Landgericht Mannheim Beschluss, 24. Juli 2009 - 1 O 66/08 ZV I

bei uns veröffentlicht am24.07.2009

Tenor

1. Die Schuldner tragen die Kosten des Vollstreckungsverfahrens als Gesamtschuldner.

2. Der Streitwert wird für das Vollstreckungsverfahren auf EUR 100.000,- festgesetzt.

Gründe

 
Die Parteien haben einen Antrag gemäß § 887 ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Gläubigerin hat gegen die Schuldner am 19.12.2008 ein Urteil mit folgendem Tenor erwirkt:
1. Die Beklagten Ziffer 1 und 2 werden als Gesamtschuldner und neben der Beklagten Ziffer 3 wie Gesamtschuldner verurteilt,
a) eine Abschichtungsbilanz auf den Stichtag 30.09.2006 über das Vermögen der Beklagten Ziffer 3 und das der Klägerin zustehende Abfindungsguthaben nach folgenden Kriterien zu erstellen und der Klägerin in Abschrift zu überlassen:
In die Abschichtungsbilanz sind das Anlagevermögen, das Umlaufvermögen, der Goodwill und die Passiva einzustellen. Bei der Ermittlung des Anlage- und Umlaufvermögens sind die Vermögenswerte/Gegenstände mit ihrem tatsächlichen Wert (Verkehrswert) anzusetzen. Die Ermittlung des Goodwill der Gemeinschaftspraxis erfolgt ertragswertbezogen. Hierbei wird der Jahresgewinn des Geschäftsjahres 2005 zugrunde gelegt. Der Jahresgewinn wird mit dem Faktor 5 multipliziert. Das Abfindungsguthaben wird aus dem Anteil der Klägerin am so ermittelten Praxiswert ermittelt;
b) die Einsichtnahme der Klägerin ... in folgende Unterlagen zu dulden und diese dafür bereit zu halten:
....
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 17.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
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Der Gläubigervertreter hat dem Schuldnervertreter am 02.03.2009 gegen Empfangsbekenntnis die beglaubigte Abschrift einer Bürgschaft der C-Bank vom 16.02.2009 über EUR 17.500,- zugestellt, in der es u.a. heißt:
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„Die Bürgschaft erlischt, wenn uns die Bürgschaftsurkunde vom Sicherheitsberechtigten oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten übergeben wird.“
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Die Gläubigerin hat am 30.03.2009 einen Vollstreckungsantrag mit folgendem Inhalt gestellt:
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a) Die Gläubigerin wird ermächtigt, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ihrer Wahl zu beauftragen, auf Kosten der Schuldner zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner eine Abschichtungsbilanz auf den Stichtag 30. September 2006 über das Vermögen der Schuldnerin zu 3) und das der Gläubigerin zustehende Abfindungsguthaben nach folgenden Kriterien zu erstellen:
...
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b) Die Schuldner haben es zu dulden, dass Mitarbeiter der zu beauftragenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Erstellung der Bilanz im erforderlichen Umfang
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(1) die Geschäftsräume der Schuldnerin zu 3) in ... Montags bis Freitags in der Zeit von 9 bis 18 Uhr (ggf. auch wiederholt) betreten,
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(2) dort die erforderlichen Arbeiten unter Inanspruchnahme der vorhandenen Büroarbeitsmittel (insbesondere, aber nicht ausschließlich der Schreibtische, Stühle, Computer, Drucker, Fotokopierer, Steckdosen, Papiervorräte) und Bürokräfte ausführen,
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(3) die Buchhaltung, auch soweit sie EDV-gestützt geführt wird, sowie sämtliche sonst von ihnen angeforderten Unterlagen und/oder Daten einsehen und sich daraus Ausdrucke, Ablichtungen oder Abschriften fertigen, ...
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c) Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Pflichten nach Ziff. 1 b) wird den Schuldnern als Gesamtschuldner Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 250.000 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, sowie Ordnungshaft angedroht.
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...“
20 
Die Schuldner haben mittlerweile Auskünfte erteilt. Sie sind jedoch der Ansicht, dass die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten, da die Bürgschaft nicht im Original übergeben worden sei.
....
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Nachdem die Parteien das Verfahren über den Vollstreckungsantrag gemäß § 887 ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens (so auch KG WM 2006, 530f).
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Die Kosten sind nach billigem Ermessen den Schuldnern aufzuerlegen, weil der Vollstreckungsantrag zulässig und begründet war. Insbesondere lagen die Vollstreckungsvoraussetzungen der §§ 751 Abs. 2, 108 S. 2 ZPO vor. Danach muss die Sicherheitsleistung bei Beginn der Zwangsvollstreckung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen sein. Erfolgt die Sicherheitsleistung durch eine Bürgschaft, so muss das Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages nachgewiesen werden. Hierfür genügt die Zustellung einer beglaubigten Abschrift von Anwalt zu Anwalt gemäß § 195 ZPO iVm § 132 BGB, wenn die Bürgschaft unbedingt ist. Dies genügt allerdings dann nicht, wenn die Bürgschaft bei Rückgabe der Urkunde erlischt, weil der Sicherungszweck nur dann erreicht wird, wenn dem sicherungsberechtigten Schuldner das Original bzw. die Ausfertigung übergeben wird, weil es nur dann von seinem Willen abhängt, ob die auflösende Bedingung eintritt (OLG Hamm, WM 93, 2050ff). Im vorliegenden Fall führt die Übergabe der Urkunde an die bürgende Bank nur dann zum Erlöschen der Bürgschaft, wenn sie „vom Sicherheitsberechtigten oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten“ übergeben wird. Damit ist sichergestellt, dass die Bürgschaft nur mit Willen der besicherten Schuldner erlöscht, auch wenn sie das Original nicht in Händen halten.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Mannheim Beschluss, 24. Juli 2009 - 1 O 66/08 ZV I zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 887 Vertretbare Handlungen


(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 195 Zustellung von Anwalt zu Anwalt


(1) Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann ein Dokument auch dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das Dokument dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Auch Schriftsätze, die nach den Vorschrifte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 751 Bedingungen für Vollstreckungsbeginn


(1) Ist die Geltendmachung des Anspruchs von dem Eintritt eines Kalendertages abhängig, so darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Kalendertag abgelaufen ist. (2) Hängt die Vollstreckung von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheits

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 132 Ersatz des Zugehens durch Zustellung


(1) Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. (2) Befindet sich der Erklärende über die P

Referenzen

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Ist die Geltendmachung des Anspruchs von dem Eintritt eines Kalendertages abhängig, so darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Kalendertag abgelaufen ist.

(2) Hängt die Vollstreckung von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung ab, so darf mit der Zwangsvollstreckung nur begonnen oder sie nur fortgesetzt werden, wenn die Sicherheitsleistung durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(1) Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann ein Dokument auch dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das Dokument dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Auch Schriftsätze, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes vom Amts wegen zugestellt werden, können stattdessen von Anwalt zu Anwalt zugestellt werden, wenn nicht gleichzeitig dem Gegner eine gerichtliche Anordnung mitzuteilen ist. In dem Schriftsatz soll die Erklärung enthalten sein, dass von Anwalt zu Anwalt zugestellt werde. Die Zustellung ist dem Gericht, sofern dies für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist, nachzuweisen. Für die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gelten § 173 Absatz 1 und § 175 Absatz 2 Satz 1 entsprechend.

(2) Zum Nachweis der Zustellung eines Schriftstücks genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis desjenigen Anwalts, dem zugestellt worden ist. § 175 Absatz 4 gilt entsprechend. Die Zustellung eines elektronischen Dokuments ist durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis in Form eines strukturierten Datensatzes nachzuweisen. Der Anwalt, der zustellt, hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu erteilen.

(1) Eine Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(2) Befindet sich der Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntnis oder ist der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die öffentliche Zustellung geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, im letzteren Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes den letzten Aufenthalt hatte.