Landgericht Ravensburg Urteil, 12. Okt. 2006 - 1 S 10/06

bei uns veröffentlicht am12.10.2006

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 20. Februar 2006 - Az. 1 C 319/04 - werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten der Berufung und der Anschlussberufung tragen:

die Klägerin 73 %,

die Beklagte 27 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufungsinstanz: 4.800,00 EUR

Tatbestand

 
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 20. Februar 2006 des Amtsgerichts Bad Saulgau - 1 C 319/04 - Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, das Amtsgericht habe die Kausalität aufgrund der vorliegenden Gutachten unzutreffend bewertet. Das Gericht habe seine Überzeugung hauptsächlich auf die „glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Geschädigten“ gestützt. Demgegenüber habe der Kfz-Sachverständige U. dargelegt, dass der Unfall weit unter der Harmlosigkeitsgrenze von 10 km/h gelegen habe, bei einer Differenzgeschwindigkeit von 2-4 km/h, der das Fahrzeug der Klägerin ausgesetzt gewesen sei. Das medizinische Sachverständigengutachten Prof. Dr. M. habe sich auf Allgemeinplätze beschränkt. Weiter habe der Sachverständige Dr. K. in dem unfallchirurgischen Fachgutachten lediglich nicht ausgeschlossen, dass die von der Klägerin geltend gemachten Verletzungen auf den Unfall zurückzuführen seien. Schließlich sei der Haushaltsführungsschaden unzutreffend bewertet, nachdem die Beklagte lediglich nicht mehr in der Lage gewesen sei, Gartenarbeiten durchzuführen.
Demzufolge beantragt die Beklagte, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt und beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
1. die Beklagte zu einem weiteren Schmerzensgeld von mindestens zusätzlich 1.750,00 EUR nebst Zinsen zu verurteilen;
2. die Beklagte zusätzlich zu einem weiteren Betrag in Höhe von 1.758,06 EUR nebst Zinsen zu verurteilen.
Zur Begründung der Anschlussberufung führt die Klägerin aus, das Amtsgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt, dass die Beklagte sich seit „Jahr und Tag vehement gegen eine Regulierung irgendwelcher Ansprüche gewendet habe“. Darüber hinaus habe das Amtsgericht außer Betracht gelassen, dass sich die Beschränkungen der Klägerin über die Weihnachtstage und Neujahr hinweg gezogen hätten. Deshalb sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR angemessen.
Bezüglich des Haushaltsführungsschadens verbleibe es bei der erstinstanzlichen Berechnung. Demzufolge sei ein weiterer Haushaltsführungsschaden in der mit der Anschlussberufung begehrten Höhe gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe

 
II.
10 
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Feststellungen des Amtsgerichts sind nicht zweifelhaft im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; auch Rechtsfehler liegen nicht vor.
11 
A: Zur Berufung der Beklagten:
12 
Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht bejaht, dass der Klägerin der ihr nach § 286 ZPO obliegende Nachweis gelungen ist, durch das streitgegenständliche Unfallereignis vom 15.09.2003 eine leichte Distorsionsschädigung der HWS erlitten zu haben. Das Amtsgericht hat ihr deshalb mit zutreffenden Gründen ein Schmerzensgeld sowie einen Haushaltsführungsschaden zugesprochen.
13 
Im Einzelnen:
14 
1. Nachdem streitig ist, ob die Klägerin bei dem Unfall eine HWS-Verletzung erlitten hat, hat sie für diese Primärverletzung im Sinne von § 823 BGB, § 7 StVG den Vollbeweis gemäß § 286 ZPO zu führen. Ein Anscheinsbeweis kann allenfalls bei einer erheblichen Kollision mit signifikanten Geschwindigkeitsänderungen angenommen werden, die hier unstreitig nicht vorliegt.
15 
Für die tatrichterliche Überzeugung ist damit ein für das praktische Leben erhobener Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, erforderlich (§ 286 ZPO). Die vom Amtsgericht insoweit vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Mit der durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich der erforderliche Grad von Gewissheit für die tatrichterliche Überzeugungsbildung gewinnen. Die Beweiswürdigung des Amtsgericht hält den gegen sie gerichteten Angriffen der Berufung der Beklagten Stand.
16 
2. Entgegen der Meinung der Beklagten kann eine physische Beeinträchtigung der Klägerin durch das Unfallereignis nicht nur deshalb ausgeschlossen werden, weil lediglich eine Streifkollision mit geringer Geschwindigkeitsänderung vorgelegen hat (vgl. hierzu auch OLG Koblenz NJW-RR 2004, 1318). So handelt ein erstinstanzliches Gericht verfahrensfehlerhaft, wenn es allein aufgrund eines technischen Sachverständigengutachten wegen Unterschreitens einer sog. Harmlosigkeitsgrenze die behaupteten Verletzungen ausschließt (KG NZW 2006, 145; OLG Celle NJOZ 2004, 724).
17 
Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich der Ansicht eine Absage erteilt, wonach es bei Verletzungen im Halswirbelsäulenbereich eine sog. „Harmlosigkeitsgrenze“ gebe, die eine Bejahung der Unfallursächlichkeit generell ausschließe. Vielmehr ist nach höchstrichterlicher Auffassung die Frage der Unfallursächlichkeit einer Halswirbelsäulenverletzung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BGH vom 28.01.2003 - VI ZR 139/02, NZV 2003, 167 = NJW 2003, 1116; siehe auch OLG Stuttgart vom 05.10.2004 BeckRS 2004 Nr. 09551; OLG Koblenz vom 27.09.2004 BeckRS 2005 Nr. 05331 jeweils m.w.N.).
18 
3. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen, der Atteste des Hausarztes Dr. Z. vom 25.09.2003 und vom 14.01.2005 über die hausärztliche Behandlung, des Untersuchungsberichts des Kreiskrankenhauses Bad Saulgau vom 22.09.2003, der medizinischen Sachverständigenstellungnahme Prof. Dr. M. vom 01.08.2005 sowie des unfallchirurgischen Zusatzgutachtens Dr. K. vom 13.07.2005 steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin entsprechend ihrem streitigen Vorbringen bei dem Unfallereignis eine leichte Distorsionsschädigung der HWS davongetragen hat.
19 
Der Beweiswert dieser Unterlagen darf - entgegen der Meinung der Beklagten - nicht mit dem Hinweis darauf relativiert werden, die festgestellte kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des klägerischen Fahrzeugs sei nicht geeignet, eine nennenswerte Verletzungsgefährdung im Hinblick auf eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Zudem dürfen die bei den Erstuntersuchungen der Klägerin erhobenen medizinischen Befunde nicht einfach als nicht objektivierbare Angaben marginalisiert werden. Der Klägerin kann nicht unterstellt werden, sie habe ihre angegebenen Beschwerden simuliert und die vorgelegten medizinischen Unterlagen beschränken sich auf das, was sie gegenüber den untersuchenden Ärzten - fälschlich - als Beschwerdesymptomatik angegeben habe (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf vom 29.08.2005 BeckRS 2006 Nr. 02128; OLG Stuttgart a.a.O.).
20 
a) Nach dem ärztlichen Attest von Dr. E. Z. vom 25.09.2003 hat sich die Klägerin bei dem Unfall vom 15.09.2003 folgende Verletzungen zugezogen:
21 
„HWS-Distorsion, Prellung Schulter rechts, Prellung Kniegelenk mit Hämatom“.
22 
In seinem ärztlichen Attest vom 14.01.2005 führte Dr. Z. ergänzend aus, die Klägerin habe sich vom 15.09.-19.12.2003 aufgrund ihrer unfallbedingten Verletzungen in seiner hausärztlichen Behandlung befunden. Die Ausheilung habe sich aufgrund der Schmerzen im Nacken problematisch gestaltet. Es sei eine intensive physiotherapeutische Behandlung erforderlich gewesen unter begleitender Schmerzmedikation. Im Behandlungszeitraum sei sie insgesamt 7x vorstellig geworden.
23 
b) Von ihrem Hausarzt Herrn Dr. Z. ist die Klägerin am Freitag, den 19.09.2003 ins Kreiskrankenhaus Bad Saulgau überwiesen worden. Dort wurden folgende Befunde erhoben:
24 
„Muskelhartspann im Nacken-/Schulterbereich beidseits, endgradig eingeschränkte Beweglichkeit in der Halswirbelsäule, Druckschmerz, Kopfschmerz über BWS“.
25 
Als Diagnose wurde eine HWS-Distorsion festgehalten und eine medikamentöse Therapie sowie eine KG- und Physiotherapie empfohlen.
26 
c) Der Sachverständige Prof. Dr. M. führt in seinem Gutachten aus, dass sich harte Grenzwerte, wonach HWS-Beschwerden unterhalb eines bestimmten Delta V-Bereichs ausgeschlossen werden könnten, nicht festlegen lassen. Für die Kausalität des Unfalls und der nachher beklagten Beschwerden spreche die typische Symptomatik, der relativ enge zeitliche Zusammenhang zwischen Unfall und dem Auftreten der Beschwerden unter fehlenden konkreten Hinweisen auf Simulation oder Aggravation.
27 
d) In dem unfallchirurgischen Zusatzgutachten Dr. K. wird zusammenfassend ausgeführt, es handele sich um eine typische Beschwerdesymptomatik in einem grenzwertigen zeitlichen Zusammenhang zu einer PKW-Kollision. Es handele sich somit um die Beschreibung eines harmlosen Krankheitsbildes, ohne dass Aggravationstendenzen oder das Vortäuschen chronischer Beschwerden vorlägen. Die Beschwerden der Klägerin stünden im Einklang mit dem klinischen Befund. Psychische Faktoren seien aufgrund der kurzen Dauer der Beschwerdeschilderung unwahrscheinlich. Somit handele es sich hier um Unfallfolgen, die auf das Ereignis vom 15.09.2003 zurückzuführen seien.
28 
e) Nicht gefolgt werden kann dem Einwand der Beklagten, insbesondere aufgrund der informatorischen Anhörung der Klägerin in der Berufungsinstanz spreche der zeitliche Zusammenhang gegen eine Unfallursächlichkeit.
29 
Zwar kann eine lange Latenzzeit bis zum Auftreten von Schmerzen als Indiz gegen die Unfallursächlichkeit herangezogen werden. Die Klägerin hat bei ihrer informatorischen Anhörung vor der Kammer auch angegeben, sie habe am Mittwoch, d.h. 2 Tage nach dem Unfall gemerkt, dass mit ihrem Nacken etwas nicht in Ordnung sei. Sie habe auch Schmerzen verspürt. Am Donnerstag Morgen habe sie dann gemerkt, dass sie die rechte Hand nicht mehr so richtig bewegen könne. Sie habe daraufhin ihren Hausarzt aufgesucht, der sie dann ins Krankenhaus überwiesen habe.
30 
Diese Angaben sind freilich ergänzend zu konkretisieren um ihre Darlegungen gegenüber dem Sachverständigen Dr. K., die sie wesentlich zeitnaher zum Unfallereignis abgegeben hat. Danach hatte sie bereits 1 Tag nach dem Unfall Schmerzen im Bereich der HWS, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenks verspürt. Im Bereich der HWS habe auch eine Bewegungseinschränkung bestanden. Daraufhin sei sie erneut am 17.09.2003 bei ihrem Hausarzt, d.h. bereits am Mittwoch vorstellig geworden. Dieser habe ihr dann Schmerzmittel verabreicht. Diese Angaben stehen auch im Einklang mit der bereits erwähnten ärztlichen Bescheinigung des Hausarztes Dr. Z. vom 17.09.2003. Erst im weiteren Verlauf sei dann Kraftverlust und eine Gefühlsstörung im Bereich der rechten Hand aufgetreten. Dies habe zu einem erneuten Besuch bei Dr. Z. geführt, der sie ins Krankenhaus Bad Saulgau überwiesen habe. Dies war am 19.09.2003 und steht im Einklang mit dem Bericht des Kreiskrankenhauses Bad Saulgau vom 22.09.2003.
31 
Nach allem ist somit mit den Darlegungen des Sachverständigen Dr. K. davon auszugehen, dass die Latenz zwar grenzwertig lang gewesen sei, jedoch noch im Rahmen des Möglichen liege.
32 
f) Schließlich greift der Einwand der Beklagten nicht durch, die erkennenden Gerichte seien gehalten gewesen ein Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin beizuziehen. Ungeachtet der Bewertung als Ausforschungsbeweis hat sowohl der behandelnde Hausarzt, wie auch der Sachverständige Dr. K. keine Hinweise auf Vorerkrankungen gegeben.
33 
4. Aufgrund des Beschwerdebildes und der Behandlungsdauer hat das Amtsgericht auch in der Höhe zu Recht ein angemessenes Schmerzensgeld von 750,00 EUR zugesprochen.
34 
5. Die Klägerin kann auch einen Haushaltsführungsschaden geltend machen, der freilich konkret unter Berücksichtigung von § 287 ZPO nach richterlichem Ermessen zu bemessen ist und nicht abstrakt nach Minderungsquoten.
35 
So hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz erneut glaubhaft dargelegt, dass sie konkret beeinträchtigt war bei „Großeinkäufen“ im Supermarkt sowie bei den im Herbst anfallenden Gartenarbeiten.
36 
Das Gericht geht insoweit nach den glaubhaften Darlegungen der Klägerin davon aus, dass sie in den ersten 8 Wochen behindert war „Großeinkäufe“ im Supermarkt zu tätigen und hierfür jeweils 2 Stunden, somit insgesamt 16 Stunden in Ansatz zu bringen sind.
37 
Für den Zeitraum vom 15.09.2003 bis Anfang November 2003 war die Klägerin zudem nicht in der Lage Gartenarbeiten zu verrichten. Zwar hat die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung angegeben, sie sei beispielsweise derzeit bis 3 Stunden täglich im Garten. Dies würde für den genannten Zeitraum einen Stundenaufwand von ca. 100 Stunden bedeuten. Die Kammer bemisst im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO den Stundenaufwand pro Woche auf ca. 6 Stunden und somit auf eine Größenordnung von 42-45 Stunden im gesamten Zeitraum.
38 
Nach allem sind die vom Amtsgericht insgesamt in Ansatz gebrachten Stunden von 59,5 Stunden im Ergebnis angemessen.
39 
Das Amtsgericht hat weiterhin zu Recht einen Stundensatz von 8,00 EUR zugrunde gelegt (vgl. OLG Celle NJW-Spezial 2004, 355; OLG Hamm in JOZ 2001, 514, 517; OLG Köln vom 25.10.2005 - BeckRS 2005 Nr. 13344).
40 
C: Zu der Anschlussberufung der Klägerin:
41 
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich im Umkehrschluss die Unbegründetheit der Anschlussberufung der Klägerin.
42 
1. Wie vorstehend ausgeführt erscheint auch der Kammer ein Schmerzensgeld von 750,00 EUR angemessen und das von der Klägerin geltend gemachte Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR übersetzt. Insbesondere kann die Klägerin nicht damit gehört werden, die Beklagte habe die Begleichung des Schmerzensgeldes ungebührlich verzögert, gegenüber einem erkennbar begründeten Anspruch.
43 
2. Der von der Klägerin, über den vom Amtsgericht anerkannten Betrag hinaus, begehrte Haushaltsführungsschaden ist aus den zuvor genannten Erwägungen gleichfalls unbegründet.
III.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.
45 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
IV.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, nachdem Gründe hierfür gemäß § 543 ZPO nicht ersichtlich sind.

Gründe

 
II.
10 
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Feststellungen des Amtsgerichts sind nicht zweifelhaft im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; auch Rechtsfehler liegen nicht vor.
11 
A: Zur Berufung der Beklagten:
12 
Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht bejaht, dass der Klägerin der ihr nach § 286 ZPO obliegende Nachweis gelungen ist, durch das streitgegenständliche Unfallereignis vom 15.09.2003 eine leichte Distorsionsschädigung der HWS erlitten zu haben. Das Amtsgericht hat ihr deshalb mit zutreffenden Gründen ein Schmerzensgeld sowie einen Haushaltsführungsschaden zugesprochen.
13 
Im Einzelnen:
14 
1. Nachdem streitig ist, ob die Klägerin bei dem Unfall eine HWS-Verletzung erlitten hat, hat sie für diese Primärverletzung im Sinne von § 823 BGB, § 7 StVG den Vollbeweis gemäß § 286 ZPO zu führen. Ein Anscheinsbeweis kann allenfalls bei einer erheblichen Kollision mit signifikanten Geschwindigkeitsänderungen angenommen werden, die hier unstreitig nicht vorliegt.
15 
Für die tatrichterliche Überzeugung ist damit ein für das praktische Leben erhobener Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, erforderlich (§ 286 ZPO). Die vom Amtsgericht insoweit vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Mit der durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich der erforderliche Grad von Gewissheit für die tatrichterliche Überzeugungsbildung gewinnen. Die Beweiswürdigung des Amtsgericht hält den gegen sie gerichteten Angriffen der Berufung der Beklagten Stand.
16 
2. Entgegen der Meinung der Beklagten kann eine physische Beeinträchtigung der Klägerin durch das Unfallereignis nicht nur deshalb ausgeschlossen werden, weil lediglich eine Streifkollision mit geringer Geschwindigkeitsänderung vorgelegen hat (vgl. hierzu auch OLG Koblenz NJW-RR 2004, 1318). So handelt ein erstinstanzliches Gericht verfahrensfehlerhaft, wenn es allein aufgrund eines technischen Sachverständigengutachten wegen Unterschreitens einer sog. Harmlosigkeitsgrenze die behaupteten Verletzungen ausschließt (KG NZW 2006, 145; OLG Celle NJOZ 2004, 724).
17 
Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich der Ansicht eine Absage erteilt, wonach es bei Verletzungen im Halswirbelsäulenbereich eine sog. „Harmlosigkeitsgrenze“ gebe, die eine Bejahung der Unfallursächlichkeit generell ausschließe. Vielmehr ist nach höchstrichterlicher Auffassung die Frage der Unfallursächlichkeit einer Halswirbelsäulenverletzung anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BGH vom 28.01.2003 - VI ZR 139/02, NZV 2003, 167 = NJW 2003, 1116; siehe auch OLG Stuttgart vom 05.10.2004 BeckRS 2004 Nr. 09551; OLG Koblenz vom 27.09.2004 BeckRS 2005 Nr. 05331 jeweils m.w.N.).
18 
3. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen, der Atteste des Hausarztes Dr. Z. vom 25.09.2003 und vom 14.01.2005 über die hausärztliche Behandlung, des Untersuchungsberichts des Kreiskrankenhauses Bad Saulgau vom 22.09.2003, der medizinischen Sachverständigenstellungnahme Prof. Dr. M. vom 01.08.2005 sowie des unfallchirurgischen Zusatzgutachtens Dr. K. vom 13.07.2005 steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin entsprechend ihrem streitigen Vorbringen bei dem Unfallereignis eine leichte Distorsionsschädigung der HWS davongetragen hat.
19 
Der Beweiswert dieser Unterlagen darf - entgegen der Meinung der Beklagten - nicht mit dem Hinweis darauf relativiert werden, die festgestellte kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des klägerischen Fahrzeugs sei nicht geeignet, eine nennenswerte Verletzungsgefährdung im Hinblick auf eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Zudem dürfen die bei den Erstuntersuchungen der Klägerin erhobenen medizinischen Befunde nicht einfach als nicht objektivierbare Angaben marginalisiert werden. Der Klägerin kann nicht unterstellt werden, sie habe ihre angegebenen Beschwerden simuliert und die vorgelegten medizinischen Unterlagen beschränken sich auf das, was sie gegenüber den untersuchenden Ärzten - fälschlich - als Beschwerdesymptomatik angegeben habe (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf vom 29.08.2005 BeckRS 2006 Nr. 02128; OLG Stuttgart a.a.O.).
20 
a) Nach dem ärztlichen Attest von Dr. E. Z. vom 25.09.2003 hat sich die Klägerin bei dem Unfall vom 15.09.2003 folgende Verletzungen zugezogen:
21 
„HWS-Distorsion, Prellung Schulter rechts, Prellung Kniegelenk mit Hämatom“.
22 
In seinem ärztlichen Attest vom 14.01.2005 führte Dr. Z. ergänzend aus, die Klägerin habe sich vom 15.09.-19.12.2003 aufgrund ihrer unfallbedingten Verletzungen in seiner hausärztlichen Behandlung befunden. Die Ausheilung habe sich aufgrund der Schmerzen im Nacken problematisch gestaltet. Es sei eine intensive physiotherapeutische Behandlung erforderlich gewesen unter begleitender Schmerzmedikation. Im Behandlungszeitraum sei sie insgesamt 7x vorstellig geworden.
23 
b) Von ihrem Hausarzt Herrn Dr. Z. ist die Klägerin am Freitag, den 19.09.2003 ins Kreiskrankenhaus Bad Saulgau überwiesen worden. Dort wurden folgende Befunde erhoben:
24 
„Muskelhartspann im Nacken-/Schulterbereich beidseits, endgradig eingeschränkte Beweglichkeit in der Halswirbelsäule, Druckschmerz, Kopfschmerz über BWS“.
25 
Als Diagnose wurde eine HWS-Distorsion festgehalten und eine medikamentöse Therapie sowie eine KG- und Physiotherapie empfohlen.
26 
c) Der Sachverständige Prof. Dr. M. führt in seinem Gutachten aus, dass sich harte Grenzwerte, wonach HWS-Beschwerden unterhalb eines bestimmten Delta V-Bereichs ausgeschlossen werden könnten, nicht festlegen lassen. Für die Kausalität des Unfalls und der nachher beklagten Beschwerden spreche die typische Symptomatik, der relativ enge zeitliche Zusammenhang zwischen Unfall und dem Auftreten der Beschwerden unter fehlenden konkreten Hinweisen auf Simulation oder Aggravation.
27 
d) In dem unfallchirurgischen Zusatzgutachten Dr. K. wird zusammenfassend ausgeführt, es handele sich um eine typische Beschwerdesymptomatik in einem grenzwertigen zeitlichen Zusammenhang zu einer PKW-Kollision. Es handele sich somit um die Beschreibung eines harmlosen Krankheitsbildes, ohne dass Aggravationstendenzen oder das Vortäuschen chronischer Beschwerden vorlägen. Die Beschwerden der Klägerin stünden im Einklang mit dem klinischen Befund. Psychische Faktoren seien aufgrund der kurzen Dauer der Beschwerdeschilderung unwahrscheinlich. Somit handele es sich hier um Unfallfolgen, die auf das Ereignis vom 15.09.2003 zurückzuführen seien.
28 
e) Nicht gefolgt werden kann dem Einwand der Beklagten, insbesondere aufgrund der informatorischen Anhörung der Klägerin in der Berufungsinstanz spreche der zeitliche Zusammenhang gegen eine Unfallursächlichkeit.
29 
Zwar kann eine lange Latenzzeit bis zum Auftreten von Schmerzen als Indiz gegen die Unfallursächlichkeit herangezogen werden. Die Klägerin hat bei ihrer informatorischen Anhörung vor der Kammer auch angegeben, sie habe am Mittwoch, d.h. 2 Tage nach dem Unfall gemerkt, dass mit ihrem Nacken etwas nicht in Ordnung sei. Sie habe auch Schmerzen verspürt. Am Donnerstag Morgen habe sie dann gemerkt, dass sie die rechte Hand nicht mehr so richtig bewegen könne. Sie habe daraufhin ihren Hausarzt aufgesucht, der sie dann ins Krankenhaus überwiesen habe.
30 
Diese Angaben sind freilich ergänzend zu konkretisieren um ihre Darlegungen gegenüber dem Sachverständigen Dr. K., die sie wesentlich zeitnaher zum Unfallereignis abgegeben hat. Danach hatte sie bereits 1 Tag nach dem Unfall Schmerzen im Bereich der HWS, der rechten Schulter und des rechten Kniegelenks verspürt. Im Bereich der HWS habe auch eine Bewegungseinschränkung bestanden. Daraufhin sei sie erneut am 17.09.2003 bei ihrem Hausarzt, d.h. bereits am Mittwoch vorstellig geworden. Dieser habe ihr dann Schmerzmittel verabreicht. Diese Angaben stehen auch im Einklang mit der bereits erwähnten ärztlichen Bescheinigung des Hausarztes Dr. Z. vom 17.09.2003. Erst im weiteren Verlauf sei dann Kraftverlust und eine Gefühlsstörung im Bereich der rechten Hand aufgetreten. Dies habe zu einem erneuten Besuch bei Dr. Z. geführt, der sie ins Krankenhaus Bad Saulgau überwiesen habe. Dies war am 19.09.2003 und steht im Einklang mit dem Bericht des Kreiskrankenhauses Bad Saulgau vom 22.09.2003.
31 
Nach allem ist somit mit den Darlegungen des Sachverständigen Dr. K. davon auszugehen, dass die Latenz zwar grenzwertig lang gewesen sei, jedoch noch im Rahmen des Möglichen liege.
32 
f) Schließlich greift der Einwand der Beklagten nicht durch, die erkennenden Gerichte seien gehalten gewesen ein Vorerkrankungsverzeichnis der Klägerin beizuziehen. Ungeachtet der Bewertung als Ausforschungsbeweis hat sowohl der behandelnde Hausarzt, wie auch der Sachverständige Dr. K. keine Hinweise auf Vorerkrankungen gegeben.
33 
4. Aufgrund des Beschwerdebildes und der Behandlungsdauer hat das Amtsgericht auch in der Höhe zu Recht ein angemessenes Schmerzensgeld von 750,00 EUR zugesprochen.
34 
5. Die Klägerin kann auch einen Haushaltsführungsschaden geltend machen, der freilich konkret unter Berücksichtigung von § 287 ZPO nach richterlichem Ermessen zu bemessen ist und nicht abstrakt nach Minderungsquoten.
35 
So hat die Klägerin auch in der Berufungsinstanz erneut glaubhaft dargelegt, dass sie konkret beeinträchtigt war bei „Großeinkäufen“ im Supermarkt sowie bei den im Herbst anfallenden Gartenarbeiten.
36 
Das Gericht geht insoweit nach den glaubhaften Darlegungen der Klägerin davon aus, dass sie in den ersten 8 Wochen behindert war „Großeinkäufe“ im Supermarkt zu tätigen und hierfür jeweils 2 Stunden, somit insgesamt 16 Stunden in Ansatz zu bringen sind.
37 
Für den Zeitraum vom 15.09.2003 bis Anfang November 2003 war die Klägerin zudem nicht in der Lage Gartenarbeiten zu verrichten. Zwar hat die Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung angegeben, sie sei beispielsweise derzeit bis 3 Stunden täglich im Garten. Dies würde für den genannten Zeitraum einen Stundenaufwand von ca. 100 Stunden bedeuten. Die Kammer bemisst im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO den Stundenaufwand pro Woche auf ca. 6 Stunden und somit auf eine Größenordnung von 42-45 Stunden im gesamten Zeitraum.
38 
Nach allem sind die vom Amtsgericht insgesamt in Ansatz gebrachten Stunden von 59,5 Stunden im Ergebnis angemessen.
39 
Das Amtsgericht hat weiterhin zu Recht einen Stundensatz von 8,00 EUR zugrunde gelegt (vgl. OLG Celle NJW-Spezial 2004, 355; OLG Hamm in JOZ 2001, 514, 517; OLG Köln vom 25.10.2005 - BeckRS 2005 Nr. 13344).
40 
C: Zu der Anschlussberufung der Klägerin:
41 
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich im Umkehrschluss die Unbegründetheit der Anschlussberufung der Klägerin.
42 
1. Wie vorstehend ausgeführt erscheint auch der Kammer ein Schmerzensgeld von 750,00 EUR angemessen und das von der Klägerin geltend gemachte Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 EUR übersetzt. Insbesondere kann die Klägerin nicht damit gehört werden, die Beklagte habe die Begleichung des Schmerzensgeldes ungebührlich verzögert, gegenüber einem erkennbar begründeten Anspruch.
43 
2. Der von der Klägerin, über den vom Amtsgericht anerkannten Betrag hinaus, begehrte Haushaltsführungsschaden ist aus den zuvor genannten Erwägungen gleichfalls unbegründet.
III.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.
45 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
IV.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, nachdem Gründe hierfür gemäß § 543 ZPO nicht ersichtlich sind.

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Landgericht Ravensburg Urteil, 12. Okt. 2006 - 1 S 10/06 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Jan. 2003 - VI ZR 139/02

bei uns veröffentlicht am 28.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 139/02 Verkündet am: 28. Januar 2003 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 286 B Al

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 139/02 Verkündet am:
28. Januar 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Allein der Umstand, daß sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung
("Harmlosigkeitsgrenze") ereignet hat, schließt die tatrichterliche
Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von seiner Ursächlichkeit für eine HWSVerletzung
nicht aus.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Am 25. März 1992 fuhr der Beklagte zu 1 gegen 9.30 Uhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf den von dem Kläger geführten , in einem Kreuzungsbereich verkehrsbedingt haltenden Pkw auf. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Der Kläger begab sich am Nachmittag des Unfalltages in ärztliche Behandlung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. S. diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma. Er legte eine Cervicalstütze an und verordnete Spasmolytika. Die Weiterbehandlung erfolgte durch Dr. R., der eine sogenannte Schanz’sche Krawatte anpaßte und schmerzlindernde Medikamente verordnete. In der Folgezeit litt der Kläger zunehmend unter einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie unter vegetativen Symptomen wie häufig auftretendem Schwindel, Sehstörungen in Form von Schleiersehen und plötzlichem Auftreten von Übelkeit. Am 6. Dezember 1993 erlitt er
einen weiteren Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Pkw frontal mit einem vor ihm ins Schleudern geratenen Fahrzeug kollidierte. Eine wegen anhaltender Beschwerden vorgenommene klinische und radiologische Untersuchung in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. ergab den Verdacht einer Ruptur der Ligamenta alaria im Bereich des Segments C1/C2. Dieser Verdacht wurde von dem Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. H. des Rehabilitationskrankenhauses K.-L. aufgrund einer am 4. Mai 1994 durchgeführten Untersuchung einschließlich Computer- und Kernspintomographie der Halswirbelsäule bestätigt. Aufgrund dieser Diagnose wurde am 13. Juni 1995 in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. eine dorsale Probefusion des Segments C1/C2 vorgenommen, die laut Behandlungsbericht zu einer Besserung der Beschwerden führte. Im Hinblick darauf erfolgte am 8. Mai 1996 im Rehabilitationskrankenhaus K.-L. die endgültige operative Fusion. Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 habe er nach wie vor Beschwerden, u.a. dauernde Spannungsschmerzen im Bereich von Nacken und Schulter, Kopfschmerzen, Mißempfindungen am linken Arm und Taubheitsgefühle am linken Oberschenkel. Zeitweilig trete ein Zittern auf. Die Sehkraft seines linken Auges habe nachgelassen. Darüber hinaus leide er unter Konzentrationsschwierigkeiten. Der Kläger hat – über den vorgerichtlich erhaltenen Betrag von 4.300 DM hinaus - ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung: weitere 30.000 DM) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden begehrt. Das Landgericht hat ihm ein weiteres Schmerzensgeld von 3.700 DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Feststellungsbegehren entsprochen und die Beklagten verurteilt, an den Kläger über den bereits gezahlten Betrag von !" # $% '& (*),+%-. 0/'12 3 4 57698 : 2 3 ; 2.198,56
DM) zu zahlen. Dagegen wenden die Beklagten sich mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Kläger habe bei dem Unfall am 25. März 1992 eine HWS-Distorsion nach Erdmann I erlitten. Zwar sei nicht bewiesen, daß hierbei das Ligamentum alare links gerissen sei, doch seien die durch diese Diagnose veranlaßte Probefusion und die endgültige Fusion der Segmente C1/C2 gleichwohl eine adäquate Folge des Unfalls. Der Kläger leide aufgrund des Unfalls und der Fusion der Segmente C1/C2 unter Einschränkungen der Beweglichkeit sowie einer Fehlhaltung und dadurch bedingten häufigen Schmerzen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich sowie unter gelegentlichem Schwindel und Übelkeit, Tinnitus und einer Verschlechterung des Sehvermögens. Die Bewegungseinschränkungen seien gutachterlich festgestellt, die – nicht meßbaren – Schmerzen sowie Schwindel und Übelkeit habe keiner der Sachverständigen in Zweifel gezogen. Die Beeinträchtigungen seien nur aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 erklärbar, da Vorerkrankungen nicht festgestellt seien und der Unfall vom 6. Dezember 1993 nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung geführt habe. Auch habe der Kläger glaubhaft angegeben, daß alle Beeinträchtigungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 25. März 1992 und der Fusion am 8. Mai 1996 entstanden seien. Ebenso wie die Sachverständigen habe das Gericht den Eindruck, daß der Kläger sich um eine wahrheitsgemäße Schilderung der Abläufe und Beeinträchtigungen bemüht habe und nicht etwa eine vorzeitige Versorgung ohne Arbeit erstrebe. Die Revision
sei zuzulassen, weil die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu § 287 ZPO grundsätzliche Bedeutung habe.

II.

Die Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei dem Unfall vom 25. März 1992 eine HWS-Distorsion "nach Erdmann I" erlitten, läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Frage, ob sich der Kläger bei dem Unfall überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, die haftungsbegründende Kausalität betrifft. Es hat, ohne § 286 ZPO in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu erwähnen, erkennbar den Regelungsgehalt dieser Vorschrift berücksichtigt , wonach der Nachweis des Haftungsgrundes den strengen Anforderungen des Vollbeweises unterliegt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 – VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – VersR 1975, 540, 541 und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 – VersR 1987, 310, jeweils m.w.N.). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewißheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" , sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr., vgl. BGHZ 53, 245, 256; BGH, Urteil vom 18. April 1977 – VIII 286/75 – VersR 1977, 721 und Se-
natsurteil vom 9. Mai 1989 – VI ZR 268/88 – VersR 1989, 758, 759). Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht hier - ebenso wie schon das Landgericht - auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K. gewonnen. Dessen Beurteilung gründet sich u.a. auf den Befund des erstbehandelnden Arztes Dr. S., der den Kläger am Unfalltag untersucht und dabei u.a. Röntgenaufnahmen und Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule vorgenommen hat. Dr. S. hat ausweislich seines Berichtes eine äußerlich unauffällige, frei bewegliche endgradig schmerzhafte Halswirbelsäule sowie einen leichten Stauchungsschmerz diagnostiziert und darüber hinaus angegeben, der 6. und 7. Halswirbelkörper seien deutlich druckschmerzhaft. Wie der Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten ausgeführt hat, sind ähnliche Befunde in der Folgezeit auch von anderen Ärzten erhoben worden. Sie werden entgegen der Auffassung der Revision in ihrem Kern auch nicht durch die Ausführungen des Orthopäden Dr. P. in Frage gestellt, der in seinem für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten vom 13. April 1993 einerseits zwar ein „echtes Schleudertrauma“ verneint, andererseits aber ebenso wie Dr. K. eine HWS-Distorsion Grad I bejaht hat. Aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen hat, daß die Angaben des Klägers insgesamt glaubhaft erscheinen, zumal die von ihm geklagten Beschwerden von keinem der Sachverständigen letztlich in Zweifel gezogen worden sind. Bei dieser Sachlage konnte es nach freier Überzeugung zu dem Ergebnis kommen, daß der Verkehrsunfall vom 25. März 1992 bei dem Kläger eine HWSDistorsion im Sinne einer Körperverletzung ausgelöst hat. Insbesondere war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet, hinsichtlich des Umfangs der Beschädigun-
gen der beteiligten Fahrzeuge und der sich daraus ergebenden kollisionsbe- dingten Geschwindigkeitsänderung ein Sachverständigengutachten einzuholen und sodann mittels eines biomechanischen Gutachtens der Frage nachzugehen , ob der Unfall geeignet war, eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (OLG Hamm, NZV 2001, 468, 469; OLG Celle, OLG-Report 2002, 81; OLG Frankfurt, NZV 2002, 120). Die von der Revision herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei ("Harmlosigkeitsgrenze"), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei (vgl. OLG Hamm, NJW 2000, 878, 879, OLG Hamm, r+s 2000, 502; 503; OLG Hamm, DAR 2001, 361; OLG Hamm, NZV 2001, 303; KG, VersR 2001, 597 f.; OLG Hamm, r+s 2002, 111 f.; vgl. auch KG, KG-Report 2001, 163, 164), stößt in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend auf Kritik (vgl. OLG Celle, aaO, OLG Frankfurt, aaO; vgl. auch OLG Bamberg, NZV 2001, 470; Kuhn, DAR 2001, 344, 345 ff. m.w.N.) und wird insbesondere aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen (Castro/Becke, ZfS 2002, 365, 366). Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze" spricht auch, daß die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u.a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen Bedeutung beizumessen sein kann (vgl. Mazzotti /Castro, NZV 2002, 499, 500 m.w.N.). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts erfolgte im Streitfall die Kollision, als der Kläger mit schräg nach rechts oben gewendetem Kopf nach oben blickte, um einen Blick auf die Lichtzeichenanlage zu werfen. Gesicherte medizinische Erkenntnisse zu der Frage, ob und in welcher Weise derartige
Muskelanspannungen und Kopfdrehungen die Entstehung einer HWS- Distorsion beeinflussen können, sind bisher nicht bekannt (vgl. OLG Hamm, NZV 2002, 322, 324; Castro/Becke, ZfS 2002, 365) und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise ein Gutachten über die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zu einer weiteren Aufklärung des Geschehensablaufs beitragen könnte, nachdem das Berufungsgericht aufgrund eingehender medizinischer Begutachtung und ausführlicher Anhörung des Klägers in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen hat, daß durch den Unfall eine Körperverletzung des Klägers verursacht worden ist. 2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts, wonach die von dem Kläger geklagten Beschwerden – mit Ausnahme der behaupteten Konzentrationsstörungen und der geltend gemachten verminderten geistigen Leistungsfähigkeit – auf den Verkehrsunfall vom 25. März 1992 zurückzuführen sind. Mit dem Nachweis, daß der Unfall zu einer HWS-Distorsion und damit zu einer Körperverletzung des Klägers geführt hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Klägers ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196 und Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 -, vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 -, jeweils aaO und m.w.N.). Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbil-
dung gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalles, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (ausführlich dazu Senatsurteil vom 7. Juli 1970 – VI ZR 233/69 – VersR 1970, 924, 926 f.). Diesen Grundsätzen, die in der Rechtsprechung seit langem geklärt sind (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 137, 142 ff. und vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 – VersR 2000, 372 f.) und die im Streitfall - anders als das Berufungsgericht meint - keiner Weiterentwicklung bedürfen, wird das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung der Revision gerecht. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei aufgrund der von ihm als glaubhaft erachteten Angaben des Klägers und der in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, daß die im angefochtenen Urteil festgestellten Beschwerden des Klägers auf den Unfall zurückzuführen sind. Es ist davon ausgegangen, daß zwar die Ergebnisse der Sachverständigengutachten für sich allein nicht zum Beweis der Kausalität genügen, die Ursächlichkeit aber gleichwohl nachgewiesen sei. Dabei hat es in zulässiger Weise berücksichtigt, daß die Beeinträchtigungen, soweit sie nicht meßbar sind, von keinem der Sachverständigen in Zweifel gezogen worden seien und deren übereinstimmender Eindruck sei, daß der Kläger versuche , seine Beschwerden objektiv darzustellen. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht neben dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden vor allem dem Umstand Bedeutung beigemessen hat, daß Vorerkrankungen als etwaige Ursachen bei allen Untersuchungen nicht festgestellt worden sind. Entgegen der Auffassung der Revision war es dem Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO nicht verwehrt, im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung zu gelangen, daß als einzig realistische Ursache für die Beschwerden des Klägers der Unfall vom 25. März 1992 in Betracht kommt (vgl. auch OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511 f. mit NA-Beschluß des Senats vom 8. Mai 2001
- VI ZR 314/00). Den nachfolgenden Unfall vom 6. Dezember 1993 konnte das Berufungsgericht als Ursache ausschließen, weil dieser nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Gesundheitszustands geführt hat (zur Kausalität von zwei zeitlich einander folgenden Unfällen bei Eintritt eines Dauerschadens vgl. Senatsurteil vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – VersR 2002, 200 f.). Auch eine psychische Fehlverarbeitung scheidet nach Überzeugung des Berufungsgerichts als Ursache der Beschwerden aus. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Klägers nicht entgegen, daß diese nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf die im Rahmen der ärztlichen Behandlung vorgenommene Fusion des Segments C1/C2 zurückzuführen sind. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Fusion eine adäquate Folge des Unfalls ist, denn sie wurde vorgenommen , weil sich der Kläger wegen seiner nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben hat, in deren Verlauf eine Ruptur der Ligamenta alaria diagnostiziert wurde. Auf die Frage, ob diese Diagnose zutraf und deshalb eine Fusion des Segments C1/C2 indiziert war, kommt es nicht an, da der Schädiger dem Geschädigten grundsätzlich für den gesamten durch seine pflichtwidrige Handlung verursachten Schaden und somit auch für etwaige Folgeschäden einzustehen hat, sofern diese in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Erstschädigung stehen. Der notwendige haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang fehlt nur dann, wenn sich bei der Zweitschädigung nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht hat, dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen war und deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang besteht. Ist das der Fall, kann von dem Erstschädiger billigerweise nicht mehr verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Fol-
gen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 – VI ZR 37/88 – VersR 1988, 1273, 1274 und vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – aaO, S. 201, jeweils m.w.N.). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn wie im Streitfall im Rahmen einer unfallbedingten ärztlichen Behandlung die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden möglicherweise unzutreffend diagnostiziert und deshalb eventuell falsch behandelt worden sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 139/02 Verkündet am:
28. Januar 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Allein der Umstand, daß sich ein Unfall mit einer geringen kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung
("Harmlosigkeitsgrenze") ereignet hat, schließt die tatrichterliche
Überzeugungsbildung nach § 286 ZPO von seiner Ursächlichkeit für eine HWSVerletzung
nicht aus.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Am 25. März 1992 fuhr der Beklagte zu 1 gegen 9.30 Uhr mit einem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Pkw auf den von dem Kläger geführten , in einem Kreuzungsbereich verkehrsbedingt haltenden Pkw auf. Die volle Haftung der Beklagten ist außer Streit. Der Kläger begab sich am Nachmittag des Unfalltages in ärztliche Behandlung. Der Facharzt für Chirurgie Dr. S. diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma. Er legte eine Cervicalstütze an und verordnete Spasmolytika. Die Weiterbehandlung erfolgte durch Dr. R., der eine sogenannte Schanz’sche Krawatte anpaßte und schmerzlindernde Medikamente verordnete. In der Folgezeit litt der Kläger zunehmend unter einer Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule sowie unter vegetativen Symptomen wie häufig auftretendem Schwindel, Sehstörungen in Form von Schleiersehen und plötzlichem Auftreten von Übelkeit. Am 6. Dezember 1993 erlitt er
einen weiteren Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Pkw frontal mit einem vor ihm ins Schleudern geratenen Fahrzeug kollidierte. Eine wegen anhaltender Beschwerden vorgenommene klinische und radiologische Untersuchung in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. ergab den Verdacht einer Ruptur der Ligamenta alaria im Bereich des Segments C1/C2. Dieser Verdacht wurde von dem Facharzt für Orthopädie Prof. Dr. H. des Rehabilitationskrankenhauses K.-L. aufgrund einer am 4. Mai 1994 durchgeführten Untersuchung einschließlich Computer- und Kernspintomographie der Halswirbelsäule bestätigt. Aufgrund dieser Diagnose wurde am 13. Juni 1995 in der Orthopädischen Rehabilitationsklinik S. eine dorsale Probefusion des Segments C1/C2 vorgenommen, die laut Behandlungsbericht zu einer Besserung der Beschwerden führte. Im Hinblick darauf erfolgte am 8. Mai 1996 im Rehabilitationskrankenhaus K.-L. die endgültige operative Fusion. Der Kläger hat vorgetragen, aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 habe er nach wie vor Beschwerden, u.a. dauernde Spannungsschmerzen im Bereich von Nacken und Schulter, Kopfschmerzen, Mißempfindungen am linken Arm und Taubheitsgefühle am linken Oberschenkel. Zeitweilig trete ein Zittern auf. Die Sehkraft seines linken Auges habe nachgelassen. Darüber hinaus leide er unter Konzentrationsschwierigkeiten. Der Kläger hat – über den vorgerichtlich erhaltenen Betrag von 4.300 DM hinaus - ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung: weitere 30.000 DM) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle materiellen und immateriellen Schäden begehrt. Das Landgericht hat ihm ein weiteres Schmerzensgeld von 3.700 DM zugesprochen und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Feststellungsbegehren entsprochen und die Beklagten verurteilt, an den Kläger über den bereits gezahlten Betrag von !" # $% '& (*),+%-. 0/'12 3 4 57698 : 2 3 ; 2.198,56
DM) zu zahlen. Dagegen wenden die Beklagten sich mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht geht davon aus, der Kläger habe bei dem Unfall am 25. März 1992 eine HWS-Distorsion nach Erdmann I erlitten. Zwar sei nicht bewiesen, daß hierbei das Ligamentum alare links gerissen sei, doch seien die durch diese Diagnose veranlaßte Probefusion und die endgültige Fusion der Segmente C1/C2 gleichwohl eine adäquate Folge des Unfalls. Der Kläger leide aufgrund des Unfalls und der Fusion der Segmente C1/C2 unter Einschränkungen der Beweglichkeit sowie einer Fehlhaltung und dadurch bedingten häufigen Schmerzen im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich sowie unter gelegentlichem Schwindel und Übelkeit, Tinnitus und einer Verschlechterung des Sehvermögens. Die Bewegungseinschränkungen seien gutachterlich festgestellt, die – nicht meßbaren – Schmerzen sowie Schwindel und Übelkeit habe keiner der Sachverständigen in Zweifel gezogen. Die Beeinträchtigungen seien nur aufgrund des Unfalls vom 25. März 1992 erklärbar, da Vorerkrankungen nicht festgestellt seien und der Unfall vom 6. Dezember 1993 nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung geführt habe. Auch habe der Kläger glaubhaft angegeben, daß alle Beeinträchtigungen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom 25. März 1992 und der Fusion am 8. Mai 1996 entstanden seien. Ebenso wie die Sachverständigen habe das Gericht den Eindruck, daß der Kläger sich um eine wahrheitsgemäße Schilderung der Abläufe und Beeinträchtigungen bemüht habe und nicht etwa eine vorzeitige Versorgung ohne Arbeit erstrebe. Die Revision
sei zuzulassen, weil die Weiterentwicklung der Rechtsprechung zu § 287 ZPO grundsätzliche Bedeutung habe.

II.

Die Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. 1. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei dem Unfall vom 25. März 1992 eine HWS-Distorsion "nach Erdmann I" erlitten, läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Frage, ob sich der Kläger bei dem Unfall überhaupt eine Verletzung zugezogen hat, die haftungsbegründende Kausalität betrifft. Es hat, ohne § 286 ZPO in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu erwähnen, erkennbar den Regelungsgehalt dieser Vorschrift berücksichtigt , wonach der Nachweis des Haftungsgrundes den strengen Anforderungen des Vollbeweises unterliegt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196; Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 – VersR 1968, 850, 851; vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – VersR 1975, 540, 541 und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 – VersR 1987, 310, jeweils m.w.N.). Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Richters erfordert keine absolute oder unumstößliche Gewißheit und auch keine "an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit" , sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (st. Rspr., vgl. BGHZ 53, 245, 256; BGH, Urteil vom 18. April 1977 – VIII 286/75 – VersR 1977, 721 und Se-
natsurteil vom 9. Mai 1989 – VI ZR 268/88 – VersR 1989, 758, 759). Diese Überzeugung hat das Berufungsgericht hier - ebenso wie schon das Landgericht - auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. K. gewonnen. Dessen Beurteilung gründet sich u.a. auf den Befund des erstbehandelnden Arztes Dr. S., der den Kläger am Unfalltag untersucht und dabei u.a. Röntgenaufnahmen und Funktionsaufnahmen der Halswirbelsäule vorgenommen hat. Dr. S. hat ausweislich seines Berichtes eine äußerlich unauffällige, frei bewegliche endgradig schmerzhafte Halswirbelsäule sowie einen leichten Stauchungsschmerz diagnostiziert und darüber hinaus angegeben, der 6. und 7. Halswirbelkörper seien deutlich druckschmerzhaft. Wie der Sachverständige Dr. K. in seinem Gutachten ausgeführt hat, sind ähnliche Befunde in der Folgezeit auch von anderen Ärzten erhoben worden. Sie werden entgegen der Auffassung der Revision in ihrem Kern auch nicht durch die Ausführungen des Orthopäden Dr. P. in Frage gestellt, der in seinem für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstellten Gutachten vom 13. April 1993 einerseits zwar ein „echtes Schleudertrauma“ verneint, andererseits aber ebenso wie Dr. K. eine HWS-Distorsion Grad I bejaht hat. Aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Berufungsgericht im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen hat, daß die Angaben des Klägers insgesamt glaubhaft erscheinen, zumal die von ihm geklagten Beschwerden von keinem der Sachverständigen letztlich in Zweifel gezogen worden sind. Bei dieser Sachlage konnte es nach freier Überzeugung zu dem Ergebnis kommen, daß der Verkehrsunfall vom 25. März 1992 bei dem Kläger eine HWSDistorsion im Sinne einer Körperverletzung ausgelöst hat. Insbesondere war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision unter den gegebenen Umständen nicht verpflichtet, hinsichtlich des Umfangs der Beschädigun-
gen der beteiligten Fahrzeuge und der sich daraus ergebenden kollisionsbe- dingten Geschwindigkeitsänderung ein Sachverständigengutachten einzuholen und sodann mittels eines biomechanischen Gutachtens der Frage nachzugehen , ob der Unfall geeignet war, eine HWS-Distorsion hervorzurufen. Bei der Prüfung, ob ein Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung verursacht hat, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (OLG Hamm, NZV 2001, 468, 469; OLG Celle, OLG-Report 2002, 81; OLG Frankfurt, NZV 2002, 120). Die von der Revision herangezogene Auffassung, wonach bei Heckunfällen mit einer bestimmten, im Niedriggeschwindigkeitsbereich liegenden kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, die im Bereich zwischen 4 und 10 km/h anzusetzen sei ("Harmlosigkeitsgrenze"), eine Verletzung der Halswirbelsäule generell auszuschließen sei (vgl. OLG Hamm, NJW 2000, 878, 879, OLG Hamm, r+s 2000, 502; 503; OLG Hamm, DAR 2001, 361; OLG Hamm, NZV 2001, 303; KG, VersR 2001, 597 f.; OLG Hamm, r+s 2002, 111 f.; vgl. auch KG, KG-Report 2001, 163, 164), stößt in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend auf Kritik (vgl. OLG Celle, aaO, OLG Frankfurt, aaO; vgl. auch OLG Bamberg, NZV 2001, 470; Kuhn, DAR 2001, 344, 345 ff. m.w.N.) und wird insbesondere aus orthopädischer Sicht in Zweifel gezogen (Castro/Becke, ZfS 2002, 365, 366). Gegen die schematische Annahme einer solchen "Harmlosigkeitsgrenze" spricht auch, daß die Beantwortung der Kausalitätsfrage nicht allein von der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, sondern daneben von einer Reihe anderer Faktoren abhängt, wobei u.a. auch der Sitzposition des betreffenden Fahrzeuginsassen Bedeutung beizumessen sein kann (vgl. Mazzotti /Castro, NZV 2002, 499, 500 m.w.N.). Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts erfolgte im Streitfall die Kollision, als der Kläger mit schräg nach rechts oben gewendetem Kopf nach oben blickte, um einen Blick auf die Lichtzeichenanlage zu werfen. Gesicherte medizinische Erkenntnisse zu der Frage, ob und in welcher Weise derartige
Muskelanspannungen und Kopfdrehungen die Entstehung einer HWS- Distorsion beeinflussen können, sind bisher nicht bekannt (vgl. OLG Hamm, NZV 2002, 322, 324; Castro/Becke, ZfS 2002, 365) und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise ein Gutachten über die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung zu einer weiteren Aufklärung des Geschehensablaufs beitragen könnte, nachdem das Berufungsgericht aufgrund eingehender medizinischer Begutachtung und ausführlicher Anhörung des Klägers in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen hat, daß durch den Unfall eine Körperverletzung des Klägers verursacht worden ist. 2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts, wonach die von dem Kläger geklagten Beschwerden – mit Ausnahme der behaupteten Konzentrationsstörungen und der geltend gemachten verminderten geistigen Leistungsfähigkeit – auf den Verkehrsunfall vom 25. März 1992 zurückzuführen sind. Mit dem Nachweis, daß der Unfall zu einer HWS-Distorsion und damit zu einer Körperverletzung des Klägers geführt hat, steht der Haftungsgrund fest. Ob über diese Primärverletzung hinaus der Unfall auch für die Beschwerden des Klägers ursächlich ist, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die sich gem. § 287 ZPO beurteilt. Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs zwischen dem Haftungsgrund und dem eingetretenen Schaden unterliegt der Tatrichter also nicht den strengen Anforderungen des § 286 ZPO. Vielmehr ist er nach Maßgabe des § 287 ZPO freier gestellt (st. Rspr., vgl. BGHZ 4, 192, 196 und Senatsurteile vom 11. Juni 1968 – VI ZR 116/67 -, vom 20. Februar 1975 – VI ZR 129/73 – und vom 21. Oktober 1986 – VI ZR 15/85 -, jeweils aaO und m.w.N.). Zwar kann der Tatrichter auch eine haftungsausfüllende Kausalität nur feststellen, wenn er von diesem Ursachenzusammenhang überzeugt ist. Im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO werden aber geringere Anforderungen an seine Überzeugungsbil-
dung gestellt. Hier genügt, je nach Lage des Einzelfalles, eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung (ausführlich dazu Senatsurteil vom 7. Juli 1970 – VI ZR 233/69 – VersR 1970, 924, 926 f.). Diesen Grundsätzen, die in der Rechtsprechung seit langem geklärt sind (vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 137, 142 ff. und vom 16. November 1999 - VI ZR 257/98 – VersR 2000, 372 f.) und die im Streitfall - anders als das Berufungsgericht meint - keiner Weiterentwicklung bedürfen, wird das angefochtene Urteil entgegen der Auffassung der Revision gerecht. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei aufgrund der von ihm als glaubhaft erachteten Angaben des Klägers und der in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umstände des Falles die Überzeugung gewonnen, daß die im angefochtenen Urteil festgestellten Beschwerden des Klägers auf den Unfall zurückzuführen sind. Es ist davon ausgegangen, daß zwar die Ergebnisse der Sachverständigengutachten für sich allein nicht zum Beweis der Kausalität genügen, die Ursächlichkeit aber gleichwohl nachgewiesen sei. Dabei hat es in zulässiger Weise berücksichtigt, daß die Beeinträchtigungen, soweit sie nicht meßbar sind, von keinem der Sachverständigen in Zweifel gezogen worden seien und deren übereinstimmender Eindruck sei, daß der Kläger versuche , seine Beschwerden objektiv darzustellen. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht neben dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden vor allem dem Umstand Bedeutung beigemessen hat, daß Vorerkrankungen als etwaige Ursachen bei allen Untersuchungen nicht festgestellt worden sind. Entgegen der Auffassung der Revision war es dem Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung gem. § 287 ZPO nicht verwehrt, im Wege des Ausschlusses anderer Ursachen zu der Feststellung zu gelangen, daß als einzig realistische Ursache für die Beschwerden des Klägers der Unfall vom 25. März 1992 in Betracht kommt (vgl. auch OLG Karlsruhe, NZV 2001, 511 f. mit NA-Beschluß des Senats vom 8. Mai 2001
- VI ZR 314/00). Den nachfolgenden Unfall vom 6. Dezember 1993 konnte das Berufungsgericht als Ursache ausschließen, weil dieser nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nur zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Gesundheitszustands geführt hat (zur Kausalität von zwei zeitlich einander folgenden Unfällen bei Eintritt eines Dauerschadens vgl. Senatsurteil vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – VersR 2002, 200 f.). Auch eine psychische Fehlverarbeitung scheidet nach Überzeugung des Berufungsgerichts als Ursache der Beschwerden aus. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Klägers nicht entgegen, daß diese nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf die im Rahmen der ärztlichen Behandlung vorgenommene Fusion des Segments C1/C2 zurückzuführen sind. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Fusion eine adäquate Folge des Unfalls ist, denn sie wurde vorgenommen , weil sich der Kläger wegen seiner nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben hat, in deren Verlauf eine Ruptur der Ligamenta alaria diagnostiziert wurde. Auf die Frage, ob diese Diagnose zutraf und deshalb eine Fusion des Segments C1/C2 indiziert war, kommt es nicht an, da der Schädiger dem Geschädigten grundsätzlich für den gesamten durch seine pflichtwidrige Handlung verursachten Schaden und somit auch für etwaige Folgeschäden einzustehen hat, sofern diese in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Erstschädigung stehen. Der notwendige haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang fehlt nur dann, wenn sich bei der Zweitschädigung nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht hat, dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen war und deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang besteht. Ist das der Fall, kann von dem Erstschädiger billigerweise nicht mehr verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Fol-
gen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 – VI ZR 37/88 – VersR 1988, 1273, 1274 und vom 20. November 2001 – VI ZR 77/00 – aaO, S. 201, jeweils m.w.N.). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn wie im Streitfall im Rahmen einer unfallbedingten ärztlichen Behandlung die nach dem Unfall aufgetretenen Beschwerden möglicherweise unzutreffend diagnostiziert und deshalb eventuell falsch behandelt worden sind.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.