Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Dem Kläger wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

über die Beklagte zu behaupten, sie sei „regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle“,

wie dies auf der Internetseite www.der-semit.de am 26.10.2016 geschehen ist.

3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 38 % und die Beklagte 62 % zu tragen.

5. Das Urteil ist in Ziffer 4. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags und in Ziffer 2, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 7.500,– vorläufig vollstreckbar.

6. Der Streitwert wird auf 46.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger und Widerbeklagte sowie die Beklagte und Widerklägerin begehren jeweils vom anderen das Unterlassen von Äußerungen.

Der jüdische Kläger wuchs als Sohn von Holocaust-Flüchtlingen in Israel auf und diente längere Zeit in der dortigen Armee. Der Kläger ist seit den 1970er Jahren in Deutschland als jüdischer Publizist und Verleger tätig, bis 2012 war er Inhaber des von seinem Vater übernommenen ... Verlags. 1988 gründete der Kläger die politische Zeitschrift SEMIT, welche mittlerweile im Internet unter dem Titel „DER SEMIT – die andere jüdische Stimme“ erscheint. Unter www.der-semit.de/category/aktuelles befindet sich ein Blog, in dem der Kläger wie auch externe Autoren Beiträge veröffentlichen.

Die Beklagte ist Holocaust-Überlebende und 1932 geboren. Seit 1985 ist sie Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, von 2005 bis 2013 war sie Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses und von 2003 bis 2010 Vizepräsidentin des Europäischen Jüdischen Kongresses.

Der Kläger wollte am 23.09.2016 in Zusammenarbeit mit dem Verein „Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.“ in den Räumlichkeiten des Münchener Eine-Welt-Haus e.V. einen Vortrag mit dem Titel „Antisemitismus heute“ halten. Die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt, nachdem der Kulturreferent der Stadt München am 21.09.2016 die Überlassung der städtischen Räume zur Durchführung der genannten Veranstaltung mit der Begründung untersagt hatte, die Veranstaltungsankündigung enthalte Formulierungen, die in Richtung einer Delegitimierung Israels gingen, dies lege nahe, dass „in der Veranstaltung die Grenze zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus überschritten“ werde.

Die Vortragsveranstaltung sollte dann in die Räumlichkeiten des katholischen KKV Hansa e.V. München (Brienner Straße 39) stattfinden. Die Beklagte sandte dem Vorsitzenden dieses Vereins, ... (cc. Generalvikar ...), am 23. September 2016 vormittags eine E-Mail (Anlage K 2), in der über den Kläger stand:

„Speziell der Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt. So urteilte das Frankfurter Oberlandesgericht im Jahr 2007, der Verleger und Publizist müsse den Vorwurf hinnehmen, „Kapazität für angewandte Judäophobie“ zu sein und „den Adolf gemacht“ zu haben.“

Der Kläger ließ die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10.10.2016 abmahnen, eine Unterlassungserklärung wurde nicht abgegeben. Eine zum 21.10.2016 angekündigte Stellungnahme blieb aus.

Der Kläger veröffentlichte die streitgegenständliche E-Mail der Beklagten in einem Internetbeitrag „... dreht durch“ vom 23.10.2016 auf seiner Internetseite (Anlage B 11), in welchem er die Beklagte als „jüdischen Clown“ bezeichnete und in Bezug auf sie behauptete, sie „empfängt ihre Befehle vermutlich direkt vom Chef“.

Am 26.10.2016 veröffentlichte der Kläger einen Internetbeitrag mit dem Titel „Jüdische Chuzpe wird nur noch von israelischer Chuzpe (Unverfrorenheit) übertroffen“ (Anlage B 12). Darin schrieb der Kläger über die Beklagte, den Botschafter des Staates Israel S.E. ... und den Publizisten ...:

„Erst vor kurzem haben wir es in München erlebt, als die Präsidentin der dortigen jüdischen Gemeinde den Vortrag eines jüdischen Referenten verhinderte, indem sie per Rundschreiben mitgeteilt hatte: „Speziell der (jüdische) Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“. ... und ... und andere Sayanim sind auch „regelrecht berüchtigt“ für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle. Das müssen aber andere ertragen.“

Der Kläger führte mit dem jüdischen Publizisten ... in den Jahren 2006/2007 einen äußerungsrechtlichen Rechtsstreit vor dem LG und dem OLG Frankfurt am Main. In dem Verlag des Klägers war ein kontrovers diskutiertes Buch des Auschwitz-Überlebenden ... erschienen. Hierzu veröffentlichte ... im Internet einen Beitrag mit der Überschrift: „Holo mit Hajo: Wie zwei Juden für die Leipziger den Adolf machen“. Er schrieb, die beiden seien „Kapazitäten für angewandte Judäophobie“, der Kläger habe „eine Lücke entdeckt, die er fleißig mit braunem Dreck füllt“. Das OLG Frankfurt (Anlage B 1) entschied, dass es sich bei den Äußerungen „Kapazitäten für angewandte Judäophobie“ und „den Adolf machen“ um Meinungsäußerungen handele, die der Kläger in einem polemisch geführten Meinungskampf hinnehmen müsse. Die Äußerung, der Kläger „fülle [eine] Lücke mit braunem Dreck“ wurde untersagt.

Der Kläger veröffentlichte am 16.07.2009 einen Beitrag mit der Überschrift „Wo Hass keine Grenzen kennt“ Jagdaktion gegen ... (Anlage B 5). In diesem Beitrag bezeichnet der Kläger Bedienstete des israelischen Außenministeriums als „Blockwarte“, Siedlungen in der Westbank und in Gaza als „Ghettos“.

Am 25.4.2015 trat der Kläger als Gastredner auf der Veranstaltung „Palestinians in Europe Conference“ auf. Diese Veranstaltung wurde jährlich in einer anderen europäischen Stadt durchgeführt. Im April 2015 in Berlin wurde sie erstmals ohne direkte Beteiligung der Hamas veranstaltet. Es traten Organisationen wie das „Palestine Return Center London“ und die „Palästinensische Gemeinschaft Deutschland e.V.“ auf, die nach dem Verfassungsschutzbericht Berlin für 2015 (Anlage B 21) Verbindungen zur Hamas aufweisen und Hamas-Anhänger zu ihren Mitgliedern zählen.

Der Kläger führte in seiner Rede (Anlage B 6) aus:

„Der Zentralrat der Juden hat unlängst von den Moslems in diesem Land gefordert, dass sie sich bei den Juden entschuldigen, weil es auf manchen Demonstrationen zu judenfeindlichen Parolen gekommen ist. Die Parolen waren aber nicht „judenfeindlich“ sondern schlimmstenfalls anti-israelisch, anti-zionistisch und ein Ausdruck von Wut, des Zorns und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an ihren Freunden und Verwandten in Gaza. Vergessen wir nicht, das es insgesamt mehr als 2100 Tote und mehrere Tausend Verletzte gegeben hat und zigtausend Obdachlose, weil tausende von Häusern zerstört worden sind. Eine durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss.

Für die rassistischen Reaktionen in der Redaktion der jüdischen Zeitung, die vom Zentral offensichtlich gedeckt werden und für die demnach kein anderer als der Zentralratsvorsitzende ... verantwortlich ist, müsste sich der Zentralrat sehr wohl, sehr dringend und in vollem Umfang entschuldigen, und die Entschuldigung auf der ersten Seite drucken. Der Zentralrat wird es aber nicht tun, weil er zu schwach und zu feige ist und versucht, seine Hände in Unschuld zu waschen, wie die Führung der Nazis sich auch niemals für die Ausfälle des „Völkischen Beobachters“ entschuldigt hat.“

Auf Demonstration 2014 in Berlin, Frankfurt am Main, Essen und Gelsenkirchen hatten Hamas-Anhänger die Parolen skandiert:

  • -Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!

  • -Scheiß-Juden, wir kriegen euch!

  • -Hamas, Hamas, Juden ins Gas

Der Kläger veröffentlichte am 16.9.2016 auf seiner Internetseite den Beitrag: „Hass-Fabrik“ HAWK? (Anlage B 10), in dem es u.a. heißt:

„... war ein folgsamer Beamter, der die Befehle ausgeführt hat, die man ihm erteilt hatte. Hätte man ihm befohlen blonde Frauen einzusammeln und in Todeslager zu verfrachten, er hätte es auch gemacht, und wenn man ihm befohlen hätte, Schwarze oder Chinesen in Züge zu stecken und nach Auschwitz zu fahren, er hätte es auch gemacht. ... war ein Verbrecher und das wiegt schwerer als die Frage, ob er auch Antisemit war.

Es ist deshalb auch absolut falsch und dumm zu behaupten, wie es ... tut, der Antisemitismus sei Bestandteil der DNA der Deutschen. Auch Hass auf Araber liegt nicht in der DNA der Israelis und der Juden erst recht nicht. Dass Deutsche trotzdem das getan haben, was sie taten, ist das Ergebnis politischer Verführung und Gehirnwäsche. In Israel ist es genauso.

Wenn aber jemand glaubt „Die Juden sind unser Unglück“ oder wenn jemand unbedingt will, dass „Juda verrecke“, dann kann man von pathologischen bzw. emotionalen Judenhass reden. Das ist die gefährliche Variante die wir bekämpfen müssen, die wir ablehnen müssen.

(...)

Und wenn ... meint, dass man in einem Bericht von Juden über Auschwitz nicht die Sichtweise der Waffen-SS übernehmen kann. Damit hat er allerdings vollkommen Recht, genau wie man in einem Bericht über die Nakba aus Sicht der Opfer, der Palästinenser, nicht auch die Sicht der Täter, der Israelis übernehmen kann. Das nennen er und seine Anhänger einseitig. Aber, wie gesagt, einseitig ist nicht verboten.

(...)

Mich hat er mit Hitler verglichen. Ich überlege heute noch, ob das ein Kompliment oder eine Beleidigung war.“

In einer E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage B 13) an den Europakorrespondenten der Zeitung Jerusalem Post, Herr ... bezeichnete der Kläger die weiblichen Mitglieder im Kabinett der israelischen Regierung (Frau ... (Kultur und Sport) und Frau ... (Justiz)) als Naziweiber.

Der Kläger trägt vor, seine Beiträge ließen sich als „antizionistisch“ bezeichnen, was ihn nicht anfechte. Sie richteten sich gegen gewisse Ausprägungen des Zionismus, also die politische Ideologie von Juden und die damit verbundene Bewegung, die auf Rechtfertigung und Bewahrung eines jüdischen Nationalstaates in Palästina abziele. Das Existenzrecht des Staates Israel bestreite der Kläger insgesamt nicht. Er wende sich gegen die bestehende Siedlungspolitik des Staates Israel und deren gewaltsame Ausprägung. Niemals habe er sich feindlich oder abwertend gegenüber dem Judentum oder seinen Angehörigen als solchen geäußert. Er lehne es strikt ab, diese Bevölkerungsgruppe pauschal zu diskreditieren, er sei häufig gegen antisemitische, also das Judentum und seine Angehörigen als solche pauschal abwertenden Äußerungen eingetreten.

Seine teilweise scharfen und polemischen Äußerungen seien nicht antisemitisch. Er begreife sich weiterhin ausdrücklich als Jude und habe eine positive, weil heimatliche Einstellung zum Land (wenn auch nicht immer zum Staat) Israel, er sei kein Gegner des Judentums, dem er selbst angehört. Dieses sei nicht identisch mit dem Staat Israel und seinen Institutionen, was nicht nur die zahlreichen jüdischen Kritiker des Staates Israel bestätigten, sondern auch in Israel lebende ultraorthodoxe Juden, welche aus religiösen Gründen den Zionismus in seiner institutionalisierten Form ablehnten.

Die Bezeichnung der Beklagten als „Jüdischer Clown“ sei in satirisch-polemischer Weise erfolgt, so dass bei zutreffender Würdigung hierin kein Angriff auf das Judentum zu sehen sei, sondern eine Kritik der Tatsache, dass Personen, die nun einmal in der deutschen Öffentlichkeit dezidiert als Juden aufträten, diese Eigenschaft benutzten, um bestimmte politische Ziele zu rechtfertigen.

Er habe gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen unwahrer Tatsachenbehauptung aus §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Soweit die streitgegenständliche Äußerung der Beklagten darauf abziele, die Vortragstätigkeit des Klägers, für die er honoriert werde, zu unterbinden, liege darin ein Eingriff in seinen Gewerbebetrieb. Bei der Äußerung handele sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, welche die Persönlichkeitsrechte des Klägers besonders gravierend verletze. Er müsse nicht hinnehmen, durch eine derart krude und falsche Behauptung Dritten gegenüber diskreditiert und in seiner Berufsausübung gehindert zu werden.

Die Beklagte, unbestreitbar mit erheblicher Amtsautorität ausgestattet, habe in unmissverständlicher Weise gegenüber einer entscheidungsbefugten Person hinsichtlich einer vom Kläger zu bestreitenden, öffentlich zugänglichen Vortragsveranstaltung interveniert, die es aus Sicht der Beklagten zu verhindern gegolten habe. Zu diesem Zweck habe sie von der aus ihrer öffentlichen Stellung und ihrem Bekanntheitsgrad hergeleiteten Einflussmöglichkeit vehement und mit Erfolg Gebrauch gemacht. Er sei als streitbare Person öffentliche Debatten gewohnt und jederzeit bereit sich zu stellen. Hinterrücks erfolgte Denunziationen wie die streitgegenständliche sei er jedoch nicht mehr bereit hinzunehmen.

Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 22.10.2016 den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerung der Beklagten beantragt. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erließ das Landgericht München I mit Endurteil vom 30.11.2016 die beantragte einstweilige Verfügung. Dem Kläger wurde mit Beschluss vom 4.1.2017 aufgegeben, bis 1.2.2017 Hauptsacheklage zu erheben. Die Klageschrift vom 30.1.2017 ging am 1.2.2017 bei Gericht ein.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten:

„... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.“,

wenn dies geschieht wie in der E-Mail der Verfügungsbeklagten vom 23.09.2016 (Anlage K 3).

Die Beklagte beantragt:

  • 1.Klageabweisung

  • 2.Es wird beantragt festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 21.11.2016, Aktenzeichen 25 O 17754/16, nicht dazu verpflichtet war, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten: „... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.“, wie dies in der E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 geschehen ist.

  • 3.Es wird beantragt, dem Kläger bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen,

    • a)die Beklagte wörtlich oder sinngemäß als „Sayanim“ zu bezeichnen, wie dies auf der Internetseite auf www.dersemit.de am 26.10.2016 geschehen ist,

    • b)über die Beklagte zu behaupten, sie sei „regelrecht berüchtigt für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle“, wie dies auf der Internetseite www.dersemit.de am 26.10.2016 geschehen ist.

Der Kläger beantragt:

Widerklageabweisung.

Die Beklagte meint hinsichtlich des gegen sie geltend gemachten Unterlassungsanspruch (Klage), der Kläger sei zur Duldung der Äußerung verpflichtet, weil sich diese unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen als nicht rechtswidrig erweise. Der Kläger äußere sich nachhaltig und regelmäßig antisemitisch und sei damit auch dafür berüchtigt. Es handele sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine dem Schutzbereich des Art. 5 GG unterliegende Wertung und Meinungsäußerung. Eine Schmähung liege nicht vor. Eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung folge nicht bereits aus der Verwendung des Begriffs Antisemitismus oder antisemitisch. Auch wenn damit Gegner des Judentums bezeichnet werden und der Vorwurf vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte besonders negativ besetzt ist, führe die Bezeichnung nicht per se zu einer Diffamierung der Person und zu einer ein sachliches Anliegen völlig in den Hintergrund drängenden persönlichen Kränkung. Sie habe zudem ein hinreichend sachliches Anliegen verfolgt, was sich bereits aus dem Wortlaut der E-Mail und dem Kontext der Äußerung ergebe.

Die Beklagte führt aus, der Kläger verteidige öffentlich die Kampagnen und Aufrufe der „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina“-Bewegung (BDS). Diese propagiere die Abschaffung des Staates Israel als Heimstätte des jüdischen Volkes, indem sie die Rückkehr von Millionen palästinensischer Flüchtlinge fordere. Zur Durchsetzung seines Ziels bediene sich der BDS generell der NS-Analogie, ziehe bewusst Parallelen zu Naziparolen, wie „Kauft nicht bei Juden“ und nehme die israelische Bevölkerung in Kollektivhaftung, wobei nicht die Taten eines Individuums, sondern nur seine soziopolitischen Hintergründe zum Anknüpfungspunkt der Schuld gemacht würden. Darin sei ein typisch völkisches nationalsozialistisches Verständnis von Strafrecht zu sehen.

Der Verein, auf dessen Veranstaltung der Kläger habe reden wollen, sei antisemitisch ausgerichtet, setze sich nicht für eine Deeskalation im Nahost-Konflikt und einen israelisch-palästinensischen Friedensprozess ein, sondern sorge mit israelbezogenem Antisemitismus für bundesweite Skandale und propagiere öffentlich die Delegitimierung Israels. Da es in dem Ankündigungstext zu der Veranstaltung geheißen habe, es wäre der „hierzulande hysterisierte Antisemitismusvorwurf zu problematisieren“ und es werde eine Abrechnung „mit jüdischen Interessengruppen, denen eine nicht zu rechtfertigende Identifikation mit Israel“ vorzuwerfen sei, erfolgen, habe sich die Beklagte zu der E-Mail aufgrund der antisemitischen Ausrichtung des Vereins veranlasst gesehen.

Durch dass von dem Kläger verwendete „NS-Vokabular“ (Blockwarte, Ghetto) stelle er die Mitarbeiter der israelischen Regierung mit NS-Funktionären gleich. Dadurch bediene er sich des vom EFA genannten Beispiels für aktuellen politischen Antisemitismus. Für die Bewertung der Begrifflichkeit als antisemitisch sei es unerheblich, dass damit eine Ablehnung der bezeichneten Person kundgetan werden sollte. Antisemitisch seien nicht solche Begriffe, die Antisemiten und Nazis verwendeten, sondern solche Bezeichnungen, die den jüdischen Staat Israel oder seine Institution mit dem nationalsozialistischen Tötungsapparat gleichsetzten. Dies sei beim hiesigen Vergleich aber gerade der Fall.

Der Kläger stelle den Zentralrat der Juden in Deutschland mit der „Führung der Nazis“ und dem „Völkischen Beobachter“ gleich. Er bediene sich erneut nicht nur des Nazijargons in Bezug auf jüdische Menschen und Organisationen, er vergleiche die Funktion des Zentralrats der Juden mit einem der schlimmsten Instrumentarien zur millionenfachen Ermordung von Juden.

Der Kläger bediene sich in Bezug auf die Beklagte des Klischees, diese fühle sich dem Staat Israel stärker verpflichtet, als der Bundesrepublik Deutschland. Unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs sei es gerechtfertigt, dies als antisemitisch zu bewerten.

Der Kläger könne sich nicht als Antizionist exkulpieren. Die Begriffe Antizionismus und Antisemitismus würden in Wissenschaft und Weltgeschichte gleichgestellt (Martin Luther King, Jean Améry).

Der Kläger habe sich nachweislich mehrfach in der breiten Öffentlichkeit des Internets, der von ihm zu verantwortenden Internetpräsenz sowie auf öffentlichen Veranstaltungen antisemitisch geäußert, da seine von antisemitischen Äußerungen durchzogenen Vorträge audiovisuell festgehalten und jederzeit abrufbar sind. Aufgrund der umfangreichen Berichterstattung zum Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie dem dazu ergangenen Urteil und insbesondere zu den Feststellungen des Gerichts seien dessen antisemitische Äußerungen in der Öffentlichkeit sogar noch weiter verbreitet worden.

Zudem werde die Internetseite des Klägers von zahlreichen Sympathisanten für aggressiv israel-feindliche Kommentare genutzt. Seine Aussagen stießen regelmäßig auf Kritik. Seine Aussagen und Provokationen erführen eine derart große Resonanz, dass er als Gastredner auf den wichtigsten Kongress der Hamas eingeladen worden sei. Dass dies in erster Linie damit zusammenhänge, dass sich der Kläger als Jude geriere, sei evident. Deshalb werde er von anderen antisemitischen Agitatoren eingeladen, um so auf ähnliche Positionen eines Juden verweisen zu können. Die Beklagte gehe aufgrund der Vielzahl der antisemitischen Äußerungen sowie deren umfangreicher Rezeption und der erheblichen positiven bzw. negativen Resonanz auf der Internetseite des Klägers und in der Presse zurecht davon aus, dass dem Kläger ein entsprechender Ruf vorauseile. Dass sie diesen Ruf als schlecht bewerte, sei allemal gerechtfertigt.

Hinsichtlich der Äußerungen in dem am 26.10.2016 veröffentlichten Internetbeitrag, in dem der Kläger unter anderen über die Beklagte als „Sayanim“, sowie als „regelrecht berüchtigt für antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle“ schreibt, habe sie einen Unterlassungsanspruch.

Die Bezeichnung der Beklagten als „Sayanim“ erweise sich als antisemitisch. Der Kläger bediene sich der Bezeichnung in ihrer antizionistischen und antisemitischen Verwendungsweise, wonach „Sayanim“ freiwillige jüdische Kollaborateure des israelischen Auslandsgeheimdienstes seien, die Informationen weitergäben, Geheimnisse verrieten und wichtiger Bestandteil der jüdischen Weltverschwörung seien. Die Bedeutung müsse zudem im Zusammenhang mit der konkreten Verwendung des Begriffes durch den Kläger beurteilt werden. Der Kläger behaupte über die Beklagte, sie sei eine Zuarbeiterin eines ausländischen Geheimdienstes, namentlich des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad. Die Behauptung sei nicht nur (unstreitig) unwahr, sondern stelle zugleich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Es sei zusätzlich eine schmähende Ehrverletzung, ihr als Jüdin die Fernsteuerung von außen, nämlich durch die israelische Regierung zu unterstellen.

Die Behauptung, dass die Beklagte regelrecht berüchtigt für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle sei, stelle eine rechtswidrige Meinungsäußerung mit schmähendem Charakter dar.

Die Äußerung sei ohne sachliches Anliegen getätigt worden. Es würden keinerlei tatsächliche Anknüpfungspunkte für die Schlussfolgerung genannt. Stattdessen gehe es dem Kläger allein darum, die Beklagte zu beleidigen und schlecht zu machen. Auch in einer Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers und dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten sei dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten der Vorrang einzuräumen. Die Äußerung enthalte tatsächliche Elemente, die nachweislich unrichtig seien und bewusst falsch behauptet würden. Der Kläger wisse, dass die Beklagte weder antidemokratisch sei, noch rassistische Ausfälle habe. Er wisse auch, dass sie in der Öffentlichkeit keinen dahingehenden schlechten Ruf genieße. Einen solchen wolle er vielmehr erst kreieren.

Die Beklagte sei zudem nicht schon wegen polemischer und provozierender Beteiligung am öffentlichen Meinungskampf weniger schutzwürdig. Sie zeige vielmehr einen sachlichen Ansatz, wodurch sich ihre Äußerung in entscheidungserheblicher Weise von der klägerischen Äußerung unterscheide. Außerdem sei die E-Mail der Beklagten lediglich und ausschließlich an zwei Personen und nicht an die Öffentlichkeit im Rahmen eines Meinungskampfes gerichtet gewesen. Der Kläger selbst habe Kenntnis nur durch die Zuleitung durch die KKV Hansa e.V. München erlangt.

Für „rassistische Ausfälle“ bleibe den Kläger jede Darlegung schuldig, ebenso für „regelrecht berüchtigt“.

Der Kläger erwidert, es bestehe kein eigenständiges Feststellungsinteresse für den Widerklageantrag Ziffer 1, der dem Hauptsacheantrag gewissermaßen spiegelbildlich entspreche. Dem stehe schon das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit entgegen.

Der angesprochene Boykottaufruf des BDS beziehe sich nur auf Waren und Dienstleistungen aus den besetzten Gebieten.

Begriffe wie Blockwart und dergleichen würden heutzutage durchaus abwertend als negative Zuschreibung für besonders verabscheuungswürdige Personen und deren Handlungen gebraucht. So habe auch der Kläger in dem konkreten Zusammenhang die Begriffe gebraucht. Indem er bestimmte Personen polemisch als Blockwarte bezeichnete, habe er seine harsche Kritik an diesen Personen zum Ausdruck gebracht, weil er sie mit einem (zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anzutreffenden) Personentyp verglich, den er rundheraus ablehne. Hierin liege keine positive Haltung gegenüber derartigen Typen und Institutionen, sondern deren schroffe Ablehnung. In dieser Bedeutung werde der Begriff im heutigen Sprachgebrauch durchweg mit deutlich abwertendem Sinngehalt verwendet. Tatsächliche Antisemiten und Nazis würden keine derartigen Zuschreibungen für Personen/Personengruppen, die sie scharf kritisieren wollen, verwenden.

Indem er weibliche Angehörige der israelischen Regierung als Naziweiber tituliere, kritisiere er politische Missstände, nicht jedoch die Angehörigkeit der so geschmähten Personen zur Religion des Judentums.

Die Polemik in dem Beitrag vom 16.9.2016 (Anlage B 10) enthalte einen Versuch der Definition dessen, was antisemitisch und aus diesem Grund abzulehnen sei. Im Übrigen enthalte dieser Artikel eine weitere polemische Auseinandersetzung des Klägers mit dem Publizisten .... Hier werde gewissermaßen eine Privatfehde in der Öffentlichkeit ausgetragen. Über Angriffe auf Herrn ... hinaus enthalte dieser Artikel keine Darstellungen, welche Angehörigen des Judentums als solche hinabwürdigten.

Der Versuch, ein Berüchtigtsein nachträglich zu konstruieren, weil nach der Verhandlung und dem darauf folgenden Urteil im Eilverfahren eine gewisse Presseresonanz zu verzeichnen gewesen sei, sei untauglich. Maßgeblich sei nach wie vor der Zeitpunkt der inkriminierten, von der Beklagten getätigten Falschbehauptung.

Bei der Äußerung in dem Artikel vom 26.10.2016 handele es sich offenkundig um eine Retourkutsche und insofern um eine direkte Reaktion auf die Intervention der Beklagten, die Anlass für die vorliegende Streitigkeit gewesen ist.

Die von der Beklagten dem Begriff „Sayanim“ zugrunde gelegte Übersetzung entspreche nicht dem tatsächlichen Sinngehalt. Tatsächlich bedeute der hebräische Begriff Sayan(im) übersetzt Gehilfe bzw. Helfer. Er werde mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt u.a. auch für Personen verwendet, die politische Anliegen des Zionismus und/oder des Staates Israel unterstützten. Keineswegs sei er auf die unterstellte Bedeutung im Sinn einer geheimdienstlichen Tätigkeit beschränkt. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass derartige Begriffe ohnehin stets auch mit einer gewissen Bedeutungsverschiebung im übertragenen Sinne gebraucht werden könnten. Eine analoge Entsprechung in der deutschen Sprache seien Begriffe wie Spitzel und Helfershelfer. Diese seien zweifellos negativ konnotiert, was im vorliegenden Fall auch bezweckt worden sei. Der Vorwurf einer ohnehin nicht beweisbaren Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst sei damit jedoch nicht verbunden.

Der Vorwurf der „antidemokratischen Gesinnung“ und „der rassistischen Ausfälle“ beziehe sich ausdrücklich nur auf die Tatsache, dass die genannten Personen wiederholt politische Gegner mit dem stets besonders schwerwiegenden Antisemitismusvorwurf brandmarkten, um sie in der politischen Diskussion ins Abseits zu stellen. Diesem Vorwurf sei erneut kein antisemitischer Inhalt beizumessen, weil er sich auf bestimmte Praktiken beziehe, nicht jedoch gegen Angehörige des Judentums als solche richte. Schon die Artikelüberschrift mache klar, dass das Judentum und der Staat Israel für den Kläger gerade nicht identisch seien.

Der Vorwurf einer „antidemokratischen Gesinnung“ sei eine reine Meinungsäußerung, die in dem konkreten Zusammenhang ohne weiteres zulässig gewesen sei, zumal ausreichende Anknüpfungstatsachen vorgelegen hätten, welche in dem betreffenden Artikel erläutert würden. Der Kläger sei daran gehindert worden, von seiner Meinungsäußerungsfreiheit Gebrauch zu machen. Kernbestand einer demokratischen Gesinnung sei es, auch Andersdenkende zu Wort kommen zu lassen und sich mit deren politischen und weltanschaulichen Ansichten, seien sie auch noch so kritikwürdig oder gar „falsch“ öffentlich auseinanderzusetzen. Es liege im Bereich des äußerungsrechtlich Erlaubten und stelle keine unzulässige Schmähkritik dar, es als antidemokratisch zu bezeichnen, dass die Beklagte auf Umwegen auf die Absage der Veranstaltung hingewirkt habe. Die Behauptung, die Beklagte „sei für ihre antidemokratische Gesinnung regelrecht berüchtigt“ stelle zudem eine ironische Bezugnahme auf die zuerst von der Beklagten getätigte Äußerung dar.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, die Widerklage ist in Ziff. 1 unzulässig und im Übrigen lediglich teilweise begründet.

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die streitgegenständliche Äußerung in der E-Mail vom 23. September 2016 (Anlage K 2) an Herrn ... (cc. Generalvikar ...) den Kläger nicht rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Er hat daher gemäß §§ 1004 analog, 823 I BGB keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung durch die Beklagte.

1. Bei der streitgegenständlichen Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG NJW 2000, 199, 200 m.w.N.). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (BGH, Urteil vom 23.02.1999, VI ZR 140/98).

Der Beurteilung, ob jemand „für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“ ist, liegt eine Bewertung der Äußerungen des Klägers und der Rezeption dieser Äußerungen durch Dritte zugrunde, bei der die subjektive Sicht des sich Äußernden auf den so Beurteilten maßgeblich ist, so dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt.

2. Nach einer von dem European Forum on Antisemitism (EFA) verwendeten „Arbeitsdefinition“ ist Antisemitismus „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein. Oft enthalten antisemitische Äußerungen die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt negative Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.

Aktuelle Beispiele von Antisemitismus im öffentlichen Leben, in den Medien, Schulen, am Arbeitsplatz und in der religiösen Sphäre können unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:

• Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.

• Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Juden oder die Macht der Juden als Kollektiv – insbesondere die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Juden.

• Das Verantwortlichmachen der Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nicht-Juden.

(...)

• Der Vorwurf gegenüber Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.

Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:

• Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.

(...)

• Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.

• Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.

Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden“ (www.european-forum-on-antisemitism.org/working-definition-of-antisemitism/deutsch-german/).

Nach der Definition im Duden (www.duden.de/) bedeutet Antisemitismus Abneigung oder Feindschaft gegenüber den Juden.

Berüchtigt definiert der Duden als durch schlechte Merkmale, Eigenschaften, üble Taten [weithin] bekannt, gefürchtet; in einem schlechten Ruf stehend; verrufen.

Jemand, der „für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“ ist, ist also eine Person, die wegen ihrer Äußerungen, mit denen sie sich gegen jüdische Menschen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen, religiöse Einrichtungen oder den Staat Israel als jüdisches Kollektiv wendet und dabei beispielsweise falsche oder stereotype Anschuldigungen gegen Juden gebraucht oder Aufrufe zur Tötung von Juden rechtfertigt, verrufen und bekannt ist.

Ob die Äußerungen einer Person dem entsprechen und ob diese Person für diese Äußerungen (weithin) bekannt ist, ist maßgeblich von der Wertung des sich dazu Äußernden geprägt und damit Meinungsäußerung.

3. Meinungsäußerungen stehen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität, insbesondere ihre Richtigkeit unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa wenn sie beleidigenden oder schmähenden Charakter haben, untersagt werden. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht; eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (vgl. BGH VI ZR 14/07; VI ZR 51/99; VI ZR 276/99; VI ZR 298/03; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG NJW 1991, 95, 96; 1991, 1475, 1477; 1993, 1462; 2003, 3760; 2004, 590, 591; 2013, 3021; Az: 1 BvR 444/13).

Eine solche Schmähung ist die streitgegenständliche Äußerung wegen des offensichtlichen Sachbezuges in der streitgegenständlichen E-Mail nicht.

Es ist daher geboten, bei der Entscheidung über den Unterlassungsantrag zwischen dem Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung abzuwägen. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 m.w.N.; vom 20. April 2010 – VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 9. Februar 2010 – VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 – Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 – VI ZR 245/08).

Die Charakterisierung des Klägers als jemand, der für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt ist, kann eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB und eine Beschreibung sein, die geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht des Klägers in erheblicher und weitgehender Weise zu verletzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade vor dem Hintergrund der Verbrechen der Nazidiktatur und des Holocaust sowie des hierdurch geprägten Lebenslaufs beider Parteien die Charakterisierung des Klägers als eines Menschen jüdischer Herkunft, der für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt ist, in besonderer Weise geeignet ist, den so Bezeichneten herabzuwürdigen und in seiner Ehre zu verletzen.

In der gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten ist daher entscheidend, ob die Beklagte über ausreichende Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen verfügt, aus denen sich entnehmen lässt, dass der Kläger für Äußerungen bekannt ist, aus denen sich eine antisemitische Überzeugung oder Einstellung des Klägers in dem unter Ziffer 2. geschilderten Sinne entnehmen lässt.

4. Die von der Beklagten vorgetragenen Äußerungen und Handlungen des Klägers, auf die sich die Beklagte beruft, bieten zur Überzeugung des Gerichts ausreichende Anknüpfungstatsachen dafür, dass die Beklagte den Kläger als für seine antisemitischen Äußerungen berüchtigt beurteilen konnte.

a) Der von dem Kläger auf der Internetseite „Das Palästina Portal“ im Zusammenhang mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Frau ... 2009 veröffentlichte Beitrag mit der Überschrift „Wo Hass keine Grenzen kennt“ Jagdaktionen gegen ... (Anlage B 5), enthält zumindest eine Äußerung des Klägers, die entsprechend der unter Ziff. 2. dargestellten Definition als antisemitisch beurteilt werden kann.

In diesem Beitrag bezeichnete der Kläger Bedienstete des israelischen Außenministeriums als „Blockwarte“, die Siedlungen in der Westbank und dem Gazastreifen als „Ghettos“.

Da der Begriff Ghetto als Bezeichnung für jüdische Wohnviertel bereits lange vor der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten gebräuchlich war, ist dieser Begriff, gleichwohl sie ihn für ihre Zwecke vereinnahmten, nicht dem Nazijargon zuzurechnen, auch wenn die Nationalsozialisten die jüdischen Ghettos dazu missbrauchten, die europäischen Juden dort einzusperren und auszuhungern, bevor Überlebende in Vernichtungslager deportiert wurden. Da Gegenstand des Artikels die Verteidigung der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die lange in Israel tätige jüdische Rechtsanwältin ... war, kann aus der Verwendung des Begriffs Ghetto nicht auf eine judenfeindliche Einstellung des Klägers geschlossen werden. Hinzu kommt, dass der Begriff im heutigen Sprachgebrauch nicht mehr ausschließlich zur Bezeichnung jüdischer Wohnviertel verwendet wird, sondern im übertragenen Sinne auch für Stadtviertel mit einer ausgeprägten abweichenden sozialen und ethnischen Struktur verwandt wird.

Etwas anderes gilt jedoch für die Bezeichnung der Bediensteten des israelischen Außenministeriums als „Blockwarte“. Dieser Begriff wurde für rangniedere Funktionäre der NSDAP wie auch ihrer Nebenorganisationen verwandt, die als Propagandisten für nationalsozialistische Ideologien auftraten und die Bewohner der ihnen zugeteilten Blocks bespitzelten. Ein Gebrauch dieser Bezeichnung vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist dem Gericht weder bekannt noch vorgetragen. Auch in dem Zusammenhang, in dem der Kläger den Begriff konkret einsetzt, drängt sich auf, dass auf die Blockwarte der NSDAP angespielt werden sollte. Soweit der Kläger schreibt:

„(...) Und dann taucht wie immer dieser unsägliche Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dieser bezahlte Israel-Lobbyist von Jerusalems Gnaden, ... auf der auch noch seinen Senf dazugeben muss. „I cannot see what Ms. ... has done for the state of Israel“, oh Gott, was für eine Heuchelei und was für ein Unsinn. Ms. ... lebte mehr als 40 Jahre in Israel und hat dort fast 30 Jahre als Anwältin gearbeitet. Da wird sie doch das Recht haben Kritik zu üben. Jedenfalls ist sie kompetenter über Israel zu reden, als dieser Hobby-Israeli, der nur das gesehen hat und sieht, was ihm die Blockwarte des Außenministeriums gezeigt haben. Hat er nicht mit deutschen Steuergeldern durch die Adenauer-Stiftung zur Unterdrückung der Palästinenser mit beigetragen? Hat dieser Lobbyist jemals die Ghettos in Gaza und der Westbank besucht? Wer fragt denn diesen Wichtigtuer ...? Seit wann kann er beurteilen wer was für Israel getan hat oder nicht? Wer ist er denn? Der Vorsitzende eines Lobbyistenclubs, dessen einzige Aufgabe es ist, als verlängerter Arm der israelischen Propaganda, zu allem Ja und Amen zu sagen, was aus der Hauptstadt Jerusalem kommt. (...)“ (Hervorhebung durch das Gericht)

Damit stellt der Kläger unter der Verwendung eines nationalsozialistisch geprägten Begriffes die Mitarbeiter des israelischen Außenministeriums als Personen dar, welche Propaganda für die israelische Regierung machen. Damit ist es durchaus gerechtfertigt, diese Äußerung als antisemitisch zu beurteilen.

Soweit der Kläger einwendet, eine Beurteilung der Äußerung als antisemitisch sei abwegig, da Begriffe wie Blockwart heutzutage durchaus abwertend als negative Zuschreibung für besonders verabscheuungswürdige Personen und deren Handlungen gebraucht würden, ändert dies nichts daran, dass die Verwendung des Begriffs im konkreten Zusammenhang als antisemitisch verstanden werden konnte. Es mag sein, dass der Kläger durch die polemische Bezeichnung bestimmter Personen als Blockwarte seine harsche Kritik an diesen Personen zum Ausdruck bringen wollte, weil er sie mit einem (zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft anzutreffenden) Personentyp verglich, den er rundheraus ablehnt, und dass der Begriff im heutigen Sprachgebrauch durchweg mit deutlich abwertendem Sinngehalt verwendet wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger Mitarbeiter des Außenministeriums des Staates Israel mit einem von den Nationalsozialisten geprägten Begriff belegt und so einen Zusammenhang herstellt zwischen der Politik des Staates Israel und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, auch wenn dies nicht seine Absicht gewesen sein mag.

Die Beurteilung dieser Äußerung des Klägers durch die Beklagte als antisemitisch ist somit gerechtfertigt.

b) Die Teilnahme des Klägers als Gastredner auf der Veranstaltung „Palestinians in Europe Conference“ und seine dort gehaltene Rede (Anlage B 6) lassen sich ebenfalls als antisemitisch beurteilen.

Der Kläger hat nicht bestritten, dass die an dieser Veranstaltung teilnehmenden Organisationen wie das „Palestine Return Center London“ und die „Palästinensische Gemeinschaft Deutschland e.V.“ Verbindungen zur Hamas aufweisen und Hamas-Anhänger zu ihren Mitgliedern zählen und die Hamas unterstützen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2017 unstreitig gestellt, dass auf den Demonstrationen, die den Zentralrat der Juden zu seiner Stellungnahme zu den judenfeindlichen Parolen veranlasst hatten und auf die der Kläger in seiner Rede Bezug nahm, von den Demonstranten Parolen wie „Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!“, „Scheiß-Juden, wir kriegen euch!“ und „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ gebrüllt wurden und dass er dies im Zeitpunkt seiner Rede wusste. Wenn der Kläger dann in seiner auf dieser Veranstaltung gehaltenen Rede ausführt:

„(...) Die Parolen waren aber nicht „judenfeindlich“ sondern schlimmstenfalls anti-israelisch, anti-zionistisch und ein Ausdruck von Wut, des Zorns und Verzweiflung angesichts des Massenmordes an ihren Freunden und Verwandten in Gaza. Vergessen wir nicht, das es insgesamt mehr als 2100 Tote und mehrere Tausend Verletzte gegeben hat und zigtausend Obdachlose, weil tausende von Häusern zerstört worden sind. Eine durchaus verständliche Reaktion, für die sich keiner entschuldigen muss. (...)“,

dann rechtfertigt er den Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung und das Verantwortlichmachen der Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Juden oder jüdischer Gruppen und erfüllt damit jedenfalls zwei Beispiele für aktuellen Antisemitismus, wie sie von der EFA explizit aufgeführt werden und wie auch die Kammer den Begriff (s.o. 2. a.E.) versteht.

Dass mit der Aufforderung, Juden zu töten und den anderen skandierten Parolen, eine (extrem) feindselige Gesinnung Juden und dem jüdischen Volk gegenüber zum Ausdruck gebracht wird, unterliegt keinem Zweifel. Die Rechtfertigung eines solchen Verhaltens kann ohne jeden Zweifel als antisemitisch beurteilt werden.

c) Auch soweit der Kläger in derselben Rede die Haltung des Zentralrats der Juden zu Artikeln in der „Jüdischen Allgemeinen Zeitung“ mit der Haltung der nationalsozialistischen Führung gegenüber Artikeln im „Völkischen Beobachter“ vergleicht, indem er sagt:

„Für die rassistischen Reaktionen in der Redaktion der jüdischen Zeitung, die vom Zentral offensichtlich gedeckt werden und für die demnach kein anderer als der Zentralratsvorsitzende ... verantwortlich ist, müsste sich der Zentralrat sehr wohl, sehr dringend und in vollem Umfang entschuldigen, und die Entschuldigung auf der ersten Seite drucken. Der Zentralrat wird es aber nicht tun, weil er zu schwach und zu feige ist und versucht, seine Hände in Unschuld zu waschen, wie die Führung der Nazis sich auch niemals für die Ausfälle des „Völkischen Beobachters“ entschuldigt hat.“,

ist eine Beurteilung diese Äußerung als antisemitisch gerechtfertigt. In seiner Äußerung stellt der Kläger den Zentralrat der Juden, der nach den Ausführungen des Klägers in seiner Rede die „Jüdische Allgemeine Zeitung“ herausgibt, mit der Führung der Nationalsozialisten gleich und bedient sich des Nazijargons in Bezug auf jüdische Menschen und Organisationen, er vergleicht die Funktionen und Aufgaben des Zentralrats der Juden mit (nicht wahrgenommenen) Aufgaben der Führung der Nationalsozialisten, verantwortlich für die millionenfache Ermordung von Juden.

d) Soweit der Kläger in der E-Mail vom 28.11.2016 (Anlage B 13) an den Europakorrespondenten der Zeitung Jerusalem Post, Herrn ..., die (jüdischen) Frauen im Kabinett der israelischen Regierung als Naziweiber bezeichnet, stellt er diese mit weiblichen Nationalsozialisten gleich, was als antisemitisch verstanden werden kann (s.o. 4. a)). Dass der Kläger, was sich aus der konkreten E-Mail jedoch nicht erschließt, angibt, er habe politische Missstände kritisieren nicht jedoch die Angehörigkeit der geschmähten Person zur Religion des Judentums angreifen wollen, mag sein, ändert jedoch nichts daran, dass diese Äußerung als antisemitisch beurteilt werden darf.

e) Auch die Äußerungen des Klägers in dem Beitrag vom 16. September 2016 „Hass-Fabrik“ HAWK? (Anlage B 10), in dem es u.a. heißt:

„... war ein folgsamer Beamter, der die Befehle ausgeführt hat, die man ihm erteilt hatte. Hätte man ihm befohlen, blonde Frauen einzusammeln und in Todeslager zu verfrachten, er hätte es auch gemacht, und wenn man ihm befohlen hätte, Schwarze oder Chinesen in Züge zu stecken und nach Auschwitz zu fahren, er hätte es auch gemacht. ... war ein Verbrecher und das wiegt schwerer als die Frage, ob er auch Antisemit war.

Es ist deshalb auch absolut falsch und dumm zu behaupten, wie es ... tut, der Antisemitismus sei Bestandteil der DNA der Deutschen. Auch Hass auf Araber liegt nicht in der DNA der Israelis und der Juden erst recht nicht. Dass Deutsche trotzdem das getan haben, was sie taten, ist das Ergebnis politischer Verführung und Gehirnwäsche. In Israel ist es genauso.

Wenn aber jemand glaubt „Die Juden sind unser Unglück“ oder wenn jemand unbedingte will, dass „Juda verrecke“, dann kann man von pathologischen bzw. emotionalen Judenhass reden. Das ist die gefährliche Variante die wir bekämpfen müssen, die wir ablehnen müssen.“,

können ohne weiteres als antisemitisch aufgefasst werden. Indem der Kläger unter Bezugnahme auf ... und dessen Verbrechen die Greueltaten der Nationalsozialisten und ihre Ursache mit der Einstellung der Israelis zu der israelischen (Siedlungs-) Politik und deren Ursache (jeweils Gehirnwäsche und politische Verführung) vergleicht, stellt wiederum die israelische Regierung und die nationalsozialistische Führung auf eine Stufe, was durchaus als Hass auf die Juden verstanden werden kann.

Dass der Kläger im nächsten Absatz seine Definition von Antisemitismus darlegt, vermag daran nichts zu ändern, da er insoweit einen sehr eingeschränkten Begriff zugrundelegt, der deutlich enger gefasst ist als die übliche Definition von Antisemitismus.

f) Soweit der Kläger in demselben Beitrag schreibt:

„Und wenn ... meint, dass man in einem Bericht von Juden über Auschwitz, nicht die Sichtweise der Waffen-SS übernehmen kann. Damit hat er allerdings vollkommen Recht, genau wie man in einem Bericht über die Nakba aus Sicht der Opfer, der Palästinenser, nicht auch die Sicht der Täter, der Israelis übernehmen kann. Das nennen er und seine Anhänger einseitig. Aber, wie gesagt, einseitig ist nicht verboten.“,

kann dies durchaus so verstanden werden, dass er die Israelis im Hinblick auf die Nabka (wohl Flucht/Vertreibung der Palästinenser 1948) mit der Waffen-SS gleichsetzt, was als antisemitisch aufgefasst werden kann.

Dem Kläger ist zuzugeben, dass er sich in diesem Artikel vor allem mit dem Publizisten ... und dessen Ansichten/Äußerungen in polemischer Art und Weise auseinandersetzt. Die von der Beklagten angeführten Passagen und ihr unmittelbarer Zusammenhang lassen trotzdem die Beurteilung dieser Äußerungen als antisemitisch zu, da sie durchaus so verstanden werden können, dass sie sich gegen Juden und den jüdischen Staat als Heimstatt des jüdischen Volkes richten.

Es kann dahinstehen, ob auch die weiteren zitierten Äußerungen des Klägers als antisemitischen verstanden werden können. Die unter Ziff. 4 a) bis f) angeführten Äußerungen bieten jedenfalls eine ausreichende Grundlage dafür, Äußerungen des Klägers als antisemitisch zu verstehen. Insbesondere die Rechtfertigung der auf den Demonstrationen des Jahres 2014 skandierten Parolen „Jude, Jude feiges Schwein, komm’ heraus und kämpf’ allein!“, „Scheiß-Juden, wir kriegen euch!“ und „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ sowie der Vergleich des Zentralrats der Juden mit der Führung der Nationalsozialisten im Hinblick auf Artikel in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung lassen kaum eine andere Deutung zu.

5. Angesichts der Tatsachen, dass der Kläger seine Ansichten in der Rede auf der „Palestinians in Europe Conference“ vor einer Vielzahl von Menschen äußerte, seine Beiträge in seinem Internet-Blog in der Tat eine umfangreiche Resonanz finden und die Einladung des Klägers zu der Veranstaltung „Palestinians in Europe Conference“ ihre Ursache darin hatte, dass die Ansichten des Klägers den Veranstaltern bekannt waren, konnte die Beklagte zu der Überzeugung gelangen, der Kläger sei für seine Ansichten bekannt. Dass sie seine Ansichten ablehnt und negativ beurteilt und daher die Bekanntheit des Klägers dafür als „berüchtigt sein“ beschreibt, ist eine zulässige Bewertung und Meinungsäußerung.

Damit überwiegt in der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten die letztere. Die Äußerung, die geeignet ist das Persönlichkeitsrecht des Klägers zu verletzen, war nicht rechtswidrig, da die Beklagte über eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für ihre Beurteilung verfügt und zur Begründung ihrer Beurteilung auf das Verfahren zwischen dem Kläger und ... vor dem OLG Frankfurt Bezug nimmt und damit eine, wenn auch knappe Begründung liefert. Der Kläger hat somit gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung.

Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, sich öffentlich mit dem Kläger auseinanderzusetzen, sondern durfte ihre Meinung in der streitgegenständlichen E-Mail dem Vorsitzenden des Vereins mitteilen, in dessen Räumlichkeiten die Veranstaltung stattfinden sollte, auf der der Kläger vortragen wollte. Dass die Beklagte dabei die Zielrichtung verfolgte, die Veranstaltung zu verhindern, ist der E-Mail ohne weiteres zu entnehmen. Die Beklagte darf ihre Reputation und ihre Position als Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde einsetzen, um ihre Meinung zu Veranstaltungen und Vortragenden zu äußern, die sie als antisemitisch beurteilt, soweit sie über eine ausreichende Grundlage verfügt. Da dies vorliegend der Fall war, ist ein Unterlassungsanspruch nicht gegeben.

II.

Der Antrag der Beklagten ist in Ziffer 2. unzulässig und im Übrigen nur begründet, soweit die Beklagte die Unterlassung der Äußerung, sie sei „regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle“, begehrt.

1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Beklagte die Feststellung beantragt, dass sie dem Kläger gegenüber bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 21.11.2016, Aktenzeichen 25 O 17754/16, nicht dazu verpflichtet war, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß gegenüber Dritten zu behaupten: „... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt.“, wie dies in der E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 geschehen ist.

Da im Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage die auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtete Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage bereits rechtshängig war, fehlt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Das erfolgreiche Geltendmachen eines Unterlassungsanspruchs setzt materiell-rechtlich voraus, dass die hinreichend konkrete Gefahr einer zukünftigen Rechtsverletzung besteht. Beurteilt wird die Frage des Vorliegens der Begehungsgefahr für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Dabei muss die Rechtsverletzung für die Zukunft ernsthaft, das heißt mit großer Wahrscheinlichkeit zu besorgen sein (v. Hütten in Götting/Scherz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 47 Rz 9), wobei nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eine Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr begründet. Es muss daher entweder eine Wiederholungsgefahr bestehen, weil die Äußerung bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte, rechtswidrig war, oder weil sie sich aus dem späteren Verhalten der Beklagten ergibt (BGH, Urteil vom 27. Januar 1998 – VI ZR 72/97 – Rn. 27, juris).

Soweit die Beklagte und Widerklägerin also festgestellt haben will, dass der mit der Leistungsklage geltend gemachte Unterlassungsanspruch bereits im Zeitpunkt des Urteils im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung, Az. 25 O 17754/16, nicht bestand, steht auch dem die Leistungsklage entgegen, da zur Begründung der erforderlichen Wiederholungsgefahr die Rechtswidrigkeit der Äußerung bezogen auf den Zeitpunkt der Versendung der E-Mail ist zu prüfen ist.

Darüber hinaus handelt es sich bei dem rein zeitlichen Aspekt der begehrten Feststellung nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, so dass auch aus diesem Grund die Feststellungsklage unzulässig ist. Keinesfalls darf das Fehlen eines Rechtsverhältnisses durch ein allgemeines Klärungsinteresse überspielt werden. Ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 I ZPO besteht grundsätzlich nur, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 2010, 1877; 86, 2507). Diese Aspekte sind jedoch Gegenstand der Leistungsklage, so dass daneben eine Feststellungsklage nicht zulässig ist.

2. Soweit die Beklagte und Widerklägerin es begehrt, dem Kläger und Widerbeklagten zu untersagen, sie wörtlich oder sinngemäß als Sayanim zu bezeichnen, steht ihr ein solcher Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 analog BGB nicht zu, da einerechtswidrige Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts nicht gegeben ist.

Am 26.10.2016 veröffentlichte der Kläger einen Internetbeitrag mit dem Titel „Jüdische Chuzpe wird nur noch von israelischer Chuzpe (Unverfrorenheit) übertroffen“ (Anlage B 12), in dem es auszugsweise heißt:

„Erst vor kurzem haben wir es in München erlebt, als die Präsidenten der dortigen jüdischen Gemeinde den Vortrag eines jüdischen Referenten verhinderte, indem sie per Rundschreiben mitgeteilt hatte: „Speziell der (jüdische) Hauptreferent ... ist für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“. ... und ... und andere Sayanim sind auch „regelrecht berüchtigt“ für ihre antidemokratische Gesinnung und rassistischen Ausfälle. Das müssen aber andere ertragen.“

a) Bei dieser Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung und nicht um eine Tatsachenbehauptung, da in ihr die Sicht und die Bewertung des Klägers auf und über die Beklagte im Vordergrund steht und nicht eine Tatsachenbehauptung, die einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. dazu oben I. 1.).

b) Um zu ermitteln, ob die Äußerung geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht der Beklagten rechtswidrig zu verletzen, ist es zunächst erforderlich, den Sinn der Äußerung zu ermitteln.

Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (BGH VI ZR 204/04, vgl. BVerfGE 93, 266, 295; BGH VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; VersR 2004, 343, 344).

c) Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag beider Parteien bedeutet der Begriff Sayanim wörtlich übersetzt Zuarbeiter, Gehilfe bzw. Helfer. Ebenso unstreitig wird der Begriff darüber hinaus mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt u.a. auch für Personen verwendet, die politische Anliegen des Zionismus und/oder des Staates Israel unterstützen, wobei in diesem Zusammenhang auch eine Verwendung des Begriffes für freiwillige jüdische Kollaborateure des israelischen Auslandsgeheimdienstes, also im Sinn einer geheimdienstlichen Tätigkeit in Betracht kommt.

Soweit nach dem Verständnis eines unbefangenen verständigen Lesers die Bezeichnung der Beklagten durch den Kläger in der letztgenannten Bedeutung erfolgte, käme eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten in Betracht. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Sinndeutung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu ermitteln.

Bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen ist im Rahmen der rechtlichen Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit hat, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen ist. An diesen Inhalt werden die für die Abwägung bei Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, wird entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind oder, wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241; 93, 266).

Ist der Äußernde nicht bereit, der Aussage einen eindeutigen Inhalt zu geben, besteht kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund, von einer Verurteilung zum Unterlassen nur deshalb abzusehen, weil die Äußerung mehrere Deutungsvarianten zulässt, darunter auch solche, die zu keiner oder nur einer geringeren Persönlichkeitsverletzung führen. Der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht sind vielmehr alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten zu Grunde zu legen, die dieses Recht beeinträchtigen (Stolpe-Beschluss, BVerfG v. 25.10.2005, Az: 1 BvR 1696/98).

d) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten vorgetragene Sinndeutung der Äußerung des Klägers, nämlich dass dieser den Begriff in seiner Bedeutung als Beschreibung eines freiwilligen jüdischen Kollaborateurs des israelischen Auslandsgeheimdienstes verwendet hat und damit über die Beklagte behauptet, sie sei eine Zuarbeiterin eines ausländischen Geheimdienstes, namentlich des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, fernliegend.

Der Beitrag, in dem die streitgegenständliche Äußerung enthalten ist, beschäftigt sich zunächst mit einer Aufforderung des israelischen Botschafters an den Regierenden Bürgermeister von Berlin ihm mitzuteilen, wie er die Veranstalter eines palästinensischen Kulturfestivals zur Rechenschaft ziehen werde, weil auf dem Festival Israel kritisiert wurde, in Bezug auf die Meinungsfreiheit. Von diesem Ausgangspunkt zieht der Kläger einen Bogen zu einer Äußerung von Sigmar Gabriel bei einem Besuch im März 2012 in Israel und der diesbezüglichen Kritiker des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland. Dann folgt die Passage mit der streitgegenständlichen Äußerung. Anschließend beschäftigt sich der Beitrag wieder mit den Äußerungen auf dem Kulturfestival.

In diesem Zusammenhang versteht der unbefangene Leser, soweit er ihn überhaupt kennt, die Verwendung des Begriffs Sayanim als für Personen stehend, die politische Anliegen des Staates Israel unterstützen, was der Kläger nicht gutheißt. Ein Bezug zu einer Unterstützung des Mossad oder zu freiwilligen jüdischen Kollaborateuren des israelischen Auslandsgeheimdienstes erschließt sich dem unbefangenen Leser jedoch nicht. Für eine solche Auslegung fehlen jedwede Anhaltspunkte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auf der Internetseite des Klägers sich ein anderer Beitrag mit dem Titel „Die Sayanim – Schattenkrieger des Mossad“ (Anlage B 25, vom 01.05.2015) findet, da auf diesen Beitrag in keiner Weise Bezug genommen wird. Es handelt sich daher nicht um einen Begleitumstand, der für den Leser erkennbar ist, zumal beide Beiträge ca. 1 1/2 Jahre auseinanderliegen. Die von der Beklagten angenommene Auslegung ist daher fernliegend.

Da die Beklagte unstreitig die Anliegen des Staates Israels unterstützt, verletzt die Verwendung des Begriffes Sayanim ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht in rechtswidriger Weise. In der gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers, überwiegt letztere. Dass der Kläger die Überzeugungen der Beklagten nicht teilt und zumindest teilweise heftig ablehnt und dies durch seine Wortwahl zum Ausdruck bringt, muss die Beklagte hinnehmen.

3. Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung sie sei „regelrecht berüchtigt für ihre (...) rassistischen Ausfälle“, die Äußerung sie sei „regelrecht berüchtigt für ihre antidemokratische Gesinnung“ muss sie hingegen hinnehmen.

Bei der streitgegenständlichen Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung, mit der der Kläger das Verhalten der Beklagten be- und verurteilt, und nicht um eine Tatsachenbehauptung. Wie ausgeführt, ist die Äußerung in ihrem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, wobei für die Ermittlung des Aussagegehalts der Äußerung darauf abzustellen ist, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird. Eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils ist regelmäßig nicht zulässig, sondern es sind auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 139, 95, 102).

Wenn man unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe den Absatz betrachtet, in dem die streitgegenständliche Äußerung enthalten ist, so erschließt sich dem unvoreingenommenen Durchschnittsleser, dass der Kläger mit seiner Formulierung auf die Äußerung der Beklagten über den Kläger in der E-Mail vom 23.09.2016 (Anlage K 2) Bezug nimmt und diese zitiert. Es handelt sich um eine offensichtliche, polemisch formulierte Retourkutsche für die Äußerung der Beklagten, die letztlich den Vortrag des Klägers erfolgreich verhindert hat.

a) Die Ausführungen des Klägers, er sei von der Beklagten durch die E-Mail vom 23. September 2016 daran gehindert worden, von seiner Meinungsäußerungsfreiheit Gebrauch zu machen, was den Kernbestand einer demokratischen Gesinnung, nämlich auch Andersdenkende zu Wort kommen zu lassen, verletze, sind geeignet eine ausreichende Tatsachengrundlage für seine Äußerung, die Beklagte sei für ihre anti-demokratische Gesinnung regelrecht berüchtigt, zu bilden. Es ist zutreffend, dass die Beklagte eine direkte Konfrontation mit dem Kläger nicht zugelassen hat, sondern ohne dessen Einbeziehung und ohne ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu geben, auf die Absage der Veranstaltung hingewirkt hat. Ein solches Verhalten als antidemokratisch zu bezeichnen, liegt im Bereich des äußerungsrechtlich Erlaubten und stellt keine unzulässige Schmähkritik dar, da ein ausreichender Sachbezug gegeben ist.

Auch in der gebotenen Abwägung zwischen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers überwiegt insoweit die Meinungsäußerungsfreiheit. Durch die von dem Kläger gewählte Art der Formulierung mit der er die Beklagte wörtlich zitiert und ihre eigene Formulierung gegen sie wendet, um sie und ihr Vorgehen zu kritisieren, wird deutlich, dass es sich um eine polemische Reaktion auf das Verhalten der Beklagten handelt, die diese hinnehmen muss, da ihr eigenes Verhalten gegenüber dem Kläger diesem ausreichende Anhaltspunkte für diese Bewertung gegeben hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte die öffentliche Konfrontation mit dem Kläger gerade nicht gesucht, sondern sich darauf beschränkt hat, eine E-Mail an zwei Personen zu schreiben. Es ist das Recht des Klägers, das Vorgehen der Beklagten öffentlich zu machen und öffentlich darauf zu reagieren. Er ist nicht verpflichtet, stillschweigend hinzunehmen, dass er „hinter seinem Rücken“ und ohne, dass ihm eine Einflussmöglichkeit eingeräumt wurde, daran gehindert wurde, einen Vortrag zu halten. Die Beklagte kann sich insoweit gerade nicht darauf berufen, dass sie den öffentlichen Meinungskampf gerade nicht gesucht hat. So wie der Kläger hinnehmen muss, dass die Beklagte ihre Meinung über ihn per E-Mail Personen mitteilt, die eine den Kläger betreffende Entscheidung zu treffen haben, so muss die Beklagte hinnehmen, dass der Kläger diese öffentlich macht und seine Meinung diesbezüglich öffentlich kundtut.

b) Soweit der Kläger der Beklagten in seiner Äußerung rassistische Ausfälle unterstellt, hat er keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, die eine solche Beurteilung der Beklagten rechtfertigen würden. Auch die E-Mail der Beklagten, auf die der Kläger mit seiner Äußerung reagiert, lässt keinerlei Rückschlüsse auf ein entsprechendes Verhalten der Beklagten zu.

Bei der Äußerung, die Beklagte sei für ihre rassistischen Ausfälle regelrecht berüchtigt, handelt es sich nach den oben dargestellten Grundsätzen um eine Meinungsäußerung, die geeignet ist, das Persönlichkeitsrecht der Beklagten zu verletzen. Aufgrund des ausreichenden Sachbezugs der Äußerung ist diese nicht bereits als Schmähkritik unzulässig. Aus der Äußerung ergibt sich, wie ausgeführt, dass der Kläger mit dieser Äußerung auf die E-Mail der Beklagten vom 23.9.2016 und die darin enthaltene Äußerung über den Kläger reagiert. Da der Kläger insoweit seine Kritik und seine Verärgerung über das Verhalten der Beklagten zum Ausdruck bringen will und darf, ist ein ausreichender Sachbezug gegeben, so dass nicht die Diffamierung der Beklagten im Vordergrund steht und die Äußerung nicht jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person der Beklagten besteht, zumal eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung für die Annahme einer Schmähung nicht ausreichend ist.

Da der Vorwurf rassistischer Ausfälle geeignet ist, den Tatbestand der Verleumdung oder der Beleidigung zu erfüllen, kommt es in der gebotenen Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers und dem Persönlichkeitsrecht der Beklagten darauf an, ob die Beklagte dem Kläger eine für diese Beurteilung ausreichende Grundlage geboten hat. Hierzu fehlt jeglicher Sachvortrag des Klägers. Die E-Mail, auf die der Kläger reagiert, stellt keine geeignete Grundlage dafür dar, die Beklagte rassistischer Ausfälle zu bezichtigen. Auch ansonsten hatte der Kläger nichts vorgetragen, was eine solche Beurteilung der Beklagten begründen könnte.

Da der Meinungsäußerung des Klägers damit jegliche Tatsachengrundlage fehlt, überwiegt in der insoweit gebotenen Abwägung zwischen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers das Persönlichkeitsrecht der Beklagten.

Die Äußerung des Klägers ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechts zum Gegenschlag gerechtfertigt. Damit wird das Recht bezeichnet, auf öffentlich erhobene ehrkränkende Vorwürfe mit der Wiedergabe der eigenen Sachdarstellung auch gegenüber Meinungsmultiplikatoren wie Presse, Rundfunk etc. zu reagieren, ohne dass dem Angegriffenen, der die Wahrheit der gegen ihn gerichteten Behauptungen leugnet, der Beweis der Richtigkeit seiner Darstellung obläge. Voraussetzung für eine solche Berechtigung ist aber, dass die Auseinandersetzung noch aktuell ist und dass die „Gegenschlags-Äußerungen“ sich als Verteidigung gegen die in diesem Zusammenhang erhobenen öffentlichen Vorwürfe darstellen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 U 152/13 – Rn. 64, juris).

Eine solche Situation bestand im Streitfall jedoch nicht. Die Beklagte hatte sich gerade nicht öffentlich über den Kläger geäußert, sie hatte sich vielmehr nur gegenüber zwei Personen in einer E-Mail über den Kläger ausgelassen. Damit liegt die für das Gegenschlagsrecht charakteristische Abwehrsituation nicht vor. Der Umstand, dass der Kläger die E-Mail der Beklagten auf seiner Webseite in dem Beitrag „... dreht durch“ vom 23.10.2016 (Anlage B 11) öffentlich gemacht hat, führt nicht dazu, dass er sozusagen eigenhändig ein Recht auf Gegenschlag herbeiführen kann. Ein solches hätte ihn im vorliegenden Fall allenfalls gegenüber den Adressaten in der E-Mail zugestanden. Ob diese von seiner Äußerung in dem Beitrag vom 26.10.2016 (Anlage B 12) überhaupt Kenntnis erlangen würden, ist zweifelhaft.

Die Beklagte hat gegen den Kläger daher aus § 823 Abs. 1, 1004 analog BGB einen Anspruch auf Unterlassung dieses Teils der Äußerung.

Damit ist die Klage unbegründet, die Widerklage zum Teil unzulässig und im Übrigen nur teilweise begründet.

Soweit die Beklagte in den Widerklageanträgen 3. a) und b) bei der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform die Internetseite des Klägers mit www.dersemit.de bezeichnet, ist den von ihr vorgelegten Anlagen sowie dem Vortrag des Klägers zu entnehmen, dass die zutreffende Internetadresse tatsächlich www.der-semit.de lautet. In den Tenor des Urteils war daher diese Internetadresse aufzunehmen, da diese ersichtlich gemeint war, § 308 ZPO steht dem nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Der Streitwert für die Klage wird entsprechend dem Interesse des Klägers an der begehrten Unterlassung auf € 10.000,– festgesetzt, der Streitwert für Ziff. 2 der Widerklage wegen der zeitlichen Einschränkung auf € 6.000,–. Der Streitwert für Ziff. 3. a) und b) der Widerklage wird auf jeweils € 15.000,– festgesetzt, da das Interesse der Beklagten an der Unterlassung dieser Äußerungen aufgrund der weiten Verbreitung im Internet höher anzusetzen ist.

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Strafgesetzbuch - StGB | § 185 Beleidigung


Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstraf

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 14/07 Verkündet am:
11. Dezember 2007
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 823 (Ah), 1004
Die Klage eines nicht prozessbeteiligten Dritten auf Unterlassung schriftsätzlicher
Äußerungen, die in Bezug auf ihn vorgetragen werden, ist in der Regel unzulässig,
wenn das Verhalten des Dritten aus der Sicht der vortragenden Partei für die Darstellung
und Bewertung des Streitstoffes von Bedeutung sein kann. Eine solche Klage
kann ausnahmsweise als zulässig anzusehen sein insbesondere dann, wenn ein Bezug
der den Dritten betreffenden Äußerungen zum Ausgangsrechtsstreit nicht erkennbar
ist, diese auf der Hand liegend falsch sind oder sie sich als eine unzulässige
Schmähung darstellen.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussrevision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Dezember 2006 aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10. November 2005 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten darum, ob und inwieweit ein Dritter die Unterlassung von schriftsätzlichen Äußerungen verlangen kann, die in Bezug auf ihn in einem Rechtsstreit vorgetragen werden, an dem er nicht beteiligt ist.
2
Die Klägerin vertreibt Software für kaufmännische Büroarbeit und ist Franchisegeberin für gewerbliche Buchführungsbüros. Ihre Franchisenehmer bieten ihrerseits gewerblich Buchhaltungs- bzw. Buchführungstätigkeiten an. Im September 2005 hatte die Klägerin etwa 500 Franchisenehmer, die ihrerseits für insgesamt ca. 30.000 Personen Buchführungsarbeiten durchführten.
3
Die Beklagte ist die Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten , die im Bezirk der Oberfinanzdirektion C. ihre berufliche Niederlassung haben. Sie führte und führt in Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder vor Gerichten des Landes B. mehrere Rechtsstreitigkeiten gegen Franchisenehmer der Klägerin wegen Verstoßes gegen das UWG. Die Beklagte wirft den Franchisenehmern in den Verfahren vor, wettbewerbswidrig Hilfeleistungen in Steuersachen anzubieten, zu bewerben und zu erbringen, die nach § 5 StBerG dem in den §§ 3, 4 StBerG genannten Personenkreis (Angehörige der steuerberatenden Berufe, insbesondere Steuerberater) vorbehalten seien, dem die Franchisenehmer nicht angehören.
4
In einem dieser Verfahren untersagte das Landgericht der dortigen Beklagten , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Buchführung anzubieten und zu erbringen sowie damit zu werben, insbesondere das Gewerbe unter "Buchführungsbüro" zu führen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Gegen das Berufungsurteil legte die dortige Beklagte Revision zum Bundesgerichtshof ein, welche noch anhängig ist.
5
Die Beklagte des vorliegenden Verfahrens reichte in jenem Rechtsstreit über ihren Prozessbevollmächtigten einen Schriftsatz vom 12. Mai 2004 zu den Akten, der auch der dortigen Beklagten zugestellt wurde. Dieser Schriftsatz enthält u.a. den folgenden Vortrag: "Hierbei [bei der D. = Klägerin] handelt es sich um ein Unternehmen, welches reihenweise Personen veranlasst, wettbewerbswidrig Hilfeleistungen in Steuersachen gemäß §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6 und § 33 StBerG in Form von Buchhaltung anzudienen und zu erbringen. Von diesem Rechtsbruch profitiert dieses Unternehmen über die Franchisegebühr und verschweigt zugleich seinen Mitgliedern, dass das uneingeschränkte Auftreten mit Buchführung illegal ist. Wird dann ein Mitglied entdeckt und wettbewerbsrechtlich zur Unterlassung aufgefordert, dann wird der Prozess ganz offensichtlich auf Kosten der D. geführt, wie vor dem OLG B. zugestanden wurde. Auf diese Art und Weise soll die gesetzliche Beschränkung unter ständiger Gesetzesübertretung (steter Tropfen höhlt den Stein) durchlöchert werden. Denn die D. heftet sich doch mit ihrem eigenen unternehmerischen Gewinn (Summe der Franchisegebühren) quasi wie eine Zecke an die Lebensadern der Kontierer, die von ihr zur unbefugten, geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aufgestachelt wurden. Die D. selbst bleibt dabei im Hintergrund und lebt von den Franchisegebühren. Und je mehr Kontierer sie zu "Buchführungsbüros" aufhetzt, um so dicker fließt natürlich ihre eigentlich durch nichts gerechtfertigte Franchisegebühr. Es ist doch eindeutig ersichtlich, dass die D. und ihre unerfahrenen Franchisenehmer eine parasitäre Veranstaltung darstellt, bei der nicht nur die Steuerpflichtigen geschädigt, sondern auch die unerfahrenen Franchisenehmer an der Nase herumgeführt werden.
Es ist also in der Tat sehr mutig, wenn die Beklagte meint, das Wort "rechtsmissbräuchlich" in den Mund nehmen zu müssen bzw. in den Mund gelegt zu bekommen (his masters voice) und dabei verkennt, dass sie von der D. rechtsmissbräuchlich zu Franchisezahlungen veranlasst wird, die nie und nimmer erforderlich sind, weil sie nicht im Ansatz eine adäquate Gegenleistung erhält. Wer bei Mac Donald's oder Burger King franchist, bekommt wenigstens noch eine weltweite Werbung, ein typisiertes Geschäftslokal, zuverlässig immer die gleiche Ware und Sonderaktionen zur Kundenwerbung. Dergleichen mit der D. bzw. ihren Leistungen zu vergleichen, wäre nun gänzlich verfehlt!"
6
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin ("D.") von der Beklagten , diese Äußerungen, die sie für unzutreffende und herabwürdigende Tatsachenbehauptungen und verleumderische Schmähkritik hält, zu unterlassen.
7
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und die Revision zugelassen. Dagegen richten sich die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hält die Ansicht des Landgerichts für unrichtig, Äußerungen in einem nicht abgeschlossenen Rechtsstreit könnten auch dann nicht Gegenstand einer Unterlassungsklage sein, wenn sie Dritte beträfen. Zwar sei es wegen der franchisevertraglichen Bindung zwischen der Klägerin und ihrer Franchisenehmerin zu der in dem anderen Rechtsstreit monierten konkreten Bewerbung der buchführerischen Tätigkeiten gekommen und stehe die Klägerin daher in sachlicher Beziehung zu jenem Rechtsstreit. Allein eine solche Beziehung sei jedoch nicht ausreichend, um der Klägerin die Inanspruchnahme von Ehrenschutz zu verweigern, indem ihre Klage bereits als unzulässig behandelt werde. Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit von Ehrenschutzklagen in anhängigen Rechtsstreitigkeiten sei, dass der Schutz des Prozessgegners vor unerlaubten Handlungen regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet werde. In einem kontradiktorischen Verfahren müsse der Prozessgegner die Rechtsgutbeeinträchtigung ohne deliktsrechtlichen Schutz hinnehmen , weil die Prüfung der Rechtslage durch das Gericht erfolge und er sich gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme in dem Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend wehren könne. Wo dies allerdings nicht der Fall sei, kämen Ansprüche nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB in Betracht. Daraus folge, dass Unterlassungsklagen Dritter zulässig seien, damit geprüft werden könne, ob diese zu Recht in den Rechtsstreit der beiden anderen Parteien hineingezogen worden seien. Da die angegriffene Person sich in dem jeweiligen Verfahren nicht zur Wehr setzen könne, wäre sie anderenfalls der ehrverletzenden Äußerung gegenüber völlig schutzlos gestellt. Der Ausschluss von Ehrschutzklagen dritter, an einem Rechtsstreit nicht beteiligter Personen wegen unzulässiger Klage stelle sich als verfassungsmäßig bedenklich dar.
9
Die Klage sei teilweise begründet. Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch zu, soweit die Beklagte geäußert habe, die Klägerin hefte sich mit ihrem eigenen unternehmerischen Gewinn (Summe der Franchisegebühren) quasi wie eine Zecke an die Lebensadern der Kontierer, die von ihr zur unbefugten , geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aufgestachelt würden, und es sei doch eindeutig ersichtlich, dass die Klägerin und ihre unerfahrenen Franchisenehmer eine parasitäre Veranstaltung darstellten, bei der nicht nur die Steuerpflichtigen geschädigt, sondern auch die uner- fahrenen Franchisenehmer an der Nase herumgeführt würden. Die verwendeten Begriffe "Zecke" und "parasitäre Veranstaltung" stellten ehrverletzende Äußerungen dar, deren sich die Beklagte auch in Wahrnehmung ihrer Grundrechte , soweit ihr diese zustünden, im Verhältnis zur Klägerin nicht bedienen dürfe. Die Begriffe "Zecke" und "parasitär" suggerierten, dass die Klägerin in einer verantwortungslosen, an keine Rücksichtnahme gebundenen Weise die mit ihr verbundenen Franchisenehmer ausbeute, ohne für diese in irgendeiner Weise von Nutzen zu sein. Objektiv betrachtet sei der Vergleich einer Person/eines Unternehmens mit einer Zecke und der Vergleich der Handlungen einer Person /eines Unternehmens mit einer parasitären Veranstaltung in hohem Maße geeignet, die soziale Achtung der angegriffenen Person/des Unternehmens in Frage zu stellen.
10
Die weiter gehende Klage habe das Landgericht zu Recht abgewiesen. Insoweit handele es sich um eine Mischung aus Tatsachenbehauptungen und Werturteilen. Die Beklagte habe diese zwar nicht in Verfolgung des ihr als öffentlich -rechtlicher Zwangsverband nicht zustehenden Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG, wohl aber in Verfolgung ihrer Prozessgrundrechte vorbringen dürfen.

II.

11
Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Dagegen führt die Anschlussrevision zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klage ist unzulässig, weil die beanstandeten Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren zwecks Durchsetzung der von der Beklagten verfolgten Rechte vorgetragen wurden.
12
1. Der erkennende Senat hat wiederholt entschieden, dass gegenüber Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsoder Verwaltungsverfahren dienen oder die dort in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten, etwa als Zeuge, gemacht werden, in aller Regel kein Bedürfnis an einer gesonderten Ehrenschutzklage besteht (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 1977 - VI ZR 111/75 - VersR 1977, 836, 838; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85 - NJW 1986, 2502, 2503; vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 83/87 - VersR 1988, 379, 380; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 f.; vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277 f. jeweils m.w.N.). Das entspricht im Grundsatz auch der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. die Nachweise bei Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., Anh. zu § 12 Rn. 100; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 823 Rn. 37, 104; Staudinger /Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rn. C 136). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten (vgl. BVerfG, NJW-RR 2007, 840 f.).
13
Der Grund für diese Rechtsprechung liegt - bezogen auf den Zivilrechtsstreit - darin, dass es mit der rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar wäre, wenn Parteien in einem anderen Rechtsstreit verurteilt werden könnten, Erklärungen zu widerrufen oder zu unterlassen, die sie im Ausgangsverfahren abgegeben haben. Damit würde in unerträglicher Weise in die Führung dieses Verfahrens eingegriffen. Die Parteien müssen in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozess vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Ein weiterer Gesichtspunkt, der die Beschränkung des Ehrenschutzes bei Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren dienen, rechtfertigt, ist der, dass dem Verletzten bereits in diesem Verfahren prozessual wie materiell-rechtlich ausreichende Rechtsgarantien zum Schutz seiner Interessen bereitstehen; schon hier kann der Betroffene die ehrenkränkende Äußerung des Prozessgegners zur Nachprüfung durch das Gericht stellen. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis.
14
2. Allerdings wird die Ansicht vertreten, der Ausschluss zivilrechtlicher Ehrenschutzklagen gelte dann nicht, wenn die Äußerung eine an dem Verfahren nicht beteiligte Person betreffe; da sich diese in dem jeweiligen Verfahren nicht zur Wehr setzen könne, wäre sie andernfalls der ehrverletztenden Äußerung gegenüber völlig schutzlos gestellt (Seyfarth, NJW 1999, 1287, 1289; Palandt /Sprau, aaO, Rn. 104; Staudinger/Hager, aaO, Rn. C 141). Dieser Ansicht vermag sich der erkennende Senat für die vorliegende Fallgestaltung nicht anzuschließen (vgl. auch früher schon: Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59 - LM Nr. 58 zu § 1004 BGB; vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - LM Nr. 112 zu § 1004 BGB = NJW 1971, 284; vom 14. November 1972 - VI ZR 102/71 - LM Nr. 46 zu § 823 BGB (Ah); vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO). Auch in Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass das Äußerungsprivileg bei solchen Fallgestaltungen nur unter besonderen Umständen nicht in Betracht komme insbesondere dann, wenn ein Bezug der den Dritten betreffenden Äußerungen zum Ausgangsrechtsstreit nicht erkennbar ist, diese auf der Hand liegend falsch sind oder eine unzulässige Schmähung darstellen (vgl. OLG Bamberg, NJW-RR 1999, 322, 323; OLG Düsseldorf, NJW 1987, 2522; OLG Hamburg, MDR 1972, 1033; 1984, 940; ZUM 1996, 792, 797; OLG Hamm, NJW 1992, 1329, 1330; Helle, GRUR 1982, 207, 214; ders., NJW 1987, 233; Kiethe, MDR 2007, 625, 629 f.; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 10 Rn. 30).
15
Danach ist eine Ehrenschutzklage in der Regel jedenfalls dann unzulässig , wenn der Vortrag Dritte betrifft, die an dem Zivilprozess zwar formal nicht beteiligt sind, deren Verhalten aber aus der Sicht des Äußernden für die Darstellung und Bewertung des Streitstoffes von Bedeutung sein kann. Insoweit gelten die oben dargestellten Erwägungen in gleichem Maße. Dem Gesichtspunkt , dass sich der betroffene Dritte in Verfahren, an denen er nicht beteiligt ist, gegen die ihn betreffenden Vorwürfe nicht oder nur durch Einflussnahme auf den Prozessgegner des Äußernden zur Wehr setzen kann, ist für derartige Fallgestaltungen durch Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen Rechnung zu tragen.
16
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ungehinderte Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der daran Beteiligten, aber auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert werden darf. Im Zivilprozess ist den Parteien rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu gewähren. Sie müssen, soweit dem nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen , das vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Der Rechtssuchende muss vor den Organen der Rechtspflege jene Handlungen vornehmen können, die aus seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. BVerfG, NJW 1991, 29). Bei zahlreichen Sachverhalten, etwa bei gesetzlichen Anspruchsübergängen (§ 116 SGB X, § 67 VVG), aber auch bei komplexen Sachverhalten, wie sie im wirtschaftsrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Bereich typisch sind, ist es unvermeidlich, dass das Verhalten Drit- ter, die an dem Rechtsstreit nicht beteiligt sind, zum Gegenstand des Parteivortrags gemacht wird. Im Zivilprozess besteht der Parteivortrag aus einseitigen Tatsachenbehauptungen und Bewertungen, die dem eigenen Prozesserfolg dienen sollen. So wird er auch verstanden. Dass dabei oft nicht objektiv, sondern aus der Perspektive der eigenen Rechtsüberzeugung argumentiert wird und dass es dabei zu einer möglicherweise verzerrten oder überspitzten Darstellung des Sachverhalts und zu überzogenen Bewertungen nicht nur in Bezug auf den Prozessgegner, sondern auch in Bezug auf Dritte kommen kann, liegt in der Natur der Sache. Es ist Aufgabe des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts , aus dem Parteivortrag das Entscheidungserhebliche herauszufiltern und den streitigen Punkten - wo nötig durch Beweiserhebung - nachzugehen, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Nur so ist eine rechtsstaatliche Prozessführung gewährleistet. Es wäre unerträglich, wenn diese mehr als unabdingbar notwendig von außen beeinflusst werden könnte, indem Dritte mit Hilfe anderer Gerichte vorgeben könnten, was vorgetragen und damit zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden darf.
17
Gegenüber diesen gewichtigen Gesichtspunkten ist der ebenfalls nicht unbedeutende Aspekt in Rechnung zu stellen, dass sich der betroffenen Dritte gegen eine mögliche Verletzung seiner Rechte im Ausgangsverfahren nicht zur Wehr setzen kann. Jedoch muss diese Rechtsbeeinträchtigung jedenfalls unter den oben genannten Voraussetzungen aus den vorgenannten Gründen in der Regel in Kauf genommen werden, um eine Beeinträchtigung der Rechte der Verfahrensbeteiligten zu vermeiden und ein rechtsstattliches Verfahren zu gewährleisten. Die Durchsetzung individueller Ansprüche Dritter auf Schutz ihrer durch den Prozessvortrag betroffenen Rechte ist damit nicht schrankenlos ausgeschlossen. Ist etwa ein Bezug der den Dritten betreffenden Äußerungen zum Ausgangsrechtsstreit nicht erkennbar, sind diese auf der Hand liegend falsch oder stellen sie sich als eine unzulässige Schmähung dar, kann eine gesonderte Ehrenschutzklage durchaus als zulässig anzusehen sein.
18
3. Für die Zulässigkeit der vorliegenden Klage sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der Klägerin die zuletzt genannten Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen. Ersichtlich liegt aber keiner dieser möglichen Ausnahmetatbestände vor.
19
a) Die Klägerin ist, auch wenn sie am Ausgangsrechtsstreit formal nicht beteiligt ist, keine außen stehende Dritte. Aus der Sicht der Beklagten hat sie durch Abschluss der Franchiseverträge systematisch ein wettbewerbswidriges Verhalten der Franchisenehmer, darunter der Beklagten des anderen Rechtsstreits , veranlasst. Ob diese Sichtweise richtig ist, ist nicht im vorliegenden Rechtsstreit, sondern in den Rechtsstreitigkeiten der hiesigen Beklagten gegen die jeweiligen Franchisenehmer zu prüfen. Zweifellos hat aber die Klägerin das von der Beklagten beanstandete Verhalten der Franchisenehmer mitveranlasst. Damit ist ein ausreichender Bezug zum Gegenstand des anderen Verfahrens gegeben. Der Ausgangspunkt der Beklagten, zum Verhalten der Klägerin in dem anderen Rechtsstreit vortragen zu müssen, um den dortigen Prozesserfolg zu fördern, ist nicht abwegig, sondern liegt eher nahe.
20
Im Übrigen ist im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung bei einem Ehrenschutzprozess der vorliegenden Art nicht im Einzelnen zu prüfen, ob der beanstandete Vortrag entscheidungserheblich, schlüssig oder beweisbar ist. Die Unzulässigkeit der Klage kann bereits dann nicht verneint werden, wenn aus der Sicht des Äußernden ein plausibler Grund bestehen kann, das Verhalten des Dritten zum Gegenstand seines Prozessvortrags zu machen. Dies ist hier der Fall.
21
b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Prozessvortrag der Beklagten in dem anderen Verfahren auf der Hand liegend als offensichtlich unwahr angesehen werden könnte. Weder das Landgericht noch das Berufungsgericht haben dahin gehende Feststellungen getroffen. Es ist auch nicht ersichtlich, wie solche Feststellungen, soweit es sich überhaupt um Tatsachenbehauptungen und nicht um Werturteile handelt, ohne Beweiserhebung getroffen werden könnten. Auf die von der Revision der Klägerin angegriffenen Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, ob und inwieweit es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Werturteile und Tatsachenbehauptungen handelt, kommt es daher nicht an.
22
c) Die beanstandeten Äußerungen stellen auch keine im Rahmen des Prozessvortrags unzulässige Schmähung dar. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht; eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - VersR 2005, 277, 279; BVerfGE 82, 272, 284; 93, 266, 294; BVerfG, NJW 1991, 95, 96; 1991, 1475, 1477; 1993, 1462; 2003, 3760; 2004, 590, 591). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist deshalb eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens in der Regel auch dann zulässig, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteile BGHZ 138, 311, 320; vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445, 446; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - aaO). Dieser Maßstab gilt auch im vorliegenden Zusammenhang.
23
Danach liegt eine Schmähung, die zur Zulässigkeit der vorliegenden Ehrenschutzklage führen könnte, nicht vor.
24
Das Berufungsgericht erkennt zutreffend, dass die Aussagen der Beklagten , die Klägerin hafte sich quasi wie eine Zecke an die Lebensadern der Kontierer und die Klägerin und ihre unerfahrenen Franchisenehmer stellten eine parasitäre Veranstaltung dar, im Kontext der übrigen Ausführungen darauf abzielen , das Zusammenspiel zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer darzustellen. Die Beklagte will damit offensichtlich plastisch vor Augen führen, dass die Franchisegeberin ihre Franchisenehmer durch rechtswidrige Werbung zu rechtswidriger Hilfeleistung in Steuersachen verleite, selbst jedoch im Hintergrund bleibe und über die Franchisegebühren Gewinne aus der gesamten rechtswidrigen Veranstaltung ziehe. In diesem Zusammenhang stellt das Berufungsgericht fest, dass es nicht in der Absicht der Beklagten gelegen habe, die Begriffe "Zecke" und "parasitär" in einem politisch eingefärbten Sinne zu verwenden , wonach der Gegner als unnützes, lebensunwertes Wesen diffamiert werden soll. Bei dieser Sachlage mag der fragliche Vortrag wegen seiner Formulierung kritikwürdig sein. Auch nach den Ausführungen des Berufungsgerichts steht jedoch nicht die Diffamierung von Personen im Vordergrund, sondern die sicherlich zugespitzte, aber auf die Sache bezogene Kritik der Beklagten am wirtschaftlichen Handeln der Klägerin.
25
Dies gilt, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, erst recht hinsichtlich der übrigen beanstandeten Äußerungen. Die Revision macht insoweit zwar geltend, das Berufungsgericht habe eine Schmähung zu Unrecht verneint. Sie legt aber nicht dar, welchen konkreten Tatsachen das Berufungsgericht hätte entnehmen können, dass bei diesen Äußerungen nicht der Streit in der Sache, sondern die Diffamierung des Gegners im Vordergrund gestanden habe.
26
4. Da die Klage danach unzulässig ist, kommt es auf die weiteren durch die Zulassungsfrage und das Revisionsvorbringen der Parteien aufgeworfenen Fragen, insbesondere darauf, ob Körperschaften des öffentlichen Rechts sich in Rechtsstreitigkeiten über Art. 103 Abs. 1 GG auf die Meinungsfreiheit berufen können, nicht an. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 10.11.2005 - 2 O 417/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 12.12.2006 - 6 U 134/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 298/03 Verkündet am:
16. November 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann
in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung
des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in i hrer Gesamtheit betrachtet
als Meinungsäußerung darstellt.
BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu seinem Nachteil erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozeßkostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert u.a. Musterverfahren, mit denen
durch Rechtsanwalt F. vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei läßt sich die Klägerin jeweils die Hälfte des Betrages versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozeß erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Klägerin heißt es auszugsweise: „8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite 8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen , wenn die Fo. Beteiligungs AG (scil. die Klägerin) diesen aufgrund des erreichten Verfahrensstandes für sachgerecht hält. 8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, daß er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Fo. Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Fo. Beteiligungs AG entfallen wäre.“ Am 21. Oktober 1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdienstes „k.m.-intern“ ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, daß die Klägerin unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heißt es dort: „ ...Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Fo., deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozeßgewinns 50 % der Klagesumme an Fo. abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Fo. äußern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktien-
zeichnung, wie Fo. sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potentiellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist u.E. nichts anderes als Bauernfängerei...“. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfaßte eine Abhandlung mit dem Titel „Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?“. Diese sandte er u.a. an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften , Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Klägerin heißt es darin: „Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998 Seite 2) bezeichnete dies als 'Bauernfängerei' und hat gerade im Fall F. recht damit: ...“. Weiter wird dort ausgeführt: „Weder die Fo. AG in ihrem Werbeblatt noch F. klärten ferner darüber auf, daß der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muß, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Fo. AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt. 1998, 263, 264).“ Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äußerungen . Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten u.a. verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten , daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung , soweit er vom Landgericht zur Unterlassung einer weiteren Äußerung verurteilt worden war. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen. Der Begriff „V ertragsstrafe“ sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äußerung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Beklagte Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfaßt habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, daß der Autor den Begriff „Vertragsstrafe“ tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, daß ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Beklagte im nachfolgenden Absatz zwischen „Vertragsstrafe“ einerseits und „Abstandssumme“ andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, daß hier
ein Begriff falsch angewandt werde. Daß der Beklagte seine Abhandlung als „Gutachten“ bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äußerung; sie enthalte keine Wertung des Beklagten. Die Äußerung sei u nwahr und geeignet, die Klägerin in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen. Der Berufsstand des Beklagten führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlaß eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F. et. al. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Beklagte behaupte nicht, die Äußerungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abg egeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefaßt haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Klägerin, mit der kein Streit bestanden habe. Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungssystem der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck „Bauernfängerei“ nämlich nicht auf das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin, sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Beklagte könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht mißzuverstehen.

II.



Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Beklagten auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äußerungen, die der Rechtsverfolgung ode r -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - VersR 1992, 443 m.w.N.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozeß vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das
Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senatsurteile vom 24. November 1970 - VI ZR 70/69 - NJW 1971, 284; vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO und vom 18. Oktober 1994 - VI ZR 74/94 - VersR 1995, 176, 177 m.w.N.; Senatsbeschluß vom 13. Juli 2004 - VI ZB 63/03).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluß von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äußerungen - wie im vorliegend en Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen außerhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äuße rungen, mit denen der Äußernde in einer außergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluß der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozeßgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anläßlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äußernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit außerhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und ähnliches belastet wird (Senatsurteil vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91 - aaO; vgl. auch Senatsurteil vom 5. Mai 1981 - VI ZR 184/79 - NJW 1981, 2117, 2118; BVerfG, NJW 1991, 2074, 2075). Zu Unrecht mißt die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, daß die Mandanten des Beklagten durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 Abs. 1 GG Zulässigen kann der
Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen , der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre , seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, aaO m.w.N.). Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w.N.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16, 29 = NJW 1979, 1159, 1160 m.w.N.; 63, 266, 284 = NJW 1983, 1535, 1536; 76, 171, 184 = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten
Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äußerung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt. 2. In der Sache steht der Klägerin jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äußerungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Behauptung des Beklagten, der Mandant, dessen Prozeß durch die Klägerin finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, daß das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Klägerin zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäußerung. aa) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als W erturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - VersR 1994, 1120, 1121 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163 f. m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, daß bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vor dergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußer nden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 , 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden
und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senatsurteile vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - VersR 1999, 1162 f. und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 1251, 1252 m.w.N.; BGHZ 154, 54, 60; BVerfGE 61, 1, 9 = NJW 1983, 1415, 1416; 85, 1, 14 = NJW 1992, 1439, 1440). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 139, 95, 102 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO, S. 1163). Enthält eine Äußerung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, daß sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - VersR 1982, 904, 905 f. und - VI ZR 255/80 - VersR 1982, 906, 907). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung hingegen dann zu qualifiz ieren, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senatsurteil vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO m.w.N.). bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält , ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muß nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechts-
sinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - aaO und - VI ZR 255/80 - aaO; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO S. 1121 f.; vom 23. Februar 1999 - VI ZR 140/98 - aaO und vom 27. April 1999 - VI ZR 174/97 - aaO; siehe auch BVerfG, NJW 2000, 199, 200; BVerfG, NJW-RR 2001, 411 f.; BVerfG, NJW 2003, 1109 f.; MünchKomm -BGB/Wagner, 4. Aufl., § 824, Rdn. 21 f. m.w.N.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung. Eine solche Beurteilung hat der Beklagte hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Klägerin verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Beklagten wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäußerung dar. Hinzu kommt, daß sich die von der Klägerin beanstandete Äußerung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist. cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO; BVerfGE 99, 185, 195 ff. = NJW 1999, 1322, 1323 f.). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten dazu, daß
diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls solange - wie im Streitfall - nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die bloße rechtliche Bewertung eines Vertragspassus‘ als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen läßt, nicht derart, daß im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die Äußerung des Beklagten, der Branchenin formationsdienst „k.m.-intern“ habe das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat. aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senatsurteile BGHZ 132, 13, 21 und vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93 - aaO, jeweils m.w.N.). So dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äußerung nach ihrem - zu würdigenden - Gesamtzusammenhang in den Schutz-
bereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1, 15 f. = NJW 1992, 1439, 1440). bb) Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht die betreffende Äußerung des Beklagten zwar insgesamt wiede rgegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äußerung nicht erfaßt. H ierfür muß vielmehr auch der zweite sich anschließende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: „und hat gerade im Fall F. recht damit.“. Dieser zweite Teil der Äußerung gibt nicht n ur die Auffassung des Beklagten wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äußernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dor t wiedergegebenen Zitats zu eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senatsurteil BGH 132, 13, 18 f.), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäußerung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äußernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung dar. Daß mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äußerung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senatsurteil vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - aaO). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Ge-
samtaussage in dem Vorwurf des Beklagten, das Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei. Damit stellt sich die Aussage insgesamt als eine Meinungsäußerung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt. cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Meinungsfreiheit des Beklagten führt dazu, daß letztere den Vorrang verdient. Die Äußerung, das Prozeßfinanzie rungsmodell der Klägerin sei - jedenfalls im Fall F. - Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Beklagten geschaffenen Kontext ehrenrührig. (1.) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 320 und vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - aaO S. 1163, jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760 und NJW 2004, 590, 591). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senatsurteil BGHZ 138, 311, 320 und vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01 - VersR 2002, 445).
(2.) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Klägerin kann nicht als bloße Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Beklagten. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozeßfinanzierungsmodell der Klägerin auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Klägerin angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, daß für sie das System der Klägerin unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

III.

Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat gem. § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Klage insgesamt abweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 373/02 Verkündet am:
9. Dezember 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Grundsätzlich stellt es einen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn jemand unter
Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv
, Leiter, Flugzeug) den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht.

b) Zu den Voraussetzungen unter denen Luftbildaufnahmen von Feriendomizilen
Prominenter ohne deren Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.

c) Zur Haftung des "Störers" für eine mit einer Presseveröffentlichung verbundene
Rechtsverletzung.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. Oktober 2002 werden zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Luftbildaufnahmen ihres Anwesens auf M. sowie einer Wegbeschreibung dorthin. Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin und Moderatorin. In zwei Büchern und drei Magazinen hat sie Bilder veröffentlicht, die die Außenanlagen ihrer Finca auf M. zeigen, die von ihr als Feriendomizil genutzt wird. Das Anwesen befindet sich abgelegen in hügeliger Landschaft in einem Naturschutzgebiet und ist ohne Wegbeschreibung schwer zu finden. Der Beklagte betreibt eine Presseagentur. Er verkauft u.a. Luftbildaufnahmen von Gebäuden und Grundstücken, die sogenannten Prominenten gehören oder von diesen bewohnt werden. Die Fotos nimmt der Beklagte von einem Hubschrauber aus auf. Für die Bilder wirbt er mit einer Bildermappe, die Luftbildaufnahmen entsprechender Grundstücke zeigt, denen eine Kurzbeschreibung der Örtlichkeit und der Gebäude sowie eine Wegbeschreibung mit einer Übersichtskarte von der Insel beigefügt ist. Auf der Karte ist die Lage der fotografierten Grundstücke durch Pfeile markiert. Die Mappe bietet der Beklagte auch über das Internet an. In ihr befinden sich zwei Luftbildaufnahmen von der Finca der Klägerin und den umliegenden Grundstücksbereichen mit namentlicher Zuordnung an die Klägerin. Die Redaktion der Fernsehzeitschrift "TV-M. " kaufte vom Beklagten eine der Aufnahmen und veröffentlichte sie mit einem Foto der Klägerin unter Nennung ihres Namens sowie mit der Wegbeschreibung und der markierten Übersichtskarte in ihrer Ausgabe Nr. 11/1999. Die Veröffentlichung war Teil eines als "Star Guide M. " und "Die geheimen Adressen der Stars" bezeichneten Artikels, in dem die Anwesen weiterer Prominenter gezeigt wurden.
Mit der auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens und der Wegbeschreibung gerichteten Klage hatte die Klägerin vor dem Landgericht in vollem Umfang Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung und/oder Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung des Namens der Klägerin abgewiesen. Mit ihren zugelassenen Revisionen verfolgen beide Parteien ihr Begehren weiter, soweit sie in der Vorinstanz unterlegen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, kann die Klägerin nicht Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Luftbildaufnahmen ihres Anwesens unter Nennung ihres Namens nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG verlangen. Zwar sei ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin durch die Veröffentlichungen grundsätzlich gegeben. Die Privatsphäre sei nicht auf den vor Einblicken Dritter von vornherein verschlossenen inneren Teil der Wohnung beschränkt. Sie umfasse alle Grundstücksteile , die den räumlich-gegenständlichen Lebensmittelpunkt einer Person insgesamt ausmachten, sofern und soweit diese Bereiche üblicherweise oder durch bauliche oder landschaftliche Gegebenheiten von der Einsichtnahme durch Dritte ausgeschlossen seien. Denn nicht nur im Inneren einer Wohnung, sondern auch in sonstigen geschützten Grundstücksbereichen könne sich die Persönlichkeit des Grundstücksinhabers widerspiegeln. Die Veröffentlichung
von Fotografien eines Grundstücks unter Nennung des Eigentümers bzw. Bewohners greife deshalb jedenfalls dann in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, wenn die dadurch gewonnenen Einblicke in den privaten Bereich Dritten normalerweise verschlossen und nicht vom Willen der Betroffenen getragen seien. Niemand müsse es hinnehmen, daß seine Privatsphäre unter Überwindung bestehender Hindernisse mit entsprechenden Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" werde. Die Feststellung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht begründe allerdings für sich genommen noch nicht das Unterlassungsbegehren der Klägerin. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht sei seine Reichweite auf der Grundlage einer Güterabwägung im Einzelfall mit den schutzwürdigen Interessen der Gegenseite zu bestimmen. Diese Abwägung mit dem Recht des Beklagten auf freie Berichterstattung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG) lasse letztlich den Eingriff rechtmäßig erscheinen. Zwar habe das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der hier in Rede stehenden Berichterstattung grundsätzlich nicht mehr Gewicht als das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, da Ziel und Zweck einer solchen Berichterstattung geradezu auf einen Eingriff in die Privatsphäre gerichtet seien. Doch sei die Klägerin nicht schutzwürdig, weil sie selbst in dem Buch "Socke und Konsorten" Fotos von Teilbereichen der Außenanlagen der Finca veröffentlicht habe. Die Klägerin habe die durch das Buch, Interviews und weitere eigene Veröffentlichungen geweckte Neugier der Öffentlichkeit zum Teil befriedigt, indem sie Fotos von sich auf der Terrasse ihres Hauses, am Pool und im Garten veröffentlicht oder die Veröffentlichung - auch noch in jüngster Zeit - gestattet habe. Wer seine Privatsphäre in bestimmten Bereichen der Öffentlichkeit zugänglich mache, könne sich nicht gleichzeitig auf den von der Öffentlichkeit abgewandten Privatsphärenschutz berufen. Auch wenn die Klägerin nur Aufnahmen zur Veröffentlichung freigegeben habe, auf denen das Grundstück als solches nicht identifi-
zierbar sei, müsse sie sich entgegenhalten lassen, daß sie ihr Grundstück nicht konsequent von jeglicher Bildberichterstattung freigehalten habe. Hingegen habe der Beklagte die Veröffentlichung und Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin zu unterlassen. Hierdurch werde sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung rechtswidrig verletzt (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG). Das Recht auf Geheimhaltung der Privatadresse überwiege selbst bei absoluten Personen der Zeitgeschichte das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Verbreitung der Privatadresse - hier in Form einer Wegbeschreibung - lediglich dem Zweck diene, den Betroffenen und seine räumlich gegenständliche Privatsphäre für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die Möglichkeit des Eindringens Dritter in den privaten Bereich der Klägerin sei bei derartigen Veröffentlichungen nicht von der Hand zu weisen und müsse nicht hingenommen werden. Im vorliegenden Fall habe die Zeitschrift "TV-M. " in ihrer Beschreibung die Leser sogar aufgefordert, die Grundstücke aufzusuchen, solange die Prominenten noch dort ansässig seien. Das müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Er hafte für die Veröffentlichung auch wenn er die Wegangabe lediglich dem recherchierenden Journalisten von "TV-M. " mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück aufzufinden. Mit der Weitergabe habe er an der Verbreitung und Veröffentlichung mitgewirkt. Die Klägerin müsse diese Rechtsverletzung auch nicht deshalb dulden, weil die Lage des Grundstücks allgemein bekannt sei und sie den Namen ihres Landhauses in ihren Veröffentlichungen publik gemacht habe. Es habe ganz offensichtlich einen anderen Stellenwert, ob einzelne Touristen durch individuelle Nachforschungen das Haus finden könnten oder ob es einer großen Öffentlichkeit der genauen Lage nach bekannt gemacht werde.

II.

Diese Überlegung halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. A Revision der Klägerin Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Luftbildaufnahmen unter Nennung ihres Namens ist nicht gegeben. 1. Das Berufungsgericht wertet das Verhalten des Beklagten zutreffend als einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das von der Klägerin als Ruhe- und Erholungsort genutzte Anwesen war auch in seinem Außenbereich Teil des räumlichen Schutzbereichs ihrer Privatsphäre.
a) In Übereinstimmung mit der Auffassung des erkennenden Senats geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Privatsphäre nicht an der Haustür endet, wenn sie auch zunächst den räumlich inneren Hausbereich umfaßt. Eine schützenswerte Privatsphäre besteht außerhalb des häuslichen Bereichs in gleicher Weise beispielsweise auch dann, wenn sich jemand in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der er objektiv erkennbar für sich allein sein will (dazu ausführlich BVerfGE 101, 361, 382 ff. unter cc; Senatsurteile, BGHZ 131, 332, 338 ff. und vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Danach ist ein umfriedetes Grundstück jedenfalls dann der Privatsphäre zuzurechnen, wenn es dem Nutzer die Möglichkeit gibt, frei von öffentlicher Beobachtung zu sein.
b) Der Schutz der Privatsphäre entfällt nicht bereits deshalb, weil Vorbeikommende aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten Grundstücksteile einsehen können. Bei einem umfriedeten Wohngrundstück
bleibt der typisch private Charakter für Dritte bereits durch dessen erkennbaren Nutzungszweck bestimmt. 2. Die Einordnung des Grundstücks als räumlicher Schutzbereich der Privatsphäre besagt aber noch nichts darüber, ob bzw. inwieweit dieser Bereich selbst - neben dem Grundrechtsträger - am Grundrechtsschutz teilhat. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob die Veröffentlichung und Verbreitung der Fotografien des Anwesens als solchem unter namentlicher Zuweisung an die Klägerin in deren Privatsphäre eingreift.
a) Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wird regelmäßig nicht gegeben sein, wenn lediglich das Fotografieren der Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein zugänglichen Stelle aus und die Verbreitung dieser Fotos in Frage stehen, weil die Aufnahmen nur den ohnehin nach außen gewandten Bereich betreffen. Ob demgegenüber die Veröffentlichung von Fotos umfriedeter Außenanlagen gegen den Willen des Grundstücksbesitzers eine Persönlichkeitsverletzung darstellt, läßt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände für den Einzelfall beantworten. So verliert der Bereich, der lediglich zur Privatsphäre wird, weil sich jemand an einen Ort zurückzieht, der zwar einer begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist, in der konkreten Situation aber zu einem Ort der Abgeschiedenheit wird (vgl. Senatsurteil BGHZ 131, aaO), die Eigenschaft der Privatheit wieder, wenn diese besondere Situation endet, indem sich z.B. die betreffende Person entfernt oder von sich aus den Zutritt der Öffentlichkeit gestattet. Anders hingegen ist der häusliche Bereich zu beurteilen , der stets eine Rückzugsmöglichkeit gewähren soll.
b) Unter den Umständen des Streitfalls ist ein Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin zu bejahen, auch wenn die Fotografien lediglich das
Anwesen ohne Personen zeigen. Das Berufungsgericht hält im vorliegenden Fall zu Recht für ausschlaggebend, daß der Beklagte die Bilder aufgenommen hat, um sie unter Nennung des Namens der Klägerin gegen deren Willen zu veröffentlichen und zu verbreiten. Der Beklagte dringt dadurch in die von der Klägerin durch die Umfriedung ihres Grundstücks dort geschaffene Privatsphäre ein und beeinträchtigt außerdem ihr Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung ihrer persönlichen Lebensumstände (vgl. zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Senatsurteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 sowie vom heutigen Tag - VI ZR 404/02). Dieses Recht schützt nicht nur vor einer überzogenen Ausforschung von personenbezogenen Daten durch den Staat, sondern es weist auch auf der Ebene bürgerlichrechtlicher Verhältnisse dem Schutzbedürfnis der Person einen entsprechend hohen Rang gegenüber Eingriffen zu, die sie gegen ihren Willen für die Öffentlichkeit "verfügbar" machen (vgl. BVerfGE 84, 192, 194 f.; Senat, Urteil vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117).
c) Das ist unter den Umständen des Falles anzunehmen. Durch die Beiordnung des Namens wird die Anonymität des Anwesens aufgehoben. Die Abbildungen werden einer Person zugeordnet und gewinnen einen zusätzlichen Informationsgehalt. Hierdurch entsteht die Gefahr, daß das Grundstück in seiner Eignung als Rückzugsort für die Klägerin beeinträchtigt wird. Die Information gewährt außerdem einem breiten Publikum Einblicke in Lebensbereiche, die sonst allenfalls den Personen bekannt werden , die im Vorübergehen oder Vorüberfahren das Anwesen betrachten und zudem in Erfahrung gebracht haben, daß die Klägerin dort wohnt. Hinzu kommt, daß der Beklagte, der mit dem Hubschrauber aus frei gewählter Position heraus fotografiert, den zur Sicherung der Privatheit
des Anwesens angebrachten Sichtschutz durchbricht und sich damit gegen den Willen des Berechtigten in gewisser Weise Zugang verschafft. Grundsätzlich muß niemand hinnehmen, daß seine Privatsphäre gegen seinen Willen unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Teleobjektiv, Leiter, Flugzeug) gleichsam "ausgespäht" wird, um daraus ein Geschäft zu machen und die so gewonnenen Einblicke Dritten gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. Mit Recht wertet das Berufungsgericht unter diesen Umständen das Verhalten des Beklagten als Eingriff in die Privatsphäre. 3. In rechtlich einwandfreier Sicht hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über die Klage aufgrund einer Abwägung des nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin mit dem gemäß Art. 5 Abs. 1 GG ebenfalls Verfassungsrang genießenden Recht des Beklagten auf Pressefreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muß grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite bestimmt werden. Die Abwägung ist im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften vorzunehmen und hat die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 34, 238, 245 ff.; 35, 202, 224; BVerfG NJW 1990, 1980 und BVerfG NJW 2000, 2189; Senatsurteile BGHZ 24, 72, 79 f.; 27, 284, 289 f.; 73, 120, 124; vom 10. März 1987 - VI ZR 244/85 - VersR 1987, 778, 779; vom 13. Oktober 1987 - VI ZR 83/87 - VersR 1988, 379, 381; vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251 m.w.N.).

a) Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, daß dem Schutz der Privatsphäre als einem verfassungsmäßig garantierten Grundrecht stets - und zwar auch im Privatrecht - besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 35, 202, 220; Senatsurteile, BGHZ 24, 200, 208 f.; 73, 120, 122 f.; 131, 332, 337; vom 26. Januar 1965 - VI ZR 204/63 - JZ 1965, 411, 413 - Gretna Green;) und dieses Recht jedermann, auch einer Person der Zeitgeschichte zusteht (vgl. BGHZ 131, 332, 338).
b) Es hat weiterhin zutreffend angenommen, daß der Beklagte im Rahmen des Grundrechts auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) handelt, die die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung gewährleistet (vgl. BVerfGE 10, 118, 121; 66, 116, 133; Senatsurteil , BGHZ 151, 26, 31 m.w.N.). Auch wenn die vom Beklagten unterstützte Berichterstattung über die Anwesen sogenannter Prominenter in erster Linie das Bedürfnis einer mehr oder minder breiten Leserschicht nach oberflächlicher Unterhaltung befriedigt ist sie vom Grundrecht der Pressefreiheit grundsätzlich umfaßt (vgl. BVerfGE 101, 361, 389 ff.; hierzu Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Denn die Pressefreiheit gilt für alle Presseveröffentlichungen ohne Rücksicht auf ihren Wert (vgl. BVerfGE 25, 296, 307; 66, 116, 134; 101, 361, 389 ff.; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 435). Der Informationswert spielt allerdings bei der beiderseitigen Interessenabwägung durchaus eine Rolle. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muß das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen um so schwerer, je geringer der Informati-
onswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; BVerfG NJW 2000, 2194, 2195; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
c) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß an derartigen Luftbildaufnahmen ein verbreitetes Interesse besteht, das von den Medien entsprechend befriedigt wird. Des weiteren stoßen Wort- und Bildberichterstattungen über die beliebte Ferieninsel M. auf beträchtliche Beachtung, weil zum einen die Insel selbst im Blickpunkt steht, zum anderen aber auch Personen mit hohem Bekanntheitsgrad und deren Lebensgewohnheiten und Wohnverhältnisse auf der Insel. Auch die Klägerin als prominente Fernsehjournalistin zieht das Interesse eines breiten Publikums auf sich. All das stellt die Revision nicht in Frage. Mag auch dieses Interesse nicht als besonders wertvoll zu qualifizieren sein und insbesondere keine für die Allgemeinheit wichtigen Belange betreffen, so kann doch das Bedürfnis nach seiner Befriedigung nicht von vornherein als unberechtigt aus dem Schutzbereich der für die freiheitlich-demokratische Grundordnung schlechthin konstituierenden Pressefreiheit ausgegrenzt werden. Gerade bei der Presse muß vielmehr die Notwendigkeit einer Einschränkung der Freiheit der Berichterstattung überzeugend nachgewiesen werden (BVerfGE 35, 202, 221; 101, 361, 389 f.; Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251). Auch durch unterhaltende Beiträge findet nämlich Meinungsbildung statt, sie können diese unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen. Unterhaltung in der Presse ist aus diesem Grund, gemessen am Schutzziel der Pressefreiheit, nicht unbeachtlich oder gar wertlos (BVerfGE 101, 361, 389 f.).
d) Diesem Gesichtspunkt kommt bei der Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen wesentliche Bedeutung zu. Insgesamt führt die
Abwägung zu dem Ergebnis, daß unter den besonderen Umständen des Streitfalls das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 2 GG das Schutzinteresse der Klägerin überwiegt. Da weder der Kernbereich der Privatsphäre berührt noch ihr räumlich gegenständlicher Schutzbereich nachhaltig beeinträchtigt werden, ist die Intensität des Eingriffs in die Privatsphäre der Klägerin gering. Insoweit hat die Klägerin nicht vorgetragen, daß sie aufgrund der streitgegenständlichen Bildveröffentlichungen in der Nutzung ihres Anwesens gestört worden sei oder daß die Verbreitung der Information , sie nutze ein ansehnliches Feriendomizil auf M. , negative Auswirkungen nach sich gezogen hätte. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich , daß ihr berechtigtes Interesse an einer ungestörten Privatsphäre durch die fragliche Veröffentlichung in seiner Substanz verletzt würde. Zudem handelt es sich vom Gegenstand der Abbildung her nicht um einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre, sondern nur in deren Randzone. Typischerweise werden Dinge als privat eingestuft, deren öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, deren Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst und die jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (vgl. hierzu BVerfGE 101, 361, 382 f.). Demgegenüber geht es vorliegend um Lichtbildaufnahmen, die keine Personen zeigen, sondern auf denen lediglich Gebäude und Grundstücksteile in denkbar unpersönlicher Weise abgebildet sind und die von daher einen hohen Grad von Abstraktheit aufweisen. Hinzu kommt, daß sie ein Auffinden des Grundstücks nicht ermöglichen , sondern es hierfür einer Wegbeschreibung bedarf (hierzu unten B.).
e) Liegt mithin schon von der Intensität her kein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin vor, so wird dieser noch dadurch herabgemindert, daß die Klägerin selbst durch eigene Veröffentli-
chungen einem breiten Publikum ihre Wohn- und Lebensverhältnisse auf M. bekannt gemacht hat. (1) Was der erkennende Senat insoweit im Parallelverfahren - VI ZR 404/02 - im Urteil vom heutigen Tag ausgeführt hat, muß auch für den vorliegenden Fall gelten. Die dortige Klägerin hatte eine umfangreiche Wort- und Bildberichterstattung in deutschen Zeitungen und Zeitschriften sowie in dem Buch "M. - Exclusiv" über ihr Feriendomizil auf der Insel und ihr Leben dort teilweise hingenommen und teilweise sogar gebilligt. Da die oben beschriebenen Luftbildaufnahmen in der Sache kaum noch Neues hinzufügten, führt die Abwägung zwischen den Grundrechten aus den Artt. 1 und 2 und aus Art. 5 GG dazu, letzterem den Vorrang zu geben. (2) Das gilt erst recht für den vorliegenden Fall, in dem die Klägerin selbst den Teil ihrer Privatsphäre, dessen Schutz sie mit der Klage einfordert , durch Veröffentlichungen einem breiten Publikum bekannt gemacht hat. Die Informationen, daß sie eine Finca auf M. als Feriendomizil nutzt, läßt sich dem von ihr verfaßten Buch "Socke und Konsorten" zu entnehmen, das auch Fotos von ihrer Person auf der Terrasse des Hauses , am Pool und im Garten enthält. Erfolglos rügt die Revision hierzu, das Berufungsgericht gehe ohne hinreichende tatsächliche Grundlage von entsprechenden Vorveröffentlichungen durch die Klägerin aus. Das Buch befindet sich bei den Akten und hat in der mündlichen Verhandlung zur Augenscheinseinnahme vorgelegen. Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, daß auch in diesem Fall das Grundrecht aus Art. 5 GG den Vorrang gegenüber dem nur unwesentlich beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht der Klägerin verdient (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98 - VersR 1999, 1250, 1251).
B. Revision des Beklagten Auch die Revision des Beklagten bleibt erfolglos. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung der Wegbeschreibung zum Haus der Klägerin nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG gegen den Beklagten bejaht. 1. Durch die Veröffentlichung der Wegbeschreibung wird das Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung ihres Anspruches auf Schutz ihrer Privatsphäre verletzt (BVerfGE 65, 1, 41 ff.; 72, 155, 170; 78, 77, 84; Senatsurteile vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434 und vom 12. Juli 1994 - VI ZR 1/94 - VersR 1994, 1116, 1117). Auch dieses Recht ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der einzelne hat keine absolute , uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten; denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die Information , auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft ist im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff.; 78, 77, 85 ff.; 84, 192, 195; Senat, Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434). 2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Beklagte durch die Weitergabe der Wegbeschreibung an die Zeitschrift "TV-M. " dazu beigetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit die genaue Lage des Grundstücks bekannt und dieses damit für einen unbestimmten Personenkreis wesentlich leichter erreichbar zu machen.
Zwar greift nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Ver- öffentlichung von Namen, Adresse und Telefonnummer im Einzelfall nicht rechtswidrig in die Privatsphäre ein, sofern diese personenbezogenen Daten von jedem ohne Mühe aus allgemein zugänglichen Quellen, wie z.B. aus dem Telefonbuch, ersichtlich sind und daher keine "sensiblen" Daten darstellen (Senat , Urteil vom 13. November 1990 - VI ZR 104/90 - VersR 1991, 433, 434; siehe auch LG Hamburg, Urteil vom 29. September 1995 - 324 O 387/95 - AfP 1996, 185, 186). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung aber schon deshalb nicht erfüllt, weil es eine allgemein zugängliche Sammlung von Wegbeschreibungen nicht gibt und eine Wegbeschreibung weit über eine Adressenangabe, wie sie Telefonbücher enthalten können, hinausgeht. 3. Die Klägerin hat die Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch nicht aus Gründen des Gemeinwohls oder im Hinblick auf das allgemeine Informationsinteresse hinzunehmen. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß die Veröffentlichung der Wegbeschreibung allein dem Zweck dient, die Klägerin für die Öffentlichkeit erreichbar zu machen. Die öffentliche Bekanntgabe der genauen Lage der Finca setzt die Klägerin aber gerade einer erhöhten Gefahr des Eindringens Dritter in ihren privaten Bereich aus. Die Revision des Beklagten wendet dagegen erfolglos ein, das Anwesen sei bereits durch das Anbringen eines Namensschildes und aufgrund der vermarktenden Mitteilung des Namens "Cassis" in den Büchern der Klägerin für die breite Öffentlichkeit identifizierbar gemacht worden. Von einer Veröffentlichung mit dem der Wegbeschreibung vergleichbaren Informationsgehalt durch die Klägerin kann nicht ausgegangen werden. Nach den von der Revision nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist den Auszügen aus den Büchern der Klägerin bzw. Presseveröffentlichungen von April 2002 die genaue Lage des Anwesens nicht so zu entnehmen, daß es möglich wäre, ohne weitere Recherchen das Grundstück aufzusuchen. 4. Ohne Erfolg wendet sich schließlich die Revision gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, daß der Beklagte als Störer für die Veröffentlichung der Wegbeschreibung verantwortlich sei.
a) Selbst wenn die Redaktion mit der Veröffentlichung eigenmächtig gehandelt haben sollte, wurde durch die Weitergabe der Wegbeschreibung durch den Beklagten deren Veröffentlichung und damit die Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin jedenfalls ermöglicht. Aufgrund der Gesamtumstände der Übermittlung an die Redaktion von "TV-M. " zusammen mit den Fotos der Finca zum Zwecke der Veröffentlichung war naheliegend, daß die Wegbeschreibung ebenfalls veröffentlicht werden würde. Es ist daher, so das Berufungsgericht zu Recht, unerheblich, daß der Beklagte - wie er behauptet - die genaue Wegangabe dem recherchierenden Journalisten von TV-M. lediglich zu dem Zweck mitgeteilt habe, damit dieser in der Lage sei, das Grundstück zu finden. Da der Beklagte keinerlei Vorkehrungen getroffen hat, die Veröffentlichung trotz bestehender Veröffentlichungsgefahr zu verhindern, war diese und die damit verbundene Rechtsbeeinträchtigung zu befürchten.
b) Sind an einer Beeinträchtigung - wie im vorliegenden Fall - mehrere Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art und Umfang des Tatbeitrages oder auf das Interesse des einzelnen Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an (vgl. Senatsurteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800 m.w.N. und vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85 - VersR 1986, 1075, 1076). Der
Unterlassungsanspruch wegen einer Presseveröffentlichung richtet sich zwar grundsätzlich gegen den Verleger der beanstandeten Veröffentlichung sowie gegen die verantwortlichen Redakteure (Senat, BGHZ 39, 124, 129 - Fernsehansagerin; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873). Als (Mit-)Störer haftet - grundsätzlich unabhängig von Art und Umfang seines eigenen Tatbeitrags - aber auch jeder, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht auch nicht entgegen, daß dem in Anspruch genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlen. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/72 - NJW 1976, 799, 800; BGH, Urteil vom 3. Februar 1994 - I ZR 321/91 - NJW-RR 1994, 872, 873; BGH, Urteil vom 2. Mai 1991 - I ZR 227/89 - NJW-RR 1991, 1258, 1259).
c) Die Verantwortlichkeit des Beklagten scheitert danach entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb, weil ihm die Veröffentlichung haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden könnte. Das Berufungsgericht hat zutreffend den adäquaten Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Wegbeschreibung und deren Veröffentlichung bejaht. Letztere war nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge naheliegend, nachdem der Beklagte gegen die zu befürchtende Veröffentlichung keine durchgreifenden Vorkehrungen, z.B. in Form einer ausdrücklichen vertraglichen Einzelvereinbarung, getroffen hat. Es ist schon zweifelhaft, ob der allgemeine Hinweis in der Broschüre, auf den sich der Beklagte beruft, daß der Nachdruck auch auszugsweise ohne schriftliche Genehmigung nicht gestattet sei, sich gegen den Kunden richtet, der aufgrund eines
Vertrages das Material vom Beklagten bekommt. Jedenfalls ist er - wie der vorliegende Fall zeigt - völlig ungeeignet, die Veröffentlichung zu verhindern.

III.

Nach alledem sind beide Revisionen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
12
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - VersR 2010, 220 m.w.N; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.).
14
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - z.V.b. m.w.N.).
12
b) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 - VersR 2008, 695 Rn. 13; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07 - VersR 2008, 793 Rn. 12; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07 - VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08 - VersR 2009, 1545 Rn. 16; BVerfGE 114, 339, 348 m.w.N.; 120, 180, 200 f.; AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08 - VersR 2010, 220 m.w.N; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08 - aaO; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08 - z.V.b.).

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 204/04 Verkündet am:
22. November 2005
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Liegt es nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte ehrverletzende
Schlussfolgerung zu ziehen, so ist eine bewusst unvollständige Berichterstattung
rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung
bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint
und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen
Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann.
BGH, Urteil vom 22. November 2005 - VI ZR 204/04 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juli 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger, ein katholisches Erzbistum, dessen Kardinal und ein Prälat, nehmen den Beklagten, einen Journalisten, auf Unterlassung wörtlicher oder sinngemäßer Tatsachenbehauptungen dahingehend in Anspruch, den Klägern sei es aufgrund eines an sie gerichteten Briefes einer Frau D. vom 18. September 1996 möglich gewesen, den Schwangerschaftsabbruch einer angeblich von einem Pfarrer geschwängerten Minderjährigen zu verhindern, außerdem hätten sie den Pfarrer, der die angebliche Sexualbeziehung zu der Minderjährigen erpresst habe, aus seinem Amt entfernen können. Sie behaupten, der Beklagte habe diese Tatsachenbehauptungen versteckt in zwei Zeitungsartikeln und einem Rundfunkbeitrag, die alle Ende 1996 erschienen sind, aufgestellt.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das in NJW-RR 1998, 1175 veröffentlichte Berufungsurteil, mit dem die Berufung des Beklagten nur hinsichtlich des Klägers zu 3 wegen fehlender Aktivlegitimation erfolgreich gewesen , im übrigen jedoch zurückgewiesen worden war, ist vom Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen worden. Die Kläger haben den Beklagten nunmehr auf Unterlassung verschiedener Äußerungen in Anspruch genommen, aus denen sie die versteckten Aussagen im Sinne des ursprünglichen Antrages herleiten. Die Berufung ist weitgehend ohne Erfolg geblieben; das Berufungsgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben mit der Einschränkung, dass dem Beklagten die Verbreitung der beanstandeten verdeckten Tatsachenbehauptungen, wie in den zwei 1996 erschienenen Artikeln und dem am 24. November 1996 gesendeten Rundfunkbeitrag geschehen, verboten werde ohne den klarstellenden Zusatz, dass den Klägern weder der Name des betroffenen Mädchens noch der des Pfarrers bekannt gewesen, weil von Frau D. nicht mitgeteilt worden sei. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Klageabweisung auch gegenüber den Klägern zu 1, 2 und 4.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB, da der Beklagte in den zwei 1996 veröffentlichten Artikeln und dem am 24. November 1996 ausgestrahlten Rundfunkbeitrag in verdeckter Form unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, welche geeignet seien, das Ansehen der Kläger in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen.
4
So habe der Kläger im Radiobeitrag die verdeckten und unrichtigen Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die Kläger hätten aufgrund eines Schreibens von Frau D. vom 18. September 1996, in dem diese das Bistum darüber informierte , dass eine Jugendliche aufgrund einer erpressten Sexualbeziehung zu einem katholischen Pfarrer schwanger geworden sei und nach Beratung diese Schwangerschaft in den nächsten Tagen abbrechen werde, die Möglichkeit gehabt , unmittelbar Kontakt mit der Betroffenen aufzunehmen und den Schwangerschaftsabbruch zu verhindern, sowie, den Klägern sei der Name des beschuldigten Pfarrers bekannt gewesen, so dass sie ihn aus dem Amt hätten entfernen können.
5
In dem Artikel für die Zeitschrift "Die Woche" seien die beiden verdeckten Behauptungen ebenfalls aufgestellt worden, während im Artikel in der Zeitschrift "Kirche intern" nur die erste (bezüglich der Kontaktaufnahmemöglichkeit) aufgestellt worden sei.
6
Der Beklagte habe dabei verschwiegen, dass der Kläger zu 4 unstreitig in einem dem Schreiben vorangegangenen Telefonat mit Frau D. nach dem Namen des Pfarrers und der betroffenen Minderjährigen gefragt und keine Antwort erhalten hatte und dass der Brief diese Informationen unstreitig ebenfalls nicht enthielt. Das Verschweigen wesentlicher Umstände und damit die unvollständige Darstellung des Sachverhalts begründe eine verdeckte Tatsachenbehauptung , die dadurch unrichtig sei.

II.

7
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB, § 186 StGB mit der im Tenor des Berufungsgerichts erfolgten Einschränkung zu.
8
1. Die Revision rügt erfolglos die Aktivlegitimation des Klägers zu 2 (Erzbistum K.).
9
a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts wie das klagende Bistum zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen können, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch, wie § 194 Abs. 3 StGB zeigt, im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben - hier im Bereich der Seelsorge und der Verbreitung und Vertretung von Glaubensinhalten - strafrechtlichen Ehrenschutz , der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann (vgl. Senatsurteile vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80 - NJW 1982, 2246 und vom 16. November 1982 - VI ZR 122/80 - NJW 1983, 1183, jeweils m.w.N.; BVerfGE 93, 266, 291).
10
b) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist weiterhin die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger zu 2 durch die Berichterstattung selbst betroffen ist.
11
Wenn die Revision meint, dass nur Mitarbeiter einer juristischen Person von einer Äußerung betroffen sein könnten, trifft dies für den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Auch wenn die juristische Person durch ihre Mitarbeiter bzw. gesetzlichen Vertreter handelt, kann sie doch - wie soeben ausgeführt - selbst Rechtsträger sein und deshalb Unterlassungsansprüche geltend machen , wenn sie in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Dies gilt im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil das Erzbistum als Institution mehrfach direkt benannt bzw. angesprochen ist.
12
Soweit die Revision mit der Unterscheidung zwischen Erzbistum und Erzdiözese in Zweifel zieht, ob das Erzbistum eine juristische Person sei, kann zur Beseitigung dieser Zweifel auf BGHZ 124, 173, 174 f. verwiesen werden, wonach im Bereich der katholischen Kirche dem Bistum als der maßgeblichen Territorialgliederung die grundgesetzlich geschützte Rechtsstellung (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV) als Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt (vgl. auch Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz , 10. Auflage, Art. 140, Rn. 12).
13
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht bei Ermittlung des Aussagegehalts der drei Presseberichte deren Gesamtzusammenhang außer Acht gelassen und deshalb ihren Sinn nicht zutreffend erfasst habe.
14
a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 16; 132, 13, 21; vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - VersR 2000, 327, 330; vom 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - VersR 2000, 1162, 1163; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenomme- nen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (vgl. BVerfGE 93, 266, 295; Senatsurteile vom 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - VersR 1997, 842, 843 m.w.N.; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344).
15
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese revisionsrechtliche Überprüfung auch im Streitfall vorzunehmen und nicht etwa durch das Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1942) abschließend erfolgt. Vielmehr erstreckt sich die Bindungswirkung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nur auf den Umfang der Feststellung nach § 95 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG. Feststellung im Sinne dieser Vorschriften ist jedenfalls die Entscheidungsformel, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergänzt um die tragenden Gründe der Entscheidung (BVerfGE 1, 14, 37; 19, 377, 392; 20, 56, 87; 40, 88, 93; 96, 375, 404; 104, 151, 197; Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. A., § 31 Rn. 58). Jedoch erfasst die Bindungswirkung nur die Auslegung der Verfassung, nicht die einfachrechtlicher Normen (Umbach/Clemens/Dollinger aaO, Rn. 60). Hierzu ist dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts lediglich zu entnehmen, dass die Rechtsprechung der Fachgerichte, wonach bei der Annahme von verdeckten Aussagen eine besondere Zurückhaltung geboten sei und deshalb die dem Leser nahe gelegte Schlussfolgerung unabweislich sein müsse, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sei.
16
c) Mit Recht hat sich das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Aussagegehalts nicht auf "offene" Behauptungen beschränkt, sondern die Prüfung auf ehrenkränkende Beschuldigungen erstreckt, die im Gesamtzusammenhang der offenen Einzelaussagen "versteckt" bzw. "zwischen den Zeilen" stehen könnten (vgl. Senatsurteile BGHZ 78, 9, 14; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - VersR 1994, 1123, 1124; vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - VersR 2004, 343, 344). Das Berufungsgericht gibt auch die Grundsätze zur Nachprüfung solcher verdeckter Aussagen zutreffend wieder.
17
Danach ist bei der Ermittlung so genannter verdeckter Aussagen zu unterscheiden zwischen der Mitteilung einzelner Fakten, aus denen der Leser eigene Schlüsse ziehen kann und soll, und der erst eigentlich "verdeckten" Aussage , mit der der Autor durch das Zusammenspiel offener Äußerungen eine zusätzliche Sachaussage macht bzw. sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahe legt. Unter dem Blickpunkt des Art. 5 Abs. 1 GG kann nur im zweiten Fall die "verdeckte" Aussage einer "offenen" Behauptung des Äußernden gleichgestellt werden. Denn der Betroffene kann sich in aller Regel nicht dagegen wehren, dass der Leser aus den ihm "offen" mitgeteilten Fakten eigene Schlüsse auf einen Sachverhalt zieht, für den die offenen Aussagen Anhaltspunkte bieten, der von dem sich Äußernden so aber weder offen noch verdeckt behauptet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1994 - VI ZR 273/93 - aaO und vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 aaO).
18
d) Ob das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht die dem Leser nahegelegten Schlussfolgerungen für so unabweislich gehalten hat, dass sie eine verdeckte Äußerung beinhalten, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls liegt eine bewusst unvollständige Berichterstattung vor, die ebenfalls unzulässig ist. Wenn nämlich - wie die Revision geltend macht - dem Leser Tatsachen mitgeteilt worden sind, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so durften hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten (vgl. BVerfGE 12, 113, 130; Senatsurteile BGHZ 31, 308, 318; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193) und deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will (vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1961 - VI ZR 222/60 - VersR 1961, 980, 982; vom 9. November 1965 - VI ZR 276/64 - VersR 1966, 85, 87; vom 30. Januar 1979 - VI ZR 163/77 - VersR 1979, 520, 521; vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193; ebenso Soehring, Presserecht, 3. A., Rn. 16.44b; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. A., Kap. 5 Rn. 81). Liegt es - wie im Streitfall auch von der Revision nicht in Abrede gestellt - nahe, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193). Eine Tatsachenbehauptung , die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316; vom 18. Juni 1974 - VI ZR 16/73 - NJW 1974, 1762, 1763 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195 m.w.N.). Es dürfen also nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).
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Insoweit gelten für die Vollständigkeit einer solchen Berichterstattung die gleichen Grundsätze wie für die Verdachtsberichterstattung. Auch hier ist näm- lich eine vollständige Berichterstattung erforderlich, so dass dem Leser auch die entlastenden Umstände mitgeteilt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 26. November 1996 - VI ZR 323/95 - VersR 1997, 325, 327). So darf bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, die Kürzung des mitgeteilten Sachverhalts nicht so weit gehen, dass der Zuschauer oder Leser ein nach der negativen Seite entstelltes Bild dieser Person erhält, weil ihm nur einseitige Ausschnitte mitgeteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 31, 308, 316 und vom 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - VersR 2000, 193, 195).
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e) Um solche Umstände handelt es sich hier. Es liegt auf der Hand, dass die Tatsache, dass den Klägern weder der Name des Mädchens noch der Name des Pfarrers mitgeteilt worden waren, geeignet ist, die mitgeteilten Vorgänge und insbesondere den Vorwurf verspäteten Handelns bzw. der Untätigkeit in den Augen des unbefangenen Durchschnittslesers in einem anderen, den Klägern günstigeren Licht erscheinen zu lassen. Denn während es bei Bekanntheit der Personalien aller an dem Vorfall beteiligten Personen beim Durchschnittsleser auf Unverständnis stoßen dürfte, dass weder der Minderjährigen umgehend Hilfe angeboten noch gegen den Pfarrer vorgegangen wurde, erscheint eine entsprechende Schlussfolgerung bei Wissen darum, dass die Namen und Personalien der Beteiligten den Klägern nicht bekannt waren, wesentlich ferner liegend. Deshalb durften hier diese Umstände, die eine Entlastung bewirken konnten , im Rahmen der konkreten Berichterstattung nicht verschwiegen werden.
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Unstreitig sind den Klägern weder durch den Brief noch durch das vorausgegangene Telefonat die Namen des betroffenen Mädchens und des Pfarrers mitgeteilt worden. Das reicht unter den gegebenen Umständen für die Annahme einer bewusst unvollständigen Berichterstattung aus, weil der Beklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Kläger hatte, die unstreitig auch nicht vorhanden war.
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f) Ist mithin diese bewusst unvollständige Berichterstattung der Verbreitung einer unwahren Tatsachenbehauptung gleichzustellen, greift der Grundsatz ein, dass an solchen Äußerungen kein berechtigtes Interesse besteht (vgl. BVerfGE 61, 1, 8 f.; 85, 1, 15); der Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB steht dem Beklagten nicht zur Seite. Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob der Beklagte bei seinen Recherchen hinsichtlich der Frage der nachfolgenden Informationsmöglichkeiten der Kläger über Frau D. die publizistische Sorgfalt gewahrt hat oder nicht. Dem durch Art. 5 GG geschützten Anliegen des Beklagten , durch seine Berichterstattung aufzuzeigen, dass die Kläger von sich aus keinen Versuch unternommen hätten, mit dem betroffenen Mädchen in Kontakt zu treten oder die Identität des Pfarrers in Erfahrung zu bringen, wird durch die jetzige Tenorierung des Berufungsurteils ausreichend Rechnung getragen , die auch im übrigen nicht zu beanstanden ist.
Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.06.1997 - 28 O 44/97 -
OLG Köln, Entscheidung vom 01.07.2004 - 15 U 126/97 -

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.