Landgericht München I Endurteil, 23. März 2018 - 37 O 12326/17

bei uns veröffentlicht am23.03.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, zur Bewerbung des Produkts „IndexSelect“ die Formulierung

„Beteiligung an der (Wert-)Entwicklung des EURO STOXX 50®“

und/oder

„Indexpartizipation“

wörtlich oder im Wesentlichen wortgleich zu werden und/oder verwenden zu lassen wie in dem mit diesem Urteil als Anlage festverbundenen Abdruck eines Internetauftritts der Beklagten ... Stand 03.03.2017 geschehen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Klageziel ist die Unterlassung bestimmter Werbeaussagen durch die Beklagte zu dem Kapitallebensversicherungsprodukt „IndexSelect“ der ....

Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen.

Die Beklagte ist die Holding Gesellschaft der ... Gesellschaften in Deutschland. Sie betreibt die Internetseite ..., auf welcher sie verschiedene Produkte der Allianzgesellschaften in Deutschland vorstellt, darunter auch das Produkt der ... AG „IndexSelect“.

Die Vorstellung des Produkts „IndexSelect“ erfolgt unter den Suchbegriffen vorsorge/vorsorgekonzept/indexselect. Auf den Internetausdruck vom 03.03.2017 (Anlage K 1) und vom Oktober 2017 (Anlage BLD 7) wird Bezug genommen.

Unter anderem heißt es hier unter dem Schlagwort Renditechance: „Die Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50® erfolgt nach einem festgelegten Verfahren und bietet hervorragende Chancen für Ihre Vorsorge.“;

und weiter:

„Sie können jedes Jahr wählen zwischen der Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®, einer sicheren Verzinsung oder einer Mischung aus beidem - ohne Extrakosten!“

Weitere Fundstellen zu dem Begriff „Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®“ finden sich u.a. auf den Seiten 3, 5, 6, 12, 16, 18 und 19 der Anlage K 1.

Die Begriffe „Indexbeteiligung“ oder „Indexpartizipation“ werden auf den Seiten 3, 8, 9, 10 und 14 sowie in der Fußnote Seite 19 der Anlage K 1 verwendet. Beispielsweise heißt es auf Seite 3: „Sie können jährlich zwischen Indexbeteiligung und sicherer Verzinsung wählen ...“.

Nach dem Konzept der als Vorsorgeprodukt angebotenen Kapitallebensversicherung „IndexSelect“ kann der Versicherungsnehmer jährlich eine Auswahlentscheidung dazu treffen, nach welchen Grundsätzen sich der Policenwert verzinst. Zum einen kann er die jährlich festgesetzte Garantieverzinsung wählen, zum anderen eine Verzinsung nach dem Modell „IndexSelect“ oder eine Kombination aus beidem. Wählt der Versicherungsnehmer das Modell „IndexSelect“, wird der Policenwert am Jahresende um den Wert erhöht, der sich aus der monatlichen Wertentwicklung des EURO STOXX 50® als Bezugsgröße, gedeckelt um den nach einem festgelegten Verfahren berechneten Cap ergibt. Sollte diese Wertentwicklung negativ sein, bleibt es bei dem anfänglichen Policenwert. Die Einzelheiten hierzu sind in den Versicherungsbedingungen der ... AG (Anlage K 2) festgelegt. Zur Berechnung des Cap heißt es hier unter Teil A 2.3.3. (2) c Cap:

„Der Cap gibt an, bis zu welcher Höhe sie an einer positiven monatlichen Wertentwicklung des Index partizipieren können. Er ist abhängig von

  • der Höhe der für ihre Versicherung festgelegten jährlichen Überschussanteilssätze,

  • dem nach Ziffer 2.4 Abs. 2 jährlich zugeteilten Sockelbetrag für die Beteiligung an den Bewertungsreserven sowie

  • weiteren Faktoren des Kapitalmarkts wie der Volatilität und der Dividendenrendite.

Den Cap legen wir jährlich zum Indexstichtag ihrer Versicherung auf der Grundlage von Angeboten mehrerer Emittenten neu fest. Bei der Auswahl berücksichtigen wir deren Finanzkraft.“

Auf den streitgegenständlichen Internetseiten wird durch einen Schaltfläche „Jetzt kontaktieren“ auf eine persönliche Beratung verwiesen. Ergänzt wird diese Kontaktmöglichkeit durch weitere Schaltflächen mit der Angabe „Zur Beratung“ und/oder „Agentur suchen“.

Für die Berater der ... werden Informationen zum „Vorsorgekonzept IndexSelect“ zur Verwendung gegenüber interessierten Kunden vorgehalten (Anlage BLD 1).

Mit Schreiben vom 26.05.2016 (Anlage BLD 5) mahnte der Kläger die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Werbeaussagen sowie weiterer Angaben ab. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 10.06.2016 (Anlage BLD 6). Es folgte eine Überarbeitung des Internetauftritts in hier nicht streitgegenständlichen Punkten.

Der Kläger ist der Ansicht, die Begriffe „Beteiligung“ und „Partizipation“ suggerierten dem Verbraucher eine unmittelbare Teilhabe an der Wertentwicklung des Indexes, nicht dagegen eine bloße Bezugnahme. Der Zusammenhang mit der Wertentwicklung des EURO STOXX sei durch die Anwendung des Caps nicht mehr nachvollziehbar. Die Darstellung sei insgesamt nicht transparent. Hierdurch werde eine Fehlvorstellung über die tatsächlichen Renditechancen bewirkt. Der Verbraucher erlange durch die Darstellung die Vorstellung, es handele sich bei dem Produkt um ein Versicherungsprodukt mit den besonderen Renditemöglichkeiten eines bekannten Aktienindexes, wie dies insbesondere bei den im Markt etablierten Indexfonds der Fall sei. Verstärkt werde dies durch die Beispiele auf Seite 7 der Anlage K 1, wo die Beklagte selbst einen Vergleich mit solchen Indexfonds herstelle. Indexfonds seien bei Verbrauchern attraktiv wegen der guten Performance und den geringen Kosten im Vergleich zur gemanagten Aktienfonds. Allerdings sei der EURO STOXX 50® unter den zur Auswahl stehenden Aktienindizes schlechter zu bewerten, da er nicht breit genug gestreut sei, und die schlechteste Renditeentwicklung aufweise bei einem höheren Risiko.

Der Kläger behauptet, das Ergebnis der Rendite hänge auch von der Erwirtschaftung von Überschüssen durch die ... ab. Diese erwirtschafte Überschüsse unter anderem durch die Anlage in Optionen und andere komplexe Produkte, unter anderem so genannte Cliquet-Optionen.

Der Kläger stützt seine Ansprüche auf § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und auf § 5 a UWG. Er macht geltend, die beanstandeten Aussagen seien unwahr, jedenfalls aber zur Täuschung über wesentliche Merkmale einer Dienstleistung geeignet. In den verkürzten und missverständlichen Aussagen liege zugleich ein Verschweigen wesentlicher Tatsachen.

Dem Einwand der Beklagten, der beanstandete Internetauftritt enthalte lediglich werbende Erstinformationen, die für den Vertragsschluss wesentlichen Tatsachen erfahre der Verbraucher im zwingend erforderlichen persönlichen Beratungsgespräch, begegnet der Kläger damit, dass auch das Informationspaket, wie es die Beklagte als Anlage BLD 1 vorlegelegt habe, keine ausreichenden Informationen enthalte.

Der Kläger macht geltend, aus dem Umstand, dass andere Anbieter ähnliche Produkte anbieten, könne nicht abgeleitet werden, dass sich ein bestimmtes Marktverständnis der Begriffe „Indexpartizipation“ und „Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®“ entwickelt habe.

Zur Einrede der Verjährung verweist der Kläger darauf, dass bei einer hier gegebenen Dauerhandlung die Verjährung nicht beginne, solange der Eingriff fortdauere.

Der Kläger beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeides bis zu 250.000,- EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, zur Bewerbung des Produkts „IndexSelect“ die Formulierung

„Beteiligung an der (Wert-)Entwicklung des EURO STOXX 50®“

und/oder

„Indexpartizipation“

Wörtlich oder im Wesentlichen wortgleich zu verwenden und/oder verwenden zu lassen wie in der als Anlage K 1 zu dieser Klage beigefügtem Abdruck eines Internetauftritts der Schuldnerin geschehen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte wendet sich grundlegend gegen das Verständnis der Klagepartei von den beanstandeten Begriffen und macht geltend, dass die in dem werbenden Internetauftritt verwendeten Begriffe „Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®“ und „Indexpartizipation“ vollständig zutreffend seien.

Sie trägt vor, das Produkt sehe eine Beteiligung an der Wertentwicklung tatsächlich vor, diese sei lediglich durch den Cap begrenzt, dessen Bedingungen von vielen Faktoren abhängen, beispielsweise der Anzahl der teilnehmenden Kunden. Nach Vortrag der Beklagten werden die Konditionen mit den Anbietern jeweils auf der Grundlage der konkreten Kapitalmarktlage vereinbart. Der Cap sichere den Kunden auch vor Verlusten, der Kunde trage kein Ausfallrisiko des Emittenten.

Die Beklagte macht geltend, bei dem EURO STOXX 50® handele sich um eine taugliche Bezugsgröße, es sei ein anerkanntes Standardbarometer für den europäischen Aktienmarkt und nimmt dafür unter anderem auf das Finanzmagazin €uro (Anlage BLD 3) Bezug.

Nach Auffassung der Beklagten gibt es kein einheitliches Marktverständnis eines Indexpartizipationsproduktes. Sie verweist darauf, dass die Ausgestaltung solcher Produkte am Markt stark differiere (Bezugnahme auf Anlage BLD 4). Der Begriff der Partizipation umfasse die unterschiedlichsten Formen. Er sage nichts zur konkreten Ausgestaltung der Beteiligung, ein bestimmtes Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise gebe es nicht. Jedenfalls verstehe der Verbraucher den Begriff Indexpartizipation lediglich als Kennzeichen dafür, dass bei dem angebotenen Produkt eine über die normale Beteiligung an der Überschussbeteiligung hinausgehende Möglichkeit einer weitergehenden Renditechance bestehe.

Die Koppelung an den EURO STOXX 50® sei besonders transparent, da dieser über übliche Portale abfragbar sei.

Schließlich macht die Beklagte geltend, dass auf der Internetseite lediglich eine Erstinformation zu den Produkten erfolge. Die Schaltfläche mit der Aufforderung „Jetzt kontaktieren“ verweise auf die persönliche Beratung. Das Produkt könne nicht online erworben werden, ein Beratungsgespräch sei zwingend. Da der Kunde hier alle erforderlichen Informationen - die Beklagte nimmt u.a. auf das Infopaket BLD 1 Bezug - erhalte, sei eine vertiefte Information zu Einzelheiten bereits in der Werbung nicht erforderlich.

Die Beklagte ist der Ansicht, die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 5 und 5 a UWG seien nicht gegeben. Die beanstandeten Aussagen seien nicht geeignet, die Vertragsentscheidung zu beeinflussen, da diese erst nach einem Beratungsgespräch erfolge. Im Übrigen sei die geforderte Unterlassung nicht verhältnismäßig. Wenn nur ein Teil der Verbraucher die zutreffende Information falsch verstehe, könne die Unterlassung nicht verlangt werden, da andere, die die Information richtig verstehen, hieran ein Interesse haben. Im Übrigen sei die beanstandete Information nicht wesentlich. Beeinflusst werde allenfalls die Entscheidung, ob weitere Informationen angefordert werden.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung gemäß § 11 Abs. 1 UWG. Verjährung sei 6 Monate nach Kenntnis eingetreten; wie sich aus der Abmahnung vom 20.05.2016 (Anlage BLD 5) ergebe, habe der Kläger bereits mehr als 6 Monate vor Klageerhebung Kenntnis von den beanstandeten Aussagen gehabt.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrages wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16.08.2017 (Blatt 89/92 d.A.) an das Landgericht München I verwiesen. Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom 17.01.2018. Auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 112/115 d.A.) wird Bezug genommen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14.03.2018 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Das Landgericht München I ist gemäß § 13 Abs. 1 UWG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 14 Abs. 1 UWG sowie aus dem bindenden Verweisungsbeschluss gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.

II.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung im tenorierten Umfang aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

1. Die streitgegenständlichen Angaben „Beteiligung an der (Wert-)Entwicklung des EURO STOXX 50®“ und „Indexpartizipation“ im Internetauftritt der Beklagten zu dem Produkt IndexSelect der ... AG sind irreführende Angaben im geschäftlichen Verkehr.

2. Es handelt sich um Angaben mit einem Informationsgehalt, nicht lediglich um anpreisende Werbung. Die Angaben sind geeignet, den Verkehr irrezuführen.

Dabei kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die gewerbliche Leistung verstanden haben will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet, also hier der verständige und durchschnittlich informierte Verbraucher (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 5 Rz. 1.57 m.w.N.).

Irreführend kann eine Angabe auch dann sein, wenn sie objektiv richtig ist. Das ist der Fall, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit einer objektiv richtigen Angabe eine unrichtige Vorstellung verbindet.

Zur Überzeugung der Kammer wird durch die an zahlreichen Stellen des Internetauftrittes hervorgehobene Aussage „Beteiligung an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®“ sowie die Verwendung des Begriffs „Indexpartizipation“ bei einem Großteil der angesprochenen Verbraucher der Eindruck erweckt, es erfolge eine zumindest mittelbare Anlage in Finanzprodukte, mit der die im Aktienindex gelisteten Werte abgebildet werden. Nicht zuletzt die von der Beklagten aufgeführten Beispiele (Blatt 7 der Anlage K 1), in welchen einer möglichen Anlage in solche Indexfonds die größere Sicherheit und Bequemlichkeit des beworbenen Produkts gegenüber gestellt werden, verstärken einen solchen Eindruck. Dabei ist das Verständnis beider Parteien zugrunde zu legen, dass Aktienindizes, so auch der hier streitgegenständliche EURO STOXX 50®, beim Verbraucher grundsätzlich positiv konnotiert sind.

Aber auch bei einem denkbaren Teil der adressierten Verbraucher, der bei einer vertieften Beschäftigung mit den Aussagen der Beklagten versteht, dass eine solche - unmittelbare oder auch mittelbare - Beteiligung an den Aktienwerten nicht erfolgt, wird eine unzutreffende Vorstellung von der „Beteiligung an der Wertentwicklung EURO STOXX 50®“ bzw. der „Indexpartizipation“ geweckt. Wie sich aus den Versicherungsbedingungen (Anlage K 2) sowie den Darlegungen der Beklagten ergibt, ist die Bezugnahme auf die Entwicklung des Aktienindexes lediglich ein Parameter der Berechnung für die dem Policenwert am Ende des Geschäftsjahres zuzuschreibende Rendite. Die Rendite wird über den Cap maßgeblich von einer Reihe anderer Faktoren, namentlich der Höhe der jährlichen Überschussanteilsätze, des jährlich zugeteilten Sockelbetrags für die Beteiligung an den Bewertungsreserven sowie insbesondere weiteren Faktoren des Kapitalmarkts wie der Volatilität und der Dividendenrendite (siehe Anlage K 2 Versicherungsbedingungen) und der Anzahl der beteiligten Kunden bestimmt. Insbesondere die Kapitalmarktfaktoren verweisen nicht nur auf die allgemeine Entwicklung des Kapitalmarktes, sondern sind im Einzelnen abhängig von der Auswahl und konkreten Ausgestaltung komplexer, konkret von der Beklagten bzw. der ...-AG an keiner Stelle definierten Kapitalmarktprodukte. Unabhängig von den Vorkenntnissen und dem Verständnis des Kunden ist folglich nicht erkennbar, in welcher Weise sich diese Faktoren auf die Festsetzung des Cap auswirken.

Dabei wird nicht verkannt, dass der aus all diesen Faktoren von der ...-AG ermittelte Cap dem Kunden vor seiner - jährlich neu zu treffenden - Auswahl über die Art der Verzinsung mitgeteilt wird, so dass er sich - auch ohne Kenntnis der konkreten Berechnungsparameter - jedenfalls hieran orientieren kann. Die Irreführung liegt jedoch in dem Umstand, dass durch die beanstandeten Begriffe die Fehlvorstellung geweckt wird, die Renditeerwartung orientiere sich maßgeblich an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50®“ und bei dem Cap handele es sich lediglich um den „Preis“ für die Sicherheiten, die das Konzept bietet (so auf Seite 4 der Anlage K 1 in den Erläuterungen zum Cap), während tatsächlich der Cap die maßgebliche Schlüsselzahl für die Renditeerwartung ist. Eine Korrelation des Renditeversprechens im Produkt IndexSelect mit der Wertentwicklung des Aktienindexes besteht nur sehr eingeschränkt.

Dies ergibt sich anschaulich aus den Berechnungsbeispielen in der Anlage BLD 1 (Tabelle unter der Überschrift „Beispiele für die Funktionsweise des Caps“). Der - exemplarisch gewählte - Cap wurde hier mit 2,8 % eingesetzt. Es zeigt sich in der Tabelle, dass eine Korrelation der Rendite mit der Wertentwicklung des Aktienindexes immer dann nicht gegeben ist, wenn diese eher gut ist und daher über dem Cap liegt. Wie sich aus den Beispielen für einzelne Monate ergibt, kann die Differenz ein Vielfaches der „maßgeblichen Jahresrendite“ ausmachen. Tatsächlich ist es gerade nicht so, dass die Verzinsung der Wertentwicklung des Aktienindexes folgt. Die Verzinsung erfolgt vielmehr in Höhe des Cap. Die Verzinsung ist nach oben begrenzt durch die Wertentwicklung des Aktienindexes, wenn diese niedriger ist als der Cap, im Beispiel also niedriger als 2,8 %. In dem Rechenwerk, aus dem sich die konkrete Verzinsung des Policenwertes beim Produkt IndexSelect ergibt, ist die Wertentwicklung des Aktienindexes folglich lediglich einer von mehreren Parametern, der im Übrigen den Effekt einer Begrenzung der Renditeerwartung nach oben hat, wenn die Wertentwicklung unter dem Cap liegt. Liegt sie oberhalb, im Beispiel höher als 2,8 %, spielt die weitere Wertentwicklung folglich für die Verzinsung überhaupt keine Rolle.

Mit einem solchen eingeschränkten Verständnis der Zusage einer „Beteiligung an der Wertentwicklung“ oder „Indexpartizipation“ muss der Kunde nicht rechnen. In der Gesamtwürdigung der Aussagen in der Anlage K 1 sind die beanstandeten und verwendeten Begriffe folglich irreführend.

3. Die Angaben sind auch wesentlich. Der in der Anlage K 1 verkörperte Internetauftritt hat nicht lediglich den Charakter einer anpreisenden Werbung, sondern enthält bereits maßgebliche Informationen als Grundlage für die Entscheidung zum Geschäftsabschluss. Mit dem hier vermittelten Grund- und Ausgangsverständnis geht der jeweilige Kunde in das Beratungsgespräch. Soweit sich die Beklagte auf das Informationspaket Anlage BLD 1 bezieht, ist dies nicht geeignet, das Verständnis des Kunden richtig zustellen. Vielmehr wird das dargestellte maßgebliche Vorverständnis des verständigen Verbrauchers hier aufgenommen und eher bestärkt. So heißt es beispielsweise in der mit „Vorschalt-PDF“ beschriebene Unterlage: „Beim Vorsorgekonzept IndexSelect partizipieren Sie nach einem festgelegten Verfahren an der Kursentwicklung des Aktienindex EURO STOXX 50®.“

Eine Erläuterung der Indexpartizipation findet sich in dem Informationspaket unter der Überschrift „Indexpartizipation-Funktionsweise“.

Die hier gewählte Formulierung, wonach die Indexpartizipation die jährliche Entwicklung der Versicherung ist, die sich an der Wertentwicklung des EURO STOXX 50® orientiert, könnte zwar geeignet sein, die Vorstellung, es werde eine Beteiligung an Indexwerten erworben, entkräften. Dies gilt jedoch nicht für die Vorstellungen, die zum Cap als bloßer „Preis“ für die Sicherheit erweckt werden. Das letztlich der Cap die maßgebliche Größe für die Renditeerwartung ist und die Wertentwicklung des Aktienindexes eine in erster Linie begrenzende Wirkung hat, wird hier nicht ausreichend klar gestellt.

4. Der Unterlassungsanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung eines Unterlassungsanspruches aufgrund einer Dauerhandlung beginnt nicht, solange der Eingriff noch fortdauert (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 11 UWG, Rn. 1.21 m.w.N.). Jedenfalls bei Klageerhebung am 15.03.2017 verwendete die Beklagte die bereits in der Abmahnung vom 26.05.2016 (Anlage BLD 5) gerügten, hier streitgegenständlichen Formulierungen fort.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 709 ZPO.

Verkündet am 23.03.2018

Anlage K1

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Endurteil, 23. März 2018 - 37 O 12326/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht München I Endurteil, 23. März 2018 - 37 O 12326/17

Referenzen - Gesetze

Landgericht München I Endurteil, 23. März 2018 - 37 O 12326/17 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 5 Irreführende geschäftliche Handlungen


(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. (2) Eine

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 13 Abmahnung; Unterlassungsverpflichtung; Haftung


(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehr

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 11 Verjährung


(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten und der Anspruch aus § 9 Absatz 2 Satz 1 verjährt in einem Jahr. (2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn 1. der Anspruch entstanden ist und2. der Gläubiger von

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 14 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung


(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig. (2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grun

Referenzen

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten und der Anspruch aus § 9 Absatz 2 Satz 1 verjährt in einem Jahr.

(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(3) Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens in 30 Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an.

(4) Andere Ansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in drei Jahren von der Entstehung an.

(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.

(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:

1.
Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
2.
die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,
3.
ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
4.
die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
5.
in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.

(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht, kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei

1.
im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder
2.
sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder soweit entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Der Anspruch nach Satz 1 ist beschränkt auf die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, die der Abmahnende geltend macht. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung der Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.

(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Satz 2 gilt nicht für

1.
Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder
2.
Rechtsstreitigkeiten, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten geltend gemacht werden,
es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte eines von ihnen als Gericht für Wettbewerbsstreitsachen zu bestimmen, wenn dies der Rechtspflege in Wettbewerbsstreitsachen dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 richtet sich die Zuständigkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch nach § 9 Absatz 2 Satz 1 geltend gemacht wird, nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.