Landgericht Rostock Urteil, 18. Juni 2008 - 4 O 367/07

bei uns veröffentlicht am18.06.2008

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.307,78 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.295,18 € seit dem 26.05.2007 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.012,60 € seit dem 10.01.2008 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 76,4 % und der Beklagte 23,6 % zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 14.010,96 €

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt vom beklagten Insolvenzverwalter Schadensersatz wegen der Vereitelung eines Aussonderungsrechtes.

2

Der Kläger verpachtete mit notariellem Pachtvertrag vom 29.09.2003 (Anlage K 3) seine Schweinemast- und Zuchtanlage an den späteren Insolvenzschuldner G.. Nach § 2 des Pachtvertrages galt das lebende und tote Inventar als Eigentum des Pächters. Streitig ist, ob als Anlage zum notariellen Pachtvertrag ebenfalls ein Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt mitbeurkundet wurde. Vor der Beurkundung hatten der Kläger und der Pächter am 28.09.2003 jedenfalls einen Vorvertrag geschlossen (Anlage B 1), wonach der Kläger ca. 190 Zuchtsauen, 180 Läufer und 200 Saugferkel verkaufen sollte. Unter die Unterschriften des Vorvertrages wurde später handschriftlich die Formulierung "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" hinzugesetzt (Anlage B 4). Der Kläger übergab am 01.10.2003 seinen Viehbestand an den späteren Insolvenzschuldner G. (Übergabeprotokoll: Anlage K 5) und rechnete am 08.10.2003 die im Übergabeprotokoll aufgelisteten Tiere mit den vertraglichen Stückpreisen ab; die Rechnung belief sich auf 78.918,62 € netto/84.442,92 € brutto (Anlage K 6). Der Stückpreis für die verkauften 190 Zuchtsauen betrug 350,- € netto. Der beurkundende Notar H. erstellte am 15. bzw. 16.10.2003 eine erste Ausfertigung des Notarvertrages für den Pächter G. (Anlage B 2) und eine zweite Ausfertigung für den Kläger als Verpächter (Anlage B 3). Die Ausfertigungen enthielten als Anlage keinen Kaufvertrag über den Viehbestand des Klägers mit Eigentumsvorbehalt. Auch die am 06.11.2003 vom Notar anderweitig korrigierten Ausfertigungen enthielten wiederum keinen mitbeurkundeten Kaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 04.03.2004 (Anlage K 10) machte der Kläger den rückständigen Kaufpreis geltend und wies den Käufer/Pächter G. auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt hin; dieser antwortete mit Schreiben vom 19.03.2004 (Anlage K 15). Streitig ist, ob sich dieser Schriftwechsel in den Insolvenzunterlagen befand und somit dem Beklagten bekannt war (so der Kläger).

3

Der Beklagte wurde am 26.10.2004 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Pächters/Käufers G. bestellt (Anlage K 1). Bereits am 04.10.2004 hatte der Beklagte 177 Zuchtsauen übernommen, davon 88 (ehemalige) des Klägers. Der Beklagte verkaufte die Zuchtsauen des Klägers wie folgt: 50 Stück am 13./14.10.2004, 12 Stück am 21./22.10.2004, 8 Stück am 11./12.11.2004, 5 Stück am 02.12.2004, 6 Stück am 21./22.12.2004 und 4 Stück am 13.01.2005. Der Verbleib von 3 Zuchtsauen ist ungeklärt.

4

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 27.10.2004 (Anlage K 9) wies der Kläger den Beklagten auf den vereinbarten Eigentumsvorbehalt hin und übersendete die zweite Ausfertigung des notariellen Pachtvertrages - ohne Vereinbarung zum Eigentumsvorbehalt - (Anlage B 3) nebst des Vorvertrages vom 28.03.2003 mit dem handschriftlichen Zusatz "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" (Anlage B 4). Der Beklagte bezweifelte mit Antwortschreiben vom 27.10.2004 (Anlage K 20) den vorgetragenen Eigentumsvorbehalt. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 28.10.2004 (Anlage K 16) wies der Kläger nochmals auf den Eigentumsvorbehalt hin und versuchte mit weiterem Schreiben vom 29.10.2004 (Anlage K 17) die drohende Veräußerung der Tiere zu verhindern. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 02.11.2004 (Anlage K 19) weiterhin einen Eigentumsvorbehalt ab, der Kläger antwortete mit Rechtsanwaltsschreiben vom 02.11.2004 und forderte die Herausgabe der Schweine (Anlage K 18).

5

Der Notar H. überließ dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.11.2004 eine Kopie des mitbeurkundeten Tierkaufvertrages mit Eigentumsvorbehalt als vorletzte Seite des Originalvertrages (Anlagen B 5 und B 6). Der Kläger hat mit insoweit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.05.2008 behauptet, auch der Beklagte habe diese vorletzte Seite des Notarvertrages am 11.11.2004 erhalten. Der Notar sendete jedenfalls am 11.11.2004 eine vollständige beglaubigte Fotokopie des Notarvertrages vom 29.09.2003 an den Beklagten (Zugang 13.11.2004). Mit Schreiben vom 22.11.2004 (Anlage K 11) erkannte der Beklagte den Eigentumsvorbehalt des Klägers weiterhin nicht an, da die beglaubigte Fotokopie des Notarvertrages nicht mit der ihm vorliegenden ersten Ausfertigung vom 15.10.2003 übereinstimmte.

6

Am 10.01.2005 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an. Am 18.01.2005 erklärte der Notar H. auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde hin gegenüber seinem Landgerichtspräsidenten, dass die Ausfertigungen unrichtig erstellt worden seien, da der mitbeurkundete Tierkaufvertrag gefehlt habe (Anlage K 4). Das Schreiben wurde den Parteien bekannt gemacht.

7

Am 28.02.2005 gab der Beklagte den Schweinemast- und Zuchtbetrieb an den Kläger zurück.

8

Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.12.2006 sprach die Kammer dem Kläger einen Anspruch auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO in Höhe von 21.400,15 € zu (Anlage K 2). Der Anspruch auf Ersatzaussonderung resultierte aus einem vom Beklagten vereinnahmten Schlachtpreis von u.a. 164,35 € je Zuchtsau, der sich abzüglich der Haltungskosten noch unterscheidbar in der Insolvenzmasse befand.

9

Trotz des zusprechenden Urteils gewährte das OLG Rostock dem Beklagten für den Vorprozess mit Beschluss vom 31.01.2007 rückwirkend Prozesskostenhilfe (Anlage B 8). Die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten des Vorprozesses betrugen ausweislich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.02.2007 2.012,60 € (Anlage K 14).

10

Der Kläger behauptet, als Anlage zum notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 sei ein Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt mitbeurkundet worden, Anlage K 3 entspreche dem maßgeblichen Original des beurkundeten Notarvertrages. Aufgrund des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes habe der Beklagte das Aussonderungsrecht des Klägers schuldhaft vereitelt, der daraus resultierende Schaden berechne sich wie folgt:

11

Wert der 88 Zuchtsauen bei einem Stückpreis von 350,00 €:

 30.800,00 €

abzüglich des Schlachtpreises von 88 x 164,35 € =

 14.462,80 €

                 

Differenz:

 16.337,20 €

abzüglich der Haltungskosten (49,305 € je Zuchtsau)

4.338,84 €

                 

Ergebnis:

 11.998,36 €

12

Hinzu kämen die Kosten des Vorprozesses von 2.012,60 €, so dass der Schaden insgesamt 14.010,96 € betrage.

13

Der Kläger beantragt,

14

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 14.010,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 11.998,36 € seit dem 26.05.2007 sowie auf weitere 2.012,60 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2006 zu zahlen.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte ist der Auffassung, aufgrund des Widerspruches zwischen der ersten Ausfertigung des Notarvertrages vom 29.09.2003 und der am 11.11.2004 versendeten beglaubigten Fotokopie sei der Verkauf der Zuchtsauen des Klägers jedenfalls nicht schuldhaft erfolgt. Die nach dem 22.11.2004 vom Beklagten veräußerten Tiere hätten keinesfalls einen Wert von 350,00 € pro Stück gehabt.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist nur in Höhe von 3.307,78 € nebst Zinsen begründet und unterliegt im übrigen der Abweisung.

I.

19

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gem. § 60 Abs. 1 InsO in Höhe von 3.307,78 € gegen den Beklagten zu, und zwar in Höhe von 1.295,18 € wegen des unrechtmäßigen Verkaufs von 15 Zuchtsauen (dazu 1.) sowie in Höhe von 2.012,60 € wegen der Kosten des Vorprozesses LG Rostock 4 O 7/06 (dazu 2.).

20

1. a) Der Beklagte hat das für 88 Zuchtsauen bestehende Aussonderungsrecht des Klägers (§ 47 InsO) vereitelt, denn die vom Beklagten am 04.10.2004 übernommenen 88 Zuchtsauen standen unter Eigentumsvorbehalt des Klägers.

21

Der notarielle Pachtvertrag vom 29.09.2003 enthält im maßgeblichen Original, das Anlage K3 entspricht, als mitbeurkundete Anlage einen entsprechenden Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt. Dies hat die Kammer im Vorprozess 4 O 7/06 aufgrund der dort durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt. Das Urteil vom 13.12.2006 (Anlage K 2) kann im vorliegenden Prozess als Urkunde verwertet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 13.12.2006 verwiesen. Der Beklagte hat gegen die dortigen Feststellungen und das Beweisergebnis nichts Erhebliches eingewendet.

22

b) Die Veräußerung von Aussonderungsgut stellt eine Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten i.S.v. § 60 Abs. 1 InsO gegenüber dem Aussonderungsberechtigten dar.

23

c) Der Verkauf der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Zuchtsauen des Klägers erfolgt jedoch erst ab dem 13.11.2004 schuldhaft, so dass der Beklagte nur für die nach diesem Stichtag verkauften 15 Zuchtsauen haftet.

24

Dafür, dass dem Beklagten das auf den Eigentumsvorbehalt hinweisende Rechtsanwaltsschreiben vom 04.03.2004 (Anlage K 10) bekannt war, hat der Kläger keinen Beweis angeboten.

25

Aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27.10.2004 (Anlage K 9) ergab sich nicht, dass der Kläger an den Insolvenzschuldner G. die Zuchtsauen unter Eigentumsvorbehalt verkauft hatte. Mit dem Schreiben vom 27.10.2004 wurde die zweite Ausfertigung des Notarvertrages (Anlage B 3) übermittelt, die den mitbeurkundeten Tierkaufvertrag gerade nicht enthielt. Auch aus dem gleichzeitig übermittelten Vorvertrag vom 28.09.2003 (Anlage B 4) ergab sich für den Beklagten kein wirksam vereinbarter Eigentumsvorbehalt, da es sich nur um einen Vorvertrag handelte, der nach der vorgelegten zweiten Ausfertigung keinen Eingang in den notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 gefunden hatte. Ferner war der handschriftliche Zusatz "bis zur Zahlung 100 % bleibt Eigentum" nicht durch die Unterschriften auf dem Vorvertrag gedeckt, sondern offensichtlich nachträglich hinzugesetzt worden. Aus den weiteren Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.10.2004 (Anlage K 16), 29.10.2004 (Anlage K 17) und 02.11.2004 (Anlage K 18) ergaben sich für den Beklagten keine neuen Erkenntnisse.

26

Die erforderliche Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis vom Eigentumsvorbehalt ergab sich für den Beklagten auch nicht aus der Übersendung einer Fotokopie der vorletzten Seite des Notarvertrages durch den Notar H.. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 28.05.2008 vorgetragen, der Notar H. habe am 09.11.2004 die vorletzte Seite des Notarvertrages (Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt) auch an den Beklagten gesendet, diesem sei der Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt am 11.11.2004 zugegangen. Dieser Vortrag ist gem. § 296a ZPO nicht zuzulassen, da dem Kläger insoweit kein Schriftsatznachlass gewährt wurde und es sich vielmehr um nachgeschobenes neues Vorbringen handelt. Zum anderen ergab sich aus der Übersendung einer einzelnen Seite nicht, ob und wie der Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt Eingang in den notariellen Pachtvertrag vom 29.09.2003 gefunden hat. Dies konnte sich erst aus dem gesamten Notarvertrag ergeben, sofern er dem Beklagten denn vollständig vorlag.

27

Mit Erhalt der beglaubigten Fotokopie des gesamten Notarvertrages am 13. bzw. spätestens 22.11.2004 musste der Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger seine Zuchtsauen unter Eigentumsvorbehalt an den Insolvenzschuldner G. verkauft hatte, weil am 29.09.2003 der entsprechende Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt als Anlage zum notariellen Pachtvertrag mitbeurkundet wurde. Wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 22.11.2004 ergibt (Anlage K 11), lag dem Beklagten eine am 11.11.2004 durch den Notar H. erstellte beglaubigte Fotokopie des notariellen Pachtvertrages vom 29.09.2003 vor. Damit musste für den Beklagten klar sein, dass die ihm ebenfalls vorliegende erste Ausfertigung unrichtig war, da sie den mitbeurkundeten Tierkaufvertrag nicht enthielt.

28

Selbst wenn man beide Urkunden (1. Ausfertigung ohne und begl. Fotokopie mit Tierkaufvertrag) als gleichwertig ansieht, dann bestand für den Beklagten zumindest Aufklärungsbedarf, etwa durch Rücksprache beim beurkundenden Notar oder ggfs. durch kurzfristige Einsichtnahme in den Original-Notarvertrag. Keinesfalls durfte der Beklagte mit der Veräußerung der Zuchtsauen des Klägers fortfahren und die klarstellende Auskunft des Notars einfach als unwahr abtun.

29

d) Während der Beklagten also 70 Zuchtsauen des Klägers schuldlos und 15 Zuchtsauen schuldhaft veräußerte, ist der Verbleib von drei Zuchtsauen ungeklärt. Dies geht zu Lasten des Klägers, da dieser zumindest nicht substantiiert behauptet hat, dass auch diese drei Zuchtsauen nach dem 13. bzw. 22.11.2004 verkauft worden seien.

30

e) Der Schaden des Klägers wegen des schuldhaften Verkaufs von 15 Zuchtsauen beträgt indes nur 1.295,18 €.

31

Die Kammer schätzt den Wert der verkauften Zuchtsauen gem. § 287 ZPO auf 300,-- € je Stück. Anknüpfungspunkt der Schätzung ist zum einen der im Tierkaufvertrag des Klägers mit dem Insolvenzschuldner G. vereinbarte Kaufpreis von 350,- € je Stück. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der vereinbarte Kaufpreis auch dem tatsächlichen Marktwert der Zuchtsauen entsprach. Weiterer Anknüpfungspunkt ist das Insolvenzeröffnungsgutachten des Beklagten (Anlage K 8), in dem ein Wert von 300,- € je Sau angenommen wurde. Auch wenn es sich nur um eine Schätzung des Beklagte mit entsprechendem Abschlag handelte, so lagen auch für den Beklagten seinerzeit offenbar keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der vereinbarte Kaufpreis von 350,- € je Zuchtsau unangemessen war. Die eigene Schätzung des Beklagten in dem Insolvenzeröffnungsgutachten gewinnt um so mehr an Gewicht, als dass der Beklagte die Zuchtsauen in Besitz genommen hatte, so dass er sie auch begutachten konnte. Der Beklagte kann auch nicht mit der Einwendung gehört werden, dass es sich bei den zuerst verkauften 73 Zuchtsauen um die besten Tiere gehandelt habe, während die zuletzt verkauften 15 Tiere die schlechteren gewesen seien. Aus der Abrechnung der Viehhandlung H. KG vom 13.12.2004 (Anlage K 13) ergibt sich, dass noch am 22.12.2004 ein durchschnittlicher Stückpreis von 164,71 € erzielt wurde. Zuvor wurden

32

bei der Lieferung vom 04.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 169,71 €

bei der Lieferung vom 14.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 161,28 €

bei der Lieferung vom 22.10.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 153,29 €

und bei der Lieferung vom 12.11.2004 ein Durchschnittsstückpreis von

 147,29 €

erzielt.

        
33

Daraus ergibt sich, dass die Qualität der letzten Lieferungen keinesfalls schlechter wurde, alle Durchschnittspreise liegen innerhalb der üblichen Streuung.

34

Bei einem Stückpreis von geschätzten 300,- € ergibt sich ein Wert der verkauften 15 Zuchtsauen von insgesamt 4.500,- €. Vom durch die Veräußerung für den Kläger verloren gegangenen Wert ist der jeweilige Schlachtpreis abzuziehen, der dem Kläger als Ersatzaussonderung mit Urteil der Kammer vom 13.12.2006 - 4 O 7/06 zugesprochen wurde. Bei einem Schlachtpreis von durchschnittlich 164,35 € je Stück ergibt sich bei 15 Zuchtsauen ein anzurechnender Schlachtpreis von 2.466,25 €. Vom resultierenden Schadensersatzbetrag in Höhe von 2.034,75 € sind die vom Kläger zugestandenen Haltungskosten abzuziehen. Der Kläger hat Haltungskosten von 30 % des Schlachtpreises zugestanden, das sind 49,305 € je Zuchtsau. Bei 15 Zuchtsauen ergeben sich anzurechnende Haltungskosten von 739,575 €. Der übrig bleibende Schadensersatzbetrag beläuft sich somit auf 1.295,18 €.

35

2. Durch den verlorenen Vorprozess hat der Beklagte ebenfalls insolvenzspezifische Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt und ist diesem gem. § 60 Abs. 1 InsO schadensersatzpflichtig.

36

Die insolvenzspezifische Pflichtverletzung liegt darin, dass der Beklagte den Anspruch des Klägers auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO nicht unverzüglich erfüllt hat, sondern es auf einen Prozess gegen den Masse hat ankommen lassen.

37

Grundsätzlich obliegen dem Insolvenzverwalter bei Führung eines Prozesses keine insolvenzspezifischen Pflichten gegenüber dem Prozessgegner. Die Insolvenzordnung begründet keine Verpflichtung des Verwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Prozesses die Interessen des Prozessgegners an einer eventuellen Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Kläger, sondern Beklagter eines Zivilprozesses ist (vgl. BGHZ 161, 236).

38

Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um den Anspruch eines Aussonderungsberechtigten, dessen Aussonderungsrecht der Beklagte durch die Nichterfüllung des Herausgabeanspruches endgültig vereitelt hatte. Die insolvenzspezifischen Pflichten des Verwalters einem solchen Gläubiger gegenüber enden nicht mit dem Unmöglichwerden der Herausgabe, sondern setzen sich hinsichtlich etwaiger Sekundäransprüche - hier: des Anspruchs auf Ersatzaussonderung gem. § 48 S. 2 InsO - fort. Ebenso, wie der Insolvenzverwalter das Recht eines aussonderungsberechtigten Gläubigers zu respektieren hat, hat er dessen Anspruch auf Ersatzaussonderung zu erfüllen. Unterlässt er dies, haftet er ebenso aus § 60 InsO wie er für die Verletzung von Aussonderungsrechten einzustehen hätte. Diese Haftung umfasst auch die Kosten eines Prozesses, den der Gläubiger auf Grund eines in dieser Hinsicht pflichtwidrigen Verhaltens des Verwalters führen muss und die er wegen der Masseunzulänglichkeit nicht erstattet erhält (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.05 - IX ZR 115/01, ZIP 2006, 194 = NJW-RR 2006, 694).

39

Der Beklagte musste jedenfalls aufgrund der Erklärung des Notars H. vom 18.01.2005 (Anlage K 4) erkennen, dass er sich auf einen aussichtslosen Prozess einlässt. Dieser Einschätzung steht nicht entgegen, dass das OLG Rostock dem Beklagten mit Beschluss vom 31.01.2007 Prozesskostenhilfe mit der Begründung gewährt hat, dass die Kammer dem Kläger erst nach durchgeführter Beweisaufnahme einen Anspruch auf Ersatzaussonderung zuerkannt hat. Das OLG Rostock hat in diesem PKH-Beschluss nicht beachtet, dass die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten auch schon vor Vernehmung des Notars H. aussichtslos war. Bei der im PKH-Verfahren gebotenen Beweisantizipierung lag auf der Hand, dass das maßgebliche Original des Notarvertrages vom 29.09.2003 als Anlage einen mitbeurkundeten Tierkaufvertrag mit Eigentumsvorbehalt enthielt. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Notars H. wurde indes dadurch erforderlich, dass das Gericht selbst aussichtslos erscheinende Beweise zu erheben hat, wenn denn nur die Rechtsverteidigung des Beklagten formal erheblich ist; eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung darf nur im PKH-Verfahren erfolgen, nicht im Prozess. Die am 10.01.2005 angezeigte Masseunzulänglichkeit stand dem Anspruch des Klägers auf Ersatzaussonderung nicht entgegen, da der niedrigste Tagessaldo des entsprechenden Bankkontos des Beklagten nicht unter den aus den Tierverkäufen eingenommenen Betrag fiel und sich der Erlös aus den Tierverkäufen damit noch unterscheidbar in der Masse befand (vgl. BGHZ 141, 116).

40

3. Der Zinsanspruch des Klägers bezüglich des Schadensersatzanspruches von 1.295,18 € wegen der Veräußerung von 15 Zuchtsauen ergibt sich aus §§ 290, 288 BGB. Der Beklagte befand sich mit der Herausgabe der letzten 15 Zuchtsauen in Verzug, wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe hat er Wertersatz zu leisten.

41

Der Zinsanspruch des Klägers bezüglich der zu erstattenden Prozesskosten von 2.012,60 € ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. Über diese Rechtshängigkeitszinsen hinausgehende Verzugszinsen sind nicht berechtigt, da der Beklagte persönlich mit der Zahlung der Prozesskosten nicht in Verzug gesetzt (gemahnt) wurde.

II.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

III.

43

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar beruht auf § 709 ZPO.

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(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

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(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Ist ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach der Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden, so kann der Aussonderungsberechtigte die Abtretung des Rechts auf die Gegenleistung verlangen, soweit diese noch aussteht. Er kann die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit sie in der Masse unterscheidbar vorhanden ist.

(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 115/01
Verkündet am:
1. Dezember 2005
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KO § 82 (InsO § 60)

a) Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter persönlich wegen Verletzung
konkursspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch
gegen die Masse nicht subsidiär.

b) Der Verwalter kann persönlich für die später nicht beitreibbaren Kosten eines
Schadensersatzprozesses einzustehen haben, den ein Gläubiger wegen Nichterfüllung
eines Aussonderungsrechtes gegen die Masse geführt hat.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. März 2001 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von weiteren 14.391,70 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der H. GmbH, die vom Kläger Stahlbleche zur Absicherung von Baugruben gemietet hatte. Am 26. Oktober 1995 wurde er als Konkursverwalter verurteilt, die gemieteten Stahlbleche an den Kläger herauszugeben sowie rückständigen Mietzins in Höhe von 51.429,73 DM zu zahlen (LG Hildesheim 10 O 138/94). Mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 1995 setzte der Kläger ihm eine Frist zur Herausgabe des Stahls und kündigte an, nach Ablauf der Frist gemäß § 283 BGB a.F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Der Beklagte gab den Stahl nicht heraus. Am 26. November 1998 wurde er - ebenfalls in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter - zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 53.946,98 DM sowie weiteren Mietzinses in Höhe von 95.931,85 DM verurteilt (LG Hildesheim 25 O 179/97). Am 4. Dezember 1998 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an.
2
Mit seiner am 17. Januar 2000 beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Beklagten persönlich auf Schadensersatz in Höhe von 149.778,83 DM nebst Zinsen wegen des nicht herausgegebenen Stahls und des nicht gezahlten Mietzinses in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage wegen des nicht herausgegebenen Stahls zur Zahlung von 53.946,98 DM nebst Zinsen verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat hilfsweise zum Anspruch auf Schadensersatz wegen des Mietzinses Erstattung der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 in Höhe von 14.391,70 DM verlangt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat es den Schadensersatzanspruch des Klägers hinsichtlich des Stahls wegen Mitverschuldens um die Hälfte gekürzt.
3
Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils sowie - entsprechend dem bisherigen Hilfsantrag - die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz der Prozesskosten. Der Beklagte, der unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben hat, beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat teilweise - nämlich hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 - Erfolg. Insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Weitergehende Ansprüche des Klägers sind verjährt.

I.


5
Berufungsgericht Das hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 82 KO für gegeben erachtet. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden von 50 %, weil er sich geweigert habe, dem Beklagten die Herausgabe des Stahls durch dessen Sichtung und Markierung zu ermöglichen, obgleich ihm dies ohne größeren Aufwand möglich und daher zumutbar gewesen sei. Die für Ansprüche aus § 82 KO analog geltende Verjährungsfrist des § 852 BGB a.F. sei bei Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen. Kenntnis von Schaden und Schädiger habe der Kläger erst mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 4. Dezember 1998 erlangt. Bis dahin habe nur die Gefahr eines Schadenseintritts bestanden, weil an die Stelle des Herausgabeanspruchs der Zahlungsanspruch gegen die Masse getreten sei. Soweit der Kläger die Klage hilfsweise auf die nicht erstatteten Prozesskosten stütze, fehle es an einer Pflichtverletzung des Beklagten; denn dessen Rechtsverteidigung sei nicht aussichtslos gewesen, und der Kläger habe nicht vorgetragen, dass der Beklagte im Verlauf des Prozesses die Masseunzulänglichkeit habe erkennen können.

II.


6
Das angefochtene Urteil hat im Ergebnis Bestand, soweit der Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl abgewiesen worden ist. Denn dieser Anspruch ist verjährt.
7
1. Grundlage des Anspruchs des Klägers ist § 82 KO. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter allen Beteiligten für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten verantwortlich. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, die fraglichen Stahlträger und Stahlplatten bis zum Ablauf der Nachfrist nicht herausgegeben und damit sein Aussonderungsrecht (§ 43 KO) vereitelt zu haben.
8
a) Die Pflicht zur Erfüllung der Ansprüche aussonderungsberechtigter Gläubiger trifft den Verwalter als solchen (BGHZ 100, 346, 350; BGH, Urt. v. 5. März 1998 - IX ZR 265/97, ZIP 1998, 655, 658). Der Verwalter ist verpflichtet, Aussonderungsrechte zu beachten und an der Herausgabe der auszusondernden Gegenstände mitzuwirken (Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 60 Rn. 15). Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten haftet er aus § 82 KO (BGH, Urt. v. 5. März 1998, aaO).
9
Dass b) der Beklagte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet war, steht aufgrund des Urteils des Landgerichts Hildesheim vom 26. Oktober 1995 (10 O 138/94) rechtskräftig fest. Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich zwar nicht uneingeschränkt auf den Beklagten persönlich. Im Rahmen des Anspruchs aus § 82 KO kommt ihm jedoch Tatbestandswirkung zu. Der Beklagte war als Konkursverwalter verpflichtet , Leistungen zu erbringen, zu denen ein Gericht ihn rechtskräftig verurteilt hatte.

10
2. Die Verjährung eines Anspruchs aus § 82 KO richtet sich nach § 852 BGB a.F. in entsprechender Anwendung (BGHZ 93, 278, 280 f; 126, 138, 144; BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01, WM 2005, 1421, 1422). Sie beträgt drei Jahre und beginnt mit der Kenntnis von Schaden und Schädiger, das heißt derjenigen Umstände, die eine Ersatzpflicht begründen. Maßgeblich ist die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht deren zutreffende rechtliche Würdigung (BGHZ 138, 247, 252; BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01, aaO).
11
3. Im vorliegenden Fall begann die Verjährung des Anspruchs aus § 82 KO wegen Nichtherausgabe der Stahlträger und Stahlplatten mit dem Ablauf der gemäß § 283 BGB a.F. gesetzten Nachfrist, also am 1. Februar 1996.
12
a) Am 1. Februar 1996 war die zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzte Frist ergebnislos verstrichen. Der Beklagte hatte die streitigen Stahlträger und Stahlplatten nicht herausgegeben. Rechtsfolge des fruchtlosen Ablaufs einer nach § 283 BGB a.F. gesetzten Frist ist das Erlöschen des Erfüllungsanspruchs des Gläubigers (§ 283 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a.F.), hier also des Herausgabeanspruchs. Der Verlust des Herausgabeanspruchs stellt bereits einen Schaden im Rechtssinne dar, nicht, wie das Berufungsgericht meint, nur eine Vermögensgefährdung. Der Kläger hat eine Rechtsposition, die er bis zum Ablauf der Nachfrist innehatte, endgültig eingebüßt. Der Anspruch aus § 283 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB a.F. setzt voraus, dass ein Schaden entstanden ist, der nunmehr ausgeglichen werden muss; er kann nicht dazu führen, das Vorhandensein eines Schadens zu verneinen.
13
b) Der Schaden war damit auch im Sinne des § 82 KO eingetreten, nicht nur im Rahmen des § 283 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.
14
aa) Entgegen der Ansicht des Klägers war eine gesonderte Fristsetzung gegenüber dem Beklagten persönlich nicht erforderlich. Der Beklagte war nur in seiner Eigenschaft als Verwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet. Persönlich traf ihn keine entsprechende Verpflichtung. Er haftet (nur) auf Schadensersatz , wenn und soweit er ihm gegenüber den Verfahrensbeteiligten obliegende Verwalterpflichten nicht erfüllt und diesen dadurch Schaden zugefügt hat.
15
bb) Nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts wird ein Schadensersatzanspruch regelmäßig nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschädigte sich wegen des entstandenen Vermögensnachteils auch an einen Dritten halten kann (BGHZ 120, 261, 268; BGH, Urt. v. 24. Januar 1997 - V ZR 294/95, WM 1997, 1062, 1063; v. 26. Juni 1997 - IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946, 2948; v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Das folgt schon aus § 255 BGB. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Geschädigte auch dann vollen Schadensersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht. Haften die in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen als Gesamtschuldner, kann der Gläubiger gemäß § 421 BGB nach seinem Belieben die Leistung ganz oder zu einem Teil von jedem der Schuldner fordern, ohne dass diese auf den jeweils anderen verweisen könnten.
16
c) Der Kläger war schließlich auch nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, zunächst den Anspruch gegen die Masse durchzusetzen oder dies zumindest zu versuchen. Der Anspruch aus § 82 KO gegen den Verwalter persönlich steht gleichrangig neben einem Anspruch aus anderem Rechtsgrund gegen die Mas- se (RGZ 144, 179, 182; BGH, Urt. v. 3. Juni 1958 - VIII ZR 326/56, LM § 82 KO Nr. 1; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 82 KO Anm. 1d; Hanisch, Rechtszuständigkeit der Konkursmasse, S. 138 f; Lüke, Die persönliche Haftung des Konkursverwalters, S. 192 ff., K. Schmidt, KTS 1976, 191, 206; vgl. auch MünchKomm-InsO/Brandes, §§ 60, 61 Rn. 112; Braun, InsO 2. Aufl. § 60 Rn. 28; Smid, InsO 2. Aufl. § 60 Rn. 28; Nerlich/Römermann/Abeltshauser, InsO § 60 Rn. 52; aA Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 82 Rn. 2c, 14; Johlke WuB VI B § 82 KO 1.88). Eine Primärhaftung der Masse, die Ansprüche gegen den Verwalter persönlich zunächst ausschließt, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Sie folgt auch nicht (entgegen Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 82 Rn. 2c) aus einer entsprechenden Anwendung der Zurechnungsnorm des § 31 BGB, die es ermöglichen soll, die Masse für die Verletzung vertraglicher oder deliktischer Pflichten durch den Verwalter haften zu lassen. Haften sowohl der Verwalter persönlich als auch die Masse, folgt daraus kein Vorrang des einen oder des anderen Anspruchs. Vom 1. Februar 1996 an hätte der Kläger den Beklagten also sowohl persönlich als auch in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Anspruch nehmen können.
17
d) Der Kläger kannte alle tatsächlichen Umstände, die einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten persönlich begründeten. Das gilt insbesondere für die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung und den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist. Ob er wusste, dass neben dem Anspruch gegen die Masse ein Anspruch gegen den Beklagten persönlich bestand, der innerhalb von drei Jahren verjährte, ist für den Beginn der Verjährungsfrist nicht von Bedeutung. Bei Eingang der Klage am 17. Januar 2000 war die Frist des § 852 BGB von drei Jahren längst verstrichen; der Anspruch aus § 82 KO war verjährt.

III.


18
Nicht bestehen bleiben kann das Urteil, soweit es den hilfsweise geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Schadensersatz hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses 25 O 179/97 aberkannt hat.
19
1. Grundlage dieses Anspruchs ist ebenfalls § 82 KO. Der Schadensersatzprozess gegen die Masse wurde deshalb erforderlich, weil der Beklagte als Konkursverwalter den titulierten Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Stahlträger und Stahlplatten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Dadurch, dass der Beklagte den nach § 283 BGB a.F. entstandenen Schadensersatzanspruch nicht unverzüglich erfüllt hat, sondern es auf einen weiteren Prozess gegen die Masse hat ankommen lassen, hat er erneut gegen konkursspezifische Pflichten gegenüber dem Kläger als Aussonderungsberechtigten verstoßen.
20
a) Grundsätzlich obliegen dem Konkursverwalter bei Führung eines Prozesses keine konkursspezifischen Pflichten gegenüber dem Prozessgegner. Die Konkursordnung begründet keine Verpflichtung des Verwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Prozesses die Interessen des Prozessgegners an einer eventuellen Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen (BGHZ 148, 175, 179; BGH, Urt. v. 2. Dezember 2004 - IX ZR 142/03, WM 2005, 180, 181, z.V.b. in BGHZ 161, 236). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Kläger, sondern Beklagter eines Zivilprozesses ist.
21
b) Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um den Anspruch eines Aussonderungsberechtigten, dessen Aussonderungsrecht der Beklagte durch die Nichterfüllung des Herausgabeanspruchs innerhalb der gemäß § 283 BGB a.F. gesetzten Nachfrist endgültig vereitelt hatte. Die konkursspezifischen Pflichten des Verwalters einem solchen Gläubiger gegenüber enden nicht mit dem Unmöglichwerden der Herausgabe, sondern setzen sich hinsichtlich etwaiger Sekundäransprüche - hier: des Anspruchs aus § 283 BGB a.F. - fort. Andernfalls würde der Verwalter Vorteile aus seinem vorangegangenen pflichtwidrigen Verhalten ziehen. Ebenso, wie er das Recht eines aussonderungsberechtigten Gläubigers zu respektieren hat, hat er dessen berechtigte Schadensersatzansprüche zu erfüllen. Unterlässt er dies, haftet er ebenso aus § 82 KO, wie er für die Verletzung von Aussonderungsrechten einzustehen hätte. Diese Haftung kann auch die Kosten eines Prozesses umfassen, den der Gläubiger aufgrund eines in dieser Hinsicht pflichtwidrigen Verhaltens des Verwalters führen muss und die er wegen der später eingetretenen Unzulänglichkeit der Masse nicht erstattet erhält.
22
2. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt einer eigenen Verjährung.
23
a) Hat eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung mehrere Schadensfolgen ausgelöst, beginnt nach dem Grundsatz der Schadenseinheit (BGHZ 33, 112, 116; 67, 372, 373; BGH, Urt. v. 3. Juni 1997 - VI ZR 71/96, BGHR § 852 Abs. 1 Folgeschäden 1; Urt. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 114/01, WM 2005, 1421, 1422) die Verjährungsfrist bereits, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist. Das gilt auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende Folgen, die überhaupt als möglich vorhersehbar sind. Haben sich hingegen mehrere selbstständige Handlungen des Schädigers ausgewirkt, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig mit den jeweils dadurch verursachten Schäden gesondert zu laufen (BGHZ 71, 86, 94; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650; v. 12. Februar 1998 - IX ZR 190/97, WM 1998, 786, 788; v. 14. Juli 2005 - IX ZR 284/01, WM 2005, 2106, 2107).

24
b) Die Pflicht, berechtigte Schadensersatzansprüche eines zuvor aussonderungsberechtigten Gläubigers zu erfüllen, schließt an die Pflicht zur Wahrung des Aussonderungsrechts an. Sie umfasst in der Regel jedoch die erneute Prüfung des Rechts des Gläubigers und des Schadensumfangs. Fehler führen zu neuen, selbstständigen Schadensersatzansprüchen, die selbstständig verjähren.
25
c) Der durch die Nichterfüllung des Schadensersatzanspruchs verursachte Kostenschaden ist mit Zustellung der am 21. Oktober 1997 bei Gericht eingegangen Klage im Verfahren LG Hildesheim 25 O 179/97 eingetreten. Ein Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten entsteht - aufschiebend bedingt - bereits mit der Zustellung der Klage (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1974 - V ZR 86/73, WM 1975, 97, 98; v. 5. Juli 1988 - IX ZR 7/88, ZIP 1988, 1068; v. 25. Mai 1992 - V ZR 108/91, NJW 1992, 2575; Beschl. v. 17. März 2005 - IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817, 818). Frühestens damit begann auch die Verjährungsfrist. Diese Frist ist rechtzeitig vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 852 BGB a.F. unterbrochen worden (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.). Der Kläger hat die Klage erstmals im Schriftsatz vom 27. Juni 2000 auch auf die Kosten des Vorprozesses gestützt. Dieser Schriftsatz, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangen ist, ist - zu Recht - nicht förmlich zugestellt worden. Rechtshängig wurde der Anspruch mit Zustellung der Berufungsbegründung am 4. Oktober 2000, die am 29. September 2000 - damit rechtzeitig - bei Gericht eingegangen ist.

IV.


26
1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz des Wertes des nicht herausgegebenen Stahls sind weitergehende Feststellungen nicht erforderlich (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Es bleibt bei dem klagabweisenden Urteil des Berufungsgerichts.
27
2. Ob die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erstattung der anteiligen Kosten des Vorprozesses erfüllt sind, lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem bisherigen Vorbringen der Parteien nicht entnehmen. Der Beklagte war auch im Hinblick auf die übrigen Verfahrensbeteiligten nur verpflichtet, berechtigte Ansprüche des Klägers zu erfüllen, die aus der unterlassenen Herausgabe des im Eigentum des Klägers stehenden Stahls entstanden waren. Ob und in welcher Höhe der Kläger den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert hatte, bevor er die Klage einreichte, ergibt sich aus den Akten nicht. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das - nachdem es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat - die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben wird (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
28
3. Für die weitere Verhandlung der Sache weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:
29
a) Der Anspruch wird gegebenenfalls nicht die gesamten Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 umfassen, sondern nur denjenigen Teil, der auf den Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl entfällt. Der Kläger hatte in jenem Prozess nicht nur Schadensersatz verlangt , sondern auch weiteren Mietzins. Insoweit gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze. Den Verwalter treffen keine konkursspezifischen Pflichten hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs des Prozessgegners (vgl. BGHZ 148, 175, 179; BGH, Urt. v. 2. Dezember 2004, aaO).
30
b) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers wird nicht wegen eines Mitverschuldens (§ 254 BGB a.F.) zu kürzen sein.
31
aa) Die Vorschrift des § 254 BGB enthält eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben. Sie beruht auf der Überlegung , dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGHZ 135, 235, 240; BGH, Urt. v. 22. September 1981 - VI ZR 144/79, NJW 1982, 168).
32
bb) Die Identifizierung des Stahls wäre für den Kläger mit beträchtlichem Aufwand verbunden gewesen. Der Stahl befand sich weder an der früheren Baustelle in Bremerhaven noch auf dem Betriebsgelände der Gemeinschuldnerin , sondern bei der He. GmbH in Lehrte; der Kläger betreibt seinen Stahlhandel jedoch in Dortmund. Vor allem aber lässt sich weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Vorbringen des Beklagten entnehmen, dass die Mitwirkung des Klägers unbedingt erforderlich war. Die Stahlträger und Bleche sind zwar im Prozess des Beklagten gegen die He. GmbH einerseits, im Prozess des Klägers gegen den Beklagten andererseits unterschiedlich beschrieben worden; auch die jeweils angegebenen Maße stimmen nicht überein. Der Geschäftsführer He. der He. GmbH, welche die Stahlträger ausge- baut hat, war jedoch zugleich der frühere Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin , welche die Stahlträger zuvor eingebaut hatte. Der Gemeinschuldner ist grundsätzlich verpflichtet, an der Verwaltung und Verwertung des zur Masse gehörenden Vermögens mitzuwirken (Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 117 Rn. 13a ff). Die Erfüllung dieser Pflicht hätte der Beklagte erforderlichenfalls gemäß § 101 Abs. 2 KO erzwingen können. Seinem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass er - nachdem er den Titel gegen die He. GmbH erwirkt hatte - überhaupt irgendetwas unternommen hat, um die He. GmbH zur Herausgabe des Stahls zu veranlassen.
33
cc) Die Vorschrift des § 254 Abs. 1 BGB a.F. setzt überdies voraus, dass sich das Verschulden des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens ausgewirkt hat. Ein Unterlassen ist dann für einen Erfolg kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte (BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 - IX ZR 3/01, WM 2002, 2325, 2326). Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 254 BGB - damit auch für die Kausalität des beanstandeten Verhaltens des Geschädigten für den eingetretenen Schaden - ist der Schädiger (BGH, Urt. v. 29. September 1998 - VI ZR 296/97, NJW 1998, 3706, 3707). Jeglicher Vortrag des Beklagten dazu fehlt.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 14.07.2000 - 13 O 216/00 -
OLG Celle, Entscheidung vom 13.03.2001 - 16 U 187/00 -

Ist der Schuldner zum Ersatz des Wertes eines Gegenstands verpflichtet, der während des Verzugs untergegangen ist oder aus einem während des Verzugs eingetretenen Grund nicht herausgegeben werden kann, so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersatz der Minderung des Wertes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstands verpflichtet ist.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.