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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin ist hinsichtlich der von ihr behaupteten urheberrechtlichen Nutzungsrechte nicht aktivlegitimiert.
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1. Auf Grundlage des Sachvortrages der Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist ihre Aktivlegitimation nicht dargetan.
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a) Der Sachvortrag der Klägerin bezieht sich darauf, dass sie abgeleitete Rechte des Künstlers „W.“ geltend macht (Schriftsatz der Klägerin vom 04.08.2006, Seite 2: „Die Klägerin ist Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte … an den auf der CD „I.“ befindlichen Werken des Künstlers W.“; Seite 4: „Es bleibt damit festzuhalten, dass die Kette der Nutzungsübertragungen geschlossen bis zur Klägerin vorliegt. Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland an allen auf dem vom Beklagten urheberrechtswidrig im Internet angebotenen Musikalbum befindlichen Musikstücke inklusive der Rechte der einzelnen Textdichter, Komponisten, Interpreten, etc.“). Insofern hat sich die Klägerin auf eine geschlossene Kette von Verträgen über den Künstler „W.“ über die H. bis hin zur Klägerin selbst berufen, um ihre Inhaberschaft an Nutzungsrechten zu begründen.
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b) Eine derartige Rechtekette ist aber nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
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aa) Schon an erster Stelle der Kette bei der Rechtsübertragung von „W.“ auf die H. in den USA fehlt es an einem substantiierten Sachvortrag der Klägerin. Dies betrifft zunächst schon die Frage, welche Berechtigung „W.“ hatte, um allein eine Rechtsübertragung auf die H. bewirken zu können. Der Beklagte hat substantiiert unter Vorlage von Auszügen aus der GEMA-Datenbank (Anlage B 1) behauptet, dass „W.“ nicht alleiniger Urheber oder ausübender Künstler hinsichtlich der auf dem streitgegenständlichen Album vorhandenen Musikstücke ist. In der Anlage B 1 werden bei einem Stück aus dem Album neben „W.“ immerhin noch vier weitere Komponisten und vier weitere Textdichter genannt. Substantiierte Darlegungen zur alleinigen Urheberschaft des Künstlers „W.“ liegen seitens der Klägerin nicht vor, obwohl allein schon die spezifizierten Einwände des Beklagten im Schriftsatz vom 29.06.2006, Seite 17 hierzu Anlass gegeben hätten. Daher kann nicht von einer alleinigen Urheberschaft von „W.“ ausgegangen werden, zumal das Booklet der CD … bei den einzelnen Liedern im Klammerzusatz nach dem Liedtitel weitere Personen neben „W.“ nennt. Wendet man das im Urheberrecht maßgebliche Schutzlandprinzip an, demzufolge beim anwendbaren Recht an das Recht des Landes anzuknüpfen ist, für das Schutz beansprucht wird (
lex loci protectionis
, BGH, GRUR 1999, 152 - Spielbankaffaire; BGH, GRUR 1992, 697 - ALF; eingehend Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 2004, vor §§ 120, Rdnr. 28 ff) und beurteilt deshalb den Sachverhalt nach deutschem Recht, so liegt Miturheberschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 UrhG vor. Dies führt dazu, dass ein einzelner Miturheber gem. § 8 Abs. 2 UrhG allein nicht zur Verwertung des Rechts befugt ist. „W.“ allein konnte damit keine Nutzungsrechte einräumen. Selbst wenn man den behaupteten Urheberrechtsvertrag zwischen „W.“ und H. gemäß dem Vertragsstatut nach dem Recht der US-amerikanischen Bundesstaaten Kalifornien oder Washington beurteilen wollte, so ist dennoch nicht ersichtlich, wie „W.“ ohne irgendeine - wie auch immer geartete - Zustimmung der Miturheber allein zur Einräumung von Nutzungsrechten befugt gewesen sein sollte.
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Im übrigen ist der Sachvortrag der Klägerin zur Frage der Rechtseinräumung im Verhältnis von „W.“ zu H. im Schriftsatz vom 04.08.2006 nicht hinreichend substantiiert genug, um eine Beweisaufnahme zu rechtfertigen. Der unter Beweis gestellte Lebenssachverhalt ist so dürr, dass die Befragung der angebotenen Zeugen auf einen reinen Ausforschungsbeweis zum Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen „W.“ und der H. hinauslaufen würde.
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bb) Auch an der zweiten Stelle der Kette der Rechtseinräumungen im Verhältnis zwischen der H.und der Klägerin ist eine Berechtigung der Klägerin nicht dargetan.
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Das „Deal Memo“ vom 04.04.2005 (Anlage K 11) ist nicht von allen Vertragsparteien unterschrieben und daher nicht als rechtsgültiger Vertrag aufzufassen. Im übrigen lässt die unbestimmte Formulierung des Gegenstands des Memos unter Punkt 3. („Product: The new recordings performed by W.“) nicht erkennen, bezüglich welcher Titel überhaupt eine Rechtseinräumung stattgefunden haben soll. Auch diesbezüglich würde der angebotene Zeugenbeweis auf eine Ausforschung hinauslaufen.
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2. Die Klägerin kann sich hinsichtlich ihrer Aktivlegitimation nicht auf den Vermerk auf dem CD-Cover „A Product of P. GmbH Boulevard
Straße Ort Land
“ bzw. „Under Exclusive License of H.“ im Sinne einer Urhebervermutung nach § 10 UrhG berufen.
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a) § 10 Abs. 1 UrhG erfordert für die Vermutung der Urheberschaft, dass auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienen Werkes der bildenden Kunst der Urheber in üblicher Weise bezeichnet ist. Erforderlich ist daher, dass die bezeichnete Person gerade als Urheber bezeichnet wird (vgl. Schulze, in: Dreier/Schulze, a.a.O., § 10, Rdnr. 10). Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall, da sie nicht für sich in Anspruch nimmt - und auch nicht in Anspruch nehmen kann - Urheber im Sinne des Schaffens eines geschützten Werkes nach § 2 UrhG zu sein.
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b) § 10 Abs. 2 UrhG ist ebenfalls nicht anwendbar. § 10 Abs. 2 UrhG beschränkt seine Vermutungswirkung auf die Ermächtigung, die Rechte des Urhebers im Wege der Prozessstandschaft geltend zu machen, wenn der Urheber auf dem Werk selbst nicht bezeichnet ist (Schulze, a.a.O., § 10, Rdnr. 28). Im vorliegenden Fall ist zum einen der Künstler W. genannt und zum anderen macht die Klägerin eigene Rechte geltend, d.h. sie tritt gerade nicht in Prozessstandschaft für den Künstler W. auf.
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3. Auch eine analoge Anwendung des § 10 UrhG kommt nicht in Betracht.
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a) Die Vermerke auf dem CD-Cover begründen nicht die Vermutung, dass die Klägerin urheberrechtliche Rechtspositionen über die Kette W. - H. - Klägerin eingeräumt bekommen hat. Der von der Klägerin thematisierte „P-Vermerk“ besagt nichts über die Berechtigung der Klägerin aus diesen Rechtsverhältnissen. Eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 1 UrhG auf diese Konstellation scheidet aus (BGH, GRUR 2003, 228 - P-Vermerk). Zum einen liegt keine planwidrige Lücke vor, da der Gesetzgeber trotz zahlreicher Novellen des Urheberrechts keine entsprechende Vermutung zu Gunsten eines Lizenznehmers geschaffen hat. Zudem ist der mit § 10 UrhG bezweckte Schutz speziell auf die besondere Situation des Urhebers zugeschnitten: Der urheberrechtliche Schutz für einzelne Werke gilt der persönlichen geistigen Schöpfung, wobei ein Urheber häufig den Nachweis, dass er das Werk in dieser Weise geschaffen hat, nur sehr schwer oder umständlich erbringen kann (ebenda). Der Nachweis einer Lizenz kann durch den Abschluss von schriftlichen Verträgen deutlich einfacher geführt werden, so dass hier nicht in derselben Weise ein Schutzbedürfnis besteht. Schließlich kommt dem P-Vermerk keine eindeutige inhaltlich festgelegte Aussage zu, da dieser Vermerk nach dem Wortlaut des Art. 5 des Genfer Tonträger-Abkommens den Hersteller oder seinen Rechtsnachfolger, aber auch den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz benennen kann, wobei nicht vorgeschrieben ist, dass die Rechtsstellung näher gekennzeichnet wird (ebenda; Schulze, a.a.O., § 10, Rdnr. 14). Damit fehlt dem P-Vermerk eine eindeutig festgelegte inhaltliche Aussage, an die eine gesetzliche Vermutung anknüpfen könnte (ebenda).
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b) Art. 5 b) der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums („Enforcement-Richtlinie“) führt - selbst wenn man von einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie ausgeht - nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn diese Bestimmung schafft keine Vermutung zu Gunsten des Inhabers abgeleiteter Rechte (so auch Grünberger, GRUR 2006, 894, 898 ff).
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Der Wortlaut der Richtlinie lässt eine Ausweitung der Vermutungswirkung auf den Kreis der Inhaber abgeleiteter Rechte nicht zu. Art. 5 a) der Richtlinie schafft eine Urheber- oder Inhabervermutung für „den Urheber eines Werkes der Literatur und Kunst“. Art 5 b) der Richtlinie besagt, dass die Bestimmung des Buchstabens a) entsprechend „für den Inhaber von dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten“ in Bezug auf den Schutzgegenstand gilt. „Urheber“ und „Inhaber von dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten“ sind nicht mit dem Inhaber abgeleiteter Rechte gleichzusetzen. Denn Art. 5 der Richtlinie knüpft an die Begriffsbestimmung des Art. 4 der Richtlinie an. Dort wird zwischen den „Inhabern der Rechte des geistigen Eigentums“ und „anderen Personen, die zur Nutzung solcher Rechte befugt sind, insbesondere Lizenznehmer“ unterschieden. Da aber Art. 5 b) der Richtlinie „andere Personen, die zur Nutzung solcher Rechte befugt sind“ gerade nicht nennt, nimmt er die Inhaber abgeleiteter Rechte von seinem Anwendungsbereich aus. Dies ist in der deutschen Fassung gleichermaßen deutlich wie in der englischen Fassung, die ebenfalls in Art. 4 der Richtlinie zwischen „holder of intellectual property rights“ und „all other persons authorized to use those rights“ differenziert und den Anwendungsbereich des Art. 5 b) der Richtlinie nur für „holders of those rights“ eröffnet.
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Bestätigt wird der Wortlaut durch Erwägung 19 der Richtlinie. Dort wird bezüglich des Inhabers verwandter Rechte i.S.d. Art. 5 der Richtlinie vom Tonträgerhersteller gesprochen. Hierbei handelt es sich indessen um einen originären Inhaber einer urheberrechtlich geschützten Rechtsposition nach § 85 UrhG und damit gerade nicht um einen Lizenznehmer.
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Auch Sinn und Zweck der Richtlinie sprechen gegen eine Einbeziehung der Inhaber abgeleiteter Schutzrechte. Wie ausgeführt ist der Erwerber von Leistungsschutzrechten regelmäßig nicht in einer mit dem originären Rechtsinhaber vergleichbaren schwierigen beweisrechtlichen Position, da er mit der Vorlage von Urkunden, die die Übertragung dokumentieren, seinen Rechtserwerb einfach beweisen kann (Grünberger, a.a.O.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgter Sachvortrag blieb gem. § 296a ZPO ohne Berücksichtigung. Der neue Sachvortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 08.12.2006 ist nicht durch ein Schriftsatzrecht gem. §§ 296a S. 2, 139 Abs. 5 ZPO gedeckt, da die Klägerin ein solches Schriftsatzrecht nicht beantragt und auch kein solches erhalten hat. Dabei war der Inhalt des in der mündlichen Verhandlung erteilten gerichtlichen Hinweises ohnehin schon seitens des Beklagten im Einzelnen in dessen Schriftsätzen angesprochen und zum Gegenstand des Streits der Parteien gemacht worden.
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1. Soweit die neu in das Verfahren eingebrachten Urkunden (Anlagen K 17, K 18) und die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung enstandene Urkunde (K 19) den Vortrag der Klägerin über eine Rechtekette W. - H. - Klägerin zu stützen geeignet sind, führen diese immer noch nicht zum Nachweis der Aktivlegitimation der Klägerin. Denn zu dem oben unter I. 1. b) aa) dargelegten Mangel in der Rechtekette besagen die vorgelegten Dokumente nichts. Mithin führt auch eine Berücksichtigung der neu vorgelegten Anlagen nicht zu der von der Klägerin behaupteten Rechtsinhaberschaft.
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2. Soweit die Klägerin nunmehr in ihrem Schriftsatz vom 08.12.2006 erstmals im Verfahren die Stellung der H. als Tonträgerhersteller herausstellt und mit dem P-Vermerk auf dem Booklet (und nicht auf dem Cover) „P 2005 H.“ argumentiert, baut sie einen völlig neuen Sachvortrag auf. Nunmehr betrachtet sie die H. als Tonträgerherstellerin und leitet von dieser ein Nutzungsrecht an dem Tonträger ab. Ein derartig neuer Sachvortrag wäre weder durch ein Nachschubrecht nach § 139 Abs. 5 ZPO gedeckt, noch ist es aus Sicht der Kammer sachgerecht, nach Schluss der mündlichen Verhandlung einen völlig anderen Lebenssachverhalt über eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
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