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Zwischen den Klägern als Mieter und der Beklagten als Vermieterin besteht seit dem 22.8.1987 ein Mietverhältnis über eine in M gelegene Wohnung. Die Kläger haben die Beklagte erstinstanzlich auf Beseitigung von Schimmelflecken in Anspruch genommen. Außerdem haben die Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 10.870,43 Euro zu verurteilen. Dabei handelt es sich um Mietbeträge, die von den Klägern in der Zeit vom Januar 1999 bis Juli 2003 auf Grund von unwirksamen Mieterhöhungserklärungen geleistet worden sind.
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Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage durch Teilurteil in Höhe von 10.870,41 Euro stattgegeben; der klagabweisende Teil (0,02 Euro) ist auf einen bei der Berechnung der Klagforderung enthaltenen Rechenfehler zurückzuführen. Gegen das Teilurteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie beantragt, die Zahlungsklage abzuweisen.
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Wegen des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs.1 Satz 1 Nr.1 ZPO). Soweit die Kammer weitergehende oder abweichende Feststellungen getroffen hat, ist dies aus den Ausführungen zu II ersichtlich.
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Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet
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1. |
| Die Kammer stellt zunächst fest, dass der Mietvertrag vom 22.8.1987 unter § 3 Ziff 4 hinsichtlich der Mieterhöhung folgende Regelung enthält: |
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"Für sonstige Mietzinserhöhungen gelten die gesetzlichen Vorschriften und Fristen.
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Die Vermieter behalten sich vor, die Miete alle 2 Jahre zu prüfen u. evtl. neu festzulegen"
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Der erste Satz ist Teil des Formularvertrags; der zweite Satz ist maschinenschriftlich in das Formular eingefügt.
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Die Grundmiete betrug beim Vertragsschluss im August 1987 DM 585.–. Für die mitvermietete Garage waren 52.– DM zu zahlen. Insgesamt schuldeten die Kläger also 637.– DM. Vom Januar 1999 bis September 1999 zahlten die Kläger 870.– DM und 65.– DM (Garage), insgesamt also 935.– DM
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Im Juni 1999 hat die Beklagte die Kläger schriftlich zur Zahlung einer höheren Miete aufgefordert. Das Schreiben hat in dem hier maßgeblichen Teil folgenden Wortlaut:
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"Ihre letzte Mieterhöhung war zum 1.1.1996. Nach dem Mietspiegel vom November 1998 werde ich die Mieten neu festlegen
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Wir bitten Sie, den Überweisungsauftrag zum 1. Oktober 1999 entsprechend zu ändern."
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Mit (im wesentlichen) gleichlautenden Schreiben wurden die Kläger aufgefordert, ab 1.1.2002 eine Miete von 510.– Euro und 41 Euro (Garage), insgesamt also 551.– Euro zu bezahlen.
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Die Kläger haben die geforderten Zahlungen jeweils geleistet. Gegenstand des Rückforderungsanspruchs ist die jeweilige Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Miete von 637.– DM und der jeweils gezahlten Miete.
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2. |
| Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen: Die Parteien hätten die gesetzlichen Regelungen über die Mieterhöhung in dem Mietvertrag vom 22.8.1987 abbedungen. Nach der dort getroffenen Regelung- |
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"Die Vermieter behalten sich vor, die Miete alle 2 Jahre zu prüfen u. evtl. neu festzulegen"
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-sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Miete einseitig festzulegen. Eine solche Vereinbarung sei wirksam, wenn sie durch Individualvertrag getroffen werde.
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Jedenfalls hätten die Kläger in Kenntnis der Nichtschuld – jedenfalls aber auf Grund fahrlässiger Unkenntnis – geleistet; damit hätten sie das Rückforderungsrecht nach § 814 BGB verloren.
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Außerdem verstoße der Rückforderungsanspruch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Kläger hätten durch ihre Zahlung den Eindruck erweckt, "dass sie der Mieterhöhung zustimmen". Auf diese Weise hätten sie die Beklagte davon abgehalten "eine ordnungsgemäße Mieterhöhung durchzuführen und notfalls die Zustimmung gerichtlich einzuklagen". Die Beklagte habe auf die Mieterhöhungen vertraut; deshalb habe sie "auf die Erhöhung gem. § 3 MHG" verzichtet.
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Die jeweils verlangte Miete sei angemessen; sie entspreche der ortsüblichen Miete, wie sie in den jeweiligen Mietspiegeln der Stadt Mannheim ausgewiesen sei.
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Im übrigen sei die Beklagte nicht mehr bereichert, weil sie "einen Großteil der Mieten in das Objekt investiert (habe) um die Wohnungen auf den neuesten Stand zu bringen"
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3. |
| Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Beträge ohne Rechtsgrund erhalten habe. Nach § 2 MHG a.F. müsse eine Mieterhöhung durch Vertrag vereinbart werden. Dies setze voraus, dass der Mieter aufgefordert werde, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Die jeweiligen Erhöhungsschreiben der Beklagten enthielten keine solche Aufforderung; vielmehr werde dort die Miete einseitig festgesetzt. |
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Die Vereinbarung im Mietvertrag, wonach dem Vermieter ein Recht zur einseitigen Mieterhöhung zugebilligt werde, verstoße gegen zwingendes gesetzliches Recht; eine solche Vereinbarung sei unwirksam. Da es an einem Angebot fehle, könne die Zahlung der Miete durch die Kläger auch nicht als Zustimmung zur Mieterhöhung gewertet werden.
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Die Regelung des § 814 BGB sei nicht anwendbar: es sei Sache der Beklagten zu beweisen, dass die Kläger in Kenntnis der Nichtschuld gezahlt hätten. Dieser Beweis sei nicht geführt.
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Das Rückforderungsverlangen verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Die gesetzlichen Vorschriften über die Mieterhöhung seien Teil des Mieterschutzes. Wer sich hierauf berufe, handele im Einklang mit dem Gesetz. Ob die Miete an sich angemessen sei, spiele hierbei keine Rolle.
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Auf eine Entreicherung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie die Mieten in das Anwesen investiert und auf diese Weise ihr Vermögen vermehrt habe.
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4. |
| Das Berufungsvorbringen überzeugt nicht. |
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a) Die Berufung macht zunächst geltend, dass der Beklagten das vertragliche Recht zustehe, die Miete im Abstand von zwei Jahren neu festzulegen
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Hierzu hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Vereinbarung gegen § 10 Abs.1 MHG a.F. verstoße und damit unwirksam sei. Diese Ausführungen sind zweifelsfrei.
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b) Die Berufung trägt weiter vor, die Kläger hätten den jeweiligen Mieterhöhungen "mündlich" zugestimmt.
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Der Vortrag ist neu; er kann aus diesem Grund nicht berücksichtigt werden (§§ 529 Abs.1 Nr.2, 531 Abs.2 ZPO). Davon abgesehen haben die Kläger diesen Vortrag bestritten. Ein Beweisangebot für die mündliche Zustimmung hat die Beklagte nicht vorgelegt.
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c) Die Berufung wiederholt den erstinstanzlichen Vortrag, wonach in der Zahlung eine konkludente Zustimmung zu sehen sei.
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aa) An diesem Vortrag ist richtig, dass eine Mieterhöhungsvereinbarung auch stillschweigend getroffen werden kann. Der Änderungsvertrag kommt zustande, wenn eine Partei ein entsprechendes Angebot abgibt und die andere Partei zum Ausdruck bringt, dass sie das Angebot annehme. Für die Interpretation einer Erklärung des Vermieters als Angebot in diesem Sinne kann es ausreichen, wenn der Vermieter zum Ausdruck bringt, dass er eine Mieterhöhung wünsche. Wird dagegen die Miete "angepasst" oder "festgelegt" oder wird der Mieter zur Zahlung einer erhöhten Miete aufgefordert, so kann hierin kein Antrag im Sinne von § 145 BGB gesehen werden. In dem vorliegenden Fall gilt das schon deshalb, weil die Beklagte selbst der Meinung ist, sie könne die Miete auf Grund der mietvertraglichen Vereinbarung einseitig festlegen. Die Ausübung eines einseitigen Erhöhungsrechts kann nicht in ein Angebot zum Abschluss eines Erhöhungsvertrags umgedeutet werden.
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bb) Die Kammer hat in Erwägung gezogen, ob die Zahlung der erhöhten Miete als Angebot zur Vertragsänderung bewertet werden kann. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Kläger ein solches Angebot abgeben wollten. Es ist allgemein anerkannt, dass trotz fehlendem Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung vorliegen kann, "wenn der Erklärende bei der Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat" (so BGHZ 109,171 = NJW 1990,454). Die gleichen Grundsätze können auf tatsächliche Handlungen – wie die Zahlung – angewendet werden.
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Die Kammer ist allerdings der Meinung, dass die Beklagte die Zahlung der erhöhten Miete nicht als Angebot zur Vertragsänderung verstehen durfte. Wer als Vermieter den Mieter auffordert, eine erhöhte Miete zu bezahlen, wird bei erfolgter Zahlung davon ausgehen, dass der Mieter von der Rechtmäßigkeit des einseitigen Erhöhungsverlangens ausgeht. Eine weitere Bedeutung ist der Zahlung nicht beizumessen.
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CC) Aus der obergerichtlichen Rechtsprechung folgt nichts anderes.
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Die Entscheidung des BGH vom 8.10.1997 (NZM 1998,102) ist nach Ansicht der Kammer nicht einschlägig. In dieser Entscheidung spielte unter anderem ein Mieterhöhungsverlangen eine Rolle, das möglicherweise deshalb formell unwirksam war, weil entgegen § 2 Abs.1 Satz 2 MHG a.F. keine Kürzungsbeträge wegen der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für eine Modernisierungsmaßnahme ausgewiesen waren. Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass auch in einem solchen Fall eine freiwillige Mieterhöhungsvereinbarung durch konkludente Zustimmung zustande kommt, wenn der Mieter den Erhöhungsbetrag zahlt. Vorliegend kann die Zahlung der erhöhten Miete aber deshalb nicht als Zustimmung bewertet werden, weil die Beklagte kein annahmefähiges Erhöhungsangebot abgegeben hat.
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In dem Urteil vom 7.4.2004 (NZM 2004,418) hat der BGH entschieden, dass durch die mehrmalige Zahlung von an sich nicht geschuldeten Betriebskosten die Umlagevereinbarung erweitert werden kann (ebenso: BGH NZM 2000,961). Diese Entscheidungen beruhen auf der Erwägung, dass ein Vermieter bei Zahlung nicht geschuldeter Betriebskosten davon ausgehen darf, dass der Mieter mit der Umlage der betreffenden Kostenposition einverstanden ist. Eine solche Bewertung kommt aus den oben bb) dargelegten Gründen vorliegend nicht in Betracht.
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d) |
| Die Ansicht der Berufung, die Kläger hätten die Beklagte davon abgehalten auf Zustimmung zu klagen, findet in dem Vortrag der Parteien keine Stütze. Die Beklagte war nicht gehindert, das Mieterhöhungsverfahren nach § 2 MHG a.F. zu betreiben. |
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e) |
| Richtig ist, dass die Beklagten lediglich die Miete schulden, die bei Vertragsschluss vereinbart worden ist. Dies ist damit zu erklären, dass nach Vertragsschluss keine wirksame Erhöhungsvereinbarung getroffen wurde. |
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f) |
| Schließlich wiederholt die Beklagte den erstinstanzlichen Vortrag zur Entreicherung. |
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Hierzu hat das Amtsgericht ausreichend und zutreffend Stellung genommen.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr.10, 711 ZPO. Nach § 543 Abs.2 ZPO war die Revision zuzulassen. Die Kammer hatte sich bereits mehrmals mit der Frage zu befassen, ob Mieterhöhungserklärungen der hier vorliegenden Art Grundlage einer Erhöhungsvereinbarung nach § 2 MHG a.F. = § 558 ff BGB n.F. sein können (LG Mannheim 4 S 73/97, 4 S 123/02, 4 S 158/03). Die Frage wird auch in der übrigen Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert (wie hier: Schmidt-Futterer/Börstinghaus Mietrecht 8. Aufl. § 558 a BGB Rdn.11 m.w.Nachw.).
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