Landgericht Mannheim Beschluss, 09. März 2016 - 2 O 273/15

bei uns veröffentlicht am09.03.2016

Tenor

1. Der Streitwert wird für die Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts auf bis zu 4.646,80 EUR festgesetzt.

2. Das Landgericht Mannheim erklärt sich für sachlich unzuständig.

3. Der Rechtsstreit wird auf Antrag der Klägerin an das Amtsgericht Lörrach verwiesen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 2.628 EUR und auf Erstattung von Anwaltskosten, die für die Aufforderung zur Unterwerfung wegen des von ihr vorgerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruchs angefallen sind, in Höhe von 911,80 EUR geltend (Klageantrag zu 1). Daneben verlangt sie Auskunft über die Tage, an denen der Beklagte die von der Klägerin produzierten Fußball-Sendungen öffentlich wahrnehmbar gemacht hat, und über die Größe der streitgegenständlichen Betriebsstätte (Klageantrag zu 3) sowie eine Feststellung der Pflicht des Beklagten zur Erstattung desjenigen weiteren Betrags, um den ihr im Wege der Lizenzanalogie noch abschließend nach Maßgabe dieser Auskünfte zu berechnender Schadensersatzanspruch über den Mindestbetrag gemäß Klageantrag zu 1 hinausgeht (Klageantrag zu 4). Die Klage ist nach Teilklagerücknahme betreffend die Beklagte zu 2 (Schriftsatz vom 21. Januar 2016, ABl. 58) nur noch gegen den Beklagten zu 1 gerichtet.
Nach Durchführung eines Mahnverfahrens, Abgabe an des Landgericht Stuttgart und Eingang der Anspruchsbegründung hat das Landgericht Stuttgart sich mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Hinweis auf § 13 Abs. 1 Nr. 1 ZuVOJu BW an das Landgericht Mannheim verwiesen, wo die Akten am 29. Dezember 2015 eingegangen sind.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 7. März 2016 die Verweisung an das Amtsgericht Lörrach beantragt. Der Beklagte ist zum Verweisungsantrag angehört worden.
II.
Der Streitwert war zur Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts gemäß § 3 ZPO, 62 GKG auf bis zu 4.646,80 EUR festzusetzen. Das Landgericht ist danach zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 71 Abs. 1 GVG sachlich nicht zuständig, weil der Wert des Streitgegenstandes 5.000 EUR nicht übersteigt. Vielmehr ist gemäß § 23 Nr. 1 GVG die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet. Auf den Antrag der Klägerin war deshalb die Unzuständigkeit des Landgerichts Mannheim auszusprechen und der Rechtsstreit an das sachlich zuständige Amtsgericht Lörrach zu verweisen (§ 281 ZPO).
1. Der Streitwert liegt jedenfalls nicht über 4.646,80 EUR. […]
[wird ausgeführt]
2. Die somit nach allgemeinen Vorschriften nicht begründete sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Mannheim ergibt sich auch nicht aufgrund der Verweisung durch das Landgericht Stuttgart. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart ist ersichtlich allein auf die fehlende örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart gestützt, die dieses (zu Recht) verneint hat. Die Frage der sachlichen Zuständigkeit hat das Landgericht Stuttgart hingegen weder geprüft noch zum Gegenstand der Begründung seines Verweisungsbeschlusses gemacht. Insoweit ist daher keine Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO eingetreten (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl, § 281 Rn. 16a mwN).
3. Bei der Bestimmung des zuständigen Adressaten der Verweisung war § 13 ZuVOJu BW in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung nicht anzuwenden. Die Ergänzung dieser Vorschrift nach Art. 1 der Verordnung des Justizministeriums zur Änderung der Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 23. November 2015 (GBl. S. 1092, nachfolgend ÄnderungsVO) ist nach Art. 2 ÄnderungsVO am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Nach der letztgenannten Vorschrift bleibt für die bis zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Verfahren die bestehende Zuständigkeit unberührt. Dies gilt auch dann, wenn ein zuständiges Amtsgericht mit der zum 1. Januar 2016 bereits anhängigen Sache vor dem genannten Tag noch nicht befasst war. Denn nach dem Wortlaut der Übergangsvorschrift in Art. 2 ÄnderungsVO kommt es für die Geltung des Zuständigkeitsregimes allein auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit des Verfahrens an, nicht aber darauf, bei welchem Gericht die Sache zum Stichtag anhängig war. Dies entspricht auch dem Zweck dieser Übergangsregelung, ab dem 1. Januar 2016 die Konzentrationszuständigkeit zur Geltung zu bringen, ohne für Altverfahren in die Zuständigkeit einzugreifen. Danach sollen nicht nur bei den bisher zuständigen Amtsgerichten anhängige Verfahren über den 1. Januar 2016 hinaus dort verbleiben. Vielmehr ist der Geschäftsanfall erst für die ab diesem Tag anhängig gemachten Verfahren den Konzentrationsgerichten nach § 13 Abs. 3 ZuVOJu BW zugewiesen. Bei anderer Auslegung würden diese rückwirkend mit Altverfahren belastet, die noch vor dem 1. Januar 2016 (zufällig) bei unzuständigen Gerichten anhängig gemacht worden sind und daher letztlich zu verweisen sind. Dass eine solche, dem Wortlaut der Übergangsbestimmung nicht zu entnehmende Zuordnung beabsichtigt gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Alledem steht nicht entgegen, dass grundsätzlich der Eintritt der Zuständigkeit eines ursprünglich unzuständig angerufenen Gerichts während des anhängigen Verfahrens zu beachten sein kann. Denn die vorliegende Änderungsverordnung hat gerade nicht während des Verfahrens eine Zuständigkeit des in § 13 Abs. 3 ZuVOJu BW genannten Amtsgerichts Mannheim für das vorliegende Verfahren begründet. Vielmehr bleibt für dieses vor dem 1. Januar 2016 anhängige Verfahren nach der Übergangsregelung in Art. 2 ÄnderungsVO die bisher begründete Zuständigkeit unberührt. Insoweit kann auch dahinstehen, ob eine Verweisung grundsätzlich an dasjenige Gericht zu erfolgen hat, das im Zeitpunkt des Verweisungsbeschlusses zuständig ist. Denn dies ist hier nach wie vor das Amtsgericht Lörrach, in dessen Bezirk zumindest die streitgegenständliche unerlaubte Handlung begangen worden ist (§ 32 ZPO).

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Mannheim Beschluss, 09. März 2016 - 2 O 273/15 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Zivilprozessordnung - ZPO | § 32 Besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung


Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 23


Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:1.Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gelde

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 71


(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. (2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes auss

Referenzen

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.

(2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig

1.
für die Ansprüche, die auf Grund der Beamtengesetze gegen den Fiskus erhoben werden;
2.
für die Ansprüche gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen;
3.
für Ansprüche, die auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation, auf die Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder auf die Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, gestützt werden;
4.
für Verfahren nach
a)
(weggefallen)
b)
den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes,
c)
§ 26 des SE-Ausführungsgesetzes,
d)
§ 10 des Umwandlungsgesetzes,
e)
dem Spruchverfahrensgesetz,
f)
den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes;
5.
in Streitigkeiten
a)
über das Anordnungsrecht des Bestellers gemäß § 650b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
b)
über die Höhe des Vergütungsanspruchs infolge einer Anordnung des Bestellers (§ 650c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
6.
für Ansprüche aus dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.

(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließlich zuzuweisen.

(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidungen in Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e und Nummer 5 einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zu übertragen. In Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e darf die Übertragung nur erfolgen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.