4 jährigen Anfallsfreiheit aus der Sicht des neurologischen Sachverständigen verfrüht (S. 9 des Gutachtens). Im Ergebnis wurde das Luminal sorgfaltspflichtwidrig in zu hohem Maße und in zu kurzer Zeit reduziert (S. 6/9 des Protokolls).
b)
49 
Indessen vermochte der Kläger nicht zu beweisen, dass der Geschehensablauf bei Fortführung der antikovulsiven Medikation mit 150 mg täglich ein anderer gewesen wäre. Dazu war vom Sachverständigen Prof. Dr. B weiter zu erfahren, dass zwar die Reduzierung des Phenobarbitals mit mehr als 75%iger Wahrscheinlichkeit zu dem erneuten Krampfanfall vom 20.03.2003 geführt hat, dass aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, dass der Krampfanfall bei korrekter Behandlung hätte verhindert werden können. Denn bereits in den Jahren 1997 bis 1999 ist es insgesamt zu drei Anfällen gekommen, obwohl der Kläger damals Luminal in einer Dosis von mindestens 100 mg täglich erhalten hatte (S. 10 des schriftlichen Gutachtens). Im Übrigen lassen sich weder im Hinblick auf die Entwicklung der epileptischen Erkrankung noch im Hinblick auf den sonstigen körperlichen Zustand des Patienten nachteilige Auswirkungen des sehr kurzen Krampfanfalles annehmen (S. 8 des Protokolls).
c)
50 
In Mangelung eines groben Behandlungsfehlers greifen Beweiserleichterungen zu Gunsten des Klägers nicht ein.
aa)
51 
Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahelegen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht (BGH NJW 2004, 2011). Ein grober Behandlungsfehler liegt nur dann vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2001, 2795 mit weiteren Nachweisen). Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, obliegt dem Tatrichter (BGH aaO.; NJW 1996, 2428).
bb)
52 
Mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Bode ist die dreimalige Reduzierung des Phenobarbitals auch bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BGH NJW 1998, 1782; OLG Stuttgart VersR 1997, 700) nicht als schlechterdings unverständlich zu bewerten (S. 7 des Protokolls). Denn die Motive der behandelnden Ärzte, die zur Herabsetzung der Luminal-Dosis geführt haben, waren medizinisch durchaus nachvollziehbar und daher verständlich. Ausschlaggebend hierfür war zum einen der Wunsch, nachteilige Nebenwirkungen des Phenobarbitals – namentlich eine ungünstige Beeinflussung der bereits bestehenden Osteoporose-Erkrankung – durch die Umstellung auf ein anderes Medikament zu vermeiden. Zum anderen wurde der Zweck verfolgt, die Verhaltenssituation zu verbessern und die Kooperationsmöglichkeit bei der Physiotherapie zu fördern, um dadurch eine höhere Beweglichkeit und Belastbarkeit des Patenten zu erreichen. Für dieses Therapiekonzept stand nur ein begrenzter zeitlicher Rahmen zur Verfügung. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Annahme eines groben Verstoßes gegen die Regeln der ärztlichen Kunst auch nach Auffassung der Kammer nicht gerechtfertigt.
53 
Soweit der neurologische Sachverständige Prof. Dr. B seine Bewertung des Behandlungsfehlers davon abhängig gemacht hat, ob das Therapiekonzept vorher mit den Eltern des Patienten abgesprochen war oder nicht, vermag die Kammer der Auffassung des Gutachters nicht zu folgen. Sie führt zu einer unzulässigen Vermengung der unterschiedlichen Rechtsgrundsätze, die bei einer Haftung aus Behandlungsverschulden einerseits und wegen eines Aufklärungsverschuldens andererseits in der Rechtsprechung anerkannt sind. Wenn einer ärztlichen Behandlung die erforderliche Einwilligung fehlt und sich hieraus nachteilige Gesundheitsfolgen ergeben, resultiert aus diesem Umstand – unabhängig vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers – bereits eine Verpflichtung zum Schadensersatz. Nach der Spruchpraxis des BGH führt die fehlende Einwilligung jedoch nicht zu Beweiserleichterungen auf der Kausalitätsebene (BGH NJW 1992, 754; Geiß/Greiner, aaO., C. RN 149 mit weiteren Nachweisen). Daher ist es nicht gerechtfertigt, ein einfaches Behandlungsverschulden dann als einen groben Verstoß gegen den ärztlichen Standard zu qualifizieren, wenn eine Einwilligung in die fragliche Therapie nicht erteilt worden ist. In Bezug auf den vorliegenden Fall muss es daher bei der Annahme eines einfachen Behandlungsfehlers bleiben.
4.
54 
Unter den gegebenen Umständen kann die Kammer offen lassen, ob die Behandler eine Einwilligung der Eltern des Klägers zur Reduzierung des Phenobarbitals eingeholt haben und ob diese Einwilligung wirksam erteilt worden ist. Denn selbst dann, wenn eine solche Einwilligung nicht erteilt worden sein sollte oder unwirksam wäre, würde dies nicht zu einer Haftung der ärztlichen Behandler führen. Denn auch eine Haftung wegen mangelhafter Aufklärung setzt den vom Patienten zu erbringenden Nachweis voraus, dass die rechtswidrige Behandlung zu einem Gesundheitsschaden geführt hat (BGH NJW 1992, 754; Geiß/Greiner, aaO., C. RN 149 mit weiteren Nachweisen). Dieser Beweis lässt sich, wie bereits näher dargelegt worden ist, hier aber nicht führen, weil ungewiss ist, ob der Krampfanfall vom 20.03.2003 bei einer Beibehaltung der ursprünglichen Luminal-Dosis vermieden worden wäre oder nicht.
II.
55 
Antrag Ziffer 2:
56 
Der Feststellungsantrag ist lediglich teilweise begründet. Es ist nicht auszuschließen, dass die durch die verspätete Erkennung des Oberschenkelhalsbruches bewirkte Heilungsverzögerung zu materiellen Schäden bzw. künftigen, noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden führt. Entsprechende Folgen können aber lediglich von ganz geringem Gewicht sein.
B.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Den Wert des Feststellungsantrages hat die Kammer in Übereinstimmung mit dem Kläger auf 5.000,00 Euro festgesetzt. Den erfolgreichen Teil hat die Kammer mit 200,00 Euro bewertet. Damit unterliegt der Kläger im Prozess zum weit überwiegenden Teil.
58 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 421 Gesamtschuldner


Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von j

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.