Landgericht München I Beschluss, 20. März 2015 - 7 O 4846/15

bei uns veröffentlicht am20.03.2015

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Einstweilige Anordnung

Dem beteiligten Internetprovider wird bis zum Abschluss des Verfahrens untersagt, die Daten zu löschen, aus denen sich ergibt, welchen Kunden unter welcher Anschrift diejenigen IP-Adressen zu den dort genannten Zeitpunkten zugeordnet waren, die sich aus der nachgehefteten Anlage (Liste mit IP-Adressen und Zeitpunkten) ergeben.

II. Beschluss

1. Dem beteiligten Internetprovider wird gestattet, zum Zwecke der Auskunftserteilung gegenüber dem/den beteiligten Rechteinhaber(n)/Antragsteller(n) darüber Auskunft zu erteilen, wem zu den in der in Ziffer l. bezeichneten Anlage benannten Zeitpunkten die jeweils in der Anlage benannten IP-Adressen zugeordnet waren, unter Angabe von Namen, Anschrift bzw. Benutzerkennung.

2. Der Geschäftswert wird auf € 5.000,- festgesetzt

Gründe

Die Anordnung beruht auf § 101 Abs. 9 UrhG.

Es ist zur Überzeugung der Kammer dargelegt, dass Kunden des beteiligten Internetproviders, die nur durch die in der Ziffer I. bezeichneten Anlage angeführten Verbindungsdaten identifiziert werden können, das/die streitgegenständliche(n) Werk(e)

gemäß Aufstellung in der weiteren nachgehefteten Anlage (Werktitelliste)

das/die zu Gunsten des/der beteiligten Rechteinhaber(s)/Antragsteller(s) urheberrechtlichen Schutz genießt/genießen, über eine sogenannte „Tauschbörse“ oder über den Server eines „Sharehosters“ im Internet rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht haben (§ 19 a UrhG). Diese Rechtsverletzung ist offensichtlich im Sinne des § 101 Abs. 2 UrhG.

Nach dem Antrag ist davon auszugehen, dass der beteiligte Internetprovider noch über die jeweiligen Verbindungsdaten verfügt. Sollte der beteiligte Internetprovider im vorliegenden Verfahren zum Hauptsacheantrag Stellung nehmen wollen, besteht hierzu im Rahmen des Abhilfeverfahrens Gelegenheit.

Wichtiger Hinweis für Empfänger von Abmahnschreiben

Aus gegebenem Anlass weist das Gericht darauf hin, dass vor Erlass des vorliegenden Beschlusses lediglich geprüft wurde, ob von dem/den antragstellenden Rechteinhaber(n) die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 und Abs. 3 UrhG dargelegt und glaubhaft gemacht wurden und daher die Gestattung zur Auskunftserteilung durch den beteiligten Internetprovider nach § 101 Abs. 9 UrhG erteilt werden konnte.

Aufgrund dieses Beschlusses wird dem Internetprovider gestattet, Namen und Anschrift bzw. Benutzerkennung der Inhaber der in der Anlage bezeichneten dynamischen IP-Adressen zu den dort aufgeführten bestimmten Zeitpunkten dem/den antragstellenden Rechteinhaber(n) mitzuteilen.

Dieser Beschluss trifft naturgemäß keine Aussage darüber, ob die im Anschluss vom beteiligten Internetprovider dem/den antragstellenden Rechteinhaber(n) mitgeteilten Auskünfte richtig sind. Dieser Beschluss trifft auch keine Aussage darüber, ob die so identifizierten Internetanschlussinhaber tatsächlich für die ermittelten Urheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden können. Dieser Beschluss enthält ferner keine Aussage darüber, ob künftige, gegen diese identifizierten Internetanschlussinhaber gerichteten Abmahnschreiben berechtigt sind. Dieser Beschluss belegt auch weder die Werthaltigkeit noch die Rechtmäßigkeit von Auktionen, durch die derartige behauptete Ansprüche versteigert werden.

Betroffene Internetanschlussinhaber erhalten vom Gericht auf schriftlichen Antrag Akteneinsicht durch Übersendung von Kopien des Akteninhalts. Eine Kopie des Abmahnschreibens ist dem Antrag zum Nachweis der Betroffenheit beizufügen. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist hierfür nicht notwendig. Es fällt eine Pauschalgebühr in Höhe von EUR 25,00 an, die nach Aufforderung durch das Gericht im Voraus zu entrichten ist.

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Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 101 Anspruch auf Auskunft


(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfäl

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(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.

(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1.
rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte,
2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm,
3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder
4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,
es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Im Fall der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach Satz 1 kann das Gericht den gegen den Verletzer anhängigen Rechtsstreit auf Antrag bis zur Erledigung des wegen des Auskunftsanspruchs geführten Rechtsstreits aussetzen. Der zur Auskunft Verpflichtete kann von dem Verletzten den Ersatz der für die Auskunftserteilung erforderlichen Aufwendungen verlangen.

(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über

1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.

(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.

(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.

(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.

(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.

(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.