Landgericht München I Beschluss, 17. März 2017 - 21 S 24454/14

bei uns veröffentlicht am17.03.2017
vorgehend
Amtsgericht München, 262 C 21484/13, 05.11.2014

Gericht

Landgericht München I

Tenor

I. Das Verfahren wird gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung von

– Art. 8 Absätze 1 und 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (nachfolgend kurz: Richtlinie 2001/29/EG)

und

– Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (nachfolgend kurz: Richtlinie 2004/48/EG)

folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 8 Absätze 1 und 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG so auszulegen, dass „wirksame und abschreckende Sanktionen bei Verletzungen des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes“ auch dann noch gegeben sind, wenn eine Schadensersatzhaftung des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, ausscheidet, wenn der Anschlussinhaber mindestens ein Familienmitglied benennt, dem neben ihm der Zugriff auf diesen Internetanschluss möglich war, ohne durch entsprechende Nachforschungen ermittelte nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch dieses Familienmitglied mitzuteilen?

2. Ist Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG so auszulegen, dass „wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums“ auch dann noch gegeben sind, wenn eine Schadensersatzhaftung des Inhabers eines In-ternetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing be-gangen wurden, ausscheidet, wenn der Anschlussinhaber mindestens ein Familienmitglied benennt, dem neben ihm der Zugriff auf diesen Internetanschluss möglich war, ohne durch entsprechende Nachforschungen ermittelte nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch dieses Familienmitglied mitzuteilen?

Gründe

Die Parteien streiten beim vorlegenden Gericht darüber, ob der Klägerin gegenüber dem Beklagten Schadensersatz wegen einer im Wege des Filesharing erfolgten Urheberrechtsverletzung zusteht.

1. Rechtlicher Rahmen

a. Unionsrecht

Die Erwägungsgründe der Richtlinie 2001/29/EG lauten auszugsweise wie folgt:

„(11) Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.

(12) Ein angemessener Schutz von urheberrechtlich geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen ist auch kulturell gesehen von großer Bedeutung. Nach Artikel 151 des Vertrags hat die Gemeinschaft bei ihrer Tätigkeit den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen.

(25) Die Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Art und des Umfangs des Schutzes der netzvermittelten Übertragung der urheberrechtlich geschützten Werke und der durch verwandte Schutzrechte geschützten Gegenstände auf Abruf sollte durch einen harmonisierten Rechtsschutz auf Gemeinschaftsebene beseitigt werden. Es sollte klargestellt werden, dass alle durch diese Richtlinie anerkannten Rechtsinhaber das ausschließliche Recht haben sollten, urheberrechtlich geschützte Werke und sonstige Schutzgegenstände im Wege der interaktiven Übertragung auf Abruf für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Derartige interaktive Übertragungen auf Abruf zeichnen sich dadurch aus, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind.

(58) Die Mitgliedstaaten sollten wirksame Sanktionen und Rechtsbehelfe bei Zuwiderhandlungen gegen die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten vorsehen. Sie sollten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die Anwendung dieser Sanktionen und Rechtsbehelfe sicherzustellen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und die Möglichkeit einschließen, Schadenersatz und/oder eine gerichtliche Anordnung sowie gegebenenfalls die Beschlagnahme von rechtswidrigem Material zu beantragen.“

Die Richtlinie 2001/29/EG bestimmt:

Art. 3

Recht der öffentlichen Wiedergabe von Werken und Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sonstiger Schutzgegenstände

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen für folgende Personen das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass die nachstehend genannten Schutzgegenstände drahtgebunden oder drahtlos in einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind:

b) für die Tonträgerhersteller in Bezug auf ihre Tonträger;

(3) Die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Rechte erschöpfen sich nicht mit den in diesem Artikel genannten Handlungen der öffentlichen Wiedergabe oder der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit.

Art. 8

Sanktionen und Rechtsbehelfe

(1) Die Mitgliedstaaten sehen bei Verletzungen der in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten angemessene Sanktionen und Rechtsbehelfe vor und treffen alle notwendigen Maßnahmen, um deren Anwendung sicherzustellen. Die betreffenden Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(2) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Rechtsinhaber, deren Interessen durch eine in seinem Hoheitsgebiet begangene Rechtsverletzung beeinträchtigt werden, Klage auf Schadenersatz erheben und/oder eine gerichtliche Anordnung sowie gegebenenfalls die Beschlagnahme von rechtswidrigem Material sowie von Vorrichtungen, Erzeugnissen oder Bestandteilen im Sinne des Artikels 6 Absatz 2 beantragen können.

Die Erwägungsgründe der Richtlinie 2004/48/EG lauten auszugsweise wie folgt:

„(3) Ohne wirksame Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums werden jedoch Innovation und kreatives Schaffen gebremst und Investitionen verhindert. Daher ist darauf zu achten, dass das materielle Recht auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, das heute weitgehend Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands ist, in der Gemeinschaft wirksam angewandt wird. Daher sind die Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Binnenmarkts.“

Die Richtlinie 2004/48/EG bestimmt:

Art. 3

Allgemeine Verpflichtung

(1) Die Mitgliedstaaten sehen die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind. Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen fair und gerecht sein, außerdem dürfen sie nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein und keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen.

(2) Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen darüber hinaus wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.

Art. 13

Schadensersatz

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag der geschädigten Partei anordnen, dass der Verletzer, der wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass er eine Verletzungshandlung vornahm, dem Rechtsinhaber zum Ausgleich des von diesem wegen der Rechtsverletzung erlittenen tatsächlichen Schadens angemessenen Schadensersatz zu leisten hat.

(2) Für Fälle, in denen der Verletzer eine Verletzungshandlung vorgenommen hat, ohne dass er dies wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, können die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Gerichte die Herausgabe der Gewinne oder die Zahlung von Schadensersatz anordnen, dessen Höhe im Voraus festgesetzt werden kann.

b. Nationales Recht

§ 97 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965 (BGBl. I 1965 Seite 1273); zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I 2013 Seite 3728) lautet wie folgt:

„(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

2. Umstände des Ausgangsverfahrens

a. Die Klägerin verfügt über die Rechte des Tonträgerherstellers (§ 85 UrhG) an der Hörbuchfassung des urheberrechtlich geschützten Werkes „Das verlorene Symbol“ des Autors Dan Brown.“

Der Beklagte ist Inhaber des streitgegenständlichen Internetanschlusses, über den das Hörbuch am 8. Mai 2010 ab 00:10:28 Uhr sowie ab 01:35:13 Uhr einer unbegrenzten Anzahl von Internet-Tauschbörsen-Nutzern zum Herunterladen angeboten wurde. Die Frage der zutreffenden Ermittlung der dem Beklagten zugeordneten IP-Adressen hat die Kammer durch Einholung eines Sachverständigengutachtens dahin geklärt, dass die dem Beklagten zugeordneten IP-Adressen zutreffend ermittelt wurden.

Mit Schreiben vom 28.10.2010 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen dieser Urheberrechtsverletzung erfolglos ab. Die Klägerin hat den Beklagten als Anschlussinhaber daher auf Zahlung eines angemessenen Schadensersatzbetrages verklagt.

Der Beklagte bestreitet, die Rechtsverletzung selbst begangen zu haben und trägt vor, sein Internetanschluss sei hinreichend gesichert gewesen, neben ihm hätten aber auch seine im selben Haus wohnenden Eltern Zugriff auf den Internetanschluss gehabt; diese hätten aber nach Kenntnis des Beklagten weder die streitgegenständliche Datei auf ihrem Computer gehabt noch ein Tauschbörsenprogramm genutzt. Nach seiner Kenntnis seien zum streitgegenständlichen Zeitpunkt sämtliche Rechner ausgeschaltet gewesen. Seine Eltern hätten ihm auch glaubhaft versichert, den streitgegenständlichen Titel nicht zu kennen und keinerlei Tauschbörsensoftware installiert oder betrieben zu haben.

Die Schadensersatzklage der Klägerin wurde vom Amtsgericht München mit der Begründung abgewiesen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Täter der behaupteten Urheberrechtsverletzung sei. Insoweit genüge es, dass der Beklagte dargelegt habe, dass auch seine Eltern als Täter in Betracht kommen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt, über die das vorlegende Gericht letztinstanzlich entscheidet, sofern es keine Revision zulässt.

b. Das vorlegende Gericht neigt dazu, eine Haftung des Beklagten als Täter für die behaupteten Urheberrechtsverletzungen deshalb anzunehmen, weil sich aus seinem Vortrag nicht ergibt, dass im Verletzungszeitpunkt eine dritte Person den Internetanschluss benutzt hat und deshalb ernsthaft als Rechtsverletzer in Betracht kommt.

Das vorlegende Gericht sieht sich aber derzeit aus den nachfolgenden rechtlichen Gründen dazu gezwungen, die Regelung in Art. 8 Abs. 1, 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG, die hinsichtlich eines Schadensersatzanspruches für Urheberrechtsverletzungen mit § 97 UrhG ins deutsche Recht umgesetzt ist, dahingehend anzuwenden, dass ein privater Anschlussinhaber, der Familienangehörigen Zugriff auf seinen Internetanschluss bzw. sein WLAN gewährt, über den ein urheberrechtlich geschütztes Werk rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, für diese Rechtsverletzung nicht auf Schadensersatz haftet, wenn er mindestens ein Familienmitglied benennt, dem neben ihm der Zugriff auf diesen Internetanschluss möglich war, ohne durch entsprechende Nachforschungen ermittelte nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch dieses Familienmitglied mitzuteilen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016, Az. I ZR 154/15) trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016, Az. I ZR 154/15) geht weiter davon aus, dass eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers spricht, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. War der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt allerdings nicht hinreichend gesichert oder wurde er bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen, besteht eine solch tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers nicht. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Dieser sekundären Darlegungslast genügt der Anschlussinhaber demnach dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hat ein Familienangehöriger - etwa die Ehefrau oder die Eltern des Anschlussinhabers - Zugang zum fraglichen Internetanschluss gehabt, muss der Anschlussinhaber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allerdings keinerlei nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung mitteilen; auch Nachprüfungen zu den fraglichen Zugriffszeiten oder der Art der Internetnutzung des Familienangehörigen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter Verweis auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) nicht zumutbar.

Mit folgender erster Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um die Auslegung des Terminus „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ bei Verletzungen des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes (Art. 8 Abs. 1, 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG). Dies deshalb, weil das vorlegende Gericht nach dem Wortsinn der Norm davon ausgeht, dass eine wirksame und abschreckende Sanktion in Gestalt einer Schadensersatzpflicht nicht gegeben ist, wenn diese dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Anschlussinhaber jedenfalls einen Familienangehörigen nennt, der neben ihm Zugriff auf den Anschluss hat; denn eine solche Handhabung führt im Ergebnis dazu, dass weder der Anschlussinhaber noch andere Familienangehörige für die fragliche Rechtsverletzung auf Schadensersatz haften, da der Rechteinhaber unter diesen Umständen mit seiner Klage gegen den Anschlussinhaber regelmäßig scheitert und hinsichtlich des benannten Familienangehörigen keinerlei konkreten Anhaltspunkt (tatsächliche Nutzung im Tatzeitpunkt, Art der Internetnutzung dieses Familienmitglieds etc.) hat, aufgrund dessen mit Aussicht auf Erfolg eine Schadensersatzklage angestrengt werden kann.

Erste Frage:

Ist Art. 8 Absätze 1 und 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG so auszulegen, dass „wirksame und abschreckende Sanktionen“ bei Verletzungen des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes auch dann noch gegeben sind, wenn eine Schadensersatzhaftung des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, ausscheidet, wenn der Anschlussinhaber mindestens ein Familienmitglied benennt, dem neben ihm der Zugriff auf diesen Internetanschluss möglich war, ohne durch entsprechende Nachforschungen ermittelte nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch dieses Familienmitglied mitzuteilen? Mit der im wesentlichen gleichlautenden, sich aber auf eine andere Richtlinie beziehenden zweiten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof ferner um die Auslegung des Terminus „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Maßnahmen“ zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG). Auch hier geht das vorlegende Gericht nach dem Wortsinn der Norm davon aus, dass eine wirksame und abschreckende Sanktion in Gestalt einer Schadensersatzpflicht nicht gegeben ist, wenn diese dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Anschlussinhaber jedenfalls einen Familienangehörigen nennt, der neben ihm Zugriff auf den Anschluss hat; denn eine solche Handhabung führt im Ergebnis dazu, dass weder der Anschlussinhaber noch andere Familienangehörige auf Schadensersatz für die fragliche Rechtsverletzung haften, da der Rechteinhaber unter diesen Umständen mit seiner Klage gegen den Anschlussinhaber scheitern muss und hinsichtlich des benannten Familienangehörigen keinerlei konkreten Anhaltspunkt (tatsächliche Nutzung im Tatzeitpunkt, Art der Internetnutzung dieses Familienmitglieds etc.) hat, aufgrund dessen mit Aussicht auf Erfolg eine Schadensersatzklage angestrengt werden kann.

Zweite Frage:

Ist Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG so auszulegen, dass „wirksame Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums“ auch dann noch gegeben sind, wenn eine Schadensersatzhaftung des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, ausscheidet, wenn der Anschlussinhaber mindestens ein Familienmitglied benennt, dem neben ihm der Zugriff auf diesen Internetanschluss möglich war, ohne durch entsprechende Nachforschungen ermittelte nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch dieses Familienmitglied mitzuteilen?

Pichlmaier Kuttenkeuler Dr. Ebner-Vittinghoff Vorsitzender Richter Richter Richter am Landgericht am Landgericht am Landgericht

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz


(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 85 Verwertungsrechte


(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens al

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Okt. 2016 - I ZR 154/15

bei uns veröffentlicht am 06.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 154/15 Verkündet am: 6. Oktober 2016 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Afterlife EU-Grun

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(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. Das Recht entsteht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers.

(2) Das Recht ist übertragbar. Der Tonträgerhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.

(3) Das Recht erlischt 70 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers. Ist der Tonträger innerhalb von 50 Jahren nach der Herstellung nicht erschienen, aber erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 70 Jahre nach dieser. Ist der Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 50 Jahre nach der Herstellung des Tonträgers. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

(4) § 10 Absatz 1 und die §§ 23 und 27 Absatz 2 und 3 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 gelten entsprechend.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 154/15
Verkündet am:
6. Oktober 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Afterlife
EU-Grundrechtecharta Art. 7, Art. 17 Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 A; UrhG
§§ 94, 97 Abs. 2 Satz 1

a) Bei der Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses
im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden
sekundären Darlegungslast zur Nutzung des Anschlusses durch andere
Personen sind auf Seiten des Urheberrechtsinhabers die Eigentumsgrundrechte
gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen.
Handelt es sich bei den Personen, die den Anschluss mitgenutzt
haben, um den Ehegatten oder Familienangehörige, so wirkt zugunsten des Anschlussinhabers
der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EUGrundrechtecharta

b) Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist es regelmäßig nicht zumutbar
, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen,
um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können.
Ebenfalls unzumutbar ist es regelmäßig, dem Anschlussinhaber die Untersuchung
des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing
-Software abzuverlangen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15 - LG Braunschweig
AG Braunschweig
ECLI:DE:BGH:2016:061016UIZR154.15.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 1. Juli 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsund Verwertungsrechte für den Film "Resident Evil: Afterlife 3D" zu sein. Die von der Klägerin beauftragte i. GmbH ermittelte, dass dieser Film insgesamt vierzehnmal im Zeitraum vom 26. bis 28. September 2010 über die Tauschbörse "b. " im Internet anderen Nutzern zur Verfügung gestellt wurde. Die hierbei dokumentierten IP-Adressen wurden dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet. Der Beklagte hat auf die Abmahnung der Klägerin eine Unterlassungserklärung abgegeben.
2
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die Rechtsverletzungen begangen. Sie hat geltend gemacht, der Beklagte sei zur Erstattung von Ab- mahnkosten auf der Grundlage eines Streitwerts von 10.000 € in Höhe von 506 € sowie zur Zahlung von Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von 600 € verpflichtet.
3
Der Beklagte hat seine Täterschaft in Abrede gestellt und darauf verwiesen , seine Ehefrau nutze den Internetanschluss selbständig mit. Er hat ferner geltend gemacht, der von ihm eingesetzte Router habe eine massive Sicherheitslücke aufgewiesen, so dass sich Dritte unbefugt Zugang zu seinem WLAN-Anschluss hätten verschaffen können.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (Amtsgericht Braunschweig, CR 2014, 758). Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Landgericht Braunschweig, GRUR-RR 2015, 522). Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageforderungen weiter.

Entscheidungsgründe:

5
I. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
6
Der Beklagte hafte nicht als Täter für die behauptete Rechtsverletzung. Der Klägerin sei der ihr nach allgemeinen Grundsätzen obliegende Nachweis der Täterschaft des Beklagten nicht gelungen. Die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers greife nur ein, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den einzigen Nutzer des Anschlusses handele. Dem Beklagten obliege zwar hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen der tatsächlichen Vermutung vorliegen, eine sekundäre Darlegungslast, so dass er vortragen müsse, ob er den Anschluss allein nutze oder welche Familienange- hörige, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anschlusses in der Lage waren. Dieser Darlegungslast sei der Beklagte nachgekommen, indem er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt und konkret zum eingesetzten Router und der bei diesem bestehenden Sicherheitslücke vorgetragen habe. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht verpflichtet, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen. Ferner müsse er weder den Computer untersuchen noch konkreten Vortrag zu seinen Abwesenheitszeiten und denjenigen der Mitbenutzer halten.
7
Der Beweis der Täterschaft des Beklagten sei der Klägerin nicht gelungen. Zwar habe die Ehefrau als Zeugin bekundet, selbst keine FilesharingSoftware benutzt zu haben und den streitgegenständlichen Film nicht heruntergeladen und anderen Nutzern zum Download zur Verfügung gestellt zu haben. Die Kammer sei jedoch von der Wahrheit dieser Angaben nicht überzeugt. Es bestehe kein Anlass, den Angaben der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Beklagten. Der Beklagte hafte ferner auch nicht als Teilnehmer oder Störer.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG heranzuziehen ist. Danach ist, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
10
Die Klägerin hat ihre Klage auf eine Verletzung ihrer ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG und damit auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Das Anbieten von Filmwerken mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet verletzt das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Filmherstellers (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 77/11, ZUM-RD 2012, 587 Rn. 32 f.; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 22 = WRP 2016, 1525 - Tannöd; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 94 Rn. 40).
11
2. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG aktivlegitimiert, nimmt die Revision als für sie günstig hin, so dass hiervon für das Revisionsverfahren auszugehen ist.
12
3. Das Berufungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen darüber getroffen, ob der Film "Resident Evil: Afterlife 3D" - wie von der Klägerin behauptet - insgesamt vierzehnmal zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten über den Internetanschluss des Beklagten im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Für das Revisionsverfahren ist von diesem Vortrag der Klägerin auszugehen.
13
4. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte hafte nicht als Täter für die behaupteten Urheberrechtsverletzungen.
14
a) Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III).
15
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers , dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 - Everytime we touch). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.
16
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte habe der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast genügt.
17
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast sei substantiierter Vortrag zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter ausreichend; es sei nicht Sache des Beklagten, die gegen ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung für die Haftung des Anschlussinhabers sprechenden Umstände zu beweisen. Der Beklagte habe seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt und konkret zum eingesetzten Router und der bei diesem bestehenden Sicherheitslücke vorgetragen habe. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht verpflichtet, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen, den Computer zu untersuchen oder konkreten Vortrag zu den Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der Mitbenutzer zu halten.
18
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt. Hingegen besteht keine generelle Vermutung , dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn für die Täterschaft des Anschlussinhabers der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) spricht. Für die Anwendung der Regeln über den Anscheinsbeweis ist im Falle der Urheberrechtsverletzung durch die Nut- zung eines Internetanschlusses aber nicht ohne weiteres aufgrund der Inhaberschaft am Anschluss Raum.
19
(1) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (st. Rspr; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71, VersR 1974, 750; Urteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12, MDR 2014, 155 Rn. 14; Versäumnisurteil vom 10. April 2014 - VII ZR 254/13, NJW-RR 2014, 1115 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. Mai 1979 - VI ZR 97/78, VersR 1979, 822, 823; Urteil vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95, VersR 1997, 205, 206; Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, NJW 2010, 1072 Rn. 8). Dieser Schluss setzt einen typischen Geschehensablauf voraus. Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben , sehr groß ist (BGH, VersR 1997, 205, 206; BGH, NJW 2010, 1072 Rn. 8; NJW-RR 2014, 1115 Rn. 9). Der Anscheinsbeweis ist entkräftet (erschüttert), wenn der Gegner die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs beweist (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 - VI ZR 58/06, NJW-RR 2007, 1077 Rn. 10; Urteil vom 7. Februar 2013 - III ZR 200/11, NJW 2013, 1092 Rn. 28).
20
(2) Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit , dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt , besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit. Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast (s. Rn. 15).
21
cc) Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast genügt, weil er seine Ehefrau als Mitnutzerin des Anschlusses benannt habe und eine Untersuchung der genutzten Computer auf das Vorhandensein von Filesharing-Software nicht erforderlich sei.
22
(1) Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 47 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN), eine Rechtsverfolgung ermöglicht. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der unionsrechtlich vorgesehenen Positionen des geistigen Eigentums vorzusehen.
23
Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen allerdings die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen. Diese Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, und berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66, 84, 94; 80, 81, 92; 81, 1, 6; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl., Art. 7 Rn. 19 f.; v. Coelln in Sachs aaO Art. 6 Rn. 22). Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt.
24
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt es, wenn mehrere unionsrechtlich geschützte Grundrechte einander widerstreiten , den Behörden oder Gerichten der Mitgliedstaaten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen Rechten sicherzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae ; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 = WRP 2016, 1486 - Sony Music/McFadden). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21).
25
(2) Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Reichweite der dem Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast auch unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen im Ergebnis zutreffend bestimmt.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte vorgetragen , seine Ehefrau habe über einen eigenen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen. Dies war allerdings auch nicht erforderlich. Weitergehende Nachprüfungen dahingehend, ob die Ehefrau hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art der Internetnutzung als Täterin der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommt, waren dem Beklagten nicht zumutbar. Soweit die Revision darauf verweist, dass im Transportrecht dem Spediteur, der am Tage des Schadenseintritts vom Schaden Kenntnis erlangt, die Pflicht zur sofortigen Recherche und Aufklärung des Schadensereignisses obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 - I ZR 34/00, TranspR 2002, 408), verkennt sie, dass Handlungspflichten im kaufmännischen Verkehr nicht ohne weiteres auf das Verhalten von Privatleuten übertragbar sind. Es ist schon zweifelhaft, ob es dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses generell zumutbar ist, Zeit und Art der Internetnutzung rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren, wenn in einer Abmahnung internetbezogene Urheberrechtsverletzungen behauptet werden. Jedenfalls aber steht im Streitfall auch unter Berücksichtigung des für die Klägerin sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG) der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen. Es ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen , um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing -Software abzuverlangen.
27
Soweit das Berufungsgericht eine Untersuchung des Computers generell nicht für erforderlich gehalten hat, stellt dies eine zu weitgehende Einschränkung der dem Anschlussinhaber obliegenden Pflichten dar. Im Rahmen des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, kann der Anschlussinhaber vielmehr auch zu der Angabe verpflichtet sein, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 41 f. - Tauschbörse III). Insoweit erweist sich das Urteil des Berufungsgerichts allerdings aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu vorgetragen und angegeben hat, auf seinem Computer sei keine entsprechende Software vorhanden gewesen.
28
c) Ohne Erfolg greift die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, aufgrund der Bekundungen der als Zeugin vernommenen Ehefrau des Beklagten stehe fest, dass diese im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzungen den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt habe. Die Aussage der Zeugin sei ersichtlich aufgrund eigener Erinnerung erfolgt und insoweit glaubhaft. Der Beweis der Täterschaft des Beklagten sei der Klägerin aber nicht gelungen. Zwar habe die Zeugin angegeben, selbst keine Filesharing-Software benutzt und den streitgegenständlichen Film weder heruntergeladen noch anderen Nutzern über eine Tauschbörse zur Verfügung gestellt zu haben. Die Kammer sei jedoch nicht von der Wahrheit dieser Angaben überzeugt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau, wäre sie tatsächlich Täterin gewesen, die Rechtsverletzungen eingeräumt hätte. Insoweit bestehe kein Anlass, den Angaben der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Beklagten, der seine Täterschaft ebenfalls in Abrede stelle. Der Kammer seien die Bekundungen des Beklagten, mit Filesharing nichts zu tun zu haben, durchaus nachvollziehbar und glaubhaft erschienen, so dass die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend von der Täterschaft des Beklagten überzeugt sei.
30
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob die Ehefrau den Internetanschluss des Beklagten selb- ständig mitbenutzt habe, sei mangels Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Zeugin rechtsfehlerhaft.
31
(1) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für unwahr zu erachten ist. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13; Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, NJW 2015, 411 Rn. 13 mwN). Solche Fehler sind im Streitfall nicht gegeben.
32
(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht hinreichend deutlich gemacht, aus welchen Gründen es die Angabe der Zeugin, den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt zu haben, zur Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung gemacht hat. Das Berufungsgericht hat die Bekundungen der Zeugin zu ihrer Internetnutzung als detailreich , nachvollziehbar und aufgrund eigener Erinnerung charakterisiert und sie insgesamt als glaubhaft bewertet. Das Berufungsgericht hegte insoweit erkennbar auch keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich einwandfrei. Sie ist auch nicht im Hinblick darauf widersprüchlich, dass das Berufungsgericht sich von der Wahrheit der weiteren Bekundung der Zeugin, die behaupteten Rechtsverletzungen nicht begangen zu haben, nicht zu überzeugen vermochte. Das Berufungsgericht hat darauf verwiesen, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass sich die Zeugin selbst der Rechtsverletzungen bezichtige, wenn sie sie tatsächlich begangen haben sollte. Das Berufungsgericht hat in die Würdigung ferner die von ihm als nachvollziehbar und glaubhaft beurteilte Einlassung des Beklagten einbezogen, kein Filesharing betrieben zu haben, und diese für nicht weniger überzeugungskräftig gehalten als die Bekundungen der Zeugin. Das Berufungsgericht hat damit plausibel dargelegt, warum es die Zeugin nur teilweise als glaubwürdig angesehen hat. Soweit die Revision darauf verweist, die Zeugin könnte ihre Internetnutzung wahrheitswidrig zu dem Zweck behauptet haben, um den Beklagten vor einer Verurteilung zu schützen, setzt die Revision lediglich in revisionsrechtlich unbehelflicher Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Tatrichters. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Zeugin hätte sich vor einer Selbstbezichtigung auch durch die Ausübung ihres Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 384 Nr. 2 ZPO schützen können.
33
cc) Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen erachtet hat, dass die Zeugin im behaupteten Tatzeitpunkt den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt hat.
34
Die Zeugin hat, wie auch die Revision nicht verkennt, bekundet, im Jahr 2010 den Computer benutzt zu haben, um Videospiele zu spielen und ins Internet zu gehen. Auf dieser Grundlage ist die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Internetnutzung durch die Zeugin revisionsrechtlich einwandfrei.
35
Die Revision greift weiter erfolglos die Feststellung des Berufungsgerichts an, die Zeugin habe das Internet selbständig genutzt. Nach der Würdigung des Berufungsgerichts hat die Zeugin Babykleidung bestellt, das soziale Netzwerk "facebook" besucht und das Online-Spiel "World of Warcraft" gespielt. Diese Würdigung unterliegt keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung der Revision - nicht aus dem Umstand, dass die Zeugin ferner bekundet hat, sie und der Beklagte seien "immer zusammen" gewesen, wenn der Beklagte zuhause gewesen sei. Diese Bekundung steht der Würdigung des Berufungsgerichts nicht entgegen, weil das Berufungsgericht erkennbar davon ausgegangen ist, dass die Zeugin das Internet auch während der Abwesenheit des Beklagten benutzt hat. Soweit die Revision dies anders sieht, handelt es sich wiederum um eine revisionsrechtlich erfolglose , abweichende Würdigung der tatrichterlichen Feststellungen.
36
5. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte weder als Teilnehmer an einer rechtswidrigen Haupttat noch als Störer, wendet sich die Revision nicht.
37
6. Mangels einer Haftung des Beklagten als Täter, Teilnehmer oder Störer besteht, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, auch kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten.
38
III. Danach ist die Revision auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
Büscher Koch Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 27.08.2014 - 117 C 1049/14 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 01.07.2015 - 9 S 433/14 (59) -

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.