Landgericht Landshut Endurteil, 30. Sept. 2016 - 73 O 3421/14

bei uns veröffentlicht am30.09.2016

Gericht

Landgericht Landshut

Tenor

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 13.364,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2014 zu zahlen.

II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit 10.01.2015 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 13.369,65 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Am 05.08.2014 ereignete sich in einem Kreisverkehr auf der neuen Umgehungsstraße bei A. ein Verkehrsunfall, an welchem der Kläger mit seinem Fahrzeug, Typ BMW X5, welches zum Unfallzeitpunkt rote Überführungskennzeichen trug, und der Beklagte zu 1. mit seinem Fahrzeug, Typ Ford Mondeo, welches zum Unfallzeitpunkt mit einem Zollkennzeichen versehen war und bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist, beteiligt waren. Dabei fuhr der Kläger auf der neuen Umgehungsstraße bei A. von der Bundesautobahn A - kommend in Fahrtrichtung Landshut, während der Beklagte zu 1. die Kreisstraße - von A.-Ortsmitte kommend befuhr. Das Klägerfahrzeug wurde bei dem Unfall erheblich beschädigt. Die erforderlichen Reparaturkosten belaufen sich auf 11.104,67 € netto. Ferner verbleibt eine Wertminderung in Höhe von 1.000,- €. Für die Erstellung eines Privatgutachtens durch das Ingenieurbüro Huber wurden dem Kläger mit Rechnung vom 14.08.2014 ein Betrag in Höhe von 1.234,98 € brutto in Rechnung gestellt.

Der Schaden wurde durch den Kläger gegenüber der Beklagten zu 2) erstmals mit Schreiben vom 18.08.2014 beziffert. Mit Schreiben vom 25.11.2014 (Anlage K3) hat diese die Regulierung endgültig abgelehnt.

Der Kläger trägt vor, dass er den Kreisverkehr mit einer Geschwindigkeit von geschätzt 25 - 30 km/h befuhr. Er habe den Kreisverkehr an der aus seiner Sicht zweiten Ausfahrt in Richtung Landshut-Stadtmitte verlassen wollen. An der ersten Ausfahrt sei sodann der Beklagte zu 1. mit einer „verhältnismäßig hohen Geschwindigkeit“ von der Kreisstraße - kommend in den Kreisverkehr eingefahren, als er, der Kläger, sich bereits auf dessen Höhe im Kreisverkehr befand. Für ihn, den Kläger, sei der Unfall unvermeidbar gewesen.

Mit der Klage begehrt der Kläger Ersatz der Nettoreparaturkosten in Höhe von 11.104,67 €, Ausgleich der Wertminderung in Höhe von 1.000,- €, eine allgemeine Aufwandspauschale in Höhe von 30,- € sowie Gutachterkosten in Höhe von 1.234,98 € brutto. Hierzu trägt der Kläger vor, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Das Klägerfahrzeug sei privat angeschafft worden und stehe in seinem Alleineigentum. Daneben werden Zinsen und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.

Der Kläger beantragt daher:

I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger 13.369,65 € nebst 5%- Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2014 zu bezahlen.

II. Die Beklagten werden daneben als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte zu 2. ist mit Schriftsatz vom 19.01.2015 dem Beklagten zu 1. als Streithelfer beigetreten.

Der Beklagte zu 1. hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte zu 2. beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte zu 2. trägt vor, dass im vorliegenden Fall der Anscheinsbeweis dafür spreche, dass ein manipulierter Unfall vorliegt. Hierfür sprechen mehrere Indizien. Zunächst weist die Beklagte zu 2. darauf hin, dass das Klägerfahrzeug zum Unfallzeitpunkt Überführungskennzeichen trug und abgemeldet war, gleichzeitig aber nicht ersichtlich sei, weshalb durch den Kläger mit dem abgemeldeten Privatfahrzeug eine Probefahrt unternommen werde. Weiterhin seien klägerseits keine Angaben zu Vorbesitzer und gezahltem Kaufpreis gemacht worden. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug bislang nicht repariert sei, sondern auf Gutachtenbasis abgerechnet wird, was grundsätzlich ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein kann.

Weiterhin wird vorgebracht, dass der Beklagte zu 1. im Rahmen des Antwortschreibens an die Beklagte zu 2. angegeben habe, dass der Unfall sich „nachts“ ereignet habe, was nicht der Wahrheit entsprechen könne, nachdem es auf den Lichtbildern von der Unfallstelle „taghell“ war. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass das beklagtische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt mit Zollkennzeichen versehen war und nach Angaben des Beklagten zu 1. nach Bulgarien bewegt werden solle. Auch wird darauf verwiesen, dass der Beklagte zu 1. Gegenüber der Beklagten zu 2) ausdrücklich angab, Verursacher des Unfalls gewesen zu sein.

Die Beklagte zu 2. trägt weiter vor, dass die Angaben des Klägers wie auch des Beklagten zu 1. zum Unfallhergang nicht plausibel seien. Die Fahrzeuge seien in einem stumpfen Kollisionswinkel von ca. 80 Grad aufeinandergestoßen. Dies und die Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs zum Kollisionszeitpunkt entsprächen nicht dem üblichen Fahrverhalten in einem Kreisverkehr, denn die Kollisionsstellung zeige, dass der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug zum Kollisionszeitpunkt nicht wie üblich in den Kreisverkehr einlenkte, sondern in Richtung der Verkehrsinsel fuhr bzw. direkt auf das klägerische Fahrzeug zugesteuert wurde. Weiterhin müsse aufgrund der Verformungen am klägerischen Fahrzeug der Schluss gezogen werden, dass das beklagtische Fahrzeug zum Kollisionszeitpunkt mit einer höheren Geschwindigkeit als das klägerische Fahrzeug fuhr, was untypisch sei, nachdem üblicherweise Fahrzeuge bei der Fahrt im Kreisverkehr nach dem Einbiegen wieder beschleunigt werden. Darüberhinaus sprächen noch weitere Indizien für einen fingierten Unfall, nämlich der Umstand, dass das klägerische Fahrzeug ein solches der gehobenen Klasse war, während das Beklagtenfahrzeug bereits sehr alt war und dass bei dem Unfall keine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit eines der Beteiligten bestanden habe.

Nach den Ausführungen der Beklagten zu 2. liegt daher eine Häufung von Indizien vor, die auf einen fingierten Verkehrsunfall hindeuten. In rechtlicher Hinsicht ist die Beklagte zu 2. daher der Ansicht, dass ihr der Anscheinsbeweis diesbezüglich zugute kommt.

Weiterhin wird durch die Beklagte zu 2. die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers bestritten, ebenso vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie Verzugszinsen.

Der Beklagte zu 1. trägt vor, dass er mit aller Entschiedenheit zurückweise, an einer Manipulation eines Verkehrsunfalles beteiligt gewesen zu sein. Er habe den Kläger vor dem Unfallereignis nicht gekannt. Die Angabe der Alleinschuld gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung entspreche der Obliegenheitsverpflichtung, gegenüber dem eigenen Haftpflichtversicherer korrekte Angaben zu machen.

Zur Frage der Unfallfingierung trägt der Kläger vor, dies von sich zu weisen. Eine Probefahrt sei vorgenommen worden, da zuvor die Bremsen des Fahrzeuges repariert worden seien. Eine Abrechnung auf Gutachtensbasis erfolge einfach aus dem Grund, da der Kläger bei Reparaturkosten im fünfstelligen Bereich momentan nicht in der Lage sei, diese zu bezahlen. Das Bekenntnis des Beklagten zu 1., allein schuldhaft den Unfall verursacht zu haben, sei kein Indiz für einen fingierten Verkehrsunfall und im Übrigen zutreffend. Das Fahrverhalten des Beklagten zu 1. sei zwar unüblich gewesen, allerdings wird darauf verwiesen, dass ungewöhnliches Fahrverhalten eines Verkehrsteilnehmers die Ursache eines jeden Verkehrsunfalles ist. Der Kollisionswinkel sei damit zu erklären, dass der Beklagte zu 1. schlicht unachtsam war.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen sowie den restlichen Akteninhalt Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Beklagten zu 1. als Partei. Diesbezüglich wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 30.03.2016 Bezug genommen. Weiterhin hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 27.01.2016 sowie auf das schriftliche Ergänzungsgutachten vom 02.08.2016. Im Termin vom 30.03.2015 wurde der Kläger informatorisch angehört. Mit Zustimmung der Parteien wurde im schriftlichen Verfahren entschieden.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich weit überwiegend als begründet.

I.

Die Nebenintervention der Beklagten zu 2. ist zulässig.

Gemäß § 66 Abs. 1 ZPO kann der, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiegt, dieser Partei zum Zwecke der Unterstützung beitreten. In Fällen der behaupteten Unfallmanipulation kann dem Haftpflichtversicherer eine umfassende Verteidigung gegen die ihn gerichtete Klage auch mit der Behauptung, das Unfallereignis sei von den (angeblich) Unfallbeteiligten einvernehmlich herbeigeführt worden, nicht verwehrt werden. Das erforderliche rechtliche Interesse ergibt sich in Fällen wie diesem aus dem zwischen den Beklagten bestehenden Haftpflichtversicherungsverhältnis. Wegen des Zwecks des § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG und der sich hieraus ergebenden Bindungswirkung eines klageabweisenden Urteils auch zugunsten des beklagten Versicherungsnehmers, darf auch der zusammen mit seinem Versicherungsnehmer in Anspruch genommene Versicherer bereits im Prozess seine eigenen Interessen gemäß §§ 61, 69 ZPO wahrnehmen und damit nicht nur abweichend von dem Versicherungsnehmer argumentieren, sondern auch als Streithelfer des Versicherungsnehmers Klageabweisung beantragen (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011, Az. VI ZR 201/10, IBRRS 2012, 0114, zitiert nach beck-online).

II.

Die unproblematisch zulässige Klage erweist sich weit überwiegend als begründet. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung in Höhe von 13.364,65 € verlangen, §§ 7, 18 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG.

Grundsätzlich sind bei einer Schadensverursachung bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges Halter und Fahrer des Fahrzeuges zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Wird der Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so hängt gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG die Haftung im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Im Falle des Verdachts des Versicherungsbetrugs durch Unfallmanipulation ist es dabei Sache des Geschädigten, den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung und die Verursachung der etwa festzustellenden Sachschäden durch die Kollision der Fahrzeuge zu beweisen. Der Kläger genügt dabei seiner Beweispflicht, wenn er nachweisen kann, dass sein Fahrzeug beim Betrieb des gegnerischen Kfz beschädigt worden ist (§ 7 Abs. 1 StVG). Der Kläger muss nicht beweisen, dass das Unfallgeschehen unfreiwillig bzw. zufällig war (OLG München, Urteil vom 08.03.2013 - Aktenzeichen 10 U 3241/12, BeckRS 2013, 04588). Dass es beim Betrieb des Beklagtenfahrzeuges zu einem Unfall mit dem Klägerfahrzeug kam, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Demgegenüber trifft den Versicherer die Beweislast dafür, dass es sich um einen manipulierten Unfall handelt. Den entsprechenden Nachweis kann der Versicherer auch im Wege des Indizienbeweises erbringen. Dieser wird geführt durch den Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein manipulatives Verhalten, so dass eine ungewöhnliche Häufung von Indizien, die für ein solches Verhalten sprechen, bereits eine entsprechende Feststellung gestatten. So kann bei Vorliegen einer Vielzahl von voneinander unabhängigen Indizien für einen manipulierten Unfall eine Überzeugungsbildung des Gerichts von einem entsprechenden Unfallhergang in Betracht kommen (vgl. OLG München, Urteil vom 07.03.2008, Az. 10 U 5394/07). Dabei kommt es für die erforderliche Überzeugungsbildung nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl bzw. ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist vielmehr jeweils die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in ihrer Gesamtbetrachtung. Der Beweis für einen fingierten Unfall ist daher geführt, wenn sich der Unfall als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen. Dies gilt auch dann, wenn in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden könnten (KG, Beschluss vom 07.09.2010, Az. 12 O 210/09). Dabei müssen die einzelnen Hilfstatsachen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein (OLG München, Urteil vom 07.03.2008, Az. 10 U 5394/07).

Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme in ausreichendem Maße davon überzeugt, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 05.08.2014 um kein fingiertes Unfallereignis gehandelt hat, die Kollision also nicht auf einer Absprache zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. beruht. Die von der Beklagten zu 2. vorgebrachten Indizien genügen in ihrer Gesamtschau nicht für die Annahme eines manipulierten Unfalles.

1. Nicht verkannt wird seitens des Gerichts dabei, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. aus den Beschädigungen der Fahrzeuge sich ein stumpfer Kollisionswinkel in der Größenordnung von 65 - 70 Grad feststellen lässt. Dass der Sachverständige vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis kommt, dass eine normale Einfahrt des Beklagtenfahrzeuges in den Kreisverkehr nicht vorliege, sondern die Einfahrtslinie als bei Einfahrt in den Kreisverkehr in hohem Maße untypisch anzusehen ist, erscheint dem Gericht folgerichtig. Weiterhin ist der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kollisionsgeschwindigkeit bei beiden Fahrzeugen in einer Größenordnung von ca. 20 km/h lag, beim Klägerfahrzeug liegt die für das Erreichen der festgestellten Endstellung realistische Geschwindigkeit im Bereich von ca. 22 km/h.

Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang steht daher im Widerspruch zu der vom Sachverständigen überzeugend rekonstruierten Kollisionsstellung im Vergleich zum erforderlichen Unfallablauf, wie er bei spitzem Kollisionswinkel zu erwarten wäre, dann jedoch mit den Endstellungen der Fahrzeuge nicht zu vereinbaren ist, da sich dann die Kollision unmittelbar im Bereich der späteren Endstellung ereignet hätte und die Fahrzeuge sich nach der Kollision noch deutlich weiter hätten bewegen müssen (S. 22 des Sachverständigengutachtens, Bl. 103 d.A.).

Einschränkend ist hier jedoch nach Auffassung des Gerichts zu sehen, dass der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung seine eigene Geschwindigkeit im Kreisverkehr zwischen 25 - 30 km/h eingeschätzt hat, was nur geringfügig über der vom Sachverständigen errechneten Kollisionsgeschwindigkeit von 22 km/h liegt. Die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1. wurde durch den Kläger in der Klageschrift mit „verhältnismäßig hoch“ geschätzt. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Termin vom 26.08.2015 angab, die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1., den er das erste Mal wahrgenommen habe, als er sich bereits im Kreisverkehr befand, nicht mehr schätzen zu können, zum anderen ist die Umschreibung „verhältnismäßig hoch“ sehr subjektiv. Die Widersprüche zwischen der klägerischen Unfallschilderung und der Unfallrekonstruktion des Sachverständigen sind hinsichtlich der Geschwindigkeit der Fahrzeuge daher weniger stark als sie scheinen. Zwar hat der Beklagte zu 1. in seiner Anhörung seine eigene Einfahrtsgeschwindigkeit vollkommen unrealistisch auf 60 km/h geschätzt, gleichzeitig hat er jedoch eingeräumt, dass dies eine reine Schätzung vom Gefühl her sei und er nicht ausschließen könne, vor der Kollision noch gebremst zu haben.

Trotzdem ist festzustellen, dass Widersprüchlichkeiten zwischen der klägerischen Unfallschilderung und dem vom Sachverständigen rekonstruierten Unfallhergang bestehen, insbesondere hinsichtlich des Kollisionswinkels. Nachdem es sich hier jedoch um das einzig wirklich belastbare Indiz für einen fingierten Verkehrsunfall handelt, steht für das Gericht noch nicht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit fest, dass dem Unfall eine Manipulation zugrunde lag (s.u.).

2. Die von der Beklagtenseite vorgebrachten weiteren Indizien begründen noch keine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen manipulierten Unfall, auch nicht in Zusammenschau miteinander und mit den dargestellten Widersprüchlichkeiten zwischen dem Klägervortrag und der Unfallrekonstruktion durch den Sachverständigen:

Im Einzelnen:

a) Soweit vorgebracht wird, dass für einen fingierten Unfall spreche, dass das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt abgemeldet und mit einem Überführungskennzeichen versehen war, spricht dies nur sehr eingeschränkt für einen fingierten Unfall, nachdem der Kläger für seine Probefahrt einen nachvollziehbaren Grund genannt hat (Überprüfung der Funktionstätigkeit nach vorangegangener Reparatur der Bremsen).

b) Zwar kann die Abrechnung auf Gutachtenbasis grundsätzlich durchaus ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein. Allerdings hat der Kläger hier durchaus nachvollziehbar vorgebracht, zu einer Reparatur des Fahrzeugs finanziell momentan nicht in der Lage zu sein. Dies erscheint nicht ungewöhnlich, nachdem es sich bei der erforderlichen Reparatursumme um einen fünfstelligen Eurobetrag handelt, der auch Personen mit gutem Einkommen häufig nicht einfach so zur Verfügung steht. Dass beim Klägerfahrzeug Vorschäden vorhanden sind, worauf die Beklagte zu 2. hingewiesen hat, ist im vorliegenden Fall durch den Privatgutachter berücksichtigt worden.

c) Auch ist es grundsätzlich richtig, dass auffällige Geständnisse eines Unfallbeteiligten ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein können. Allerdings ist auch dies lediglich ein schwaches Indiz, nachdem die behauptete Alleinverursachung häufig durchaus der Realität entspricht.

d) Soweit (sinngemäß) vorgebracht wird, dass es sich bei den Fahrzeugen der Beteiligten um geradezu „typische“ Fahrzeuge eines fingierten Unfalls handelt (also ein älterer Wagen der „Luxusklasse“ mit hoher Gesamtlaufleistung, schlechte Verkäuflichkeit und erhebliche Vorschäden auf Klägerseite und wertloses Fahrzeug älteren Baujahrs auf Beklagtenseite), so ist auch dies zwar grundsätzlich ein Indiz für eine Unfallfingierung. Jedoch handelt es sich bei dem Klägerfahrzeug, einem erstmals 2010 zugelassenen BMW X5 mit einer Laufleistung von 62.147 km (vgl. Anlage K1), nicht um ein solches Fahrzeug, da nicht von einer schlechten Verkäuflichkeit auszugehen ist, zumal die festgestellten Vorschäden überschaubar sind.

e) Auch eine Unfallverursachung ohne Gefahr für die körperliche Unversehrtheit ist grundsätzlich zwar ein Indiz für einen manipulierten Unfall. Jedoch kann hier, nachdem die Aufprallgeschwindigkeit auch nicht im alleruntersten Bereich war, nach Auffassung des Gerichts nicht von einer völligen Gefahrenfreiheit für die Gesundheit des Klägers ausgegangen werden.

f) Soweit die Beklagte zu 2. weiter vorbringt, dass der Beklagte zu 1. ihr gegenüber als Unfallzeitpunkt „nachts“ angab, so ist dies allenfalls ein schwaches Indiz. Der Beklagte zu 1. verfügt nach dem Eindruck aus der mündlichen Verhandlung lediglich über rudimentäre Deutschkenntnisse. In seiner eigenen Einvernahme hat er dann glaubhaft angegeben, dass der Unfall sich zwischen 19:00 Uhr und 20:00 Uhr zutrug (im Protokoll ist fälschlicherweise zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr aufgenommen worden).

3. Mehrere Anzeichen sprechen im vorliegenden Fall darüberhinaus gegen einen fingierten Verkehrsunfall:

a) So ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sich der Unfall nicht, wie in Fällen fingierter Verkehrsunfälle üblich, in menschenleeren Gegenden zugetragen hat, sondern an einem Kreisverkehr, in welchem eine Umgehungsstraße und eine Kreisstraße zusammenlaufen. Dort ist mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen und damit auch mit der Gefahr der Entdeckung und des Auftauchens unerwünschter Zeugen zu rechnen, auch und insbesondere in den Abendstunden, in denen sich der Unfall unstreitig zugetragen hat.

b) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger und der Beklagte zu 1. - wie in Fällen von fingierten Verkehrsunfällen untypisch - die Polizei zur Unfallörtlichkeit hinzuriefen und den Unfall aufnehmen ließen. Darüber hinaus wurde das verunfallte Fahrzeug durch den Kläger im Nachhinein nicht beiseite geschafft, sondern der Beklagten zu 2. zur Nachbesichtigung zur Verfügung gestellt.

c) Auch spricht gegen einen fingierten Verkehrsunfall, dass der ursprünglich anwaltlich nicht vertretene Beklagte zu 1. nach Hinweis auf die Anwaltspflicht in landgerichtlichen Prozessen einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragte, sich dem Verfahren also nicht verweigerte, sondern in seiner Parteianhörung umfangreiche Angaben machte.

4. Nach alledem genügen die auf einen manipulierten Verkehrsunfall hindeutenden Indizien in ihrer Gesamtbetrachtung nicht, um von einem solchen auszugehen. In der lebensnahen Gesamtschau spricht daher zwar einiges gegen den Kläger, in der Summe reichen die vorhandenen Indizien jedoch nicht aus.

5. Die Haftung der Beklagten ist nicht wegen einer Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen.

6. Nach alledem haftet die Beklagtenseite für den streitgegenständlichen Unfall vollumfänglich, nachdem der Verkehrsunfall durch eine Vorfahrtsverletzung des Beklagten zu 1. bei Einfahrt in den Kreisverkehr verursacht wurde, vgl. § 8 Abs. 1a StVO. Kommt es - wie hier - in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit einer Vorfahrtsverletzung zu einem Unfall, so spricht der Anschein schuldhafter Vorfahrtsverletzung gegen den Wartepflichtigen mit der Folge, dass er regelmäßig den gesamten Schaden zu tragen hat und auch die Betriebsgefahr des Vorfahrtsberechtigten zurücktritt. Diesen Anschein konnte die Beklagtenseite nicht erschüttern. Insbesondere ergeben sich aus den Angaben des Beklagten zu 1. in seiner Einvernahme als Partei keine Anhaltspunkte für ein Verschulden des Klägers.

7. Zur Schadenshöhe ist auszuführen, dass die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der Reparaturkosten in Höhe von 11.104,67 € netto sowie die Wertminderung in Höhe von 1.000,- € durch die Beklagtenseite nicht bestritten wurden. Die Gutachtenskosten in Höhe von 1.234,98 € kann der Kläger ebenfalls ersetzt verlangen, und zwar in Höhe des Bruttobetrages, nachdem der Kläger durch die Vorlage der Bestätigung der Steuerberaterin (Anlage B 2) nachgewiesen hat, dass das Fahrzeug nicht zum Betriebsvermögen seiner Firma gehört. Lediglich bei der Unkostenpauschale waren Abstriche von der Klageforderung zu machen, da diese gemäß § 287 ZPO lediglich auf 25,- € geschätzt wird (ständige Rechtsprechung des OLG München).

8. Weiterhin kann der Kläger von den Beklagten Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB ab 17.09.2014 verlangen. Der Kläger hat unbestritten am 18.08.2014 die Beklagte zu 2) zur Regulierung aufgefordert unter Fristsetzung bis 01.09.2014. Diese Frist war zwar deutlich zu kurz bemessen, jedoch wird durch die Setzung einer zu kurz bemessenen Frist eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Eine solche von vier Wochen ist grundsätzlich angemessen, so dass ab 17.08.2014 Verzug vorlag. Weiterhin kann er Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 € zzgl. Zinsen hieraus gemäß §§ 288, 291 BGB verlangen. Es handelte sich nicht um einen sehr einfach gelagerten Verkehrsunfall, so dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe statthaft war.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 2 ZPO.

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Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

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Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 115 Direktanspruch


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Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 18 Ersatzpflicht des Fahrzeugführers


(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursa

Zivilprozessordnung - ZPO | § 66 Nebenintervention


(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. (2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Re

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 8 Vorfahrt


(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht, 1. wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder2. für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 61 Wirkung der Streitgenossenschaft


Streitgenossen stehen, soweit nicht aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts oder dieses Gesetzes sich ein anderes ergibt, dem Gegner dergestalt als Einzelne gegenüber, dass die Handlungen des einen Streitgenossen dem anderen weder zum Vorteil no

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(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

Streitgenossen stehen, soweit nicht aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechts oder dieses Gesetzes sich ein anderes ergibt, dem Gegner dergestalt als Einzelne gegenüber, dass die Handlungen des einen Streitgenossen dem anderen weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen.

Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 61 als Streitgenosse der Hauptpartei.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) An Kreuzungen und Einmündungen hat die Vorfahrt, wer von rechts kommt. Das gilt nicht,

1.
wenn die Vorfahrt durch Verkehrszeichen besonders geregelt ist (Zeichen 205, 206, 301, 306) oder
2.
für Fahrzeuge, die aus einem Feld- oder Waldweg auf eine andere Straße kommen.

(1a) Ist an der Einmündung in einen Kreisverkehr Zeichen 215 (Kreisverkehr) unter dem Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren) angeordnet, hat der Verkehr auf der Kreisfahrbahn Vorfahrt. Bei der Einfahrt in einen solchen Kreisverkehr ist die Benutzung des Fahrtrichtungsanzeigers unzulässig.

(2) Wer die Vorfahrt zu beachten hat, muss rechtzeitig durch sein Fahrverhalten, insbesondere durch mäßige Geschwindigkeit, erkennen lassen, dass gewartet wird. Es darf nur weitergefahren werden, wenn übersehen werden kann, dass wer die Vorfahrt hat, weder gefährdet noch wesentlich behindert wird. Kann das nicht übersehen werden, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so darf sich vorsichtig in die Kreuzung oder Einmündung hineingetastet werden, bis die Übersicht gegeben ist. Wer die Vorfahrt hat, darf auch beim Abbiegen in die andere Straße nicht wesentlich durch den Wartepflichtigen behindert werden.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.