Landgericht Schweinfurt Teilversäumnis- und Teilendurteil, 24. Feb. 2017 - 5 HK O 43/16 eV

bei uns veröffentlicht am24.02.2017

Gericht

Landgericht Schweinfurt

Tenor

1. Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, geboten zu unterlassen,  im geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher im Fernabsatz betreffend Bürobedarf Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,

a) bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Information über das MusterWiderrufsformular gemäß dem amtlichen Muster zur Verfügung gestellt wird und/oder

b) ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren zur Verfügung zu stellen und/oder                 

c) ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS - Plattform einzustellen und/oder

d) im elektronischen Geschäftsverkehr betreffend Bürobedarf Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,

ohne den Kunden darüber zu informieren, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluß von dem Unternehmer selbst gespeichert wird und ob der Unternehmer selbst den Vertragstext dem Kunden zugänglich macht, so wie in der Anlage wiedergegeben.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfügungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Verfügungsbeklagte veröffentlichte im Oktober 2016 die in der Anlage ersichtliche Werbeanzeige auf der Internetplattform eBay. Die eingefügte Widerrufsbelehrung enthielt u. a. folgenden Text: „Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns … mittels einer eindeutigen Erklärung (z. B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.

Die Verfügungsklägerin meint, die Verfügungsbeklagte handele auch insoweit wettbewerbswidrig (§ 3 a UWG), da die Belehrung entgegen der Anlage 2 zu Art. 246 a § 1

II S. 1 Nr. 1; § 4 I EGBGB keine Angabe ihrer Telefonnummer enthalte.

Sie beantragt auch insoweit die Verurteilung, Angebote zu unterlassen,

4. bei denen eine Widerrufsbelehrung ohne Angabe der Telefonnummer des Widerrufsempfängers erfolgt.

Die Beklagte ist zum Termin vom 20.1.17 nicht erschienen. Die Verfügungsklägerin hat auf Hinweis des Gerichts die ursprünglichen Anträge zu I. 5. - 7. zurückgenommen. Hinsichtlich der Anträge zu I. 1. - 3. und II. erging antragsgemäß Versäumnisurteil.

Gründe

I.

Der Antrag zu I. 4. der Antragsschrift ist unbegründet.

Zutreffend ist zwar, dass im Muster für die Widerrufsbelehrung (Anlage 1 zu Art. 246 a EGBGB§ 1 II S. 2) auch die Telefonnummer des Unternehmers vorgesehen ist. Die Verwendung des Musters ist jedoch zum einen nicht bindend (vgl. Palandt, BGB, 76. Aufl., Rn 7 zu § 1). Darüberhinaus fehlt im Muster der Hinweis, dass der Widerruf auch mündlich erfolgen kann (§ 355 BGB). Auch wenn im Muster die dort genannten Erklärungsformen nur als Beispiele aufgeführt sind, kann beim Verbraucher durchaus der Eindruck erweckt werden, dass eine schriftliche Form notwendig ist. Dann ist das Fehlen der Telefonnummer an dieser Stelle auch nicht erheblich. Abgesehen davon ist die Telefonnummer der Verfügungsbeklagten zweimal deutlich an anderer Stelle positioniert. Dies dürfte für den Normalverbraucher ausreichend sein, falls er den telefonischen Widerruf wählen möchte.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gemäß § 708 Nr. 2, 6 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Schweinfurt Teilversäumnis- und Teilendurteil, 24. Feb. 2017 - 5 HK O 43/16 eV zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Referenzen

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.