Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Cortisonbehandlung.
Die am XX.XX. 1963 geborene Klägerin war beim Beklagten nach Überweisung durch ihren Hausarzt ab dem 06. Mai 2004 wegen anhaltender, immer stärker werdender Kopfschmerzen in ärztlicher Behandlung. Der Beklagte stellte die Diagnose eines atypischen Cluster-Kopfschmerzes, überwies die Klägerin zu einer kernspintomographischen Untersuchung, die ohne Befund blieb, verschrieb daraufhin am 07. Mai 2004 nach weiteren Untersuchungen verschiedene, nicht cortisonhaltige Medikamente und überwies die Klägerin zur weiteren Abklärung von Schmerzen und Sehstörungen an einen Augenarzt. Auch die ambulante Untersuchung beim Augenarzt ergab keine eindeutige Diagnose im Zusammenhang mit Sehstörungen und Kopfschmerzen. Bei einer weiteren Vorstellung der Klägerin am 10. Mai 2005 verschrieb er wegen der anhaltend starken Kopfschmerzen das cortisonhaltige Medikament P..
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe ihr Cortison ab Mai 2004 mit 100 mg/Tag, ab Juni 2005 mit 90 mg/Tag und ab Januar 2006 mit 50 mg/Tag verschrieben (AS. 23). Wegen der fehlerhaften und medizinisch nicht indizierten Cortisongabe in zu hohen Dosen sei es bei ihr zu einer gravierenden Gewichtszunahme von ca. 70 kg auf 120 kg, (AS. 3) bzw. bis zum Juni 2006 auf 96,4 kg, im Juli 2006 auf 110 kg und danach abnehmend auf 69 kg gekommen (AS. 23/25). Als Folge der abgesetzten Cortisongaben verblieben überschießende Hautlappen, deren operative Beseitigung ca. EUR 10.000,- kosteten. Auch stehe ihr ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 4.000,- zu. Es sei bei den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von einer 2,5-Geschäftsgebühr auszugehen, da der Klägervertreter u.a. als Fachanwalt für Medizinrecht eine schwierige und umfangreiche Angelegenheit bearbeitet habe, die auch für die Klägerin von großer Bedeutung sei.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin sämtliche anlässlich der von ihm an ihr seit dem 06. Mai 2004 erfolgten Behandlungen, insbesondere hinsichtlich der Behandlung mit Cortison, entstandenen Kosten und noch entstehenden weiteren materiellen Schäden zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der EZB liegender Zinsen seit jeweiliger Fälligkeit zu bezahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ein in der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestelltes, jedoch EUR 4.000,- nicht unterschreitendes Schmerzensgeld zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der EZB liegender Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin hinsichtlich der vorprozessualen Rechtsanwaltsgebühren EUR 1.707,65 zzgl. 5 Prozentpunkte über dem Basiszins der EZB liegender Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;
4. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin hinsichtlich der die Abwicklung mit der Rechtsschutzversicherung betreffenden Rechtsanwaltsgebühren EUR 603,93 zzgl. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB liegender Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Februar 2010 pauschal behaupte, sie sei nicht über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden, sei dieser Vortrag falsch und ins Blaue hinein abgegeben; eine Aufklärung sei bereits durch Drittbehandler vor und während der eigenen Behandlung, als auch durch den Beklagten selbst erfolgt, wie sich aus der detaillierten Darstellung der Aufklärung im Schriftsatz vom 08. April 2010 ergebe (AS. 85 - 95 und Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft - AH 99 -159), den die Klägerin nicht bestreite. Im übrigen werde der Einwand der hypothetischen Einwilligung erhoben: selbst wenn nicht über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden wäre, hätte die Beklagte auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die konkrete Cortisongabe durch den Beklagten eingewilligt (AS. 91).
Auch der nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten vom 07. Oktober 2010 im klägerischen Schriftsatz vom 11. November 2010 (AS. 149) erstmals erhobene Vorwurf, der Beklagte habe über den „off - label - use“ des Cortisonpräparates nicht aufgeklärt, sei falsch, wie sich aus dem konkreten Vortrag in den vorbereitenden Schriftsätzen und der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 ergebe; auch hierzu liege zumindest ebenfalls eine hypothetische Einwilligung der Klägerin vor.
10 
Das Gericht hat Hinweise gegeben zur Schlüssigkeit der Klage am 30. Dezember 2009 (AS. 13).
11 
Es hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (Beweisbeschluss vom 4. März 2010 - AS. 59 - 65), welches am 07. Oktober 2010 durch den Sachverständigen Prof. Dr. N. erstattet (AH. 187 - 197) und in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 (vgl. Protokoll - AS 177 - 193) erörtert wurde.
12 
Die Klägerin war zu diesem Termin zur Sachaufklärung (Verfügung vom 22. November 2010 - AS. 153 - und vom 21. Dezember 2010 - AS. 167), geladen worden, jedoch nicht erschienen. In dieser Verhandlung vom 25. März 2011 wurde der Beklagte zur Aufklärung angehört (AS. 191).
13 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
15 
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis für das Vorliegen eines haftungsbegründenden ärztlichen Behandlungsfehlers anlässlich der streitgegenständlichen Behandlung mit Cortison im Jahr 2004, der ursächlich für die geltend gemachten Folgen einer deutlichen Übergewichtigkeit geworden sein soll, nicht führen können. Die Verschreibung von Cortisonpräparaten durch den Beklagten ist auch nicht wegen eines Einwilligungsmangels der Klägerin rechtswidrig.
16 
1. Das Gericht geht davon aus, dass der Beklagte die Klägerin mit cortisonhaltigen Medikamenten wegen anhaltender, immer stärker werdender Kopfschmerzen nur im Zeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 ärztlich behandelt hat.
17 
In welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter einzelner Tatsachen substantiieren muss, hängt vom Einzelfall ab, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 36/95 - NJW 1996, 1826, 1827; Urteil vom 25. November 1998 - VIII ZR 345/97 - NJW-RR 1999, 360). Im Arzthaftungsprozess steht ein medizinischer Laie in der Regel einem medizinischen Fachmann gegenüber, der ihm an Fachkenntnissen erheblich überlegen ist, und daher nicht imstande sein wird zu beurteilen, ob ein medizinischer Fehler vorliegt. Das hat zur Folge, dass an die Pflicht der Klägerin zur Substantiierung nur maßvolle und verständige geringe Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 81, 752 ). Lücken im Klagvorbringen dürfen, wo es um den medizinischen Sachverhalt geht, der klagenden Partei nicht angelastet, insbesondere nicht als Zugeständnis gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1980 - VI ZR 175/78 - VersR 81, 278 ; vom 19. Juni 1979 - VI ZR 91/78 - VersR 79, 939 ). Soweit dem Gericht von einer möglichen höheren medizinischen Fachkunde aus weiterer Vortrag nötig erscheint, hat es diesen durch ausdrückliche und eindeutige Fragen im einzelnen, die nicht lediglich pauschal sein dürfen, zu erfragen ( § 139 ZPO), will es den unterbreiteten Sachverhalt nicht in entscheidungserheblichen Teilen unbearbeitet lassen ( § 286 ZPO).
18 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr ab Mai 2004 mit 100 mg/Tag, ab Juni 2005 mit 90 mg/Tag und ab Januar 2006 mit 50 mg/Tag Cortison verschrieben (AS. 23). Sie hat den detaillierten Vortrag des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 2. Februar 2010 (AS. 33 bis 45) - wie er auch in seiner Patientenkartei dokumentiert ist - nicht substantiiert bestritten und für die angeblich jahrelange Behandlung auch keinen Beweis angeboten. Bei der Dauer der Behandlung und der Verschreibung von cortisonhaltigen Medikamenten handelt es sich um Tatsachen, die unmittelbar von der Patientin selbst wahrgenommen werden und auch ohne medizinische Vorkenntnisse - zumindest soweit es Dauer, Menge und Art des genommenen Medikaments betrifft - von ihr selbst substantiiert vorgetragen werden können. Dies ist, wie dargelegt, nicht geschehen. Auch der Sachverständige Prof. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 einen Behandlungszeitraum des Beklagten bis längstens zum 23. Juli 2004 festgestellt (AH 187/189).
19 
Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte der Klägerin am 10. Mai 2005 wegen deren anhaltend hoher Kopfschmerzen das cortisonhaltige Medikament P. 50 mg verschrieb und sich die Klägerin am 13. Mai 2005 beim Beklagten wiederum vorstellte und mitteilte, dass vor allem das verschriebene Präparat P. 50mg zu einer Schmerzfreiheit geführt hat. Zur weiteren Therapie verschrieb der Beklagte daraufhin eine Beatmungstherapie mit reinem Sauerstoff, sowie abermals eine kleine Packung des Medikaments P. mit der Empfehlung, alle zwei Tage die Dosis um 5 Milligramm herabzusetzen. Während eines stationären Aufenthalts der Klägerin in einer Augenklinik war eine Behandlung mit einem cortisonhaltigen Präparat in 50-fach höherer Dosis als vom Beklagten verordnet angewandt worden. Bei einer weiteren Vorstellung der Klägerin riet ihr der Beklagte daher am 15. Juni 2004 ausdrücklich, das cortisonhaltige Präparat von der Dosis her herabzusetzen. Am 06. Juli 2004 verordnete der Beklagte der Klägerin wegen der von der Klägerin angegebenen Verträglichkeit und der Schmerzlinderung abermals das cortisonhaltige Präparat P. 20mg, sowie das Medikament V.. Letztmals am 23. Juli 2004 bat die Klägerin den Beklagten nochmals um die Verordnung des Medikaments P. 20mg. Nach Juli 2004 hat die Klägerin Folgerezepte bei ihrem damaligen Hausarzt eingeholt und bis Mitte 2006 auch eingelöst (Gutachten Seite 3 - AH 191).
20 
Bereits bei diesem Behandlungszeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 hatte das Gericht ganz erhebliche Zweifel, dass es bei der Klägerin wegen dieser Cortisongaben dann zu einer gravierenden Gewichtszunahme von ca. 70 kg auf 120 kg, (AS. 3) bzw. zu einer Gewichtszunahme bis zum Juni 2006 auf 96,4 kg, im Juli 2006 auf 110 kg und danach abnehmend auf 69 kg (AS. 23/25) gekommen sein soll.
21 
In diesem Zusammenhang mit der Angabe der Klägerin über einen angeblich mehrjährigen Behandlungszeitraum des Beklagten von 2004 bis 2006 fällt auch auf, dass die konkreten Gewichtszunahmen, die die Klägerin auf den Hinweis des Gerichts vom 30. Dezember 2009 (AS. 13) mit Schriftsatz vom 19. Januar 2010 vortrug (AS. 23/25), den nunmehr maßgeblichen Zeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 bzw. auch die Monate danach überhaupt nicht konkret erfassen, sondern sich ihre Dokumentation auf den Zeitraum ab Juni 2006 beschränkt, d.h. eine Zeit, als der Beklagte bereits fast zwei Jahre die Klägerin überhaupt nicht mehr behandelt hatte (vgl. zu dieser Kritik auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten vom 7. Oktober 2010 - Seite 5 - AH 195).
22 
2. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der eindeutigen, sehr gut nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. N. ist die Kammer davon überzeugt, dass auf das Vorgehen des Beklagten bei der Behandlung der Klägerin eine Haftung nicht gestützt werden kann.
23 
Ein Behandlungsfehler liegt dann vor, wenn die Behandlung nicht dem anerkannten und gesicherten Stand der ärztlichen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung entspricht, sondern hinter dem medizinischen Soll-Standard zurückbleibt.
24 
Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 (AH 193 ff.) ausgeführt, dass es sich beim Clusterkopfschmerz um eine zweiphasig verlaufende Erkrankung mit aktiven und inaktiven Phasen handele. Während der aktiven Phase (4 - 12 Wochen) träten kurze, gruppenartig gehäufte Kopfschmerzattacken - ein bis achtmal täglich - auf, welche durch Triggerfaktoren wie Alkohol, Nitroglyzerin, Histamin oder Stress auslösbar seien. In der individuell unterschiedlich langen inaktiven Phase (1 - 2 Wochen) bestehe eine komplette Beschwerdefreiheit. Für die Behandlung des Clusterkopfschmerzes unterscheide die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DKMG) eine Akuttherapie und eine chronische Prophylaxetherapie, wobei sich die Therapie des Cluster-Kopfschmerzes vor allem auf empirische Daten stütze. Zur Akuttherapie werde ein Triptan empfohlen, ferner die Inspiration von reinem Sauerstoff. Beide Medikamente seien von dem Beklagten empfohlen worden, das Triptan habe Wirkung gezeigt. Für die Attackencoupierung empfehle die DKMG V. in einschleichender Dosierung, ferner Cortikosteroide, letztere zumeist im Sinne einer überbrückenden Therapie bei langsamem Wirkungseintritt von V.. Es gebe aber auch Patienten, die ausschließlich unter Cortison schmerzfrei würden und dies sogar als Dauermedikation einsetzen müssten. Der Beklagte habe somit im Einklang mit den Richtlinien der DKMG gehandelt (AH 193/195).
25 
Zu dem Ausmaß der Gewichtszunahme unter der Therapie mit Corticosteroiden in einer Dosierung oberhalb der Cushing-Schwelle gebe es - so der Sachverständige - keine Studien. Die sog. Cushing-Schwelle bezeichne dabei diejenige Dosis, ab der mit Symptomen des sogenannten Cushing-Syndroms - Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Stiernacken, Stoffwechsellage wie bei Diabetis mellitus, arterielle Hypertonie, Hypogonadismus, Osteoporose, Hautatrophien, Muskelschwäche und Muskelatrophie, Hirsutismus - zu rechnen sei. Die Cushing-Schwelle werde im Allgemeinen bei Frauen mit 15-30 mg Cortisol (~ 7,5 mg Prednison) pro Tag angegeben, wobei die individuellen Schwankungen sehr groß seien (AH 191). Bis 2006 habe die Klägerin täglich Cortisoncosteroide in einer Dosierung eingenommen, von der ausgegangen werden könne, dass sie über der sogenannten Cushing-Schwelle gelegen haben (AH 191).
26 
Eine derart massive Gewichtszunahme, wie sie von der Klägerin geltend gemacht werde, sei - so der Sachverständige in seinen schriftlichen Ausführungen im Gutachten und in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 - durch die alleinige Einnahme von Corticosteroiden in einer Dosierung von maximal 100 mg Decortin am Tag über drei Monate hinweg sehr unwahrscheinlich bzw. sogar unmöglich. Dass der jahrelange Gebrauch von Steroiden über der Cushing-Schwelle zu einer Gewichtszunahme von 40 kg und mehr führen könne, sei jedoch sehr gut möglich. Die Fettverteilungsmuster der Klägerin passten sehr gut zu einem solchen jahrelangen Cushing-Syndrom. Der Sachverständige kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass es für den maßgeblichen Behandlungszeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 keinerlei Aufzeichnungen der Klägerin über den von ihr behaupteten über den Gewichtsverlauf gebe (AH 195).
27 
Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass die Steroidverordnung bei der Symptomatik der Klägerin keinen Behandlungsfehler darstelle und die alleinige Behandlung mit Steroiden in einem zeitlichen Rahmen von 3 Monaten nicht zu einer Gewichtszunahme von 40 bzw. 50 kg führen könne, jedoch diese Gewichtszunahme auf einen jahrelangen Gebrauch oberhalb der Cushing-Schwelle zurückzuführen sei, die jedoch der Beklagte nicht empfohlen habe.
28 
Unter Berücksichtigung der vom gerichtlichen Sachverständigen schriftlich abgegebenen Bewertung, die der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 für das Gericht ebenso nachvollziehbar und überzeugend wiederholte, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit die Kammer nicht zweifelt, und die seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden kann, kann von einem Nachweis eines Behandlungsfehlers oder einer darauf zurückzuführenden Gewichtszunahme keine Rede sein.
29 
Von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens - wie von der Klägerin mehrfach beantragt (AS. 147, 213) - hat das Gericht abgesehen. Die Klägerin rügt, der gerichtliche Sachverständige habe das Gutachten nicht selbst erstattet, bzw. der tatsächliche Gutachter, d.h. der von dem Sachverständigen ohne Rücksprache mit dem Gericht hinzugezogene Assistenzarzt sei kein Facharzt gewesen.
30 
Diese Rügen der Klägerin greifen nicht durch. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. N. hat seinen Assistenzarzt Dr. S. in einem die Eigenverantwortung des Sachverständigen für sein Gutachten nicht in Frage stellenden Umfang hinzugezogen (vgl. zur Hinzuziehung von Hilfspersonen, auch zur körperlichen Untersuchung bei ärztlichen Gutachten - Zöller/Greger, ZPO, Kommentar, 28. Auflage, Rn 1 a zu § 404 m.w.N. der Rechtsprechung).
31 
Wie sich bereits aus dem Gutachten vom 07. Oktober 2010 bzw. den dort geleisteten Unterschriften ergibt, hat nicht der Assistenzarzt Dr. S. das Gutachten allein erstattet, sondern der vom Gericht bestellte Sachverständige in Zusammenarbeit mit seinem Assistenzarzt. In der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 hat der Sachverständige Prof. Dr. N. erläutert, dass er, wie sich aus der Unterschrift ergebe, die Verantwortung für das Gutachten trage; er habe den Assistenzarzt Dr. S. hinzugezogen und mit ihm die Punkte angesprochen, auf die es bei dieser Begutachtung ankomme und ihm auch erklärt, wie er die Untersuchung durchzuführen habe. Dr. S. habe, so Prof. Dr. N., damit auf seine Anweisung hin gehandelt. Dr. S. habe die Patientin auch untersucht und am gleichen Tag ihm, dem gerichtlichen Sachverständigen, berichtet, was das Ergebnis seiner Untersuchung gewesen sei. Daraufhin habe er als gerichtlich bestellter Sachverständiger für sich bewertet, dass es durch ihn nicht nochmals einer Untersuchung bedürfe. Gemeinsam mit seinem Assistenten habe er die Anamnese durchgesprochen und der Assistenzarzt habe sodann das Gutachten unter seiner Aufsicht gefertigt und zwei- bis dreimal geändert. Das Gutachten sei somit aufgrund seiner Anweisungen erstellt und korrigiert worden und er mache sich den Inhalt des Gutachtens, das ja auch von ihm so gewollt sei, in vollem Umfang zu eigen.
32 
Diese Ausführungen des Sachverständigen zum Ablauf werden von der Klägerin nicht angegriffen. Bei dieser umfassenden Anleitung, Überwachung und Fertigung des Gutachtens durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen kann das Gutachten ohne Weiteres in diesem Gerichtsverfahren verwendet werden. Darauf, ob der hinzugezogene Assistenzarzt noch in der Facharztausbildung war oder bereits die Qualifikation eines Facharztes abschließend erworben hatte, kommt es nicht an. Der gerichtliche Sachverständige hat die von ihm hinzugezogene Hilfsperson angeleitet und überwacht. Der so angeleitete und kontrollierte Assistenzarzt hat auch keine erkennbaren Fehler bei der Arbeit gemacht, bzw. der gerichtliche Sachverständige hat an der Qualität der von ihm eingesetzten Hilfsperson keinerlei Zweifel. Mängelvorwürfe der Arbeit hat übrigens auch die, die mangelnde Qualifikation des Assistenzarztes rügende, Klägerin nicht substantiiert erhoben. Der gerichtliche Sachverständige hat sich somit der Mitarbeit seines Assistenzarztes bedient, diesen namhaft gemacht und den Umfang seiner Tätigkeit angegeben (§ 407 a Abs. 2 ZPO), weshalb für das erkennende Gericht an der Verwertung dieses Gutachtens keinerlei Zweifel bestehen.
33 
3. Der Beklagte hat die Klägerin auch nicht unzureichend im Zusammenhang mit der Behandlung mit einem cortisonhaltigen Medikament aufgeklärt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Behandlung durch den im Jahr 2004 Beklagten an einem Einwilligungsmangel der Klägerin litt.
34 
a) Dass der Beklagte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt über die Behandlungen aufgeklärt hat, hat die Klägerin nicht gerügt. Das Gericht geht auch davon aus, dass die Klägerin über Behandlungsalternativen zu den von dem Beklagten verschriebenen Cortisonpräparaten aufgeklärt wurde, bzw. aufgeklärt war. Auch wenn im Arzthaftungsprozess an die Anforderungen des klägerischen Vortrags (teilweise) nur geringe Anforderungen gestellt werden, so ist die klagende Partei der Pflicht zur Stellungnahme über Tatsachen und zur Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO) nicht enthoben.
35 
Soweit die Klägerin im vorliegenden Fall ursprünglich mit Schriftsatz vom 15. Februar 2010 allgemein behauptet, sie sei nicht über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden, ist von dem detaillierten Vortrag des Beklagten über die Aufklärung der Klägerin durch Drittbehandler bei früheren Cortisonbehandlungen bzw. der Aufklärung durch den Beklagten selbst, wie sie sich aus der detaillierten Darstellung der Aufklärung im Schriftsatz vom 08. April 2010 ergibt (AS. 85 - 95 und Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft - AH 99 -159), auszugehen. Die Klägerin hat diesen detaillierten Vortrag des Beklagten trotz richterlicher Frist zur Stellungnahme (Verfügung vom 12. April 2010 - AS. 97) nicht bestritten.
36 
b) Ebenso geht das Gericht davon aus, dass der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte über den „off - label - use“ des Cortisonpräparats genügend aufgeklärt hat.
37 
Zwar muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. BGH, BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5). Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. BGH, BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; Urteil vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105). Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend. Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert zum Beispiel sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen. Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnissen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2008, -VI ZR 198/07, in VersR 2009, 257).
38 
Die Durchführung der erforderlichen Aufklärung durch den Arzt steht zur Darlegungs- und Beweislast der Behandlungsseite. An den Beweis der gehörigen Erfüllung der Aufklärungspflichten durch die Behandlungsseite dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Nach der gefestigten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sollte dem Arzt, der in anderen vergleichbaren Fällen richtig aufgeklärt hat, im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (grundlegend BGH, Urteil v. 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, MDR 1985, 923 = VersR 1985, 361 [362]). Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - außer Streit steht, dass zwischen dem Arzt und dem Patienten ein Gespräch stattgefunden hat, in dem es um die bevorstehende Behandlung mit Cortison ging (vgl. zu Operationen: OLG Karlsruhe, Urt. v. 8. Oktober 1997 - 7 U 61/96, NJW 1998, 1800; Urt. v. 26. Februar 2002 - 7 U 4/00; MedR 2003, 229; OLG Brandenburg v. 1. September 1999 - 1 U 3/99, OLGReport Brandenburg 2000, 70 = VersR 2000, 1283; OLG Hamm v. 22. März 1993 - 3 U 182/92, VersR 1995, 661 mit Nichtannahmebeschluss des BGH v. 15. März 1994 - VI ZR 163/93).
39 
Das Gericht ist nach der persönlichen Anhörung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 davon überzeugt, dass der Beklagte vor der Gabe des cortisonhaltigen Mittels darüber aufgeklärt hat, dass es sich um einen sog. „off-label-use“ handelte. Der Beklagte hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass im Rahmen seiner Aufklärung gegenüber der Patientin zwar der ausdrückliche Wortlaut „off label use“ so nicht gefallen sei. Keine der für ihn als Kopfschmerzspezialisten und Mitglied der Kopfschmerzgesellschaft in der Leitlinie aufgeführten Therapien habe eine wirkliche Zulassung, weshalb er immer darüber mündlich aufkläre, dass es sich hier um einen Versuch handele, mit Cortison zu einem guten Ergebnis zu kommen. Diese Aufklärung dauere ca. 3 Minuten. Er erkläre, dass es sich um ein von ihm selbst empfohlenes Medikament handele, das jedoch nicht vom Beipackzettel gedeckt ist.
40 
Im Hinblick darauf, dass das Aufklärungsgespräch bereits längere Zeit zurückliegt - hier: im Jahr 2004 -, ist es plausibel, dass dem Beklagten vor allem die für ihn wichtigen Punkte des Gesprächs, insb. die letztlich erklärte Einwilligung der Patientin und die in seiner Praxis übliche Art der Beratung im Gedächtnis geblieben ist, nicht aber die Einzelheiten des Verlaufs des Gesprächs, das dieser Entscheidungsbildung beim Patienten vorausgegangen war.
41 
Im Hinblick auf diese Ausführungen des Beklagten ist der pauschale, lediglich schriftsätzliche Vortrag der Klägerin, sie sei nicht über einen „off-label-use“ aufgeklärt worden, unzureichend, d.h. hier hätte die Klägerin konkret zu den Gesprächen mit dem Beklagten im Zusammenhang mit den verschiedenen Behandlungsterminen vortragen müssen. Die Beklagte, die nach ihrer erstmals - nach dem Gutachten vom 07. Oktober 2010 (vgl. Schriftsatz vom 11.11.2010 - AS. 149) - erhobenen Rüge unzureichender Aufklärung im Hinblick auf den „off-label-use“ des Medikaments mit Verfügung vom 22.11.2010 (AS. 153) bzw. vom 21.12.2010 (AS. 167) zu dem Verhandlungstermin zur Sachaufklärung geladen wurde, ist zu der Verhandlung vom 25. März 2011 nicht erschienen.
42 
Einer erneuten Terminierung zur Anhörung der Klägerin zur weiteren Sachaufklärung durch das Gericht bedurfte es nicht. Das Gericht konnte den Vortrag des Beklagten zur Aufklärung wegen eines „off-label-uses“ seiner Entscheidung zugrunde legen. Die Klägerin hat sich selbst die Möglichkeit genommen, ergänzende, wahrheitsgemäße Angaben zu Aufklärung und Behandlung durch den Beklagte zu machen und damit Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung durch das Gericht zu nehmen.
43 
Wie oben bereits ausgeführt, hängt vom Einzelfall ab, in welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter einzelner Tatsachen substantiieren muss, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu dem substantiierten Vortrag des Beklagten nicht näher erwidert. Sie ist dem Verhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben.
44 
(wird ausgeführt)
45 
c) Im Übrigen ist hinsichtlich der Aufklärung wegen der Behandlung mit einem „off-label-use“ Medikament auch von einer sog. hypothetischen Einwilligung auszugehen.
46 
Der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, ist grundsätzlich beachtlich (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2008, -VI ZR 198/07, in VersR 2009, 257). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. BGH, a.a.O.).
47 
Der Beklagte beruft sich ausdrücklich auf die hypothetische Einwilligung durch die Klägerin. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass in diesem Fall ein echter Entscheidungskonflikt hinsichtlich des Für und Wider der Behandlung mit einem cortisonhaltigen „off-label-use“-Präparat bestanden hätte. Das pauschale Vorbringen der Klägerin genügt nicht, diese hypothetische Einwilligung tatsächlich in Frage zu stellen. Gegen einen solchen Entscheidungskonflikt spricht, dass die Klägerin auch in den Folgejahren nach der dreimonatigen Behandlung durch den Beklagten von Mai bis Juli 2004 weiterhin durch ihren Hausarzt sich Cortisonpräparate jahrelang verschreiben ließ und auch einsetzte. Dies geschah für das Gericht unzweifelhaft deshalb, da der Klägerin die Corticosteroidtherapie als Einzige gegen ihre Kopfschmerzen geholfen hat, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 feststellte (AH 195). Einen Entscheidungskonflikt, der dazu hätte führen können, die allein wirksamen Cortisonpräparate nicht zu nehmen, hat die Klägerin demnach schon nicht substantiiert dargelegt.
48 
d) Schließlich ist die Frage, ob der Beklagte die Klägerin im Rahmen des Aufklärungsgesprächs auch über den sog. „off-label-use“ des verschriebenen Medikaments aufgeklärt hat, auch deshalb unerheblich, weil ein mit dem Gebrauch dieses Medikaments einhergehendes, besonderes Risiko sich nicht realisiert hat (vgl. dazu auch BGH, Urteil v. 15 Februar 2000 - VI ZR 48/99, in VersR 2000, 725 [726).
49 
Die von der Klägerin als verwirklichtes Risiko allein geltend gemachte Gewichtszunahme von bis zu 50 kg kann nicht auf die dreimonatige Verschreibung und Einnahme cortisonhaltiger Präparate oberhalb der Cushing-Schwelle zurückzuführen sein. Wie oben bereits ausgeführt, ist eine derart massive Gewichtszunahme sehr unwahrscheinlich bzw. sogar unmöglich (vgl. oben 2.). Eine solche Gewichtszunahme hat vielmehr seine Ursache in dem jahrelangen Gebrauch von Steroiden über der Cushing-Schwelle hinaus. Auch die Fettverteilungsmuster der Klägerin passen zu einem solchen jahrelangen Cushing-Syndrom. Diese jahrelange Verschreibung und Einnahme ist jedoch nicht mehr dem die Klägerin allein im Jahr 2004 drei Monate lang behandelnden Beklagten zuzurechnen.
50 
Aus oben dargelegten Gründen war die Klage daher abzuweisen.
II.
51 
Einer Entscheidung über die vorgerichtlichen Anwaltskosten, insbesondere ob angesichts des hier getätigten Vortrags überhaupt eine 2,5-fache Geschäftsgebühr gerechtfertigt gewesen sein könnte, woran erhebliche Zweifel bestehen, bedurfte es wegen der Abweisung der Hauptforderung nicht mehr.
52 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 709, 108 ZPO.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
15 
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis für das Vorliegen eines haftungsbegründenden ärztlichen Behandlungsfehlers anlässlich der streitgegenständlichen Behandlung mit Cortison im Jahr 2004, der ursächlich für die geltend gemachten Folgen einer deutlichen Übergewichtigkeit geworden sein soll, nicht führen können. Die Verschreibung von Cortisonpräparaten durch den Beklagten ist auch nicht wegen eines Einwilligungsmangels der Klägerin rechtswidrig.
16 
1. Das Gericht geht davon aus, dass der Beklagte die Klägerin mit cortisonhaltigen Medikamenten wegen anhaltender, immer stärker werdender Kopfschmerzen nur im Zeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 ärztlich behandelt hat.
17 
In welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter einzelner Tatsachen substantiieren muss, hängt vom Einzelfall ab, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1996 - VIII ZR 36/95 - NJW 1996, 1826, 1827; Urteil vom 25. November 1998 - VIII ZR 345/97 - NJW-RR 1999, 360). Im Arzthaftungsprozess steht ein medizinischer Laie in der Regel einem medizinischen Fachmann gegenüber, der ihm an Fachkenntnissen erheblich überlegen ist, und daher nicht imstande sein wird zu beurteilen, ob ein medizinischer Fehler vorliegt. Das hat zur Folge, dass an die Pflicht der Klägerin zur Substantiierung nur maßvolle und verständige geringe Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 81, 752 ). Lücken im Klagvorbringen dürfen, wo es um den medizinischen Sachverhalt geht, der klagenden Partei nicht angelastet, insbesondere nicht als Zugeständnis gewertet werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 1980 - VI ZR 175/78 - VersR 81, 278 ; vom 19. Juni 1979 - VI ZR 91/78 - VersR 79, 939 ). Soweit dem Gericht von einer möglichen höheren medizinischen Fachkunde aus weiterer Vortrag nötig erscheint, hat es diesen durch ausdrückliche und eindeutige Fragen im einzelnen, die nicht lediglich pauschal sein dürfen, zu erfragen ( § 139 ZPO), will es den unterbreiteten Sachverhalt nicht in entscheidungserheblichen Teilen unbearbeitet lassen ( § 286 ZPO).
18 
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr ab Mai 2004 mit 100 mg/Tag, ab Juni 2005 mit 90 mg/Tag und ab Januar 2006 mit 50 mg/Tag Cortison verschrieben (AS. 23). Sie hat den detaillierten Vortrag des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 2. Februar 2010 (AS. 33 bis 45) - wie er auch in seiner Patientenkartei dokumentiert ist - nicht substantiiert bestritten und für die angeblich jahrelange Behandlung auch keinen Beweis angeboten. Bei der Dauer der Behandlung und der Verschreibung von cortisonhaltigen Medikamenten handelt es sich um Tatsachen, die unmittelbar von der Patientin selbst wahrgenommen werden und auch ohne medizinische Vorkenntnisse - zumindest soweit es Dauer, Menge und Art des genommenen Medikaments betrifft - von ihr selbst substantiiert vorgetragen werden können. Dies ist, wie dargelegt, nicht geschehen. Auch der Sachverständige Prof. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 einen Behandlungszeitraum des Beklagten bis längstens zum 23. Juli 2004 festgestellt (AH 187/189).
19 
Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte der Klägerin am 10. Mai 2005 wegen deren anhaltend hoher Kopfschmerzen das cortisonhaltige Medikament P. 50 mg verschrieb und sich die Klägerin am 13. Mai 2005 beim Beklagten wiederum vorstellte und mitteilte, dass vor allem das verschriebene Präparat P. 50mg zu einer Schmerzfreiheit geführt hat. Zur weiteren Therapie verschrieb der Beklagte daraufhin eine Beatmungstherapie mit reinem Sauerstoff, sowie abermals eine kleine Packung des Medikaments P. mit der Empfehlung, alle zwei Tage die Dosis um 5 Milligramm herabzusetzen. Während eines stationären Aufenthalts der Klägerin in einer Augenklinik war eine Behandlung mit einem cortisonhaltigen Präparat in 50-fach höherer Dosis als vom Beklagten verordnet angewandt worden. Bei einer weiteren Vorstellung der Klägerin riet ihr der Beklagte daher am 15. Juni 2004 ausdrücklich, das cortisonhaltige Präparat von der Dosis her herabzusetzen. Am 06. Juli 2004 verordnete der Beklagte der Klägerin wegen der von der Klägerin angegebenen Verträglichkeit und der Schmerzlinderung abermals das cortisonhaltige Präparat P. 20mg, sowie das Medikament V.. Letztmals am 23. Juli 2004 bat die Klägerin den Beklagten nochmals um die Verordnung des Medikaments P. 20mg. Nach Juli 2004 hat die Klägerin Folgerezepte bei ihrem damaligen Hausarzt eingeholt und bis Mitte 2006 auch eingelöst (Gutachten Seite 3 - AH 191).
20 
Bereits bei diesem Behandlungszeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 hatte das Gericht ganz erhebliche Zweifel, dass es bei der Klägerin wegen dieser Cortisongaben dann zu einer gravierenden Gewichtszunahme von ca. 70 kg auf 120 kg, (AS. 3) bzw. zu einer Gewichtszunahme bis zum Juni 2006 auf 96,4 kg, im Juli 2006 auf 110 kg und danach abnehmend auf 69 kg (AS. 23/25) gekommen sein soll.
21 
In diesem Zusammenhang mit der Angabe der Klägerin über einen angeblich mehrjährigen Behandlungszeitraum des Beklagten von 2004 bis 2006 fällt auch auf, dass die konkreten Gewichtszunahmen, die die Klägerin auf den Hinweis des Gerichts vom 30. Dezember 2009 (AS. 13) mit Schriftsatz vom 19. Januar 2010 vortrug (AS. 23/25), den nunmehr maßgeblichen Zeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 bzw. auch die Monate danach überhaupt nicht konkret erfassen, sondern sich ihre Dokumentation auf den Zeitraum ab Juni 2006 beschränkt, d.h. eine Zeit, als der Beklagte bereits fast zwei Jahre die Klägerin überhaupt nicht mehr behandelt hatte (vgl. zu dieser Kritik auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten vom 7. Oktober 2010 - Seite 5 - AH 195).
22 
2. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der eindeutigen, sehr gut nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. N. ist die Kammer davon überzeugt, dass auf das Vorgehen des Beklagten bei der Behandlung der Klägerin eine Haftung nicht gestützt werden kann.
23 
Ein Behandlungsfehler liegt dann vor, wenn die Behandlung nicht dem anerkannten und gesicherten Stand der ärztlichen Wissenschaft im Zeitpunkt der Behandlung entspricht, sondern hinter dem medizinischen Soll-Standard zurückbleibt.
24 
Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 (AH 193 ff.) ausgeführt, dass es sich beim Clusterkopfschmerz um eine zweiphasig verlaufende Erkrankung mit aktiven und inaktiven Phasen handele. Während der aktiven Phase (4 - 12 Wochen) träten kurze, gruppenartig gehäufte Kopfschmerzattacken - ein bis achtmal täglich - auf, welche durch Triggerfaktoren wie Alkohol, Nitroglyzerin, Histamin oder Stress auslösbar seien. In der individuell unterschiedlich langen inaktiven Phase (1 - 2 Wochen) bestehe eine komplette Beschwerdefreiheit. Für die Behandlung des Clusterkopfschmerzes unterscheide die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DKMG) eine Akuttherapie und eine chronische Prophylaxetherapie, wobei sich die Therapie des Cluster-Kopfschmerzes vor allem auf empirische Daten stütze. Zur Akuttherapie werde ein Triptan empfohlen, ferner die Inspiration von reinem Sauerstoff. Beide Medikamente seien von dem Beklagten empfohlen worden, das Triptan habe Wirkung gezeigt. Für die Attackencoupierung empfehle die DKMG V. in einschleichender Dosierung, ferner Cortikosteroide, letztere zumeist im Sinne einer überbrückenden Therapie bei langsamem Wirkungseintritt von V.. Es gebe aber auch Patienten, die ausschließlich unter Cortison schmerzfrei würden und dies sogar als Dauermedikation einsetzen müssten. Der Beklagte habe somit im Einklang mit den Richtlinien der DKMG gehandelt (AH 193/195).
25 
Zu dem Ausmaß der Gewichtszunahme unter der Therapie mit Corticosteroiden in einer Dosierung oberhalb der Cushing-Schwelle gebe es - so der Sachverständige - keine Studien. Die sog. Cushing-Schwelle bezeichne dabei diejenige Dosis, ab der mit Symptomen des sogenannten Cushing-Syndroms - Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Stiernacken, Stoffwechsellage wie bei Diabetis mellitus, arterielle Hypertonie, Hypogonadismus, Osteoporose, Hautatrophien, Muskelschwäche und Muskelatrophie, Hirsutismus - zu rechnen sei. Die Cushing-Schwelle werde im Allgemeinen bei Frauen mit 15-30 mg Cortisol (~ 7,5 mg Prednison) pro Tag angegeben, wobei die individuellen Schwankungen sehr groß seien (AH 191). Bis 2006 habe die Klägerin täglich Cortisoncosteroide in einer Dosierung eingenommen, von der ausgegangen werden könne, dass sie über der sogenannten Cushing-Schwelle gelegen haben (AH 191).
26 
Eine derart massive Gewichtszunahme, wie sie von der Klägerin geltend gemacht werde, sei - so der Sachverständige in seinen schriftlichen Ausführungen im Gutachten und in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 - durch die alleinige Einnahme von Corticosteroiden in einer Dosierung von maximal 100 mg Decortin am Tag über drei Monate hinweg sehr unwahrscheinlich bzw. sogar unmöglich. Dass der jahrelange Gebrauch von Steroiden über der Cushing-Schwelle zu einer Gewichtszunahme von 40 kg und mehr führen könne, sei jedoch sehr gut möglich. Die Fettverteilungsmuster der Klägerin passten sehr gut zu einem solchen jahrelangen Cushing-Syndrom. Der Sachverständige kritisiert in diesem Zusammenhang auch, dass es für den maßgeblichen Behandlungszeitraum vom 06. Mai bis zum 23. Juli 2004 keinerlei Aufzeichnungen der Klägerin über den von ihr behaupteten über den Gewichtsverlauf gebe (AH 195).
27 
Zusammenfassend stellt der Sachverständige fest, dass die Steroidverordnung bei der Symptomatik der Klägerin keinen Behandlungsfehler darstelle und die alleinige Behandlung mit Steroiden in einem zeitlichen Rahmen von 3 Monaten nicht zu einer Gewichtszunahme von 40 bzw. 50 kg führen könne, jedoch diese Gewichtszunahme auf einen jahrelangen Gebrauch oberhalb der Cushing-Schwelle zurückzuführen sei, die jedoch der Beklagte nicht empfohlen habe.
28 
Unter Berücksichtigung der vom gerichtlichen Sachverständigen schriftlich abgegebenen Bewertung, die der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 für das Gericht ebenso nachvollziehbar und überzeugend wiederholte, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit die Kammer nicht zweifelt, und die seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden kann, kann von einem Nachweis eines Behandlungsfehlers oder einer darauf zurückzuführenden Gewichtszunahme keine Rede sein.
29 
Von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens - wie von der Klägerin mehrfach beantragt (AS. 147, 213) - hat das Gericht abgesehen. Die Klägerin rügt, der gerichtliche Sachverständige habe das Gutachten nicht selbst erstattet, bzw. der tatsächliche Gutachter, d.h. der von dem Sachverständigen ohne Rücksprache mit dem Gericht hinzugezogene Assistenzarzt sei kein Facharzt gewesen.
30 
Diese Rügen der Klägerin greifen nicht durch. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. N. hat seinen Assistenzarzt Dr. S. in einem die Eigenverantwortung des Sachverständigen für sein Gutachten nicht in Frage stellenden Umfang hinzugezogen (vgl. zur Hinzuziehung von Hilfspersonen, auch zur körperlichen Untersuchung bei ärztlichen Gutachten - Zöller/Greger, ZPO, Kommentar, 28. Auflage, Rn 1 a zu § 404 m.w.N. der Rechtsprechung).
31 
Wie sich bereits aus dem Gutachten vom 07. Oktober 2010 bzw. den dort geleisteten Unterschriften ergibt, hat nicht der Assistenzarzt Dr. S. das Gutachten allein erstattet, sondern der vom Gericht bestellte Sachverständige in Zusammenarbeit mit seinem Assistenzarzt. In der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 hat der Sachverständige Prof. Dr. N. erläutert, dass er, wie sich aus der Unterschrift ergebe, die Verantwortung für das Gutachten trage; er habe den Assistenzarzt Dr. S. hinzugezogen und mit ihm die Punkte angesprochen, auf die es bei dieser Begutachtung ankomme und ihm auch erklärt, wie er die Untersuchung durchzuführen habe. Dr. S. habe, so Prof. Dr. N., damit auf seine Anweisung hin gehandelt. Dr. S. habe die Patientin auch untersucht und am gleichen Tag ihm, dem gerichtlichen Sachverständigen, berichtet, was das Ergebnis seiner Untersuchung gewesen sei. Daraufhin habe er als gerichtlich bestellter Sachverständiger für sich bewertet, dass es durch ihn nicht nochmals einer Untersuchung bedürfe. Gemeinsam mit seinem Assistenten habe er die Anamnese durchgesprochen und der Assistenzarzt habe sodann das Gutachten unter seiner Aufsicht gefertigt und zwei- bis dreimal geändert. Das Gutachten sei somit aufgrund seiner Anweisungen erstellt und korrigiert worden und er mache sich den Inhalt des Gutachtens, das ja auch von ihm so gewollt sei, in vollem Umfang zu eigen.
32 
Diese Ausführungen des Sachverständigen zum Ablauf werden von der Klägerin nicht angegriffen. Bei dieser umfassenden Anleitung, Überwachung und Fertigung des Gutachtens durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen kann das Gutachten ohne Weiteres in diesem Gerichtsverfahren verwendet werden. Darauf, ob der hinzugezogene Assistenzarzt noch in der Facharztausbildung war oder bereits die Qualifikation eines Facharztes abschließend erworben hatte, kommt es nicht an. Der gerichtliche Sachverständige hat die von ihm hinzugezogene Hilfsperson angeleitet und überwacht. Der so angeleitete und kontrollierte Assistenzarzt hat auch keine erkennbaren Fehler bei der Arbeit gemacht, bzw. der gerichtliche Sachverständige hat an der Qualität der von ihm eingesetzten Hilfsperson keinerlei Zweifel. Mängelvorwürfe der Arbeit hat übrigens auch die, die mangelnde Qualifikation des Assistenzarztes rügende, Klägerin nicht substantiiert erhoben. Der gerichtliche Sachverständige hat sich somit der Mitarbeit seines Assistenzarztes bedient, diesen namhaft gemacht und den Umfang seiner Tätigkeit angegeben (§ 407 a Abs. 2 ZPO), weshalb für das erkennende Gericht an der Verwertung dieses Gutachtens keinerlei Zweifel bestehen.
33 
3. Der Beklagte hat die Klägerin auch nicht unzureichend im Zusammenhang mit der Behandlung mit einem cortisonhaltigen Medikament aufgeklärt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Behandlung durch den im Jahr 2004 Beklagten an einem Einwilligungsmangel der Klägerin litt.
34 
a) Dass der Beklagte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt über die Behandlungen aufgeklärt hat, hat die Klägerin nicht gerügt. Das Gericht geht auch davon aus, dass die Klägerin über Behandlungsalternativen zu den von dem Beklagten verschriebenen Cortisonpräparaten aufgeklärt wurde, bzw. aufgeklärt war. Auch wenn im Arzthaftungsprozess an die Anforderungen des klägerischen Vortrags (teilweise) nur geringe Anforderungen gestellt werden, so ist die klagende Partei der Pflicht zur Stellungnahme über Tatsachen und zur Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO) nicht enthoben.
35 
Soweit die Klägerin im vorliegenden Fall ursprünglich mit Schriftsatz vom 15. Februar 2010 allgemein behauptet, sie sei nicht über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden, ist von dem detaillierten Vortrag des Beklagten über die Aufklärung der Klägerin durch Drittbehandler bei früheren Cortisonbehandlungen bzw. der Aufklärung durch den Beklagten selbst, wie sie sich aus der detaillierten Darstellung der Aufklärung im Schriftsatz vom 08. April 2010 ergibt (AS. 85 - 95 und Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft - AH 99 -159), auszugehen. Die Klägerin hat diesen detaillierten Vortrag des Beklagten trotz richterlicher Frist zur Stellungnahme (Verfügung vom 12. April 2010 - AS. 97) nicht bestritten.
36 
b) Ebenso geht das Gericht davon aus, dass der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte über den „off - label - use“ des Cortisonpräparats genügend aufgeklärt hat.
37 
Zwar muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. BGH, BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5). Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. BGH, BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; Urteil vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105). Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. BGH, Urteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend. Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert zum Beispiel sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen. Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnissen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2008, -VI ZR 198/07, in VersR 2009, 257).
38 
Die Durchführung der erforderlichen Aufklärung durch den Arzt steht zur Darlegungs- und Beweislast der Behandlungsseite. An den Beweis der gehörigen Erfüllung der Aufklärungspflichten durch die Behandlungsseite dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Nach der gefestigten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sollte dem Arzt, der in anderen vergleichbaren Fällen richtig aufgeklärt hat, im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (grundlegend BGH, Urteil v. 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, MDR 1985, 923 = VersR 1985, 361 [362]). Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - außer Streit steht, dass zwischen dem Arzt und dem Patienten ein Gespräch stattgefunden hat, in dem es um die bevorstehende Behandlung mit Cortison ging (vgl. zu Operationen: OLG Karlsruhe, Urt. v. 8. Oktober 1997 - 7 U 61/96, NJW 1998, 1800; Urt. v. 26. Februar 2002 - 7 U 4/00; MedR 2003, 229; OLG Brandenburg v. 1. September 1999 - 1 U 3/99, OLGReport Brandenburg 2000, 70 = VersR 2000, 1283; OLG Hamm v. 22. März 1993 - 3 U 182/92, VersR 1995, 661 mit Nichtannahmebeschluss des BGH v. 15. März 1994 - VI ZR 163/93).
39 
Das Gericht ist nach der persönlichen Anhörung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2011 davon überzeugt, dass der Beklagte vor der Gabe des cortisonhaltigen Mittels darüber aufgeklärt hat, dass es sich um einen sog. „off-label-use“ handelte. Der Beklagte hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass im Rahmen seiner Aufklärung gegenüber der Patientin zwar der ausdrückliche Wortlaut „off label use“ so nicht gefallen sei. Keine der für ihn als Kopfschmerzspezialisten und Mitglied der Kopfschmerzgesellschaft in der Leitlinie aufgeführten Therapien habe eine wirkliche Zulassung, weshalb er immer darüber mündlich aufkläre, dass es sich hier um einen Versuch handele, mit Cortison zu einem guten Ergebnis zu kommen. Diese Aufklärung dauere ca. 3 Minuten. Er erkläre, dass es sich um ein von ihm selbst empfohlenes Medikament handele, das jedoch nicht vom Beipackzettel gedeckt ist.
40 
Im Hinblick darauf, dass das Aufklärungsgespräch bereits längere Zeit zurückliegt - hier: im Jahr 2004 -, ist es plausibel, dass dem Beklagten vor allem die für ihn wichtigen Punkte des Gesprächs, insb. die letztlich erklärte Einwilligung der Patientin und die in seiner Praxis übliche Art der Beratung im Gedächtnis geblieben ist, nicht aber die Einzelheiten des Verlaufs des Gesprächs, das dieser Entscheidungsbildung beim Patienten vorausgegangen war.
41 
Im Hinblick auf diese Ausführungen des Beklagten ist der pauschale, lediglich schriftsätzliche Vortrag der Klägerin, sie sei nicht über einen „off-label-use“ aufgeklärt worden, unzureichend, d.h. hier hätte die Klägerin konkret zu den Gesprächen mit dem Beklagten im Zusammenhang mit den verschiedenen Behandlungsterminen vortragen müssen. Die Beklagte, die nach ihrer erstmals - nach dem Gutachten vom 07. Oktober 2010 (vgl. Schriftsatz vom 11.11.2010 - AS. 149) - erhobenen Rüge unzureichender Aufklärung im Hinblick auf den „off-label-use“ des Medikaments mit Verfügung vom 22.11.2010 (AS. 153) bzw. vom 21.12.2010 (AS. 167) zu dem Verhandlungstermin zur Sachaufklärung geladen wurde, ist zu der Verhandlung vom 25. März 2011 nicht erschienen.
42 
Einer erneuten Terminierung zur Anhörung der Klägerin zur weiteren Sachaufklärung durch das Gericht bedurfte es nicht. Das Gericht konnte den Vortrag des Beklagten zur Aufklärung wegen eines „off-label-uses“ seiner Entscheidung zugrunde legen. Die Klägerin hat sich selbst die Möglichkeit genommen, ergänzende, wahrheitsgemäße Angaben zu Aufklärung und Behandlung durch den Beklagte zu machen und damit Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung durch das Gericht zu nehmen.
43 
Wie oben bereits ausgeführt, hängt vom Einzelfall ab, in welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter einzelner Tatsachen substantiieren muss, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, ob sich die Geschehnisse, die Gegenstand des Parteivortrages sind, im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zu dem substantiierten Vortrag des Beklagten nicht näher erwidert. Sie ist dem Verhandlungstermin unentschuldigt ferngeblieben.
44 
(wird ausgeführt)
45 
c) Im Übrigen ist hinsichtlich der Aufklärung wegen der Behandlung mit einem „off-label-use“ Medikament auch von einer sog. hypothetischen Einwilligung auszugehen.
46 
Der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, ist grundsätzlich beachtlich (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2008, -VI ZR 198/07, in VersR 2009, 257). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. BGH, a.a.O.).
47 
Der Beklagte beruft sich ausdrücklich auf die hypothetische Einwilligung durch die Klägerin. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass in diesem Fall ein echter Entscheidungskonflikt hinsichtlich des Für und Wider der Behandlung mit einem cortisonhaltigen „off-label-use“-Präparat bestanden hätte. Das pauschale Vorbringen der Klägerin genügt nicht, diese hypothetische Einwilligung tatsächlich in Frage zu stellen. Gegen einen solchen Entscheidungskonflikt spricht, dass die Klägerin auch in den Folgejahren nach der dreimonatigen Behandlung durch den Beklagten von Mai bis Juli 2004 weiterhin durch ihren Hausarzt sich Cortisonpräparate jahrelang verschreiben ließ und auch einsetzte. Dies geschah für das Gericht unzweifelhaft deshalb, da der Klägerin die Corticosteroidtherapie als Einzige gegen ihre Kopfschmerzen geholfen hat, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 07. Oktober 2010 feststellte (AH 195). Einen Entscheidungskonflikt, der dazu hätte führen können, die allein wirksamen Cortisonpräparate nicht zu nehmen, hat die Klägerin demnach schon nicht substantiiert dargelegt.
48 
d) Schließlich ist die Frage, ob der Beklagte die Klägerin im Rahmen des Aufklärungsgesprächs auch über den sog. „off-label-use“ des verschriebenen Medikaments aufgeklärt hat, auch deshalb unerheblich, weil ein mit dem Gebrauch dieses Medikaments einhergehendes, besonderes Risiko sich nicht realisiert hat (vgl. dazu auch BGH, Urteil v. 15 Februar 2000 - VI ZR 48/99, in VersR 2000, 725 [726).
49 
Die von der Klägerin als verwirklichtes Risiko allein geltend gemachte Gewichtszunahme von bis zu 50 kg kann nicht auf die dreimonatige Verschreibung und Einnahme cortisonhaltiger Präparate oberhalb der Cushing-Schwelle zurückzuführen sein. Wie oben bereits ausgeführt, ist eine derart massive Gewichtszunahme sehr unwahrscheinlich bzw. sogar unmöglich (vgl. oben 2.). Eine solche Gewichtszunahme hat vielmehr seine Ursache in dem jahrelangen Gebrauch von Steroiden über der Cushing-Schwelle hinaus. Auch die Fettverteilungsmuster der Klägerin passen zu einem solchen jahrelangen Cushing-Syndrom. Diese jahrelange Verschreibung und Einnahme ist jedoch nicht mehr dem die Klägerin allein im Jahr 2004 drei Monate lang behandelnden Beklagten zuzurechnen.
50 
Aus oben dargelegten Gründen war die Klage daher abzuweisen.
II.
51 
Einer Entscheidung über die vorgerichtlichen Anwaltskosten, insbesondere ob angesichts des hier getätigten Vortrags überhaupt eine 2,5-fache Geschäftsgebühr gerechtfertigt gewesen sein könnte, woran erhebliche Zweifel bestehen, bedurfte es wegen der Abweisung der Hauptforderung nicht mehr.
52 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 709, 108 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Karlsruhe Urteil, 06. Mai 2011 - 6 O 285/09

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Landgericht Karlsruhe Urteil, 06. Mai 2011 - 6 O 285/09 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 108 Art und Höhe der Sicherheit


(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2008 - VI ZR 198/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 198/07 Verkündet am: 18. November 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 31. Aug. 1999 - 1 U 3/99

bei uns veröffentlicht am 31.08.1999

Tenor Auf den im Schriftsatz des Beklagten vom 19.08.1999 enthaltenen Antrag wird entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO festgestellt, dass der Rechtsstreit bis auf eine Hauptforderung von 18.303,66 DM zuzüglich der titulierten Zinsen erledigt ist. Das Versä

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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 198/07 Verkündet am:
18. November 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug
erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im
BGH, Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses materiellen und immateriellen Schadensersatz nach einer digitalen Subtraktionsangiographie des Kopfes (künftig: DSA) geltend.
2
Die Klägerin musste sich 1975 einer Gehirnoperation unterziehen und erlitt 1987 einen Schlaganfall. Seitdem war sie rechtsseitig gelähmt. Im Jahr 2002 traten beidseitige Ponsblutungen (Gehirnblutungen) auf. Im September 2003 verstarb eine Nichte der Klägerin infolge einer Aneurysmenruptur. Am 20. November 2003 wurde die Klägerin "wegen vor dreieinhalb Wochen für einen Tag bestehender Kopfschmerzen links im Hinterhaupt- und Scheitelbereich und in einem ambulanten CCT beschriebenen Blutung rechts paramedian im Ponsbe- reich" stationär in die neurologische Abteilung des Krankenhauses der Beklagten aufgenommen. Am 26. November 2003 führte der Radiologe Dr. V. mit der Klägerin ein Aufklärungsgespräch für eine DSA, die er am Folgetag vornahm. Hierbei erlitt die Klägerin Infarkte im Bereich des Thalamus beidseits sowie im Hirnstamm. Seitdem leidet sie an weiteren erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen.
3
Das Landgericht hat einen Behandlungsfehler verneint, aber eine fehlerhafte Risikoaufklärung angenommen. Es hat daher ein Schmerzensgeld in Höhe von € 25.000 zuerkannt sowie dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2008, 124 f. veröffentlicht ist, steht der Klägerin der zugesprochene Schadensersatz gemäß den §§ 280, 249, 253 BGB, §§ 823, 249, 253 BGB zu, weil die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff mangels hinreichender Aufklärung unwirksam gewesen sei.
5
Zwar stehe fest, dass der Zeuge Dr. V. eine Risikoaufklärung vorgenommen und dabei das Schlaganfallrisiko als Komplikationsmöglichkeit genannt habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er das Schlaganfallrisiko nicht verharmlost habe.
6
Die Aufklärung sei aber nicht ordnungsgemäß gewesen, da der aufklärende Arzt die Klägerin nicht darüber informiert habe, dass das Schlaganfallrisiko in ihrem Fall erhöht gewesen sei, weil sie bereits vor der Untersuchung unstreitig einen Schlaganfall erlitten hatte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. sei das Risiko, dass bei einer zerebralen angiographischen Untersuchung eine Komplikation auftrete, doppelt so hoch, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten habe, so dass das Risiko vorübergehender zerebral ischämischer Komplikationen auf 2 - 4 %, das Risiko permanenter Komplikationen, insbesondere von Schlaganfällen, auf 1 % ansteige. Zwar müsse der Arzt nicht generell über die statistische Wahrscheinlichkeit einer Komplikation aufklären. Das entbinde ihn aber nicht von der Verpflichtung, auf eine signifikante Erhöhung eines Risikos hinzuweisen. Eine solche sei hier anzunehmen. Zwar habe sich das Risiko einer permanenten Schädigung lediglich um 0,5 % auf 1 % erhöht. Doch habe es sich für die Klägerin verdoppelt und könne nicht mehr als sehr selten, sondern müsse vielmehr mit "selten" oder gar "gelegentlich" bewertet werden.
7
Der erstmals in zweiter Instanz von den Beklagten geäußerte Einwand einer hypothetischen Einwilligung sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar deute der unstreitige Sachverhalt darauf hin, dass sich die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte. Dies könne jedoch offen bleiben. Denn das neue Vorbringen sei jedenfalls verspätet. Allerdings sei diese Frage höchstrichterlich nicht geklärt und darum die Revision zuzulassen.

II.

8
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
9
1. Die uneingeschränkt eingelegte Revision ist zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Revision werde zugelassen , weil bislang eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage nicht vorliege, ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden könne. Darin liegt aber keine Beschränkung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage, was unzulässig wäre (vgl. BGH, BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38; Beschlüsse vom 17. Dezember 1980 - IVb ZB 499/80 - FamRZ 1981, 340; vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 144/06 - NJW 2008, 1312, 1313). Das Berufungsgericht hat vielmehr nur erläutert, warum es die Revision zugelassen hat.
10
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin nicht ausreichend über ihr Schlaganfallrisiko aufgeklärt wurde.
11
a) Zwar muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5).
12
Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105).
13
Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, C Rn. 49). Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert - wie der DSA - sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720, 721; OLG Düsseldorf VersR 1984, 643, 645 (Angiographie) mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83 -; OLG Stuttgart VersR 1988, 832, 833 (Angiographie); OLG Koblenz NJW-RR 2002, 816, 818 (Angiographie); Geiß/Greiner, aaO; Katzenmeier , Arzthaftungsrecht, 2002, S. 328; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts , 3. Aufl., § 68 Rn. 12). Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnis- sen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1056).
14
b) Nach diesen Grundsätzen war es im Streitfall erforderlich, die Klägerin nicht nur über das bei einer DSA grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko aufzuklären, sondern ihr auch mitzuteilen, dass dieses Risiko für sie durch ihre Vorgeschichte erhöht war.
15
In dem vom Zeugen Dr. V. geführten Aufklärungsgespräch wurde aber nicht auf das erhöhte Schlaganfallrisiko der Klägerin wegen des bereits erlittenen Schlaganfalls hingewiesen. Auch in dem von der Klägerin unterzeichneten Formularaufklärungsbogen war dieses nur undeutlich angesprochen, wenn es heißt, dass sehr selten Hirndurchblutungsstörungen durch abgelöste und in das Gehirn verschleppte Gefäßwandablagerungen eintreten könnten, wodurch es ausnahmsweise zu einem Schlaganfall mit bleibenden Schäden kommen könne. Dies weist zwar auf das grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko hin. Auch der weitere Hinweis, dass das Risiko bei bereits bestehenden Nerven /und/oder schweren Gefäßschäden erhöht sei, macht aber das bei der Klägerin wegen des erlittenen früheren Schlaganfalls bestehende besondere Risiko nicht ausreichend klar.
16
Unter diesen Umständen ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht vollständig aufgeklärt worden ist. Es kommt insoweit entscheidend darauf an, ob ihr alle spezifischen Risiken aufgezeigt worden sind, die für ihre Einwilligung in den Eingriff ernsthaft ins Gewicht fallen könnten. Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass bei ihr ein erhöhtes Risiko bestand, bei der zerebralen Angiographie einen weiteren Schlaganfall zu erleiden. Im Hinblick auf die besonders schwere Belastung für die Le- bensführung der Klägerin bei Verwirklichung eines weiteren Schlaganfalls konnte die Information über das bei ihr bestehende besondere Risiko für ihre Einwilligung ernsthaft ins Gewicht fallen. Nur wenn ihr das bei ihr bestehende individuelle Risiko bekannt war, hatte sie alle notwendigen Informationen für die Entscheidung , ob sie die diagnostische Maßnahme für die ihr vorgeschlagene Klärung ihrer atypischen Hirnblutung vornehmen ließ.
17
3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie zur Überprüfung des Senats stellt, ob der vom Berufungsgericht herangezogene Sachverständige fachlich geeignet war, sich zum Inhalt eines radiologischen Aufklärungsgesprächs zu äußern.
18
Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Es liegt jedoch eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet ausgewählt hat (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716; BGH, Urteil vom 25. Februar 1953 - II ZR 172/52 - NJW 1953, 659 f.; BAG, Urteil vom 20. Oktober 1970 - 2 AZR 497/69 - AP Nr. 4 zu ZPO § 286; ZöllerGreger , ZPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1). Grundsätzlich ist bei der Auswahl auf die Sachkunde in dem medizinischen Fachgebiet abzustellen, in das der Eingriff fällt (vgl. OLG Hamm VersR 2001, 249 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 20. Oktober 2000 - VI ZR 129/00; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S. 686 m.w.N.). Hierfür können die fachärztlichen Weiterbildungsordnungen herangezogen werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13. März 2003 - 1 U 34/02 - juris Rn. 45 = OLGR Naumburg 2003, 348 (nur Leitsatz); LSG Niedersachsen, Urteil vom 23. April 1997 - L 5 Ka 89/95 - juris Rn. 25; Stegers /Hansis/Alberts/Scheuch, Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 62). Soweit ein Eingriff mehrere Fachbereiche berührt, kommt es darauf an, welchem Fachbereich die konkrete Beweisfrage zuzuordnen ist.
19
Die DSA gehört zur radiologischen Diagnostik und damit zum Weiterbildungsgebiet der diagnostischen Radiologie, insbesondere Neuroradiologie (vgl. Masuhr/Neumann, Neurologie, 6. Aufl., S. 140; Weiterbildungsordnung (WBO) der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 1. Oktober 2003, S. 31 f.). Diese Diagnostik ist zugleich eine unerlässliche Erkenntnisquelle für die neurologische oder neurochirurgische Behandlung (vgl. Delank/Gehlen, Neurologie, 11. Aufl., S. 81). Ihre Indikationsstellung, Methodik und Befundbewertung gehören daher auch zur neurologischen Weiterbildung (zum Beispiel: WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg, aaO, S. 58). Der vorliegende Fall berührt somit beide Fachgebiete.
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Unter diesen Umständen ist die - in beiden Tatsacheninstanzen von den Parteien nicht beanstandete - Auswahl eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie als Sachverständigen nicht ermessensfehlerhaft, obgleich die DSA von einem Radiologen durchgeführt worden ist und der Sachverständige nicht selbst als verantwortlicher Arzt zerebrale Angiographien vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es hier nicht um Fehler des Arztes bei der Durchführung der Untersuchung, sondern um Risiken geht, die mit einer zerebralen Angiographie verbunden sind. Diese Risiken beträfen vorrangig Schädigungen des Gehirns, so dass die Beantwortung der Beweisfrage in den Fachbereich eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie und damit in den des Sachverständigen Dr. S. falle. Dies lässt einen Ermessensfehler des Tatrichters nicht erkennen, zumal auch ein den Auftrag für radiologische Untersuchungen erteilender Neurologe oder Neurochirurg Zweck, Ablauf und Risiken der radiologischen Diagnostik abwägen muss (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1984, 643 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83). Im Übrigen haben die Parteien nicht in Zweifel gezogen, dass das Risiko eines Schlaganfalls im Rahmen einer zerebralen Angiographie erhöht ist, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
21
4. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis auch stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu einer hypothetischen Einwilligung als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO).
22
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, grundsätzlich beachtlich ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 111; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999, 1000). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684; vom 9. Juli 1996 - VI ZR 101/95 - VersR 1996, 1239, 1240; vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05 - VersR 2007, 66, 68; Geiß/Greiner, aaO, C Rn. 138 f.; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rn. 444). Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO.
23
b) Im Streitfall wurde dieser Einwand erst im zweiten Rechtszug erhoben. Der erstinstanzliche Prozessvortrag der Beklagten, die Klägerin habe nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt, erfasste entgegen der Ansicht der Revision das für die hypothetische Einwilligung erforderliche Vorbringen nicht. Er ließ es nicht, wie die Revision meint, "anklingen", so dass sich der zweitinstanzliche Vortrag nur als Konkretisierung des erstinstanzlichen darstellen würde. Bei dem rechtmäßigen Alternativverhalten beruft sich der Schädiger nämlich darauf, dass im Falle seines rechtswidrigen Verhaltens der Schaden auch bei normge- rechtem Verhalten eingetreten wäre (MünchKomm/BGB-Oetker, aaO, § 249 Rn. 211 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 249 Rn. 102). Dem Beklagtenvortrag muss daher zu entnehmen sein, dass er sich nicht auf die behauptete ordnungsgemäße Aufklärung, sondern auf eine fiktive Einwilligungssituation bezieht.
24
c) Die Beklagte hatte indes Anlass, sich schon in der ersten Instanz zumindest hilfsweise auf eine hypothetische Einwilligung zu berufen. Eine Partei muss schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen , deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (vgl. Senat, BGHZ 159, 245, 253; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 531 Rn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Die Beklagte hätte daher bereits aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28. April 2006 in Betracht ziehen müssen, dass das Landgericht ihrem Sachvortrag zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht folgen würde. Darin wurde dem Sachverständigen u.a. die Frage gestellt, ob der Zeuge Dr. V. auf eine Risikoerhöhung habe hinweisen müssen. Jedenfalls nach Erhalt des Sachverständigengutachtens war deutlich, dass eine Verurteilung wegen einer nicht erfolgten Aufklärung über das bei der Klägerin bestehende erhöhte Risiko im Raum stand und es geboten war, sich zumindest hilfsweise mit rechtmäßigem Alternativverhalten zu verteidigen. Der Beklagten oblag es mithin, sich - falls sie dies wollte - bereits im ersten Rechtszug auf das neue Verteidigungsmittel zu berufen, ohne dass es dafür eines Hinweises nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedurfte.
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d) Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht das neue Verteidigungsmittel der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen. Im Streitfall waren nämlich die der hypothetischen Einwilli- gung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen hat. In einem solchen Fall findet die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO Anwendung, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht vertretene und inzwischen durch eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08 - NJW 2008, 3434) überholte Streitfrage ankommt , ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden kann.
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Zwar meint das Berufungsgericht, der "unstreitige" Parteivortrag deute darauf hin, dass die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorgelegen hätten, weil die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits nicht zur Kenntnis genommen habe, dass bei ihr nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S. eine eindeutige Indikation für den diagnostischen Eingriff bestanden habe. Dabei verkennt es jedoch die Besonderheiten der hypothetischen Einwilligung und der Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Patienten. Nach den oben unter 4 a) dargelegten Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Anlass, ihren Entscheidungskonflikt substantiiert darzulegen und plausibel zu machen, bevor sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatte. Zudem ist nicht entscheidend, wie sich ein "vernünftiger" Patient voraussichtlich verhalten hätte, vielmehr kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation der Klägerin aus damaliger Sicht an (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684 m.w.N.). Die Revisionserwiderung hat insoweit darauf verwiesen, dass die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie hätte niemals in die Operation eingewilligt, wenn man sie über das erhöhte Risiko bezüglich eines Schlaganfalls aufgeklärt hätte. Unter diesen Umständen kommt es aus Rechtsgründen nicht darauf an, ob der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Entschei- dungskonflikts ausgereicht hätte, zumal dies grundsätzlich erst nach einer Anhörung der Klägerin beurteilt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO).
27
5. Nach allem hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden. Die Revision der Beklagten ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Aurich, Entscheidung vom 03.11.2006 - 4 O 1106/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2007 - 5 U 106/06 -

Tenor

Auf den im Schriftsatz des Beklagten vom 19.08.1999 enthaltenen Antrag wird entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO festgestellt, dass der Rechtsstreit bis auf eine Hauptforderung von 18.303,66 DM zuzüglich der titulierten Zinsen erledigt ist. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 17.09.1998 - 15 O 515/96 - wird im übrigen für wirkungslos erklärt.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 198/07 Verkündet am:
18. November 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug
erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im
BGH, Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses materiellen und immateriellen Schadensersatz nach einer digitalen Subtraktionsangiographie des Kopfes (künftig: DSA) geltend.
2
Die Klägerin musste sich 1975 einer Gehirnoperation unterziehen und erlitt 1987 einen Schlaganfall. Seitdem war sie rechtsseitig gelähmt. Im Jahr 2002 traten beidseitige Ponsblutungen (Gehirnblutungen) auf. Im September 2003 verstarb eine Nichte der Klägerin infolge einer Aneurysmenruptur. Am 20. November 2003 wurde die Klägerin "wegen vor dreieinhalb Wochen für einen Tag bestehender Kopfschmerzen links im Hinterhaupt- und Scheitelbereich und in einem ambulanten CCT beschriebenen Blutung rechts paramedian im Ponsbe- reich" stationär in die neurologische Abteilung des Krankenhauses der Beklagten aufgenommen. Am 26. November 2003 führte der Radiologe Dr. V. mit der Klägerin ein Aufklärungsgespräch für eine DSA, die er am Folgetag vornahm. Hierbei erlitt die Klägerin Infarkte im Bereich des Thalamus beidseits sowie im Hirnstamm. Seitdem leidet sie an weiteren erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen.
3
Das Landgericht hat einen Behandlungsfehler verneint, aber eine fehlerhafte Risikoaufklärung angenommen. Es hat daher ein Schmerzensgeld in Höhe von € 25.000 zuerkannt sowie dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2008, 124 f. veröffentlicht ist, steht der Klägerin der zugesprochene Schadensersatz gemäß den §§ 280, 249, 253 BGB, §§ 823, 249, 253 BGB zu, weil die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff mangels hinreichender Aufklärung unwirksam gewesen sei.
5
Zwar stehe fest, dass der Zeuge Dr. V. eine Risikoaufklärung vorgenommen und dabei das Schlaganfallrisiko als Komplikationsmöglichkeit genannt habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er das Schlaganfallrisiko nicht verharmlost habe.
6
Die Aufklärung sei aber nicht ordnungsgemäß gewesen, da der aufklärende Arzt die Klägerin nicht darüber informiert habe, dass das Schlaganfallrisiko in ihrem Fall erhöht gewesen sei, weil sie bereits vor der Untersuchung unstreitig einen Schlaganfall erlitten hatte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. sei das Risiko, dass bei einer zerebralen angiographischen Untersuchung eine Komplikation auftrete, doppelt so hoch, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten habe, so dass das Risiko vorübergehender zerebral ischämischer Komplikationen auf 2 - 4 %, das Risiko permanenter Komplikationen, insbesondere von Schlaganfällen, auf 1 % ansteige. Zwar müsse der Arzt nicht generell über die statistische Wahrscheinlichkeit einer Komplikation aufklären. Das entbinde ihn aber nicht von der Verpflichtung, auf eine signifikante Erhöhung eines Risikos hinzuweisen. Eine solche sei hier anzunehmen. Zwar habe sich das Risiko einer permanenten Schädigung lediglich um 0,5 % auf 1 % erhöht. Doch habe es sich für die Klägerin verdoppelt und könne nicht mehr als sehr selten, sondern müsse vielmehr mit "selten" oder gar "gelegentlich" bewertet werden.
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Der erstmals in zweiter Instanz von den Beklagten geäußerte Einwand einer hypothetischen Einwilligung sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar deute der unstreitige Sachverhalt darauf hin, dass sich die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte. Dies könne jedoch offen bleiben. Denn das neue Vorbringen sei jedenfalls verspätet. Allerdings sei diese Frage höchstrichterlich nicht geklärt und darum die Revision zuzulassen.

II.

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Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
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1. Die uneingeschränkt eingelegte Revision ist zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Revision werde zugelassen , weil bislang eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage nicht vorliege, ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden könne. Darin liegt aber keine Beschränkung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage, was unzulässig wäre (vgl. BGH, BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38; Beschlüsse vom 17. Dezember 1980 - IVb ZB 499/80 - FamRZ 1981, 340; vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 144/06 - NJW 2008, 1312, 1313). Das Berufungsgericht hat vielmehr nur erläutert, warum es die Revision zugelassen hat.
10
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin nicht ausreichend über ihr Schlaganfallrisiko aufgeklärt wurde.
11
a) Zwar muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5).
12
Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105).
13
Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, C Rn. 49). Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert - wie der DSA - sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720, 721; OLG Düsseldorf VersR 1984, 643, 645 (Angiographie) mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83 -; OLG Stuttgart VersR 1988, 832, 833 (Angiographie); OLG Koblenz NJW-RR 2002, 816, 818 (Angiographie); Geiß/Greiner, aaO; Katzenmeier , Arzthaftungsrecht, 2002, S. 328; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts , 3. Aufl., § 68 Rn. 12). Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnis- sen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1056).
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b) Nach diesen Grundsätzen war es im Streitfall erforderlich, die Klägerin nicht nur über das bei einer DSA grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko aufzuklären, sondern ihr auch mitzuteilen, dass dieses Risiko für sie durch ihre Vorgeschichte erhöht war.
15
In dem vom Zeugen Dr. V. geführten Aufklärungsgespräch wurde aber nicht auf das erhöhte Schlaganfallrisiko der Klägerin wegen des bereits erlittenen Schlaganfalls hingewiesen. Auch in dem von der Klägerin unterzeichneten Formularaufklärungsbogen war dieses nur undeutlich angesprochen, wenn es heißt, dass sehr selten Hirndurchblutungsstörungen durch abgelöste und in das Gehirn verschleppte Gefäßwandablagerungen eintreten könnten, wodurch es ausnahmsweise zu einem Schlaganfall mit bleibenden Schäden kommen könne. Dies weist zwar auf das grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko hin. Auch der weitere Hinweis, dass das Risiko bei bereits bestehenden Nerven /und/oder schweren Gefäßschäden erhöht sei, macht aber das bei der Klägerin wegen des erlittenen früheren Schlaganfalls bestehende besondere Risiko nicht ausreichend klar.
16
Unter diesen Umständen ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht vollständig aufgeklärt worden ist. Es kommt insoweit entscheidend darauf an, ob ihr alle spezifischen Risiken aufgezeigt worden sind, die für ihre Einwilligung in den Eingriff ernsthaft ins Gewicht fallen könnten. Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass bei ihr ein erhöhtes Risiko bestand, bei der zerebralen Angiographie einen weiteren Schlaganfall zu erleiden. Im Hinblick auf die besonders schwere Belastung für die Le- bensführung der Klägerin bei Verwirklichung eines weiteren Schlaganfalls konnte die Information über das bei ihr bestehende besondere Risiko für ihre Einwilligung ernsthaft ins Gewicht fallen. Nur wenn ihr das bei ihr bestehende individuelle Risiko bekannt war, hatte sie alle notwendigen Informationen für die Entscheidung , ob sie die diagnostische Maßnahme für die ihr vorgeschlagene Klärung ihrer atypischen Hirnblutung vornehmen ließ.
17
3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie zur Überprüfung des Senats stellt, ob der vom Berufungsgericht herangezogene Sachverständige fachlich geeignet war, sich zum Inhalt eines radiologischen Aufklärungsgesprächs zu äußern.
18
Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Es liegt jedoch eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet ausgewählt hat (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716; BGH, Urteil vom 25. Februar 1953 - II ZR 172/52 - NJW 1953, 659 f.; BAG, Urteil vom 20. Oktober 1970 - 2 AZR 497/69 - AP Nr. 4 zu ZPO § 286; ZöllerGreger , ZPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1). Grundsätzlich ist bei der Auswahl auf die Sachkunde in dem medizinischen Fachgebiet abzustellen, in das der Eingriff fällt (vgl. OLG Hamm VersR 2001, 249 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 20. Oktober 2000 - VI ZR 129/00; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S. 686 m.w.N.). Hierfür können die fachärztlichen Weiterbildungsordnungen herangezogen werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13. März 2003 - 1 U 34/02 - juris Rn. 45 = OLGR Naumburg 2003, 348 (nur Leitsatz); LSG Niedersachsen, Urteil vom 23. April 1997 - L 5 Ka 89/95 - juris Rn. 25; Stegers /Hansis/Alberts/Scheuch, Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 62). Soweit ein Eingriff mehrere Fachbereiche berührt, kommt es darauf an, welchem Fachbereich die konkrete Beweisfrage zuzuordnen ist.
19
Die DSA gehört zur radiologischen Diagnostik und damit zum Weiterbildungsgebiet der diagnostischen Radiologie, insbesondere Neuroradiologie (vgl. Masuhr/Neumann, Neurologie, 6. Aufl., S. 140; Weiterbildungsordnung (WBO) der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 1. Oktober 2003, S. 31 f.). Diese Diagnostik ist zugleich eine unerlässliche Erkenntnisquelle für die neurologische oder neurochirurgische Behandlung (vgl. Delank/Gehlen, Neurologie, 11. Aufl., S. 81). Ihre Indikationsstellung, Methodik und Befundbewertung gehören daher auch zur neurologischen Weiterbildung (zum Beispiel: WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg, aaO, S. 58). Der vorliegende Fall berührt somit beide Fachgebiete.
20
Unter diesen Umständen ist die - in beiden Tatsacheninstanzen von den Parteien nicht beanstandete - Auswahl eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie als Sachverständigen nicht ermessensfehlerhaft, obgleich die DSA von einem Radiologen durchgeführt worden ist und der Sachverständige nicht selbst als verantwortlicher Arzt zerebrale Angiographien vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es hier nicht um Fehler des Arztes bei der Durchführung der Untersuchung, sondern um Risiken geht, die mit einer zerebralen Angiographie verbunden sind. Diese Risiken beträfen vorrangig Schädigungen des Gehirns, so dass die Beantwortung der Beweisfrage in den Fachbereich eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie und damit in den des Sachverständigen Dr. S. falle. Dies lässt einen Ermessensfehler des Tatrichters nicht erkennen, zumal auch ein den Auftrag für radiologische Untersuchungen erteilender Neurologe oder Neurochirurg Zweck, Ablauf und Risiken der radiologischen Diagnostik abwägen muss (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1984, 643 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83). Im Übrigen haben die Parteien nicht in Zweifel gezogen, dass das Risiko eines Schlaganfalls im Rahmen einer zerebralen Angiographie erhöht ist, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
21
4. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis auch stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu einer hypothetischen Einwilligung als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO).
22
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, grundsätzlich beachtlich ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 111; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999, 1000). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684; vom 9. Juli 1996 - VI ZR 101/95 - VersR 1996, 1239, 1240; vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05 - VersR 2007, 66, 68; Geiß/Greiner, aaO, C Rn. 138 f.; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rn. 444). Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO.
23
b) Im Streitfall wurde dieser Einwand erst im zweiten Rechtszug erhoben. Der erstinstanzliche Prozessvortrag der Beklagten, die Klägerin habe nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt, erfasste entgegen der Ansicht der Revision das für die hypothetische Einwilligung erforderliche Vorbringen nicht. Er ließ es nicht, wie die Revision meint, "anklingen", so dass sich der zweitinstanzliche Vortrag nur als Konkretisierung des erstinstanzlichen darstellen würde. Bei dem rechtmäßigen Alternativverhalten beruft sich der Schädiger nämlich darauf, dass im Falle seines rechtswidrigen Verhaltens der Schaden auch bei normge- rechtem Verhalten eingetreten wäre (MünchKomm/BGB-Oetker, aaO, § 249 Rn. 211 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 249 Rn. 102). Dem Beklagtenvortrag muss daher zu entnehmen sein, dass er sich nicht auf die behauptete ordnungsgemäße Aufklärung, sondern auf eine fiktive Einwilligungssituation bezieht.
24
c) Die Beklagte hatte indes Anlass, sich schon in der ersten Instanz zumindest hilfsweise auf eine hypothetische Einwilligung zu berufen. Eine Partei muss schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen , deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (vgl. Senat, BGHZ 159, 245, 253; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 531 Rn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Die Beklagte hätte daher bereits aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28. April 2006 in Betracht ziehen müssen, dass das Landgericht ihrem Sachvortrag zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht folgen würde. Darin wurde dem Sachverständigen u.a. die Frage gestellt, ob der Zeuge Dr. V. auf eine Risikoerhöhung habe hinweisen müssen. Jedenfalls nach Erhalt des Sachverständigengutachtens war deutlich, dass eine Verurteilung wegen einer nicht erfolgten Aufklärung über das bei der Klägerin bestehende erhöhte Risiko im Raum stand und es geboten war, sich zumindest hilfsweise mit rechtmäßigem Alternativverhalten zu verteidigen. Der Beklagten oblag es mithin, sich - falls sie dies wollte - bereits im ersten Rechtszug auf das neue Verteidigungsmittel zu berufen, ohne dass es dafür eines Hinweises nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedurfte.
25
d) Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht das neue Verteidigungsmittel der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen. Im Streitfall waren nämlich die der hypothetischen Einwilli- gung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen hat. In einem solchen Fall findet die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO Anwendung, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht vertretene und inzwischen durch eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08 - NJW 2008, 3434) überholte Streitfrage ankommt , ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden kann.
26
Zwar meint das Berufungsgericht, der "unstreitige" Parteivortrag deute darauf hin, dass die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorgelegen hätten, weil die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits nicht zur Kenntnis genommen habe, dass bei ihr nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S. eine eindeutige Indikation für den diagnostischen Eingriff bestanden habe. Dabei verkennt es jedoch die Besonderheiten der hypothetischen Einwilligung und der Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Patienten. Nach den oben unter 4 a) dargelegten Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Anlass, ihren Entscheidungskonflikt substantiiert darzulegen und plausibel zu machen, bevor sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatte. Zudem ist nicht entscheidend, wie sich ein "vernünftiger" Patient voraussichtlich verhalten hätte, vielmehr kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation der Klägerin aus damaliger Sicht an (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684 m.w.N.). Die Revisionserwiderung hat insoweit darauf verwiesen, dass die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie hätte niemals in die Operation eingewilligt, wenn man sie über das erhöhte Risiko bezüglich eines Schlaganfalls aufgeklärt hätte. Unter diesen Umständen kommt es aus Rechtsgründen nicht darauf an, ob der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Entschei- dungskonflikts ausgereicht hätte, zumal dies grundsätzlich erst nach einer Anhörung der Klägerin beurteilt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO).
27
5. Nach allem hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden. Die Revision der Beklagten ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Aurich, Entscheidung vom 03.11.2006 - 4 O 1106/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2007 - 5 U 106/06 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 198/07 Verkündet am:
18. November 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug
erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im
BGH, Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses materiellen und immateriellen Schadensersatz nach einer digitalen Subtraktionsangiographie des Kopfes (künftig: DSA) geltend.
2
Die Klägerin musste sich 1975 einer Gehirnoperation unterziehen und erlitt 1987 einen Schlaganfall. Seitdem war sie rechtsseitig gelähmt. Im Jahr 2002 traten beidseitige Ponsblutungen (Gehirnblutungen) auf. Im September 2003 verstarb eine Nichte der Klägerin infolge einer Aneurysmenruptur. Am 20. November 2003 wurde die Klägerin "wegen vor dreieinhalb Wochen für einen Tag bestehender Kopfschmerzen links im Hinterhaupt- und Scheitelbereich und in einem ambulanten CCT beschriebenen Blutung rechts paramedian im Ponsbe- reich" stationär in die neurologische Abteilung des Krankenhauses der Beklagten aufgenommen. Am 26. November 2003 führte der Radiologe Dr. V. mit der Klägerin ein Aufklärungsgespräch für eine DSA, die er am Folgetag vornahm. Hierbei erlitt die Klägerin Infarkte im Bereich des Thalamus beidseits sowie im Hirnstamm. Seitdem leidet sie an weiteren erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen.
3
Das Landgericht hat einen Behandlungsfehler verneint, aber eine fehlerhafte Risikoaufklärung angenommen. Es hat daher ein Schmerzensgeld in Höhe von € 25.000 zuerkannt sowie dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2008, 124 f. veröffentlicht ist, steht der Klägerin der zugesprochene Schadensersatz gemäß den §§ 280, 249, 253 BGB, §§ 823, 249, 253 BGB zu, weil die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff mangels hinreichender Aufklärung unwirksam gewesen sei.
5
Zwar stehe fest, dass der Zeuge Dr. V. eine Risikoaufklärung vorgenommen und dabei das Schlaganfallrisiko als Komplikationsmöglichkeit genannt habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er das Schlaganfallrisiko nicht verharmlost habe.
6
Die Aufklärung sei aber nicht ordnungsgemäß gewesen, da der aufklärende Arzt die Klägerin nicht darüber informiert habe, dass das Schlaganfallrisiko in ihrem Fall erhöht gewesen sei, weil sie bereits vor der Untersuchung unstreitig einen Schlaganfall erlitten hatte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. sei das Risiko, dass bei einer zerebralen angiographischen Untersuchung eine Komplikation auftrete, doppelt so hoch, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten habe, so dass das Risiko vorübergehender zerebral ischämischer Komplikationen auf 2 - 4 %, das Risiko permanenter Komplikationen, insbesondere von Schlaganfällen, auf 1 % ansteige. Zwar müsse der Arzt nicht generell über die statistische Wahrscheinlichkeit einer Komplikation aufklären. Das entbinde ihn aber nicht von der Verpflichtung, auf eine signifikante Erhöhung eines Risikos hinzuweisen. Eine solche sei hier anzunehmen. Zwar habe sich das Risiko einer permanenten Schädigung lediglich um 0,5 % auf 1 % erhöht. Doch habe es sich für die Klägerin verdoppelt und könne nicht mehr als sehr selten, sondern müsse vielmehr mit "selten" oder gar "gelegentlich" bewertet werden.
7
Der erstmals in zweiter Instanz von den Beklagten geäußerte Einwand einer hypothetischen Einwilligung sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar deute der unstreitige Sachverhalt darauf hin, dass sich die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte. Dies könne jedoch offen bleiben. Denn das neue Vorbringen sei jedenfalls verspätet. Allerdings sei diese Frage höchstrichterlich nicht geklärt und darum die Revision zuzulassen.

II.

8
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
9
1. Die uneingeschränkt eingelegte Revision ist zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Revision werde zugelassen , weil bislang eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage nicht vorliege, ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden könne. Darin liegt aber keine Beschränkung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage, was unzulässig wäre (vgl. BGH, BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38; Beschlüsse vom 17. Dezember 1980 - IVb ZB 499/80 - FamRZ 1981, 340; vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 144/06 - NJW 2008, 1312, 1313). Das Berufungsgericht hat vielmehr nur erläutert, warum es die Revision zugelassen hat.
10
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin nicht ausreichend über ihr Schlaganfallrisiko aufgeklärt wurde.
11
a) Zwar muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5).
12
Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105).
13
Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, C Rn. 49). Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert - wie der DSA - sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720, 721; OLG Düsseldorf VersR 1984, 643, 645 (Angiographie) mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83 -; OLG Stuttgart VersR 1988, 832, 833 (Angiographie); OLG Koblenz NJW-RR 2002, 816, 818 (Angiographie); Geiß/Greiner, aaO; Katzenmeier , Arzthaftungsrecht, 2002, S. 328; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts , 3. Aufl., § 68 Rn. 12). Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnis- sen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1056).
14
b) Nach diesen Grundsätzen war es im Streitfall erforderlich, die Klägerin nicht nur über das bei einer DSA grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko aufzuklären, sondern ihr auch mitzuteilen, dass dieses Risiko für sie durch ihre Vorgeschichte erhöht war.
15
In dem vom Zeugen Dr. V. geführten Aufklärungsgespräch wurde aber nicht auf das erhöhte Schlaganfallrisiko der Klägerin wegen des bereits erlittenen Schlaganfalls hingewiesen. Auch in dem von der Klägerin unterzeichneten Formularaufklärungsbogen war dieses nur undeutlich angesprochen, wenn es heißt, dass sehr selten Hirndurchblutungsstörungen durch abgelöste und in das Gehirn verschleppte Gefäßwandablagerungen eintreten könnten, wodurch es ausnahmsweise zu einem Schlaganfall mit bleibenden Schäden kommen könne. Dies weist zwar auf das grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko hin. Auch der weitere Hinweis, dass das Risiko bei bereits bestehenden Nerven /und/oder schweren Gefäßschäden erhöht sei, macht aber das bei der Klägerin wegen des erlittenen früheren Schlaganfalls bestehende besondere Risiko nicht ausreichend klar.
16
Unter diesen Umständen ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht vollständig aufgeklärt worden ist. Es kommt insoweit entscheidend darauf an, ob ihr alle spezifischen Risiken aufgezeigt worden sind, die für ihre Einwilligung in den Eingriff ernsthaft ins Gewicht fallen könnten. Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass bei ihr ein erhöhtes Risiko bestand, bei der zerebralen Angiographie einen weiteren Schlaganfall zu erleiden. Im Hinblick auf die besonders schwere Belastung für die Le- bensführung der Klägerin bei Verwirklichung eines weiteren Schlaganfalls konnte die Information über das bei ihr bestehende besondere Risiko für ihre Einwilligung ernsthaft ins Gewicht fallen. Nur wenn ihr das bei ihr bestehende individuelle Risiko bekannt war, hatte sie alle notwendigen Informationen für die Entscheidung , ob sie die diagnostische Maßnahme für die ihr vorgeschlagene Klärung ihrer atypischen Hirnblutung vornehmen ließ.
17
3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie zur Überprüfung des Senats stellt, ob der vom Berufungsgericht herangezogene Sachverständige fachlich geeignet war, sich zum Inhalt eines radiologischen Aufklärungsgesprächs zu äußern.
18
Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Es liegt jedoch eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet ausgewählt hat (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716; BGH, Urteil vom 25. Februar 1953 - II ZR 172/52 - NJW 1953, 659 f.; BAG, Urteil vom 20. Oktober 1970 - 2 AZR 497/69 - AP Nr. 4 zu ZPO § 286; ZöllerGreger , ZPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1). Grundsätzlich ist bei der Auswahl auf die Sachkunde in dem medizinischen Fachgebiet abzustellen, in das der Eingriff fällt (vgl. OLG Hamm VersR 2001, 249 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 20. Oktober 2000 - VI ZR 129/00; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S. 686 m.w.N.). Hierfür können die fachärztlichen Weiterbildungsordnungen herangezogen werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13. März 2003 - 1 U 34/02 - juris Rn. 45 = OLGR Naumburg 2003, 348 (nur Leitsatz); LSG Niedersachsen, Urteil vom 23. April 1997 - L 5 Ka 89/95 - juris Rn. 25; Stegers /Hansis/Alberts/Scheuch, Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 62). Soweit ein Eingriff mehrere Fachbereiche berührt, kommt es darauf an, welchem Fachbereich die konkrete Beweisfrage zuzuordnen ist.
19
Die DSA gehört zur radiologischen Diagnostik und damit zum Weiterbildungsgebiet der diagnostischen Radiologie, insbesondere Neuroradiologie (vgl. Masuhr/Neumann, Neurologie, 6. Aufl., S. 140; Weiterbildungsordnung (WBO) der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 1. Oktober 2003, S. 31 f.). Diese Diagnostik ist zugleich eine unerlässliche Erkenntnisquelle für die neurologische oder neurochirurgische Behandlung (vgl. Delank/Gehlen, Neurologie, 11. Aufl., S. 81). Ihre Indikationsstellung, Methodik und Befundbewertung gehören daher auch zur neurologischen Weiterbildung (zum Beispiel: WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg, aaO, S. 58). Der vorliegende Fall berührt somit beide Fachgebiete.
20
Unter diesen Umständen ist die - in beiden Tatsacheninstanzen von den Parteien nicht beanstandete - Auswahl eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie als Sachverständigen nicht ermessensfehlerhaft, obgleich die DSA von einem Radiologen durchgeführt worden ist und der Sachverständige nicht selbst als verantwortlicher Arzt zerebrale Angiographien vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es hier nicht um Fehler des Arztes bei der Durchführung der Untersuchung, sondern um Risiken geht, die mit einer zerebralen Angiographie verbunden sind. Diese Risiken beträfen vorrangig Schädigungen des Gehirns, so dass die Beantwortung der Beweisfrage in den Fachbereich eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie und damit in den des Sachverständigen Dr. S. falle. Dies lässt einen Ermessensfehler des Tatrichters nicht erkennen, zumal auch ein den Auftrag für radiologische Untersuchungen erteilender Neurologe oder Neurochirurg Zweck, Ablauf und Risiken der radiologischen Diagnostik abwägen muss (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1984, 643 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83). Im Übrigen haben die Parteien nicht in Zweifel gezogen, dass das Risiko eines Schlaganfalls im Rahmen einer zerebralen Angiographie erhöht ist, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
21
4. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis auch stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu einer hypothetischen Einwilligung als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO).
22
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, grundsätzlich beachtlich ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 111; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999, 1000). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684; vom 9. Juli 1996 - VI ZR 101/95 - VersR 1996, 1239, 1240; vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05 - VersR 2007, 66, 68; Geiß/Greiner, aaO, C Rn. 138 f.; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rn. 444). Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO.
23
b) Im Streitfall wurde dieser Einwand erst im zweiten Rechtszug erhoben. Der erstinstanzliche Prozessvortrag der Beklagten, die Klägerin habe nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt, erfasste entgegen der Ansicht der Revision das für die hypothetische Einwilligung erforderliche Vorbringen nicht. Er ließ es nicht, wie die Revision meint, "anklingen", so dass sich der zweitinstanzliche Vortrag nur als Konkretisierung des erstinstanzlichen darstellen würde. Bei dem rechtmäßigen Alternativverhalten beruft sich der Schädiger nämlich darauf, dass im Falle seines rechtswidrigen Verhaltens der Schaden auch bei normge- rechtem Verhalten eingetreten wäre (MünchKomm/BGB-Oetker, aaO, § 249 Rn. 211 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 249 Rn. 102). Dem Beklagtenvortrag muss daher zu entnehmen sein, dass er sich nicht auf die behauptete ordnungsgemäße Aufklärung, sondern auf eine fiktive Einwilligungssituation bezieht.
24
c) Die Beklagte hatte indes Anlass, sich schon in der ersten Instanz zumindest hilfsweise auf eine hypothetische Einwilligung zu berufen. Eine Partei muss schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen , deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (vgl. Senat, BGHZ 159, 245, 253; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 531 Rn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Die Beklagte hätte daher bereits aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28. April 2006 in Betracht ziehen müssen, dass das Landgericht ihrem Sachvortrag zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht folgen würde. Darin wurde dem Sachverständigen u.a. die Frage gestellt, ob der Zeuge Dr. V. auf eine Risikoerhöhung habe hinweisen müssen. Jedenfalls nach Erhalt des Sachverständigengutachtens war deutlich, dass eine Verurteilung wegen einer nicht erfolgten Aufklärung über das bei der Klägerin bestehende erhöhte Risiko im Raum stand und es geboten war, sich zumindest hilfsweise mit rechtmäßigem Alternativverhalten zu verteidigen. Der Beklagten oblag es mithin, sich - falls sie dies wollte - bereits im ersten Rechtszug auf das neue Verteidigungsmittel zu berufen, ohne dass es dafür eines Hinweises nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedurfte.
25
d) Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht das neue Verteidigungsmittel der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen. Im Streitfall waren nämlich die der hypothetischen Einwilli- gung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen hat. In einem solchen Fall findet die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO Anwendung, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht vertretene und inzwischen durch eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08 - NJW 2008, 3434) überholte Streitfrage ankommt , ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden kann.
26
Zwar meint das Berufungsgericht, der "unstreitige" Parteivortrag deute darauf hin, dass die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorgelegen hätten, weil die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits nicht zur Kenntnis genommen habe, dass bei ihr nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S. eine eindeutige Indikation für den diagnostischen Eingriff bestanden habe. Dabei verkennt es jedoch die Besonderheiten der hypothetischen Einwilligung und der Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Patienten. Nach den oben unter 4 a) dargelegten Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Anlass, ihren Entscheidungskonflikt substantiiert darzulegen und plausibel zu machen, bevor sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatte. Zudem ist nicht entscheidend, wie sich ein "vernünftiger" Patient voraussichtlich verhalten hätte, vielmehr kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation der Klägerin aus damaliger Sicht an (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684 m.w.N.). Die Revisionserwiderung hat insoweit darauf verwiesen, dass die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie hätte niemals in die Operation eingewilligt, wenn man sie über das erhöhte Risiko bezüglich eines Schlaganfalls aufgeklärt hätte. Unter diesen Umständen kommt es aus Rechtsgründen nicht darauf an, ob der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Entschei- dungskonflikts ausgereicht hätte, zumal dies grundsätzlich erst nach einer Anhörung der Klägerin beurteilt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO).
27
5. Nach allem hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden. Die Revision der Beklagten ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Aurich, Entscheidung vom 03.11.2006 - 4 O 1106/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2007 - 5 U 106/06 -

Tenor

Auf den im Schriftsatz des Beklagten vom 19.08.1999 enthaltenen Antrag wird entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO festgestellt, dass der Rechtsstreit bis auf eine Hauptforderung von 18.303,66 DM zuzüglich der titulierten Zinsen erledigt ist. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 17.09.1998 - 15 O 515/96 - wird im übrigen für wirkungslos erklärt.
1 2 3 4

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 198/07 Verkündet am:
18. November 2008
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug
erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im
BGH, Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses materiellen und immateriellen Schadensersatz nach einer digitalen Subtraktionsangiographie des Kopfes (künftig: DSA) geltend.
2
Die Klägerin musste sich 1975 einer Gehirnoperation unterziehen und erlitt 1987 einen Schlaganfall. Seitdem war sie rechtsseitig gelähmt. Im Jahr 2002 traten beidseitige Ponsblutungen (Gehirnblutungen) auf. Im September 2003 verstarb eine Nichte der Klägerin infolge einer Aneurysmenruptur. Am 20. November 2003 wurde die Klägerin "wegen vor dreieinhalb Wochen für einen Tag bestehender Kopfschmerzen links im Hinterhaupt- und Scheitelbereich und in einem ambulanten CCT beschriebenen Blutung rechts paramedian im Ponsbe- reich" stationär in die neurologische Abteilung des Krankenhauses der Beklagten aufgenommen. Am 26. November 2003 führte der Radiologe Dr. V. mit der Klägerin ein Aufklärungsgespräch für eine DSA, die er am Folgetag vornahm. Hierbei erlitt die Klägerin Infarkte im Bereich des Thalamus beidseits sowie im Hirnstamm. Seitdem leidet sie an weiteren erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen.
3
Das Landgericht hat einen Behandlungsfehler verneint, aber eine fehlerhafte Risikoaufklärung angenommen. Es hat daher ein Schmerzensgeld in Höhe von € 25.000 zuerkannt sowie dem Feststellungsantrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2008, 124 f. veröffentlicht ist, steht der Klägerin der zugesprochene Schadensersatz gemäß den §§ 280, 249, 253 BGB, §§ 823, 249, 253 BGB zu, weil die Einwilligung der Klägerin in den Eingriff mangels hinreichender Aufklärung unwirksam gewesen sei.
5
Zwar stehe fest, dass der Zeuge Dr. V. eine Risikoaufklärung vorgenommen und dabei das Schlaganfallrisiko als Komplikationsmöglichkeit genannt habe. Zudem sei davon auszugehen, dass er das Schlaganfallrisiko nicht verharmlost habe.
6
Die Aufklärung sei aber nicht ordnungsgemäß gewesen, da der aufklärende Arzt die Klägerin nicht darüber informiert habe, dass das Schlaganfallrisiko in ihrem Fall erhöht gewesen sei, weil sie bereits vor der Untersuchung unstreitig einen Schlaganfall erlitten hatte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. sei das Risiko, dass bei einer zerebralen angiographischen Untersuchung eine Komplikation auftrete, doppelt so hoch, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten habe, so dass das Risiko vorübergehender zerebral ischämischer Komplikationen auf 2 - 4 %, das Risiko permanenter Komplikationen, insbesondere von Schlaganfällen, auf 1 % ansteige. Zwar müsse der Arzt nicht generell über die statistische Wahrscheinlichkeit einer Komplikation aufklären. Das entbinde ihn aber nicht von der Verpflichtung, auf eine signifikante Erhöhung eines Risikos hinzuweisen. Eine solche sei hier anzunehmen. Zwar habe sich das Risiko einer permanenten Schädigung lediglich um 0,5 % auf 1 % erhöht. Doch habe es sich für die Klägerin verdoppelt und könne nicht mehr als sehr selten, sondern müsse vielmehr mit "selten" oder gar "gelegentlich" bewertet werden.
7
Der erstmals in zweiter Instanz von den Beklagten geäußerte Einwand einer hypothetischen Einwilligung sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar deute der unstreitige Sachverhalt darauf hin, dass sich die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung für den Eingriff entschieden hätte. Dies könne jedoch offen bleiben. Denn das neue Vorbringen sei jedenfalls verspätet. Allerdings sei diese Frage höchstrichterlich nicht geklärt und darum die Revision zuzulassen.

II.

8
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
9
1. Die uneingeschränkt eingelegte Revision ist zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, die Revision werde zugelassen , weil bislang eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu der Frage nicht vorliege, ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden könne. Darin liegt aber keine Beschränkung der Revision auf eine bestimmte Rechtsfrage, was unzulässig wäre (vgl. BGH, BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38; Beschlüsse vom 17. Dezember 1980 - IVb ZB 499/80 - FamRZ 1981, 340; vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 144/06 - NJW 2008, 1312, 1313). Das Berufungsgericht hat vielmehr nur erläutert, warum es die Revision zugelassen hat.
10
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin nicht ausreichend über ihr Schlaganfallrisiko aufgeklärt wurde.
11
a) Zwar muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Aufklärung nicht über jede, noch so entfernt liegende Gefahrenmöglichkeit erfolgen. Der Patient muss nur "im Großen und Ganzen" wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dies bedeutet nicht, dass die Risiken in allen erdenkbaren Erscheinungsformen aufgezählt werden müssen. Es muss aber eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifisch mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 106, 108; 144, 1, 5).
12
Bei einem spezifisch mit der Therapie verbundenen Risiko hängt die Erforderlichkeit der Aufklärung aber nicht davon ab, wie oft das Risiko zu einer Komplikation führt ("Komplikations- oder Risikodichte"). Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung, die das Risiko für die Entschließung des Patienten haben kann. Kommt eine besonders schwere Belastung für seine Lebensführung in Betracht, so ist die Information über ein solches Risiko für die Einwilligung des Patienten auch dann von Bedeutung, wenn sich das Risiko sehr selten verwirklicht (vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 107; 144, 1, 5 f.; vom 2. November 1993 - VI ZR 245/92 - VersR 1994, 104, 105).
13
Die Aufklärung hat patientenbezogen und damit den Umständen des konkreten Falles entsprechend zu erfolgen (vgl. Senatsurteile vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294; vom 22. April 1980 - VI ZR 37/79 - VersR 1981, 456, 457). Der Aufklärungsumfang wird hierbei einerseits durch das Gewicht der medizinischen Indikation bestimmt, das sich wiederum aus der Notwendigkeit des Eingriffs, seiner zeitlichen Dringlichkeit und den Heilungschancen ergibt, andererseits ist insbesondere die Schwere der Schadensfolgen für die Lebensführung des Patienten im Fall der Risikoverwirklichung mitbestimmend (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 5. Aufl. 2006, C Rn. 49). Bei diagnostischen Eingriffen ohne therapeutischen Eigenwert - wie der DSA - sind deshalb grundsätzlich strengere Anforderungen an die Aufklärung des Patienten über damit verbundene Risiken zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1979 - VI ZR 70/77 - VersR 1979, 720, 721; OLG Düsseldorf VersR 1984, 643, 645 (Angiographie) mit Nichtannahmebeschluss des BGH vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83 -; OLG Stuttgart VersR 1988, 832, 833 (Angiographie); OLG Koblenz NJW-RR 2002, 816, 818 (Angiographie); Geiß/Greiner, aaO; Katzenmeier , Arzthaftungsrecht, 2002, S. 328; Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts , 3. Aufl., § 68 Rn. 12). Bei ihnen bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung zwischen der diagnostischen Aussagekraft, den Klärungsbedürfnis- sen und den besonderen Risiken für den Patienten (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1995 - VI ZR 95/94 - VersR 1995, 1055, 1056).
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b) Nach diesen Grundsätzen war es im Streitfall erforderlich, die Klägerin nicht nur über das bei einer DSA grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko aufzuklären, sondern ihr auch mitzuteilen, dass dieses Risiko für sie durch ihre Vorgeschichte erhöht war.
15
In dem vom Zeugen Dr. V. geführten Aufklärungsgespräch wurde aber nicht auf das erhöhte Schlaganfallrisiko der Klägerin wegen des bereits erlittenen Schlaganfalls hingewiesen. Auch in dem von der Klägerin unterzeichneten Formularaufklärungsbogen war dieses nur undeutlich angesprochen, wenn es heißt, dass sehr selten Hirndurchblutungsstörungen durch abgelöste und in das Gehirn verschleppte Gefäßwandablagerungen eintreten könnten, wodurch es ausnahmsweise zu einem Schlaganfall mit bleibenden Schäden kommen könne. Dies weist zwar auf das grundsätzlich bestehende Schlaganfallrisiko hin. Auch der weitere Hinweis, dass das Risiko bei bereits bestehenden Nerven /und/oder schweren Gefäßschäden erhöht sei, macht aber das bei der Klägerin wegen des erlittenen früheren Schlaganfalls bestehende besondere Risiko nicht ausreichend klar.
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Unter diesen Umständen ist die Würdigung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Klägerin nicht vollständig aufgeklärt worden ist. Es kommt insoweit entscheidend darauf an, ob ihr alle spezifischen Risiken aufgezeigt worden sind, die für ihre Einwilligung in den Eingriff ernsthaft ins Gewicht fallen könnten. Deshalb hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin auch darüber hätte aufgeklärt werden müssen, dass bei ihr ein erhöhtes Risiko bestand, bei der zerebralen Angiographie einen weiteren Schlaganfall zu erleiden. Im Hinblick auf die besonders schwere Belastung für die Le- bensführung der Klägerin bei Verwirklichung eines weiteren Schlaganfalls konnte die Information über das bei ihr bestehende besondere Risiko für ihre Einwilligung ernsthaft ins Gewicht fallen. Nur wenn ihr das bei ihr bestehende individuelle Risiko bekannt war, hatte sie alle notwendigen Informationen für die Entscheidung , ob sie die diagnostische Maßnahme für die ihr vorgeschlagene Klärung ihrer atypischen Hirnblutung vornehmen ließ.
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3. Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie zur Überprüfung des Senats stellt, ob der vom Berufungsgericht herangezogene Sachverständige fachlich geeignet war, sich zum Inhalt eines radiologischen Aufklärungsgesprächs zu äußern.
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Die Auswahl des Sachverständigen steht im Ermessen des Gerichts. Es liegt jedoch eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet ausgewählt hat (§ 404 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716; BGH, Urteil vom 25. Februar 1953 - II ZR 172/52 - NJW 1953, 659 f.; BAG, Urteil vom 20. Oktober 1970 - 2 AZR 497/69 - AP Nr. 4 zu ZPO § 286; ZöllerGreger , ZPO, 26. Aufl., § 404 Rn. 1). Grundsätzlich ist bei der Auswahl auf die Sachkunde in dem medizinischen Fachgebiet abzustellen, in das der Eingriff fällt (vgl. OLG Hamm VersR 2001, 249 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 20. Oktober 2000 - VI ZR 129/00; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S. 686 m.w.N.). Hierfür können die fachärztlichen Weiterbildungsordnungen herangezogen werden (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 13. März 2003 - 1 U 34/02 - juris Rn. 45 = OLGR Naumburg 2003, 348 (nur Leitsatz); LSG Niedersachsen, Urteil vom 23. April 1997 - L 5 Ka 89/95 - juris Rn. 25; Stegers /Hansis/Alberts/Scheuch, Sachverständigenbeweis im Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 62). Soweit ein Eingriff mehrere Fachbereiche berührt, kommt es darauf an, welchem Fachbereich die konkrete Beweisfrage zuzuordnen ist.
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Die DSA gehört zur radiologischen Diagnostik und damit zum Weiterbildungsgebiet der diagnostischen Radiologie, insbesondere Neuroradiologie (vgl. Masuhr/Neumann, Neurologie, 6. Aufl., S. 140; Weiterbildungsordnung (WBO) der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Stand 1. Oktober 2003, S. 31 f.). Diese Diagnostik ist zugleich eine unerlässliche Erkenntnisquelle für die neurologische oder neurochirurgische Behandlung (vgl. Delank/Gehlen, Neurologie, 11. Aufl., S. 81). Ihre Indikationsstellung, Methodik und Befundbewertung gehören daher auch zur neurologischen Weiterbildung (zum Beispiel: WBO der Landesärztekammer Baden-Württemberg, aaO, S. 58). Der vorliegende Fall berührt somit beide Fachgebiete.
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Unter diesen Umständen ist die - in beiden Tatsacheninstanzen von den Parteien nicht beanstandete - Auswahl eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie als Sachverständigen nicht ermessensfehlerhaft, obgleich die DSA von einem Radiologen durchgeführt worden ist und der Sachverständige nicht selbst als verantwortlicher Arzt zerebrale Angiographien vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es hier nicht um Fehler des Arztes bei der Durchführung der Untersuchung, sondern um Risiken geht, die mit einer zerebralen Angiographie verbunden sind. Diese Risiken beträfen vorrangig Schädigungen des Gehirns, so dass die Beantwortung der Beweisfrage in den Fachbereich eines Facharztes für Neurologie und Neurochirurgie und damit in den des Sachverständigen Dr. S. falle. Dies lässt einen Ermessensfehler des Tatrichters nicht erkennen, zumal auch ein den Auftrag für radiologische Untersuchungen erteilender Neurologe oder Neurochirurg Zweck, Ablauf und Risiken der radiologischen Diagnostik abwägen muss (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1984, 643 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 3. April 1984 - VI ZR 173/83). Im Übrigen haben die Parteien nicht in Zweifel gezogen, dass das Risiko eines Schlaganfalls im Rahmen einer zerebralen Angiographie erhöht ist, wenn der Patient bereits zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.
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4. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis auch stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu einer hypothetischen Einwilligung als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO).
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a) Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Einwand der Behandlungsseite, die Patientin hätte sich dem Eingriff auch bei zutreffender Aufklärung über dessen Risiken unterzogen, grundsätzlich beachtlich ist (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile BGHZ 90, 103, 111; vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - VersR 2007, 999, 1000). Den Arzt trifft insoweit die Behauptungs- und Beweislast. Erst wenn sich die Behandlungsseite auf eine hypothetische Einwilligung berufen hat, muss der Patient darlegen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt darüber befunden hat, ob er den tatsächlich durchgeführten Eingriff vornehmen lassen sollte (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684; vom 9. Juli 1996 - VI ZR 101/95 - VersR 1996, 1239, 1240; vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 74/05 - VersR 2007, 66, 68; Geiß/Greiner, aaO, C Rn. 138 f.; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rn. 444). Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO.
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b) Im Streitfall wurde dieser Einwand erst im zweiten Rechtszug erhoben. Der erstinstanzliche Prozessvortrag der Beklagten, die Klägerin habe nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt, erfasste entgegen der Ansicht der Revision das für die hypothetische Einwilligung erforderliche Vorbringen nicht. Er ließ es nicht, wie die Revision meint, "anklingen", so dass sich der zweitinstanzliche Vortrag nur als Konkretisierung des erstinstanzlichen darstellen würde. Bei dem rechtmäßigen Alternativverhalten beruft sich der Schädiger nämlich darauf, dass im Falle seines rechtswidrigen Verhaltens der Schaden auch bei normge- rechtem Verhalten eingetreten wäre (MünchKomm/BGB-Oetker, aaO, § 249 Rn. 211 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 249 Rn. 102). Dem Beklagtenvortrag muss daher zu entnehmen sein, dass er sich nicht auf die behauptete ordnungsgemäße Aufklärung, sondern auf eine fiktive Einwilligungssituation bezieht.
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c) Die Beklagte hatte indes Anlass, sich schon in der ersten Instanz zumindest hilfsweise auf eine hypothetische Einwilligung zu berufen. Eine Partei muss schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen , deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist (vgl. Senat, BGHZ 159, 245, 253; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 531 Rn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Die Beklagte hätte daher bereits aufgrund des Beweisbeschlusses vom 28. April 2006 in Betracht ziehen müssen, dass das Landgericht ihrem Sachvortrag zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht folgen würde. Darin wurde dem Sachverständigen u.a. die Frage gestellt, ob der Zeuge Dr. V. auf eine Risikoerhöhung habe hinweisen müssen. Jedenfalls nach Erhalt des Sachverständigengutachtens war deutlich, dass eine Verurteilung wegen einer nicht erfolgten Aufklärung über das bei der Klägerin bestehende erhöhte Risiko im Raum stand und es geboten war, sich zumindest hilfsweise mit rechtmäßigem Alternativverhalten zu verteidigen. Der Beklagten oblag es mithin, sich - falls sie dies wollte - bereits im ersten Rechtszug auf das neue Verteidigungsmittel zu berufen, ohne dass es dafür eines Hinweises nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO bedurfte.
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d) Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht das neue Verteidigungsmittel der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen. Im Streitfall waren nämlich die der hypothetischen Einwilli- gung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig, worauf die Revisionserwiderung mit Recht hingewiesen hat. In einem solchen Fall findet die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 ZPO Anwendung, ohne dass es auf die vom Berufungsgericht vertretene und inzwischen durch eine Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - GSZ 1/08 - NJW 2008, 3434) überholte Streitfrage ankommt , ob bei unstreitigem Sachverhalt der Einwand einer hypothetischen Einwilligung in den ärztlichen Eingriff erstmals in zweiter Instanz erhoben werden kann.
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Zwar meint das Berufungsgericht, der "unstreitige" Parteivortrag deute darauf hin, dass die Voraussetzungen einer hypothetischen Einwilligung vorgelegen hätten, weil die Klägerin während des gesamten Rechtsstreits nicht zur Kenntnis genommen habe, dass bei ihr nach den Erläuterungen des Sachverständigen Dr. S. eine eindeutige Indikation für den diagnostischen Eingriff bestanden habe. Dabei verkennt es jedoch die Besonderheiten der hypothetischen Einwilligung und der Darlegung eines Entscheidungskonflikts durch den Patienten. Nach den oben unter 4 a) dargelegten Grundsätzen hatte die Klägerin keinen Anlass, ihren Entscheidungskonflikt substantiiert darzulegen und plausibel zu machen, bevor sich die Beklagte auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatte. Zudem ist nicht entscheidend, wie sich ein "vernünftiger" Patient voraussichtlich verhalten hätte, vielmehr kommt es allein auf die persönliche Entscheidungssituation der Klägerin aus damaliger Sicht an (vgl. Senatsurteil vom 9. November 1993 - VI ZR 248/92 - VersR 1994, 682, 684 m.w.N.). Die Revisionserwiderung hat insoweit darauf verwiesen, dass die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung vorgetragen hat, sie hätte niemals in die Operation eingewilligt, wenn man sie über das erhöhte Risiko bezüglich eines Schlaganfalls aufgeklärt hätte. Unter diesen Umständen kommt es aus Rechtsgründen nicht darauf an, ob der Vortrag der Klägerin zur Darlegung eines Entschei- dungskonflikts ausgereicht hätte, zumal dies grundsätzlich erst nach einer Anhörung der Klägerin beurteilt werden konnte (vgl. Senatsurteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 - aaO).
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5. Nach allem hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden. Die Revision der Beklagten ist mithin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Aurich, Entscheidung vom 03.11.2006 - 4 O 1106/05 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2007 - 5 U 106/06 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In den Fällen der Bestellung einer prozessualen Sicherheit kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen, in welcher Art und Höhe die Sicherheit zu leisten ist. Soweit das Gericht eine Bestimmung nicht getroffen hat und die Parteien ein anderes nicht vereinbart haben, ist die Sicherheitsleistung durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren zu bewirken, die nach § 234 Abs. 1 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind.

(2) Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden.