Landgericht Siegen Grundurteil, 05. Sept. 2014 - 2 O 325/11
Tenor
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht Produkthaftungsansprüche aus übergegangenem Recht geltend.
3Die Klägerin behauptet, Wohngebäudeversicherer der WEG K.straße, H, zu sein. Am 16.08.2008 habe es in dem Objekt einen Leitungswasserschaden gegeben, für den die Klägerin gegenüber ihren Versicherungsnehmern erforderliche Aufwendungen in Höhe von 19.063,07 € reguliert habe. Ursache für den Leitungswasseraustritt sei ein Bruch des Anschlussstücks in der von der Beklagten hergestellten Wasserzähler-Anschlussgarnitur gewesen. Das von der Beklagten im Jahr 2004 in Verkehr gebrachte und 2005 eingebaute Produkt sei konstruktionsbedingt fehlerhaft gewesen und habe nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen.
4Die Klägerin beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.063,07 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.05.2010 zu zahlen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
9Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen, Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 09.08.12 (Bl. 251 ff.), 31.01.13 (Bl. 300 ff.) und 07.08.14 (Bl. 598 ff.) sowie das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. K v. 24.09.13 (Bl. 390 ff.) Bezug genommen.
10Entscheidungsgründe:
11Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 1, 2 ProdHaftG sowie § 823 Abs. 1 BGB.
121)
13Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Nach dem von der Beklagten nicht mehr angegriffenen Beweisergebnis ist die Klägerin Wohngebäudeversicherer der WEG Kstraße, H. Von der Beklagten werden nach den insoweit erfolgten Zeugenvernehmungen auch keine Zweifel mehr daran geltend gemacht, dass in diesem Objekt ein Wasserschaden aufgetreten ist, der seine Ursache in dem Bruch eines von der Beklagten hergestellten Anschlussstücks hatte. Die Beweisaufnahme hat zudem ergeben, dass das sachverständig untersuchte Anschlussstück mit dem gebrochenen Werkstück identisch ist, und dass die Klägerin die den Schadensfall betreffenden Handwerkerrechnungen beglichen hat.
142)
15Die Beklagte ist unstreitig Herstellerin der Wasserzähler-Anschlussgarnitur i.S.v. § 4 Abs. 1 ProdHaftG. Dem im Jahre 2004 in Verkehr gebrachten Produkt haftete ein Fehler i.S.v. § 3 ProdHaftG in Gestalt eines Konstruktionsfehlers an. Die Beklagte hat gegen ihre Pflicht verstoßen, bereits im Rahmen der Konstruktion diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Vermeidung einer konkreten Gefahr nach objektiven Maßstäben erforderlich und zumutbar waren (vgl. BGH NJW 2009, 2952).
16Der Sachverständige Dr. K hat hierzu ausgeführt, dass die durch die Vormontage im Werk entstandene Zugspannung zu stark für die Wanddicke des Anschlussstücks gewesen sei und deshalb zur Spannungsrisskorrosion geführt habe. Der Hersteller eines derartigen Produkts habe dafür Sorge zu tragen, dass bereits im Herstellungsprozess die bei der werkseitigen Montage auftretenden Zugspannungen nach einer seit 1985 geltenden Norm untersucht würden. Diese Untersuchung führe zu zuverlässigen Ergebnissen und hätte, wenn sie durchgeführt worden wäre, die Mangelhaftigkeit des Gewindestücks offenbart.
173)
18Die Ersatzpflicht der Herstellerin ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen.
19a)
20Hierbei kommt es nicht darauf an, ob zum damaligen Zeitpunkt eine Neigung des verwendeten Materials zu interkristalliner Korrosion und interkristalliner Entzinkung bekannt gewesen ist, wovon nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ausgegangen werden könnte. Denn die interkristalline Korrosion und die interkristalline Entzinkung waren nach sachverständiger Beurteilung nicht entscheidend für den Eintritt des Schadens.
21b)
22Die Neigung des verwendeten Metalls zu Spannungsrisskorrosion war dagegen nach den Bekundungen des Sachverständigen seit Jahrzehnten bekannt. Es konnte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts zudem erkannt werden, dass die Problematik der Spannungsrisskorrosion unabhängig von der Zusammensetzung des Trinkwassers bestand. Der Sachverständige hat hierzu auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, derartige Erkenntnisse hätten etwa seit der Jahrtausendwende vorgelegen. Bereits in einem Arbeitsblatt der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserhandwerks (DVGW) sei festgehalten worden, dass Spannungsrisskorrosion auch bei unbelasteten Trinkwasserverhältnissen entstehen könne. Im vorliegenden Streitfall ist das Produkt unstreitig im Jahre 2004 in Verkehr gebracht worden.
234)
24Der Konstruktionsfehler war zumindest mitursächlich für den Eintritt des Schadens. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob (zusätzlich) ein Montagefehler des vor Ort tätigen Installateurs in Rede steht, kann im vorliegenden Streitfall einerseits offen bleiben und ist andererseits dahin zu beantworten, dass ein Installationsfehler unwahrscheinlich ist. Der Sachverständige hat hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung anschaulich geschildert und an den untersuchten Werkstücken demonstriert, dass keinerlei Anhaltspunkt für einen Installationsfehler vorhanden ist. Selbst wenn der Installateur vor Ort eine Mitverantwortung trüge, wäre dies für das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits aber unerheblich, weil hierdurch die Mitursächlichkeit des Konstruktionsfehlers für den Schaden nicht entfiele und sich die Haftung der Beklagten dann aus § 840 BGB ergäbe. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass im Parallelfall 2 O 6/12, in dem auf den Fotos vom Schadensort eine durch die Montage verursachte Biegespannung zu erkennen ist, die Hauptursache für das Materialversagen ebenfalls in der werkseitig verursachten Zugspannung zu suchen sei. Zudem hat der Sachverständige erklärt, der Konstrukteur eines solchen Produkts müsse ohnehin darauf achten, dass bei der Installation vor Ort weitere – letztlich durch die Konstruktion veranlasste – Erhöhungen der Zugspannung vermieden würden.
255)
26Die Ausführungen des Sachverständigen sind für das Gericht absolut plausibel und überzeugend. Der Sachverständige hat die gerichtlichen Nachfragen erschöpfend und gut verständlich beantwortet und seine Erkenntnisse im Termin zur mündlichen Verhandlung an den untersuchten Werkstücken demonstriert. Zudem stehen seine Ausführungen weitgehend in Übereinstimmung mit den außergerichtlich durch die Parteien eingeholten sachverständigen Stellungnahmen sowie den Ergebnissen der von anderen Gerichten veranlassten Gutachten, soweit sie dem erkennenden Gericht bekannt sind.
276)
28Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich gleichermaßen eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB.
297)
30Das Gericht hat von der Möglichkeit eines Grundurteils gem. § 304 ZPO Gebrauch gemacht, weil die Höhe des Schadens streitig ist und eine weitere Beweisaufnahme gebietet.
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(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.
(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, - 2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte, - 3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat, - 4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder - 5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.
(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.
(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.
Produkt im Sinne dieses Gesetzes ist jede bewegliche Sache, auch wenn sie einen Teil einer anderen beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache bildet, sowie Elektrizität.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Hersteller im Sinne dieses Gesetzes ist, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Als Hersteller gilt auch jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.
(2) Als Hersteller gilt ferner, wer ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.
(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so gilt jeder Lieferant als dessen Hersteller, es sei denn, daß er dem Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem ihm dessen diesbezügliche Aufforderung zugegangen ist, den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für ein eingeführtes Produkt, wenn sich bei diesem die in Absatz 2 genannte Person nicht feststellen läßt, selbst wenn der Name des Herstellers bekannt ist.
(1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere
- a)
seiner Darbietung, - b)
des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, - c)
des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde,
(2) Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.
(1) Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Falle der Sachbeschädigung gilt dies nur, wenn eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt wird und diese andere Sache ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu von dem Geschädigten hauptsächlich verwendet worden ist.
(2) Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn
- 1.
er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, - 2.
nach den Umständen davon auszugehen ist, daß das Produkt den Fehler, der den Schaden verursacht hat, noch nicht hatte, als der Hersteller es in den Verkehr brachte, - 3.
er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat, - 4.
der Fehler darauf beruht, daß das Produkt in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller es in den Verkehr brachte, dazu zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat, oder - 5.
der Fehler nach dem Stand der Wissenschaft und Technik in dem Zeitpunkt, in dem der Hersteller das Produkt in den Verkehr brachte, nicht erkannt werden konnte.
(3) Die Ersatzpflicht des Herstellers eines Teilprodukts ist ferner ausgeschlossen, wenn der Fehler durch die Konstruktion des Produkts, in welches das Teilprodukt eingearbeitet wurde, oder durch die Anleitungen des Herstellers des Produkts verursacht worden ist. Satz 1 ist auf den Hersteller eines Grundstoffs entsprechend anzuwenden.
(4) Für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte die Beweislast. Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.
(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.
(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.
(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jede weiteren entstandenen und zukünftigen materiellen Schäden zu ersetzen, welcher auf das Schadensereignis vom 07.04.2011 im Gebäude M in G zurückzuführen sind, soweit sie nicht mit den Leistunganträgen zu 1), 2) und 4) der Klage geltend gemacht werden.
Im Übrigen ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
1
Tatbestand:
2Die Kläger machen Produkthaftungsansprüche geltend.
3Die Kläger sind Eigentümer des Einfamlienhauses M, G, das von ihnen im Jahr 2007 errichtet und bezogen wurde. In dem Gebäude wurde am 01.02.2007 eine Wasserzähler-Anschlussgarnitur eingebaut.
4Die Kläger behaupten, am 07.04.2011 habe es in dem Objekt einen Leitungswasserschaden gegeben. Ursache für den Leitungswasseraustritt sei ein Bruch des Anschlussstücks in der von der Beklagten hergestellten Wasserzähler-Anschlussgarnitur gewesen. Das Produkt sei konstruktionsbedingt fehlerhaft gewesen und habe nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprochen. Ihnen sei ein materieller Schaden entstanden, den sie teilweise im Wege des Vorschusses und teilweise als bezifferte Schadensersatzklage geltend machen.
5Die Kläger beantragen,
61)die Beklagte zu verurteilen, im Wege des Vorschusses an die Kläger 18.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2011 zu zahlen,
72)
8die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 11.569,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2011 zu zahlen,
93)
10die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeden weiteren materiellen Schaden zu bezahlen, welcher auf das Schadensereignis vom 07.04.2011 im Gebäude am M in G der Kläger entstanden oder noch entstehen wird,
114)
12die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von der Inanspruchnahme ihrer Prozessbevollmächtigten im Betrag von 1.467,03 € auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.08.14 (Bl. 502 ff.) sowie das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. K v. 28.01.13 (Bl. 267 ff.) Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18I.
19Die Kläger haben gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 1, 2 ProdHaftG sowie § 823 Abs. 1 BGB.
201)
21Der vorliegenden Entscheidung ist zugrundezulegen, dass sich im Wohnhaus der Kläger ein Wasserschaden ereignet hat, der durch den Bruch eines von der Beklagten hergestellten Anschlussstücks verursacht wurde. Es ist unstreitig, dass das Gebäude im Jahre 2007 errichtet und hierbei am 01.02.2007 eine Wasserzähler-Anschlussgarnitur eingebaut wurde. Dass es sich bei dem geborstenen Anschlussstück um den Auslöser des Wasserschadens handelte, hat die Beklagte nicht hinreichend bestritten. Sie nimmt vielmehr in ihrem Vortrag selbst Bezug auf die von den Klägern als Anlage 1 zu den Akten gereichten Lichtbilder und bestreitet nicht, dass diese im Wohngebäude der Kläger aufgenommen wurden. Auf diesen Lichtbildern ist deutlich zu erkennen, dass ein eingebautes Gewindestück abgebrochen ist. Zudem steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei dem auf den Lichtbildern zu sehenden Anschlussstück um dasjenige handelt, das vom gerichtlich bestellten Sachverständigen untersucht, fotografiert und begutachtet wurde. Hieran bestehen aufgrund der individuellen Merkmale der Bruchkante, durch die das Werkstück eindeutig identifizierbar ist, keine Zweifel (Vgl. Bl. 26 und 281 d.A.). Solche Bedenken werden von der Beklagten nach der Beweisaufnahme auch nicht mehr geltend gemacht.
222)
23Die Beklagte ist Herstellerin der Wasserzähler-Anschlussgarnitur i.S.v. § 4 Abs. 1 ProdHaftG. Dem Produkt haftete ein Fehler i.S.v. § 3 ProdHaftG in Gestalt eines Konstruktionsfehlers an. Die Beklagte hat gegen ihre Pflicht verstoßen, bereits im Rahmen der Konstruktion diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Vermeidung einer konkreten Gefahr nach objektiven Maßstäben erforderlich und zumutbar waren (vgl. BGH NJW 2009, 2952).
24Der Sachverständige Dr. K hat hierzu ausgeführt, dass die durch die Vormontage im Werk entstandene Zugspannung zu stark für die Wanddicke des Anschlussstücks gewesen sei und deshalb zur Spannungsrisskorrosion geführt habe. Der Hersteller eines derartigen Produkts habe dafür Sorge zu tragen, dass bereits im Herstellungsprozess die bei der werkseitigen Montage auftretenden Zugspannungen nach einer seit 1985 geltenden Norm untersucht würden. Diese Untersuchung führe zu zuverlässigen Ergebnissen und hätte, wenn sie durchgeführt worden wäre, die Mangelhaftigkeit des Gewindestücks offenbart.
253)
26Die Ersatzpflicht der Herstellerin ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen.
27a)
28Hierbei kommt es nicht darauf an, ob zum damaligen Zeitpunkt eine Neigung des verwendeten Materials zu interkristalliner Korrosion und interkristalliner Entzinkung bekannt gewesen ist, wovon nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht ausgegangen werden könnte. Denn die interkristalline Korrosion und die interkristalline Entzinkung waren nach sachverständiger Beurteilung nicht entscheidend für den Eintritt des Schadens.
29b)
30Die Neigung des verwendeten Metalls zu Spannungsrisskorrosion war dagegen nach den Bekundungen des Sachverständigen seit Jahrzehnten bekannt. Es konnte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts zudem erkannt werden, dass die Problematik der Spannungsrisskorrosion unabhängig von der Zusammensetzung des Trinkwassers bestand. Der Sachverständige hat hierzu auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, derartige Erkenntnisse hätten etwa seit der Jahrtausendwende vorgelegen. Bereits in einem Arbeitsblatt der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserhandwerks (DVGW) sei festgehalten worden, dass Spannungsrisskorrosion auch bei unbelasteten Trinkwasserverhältnissen entstehen könne. Im vorliegenden Streitfall ist das Produkt unstreitig im Februar 2007 eingebaut worden. Die Kammer geht mangels anderer Anhaltspunkte und entgegenstehenden Vortrags davon aus, dass das Produkt in zeitlicher Nähe zum Einbau in Verkehr gebracht wurde. Abweichendes wird von der Beklagten nicht geltend gemacht.
314)
32Der Konstruktionsfehler war zumindest mitursächlich für den Eintritt des Schadens. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob (zusätzlich) ein Montagefehler des vor Ort tätigen Installateurs in Rede steht, kann offen bleiben. Selbst wenn der Installateur vor Ort eine Mitverantwortung trüge, wäre dies für das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits unerheblich, weil hierdurch die Mitursächlichkeit des Konstruktionsfehlers für den Schaden nicht entfiele und sich die Haftung der Beklagten dann aus § 840 BGB ergäbe. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass auch im vorliegenden Fall, in dem auf den Fotos vom Schadensort eine durch die Montage verursachte Biegespannung nicht ausgeschlossen ist, die Hauptursache für das Materialversagen ebenfalls in der werkseitig verursachten Zugspannung zu suchen sei. Zudem hat der Sachverständige erklärt, der Konstrukteur eines solchen Produkts müsse ohnehin darauf achten, dass bei der Installation vor Ort weitere – letztlich durch die Konstruktion veranlasste – Erhöhungen der Zugspannung vermieden würden.
335)
34Die Ausführungen des Sachverständigen sind für das Gericht absolut plausibel und überzeugend. Der Sachverständige hat die gerichtlichen Nachfragen erschöpfend und gut verständlich beantwortet und seine Erkenntnisse im Termin zur mündlichen Verhandlung an den untersuchten Werkstücken demonstriert. Zudem stehen seine Ausführungen weitgehend in Übereinstimmung mit den außergerichtlich durch die Parteien eingeholten sachverständigen Stellungnahmen sowie den Ergebnissen der von anderen Gerichten veranlassten Gutachten, soweit sie dem erkennenden Gericht bekannt sind.
356)
36Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich gleichermaßen eine Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB.
377)
38Die Kammer hat von der Möglichkeit eines Grundurteils gem. § 304 ZPO Gebrauch gemacht, weil die Höhe des Schadens streitig ist und eine weitere Beweisaufnahme gebietet.
39II.
40Der Klageantrag zu 3) ist – wie sich aus der Klagebegründung ergibt - entgegen seinem missverständlichen Wortlaut als Feststellungsantrag zu verstehen. Dieser Antrag ist zulässig und begründet, weil die Kläger mit dem Antrag zu 1) eine Vorschussklage erhoben haben und nicht auszuschließen ist, dass weitere Schäden vorhanden sind oder entstehen, welche bei der später vorzunehmenden Abrechnung eines Vorschusses verbleiben.
41III.
42Da der Rechtsstreit im Betragsverfahren fortzuführen ist, ist gegenwärtig noch keine Kostenentscheidung veranlasst.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.
(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.