Landgericht Magdeburg Urteil, 03. Juni 2010 - 11 O 118/10

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2010:0603.11O118.10.0A
bei uns veröffentlicht am03.06.2010

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der OK A Vertriebs GmbH (im folgenden Schuldnerin). Bei der Beklagten unterhielt die Schuldnerin zwei Konten, ein Girokonto A auf Grundlage eines Eröffnungsantrags vom 03.07.2007 und 10 A. Nachdem die Schuldnerin Insolvenzantrag gestellt hatte, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.03.2009 u.a. mit: "Wir haben davon Kenntnis erlangt, dass Sie einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen Ihrer Firma haben. Wir kündigen Ihnen damit ... mit sofortiger Wirkung die Geschäftsverbindung fristlos. Die Konten Nr. A ... werden wir abrechnen. Ab sofort werden wir ... Lastschriften und Schecks zurückverrechnen sowie keine Überweisungsaufträge mehr ausführen und auch alle weiteren Verfügungen über Ihr Konto nicht mehr zulassen. Am 08.04.2009 wurde von dem Konto B die Klageforderung an die V AG überwiesen. Hintergrund war eine Vereinbarung zwischen den Prozessparteien und der V AG, dass die Schuldnerin auf das Konto B keinen Zugriff hatte. Vielmehr war es Sache der Beklagten, im Rahmen des Erwerbs von Fahrzeugen durch die Schuldnerin von der V AG dafür Sorge zu tragen, dass die ihr, der Beklagten von der V AG überlassene Fahrzeugpapiere erst dann der Schuldnerin aushändigt, wenn auf dem Konto A Deckung in Höhe der von der Schuldnerin zu zahlenden Kaufpreise war. Diese Deckung wurde von der Beklagten dadurch herbeigeführt, dass von dem als normalem Geschäftskonto 10 A, dort ggfl. vorhandene Guthaben auf das Konto B übertragen und dann an die V AG weitergeleitet wurden.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 117.433,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der Klageforderung.

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1. Ein solcher Anspruch ergibt sich §§ 675,667 BGB. Die Prozessparteien streiten nicht darüber, dass das Guthaben auf dem Konto in Höhe der Klageforderung an einen Dritten überwiesen ist; damit kommen Erfüllungsansprüche nicht mehr in Betracht.

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2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz (§§ 280 Abs. 1, 675 BGB).

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a) Es kann offenbleiben, ob die Überweisung der Klageforderung an die V AG eine Pflichtverletzung darstellt. Hierfür streitet allerdings einiges: Mit Schreiben vom 26.03.2009 hatte die Beklagte die Geschäftsbeziehung – entsprechend der Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – fristlos gekündigt. Damit aber bestand gegenüber der Schuldnerin keine Berechtigung mehr, über Guthaben auf dem Konto A zu verfügen. Vielmehr wäre es Sache der Beklagten gewesen – entsprechend auch der ausdrücklichen Ankündigung im Schreiben vom 26.03.2009 – die Konten abzurechnen und der Schuldnerin zur Verfügung zu stellen.

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b) Es fehlt jedenfalls an substantiellem Vortrag dazu, dass durch die Pflichtverletzung – diese hier einmal hilfsweise unterstellt – der Schuldnerin ein Schaden entstanden ist. Die Prozessparteien streiten in diesem Zusammenhand nicht darüber, dass im Gegenzug für die Überweisungen eine Übertragung des Eigentums an Fahrzeugen und eine Aushändigung der Kfz-Papiere durch die Beklagten an die Schuldnerin stattgefunden haben. Damit aber ist nicht erkennbar, dass hier ein Schaden im Vermögen der Schuldnerin entstanden sein kann.

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II. Die Nebenforderungen (Verzugszinsen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) teilen das Schicksal der unschlüssigen Hauptforderung.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.


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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Referenzen

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.