Landgericht Kiel Beschluss, 02. Aug. 2011 - 13 T 145/10

ECLI:ECLI:DE:LGKIEL:2011:0802.13T145.10.0A
bei uns veröffentlicht am02.08.2011

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert.

Die Vergütung des Beschwerdeführers wird auf 517 259,94 Euro festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde und der weitergehende Vergütungsantrag werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Beschwerdeführer zu 82,5 % und die Masse zu 17,5 % zu tragen.

Der Wert für die Gerichtsgebühr wird auf 413 441,85 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 64, 7 InsO, 567, 569 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2

Der Beschwerdeführer war, nachdem er als vorläufiger Verwalter tätig gewesen war, mit Wirkung vom 01. März 2000 Insolvenzverwalter über das Vermögen der xxxxx. Er hat zunächst Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 802.359,24 € beantragt. Das Amtsgericht hat eine Vergütung in Höhe von 430.082,22 € festgesetzt. Mit der sofortigen Beschwerde begehrt der Verwalter nunmehr die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 930.701,79 €.

3

Die Vergütung ist gemäß InsVV in der bis Oktober 2004 geltenden Fassung festzusetzen. Die Berechnung der Regelvergütung gem. §§ 1, 2 InsVV a.F. (InsVV) durch das Amtsgericht auf 146.517,17 € ist von der Beschwerde nicht angegriffen und nicht zu beanstanden.

4

Bei der Regelvergütung handelt es sich nicht um eine Grundvergütung für die Übernahme des Verfahrens durch den Verwalter, die für entfaltete, konkrete Einzeltätigkeiten jeweils zu erhöhen ist, sondern um die Bezahlung tatsächlich entfalteter Tätigkeiten. Es geht der Beschwerde um die von der durch das Amtsgericht vorgenommenen abweichende Berücksichtigung von Zuschlagstatbeständen gem. § 3 Abs. 1 InsVV. Gem. § 3 Abs. 1 InsVV ist in bestimmten Fällen eine den Regelsatz übersteigende Vergütung festzusetzen. Gem. § 3 Abs. 2 InsVV ist in anderen Fällen eine hinter dem Regelsatz zurückbleibende Festsetzung der Vergütung gerechtfertigt. Zu entsprechenden Minderungsfaktoren verhalten sich der Vergütungsantrag und die Beschwerdeschrift des Verwalters nicht.

5

Der Verwalter beantragt die Berücksichtigung von Erhöhungstatbeständen in im Einzelnen bezifferter Höhe und beanstandet, dass das Amtsgericht lediglich eine zusammenfassende Bewertung dieser Tatbestände dahingehend vorgenommen hat, dass insgesamt eine 2,25- fache Bemessung der Vergütung angemessen sei, nicht dagegen die beantragte 5,15- fache Bemessung der Regelvergütung.

6

Dem Amtsgericht ist darin zu folgen, dass es an die verschiedentlich beziffert vorgenommene Bewertung einzelner, zuschlagsfähiger Tatbestände insbesondere nicht in der Form gebunden ist, dass insofern eine Addition der Zuschläge für Einzeltatbestände zu erfolgen habe. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung hat eine Gesamtbewertung zu erfolgen. Dessen ungeachtet ist es im Interesse der Nachvollziehbarkeit der Festsetzung eines bestimmten Vergütungssatzes grundsätzlich nicht unangebracht, zu versuchen, einzelnen Sachverhaltselementen des Vergütungsantrages bestimmte, bezifferte Erhöhungsfaktoren zuzuschreiben. Das allerdings ändert nichts daran, dass es im Ergebnis auf eine Gesamtbeurteilung der Angemessenheit ankommt, die sich nicht an einer Addition verschiedenster Bemessungsfaktoren aus Einzelentscheidungen insbesondere von Instanzgerichten orientiert, wie sie etwa dem von der Beschwerde zitierten Tabellenwerk in der Kommentierung zu § 3 InsVV bei Haameyer/Wutzke/Förster, InsVV, 3. und 4. Aufl. aufgelistet sind. Bezifferte Bemessungsfaktoren stellen jeweils lediglich berücksichtigungsfähige, kalkulatorisch ausgerichtete Erwägungskomponenten dar. Keineswegs ist für jeden in Frage kommenden Zuschlagsgrund getrennt zu entscheiden, ob und ggf. welche Erhöhung des Regelsatzes er rechtfertige (zuletzt BGH InsO 2010, 1340, 1342). Vielmehr ist der Gesamtzuschlag in einer unter Berücksichtigung von Überschneidungen auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung zu bestimmen. Zusätzlich zu den in diesem Zusammenhang oben bereits angeführten Gesichtspunkten ist dazu zu berücksichtigen, dass nach dem Bericht des Verwalters vom 03. Februar 2009 bereits im Rahmen der vorläufigen Verwaltung die Reaktivierung des laufenden Geschäftsbetriebes der Schuldnerin zumindest begonnen worden war, was sich vereinfachend auf die Tätigkeit im eröffneten Verfahren ausgewirkt hat.

7

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass für die Aufarbeitung der Sonderbeziehungen zu Schwesterfirmen der Schuldnerin ein Sonderinsolvenzverwalter eingesetzt war, der also einen Teil der anstehenden Aufarbeitung der Geschäftsbeziehungen vorgenommen hat.

8

Der Beschwerdeführer war darüber hinaus ebenfalls zum Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über die Schwesterfirma Finmek bestellt, die in gewissem Umfang, der allerdings nicht aktenkundig ist, ebenfalls vergütet wird, so dass insoweit Doppelungseffekte in Betracht zu ziehen sind . Die Verfahren konnten ausweislich der Akten in wesentlichen Aufgabenbereichen zusammen bearbeitet werden.

9

Auf dieser Grundlage ergibt sich im Hinblick auf die von dem Beschwerdeführer angeführten Erhöhungstatbestände:

10

Aus- und Absonderungsrechte sind gem. § 3 Abs 1 lit a InsVV erhöhend zu berücksichtigen, wenn sie einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht haben, ohne dass ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV angefallen ist.

11

Zur Frage des Mehrbetrages verhält der Beschwerdeführer sich nicht .

12

Er hat vorliegend Aus- und Absonderungsrechte insbesondere im Hinblick auf die Firma Mercedes und auf den von der Commerzbank geführten Bankenpool bearbeitet. Es sind Eigentumsvorbehalte im Werte von knapp einer Million Euro festgestellt und berücksichtigt worden. Ferner ist im Hinblickt auf die Rechte des Bankenpools ein zu berücksichtigender Betrag zur Befriedigung absonderungsberechtigter Rechte in Höhe von 7,15 Mio DM ausgehandelt worden. Dass in diesem Zusammenhang ein ungewöhnlicher Aufwand entstanden wäre, ist nicht ersichtlich, zumal die beteiligten Banken durch die Poolführerin Commerzbank, die auch einen Massekredit in Höhe von 3,0 Mio DM zur Verfügung gestellt hatte, vertreten wurden, also eine zusammengefasste Verhandlungsführung möglich war.

13

Die Insolvenzverwaltung ist Anfang März 2000 nach ca. dreimonatiger, vorhergehender Tätigkeit des Beschwerdeführers als vorläufiger Verwalter begonnen worden. In dieser Zeit des Vorlaufs vor der nunmehr zu beurteilenden Zeit, ist die Masse jedenfalls im Wesentlichen bereits überschlägig ermittelt worden, wobei es auch um die Frage ging, ob die freie Masse die Eröffnung des Verfahrens rechtfertigt. Diese Frage war bejaht worden. Eine jedenfalls grobe Übersicht über die zu berücksichtigenden Fremdrechte war also bei Verfahrensbeginn vorhanden. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als vorläufiger Verwalter ist mit 827 888,52 DM ( 423 803,97 Euro ) vergütet worden. Es ist gerechtfertigt, diese Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 lit a InsVV als vergütungsmindernden Faktor zu berücksichtigen.

14

Die Vereinbarungen mit dem Bankenpool lagen im November des Jahres 2000 zum Zeitpunkt der seinerzeitigen Gläubigerversammlung nicht nur berichtsreif vor, sondern waren teilweise auch bereits vollzogen. Im Ergebnis ist danach nicht von einer den, gemessen an der Teilungsmasse, Regelfall wesentlich überschreitenden Beschäftigung des Beschwerdeführers mit Aus- und Absonderungsrechten auszugehen. Dem Beschwerdegericht erscheint demnach die unter diesem Gesichtspunkt begehrte Verdoppelung der Regelvergütung deutlich zu hoch. Eine Erhöhung der Regelvergütung um einen Faktor von 0,3 wäre isoliert angemessen.

15

Der Beschwerdeführer macht darüber hinaus Zuschläge für Fortführung und übertragende Sanierung, für die Einrichtung einer Beschäftigungsgesellschaft und die Beschaffung der Zwischenfinanzierung des Insolvenzgeldes geltend. Das Gericht berücksichtigt hierfür eine vorläufig-rechnerische Erhöhung von zusammen 0,8 der Regelvergütung .

16

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Fortführung zu einem Verkauf der wesentlichen Teilkomplexe der Schuldnerin mit Verträgen vom 11.05.2000 und 15.06.2000, also etwa zweieinhalb bis dreieinhalb Monate nach Verfahrenseröffnung, geführt hatte. Die insoweit erfolgte Befassung mit Beschäftigungsverhältnissen von Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin ist gesondert berücksichtigt. Die Bereiche Fortführung und übertragende Sanierung gehen sachlich ineinander über, da die übertragende Sanierung voraussetzt, dass der Betrieb der Schuldnerin nicht eingestellt wurde, die Fortführung somit ein vorbereitender Teil der Übertragung ist. Insoweit hat das Amtsgericht im Ergebnis auch zu Recht berücksichtigt, dass im Rahmen der Vorbereitung des Verkaufs des Teilbereichs Produktion an die Firma Nedworks-Electronics an Vertragserstellungskosten ca. 80.000,00 DM entstanden und der Masse entnommen worden waren. Es ist zwar grundsätzlich durchaus gestattet, für die Inanspruchnahme von Drittleistungen fachspezifischen Inhalts entstandenen Aufwand der Masse zu entnehmen. Allerdings ist gegebenenfalls im gleichen Zusammenhang zu berücksichtigen, dass insoweit bei der Tätigkeit des Verwalters selbst im Zweifel geringerer Aufwand anfällt, der gem. § 3 Abs. 2 InsVV vergütungsmindernd berücksichtigt werden kann. Die Umsetzung des Vermögens des Schuldners in Geld ist die Kernaufgabe des Insolvenzverwalters (BGH IX ZB 48/04, Anm. 2 b, aa.). Dazu gehört jedenfalls das Aushandeln der wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Vertragsinhalte im Falle der freihändigen Verwertung der Masse. Erledigt der Verwalter die insoweit anfallenden rechtlichen Aufgaben durch Inanspruchnahme von Drittleistungen, im Rahmen derer das entsprechende Geschäft über bürokratische Hilfestellung und rechtliche Hilfsdienste hinaus als Geschäft betrieben und abgerechnet wird, ist der eigene Aufwand entsprechend reduziert, was sich auf die Vergütung der Höhe nach auswirken muss. Im Ergebnis ist somit für die im Ergebnis teilweise jedenfalls längerfristig erfolgreiche übertragende Sanierung und die vorhergegangene Fortführung des Betriebes der Schuldnerin eine Erhöhung angemessen.

17

Die Einrichtung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ist im Kern Teil der Übertragung des Unternehmens auf die Käufergesellschaften und die notwendige Vorbereitung dieser Maßnahmen. Sie dient dem Zusammenhalten des personellen Bestandes des Schuldners für dessen Übertragung. Hier erfolgte zunächst eine Überstellung an zwei Beschäftigungsgesellschaften und sodann eine Überführung der Teilbereiche des Geschäftsbetriebes der Schuldnerin auf die Käuferinnen, was im Ergebnis nach Mitteilung des Beschwerdeführers dazu führte, dass zunächst die Beschäftigungsgesellschaften 82 % der Arbeitnehmerschaft aufgenommen haben und 53 % der früheren Arbeitnehmerschaft der Schuldnerin in Anschlussarbeitsverhältnisse übernommen wurden, welche allerdings hinsichtlich des Teilbereiches Produktion wegen nachfolgender Insolvenz der Käuferin längstens bis Ende August 2002 Bestand hatten. Da insoweit allerdings ein wesentlicher Bestandteil der Gesamttätigkeit des Verwalters bei der Fortführung und übertragenden Sanierung durch Verkauf vorliegt, ist die Einrichtung der Beschäftigungsgesellschaft mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand durch eine Erhöhung des Regelsatzes ebenfalls abgelten.

18

Entsprechend verhält es sich mit der Vorfinanzierung der Insolvenzgeldansprüche durch Inanspruchnahme eines Bankkredits. Die entsprechende Maßnahme war in den ersten Märzwochen 2000 erfolgt und abgeschlossen. Ungewöhnliche Probleme in diesem Zusammenhang sind nicht ersichtlich, so dass zwar auch insoweit eine Erhöhung durchaus angemessen ist, diese aber der Höhe nach begrenzt sein muss .

19

U. a. auf die zunächst begehrte Erhöhung für Prozessführung und Bearbeitung besonderer rechtlicher Probleme ist der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde nicht zurückgekommen. Eine Erhöhung insoweit ist auch nicht gerechtfertigt, da die Prozesse durch Dritte geführt worden sind und die entsprechenden Aufwendungen der Masse zur Last fallen. Die Vorbereitung entsprechender Rechtsstreitigkeiten fällt hinsichtlich der Vergütung in den allgemeinen Aufwand, der durch die Regelvergütung abgegolten ist. Insoweit handelt der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner allgemeinen entgeltlichen Tätigkeit, die im Rahmen privater Prozessführung überhaupt nicht abgegolten würde, dem Insolvenzverwalter jedoch mit der Regelvergütung bezahlt wird.

20

Soweit der Insolvenzverwalter einen Aufschlag in Höhe von 0,35 auf die Regelvergütung mit der Begründung begehrt, es sei ein ausgesprochen aufwendiger Forderungseinzug zu betreiben gewesen, ist ihm im Hinblick auf den entstandenen Aufwand insofern beizutreten, als es um den Einzug von 5.689 Einzelforderungen gegangen ist. Es liegt somit eine ausgesprochen hohe Anzahl von Schuldnern vor, die einen deutlichen Mehraufwand im Verhältnis zu vielen anderen Fällen plausibel erscheinen lässt. Allerdings ist der insoweit in Rede stehende Forderungsbestand in Höhe von gut 6,5 Mio Euro (wert- berichtigt) annähernd vollständig durchgesetzt worden, so dass der Forderungseinzug auch zu einer entsprechenden Erhöhung der Teilungsmasse geführt hat und eine Bewertung durch einen gesonderten Aufschlag für Forderungseinzug weitestgehend entbehrlich ist. Im Hinblick auf die ungewöhnliche Vielzahl der Gläubiger hält das Gericht gleichwohl einen Aufschlag von 0,2 auf die Regelvergütung für angemessen, obwohl der Forderungseinzug an sich zur Regeltätigkeit gehört, die mit der Regelvergütung abgegolten wird.

21

Schließlich verweist der Beschwerdeführer zwar grundsätzlich zutreffend auf die ungewöhnliche Verfahrensdauer. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass alleine das Zeitelement des Verfahrens keinen Aufschluss über den im Laufe der Zeit entstandenen, vom Verwalter zu treibenden Aufwand ermöglicht. Alleine der Umstand, dass im Zweifel ein Verfahren nicht unnötig lange läuft und jedenfalls irgend ein Grund für die Dauer des Verfahrens vorhanden ist, rechtfertigt nicht den Schluss, dass in den entsprechenden Zeiträumen beim Insolvenzverwalter entsprechender Mehraufwand zu treiben war. Erforderlich ist für die Berücksichtigung der langen Verfahrensdauer als Erhöhungsfaktor, dass dieser damit zusammenhängt, dass auch eine überdurchschnittliche Inanspruchnahme des Verwalters eingetreten ist (BGH IX ZB 115/08; IX ZB 154/09). Vorliegend liegt die wesentliche Ursache für die lange Dauer des Verfahrens in der Abwicklung zeitlich gestreckter Drittverhältnisse. Die Zahlungsvereinbarung mit der Muttergesellschaft Tiptel ist frühzeitig getroffen worden. Bereits im November 2005 hielt man es in der Gläubigerversammlung letztlich lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen für angebracht, das Verfahren bis zur letzten Ratenzahlung der Muttergesellschaft offen zu halten. Die Masse war im Wesentlichen zusammengezogen. Die Firma Tiptel hatte lediglich noch jährliche Raten auf einem Besserungsschein zu leisten, später war die Restforderung zur Insolvenztabelle der Fa Tiptel anzumelden. Die zunächst mit der Firma Tiptel getroffene Vereinbarung zur Abgeltung möglicher Konzernhaftungsansprüche war im Rahmen einer Einigung ohne weitere Auseinandersetzungen bereits zu viel früherer Zeit getroffen worden und hatte zu einer vertragsgemäßen Abgeltungszahlung am 02.07.2001 geführt. Im Übrigen von dem Beschwerdeführer geführte Rechtsstreitigkeiten waren im Wesentlichen im Jahre 2002 und 2003 beendet, insoweit titulierte Forderungen waren im Wesentlichen durchgesetzt. Die durch Einschaltung von Rechtsanwälten geführten Auseinandersetzungen mit der Firma IHC endeten mit Urteil vom August 2001. Vollstreckungsversuche wurden Anfang 2006 eingestellt. Der Rechtsstreit gegen die Firma Siemens endete mit Urteil vom Juli 2002, die Schuldsumme wurde an die Masse im Juni 2003 gezahlt. Der Rechtsstreit mit der Firma Net Use endete zugunsten der Masse, die Forderung war im Oktober 2002 durchgesetzt. Die Auseinandersetzung mit der Firma Top COM wurde durch Versäumnisurteil vom Mai 2002 und anschließendem Zahlungsvergleich beigelegt, die Zahlung ging im Januar 2003 auf dem Konto des Verwalters ein. Nachträglich angemeldete Forderungen wurden im schriftlichen Verfahren geprüft und führten nicht zu Widersprüchen, so dass sich der Aufwand des Beschwerdeführers auch im späteren Verlauf des Verfahrens in Grenzen hielt.

22

Im Hinblick darauf, dass ein gewisser Mehraufwand gleichwohl plausibel erscheint, erscheint dem Beschwerdegericht ein Zuschlag in Höhe von 0,2 auf die Regelvergütung in jedem Fall ausreichend.

23

Im Verfahren gab es eine hohe Anzahl von 500 oder 501 Gläubigern. Insoweit erscheint eine Mehrvergütung in Höhe von 0,3 angemessen. Darüber hinausgehend ist der Darstellung des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, inwieweit die hohe Anzahl der Gläubiger zu über den bürokratischen Mehraufwand hinausgehender Mehrarbeit geführt hat. Da allerdings die Anzahl von ca. fünfhundert Gläubigern das Maß des Durchschnittlichen deutlich übersteigt, erscheint ein gewisser Mehraufwand plausibel und ist ein Aufschlag in Höhe von 0,3 angemessen.

24

Soweit der Beschwerdeführer einen Zuschlag für die Zusammenarbeit mit dem Gläubigerausschuss begehrt, gilt entsprechendes. Das Vorhandensein eines Gläubigerausschusses ist im Insolvenzverfahren nicht zwingend, wenngleich in Verfahren größeren Umfangs die Regel. Es bedarf einer gewissen regelmäßigen Zusammenarbeit mit einem eingesetzten Gläubigerausschuss, die Mehr- und Abstimmungsaufwand bedeutet. Ausweislich der Berichte über die Gläubigerausschusssitzungen sind vorliegend auch durchaus entsprechende Abstimmungen von sachlichem Gewicht erfolgt, so dass das Gericht den Aufschlag in Höhe von 0,1 für angemessen erachtet.

25

Schließlich begehrt der Beschwerdeführer einen Zuschlag für die Ausführung von ihm in Auftrag gegebenen Zustellungen in Höhe von 0,25 . Insoweit ist zwar grundsätzlich zu berücksichtigen, dass es zusätzlich zur Auslagenerstattung wegen des besonderen Umfangs der im Rahmen von Zustellungen ausgeübten Tätigkeit einen Zuschlag gem. § 3 Abs. 1 InsVV geben kann. Dieser kann sich indessen der Höhe nach keinesfalls an den Zuschlag orientieren, der die Anzahl der Verfahrensbeteiligten auf Gläubiger- und/oder Schuldnerseite ausgleichen soll. Die Zustellungen sind jeweils lediglich ein Ausschnitt der insgesamt auf den einzelnen Verfahrensbeteiligten entfaltenden Tätigkeit. Mehraufwand für Zustellungen kann demgemäß lediglich ein Ausschnitt des jeweils entstehenden Gesamtmehraufwandes sein. Im Hinblick auf die erhebliche Anzahl der Zustellungen ist demgemäß ein Zuschlag in Höhe von 0,1 angemessen.

26

Rechnerisch ergäbe sich damit aus Einzelfaktoren eine Erhöhung der Vergütung auf das dreifache der Regelvergütung. Im Hinblick auf Synergien und die vorhergegangene Vergütung der Tätigkeit als vorläufiger Verwalter ist ein Abschlag von 0,25 angebracht, so dass sich im Ergebnis eine Erhöhung der Vergütung auf das 2,75 – fache der Regelvergütung, also auf 402 922,22 Euro, ergibt. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 31 750,00 Euro und der Umsatzsteuer ergibt sich danach die Vergütung in Höhe von 517 259,94 Euro.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91, 788 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest. (2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt i

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Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung - InsVV | § 1 Berechnungsgrundlage


(1) Die Vergütung des Insolvenzverwalters wird nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlußrechnung bezieht. Wird das Verfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben oder durch Einstellung vorzeitig beendet, so ist d

Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung - InsVV | § 2 Regelsätze


(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel 1. von den ersten 35 000 Euro der Insolvenzmasse 40 Prozent,2. von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 Euro 26 Prozent,3. von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 Euro 7,5 Prozent,4. von dem Mehrbetrag bis zu 700 000

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(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.

(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.

(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Die Vergütung des Insolvenzverwalters wird nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlußrechnung bezieht. Wird das Verfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben oder durch Einstellung vorzeitig beendet, so ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen.

(2) Die maßgebliche Masse ist im einzelnen wie folgt zu bestimmen:

1.
Massegegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind, werden berücksichtigt, wenn sie durch den Verwalter verwertet werden. Der Mehrbetrag der Vergütung, der auf diese Gegenstände entfällt, darf jedoch 50 vom Hundert des Betrages nicht übersteigen, der für die Kosten ihrer Feststellung in die Masse geflossen ist. Im übrigen werden die mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände nur insoweit berücksichtigt, als aus ihnen der Masse ein Überschuß zusteht.
2.
Werden Aus- und Absonderungsrechte abgefunden, so wird die aus der Masse hierfür gewährte Leistung vom Sachwert der Gegenstände abgezogen, auf die sich diese Rechte erstreckten.
3.
Steht einer Forderung eine Gegenforderung gegenüber, so wird lediglich der Überschuß berücksichtigt, der sich bei einer Verrechnung ergibt.
4.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten werden nicht abgesetzt. Es gelten jedoch folgende Ausnahmen:
a)
Beträge, die der Verwalter nach § 5 als Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde erhält, werden abgezogen.
b)
Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist nur der Überschuß zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt.
5.
Ein Vorschuß, der von einer anderen Person als dem Schuldner zur Durchführung des Verfahrens geleistet worden ist, und ein Zuschuß, den ein Dritter zur Erfüllung eines Insolvenzplans oder zum Zweck der Erteilung der Restschuldbefreiung vor Ablauf der Abtretungsfrist geleistet hat, bleiben außer Betracht.

(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel

1.
von den ersten 35 000 Euro der Insolvenzmasse 40 Prozent,
2.
von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 Euro 26 Prozent,
3.
von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 Euro 7,5 Prozent,
4.
von dem Mehrbetrag bis zu 700 000 Euro 3,3 Prozent,
5.
von dem Mehrbetrag bis zu 35 000 000 Euro 2,2 Prozent,
6.
von dem Mehrbetrag bis zu 70 000 000 Euro 1,1 Prozent,
7.
von dem Mehrbetrag bis zu 350 000 000 Euro 0,5 Prozent,
8.
von dem Mehrbetrag bis zu 700 000 000 Euro 0,4 Prozent,
9.
von dem darüber hinausgehenden Betrag 0,2 Prozent.

(2) Haben in dem Verfahren nicht mehr als 10 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet, so soll die Vergütung in der Regel mindestens 1 400 Euro betragen. Von 11 bis zu 30 Gläubigern erhöht sich die Vergütung für je angefangene 5 Gläubiger um 210 Euro. Ab 31 Gläubiger erhöht sich die Vergütung je angefangene 5 Gläubiger um 140 Euro.

(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn

a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist,
b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist,
c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat,
d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder
e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.

(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn

a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war,
b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm,
c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet,
d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte,
e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder
f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.

(1) Die Vergütung des Insolvenzverwalters wird nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlußrechnung bezieht. Wird das Verfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben oder durch Einstellung vorzeitig beendet, so ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen.

(2) Die maßgebliche Masse ist im einzelnen wie folgt zu bestimmen:

1.
Massegegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind, werden berücksichtigt, wenn sie durch den Verwalter verwertet werden. Der Mehrbetrag der Vergütung, der auf diese Gegenstände entfällt, darf jedoch 50 vom Hundert des Betrages nicht übersteigen, der für die Kosten ihrer Feststellung in die Masse geflossen ist. Im übrigen werden die mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände nur insoweit berücksichtigt, als aus ihnen der Masse ein Überschuß zusteht.
2.
Werden Aus- und Absonderungsrechte abgefunden, so wird die aus der Masse hierfür gewährte Leistung vom Sachwert der Gegenstände abgezogen, auf die sich diese Rechte erstreckten.
3.
Steht einer Forderung eine Gegenforderung gegenüber, so wird lediglich der Überschuß berücksichtigt, der sich bei einer Verrechnung ergibt.
4.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten werden nicht abgesetzt. Es gelten jedoch folgende Ausnahmen:
a)
Beträge, die der Verwalter nach § 5 als Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde erhält, werden abgezogen.
b)
Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist nur der Überschuß zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergibt.
5.
Ein Vorschuß, der von einer anderen Person als dem Schuldner zur Durchführung des Verfahrens geleistet worden ist, und ein Zuschuß, den ein Dritter zur Erfüllung eines Insolvenzplans oder zum Zweck der Erteilung der Restschuldbefreiung vor Ablauf der Abtretungsfrist geleistet hat, bleiben außer Betracht.

(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn

a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist,
b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist,
c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat,
d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder
e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.

(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn

a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war,
b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm,
c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet,
d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte,
e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder
f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 115/08
vom
7. Oktober 2010
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 7. Oktober 2010

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden der Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 19. November 2007 und der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 29. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Verfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 43.607,04 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller (nachfolgend auch: Beteiligter) ist Verwalter in dem am 16. August 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der V. GmbH (fortan: Schuldnerin), einer Bauträgergesellschaft, für die er schon im Eröffnungsverfahren mit Beschluss vom 4. Mai 2001 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden war.
2
Mit seinem Schlussbericht vom 28. August 2007 hat der Beteiligte die Festsetzung seiner Vergütung und Auslagen beantragt. Die Teilungsmasse besteht zu einem erheblichen Teil aus Feststellungsbeiträgen absonderungsberechtigter Gläubiger, die Rechte an den vom Beteiligten fertig gestellten Bauprojekten hatten. Der Beteiligte hat beantragt, einen Zuschlag von insgesamt 30 v.H. auf den Regelsatz festzusetzen. Dieser soll sich aus einem Zuschlag von 35 v.H. für Betriebsfortführung und einem Abschlag von 5 v.H. für die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter zusammensetzen.
3
Mit Beschluss vom 19. November 2007 hat das Insolvenzgericht die Vergütung abweichend vom Antrag des Beteiligten auf 75 v.H. der Regelvergütung festgesetzt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten hat das Landgericht durch Beschluss vom 29. April 2008 zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte seinen ursprünglichen Vergütungsantrag weiter.

II.


4
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, das Insolvenzgericht sei nicht gezwungen, Zu- und Abschlagstatbestände im Einzelnen zu bewerten; ausreichend sei eine im Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung. Die vom Beteiligten als "Betriebsfortführung" angesehene Veräußerung der schuldnerischen Immobilien sei durch die Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV angemessen berücksichtigt. Die Dauer des Verfahrens stelle für sich allein noch kein Zuschlagskriterium dar. Die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter führe regelmäßig zu einem Abschlag auf die Vergütung des endgültigen.

III.


5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 575 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
6
1. Mit Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht mit den Grundsätzen vereinbar sind, die der Senat zur Erhöhung der Regelvergütung nach § 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV aufgestellt hat. Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist festzusetzen, wenn der Verwalter das Unternehmen des Schuldners fortgeführt hat und die Masse dadurch nicht entsprechend größer geworden ist. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ gegeben sein. Von einer "entsprechend" größeren Masse ist auszugehen, wenn die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Massemehrung ergibt, ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei unveränderter Masse über einen Zuschlag (§ 3 Abs. 1 Buchst. b Alt. 1 InsVV) zustände. Denn der Insolvenzverwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, darf vergütungsmäßig nicht schlechter stehen, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Ist die aus der Massemehrung sich ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als der Betrag, der über den Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, hat das Insolvenzgericht einen Zuschlag zu gewähren, der die bestehende Differenz in etwa ausgleicht. Höher darf er nicht sein. Andernfalls würde der Insolvenzverwalter für seine Bemü- hungen um die Betriebsfortführung doppelt honoriert. Dies ist zu vermeiden (BGH, Beschl. v. 22. Februar 2007 - IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784, 786; v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826; v. 24. Januar 2008 - IX ZB 120/07, ZInsO 2008, 266 Rn. 7).
7
dieser Nach Rechtsprechung hätte das Beschwerdegericht eine Vergleichsrechnung durchführen müssen, bei der es den Wert, um den sich die Masse durch die Unternehmensfortführung vergrößert hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen hatte, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde. Dies ist nicht geschehen. Die Entscheidung lässt nicht einmal eindeutig erkennen, ob das Beschwerdegericht überhaupt von einer Betriebsfortführung , die hier in einer Form vorliegen dürfte, die einer Auslaufproduktion entspricht, ausgegangen ist. Erst nach einer solchen Vergleichsberechnung hätte das Beschwerdegericht entsprechend der von ihm mit Recht herangezogenen Entscheidung des Senats vom 11.Mai 2006 (IX ZB 249/04, ZInsO 2006, 642 Rn. 12; vgl. auch BGH, Beschl. v. 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7) eine Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Zu- und Abschlagstatbestände vornehmen dürfen.
8
2. Nicht zu beanstanden ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdebegründung - die Auffassung des Beschwerdegerichts, eine überlange Verfahrensdauer rechtfertige für sich gesehen als solche keinen Zuschlag. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Die Verfahrensdauer kann einen Zuschlag rechtfertigen, wenn der Verwalter stärker als in Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen worden ist (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006, aaO Rn. 42; v. 6. Mai 2010, aaO; v. 16. September 2010 - IX ZB 154/09 Rn. 8 z.V.b.). Ob die Voraussetzungen für einen Zuschlag vorliegen, ist vom Tatrichter unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006, aaO Rn. 44; v. 1. März 2007 - IX ZB 277/05, Rn. 7; v. 22. März 2007 - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370 Rn. 3; v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 10). Dessen Entscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - IX ZB 31/02, ZIP 2002, 1459, 1460; v. 12. Juni 2008 - IX ZB 184/07 Rn. 4; v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8).
9
3. Nach ständiger Rechtsprechung kann die vorbereitende Tätigkeit des Beschwerdeführers als vorläufiger Insolvenzverwalter vergütungsmindernd in Rechnung gestellt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Februar 2010 - IX ZB 96/08 Rn. 2; v. 8. Juli 2010 - IX ZB 222/09, ZInsO 2010, 1503 Rn. 4). Hiervon ist das Beschwerdegericht, in dessen tatrichterliche Verantwortung die Bemessung des Abschlags auch insoweit fällt, zutreffend ausgegangen. Ein im Rechtsbeschwerdeverfahren erheblicher Fehler ist seiner Entscheidung insoweit nicht zu entnehmen.
10
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die vom Beschwerdegericht nachzuholende Vergleichsrechnung nicht zu einer Erhöhung der Vergütung führen muss. Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gilt zwar das Verschlechterungsverbot (BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 124 ff) mit der Folge, dass die Position des (alleinigen) Rechtsmittelführers nicht zu seinem Nachteil verändert werden darf. Das Beschwerdegericht darf deshalb die dem Rechtsmittelführer in erster Instanz zugesprochene Vergütung nicht herabsetzen. Es wird aber durch das Verschlechterungsverbot nicht gehindert, bei Feststellung der angemessenen Vergütung im Einzelfall Vergütungsfaktoren anders zu bemessen als das Insolvenzgericht, soweit es den Vergütungsbetrag insgesamt nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ändert (BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 28. September 2006 - IX ZB 108/05, ZIP 2006, 2186 Rn. 4) Ganter Raebel Kayser Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Memmingen, Entscheidung vom 19.11.2007 - IN 63/01 -
LG Memmingen, Entscheidung vom 29.04.2008 - 4 T 2155/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 154/09
vom
16. September 2010
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Zuschlag zur Regelvergütung kann dem Insolvenzverwalter nicht allein wegen
der langen Dauer des Verfahrens, sondern nur wegen der in dieser Zeit von ihm erbrachten
Tätigkeiten gewährt werden.
BGH, Beschluss vom 16. September 2010 - IX ZB 154/09 - LG Chemnitz
AG Chemnitz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 16. September 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 4. Juni 2009 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 19.755,65 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 26. November 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Am 6. September 2006 beantragte er, die Vergütung für seine Tätigkeit in Höhe des 2,45fachen Regelsatzes festzusetzen. Das Insolvenzgericht gewährte antragsgemäß Zuschläge für lange Verfahrensdauer, hohe Anzahl von Gläubigern und schwierigen Forderungseinzug (je 0,1). Die vom Verwalter beantragten Zuschläge wegen Schwierigkeiten bei der Verwertung von Immobilien und wegen der Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten (je 0,5) fasste es zu einem einheitlichen Zuschlag von insgesamt 0,5 des Regelsatzes zusammen. Einen weiteren Zuschlag für Hausverwaltung lehnte es ab. Die sofortige Beschwerde des Verwalters ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Verwalter seinen Vergütungsantrag weiter.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
3
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, es brauche nicht entschieden zu werden, ob der Verwalter den Zuschlag für Hausverwaltung in Höhe von 0,1 des Regelsatzes beanspruchen kann. Denn das Insolvenzgericht habe dem Verwalter zu Unrecht einen Zuschlag von 0,1 für die lange Verfahrensdauer gewährt. Die Dauer des Insolvenzverfahrens allein rechtfertige die Gewährung eines Zuschlags nicht. Es komme für die Vergütung des Verwalters allein auf Umfang und Schwierigkeit der konkret vorgenommenen Tätigkeiten an. Der vom Insolvenzgericht für die Bemühungen des Verwalters um die Veräußerung der Grundstücke und die Bearbeitung der Aus- und Absonderungsrechte gewährte Zuschlag in Höhe des 0,5-fachen Regelsatzes sei nach den Umständen des Falles ausreichend und angemessen. Auch in der Gesamtbetrachtung sei die Gewährung der 1,8-fachen Regelvergütung angemessen.
4
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
5
a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht nicht gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen, indem es den vom Insolvenzgericht zugesprochenen Zuschlag wegen langer Verfahrensdauer aberkannt hat. Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gilt zwar das Verschlechterungsverbot (BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 124 ff) mit der Folge, dass die Position des (alleinigen) Rechtsmittelführers nicht zu seinem Nachteil verändert werden darf. Das Beschwerdegericht darf deshalb die dem Rechtsmittelführer in erster Instanz zugesprochene Vergütung nicht herabsetzen. Das Beschwerdegericht wird durch das Verschlechterungsverbot jedenfalls nicht gehindert, bei Feststellung der angemessenen Vergütung im Einzelfall Zu- und Abschläge anders zu bemessen als das Insolvenzgericht, soweit es den Vergütungssatz insgesamt nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ändert (BGH, Beschl. v. 16. Juni 2005 - IX ZB 285/03, ZIP 2005, 1371; v. 28. September 2006 - IX ZB 108/05, ZIP 2006, 2186 Rn. 4).
6
b) Auch in der Sache ist die Ablehnung eines Zuschlags wegen langer Verfahrensdauer nicht zu beanstanden. Die Bemessung vorzunehmender Zuund Abschläge ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt (BGH, Beschl. v. 13. November 2008 - IX ZB 141/07, ZInsO 2009, 55 Rn. 8; v. 18. Juni 2009 - IX ZB 119/98, ZInsO 2009, 1557 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Diese Gefahr besteht nicht.
7
aa) Die Frage, ob die lange Dauer des Insolvenzverfahrens einen Zuschlag zur Vergütung des Verwalters nach § 3 Abs. 1 InsVV rechtfertigt, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum umstritten. Für die Berechtigung eines Zuschlags in solchen Fällen wird angeführt, die lange Dauer eines Insolvenzverfahrens beeinflusse die kalkulatorische Deckung der Gemeinkosten ungünstig und lasse den Umfang von Regelaufgaben des Verwalters wie die Vorlage von Berichten, Aufzeichnungspflichten und die Beantwor- tung von Sachstandsanfragen ansteigen (LG Potsdam, ZVI 2006, 475, 476; MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl., § 3 InsVV Rn. 12; Eickmann/Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 3 InsVV Rn. 35; FK-InsO/Lorenz, 5. Aufl., § 3 InsVV Rn. 26, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; für die Zuschlagsfähigkeit einer überlangen Verfahrensdauer ferner Stephan/Riedel, InsVV § 3 Rn. 27; Hess, Insolvenzrecht, § 3 InsVV Rn. 78). Gegen einen Zuschlag allein wegen langer Verfahrensdauer wird geltend gemacht, diese resultiere regelmäßig aus Besonderheiten, die ohnehin gesondert vergütet würden (LG Deggendorf, Rpfleger 1998, 125; LG Braunschweig, ZInsO 2001, 552, 554; LG Göttingen, NZI 2006, 477; LG Stendal, Beschl. v. 17. Oktober 2007 - 25 T 166/05, juris Rn. 14 f; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 3 Rn. 58; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 2. Aufl., Rn. 248; Graeber, Vergütung in Insolvenzverfahren von A-Z, Rn. 459; HmbKommInsO /Büttner, 3. Aufl., § 3 InsVV Rn. 7a; Blersch in Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO, § 3 InsVV Rn. 24).
8
bb) Richtiger Ansicht nach rechtfertigt eine lange Dauer des Verfahrens für sich allein keinen gesonderten Zuschlag zur Vergütung des Insolvenzverwalters (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - IX ZB 123/09, ZInsO 2010, 1504 Rn. 7; noch offen gelassen im Beschluss vom 10. Juli 2008 - IX ZB 152/07, ZIP 2008, 1640 Rn. 10). Mit der Vergütung nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung wird die Tätigkeit des Verwalters entgolten (Haarmeyer, ZInsO 2001, 577). Durch Abweichungen vom Regelsatz soll dem Umfang und der Schwierigkeit seiner Geschäftsführung Rechnung getragen werden (§ 63 Abs. 1 Satz 3 InsO). Maßgebendes Bemessungskriterium für Zu- und Abschläge soll daher der tatsächlich gestiegene oder geminderte Arbeitsaufwand sein (Begründung zu § 3 InsVV, abgedruckt bei Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren , 2. Aufl., Anhang III). Dies verbietet es, Zuschläge zur Vergütung allein an den Zeitablauf anzuknüpfen. Zu bewerten ist vielmehr die während der Dauer des Verfahrens erbrachte Tätigkeit. Weist diese einen überdurchschnittlichen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit auf, wie dies in überlangen Verfahren oft der Fall sein wird, kann dafür ein Zuschlag gewährt werden. Die vermehrte Erledigung von Routinearbeiten wie die Erstellung von Zwischenberichten oder die Aktualisierung der Buchführung, ist dann mit diesen Zuschlägen abgegolten, zumal der dazu erforderliche Aufwand mit zunehmender Verfahrensdauer regelmäßig abnimmt. Geht eine lange Verfahrensdauer ausnahmsweise nicht mit zuschlagsfähigen Tätigkeiten des Verwalters einher, etwa weil die Fälligkeit von Sicherungseinbehalten oder der Ausgang von Prozessen, mit deren Führung Dritte beauftragt wurden, abzuwarten ist, werden auch die in regelmäßigen Zeitabschnitten sich wiederholenden Routinetätigkeiten im Allgemeinen keinen gesonderten Zuschlag rechtfertigen, weil die Abweichung vom Normalfall nicht so signifikant ist, dass ohne einen Zuschlag ein Missverhältnis entstünde (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rn. 24; v. 11. Oktober 2007 - IX ZB 15/07, ZIP 2007, 2226 Rn. 15).
9
Die cc) Entscheidung des Beschwerdegerichts stimmt mit diesen Grundsätzen überein. Die lange Verfahrensdauer wurde im Wesentlichen verursacht durch Schwierigkeiten bei der Verwertung der zahlreichen Immobilien, durch eine aufwändige Prüfung der Forderungen, durch einen zur Durchsetzung einer Forderung geführten Rechtsstreit und den anschießenden Versuch, diese Forderung zu realisieren. Für die beiden erstgenannten Tätigkeiten sind dem Verwalter Zuschläge zur Vergütung gewährt worden. Unter diesen Umständen durfte das Beschwerdegericht davon absehen, für die während der langen Verfahrensdauer anfallenden Routinetätigkeiten einen weiteren Zuschlag festzusetzen.
10
c) Ohne Erfolg beanstandet die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht wie schon zuvor das Insolvenzgericht die vom Verwalter gesondert geltend gemachten Zuschlagsgründe "Verkaufsbemühungen" und „Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten“ zusammengefasst hat. Nach der Rechtsprechung des Senats sind in Betracht kommende Zu- und Abschlagstatbestände gemäß § 3 InsVV zwar im Einzelnen zu beurteilen. Der Tatrichter ist aber nicht gezwungen, einzelne mögliche Zu- und Abschlagstatbestände gesondert zu bewerten. Er muss vielmehr in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen der einzelnen Tatbestände und einer aufs Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder den Gesamtabschlag festlegen (BGH, Beschl. v. 1. März 2007 - IX ZB 280/05, ZIP 2007, 639 Rn. 14 m.w.N.; Beschl. v. 20. Mai 2010 - IX ZB 11/07, NZI 2010, 643 Rn. 9, z.V.b. in BGHZ). Das Beschwerdegericht hat sich mit beiden Zuschlagsgründen befasst.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 11.09.2007 - 1316 IN 1761/01 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 04.06.2009 - 3 T 839/07 -

(1) Eine den Regelsatz übersteigende Vergütung ist insbesondere festzusetzen, wenn

a)
die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hat, ohne daß ein entsprechender Mehrbetrag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 angefallen ist,
b)
der Verwalter das Unternehmen fortgeführt oder Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist,
c)
die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, daß der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat,
d)
arbeitsrechtliche Fragen zum Beispiel in bezug auf das Insolvenzgeld, den Kündigungsschutz oder einen Sozialplan den Verwalter erheblich in Anspruch genommen haben oder
e)
der Verwalter einen Insolvenzplan ausgearbeitet hat.

(2) Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz ist insbesondere gerechtfertigt, wenn

a)
ein vorläufiger Insolvenzverwalter in Verfahren tätig war,
b)
die Masse bereits zu einem wesentlichen Teil verwertet war, als der Verwalter das Amt übernahm,
c)
das Insolvenzverfahren vorzeitig beendet wird oder das Amt des Verwalters vorzeitig endet,
d)
die Masse groß war und die Geschäftsführung geringe Anforderungen an den Verwalter stellte,
e)
die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar sind und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist oder
f)
der Schuldner in ein Koordinationsverfahren einbezogen ist, in dem ein Verfahrenskoordinator nach § 269e der Insolvenzordnung bestellt worden ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)