Landgericht Karlsruhe Urteil, 22. Mai 2009 - 6 O 240/08

bei uns veröffentlicht am22.05.2009

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 6.453,79 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. August 2008 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte ... für außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von EUR 603,93 freizustellen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 21 % und hat der Beklagte 79 % zu tragen. Von den durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat der Beklagte 79 % zu tragen; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Zwangsvollstreckung des Beklagten und der Streithelferin wegen der Kosten kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Beklagte oder die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt Mietzins aus gewerblichem Mietvertrag.
Zwischen den Parteien besteht seit dem 01. Juni 2000 - befristet bis zum 31. Mai 2010 - ein Mietverhältnis über ärztliche Praxisräume im 1. Stock des Hauses K.-Straße in K. Ferner ist in § 3 des Mietvertrages vereinbart:
„1. Der Mieter hat folgende Miete an den Vermieter zu zahlen:
a) Grundmietzins:
aa) Grundmiete
 DEM 3096,00
bb) Garage, Stellplatz usw.
 DEM   120,00
2. a) Der Grundmietzins nach Ziffer 1 a beträgt monatlich insgesamt DEM ... zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in jeweils gültiger Höhe, soweit der Vermieter umsatzsteuerpflichtig ist.
b) Ab dem ... beträgt der Mietzins DEM ...
ab dem ... beträgt der Mietzins DEM ...
...
10 
3. Wird keine Staffelmiete nach § 3 Ziffer 2 b vereinbart, ändert sich der in § 3 Ziffer 2 a vereinbarte Mietzins entsprechend der Veränderung des vom Statistischen Bundesamt zuletzt veröffentlichten Lebenshaltungskostenindex aller privaten Haushalte in Deutschland (auf Basis 1995 = 100), wenn der Stand bei Vertragsabschluss oder gegenüber der letzten Mietänderung eine Veränderung von mehr als 5 % erfahren hat. Die Änderung des Mietzinses wird ab dem auf die Änderung folgenden Monat wirksam. Bei jeder weiteren Indexänderung gegenüber der jeweils letzten Änderung ist diese Regelung entsprechend anwendbar.“
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf den Vertrag im Anlagenheft (im Folgenden: AH) Seiten 1 bis 19 verwiesen.
12 
Der im Vertrag genannte Index ist nicht mehr aktuell. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Indices in den Jahren 2000 bis 2008 (AS 5 - 9) errechnet sich für den Zeitraum April 2003 bis November 2008 ein Erhöhungsbetrag von EUR 8.187,13. Der Beklagte zahlte bis Januar 2008 monatlich EUR 1.644,31 und seit dem Februar 2008 - mit Ausnahme April 2008 - monatlich EUR 1.904,46 (AS. 9/11).
13 
Mit Schreiben vom 22. Juli 2008 wurde der Beklagte wegen eines Betrages bis einschließlich Juli 2008 unter Fristsetzung bis zum 15. August 2008 zur Zahlung des errechneten Erhöhungsbetrages aufgefordert (AH 21 - 27). Der Beklagte lehnte mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. Juli 2008 die Zahlung ab (AH 29 - 33).
14 
Die Klage wurde dem Beklagten am 25. November 2008 zugestellt (AS. 21).
15 
Die Klägerin ist der Auffassung,
16 
der Beklagte sei zur erhöhten Mietzinszahlung aufgrund wirksam vereinbarter Mietzinsklausel für den gesamten geltend gemachten Zeitraum verpflichtet.
17 
Die Klägerin beantragt:
18 
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 8.187,13 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. August 2008 zu zahlen.
19 
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte ..., für außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von EUR 718,40 freizustellen.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
22 
Er trägt vor,
23 
die Mietklausel sei unklar bzw. mehrdeutig. Auch sei ein Erhöhungsanspruch bis Januar 2008 verwirkt, nachdem die Hausverwalterin mit Schreiben vom 16. Januar 2008 lediglich mit Wirkung vom 01. Februar 2008 eine Erhöhung des Mietzinses auf einen Betrag von EUR 2.287,93 verlangt habe (AH. 35). Schließlich seien Ansprüche bis einschließlich Dezember 2004 verjährt.
24 
Die Klägerin verkündete der Hausverwalterin mit Schriftsatz vom 16. Januar 2009 den Streit (AS. 35); die Streitverkündete ist am 02. Februar 2009 auf Seiten der Klägerin dem Rechtsstreit beigetreten und hat angekündigt, sich den Anträgen der Klägerin anzuschließen (AS. 55).
25 
Das Gericht hat verhandelt am 4. März 2009.
26 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2009 (AS. 67/69) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I.
28 
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlichen Mietzinses ergibt sich aus gewerblichem Mietvertrag.
29 
1. Zwischen den Parteien besteht seit dem 01. Juni 2000 ein Mietverhältnis, wonach der Beklagte für die Gewerberäume in der K.-Straße in K. - ursprünglich - monatlich EUR 1.644,31 zu zahlen hatte.
30 
2. Dieser Mietzins wurde durch vertraglich vereinbarte Indexklausel in § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages erhöht. Aufgrund der in § 3 Ziffer 3 enthaltenen Wertsicherungsklausel soll sich der zu zahlende Mietzins entsprechend der Veränderung des vom Statistischen Bundesamt zuletzt veröffentlichten Lebenshaltungskostenindexes aller privaten Haushalte in Deutschland erhöhen oder ermäßigen, wenn sich der Lebenshaltungsindex auf der Basis 1995 = 100 um mehr als 5 % gegenüber dem Stand von Juni 2000 ermäßigt oder erhöht. Bei Eintritt der in der vorbezeichneten Klausel umschriebenen Voraussetzungen ändert sich der Mietzins, ohne dass es einer Aufforderung zur Zahlung des geänderten Mietzinses bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1979, VIII ZR 277/78, in NJW 1980, 589). Das Erhöhungsverlangen der Klägerin wirkt also nicht konstitutiv für den Eintritt der Mieterhöhung, sondern bestimmt lediglich den Fälligkeitszeitpunkt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 9. Mai 2001, 2 U 236/00 in GuT 2002, 41/42). Im vorliegenden Fall sind die Erhöhungsbeträge bzw. deren Berechnung zwischen den Parteien nicht im Streit.
31 
3. Die Mietklausel des § Ziffer 3 ist auch zwischen den Parteien wirksam vereinbart. Eine Unklarheit im Sinne von § 305 c BGB besteht nicht.
32 
Der Beklagte beruft sich darauf, dass in § 3 Ziffer 2 a des Mietvertrages, auf den § 3 Ziffer 3 verweist, ein Grundmietzins nicht eingetragen ist. Vielmehr werde dort auf den Grundmietzins in § 3 Ziffer 1 a Bezug genommen, wobei nicht klar sei, ob lediglich die Grundmiete, oder auch die Miete für die Stellplätze mit umfasst werde. Überdies sei § 3 Ziffer 2 a mit einer Streichung versehen (AS. 27).
33 
Die Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Für ihre Anwendung genügt nicht, dass Streit über die Auslegung besteht. Vorraussetzung ist, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und zumindest zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2006, VIII ZR 166/06, in NJW 2007, 504 - 506). Weist die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, in NJW-RR 2003, 1247, 1248) oder haben die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2002, V ZR 405/00, in ZIP 2002, 1534 - 1536), so ist für eine Anwendung der Mehrdeutigkeitsregelung des § 305 c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Klauseln des Mietvertrages sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2006, a.a.O.).
34 
Im vorliegenden Fall ist nicht unklar bzw. mehrdeutig, wie die Wertsicherungsklausel des § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages zu verstehen ist. Allein in § 3 Ziffer 1 a ist der „Grundmietzins“ mit aa) Grundmiete und bb) Stellplatz usw. erfasst; Ziffer 1 b) regelt die Betriebskostenvorauszahlungen, Ziffer 1 c) betrifft die Mehrwertsteuer und Ziffer 1 d) enthält den Gesamtbetrag. Der in § 3 Ziffer 2 a) in § 3 Ziffer 1 a) Bezug genommene Grundmietzins umfasst demnach grundsätzlich Grundmiete und Stellplätze, es sei denn in § 3 Ziffer 2 a) ist abweichend davon ausnahmsweise etwas anderes, d.h. ein höherer oder niedrigerer Betrag geregelt. Ist demnach in § 3 Ziffer 2 kein von § 3 Ziffer 1 a) abweichender Grundmietzins eingetragen, so bezieht sich § 3 Ziffer 3 über § 3 Ziffer 2 a) unmittelbar auf den gesamten Grundmietzins des § 3 Ziffer 1 a.
35 
Systematisch regelt § 3 Ziffer 2 b) die Staffelmiete und § 3 Ziffer 3 die Wertsicherungsklausel. Die Streichung in § 3 Ziffer 2 erfasst demnach lediglich die Staffelmiete. Indem die Wertsicherungsklausel des § 3 Ziffer 3 nicht gestrichen wurde, ist ihre Fortgeltung eindeutig geregelt.
36 
Dass auch der Beklagte diese Klausel in diesem Sinne verstanden hat und auch weiterhin so versteht, ergibt sich daraus, dass er seit Februar 2008, d.h. seit dem Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens, mit Ausnahme eines geringfügigen Differenzbetrages von EUR 2,84 (seit Juni 2008) den geforderten Erhöhungsbetrag auch zahlt. Ginge er davon aus, dass die Auslegung zu seinen Gunsten dahin zu verstehen ist, dass im Grundmietzins der Stellplatzbetrag von DM 120,- (= EUR 61,36) nicht mit umfasst sei, so dürfte er statt des Differenzbetrages von EUR 2,84 den Betrag von EUR 9,82 (Mietzinserhöhungen auf der Grundlage des Stellplatzmietzinses von EUR 61,36 entsprechend den Indices und Erhöhungsberechnungen der Klägerin - AS. 9/11) von der begehrten Miete abziehen. Warum der Beklagte seit Juni 2008 den Differenzbetrag von EUR 2,84 nicht zahlt, hat er nicht dargelegt; diese Reduzierung ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich. Demzufolge geht das Gericht - neben der klaren Wertsicherungsregelung des § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages - auch davon aus, dass der Beklagte diese Klausel auch in diesem Sinne der Bezugnahme auf den gesamten Grundmietzins in § 3 Ziffer 1 a verstanden hat und auch weiterhin so versteht.
37 
4. Das Schreiben der Hausverwalterin der Klägerin vom 16. Januar 2008 enthält keinen Verzicht auf einen durch Wertsicherungsklausel erhöhten Mietzins für den Zeitraum April 2003 bis Januar 2008.
38 
Verzicht ist eine rechtsgestaltende Willenserklärung, mit der der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition endgültig aufgibt. Das setzt einen in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das Gebot einer interessengerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten. Hat der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition erlangt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er sie nicht einfach wieder aufgeben will (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2002, X ZR 91/00, in WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu vermuten (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1993, XI ZR 70/93, in WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein stillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein Verhalten, aus dem - nach Bewertung aller Fallumstände - unzweideutig der Wille entnommen werden kann, die günstige Rechtsposition aufzugeben. Regelmäßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann ausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafür zu erkennen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2001, VII ZR 356/00, in WM 2001, 1387 unter II 1 b und zusammenfassend BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005, IV ZR 89/05, in VersR 2006, 57 - 59).
39 
Nach diesen Maßstäben kann im vorliegenden Fall allein der Umstand, dass die Klägerin Schreiben vom 16. Januar 2008 mitteilte, vom Beklagte auf der Grundlage der Indexklausel eine Mieterhöhung ab dem 01. Februar 2008 zu verlangen (AH. 35), nicht als Verzicht auf die Geltendmachung eines möglicherweise bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestehenden erhöhten Mietzinsanspruchs verstanden werden.
40 
5. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Durchsetzung des Mieterhöhungsanspruchs für die Zeit bis Januar 2008 nicht der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB entgegen.
41 
Zwar unterliegt auch der Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses aufgrund einer Mietpreisklausel, wie jeder Anspruch, der Verwirkung. Indessen verwirkt der Vermieter, der keinen höheren Mietzins verlangt, obwohl die Erhöhungsvoraussetzungen schon vor geraumer Zeit eingetreten sind, allein dadurch nicht seinen Anspruch auf Zahlung des erhöhten Mietzinses. Vielmehr müssen über den Zeitablauf hinaus noch besondere Umstände im Verhalten des Vermieters vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe bereits darauf vertrauen können, dass der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend mache (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002, VII ZR 23/02, in NJW 2003, 824; BGH, Urteil vom 29. Februar 1984, VIII ZR 310/82, in NJW 1984, 1684; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 4. Juni 2008, 3 U 113/07; OLG Celle, Urteil vom 9. Mai 2001, 2 U 236/00, in GuT 2002, 41/42; OLG Celle, Urteil vom 29. Januar 1988, 2 U 78/87, in NJW-RR 1988, 723; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 1993, 10 U 163/92, in NJW-RR 1993, 1036, 1037; OLG Köln, Urteil vom 29. April 1987, 2 U 113/86, in WM 1987, 1308 - 1311).
42 
Für die Beurteilung macht es keinen Unterschied, dass die Vermieterin im vorliegenden Fall den Erhöhungsanspruch, deren Voraussetzungen erstmals im März 2003 vorlagen, fast fünf Jahre später mit dem Erhöhungsverlangen vom 16. Januar 2008 geltend gemacht hat. Dem Zeitmoment trägt das Gesetz nämlich durch die kurze Verjährung gemäß § 195 BGB hinreichend Rechnung. Der Beklagte trägt als einzigen Umstandsmoment das Schreiben der Hausverwalterin vom 16. Januar 2008 vor. Für den vor dem Schreiben liegenden Zeitraum gibt es jedoch keinerlei Umstandsmoment, wonach der Beklagte im Verhalten der Klägerin während der vergangenen Jahre den Eindruck gewinnen konnte, sie mache von dem seit 2003 bestehenden Recht der Einforderung der nach dem Index erhöhten Miete keinen Gebrauch. Insbesondere hat die Klägerin zu keinem früheren Zeitpunkt bereits eine erhöhte Miete eingefordert und sodann von einer weiteren Erhöhung abgesehen, oder gar mit irgendwelchen Schreiben auf den geänderten Index, bzw. auf eine trotz geänderten Indexes unveränderte Miete hingewiesen. Dementsprechend konnte sich der Beklagte auch für diesem Zeitraum April 2003 bis Januar 2008 nicht auf dieses Verhalten einrichten. Das Schreiben der Verwalterin vom 16. Januar 2008 steht vielmehr am Ende des vermeintlich verwirkten Zeitraums. In der Geltendmachung der Mietzinserhöhung für einem Zeitraum ab Februar 2008 kann also ein Umstandsmoment für eine Verwirkung des vergangene Zeitraums gerade nicht gesehen werden.
43 
6. Für den von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum April 2003 bis Dezember 2004 sind Mietzinsbeträge in Höhe von insgesamt EUR 1.733,34 verjährt.
44 
Mietzinsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB), wobei die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Verjährung wird gehemmt durch die Erhebung der Klage auf Leistung (§ 204 Abs. 1 Ziffer 1 BGB). Demzufolge konnten durch die Klageerhebung zum 25. November 2008 lediglich Mietzinsansprüche der Klägerin für den Zeitraum ab Januar 2005 in ihrer Verjährung gehemmt werden. Für den davor liegenden Zeitraum ist Verjährung eingetreten. Da der für diesen Zeitraum auf der Grundlage der Mietsicherungsklausel geschuldete Mietzins - unstreitig - EUR 1.726,85 beträgt und der Beklagte den ursprünglich geschuldeten Mietzinsbetrag von EUR 1.644,31 zahlte (AS. 9), errechnet sich aus der Differenz von EUR 82,54 für den Zeitraum von 21 Monaten der der Verjährung unterworfene Mietzinsbetrag von insgesamt EUR 1.733,34. In diesem Umfang war die Klage daher abzuweisen.
45 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage daher in Höhe von EUR 6.453,79 stattzugeben.
II.
46 
Der Freistellungsanspruch hinsichtlich der Gebührenforderung in Höhe von EUR 603,93 für außergerichtlichen Tätigkeit des Klägervertreters aus einem (begründeten) Gegenstandswert von EUR 6.453,79 ergibt sich aus §§ 257, 280, 286 BGB. Der darüber hinaus wegen eines Betrages von EUR 114,47 geltend gemachte Anspruch ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

Gründe

 
27 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I.
28 
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlichen Mietzinses ergibt sich aus gewerblichem Mietvertrag.
29 
1. Zwischen den Parteien besteht seit dem 01. Juni 2000 ein Mietverhältnis, wonach der Beklagte für die Gewerberäume in der K.-Straße in K. - ursprünglich - monatlich EUR 1.644,31 zu zahlen hatte.
30 
2. Dieser Mietzins wurde durch vertraglich vereinbarte Indexklausel in § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages erhöht. Aufgrund der in § 3 Ziffer 3 enthaltenen Wertsicherungsklausel soll sich der zu zahlende Mietzins entsprechend der Veränderung des vom Statistischen Bundesamt zuletzt veröffentlichten Lebenshaltungskostenindexes aller privaten Haushalte in Deutschland erhöhen oder ermäßigen, wenn sich der Lebenshaltungsindex auf der Basis 1995 = 100 um mehr als 5 % gegenüber dem Stand von Juni 2000 ermäßigt oder erhöht. Bei Eintritt der in der vorbezeichneten Klausel umschriebenen Voraussetzungen ändert sich der Mietzins, ohne dass es einer Aufforderung zur Zahlung des geänderten Mietzinses bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1979, VIII ZR 277/78, in NJW 1980, 589). Das Erhöhungsverlangen der Klägerin wirkt also nicht konstitutiv für den Eintritt der Mieterhöhung, sondern bestimmt lediglich den Fälligkeitszeitpunkt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 9. Mai 2001, 2 U 236/00 in GuT 2002, 41/42). Im vorliegenden Fall sind die Erhöhungsbeträge bzw. deren Berechnung zwischen den Parteien nicht im Streit.
31 
3. Die Mietklausel des § Ziffer 3 ist auch zwischen den Parteien wirksam vereinbart. Eine Unklarheit im Sinne von § 305 c BGB besteht nicht.
32 
Der Beklagte beruft sich darauf, dass in § 3 Ziffer 2 a des Mietvertrages, auf den § 3 Ziffer 3 verweist, ein Grundmietzins nicht eingetragen ist. Vielmehr werde dort auf den Grundmietzins in § 3 Ziffer 1 a Bezug genommen, wobei nicht klar sei, ob lediglich die Grundmiete, oder auch die Miete für die Stellplätze mit umfasst werde. Überdies sei § 3 Ziffer 2 a mit einer Streichung versehen (AS. 27).
33 
Die Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Für ihre Anwendung genügt nicht, dass Streit über die Auslegung besteht. Vorraussetzung ist, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und zumindest zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2006, VIII ZR 166/06, in NJW 2007, 504 - 506). Weist die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, in NJW-RR 2003, 1247, 1248) oder haben die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2002, V ZR 405/00, in ZIP 2002, 1534 - 1536), so ist für eine Anwendung der Mehrdeutigkeitsregelung des § 305 c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Klauseln des Mietvertrages sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2006, a.a.O.).
34 
Im vorliegenden Fall ist nicht unklar bzw. mehrdeutig, wie die Wertsicherungsklausel des § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages zu verstehen ist. Allein in § 3 Ziffer 1 a ist der „Grundmietzins“ mit aa) Grundmiete und bb) Stellplatz usw. erfasst; Ziffer 1 b) regelt die Betriebskostenvorauszahlungen, Ziffer 1 c) betrifft die Mehrwertsteuer und Ziffer 1 d) enthält den Gesamtbetrag. Der in § 3 Ziffer 2 a) in § 3 Ziffer 1 a) Bezug genommene Grundmietzins umfasst demnach grundsätzlich Grundmiete und Stellplätze, es sei denn in § 3 Ziffer 2 a) ist abweichend davon ausnahmsweise etwas anderes, d.h. ein höherer oder niedrigerer Betrag geregelt. Ist demnach in § 3 Ziffer 2 kein von § 3 Ziffer 1 a) abweichender Grundmietzins eingetragen, so bezieht sich § 3 Ziffer 3 über § 3 Ziffer 2 a) unmittelbar auf den gesamten Grundmietzins des § 3 Ziffer 1 a.
35 
Systematisch regelt § 3 Ziffer 2 b) die Staffelmiete und § 3 Ziffer 3 die Wertsicherungsklausel. Die Streichung in § 3 Ziffer 2 erfasst demnach lediglich die Staffelmiete. Indem die Wertsicherungsklausel des § 3 Ziffer 3 nicht gestrichen wurde, ist ihre Fortgeltung eindeutig geregelt.
36 
Dass auch der Beklagte diese Klausel in diesem Sinne verstanden hat und auch weiterhin so versteht, ergibt sich daraus, dass er seit Februar 2008, d.h. seit dem Zeitpunkt des Erhöhungsverlangens, mit Ausnahme eines geringfügigen Differenzbetrages von EUR 2,84 (seit Juni 2008) den geforderten Erhöhungsbetrag auch zahlt. Ginge er davon aus, dass die Auslegung zu seinen Gunsten dahin zu verstehen ist, dass im Grundmietzins der Stellplatzbetrag von DM 120,- (= EUR 61,36) nicht mit umfasst sei, so dürfte er statt des Differenzbetrages von EUR 2,84 den Betrag von EUR 9,82 (Mietzinserhöhungen auf der Grundlage des Stellplatzmietzinses von EUR 61,36 entsprechend den Indices und Erhöhungsberechnungen der Klägerin - AS. 9/11) von der begehrten Miete abziehen. Warum der Beklagte seit Juni 2008 den Differenzbetrag von EUR 2,84 nicht zahlt, hat er nicht dargelegt; diese Reduzierung ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich. Demzufolge geht das Gericht - neben der klaren Wertsicherungsregelung des § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages - auch davon aus, dass der Beklagte diese Klausel auch in diesem Sinne der Bezugnahme auf den gesamten Grundmietzins in § 3 Ziffer 1 a verstanden hat und auch weiterhin so versteht.
37 
4. Das Schreiben der Hausverwalterin der Klägerin vom 16. Januar 2008 enthält keinen Verzicht auf einen durch Wertsicherungsklausel erhöhten Mietzins für den Zeitraum April 2003 bis Januar 2008.
38 
Verzicht ist eine rechtsgestaltende Willenserklärung, mit der der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition endgültig aufgibt. Das setzt einen in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das Gebot einer interessengerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten. Hat der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition erlangt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er sie nicht einfach wieder aufgeben will (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2002, X ZR 91/00, in WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu vermuten (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1993, XI ZR 70/93, in WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein stillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein Verhalten, aus dem - nach Bewertung aller Fallumstände - unzweideutig der Wille entnommen werden kann, die günstige Rechtsposition aufzugeben. Regelmäßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann ausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafür zu erkennen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2001, VII ZR 356/00, in WM 2001, 1387 unter II 1 b und zusammenfassend BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005, IV ZR 89/05, in VersR 2006, 57 - 59).
39 
Nach diesen Maßstäben kann im vorliegenden Fall allein der Umstand, dass die Klägerin Schreiben vom 16. Januar 2008 mitteilte, vom Beklagte auf der Grundlage der Indexklausel eine Mieterhöhung ab dem 01. Februar 2008 zu verlangen (AH. 35), nicht als Verzicht auf die Geltendmachung eines möglicherweise bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestehenden erhöhten Mietzinsanspruchs verstanden werden.
40 
5. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Durchsetzung des Mieterhöhungsanspruchs für die Zeit bis Januar 2008 nicht der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB entgegen.
41 
Zwar unterliegt auch der Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses aufgrund einer Mietpreisklausel, wie jeder Anspruch, der Verwirkung. Indessen verwirkt der Vermieter, der keinen höheren Mietzins verlangt, obwohl die Erhöhungsvoraussetzungen schon vor geraumer Zeit eingetreten sind, allein dadurch nicht seinen Anspruch auf Zahlung des erhöhten Mietzinses. Vielmehr müssen über den Zeitablauf hinaus noch besondere Umstände im Verhalten des Vermieters vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe bereits darauf vertrauen können, dass der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend mache (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2002, VII ZR 23/02, in NJW 2003, 824; BGH, Urteil vom 29. Februar 1984, VIII ZR 310/82, in NJW 1984, 1684; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 4. Juni 2008, 3 U 113/07; OLG Celle, Urteil vom 9. Mai 2001, 2 U 236/00, in GuT 2002, 41/42; OLG Celle, Urteil vom 29. Januar 1988, 2 U 78/87, in NJW-RR 1988, 723; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 1993, 10 U 163/92, in NJW-RR 1993, 1036, 1037; OLG Köln, Urteil vom 29. April 1987, 2 U 113/86, in WM 1987, 1308 - 1311).
42 
Für die Beurteilung macht es keinen Unterschied, dass die Vermieterin im vorliegenden Fall den Erhöhungsanspruch, deren Voraussetzungen erstmals im März 2003 vorlagen, fast fünf Jahre später mit dem Erhöhungsverlangen vom 16. Januar 2008 geltend gemacht hat. Dem Zeitmoment trägt das Gesetz nämlich durch die kurze Verjährung gemäß § 195 BGB hinreichend Rechnung. Der Beklagte trägt als einzigen Umstandsmoment das Schreiben der Hausverwalterin vom 16. Januar 2008 vor. Für den vor dem Schreiben liegenden Zeitraum gibt es jedoch keinerlei Umstandsmoment, wonach der Beklagte im Verhalten der Klägerin während der vergangenen Jahre den Eindruck gewinnen konnte, sie mache von dem seit 2003 bestehenden Recht der Einforderung der nach dem Index erhöhten Miete keinen Gebrauch. Insbesondere hat die Klägerin zu keinem früheren Zeitpunkt bereits eine erhöhte Miete eingefordert und sodann von einer weiteren Erhöhung abgesehen, oder gar mit irgendwelchen Schreiben auf den geänderten Index, bzw. auf eine trotz geänderten Indexes unveränderte Miete hingewiesen. Dementsprechend konnte sich der Beklagte auch für diesem Zeitraum April 2003 bis Januar 2008 nicht auf dieses Verhalten einrichten. Das Schreiben der Verwalterin vom 16. Januar 2008 steht vielmehr am Ende des vermeintlich verwirkten Zeitraums. In der Geltendmachung der Mietzinserhöhung für einem Zeitraum ab Februar 2008 kann also ein Umstandsmoment für eine Verwirkung des vergangene Zeitraums gerade nicht gesehen werden.
43 
6. Für den von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum April 2003 bis Dezember 2004 sind Mietzinsbeträge in Höhe von insgesamt EUR 1.733,34 verjährt.
44 
Mietzinsansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB), wobei die Verjährung mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Verjährung wird gehemmt durch die Erhebung der Klage auf Leistung (§ 204 Abs. 1 Ziffer 1 BGB). Demzufolge konnten durch die Klageerhebung zum 25. November 2008 lediglich Mietzinsansprüche der Klägerin für den Zeitraum ab Januar 2005 in ihrer Verjährung gehemmt werden. Für den davor liegenden Zeitraum ist Verjährung eingetreten. Da der für diesen Zeitraum auf der Grundlage der Mietsicherungsklausel geschuldete Mietzins - unstreitig - EUR 1.726,85 beträgt und der Beklagte den ursprünglich geschuldeten Mietzinsbetrag von EUR 1.644,31 zahlte (AS. 9), errechnet sich aus der Differenz von EUR 82,54 für den Zeitraum von 21 Monaten der der Verjährung unterworfene Mietzinsbetrag von insgesamt EUR 1.733,34. In diesem Umfang war die Klage daher abzuweisen.
45 
Aus oben dargelegten Gründen war der Klage daher in Höhe von EUR 6.453,79 stattzugeben.
II.
46 
Der Freistellungsanspruch hinsichtlich der Gebührenforderung in Höhe von EUR 603,93 für außergerichtlichen Tätigkeit des Klägervertreters aus einem (begründeten) Gegenstandswert von EUR 6.453,79 ergibt sich aus §§ 257, 280, 286 BGB. Der darüber hinaus wegen eines Betrages von EUR 114,47 geltend gemachte Anspruch ist unbegründet und daher abzuweisen. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 108 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 257 Befreiungsanspruch


Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so

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Gründe 1 Der 1978 geborene Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug der Vorlageanordnung für seine Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit der mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 27.10.2009 getroffenen Feststellung, dass er nicht berechtigt se

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 166/06 Verkündet am:
15. November 2006
E r m e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Klausel
"Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei
anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes
anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den
Verkäufer hiervon zu unterrichten"
(Ziffer VII 2 a der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen
Kraftfahrzeugen und Anhängern - NWVB) ist wegen Mehrdeutigkeit nicht dahin auszulegen,
dass die Unterrichtung des Verkäufers über die Geltendmachung von Ansprüchen des Käufers
auf Mängelbeseitigung bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des
Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben zu erfolgen hat, bevor die Nachbesserung durch
wiederholte erfolglose Mängelbeseitigungsversuche derartiger Betriebe fehlgeschlagen ist.
BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger und den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin erwarb am 23. August 2003 von der in M. geschäftsansässigen Beklagten einen Neuwagen C. zum Preis von 15.800 Euro. Die dem Vertrag zu Grunde liegenden "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, Stand April 2003" (NWVB) bestimmen u.a.: "VII. Sachmangel ... 2. Für die Abwicklung einer Mängelbeseitigung gilt folgendes: Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten."
2
Bis Ende August 2004 führte die Klägerin das Fahrzeug insgesamt fünf Mal bei zwei verschiedenen C. -Fachbetrieben in S. vor und bemängelte u.a., dass Wasser in das Fahrzeuginnere und in den Kofferraum eindringe. Im Februar 2005 unterrichtete die Klägerin die Beklagte über die nach ihrer Darstellung erfolglosen Versuche, die Undichtigkeiten des Fahrzeugs zu beseitigen. Die Beklagte bot der Klägerin daraufhin an, das Fahrzeug zwecks Überprüfung und Behebung des Mangels in ihrer Werkstatt bei der Klägerin abzuholen und ihr ein Leihfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin ging darauf nicht ein und erklärte mit Schreiben vom 7. März 2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrages ab.
3
Mit der Klage begehrt die Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Zahlung von 15.209,80 € (zusammengesetzt aus dem Kaufpreis von 15.800 Euro, 75 € An- und Abmeldekosten und 30 € Unkostenpauschale abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 695,20 €) nebst Verzugszinsen und Feststellung des Annahmeverzuges. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen , das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Klägerin sei zum Rücktritt (noch) nicht berechtigt, weil sie der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass die Fristsetzung nach § 440 BGB entbehrlich gewesen sei. Zwar sei sie nicht schon deshalb an der Geltendmachung von Sekundäransprüchen gehindert, weil sie nicht der Beklagten selbst Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe, sondern zwei in S. ansässige Vertragshändler erfolglos eine Nachbesserung versucht hätten. Denn die Beklagte müsse sich die Nachbesserungsversuche der S. Werkstätten gemäß § 278 BGB entgegenhalten lassen, weil sie die Klägerin in Ziffer VII 2 a ihrer Vertragsbedingungen von vornherein ermächtigt habe, die Nachbesserung in einer anderen C. - Vertragswerkstatt vornehmen zu lassen.
7
Trotz mehrfacher vergeblicher Reparaturversuche sei die Nachbesserung nicht im Sinne des § 440 Satz 2 BGB fehlgeschlagen, weil sich aus den Umständen etwas anderes ergebe. Die Klägerin habe die ihr nach Ziffer VII 2 a der Geschäftsbedingungen obliegende Informationspflicht verletzt und könne sich deshalb auf die fehlgeschlagenen Reparaturversuche der Drittwerkstätten nicht berufen.
8
Auch wenn die Klausel VII 2 a keine ausdrückliche Vorgabe enthalte, wie und vor allem wann der Käufer den Verkäufer zu informieren habe, müsse der Käufer die Information in zeitlichem Zusammenhang mit der Nachbesserung und insbesondere vor der Vornahme des zweiten und letzten Nachbesserungsversuchs erteilen. Jedem verständigen Verbraucher müsse bewusst sein, dass er sich im Normalfall mit Mängelrügen und Nachbesserungsverlangen an seinen Vertragspartner wenden müsse und die in den NWVB enthaltene Regelung eine Ausnahme darstelle, die ihm eine Erweiterung seines Rechtskreises und eine flächendeckende Serviceleistung der Vertragshändler biete. Die Gewährleistungsansprüche und die damit verbundenen Kosten und Risiken beträfen ausschließlich den Verkäufer und nicht die Drittwerkstatt. Nur durch eine rechtzeitige Information werde der Zweck der Informationspflicht gewahrt, es dem Verkäufer doch noch zu ermöglichen, die Nachbesserung selbst durchzuführen oder den Drittbetrieb dabei zu unterstützen.
9
Die Klägerin habe die so verstandene Informationspflicht verletzt, indem sie die Beklagte erst kurz vor der Erklärung des Rücktritts über die erfolgten Nachbesserungsversuche in Kenntnis gesetzt und sie vor vollendete Tatsachen gestellt habe.

II.

10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
1. Der Klägerin kann ein Anspruch aus § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 437 Nr. 2 1. Alt., §§ 440, 323 BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 23. August 2003 nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden. Nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt ist das von der Beklagten verkaufte Fahrzeug mit einem nicht unerheblichen (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) Sachmangel behaftet, dessen Beseitigung trotz mehrerer Nachbesserungsversuche misslungen ist. Anders als das Berufungsgericht meint, bedurfte es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, weil die der Klägerin zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen war (§ 440 BGB).
12
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Beklagte die Nachbesserungsversuche der von der Klägerin aufgesuchten C. -Vertragswerkstätten zurechnen lassen muss und dass die Klägerin daher nicht schon deshalb an der Geltendmachung von Sekundäransprüchen gehindert ist, weil sie der Beklagten zu keinem Zeitpunkt Gelegenheit zur Nachbesserung in deren eigener Werkstatt gegeben hat.
13
Die von der Beklagten verwendeten Geschäftsbedingungen räumen dem Käufer in Ziffer VII 2 a ausdrücklich das Recht ein, sich für die Abwicklung einer Mängelbeseitigung statt an den Verkäufer an einen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieb zu wenden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, setzt die dem Käufer eingeräumte Befugnis nicht voraus, dass er den Verkäufer zuvor informiert oder gar dessen Einverständnis einholt; eine derartige Einschränkung lässt sich den Geschäftsbedingungen nicht entnehmen. Infolge der vom Verkäufer erteilten Ermächtigung wird der vom Käufer zur Nachbesserung eingeschaltete Betrieb als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers tätig; der Verkäufer muss sich deshalb die von dieser Werkstatt ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten und die im Zusammenhang damit abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen (Senat, Urteil vom 15. Mai 1985 – VIII ZR 105/84, WM 1985, 917 = NJW 1985, 2819 unter I 5 sowie Urteil vom 10. April 1991 – VIII 131/90, WM 1991, 1221 = NJW 1991, 1882 unter II 3 b).
14
b) Die der Klägerin zustehende Art der Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, weil der – behebbare – Mangel nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legen- den Sachverhalt durch die der Beklagten zuzurechnenden Reparaturversuche nicht beseitigt wurde. Mit der dem Käufer zustehenden Art der Nacherfüllung ist die vom Käufer gewählte (§ 439 Abs. 1 BGB) und vom Verkäufer nicht zu Recht verweigerte (§ 439 Abs. 3 BGB) Art der Nacherfüllung gemeint (vgl. Begründung zum Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 233).
15
Die Nacherfüllung in der Variante Nachbesserung, für die sich die Klägerin entschieden hat, gilt gemäß § 440 Satz 2 BGB nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Mangels oder aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Mehr als zwei Nachbesserungsversuche kommen deshalb etwa bei besonderer (technischer ) Komplexität der Sache, schwer zu behebenden Mängeln oder ungewöhnlich widrigen Umständen bei vorangegangenen Nachbesserungsversuchen in Betracht (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2004, § 440 Rdnr. 18; Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2006, § 440 Rdnr. 10; MünchKomm /Westermann, BGB, 4. Aufl., § 440 Rdnr. 11; Faust in Beck’scher OnlineKomm. BGB, Stand 1.8.2006, § 440 Rdnr. 32).
16
Derartige besondere Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Beklagte beruft sich auch nicht auf besondere objektive Schwierigkeiten bei der Mangelbeseitigung, sondern darauf, dass sie bisher keine Gelegenheit hatte, persönlich auf die Behebung des Mangels Einfluss zu nehmen, um nicht Sekundäransprüchen der Klägerin ausgesetzt zu sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dies kein Umstand, dem im Rahmen des § 440 Satz 2 BGB Bedeutung zukommen könnte. Ein Recht des Verkäufers, zumindest einen eigenen Nachbesserungsversuch vorzunehmen, sieht die Klausel Ziffer VII 2 a NWVB nicht vor. Vielmehr muss die Beklagte sich, wie bereits ausgeführt wurde, die wiederholten erfolglosen Mängelbeseitigungsversuche der von der Klägerin befugtermaßen eingeschalteten S. C. - Betriebe wie eigene gescheiterte Nachbesserungsversuche zurechnen lassen.
17
c) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich die Klägerin deshalb nicht auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 440 BGB berufen könne, weil sie die Beklagte nicht rechtzeitig über die Inanspruchnahme der S. Vertragswerkstätten informiert habe. Zwar kann die Ausübung eines Rechts nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine mit seinem Anspruch in engem Zusammenhang stehende schwerwiegende Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt (BGH, Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, unter II 2 b bb (1); Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 242, Rdnrn. 46, 47; Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB, 2005, § 242, Rdnrn. 251 und 255, jew.m.w.Nachw.). Es fehlt aber bereits an einer Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Klägerin, denn aus Ziffer VII 2 a NWVB ergibt sich keine Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer spätestens vor dem zweiten Nachbesserungsversuch einer anderen Vertragswerkstatt über deren Einschaltung zu informieren.
18
Die Vertragsbedingungen der Beklagten regeln nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt der Käufer seinen Vertragspartner informieren muss, so dass dies im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.
19
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (BGHZ 77, 116, 118; 102, 384, 389 f; Senat, Urteil vom 9. Mai 2001 – VIII ZR 208/00, WM 2001, 2008 = NJW 2001, 2165 unter II 2 a).
20
Nach einer vor allem in der Literatur vertretenen Auffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, soll die in Ziffer VII 2 a NWVB geregelte Informationspflicht den Verkäufer in die Lage versetzen, die mit der Mängelabwicklung befasste Drittwerkstatt im Interesse einer erfolgreichen Mängelbeseitigung zu unterstützen bzw. zu kontrollieren oder die erforderliche Reparatur notfalls selbst durchzuführen (Seel, DAR 2004, 563, 564; Creutzig, Recht des Autokaufs , 4. Aufl., Rdnr. 7.2.6; ebenso LG Schwerin, DAR 2004, 590, 592; vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 410). Um einer solchen Funktion gerecht zu werden, müsste die Information möglichst frühzeitig, spätestens vor dem zweiten Nachbesserungsversuch erfolgen.
21
Aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers ist ein so verstandener Zweck der ihm auferlegten Informationspflicht jedoch keineswegs eindeutig. Offensichtlich bietet die in Ziffer VII 2 NWVB geregelte Abwicklung einer Mängelbeseitigung beiden Vertragspartnern Vorteile. Dem Käufer steht das gesamte Vertragshändler- und -werkstättennetz zur Verfügung, so dass er sich jeweils an eine nahe gelegene Werkstatt wenden kann; dies kommt auch dem Verkäufer zu gute, weil er dadurch unter Umständen erhebliche Transportkosten erspart , die dem Verkäufer bei berechtigten Mängelrügen zur Last fallen (§ 439 Abs. 2 BGB). Ferner sind mit der Schaffung eines kundenfreundlichen Servicenetzes im Interesse des Verkäufers liegende absatzfördernde Wirkungen verbunden (vgl. Himmelreich/Andreae/Teigelack, AutoKaufRecht, 3. Aufl., Rdnr. 748).
22
Dem Neuwagenkäufer stellt sich das Servicenetz des Herstellers /Importeurs als einheitliche Organisation dar. Er wird daher erwarten, dass jede vom Hersteller/Importeur autorisierte Werkstatt einen Fahrzeugmangel ebenso zuverlässig beheben wird wie der Betrieb, bei dem er das Fahrzeug gekauft hat. Das aus Sicht des Verkäufers möglicherweise erstrebte Ziel, zumindest einen Nachbesserungsversuch in der eigenen Werkstatt vornehmen zu können, ist mit Hilfe der Informationspflicht ohnehin nicht zu erreichen, weil dem Käufer mit der Regelung in Ziffer VII 2 a ein umfassendes Wahlrecht unter den autorisierten Werkstätten eingeräumt ist. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend ausführt, wird dem Verkäufer durch eine unverzügliche Information des Käufers daher nur die Möglichkeit eröffnet, sich in Absprache mit der eingeschalteten Werkstatt an den Reparaturarbeiten zu beteiligen oder diese auf sonstige Weise zu unterstützen. Dass diese sehr eingeschränkte Möglichkeit der Einflussnahme für den Verkäufer von erheblicher Bedeutung und dem Käufer vornehmlich aus diesem Grund eine Unterrichtungspflicht auferlegt ist, wird aus der Sicht des Kunden nicht hinreichend deutlich, zumal die Unterstützung einer vom Betrieb des Verkäufers möglicherweise weit entfernt liegenden Vertragswerkstatt praktischen Schwierigkeiten begegnen (vgl. Schattenkirchner, DAR 2004, 592, 593) und Kosten verursachen dürfte, die durch die Schaffung eines Servicenetzes gerade vermieden werden sollen.
23
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die dem Verkäufer durch Ziffer VII 2 a NWVB auferlegte Information des Verkäufers nicht sinnlos, wenn sie erst nach dem Fehlschlagen der Nacherfüllung durch mehrere erfolglose Mängelbeseitigungsversuche anderer Betriebe erteilt wird. Aus der maßgeblichen Sicht des verständigen Neuwagenkäufers kann der Zweck der Informationspflicht auch darin bestehen, dem Verkäufer, der sich mit einem Rücktritt oder mit Schadensersatzansprüchen des Käufers konfrontiert sieht, die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen sekundärer Mängelrechte des Käufers erfüllt sind. Die von der Beklagten verwendete Formularklausel ist deshalb hinsichtlich des zeitlichen Rahmens, der dem Kunden für die Erfüllung der ihm auferlegten Informationspflicht zur Verfügung steht, objektiv mehrdeutig. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Auslegungsmethoden aber Zweifel und sind mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, so kommt die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) zur Anwendung (BGHZ 112, 65, 68; BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247 unter II. 2c, st. Rspr.). Danach gehen die dargelegten Zweifel hinsichtlich des Zeitpunktes der vom Käufer geschuldeten Information zu Lasten des Verkäufers (so auch Reinking/Eggert, aaO Rdnr. 410).

III.

24
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif, da das Berufungsgericht – vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig – keine Fest- stellungen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin geltend gemachten Mängel (fort)bestehen. Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.09.2005 - 22 O 190/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.05.2006 - 13 U 212/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 74/02 Verkündet am:
9. Juli 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 88 § 7 I (2) a; AGBG § 5; BGB § 305c Abs. 2
Die in der Gliedertaxe (§ 7 I (2) a AUB 88) enthaltene Wendung "... Funktionsunfähigkeit
... einer Hand im Handgelenk ..." ist unklar (§§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 9. Juli 2003

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der er eine private Unfallversicherung unterhält, eine höhere Invaliditätsentschädigung als bereits bezahlt. Die Parteien streiten um die richtige Bemessung des Invaliditätsgrades und hierbei insbesondere darum, wie der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Begriff der "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" auszulegen ist.
Der Kläger erlitt durch einen Unfall einen Trümmerbruch der Speiche des linken Armes, mit Gelenkflächenbeteiligung und Schädigung der distalen Handwurzelknochen. Wegen fortdauernder Schmerzen mußte eine künstliche Versteifung des Handgelenks vorgenommen werden.

Einzelne Funktionen der Hand wie Tasten, Fühlen, Bewegen und die Beweglichkeit der Finger sind erhalten geblieben, so daß die Hand für den Kläger nicht vollständig nutzlos, sondern weiterhin teilweise gebrauchsfähig ist.
In der sogenannten Gliedertaxe der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (§ 7 I (2) a und b AUB 88) heißt es hierzu u.a.:
"(2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk 70 Prozent eines Armes bis oberhalb des Ellbogengelenks 65 Prozent eines Armes unterhalb des Ellbogengelenks 60 Prozent einer Hand im Handgelenk 55 Prozent. eines Daumens 20 Prozent eines Zeigefingers 10 Prozent eines anderen Fingers 5 Prozent ... eines Fußes im Fußgelenk 40 Prozent
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen." Der Kläger meint, der Grad seiner Invalidität sei nach der Funktionsbeeinträchtigung seiner Hand und des Handgelenks zu bemessen, die mindestens 80% betrage, so daß sein Invaliditätsgrad mit (80% von 55% =) 44% anzusetzen sei. Auf dieser Basis steht ihm unstreitig eine

Entschädigung von 216.480 DM zu, von der nach Abzug des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages noch die mit der Klage geltend gemachten 126.720 DM offenstehen. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß es auf die Funktionsbeeinträchtigung des ganzen Armes ankomme, die 2/5 betrage. Dementsprechend hat die Beklagte auf der Basis eines Invaliditätsgrades von (2/5 von 70% =) 28% abgerechnet und gezahlt.
Das Landgericht hat auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes abgestellt und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung der begehrten weiteren Entschädigung mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger steht die verlangte weitere Invaliditätsentschädigung zu.
I. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, daß es nicht auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes ankomme. Wegen des abstrakten und generellen Maßstabs der Gliedertaxe, die feste Invaliditätsgrade für die in ihr benannten Glieder bestimme, dürfe bei vollständiger Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand im Handgelenk der Invaliditätsgrad nicht unter Rückgriff auf die Auswirkungen auf das Restglied ge-

ringer angesetzt werden. Des weiteren hat das Berufungsgericht wegen des seiner Ansicht nach eindeutigen Wortlauts des Begriffs "Funktions- unfähigkeit der Hand im Handgelenk" angenommen, daß es auf die Funktionsunfähigkeit der Hand gerade im Handgelenk und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand ankomme. Bei einer kompletten Versteifung des Handgelenks, wie sie beim Kläger vorliege, sei es deshalb unerheblich, ob das Teilglied Hand noch vorhanden und funktionsfähig sei.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Ausstrahlungen der Funktionsbeeinträchtigung der Hand im Handgelenk auf den ganzen Arm für unbeachtlich erklärt und deshalb nicht den Armwert angewandt (vgl. Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 143/89 - VersR 1990, 964 unter 2 a; vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3 b; vom 23. Januar 1991 - IV ZR 60/91 - VersR 1991, 413; vom 17. Januar 2001 - IV ZR 32/00 - VersR 2001, 360 unter 2 a).
2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden , daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" vorliegt, wenn nur das Handgelenk funktionsunfähig ist. Dies ergibt sich aus der Unklarheitenregel der §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.


a) Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher dem AGBG bzw. den §§ 305 ff. BGB mitsamt der Unklarheitenregel.

b) Die Unklarheitenregel würde nicht eingreifen, wenn, wie das Berufungsgericht meint, die Klausel eindeutig und damit gar nicht auslegungsbedürftig wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 305c Rdn. 18; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 - X ZR 74/91 - NJW 1993, 657 unter II 2). Die in der Gliedertaxe gebrauchte Wendung "als feste Invaliditätsgrade gelten ... bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einer ... Hand im Handgelenk 55%" ist indessen nicht eindeutig. Der Wortlaut weist zwar einerseits auf einen im Handgelenk lokalisierten Verlust, eine dort lokalisierte Funktionsunfähigkeit hin, er läßt aber wegen der Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit dennoch Zweifel zu, ob es für die Funktionsunfähigkeit nicht auch auf die Hand bis zum Handgelenk ankommen soll.

c) Die demnach erforderliche Auslegung vermag diese Zweifel nicht zu beheben. Es sind vielmehr die Voraussetzungen der Unklarheitenregel gegeben: Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinnes und Zwecks objektiv mehrdeutig ist. Die Mehrdeutigkeit kann auch nicht beseitigt werden, und es bleiben nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar (BGHZ 112, 65, 68 f.).

(1) Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGHZ 123, 83, 85). Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
(2) Die vom Berufungsgericht erwogene Auslegung ist möglich.
Die Wortwahl "Hand im Handgelenk" kann den Versicherungsnehmer , der die Bedeutung der Formulierung "im Gelenk" zu erschließen sucht, zu einem Verständnis führen, daß auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks selbst und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand abzustellen ist. In diesem Verständnis kann sich der Versicherungsnehmer insbesondere dadurch bestätigt sehen, daß die Gliedertaxe Teilbereiche eines Gliedes - so des Armes - auch mit Wendungen beschreibt wie "eines Armes bis" (oberhalb des Ellbogengelenks - unterhalb des Ellbogengelenks); Entsprechendes gilt für Teilbereiche des Beines. Wenn einerseits mit der Wendung "bis" ausdrücklich Gliedabschnitte beschrieben werden, deutet im Gegensatz dazu die Wendung "im" auf eine Lokalisierung der Funktionsunfähigkeit gerade im Gelenk selbst hin. Liegt also vollständige Funktionsunfähigkeit des Handgelenks durch dessen Versteifung vor, kann der Versicherungsnehmer die Glie-

dertaxe dahin verstehen, daß allein deshalb ein Invaliditätsgrad von 55% zugrunde zu legen ist. Selbst wenn trotz der Funktionsunfähigkeit des Handgelenks die Hand selbst noch teilweise funktionsfähig geblieben sein sollte, muß das den Versicherungsnehmer nicht notwendig zu einer anderen Einschätzung führen. Denn er darf auch berücksichtigen, daß es in § 7 I (2) a AUB 88 einleitend heißt: "Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität...". Zwar erkennt der Versicherungsnehmer auch, daß der Verlust einer Hand im Handgelenk der Funktionsunfähigkeit im Gelenk bei verbleibender Teilfunktionsfähigkeit der Hand in seinen Auswirkungen nicht gleichstehen muß, gleichwohl aber der gleiche Invaliditätsgrad - also eine gleich hohe Entschädigung - in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer kann das auf die mit der Gliedertaxe vorgenommene pauschalisierende Bewertung des Invaliditätsgrades zurückführen, deren versicherungswirtschaftliche oder medizinische Rechtfertigung sich ihm ohnehin nicht erschließt. Das gilt auch und gerade mit Blick auf die Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit von Gliedern oder Gliedteilbereichen.
(3) Auf der anderen Seite ist aber auch eine Auslegung dahin möglich, daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ihrerseits die Funktionsunfähigkeit der restlichen Hand voraussetzt (vgl. Knappmann , VersR 2003, 430, 431).
Das kann dem Versicherungsnehmer der Aufbau der Gliedertaxe nahelegen. Die Gliedertaxe sieht Abstufungen des Invaliditätsgrades - etwa des Armes - vor, nachdem der Invaliditätsgrad mit der Rumpfnähe der in der Gliedertaxe festgelegten Teilbereiche ansteigt. Diese Abstu-

fung trägt - dem Versicherungsnehmer erkennbar - den zunehmenden Auswirkungen des jeweiligen Teilgliedverlustes oder der Teilgliedfunktionsunfähigkeit auf die generelle Arbeitsfähigkeit des Menschen Rechnung. Liefert aber die Rumpfnähe des Teilgliedes den Bewertungsmaßstab , läßt sich die Wendung "Hand im Handgelenk" auch dahin verstehen , daß mit ihr - wie mit der Abgrenzung "bis zum" - nur die Grenze eines Gliedteilbereichs beschrieben wird, es also bei der Funktionsunfähigkeit auf die Hand insgesamt ankommt. Für ein solches Verständnis kann auch die Gleichbewertung von Verlust und Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk sprechen. Sie läßt jedenfalls den Schluß zu, daß der Versicherer hier Sachverhalte gleichbehandeln wollte, die sich aus seiner Sicht hinsichtlich des versicherten Risikos gleichen.
(4) Beide Auslegungen sind vertretbar. Die sich aus der mehrdeutigen Formulierung "Hand im Handgelenk" ergebenden Zweifel lassen sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden. Diese Auslegungszweifel gehen gemäß §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders; es ist deshalb von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen.
Soweit sich aus dem (nicht begründeten) Nichtannahmebeschluß des Senats vom 2. Oktober 2002 - IV ZR 222/01 - etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

(5) Im vorliegenden Fall ist demgemäß bei der Bemessung der In- validität des Klägers allein darauf abzustellen, daß sein Handgelenk funktionsunfähig ist. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich danach als im Ergebnis zutreffend.
Terno Richter am Bundesgerichtshof Ambrosius Dr. Schlichting ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Terno
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 405/00 Verkündet am:
22. März 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGBG § 5
§ 5 AGBG kommt nicht zur Anwendung, wenn die fragliche Klausel von den Parteien
übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist.
BGH, Urt. v. 22. März 2002 - V ZR 405/00 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. November 2000 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 13. Zivilkammer - vom 3. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 1992 verkaufte die L. R. GmbH, gesetzlich vertreten durch die Namensvorgängerin der Klägerin, an den Beklagten ein Grundstück in R. für investive Zwekke. Der Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, ein näher bezeichnetes Vorhaben bis zum 31. Dezember 1995 fertigzustellen und "dabei etwa DM 3.500.000 zu marktüblichen Konditionen in den Kaufgegenstand und in den
auf dem Kaufgegenstand geführten Gewerbebetrieb zu investieren". Für den Fall der nicht fristgerechten Durchführung der versprochenen Maßnahme, bei einem erheblichen Abweichen davon oder im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids ist eine Vertragsstrafe von 25 % des bei Fristablauf nicht investierten Teils der geschuldeten Investitionssumme vereinbart. Die Klägerin ist aus diesem Vertragsstrafenversprechen unmittelbar berechtigt.
Der Vertrag enthält ferner die Klausel, daß etwaige im Investitionsvorrangbescheid erteilte Auflagen oder Bestimmungen, die von den Vertragsvereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Für diesen Fall wurde dem Beklagten ein Rücktrittsrecht zugebilligt.
Am 30. November 1993 erließ die Klägerin einen Investitionsvorrangbescheid mit der Auflage, daß sich der Beklagte verpflichtete,
"a) im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheides aa) den Vermögensgegenstand zurückzuübertragen und bb) für den Fall der Nichtdurchführung der vertraglich zugesagten Investitionen innerhalb der vorgegebenen Frist eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % der vertraglich zugesagten und bei Fristablauf noch nicht investierten Investitionssumme zu zahlen."
Der Beklagte wurde als Eigentümer des gekauften Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. In den Kaufgegenstand investierte er innerhalb der Frist lediglich 62.368,50 DM netto (= 71.723,28 DM brutto). Die Klägerin macht die Vertragsstrafe geltend. Ihrer auf Zahlung von 859.407,87 DM nebst Zinsen (ausgehend von der Nettoinvestition des Beklagten) gerichteten Klage hat das
Landgericht in Höhe von 857.069,05 DM nebst Zinsen (berechnet nach der Bruttoinvestition des Beklagten) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die Vertragsstrafe sei nach den durch die Auflagen des Investitionsvorrangbescheids modifizierten Vertragsbestimmungen nur dann verwirkt, wenn der Beklagte nicht nur die zugesagten Investitionen nicht fristgerecht vorgenommen habe, sondern wenn auûerdem der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden sei. Dies ergebe sich zwar nicht zwingend aus den Bestimmungen. Da diese jedoch unklar seien, müsse sich die Klägerin nach § 5 AGBG diese für den Beklagten günstigste Auslegungsmöglichkeit entgegenhalten lassen. Mangels Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids sei eine Vertragsstrafe folglich nicht geschuldet.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Vertragsstrafenregelung handele es sich um
einen Teil Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Klägerin bzw. die Verkäuferin dem Vertrag zugrunde gelegt habe. Hiervon durfte das Berufungsgericht auch ohne ausdrücklichen Vortrag des Beklagten ausgehen, da ihm aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, daû die Klägerin sich in Grundstückskaufverträgen, die investiven Zwecken dienen, zur Sicherung der versprochenen Investitionen inhaltlich gleichartiger Vertragsstrafenregelungen bedient. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600). Zwar mag es vorkommen, daû einzelne Klauseln in solchen Verträgen nicht vorformuliert sind. Dann aber wäre es Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, daû das bei den hier maûgeblichen Klauseln der Fall ist (Senat aaO; BGHZ 83, 54, 58). Daran fehlt es.
2. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Anwendung des § 5 AGBG.

a) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine Auslegung ist, was indes Voraussetzung für die Anwendung der Unklarheitenregelung (§ 5 AGBG) ist. Denn diese Regelung greift nur ein, wenn man mit Mitteln der Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Einer Auslegung vorgeschaltet ist jedoch die Prüfung, ob die fragliche Klausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist. Ist das der Fall, so geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung vor, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urt. v. 9. März 1995, III ZR 55/94, NJW 1995, 1494, 1496). Das Verständnis der Parteien ist dann wie eine Individualvereinbarung zu behandeln, die nach § 4 AGBG Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat.

Hier spricht viel dafür, daû die Parteien die Vertragsstrafenregelung übereinstimmend in dem Sinn verstanden haben, daû sie schon dann eingreift, wenn der Beklagte innerhalb der Frist nicht vertragsgemäû investierte. Daû zusätzlich der Widerruf des Investitionsvorrangbescheids ergehen muûte, hat vorprozessual niemand auch nur in Erwägung gezogen. Gestritten wurde vielmehr darum, ob der Beklagte Investitionen vorgenommen hat, die den vertraglich geschuldeten gleichzustellen sind, und ob eine Befreiung von der Vertragsstrafenverpflichtung wegen nicht voraussehbarer dringender betrieblicher Erfordernisse (§ 9 Abs. 3 des Vertrages) anzunehmen ist.

b) Jedenfalls bestehen aber auch keine Zweifel bei der Auslegung, die es rechtfertigen, ein für die Klägerin ungünstiges Verständnis der Vertragsstrafenregelung zugrunde zu legen.
Das Berufungsgericht verkennt nicht, daû § 5 AGBG nur eingreift, wenn nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 91, 98; BGH, Urt. v. 11. März 1997, X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Zu Unrecht bejaht es diese Voraussetzungen aber im vorliegenden Fall. Daû die Vertragsstrafe nur dann verwirkt ist, wenn neben dem Ausbleiben der versprochenen Investitionen innerhalb der vereinbarten Frist auch der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden ist, kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Nr. 5 a des Investitionsvorrangbescheids für diese Deutung zu sprechen. Von ihm wäre aber nur auszugehen,
wenn er an die Stelle der vertraglichen Regelung getreten wäre, die - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids nur als alternative Möglichkeit, die Vertragsstrafe zu verlangen, behandelt. Unabhängig von einem Widerruf wird die Vertragsstrafe nach dem Vertrag auch dann fällig, wenn der Beklagte nicht vertragsgemäû investiert hat.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber nicht angenommen werden, daû der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids maûgeblich ist. Zwar sieht § 8 Nr. 5 Abs. 2 des notariellen Vertrages vor, daû Bestimmungen des Bescheids, die von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich indes , daû hiermit nur solche Bestimmungen gemeint sind, die eine für den Beklagten im Verhältnis zum Vertrag ungünstigere Regelung enthalten. Das folgt daraus, daû eine Änderung des Vertrages durch Übernahme von Auflagen oder Bestimmungen aus dem Investitionsvorrangbescheid für den Beklagten ein Rücktrittsrecht begründen sollte. Führt die Vertragsänderung zu einer Verschlechterung der Situation des Beklagten, so stellt ein Rücktrittsrecht einen angemessenen und naheliegenden Ausgleich dar. Verbessert die Vertragsänderung hingegen die Stellung des Beklagten, so gibt es für eine Rücktrittsmöglichkeit keine Rechtfertigung. Letzteres wäre aber die Folge, legte man den Wortlaut des Investitionsvorrangbescheides zugrunde und verlangte man neben der Nichterfüllung der Investitionszusage für die Verwirkung der Vertragsstrafe auch den Widerruf des Bescheides.
bb) Unabhängig davon läût aber auch der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids bei verständiger Würdigung nicht die Deutung zu, daû entgegen der vertraglichen Regelung der Widerruf des Bescheides keine alternative
Möglichkeit für die Verwirkung der Vertragsstrafe darstellen sollte, sondern zu der Nichterfüllung der Investitionspflicht hinzutreten muû. Darin läge nämlich keine vernünftige Regelung, und dies entspräche nicht den Interessen der Parteien.
Die Vereinbarung der Vertragsstrafe dient dem Ziel, der Durchsetzung des Anspruchs auf Vornahme der Investitionen Nachdruck zu verleihen. Die Verbindung von Nichterfüllung dieser Pflicht und Verwirkung der Strafe ist augenscheinlich. Daû die Strafe auch - alternativ - verwirkt sein sollte, wenn der Investitionsvorrangbescheid widerrufen wurde, bedeutet inhaltlich nichts wesentlich anderes; denn der Widerruf setzt seinerseits die Nichterfüllung der Investitionszusage voraus (§ 15 Abs. 1 Satz 1 InVorG). Die Alternativität erleichtert aber die Durchsetzung. Weist die Klägerin die Nichterfüllung nach, kann sie die Vertragsstrafe verlangen, ohne den Widerruf abwarten zu müssen; ist widerrufen worden, kann sie die Strafe allein mit Rücksicht darauf verlangen , ohne die Nichterfüllung darlegen zu müssen. Eine kumulative Verbindung dieser beiden Voraussetzungen erschwert demgegenüber die Geltendmachung der Vertragsstrafe, ohne daû dafür ein Grund ersichtlich ist und obwohl inhaltlich allein entscheidend bleibt, daû die Investitionszusage nicht erfüllt wurde. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, daû mit der Formulierung im Investitionsvorrangbescheid eine sachliche Änderung gegenüber dem Vertrag beabsichtigt war. Gemeint war vielmehr dasselbe. Miûlungen ist nur die sprachliche Fassung.
3. Daû der Beklagte die versprochenen Investitionen nur zu einem geringen Teil fristgerecht erbracht hat, so daû die Vertragsstrafe im Umfang der Nichterfüllung verwirkt ist, hat das Landgericht bejaht. Seinen - auch im übrigen
zutreffenden - Erwägungen liegt eine Vertragsauslegung zugrunde, der das Berufungsgericht beigetreten ist und die keine Rechtsfehler aufweist. Sie entspricht dem Wortlaut und berücksichtigt die Begleitumstände und steht insbesondere - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäuûerten Auffassung der Revisionserwiderung - nicht im Widerspruch zu dem Investitionsvorrangbescheid. Der Senat tritt dieser Auslegung bei. Richtig ist auch, daû die Fiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG, beruhend darauf, daû ein Widerruf des Bescheides nicht mehr möglich ist, nur den Verlust des Rückübertragungsanspruchs zur Folge hat, nicht aber auch den der Vertragsstrafe (vgl. Rapp, in: RVI, § 13 InVorG Rdn. 37a, 37b).

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 91/00 Verkündet am:
15. Januar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht
nicht angenommen werden, ohne daß bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen
sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
BGH, Urt. v. 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. April 2000 verkündete Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage auch in Höhe eines Betrages von 10.442,63 Euro (20.424,-- DM, Anl. K 15, Position 4 nebst Mehrwertsteuer - GA I 109) nebst 12,5% Zinsen seit Klagezustellung abgewiesen worden ist.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin beteiligte sich an einer Ausschreibung des Beklagten und erhielt den Auftrag (im folgenden: ursprünglicher Vertrag) zur Lieferung, Auf-
stellung und Installation eines Novell-Netzwerks für die Abteilung Volksbildung des Bezirksamts W.. Dabei vereinbarten die Parteien die Geltung der Besonderen Vertragsbedingungen-Kauf (BVB-Kauf) sowie, daß der Beklagte wegen nicht ausreichender Haushaltsmittel die u.a. ausgeschriebenen Verkabelungsarbeiten in eigener Zuständigkeit durchführe.
Bei der Ausführung des Auftrags kam es zu Verzögerungen und Unstimmigkeiten. Unter dem 26. August 1994 wies die Klägerin auf viele durch Veränderungen des Systems verursachte Probleme hin, die sie "schon seit sechs Monaten ständig" habe "beheben" müssen, und forderte die Unterzeichnung eines Wartungsvertrags. Mit Schreiben vom 1. September 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten sodann im Zusammenhang mit der bevorstehenden Begutachtung ihrer Leistungen durch einen Sachverständigen mit:
"Wie gestern telefonisch vereinbart entstehen dem Bezirksamt W. keine Kosten für den Gutachter.
Nur für den Fall, daß das Bezirksamt W. Technik Soft- und Hardware und Installation nicht anerkennt und den BVB-Vertrag nicht erfüllt, kann ... Schadensersatz geltend gemacht werden.
Wie Sie wissen, haben wir von vornherein jegliche Fehler (PC 18 Supervisor, Printserver, Netzwerkkarten, Installation von Windows mit 2 bzw. 4 MB, nicht angeschlossenes Netzwerkkabel , Umtausch der Netzwerkkarte, Kabeltopologie, Multiconnecttreiber , Prisma-Office-Update vom DOS von 6.0 auf 6.2,
Einbauen einer Festplatte), die an unseren Systemen eingebaut wurden, ohne Probleme und bisher auch ohne Kosten beseitigt."
Am 9. November 1994 erklärte der Beklagte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistung. Die nach dem ursprünglichen Vertrag vorgesehene Vergütung wurde bis auf einen hier nicht mehr interessierenden Rest bezahlt.
Unter dem 21. November 1995 erteilte die Klägerin eine weitere Rechnung , die sich über sechs Positionen verhält. Als Position 4 verlangte die Klägerin für in einer beigefügten Aufstellung aufgeschlüsselte 148 Stunden an zusätzlicher Leistung in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 einen Betrag von 20.424,-- DM (einschl. MwSt.).
Mit ihrer am 23. September 1997 zugestellten Zahlungsklage hat die Klägerin u.a. die Positionen 1 und 3 bis 6 dieser Rechnung und für die Jahre 1994 bis 1997 ein Wartungsentgelt gerichtlich geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen teilweise entsprochen. Es hat die Positionen 1 und 3 der Rechnung vom 21. November 1995 für begründet erachtet, die Position 4 hingegen nur in Höhe eines Teilbetrages von 9.384,-- DM; insoweit habe die Klägerin dargelegt, daû 1994 aufgewendete Arbeitsstunden als Mehrleistung nur deswegen erforderlich gewesen seien, weil der Beklagte eine inkompatible Verkabelung verlegt habe. Ein Wartungsentgelt hat das Landgericht der Klägerin nur für das Jahr 1994 zugebilligt.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und auf Grund des behaupteten Wartungsvertrages einen weiteren Betrag verlangt. Der Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung - auch im Umfang der Klageerweiterung - zurückgewiesen; die Anschluûberufung hatte hingegen im wesentlichen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin lediglich einen Betrag von 2.318,40 DM (Positionen 1 u. 3 der Rechnung vom 21. November 1995) nebst Zinsen verlangen.
Wegen der Zurückweisung ihres Begehrens im übrigen hat die Klägerin Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit mit dem Rechtsmittel ein Betrag von 20.424,-- DM nebst Zinsen weiterverfolgt wird.
Die Klägerin beantragt,
im Umfang der Revisionsannahme das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.442,63 Euro nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe


1. Da die zulässige Revision im Übrigen nicht angenommen worden ist, ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Klägerin - wie von ihr mit Position 4
der Rechnung vom 21. November 1995 verlangt - für die in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeiten den berechneten Betrag von 10.442,63 Euro (= 20.424,-- DM) - nebst Zinsen - als Entgelt für Leistungen beanspruchen kann, die nicht bereits im Rahmen des ursprünglichen Vertrags zu erbringen waren und deshalb mit der insoweit vereinbarten und bezahlten Vergütung abgegolten sind. Diese Frage hat das Berufungsgericht verneint. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
2. Mangels tatrichterlicher Feststellungen hierzu ist bei dieser Überprüfung davon auszugehen, daû die Klägerin in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 die in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995 aufgelisteten und in der ebenfalls zu den Gerichtsakten gereichten Aufstellung gemäû Anlage K 14 näher bezeichneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, die ergänzende Hardwareinstallationen, Softwareinstallationen, Besprechungen , Beseitigung von sogenannten Manipulationen am Netz, Gerätetests usw. betrafen. Diese Leistungen haben im wesentlichen werkvertraglichen Charakter und ihre Erbringung durch einen Unternehmer kann normalerweise nur gegen eine Vergütung erwartet werden. Dies hat zur Folge, daû die Klägerin jedenfalls die übliche Vergütung verlangen kann (§ 631 Abs. 1, 2, § 632 Abs. 1, 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - im folgenden: a.F.), wenn sie diese Leistungen jeweils dem Wunsche des Beklagten entsprechend neben der Erfüllung des ursprünglichen Vertrages und damit auf konkludent geschaffener neuer vertraglicher Grundlage erbracht hat.
3. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, weil die Klägerin nicht im einzelnen unter Beweisantritt dargetan habe , daû es sich bei den in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995
im einzelnen bezeichneten Arbeiten um zusätzliche Leistungen gehandelt habe , die über die Erfüllung des ursprünglichen Vertrags, insbesondere die Beseitigung bei der Erfüllung dieses Vertrags aufgetretener Fehler hinausgingen.
Diese Bewertung ist nicht prozeûordnungsgemäû zustande gekommen. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dabei wiederholte Darlegungen der Klägerin übersehen und das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung, warum das Berufungsgericht selbst im Hinblick auf die Leistungen einen Zusatzauftrag nicht als dargetan erachtet habe, für die das Landgericht der Klägerin ein zusätzliches Entgelt zugesprochen habe. Jedenfalls für einen Groûteil der Werkleistungen, von denen revisionsrechtlich davon auszugehen ist, daû sie erbracht worden sind, kann dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin ohne weiteres eine schlüssige Darstellung entnommen werden, daû die Arbeiten weder im ursprünglichen Vertrag vereinbart waren noch einer im Rahmen dieses Vertrages geschuldeten Mängelgewährleistung dienten. Da das Berufungsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteil festgehalten hat, daû die Klägerin zur Begründung der beanspruchten Vergütung im einzelnen unter Beweisantritt vorgebracht habe, daû sie die betreffenden Mehrleistungen jeweils auf Wunsch und in Erfüllung zusätzlicher Forderungen des Beklagten erbracht habe, kann mithin die Bewertung des Berufungsgericht, das Vorbringen der Klägerin sei unsubstantiiert, keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hat beispielsweise schriftsätzlich geltend gemacht, der erste Installationsversuch sei gescheitert, weil der Beklagte einen anderen Kabeltyp verlegt habe als ursprünglich vorgesehen. Durch Einbau und Tests von neuen Netzwerkkarten sei zusätzlicher Zeitaufwand entstanden. Dies weist Arbeiten, die laut Anlage K 14 am 28. Januar, 25. Februar, 4., 17., 24. und
31. März 1994 erbracht worden sind, dem Bereich der zusätzlich zu vergütenden zu. Denn die Klägerin brauchte ohne entsprechenden Hinweis seitens des Beklagten nicht damit zu rechnen, daû die Verkabelung nicht wie vorgesehen ausgeführt werde. Mehraufwendungen, die durch diese Änderung entstanden sind, waren mithin vom ursprünglichen Vertrag nicht umfaût. Das Landgericht hat der Klägerin die auf die genannten Positionen entfallende Vergütung demgemäû auch zugesprochen. Das Berufungsurteil läût nicht erkennen, weshalb es diese Bewertung für falsch hält.

b) Die Klägerin hat auûerdem behauptet, der Beklagte habe zusätzliche Hard- und Software bestellt bzw. verlangt, daû die Netzwerkeinbindung von Geräten anders vorgenommen werde als ursprünglich vorgesehen. Das steht in erkennbarer Beziehung zu Leistungen, die laut Anlage K 14 am 8. März, 7. und 18. April, 25. Mai, 6. Juni, 12. Juli sowie 4. August 1994 erbracht worden sind, und läût ebenfalls einen zusätzlichen Vergütungsanspruch als entstanden erscheinen. Wenn der Beklagte nachträglich zusätzliche Geräte oder eine andere Einstellung von Netzwerkparametern begehrte, war auch dies vom ursprünglichen Auftrag nicht umfaût. Das Berufungsgericht durfte sich angesichts dessen nicht damit begnügen, den Vortrag der Klägerin pauschal als unsubstantiiert zu bewerten. Es hätte ihm vielmehr nachgehen, dann aber auch den Einwendungen des Beklagten Rechnung tragen müssen, wonach in einigen Fällen vereinbart gewesen sei, nur das Material ohne Arbeitszeit habe gezahlt werden sollen, der in Rechnung gestellte Aufwand sei zu hoch oder Änderungen seien rechtzeitig abgestimmt worden und hätten deshalb keinen Mehraufwand verursacht.

c) Ein Groûteil des übrigen Aufwandes (Leistungen vom 8. und 11. April, 1., 2., 13., 21., 24., 29. und 30. Juni, 6. und 27. Juli, 2., 12. und 17. August 1994 der Anlage K 14) ist nach Behauptung der Klägerin überdies dadurch entstanden, daû Mitarbeiter der Beklagten eigenmächtig die Netzwerkkonfiguration verändert haben, was zu Fehlern geführt habe. Die Klägerin habe den entsprechenden Zeitaufwand benötigt, um die Fehler aufzufinden und zu beheben. Auch dieser Vortrag macht einen zusätzlichen Vergütungsanspruch schlüssig. Der Beklagte war nicht befugt, die Konfiguration des Netzwerks eigenmächtig zu ändern. Zumindest seine zur Vertragsabwicklung eingesetzten Mitarbeiter waren insoweit seine Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 Satz 1 BGB. Für aus ihren eigenmächtigen Änderungen resultierende Mängel und deren Behebung hat deshalb im Zweifel der Beklagte einzustehen. Gemäû § 16 Nr. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-Kauf, veröffentlicht u.a. in GMBl. 1974, 326 ff.), die der Senat als allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann (vgl. BGHZ 7, 365, 368; BGHZ 105, 24, 27), weil sie als öffentlichen Auftraggebern in Bund und Ländern zur Verwendung vorgegebene Regeln in Bezirken mehrerer Oberlandesgerichte angewendet werden, war der Beklagte als Auftraggeber verpflichtet , Änderungen an der Anlage der Klägerin als Auftragnehmerin rechtzeitig anzuzeigen. Daû dies geschehen sei, ist nicht festgestellt. Nach Abs. 3 der genannten Regel erlosch damit die Gewährleistung für Änderungen, die nicht im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer durchgeführt wurden, es sei denn, daû ein Mangel erkennbar nicht auf die Änderung zurückzuführen ist.
Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung entfällt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts hingegen nicht schon deshalb, weil die Klägerin durch Mitarbeiter des Beklagten vorgenommene Netzwerkmanipulationen durch un-
zureichenden Paûwortschutz erst ermöglicht hat. Zum einen würde ein derartiges Verhalten der Klägerin die von ihr behauptete Veranlassung von Zusatzarbeiten des Beklagten nicht ohne weiteres ausräumen. Unabhängig davon rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht auch zu diesem Streitpunkt den Vortrag der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt hat. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung nämlich dargelegt, sie habe eigens ein Paûwort eingerichtet und dieses nur auf Verlangen des für die Vertragsabwicklung zuständigen Mitarbeiters des Beklagten an diesen bekannt gegeben. Die sog. Supervisor -Rechte, mit deren Hilfe die in Streit stehenden Veränderungen vorgenommen worden seien, habe dann ein Mitarbeiter der Beklagten vergeben.
4. Ob eine Vergütungspflicht auch für weitere der aufgelisteten Arbeiten als schlüssig dargetan anzunehmen ist, kann für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils dahinstehen. Bereits nach dem bisher Ausgeführten ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû der Klägerin wegen der Arbeiten in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 ein zusätzlicher Vergütungsanspruch entstanden ist. Unter diesen Umständen kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, ein Anspruch der Klägerin sei wegen eines negativen Schuldanerkenntnisses i. S. v. § 397 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, in dem nach dem 17. August 1994 an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 1. September 1994 habe die Klägerin in Kenntnis, daû ihr wegen der erbrachten Leistungen möglicherweise ein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zustehe, anerkannt , daû insoweit ein Schuldverhältnis nicht bestehe. Denn aus dem Inhalt
des Schreibens gehe klar hervor, daû die Klägerin für die im einzelnen bezeichneten Tätigkeiten eine besondere Vergütung nicht beanspruchen wolle.
Diese Begründung ist nicht tragfähig, wie die Revision zu Recht geltend macht. Ein eindeutig auf einen Verzichtswillen der Klägerin hindeutender Wortlaut ist nicht gegeben. Die Formulierung "bisher auch ohne Kosten", aus der das Berufungsgericht seine Bewertung herzuleiten scheint, besagt zunächst nur, daû für die aufgeführten Tätigkeiten in der Vergangenheit nichts berechnet worden ist. Für die Feststellung, daû die Klägerin auch in Zukunft nichts habe verlangen wollen und dies auch erklärt habe, hätte es deshalb zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht befaût, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlaû oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden muû und die der Erklärung zugrundeliegenden Umstände besondere Bedeutung haben (neuerdings wieder BGH, Urt. v. 10.5.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325). Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, daû eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (Sen.Urt. v. 18.4.1989 - X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, 1374; ebenso BGH, Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; ähnlich - "strenge Anforderungen" - BGH, Urt. v. 22.6.1995 - VII ZR 118/94, NJW-RR 1996, 237). Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne daû bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
Zu ihnen gehört im vorliegenden Fall, daû - wie aus dem ersten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 hervorgeht - damals eine Begutachtung der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch einen Sachverständigen bevorstand. Das konnte - auch für den Beklagten erkennbar - Grund für die Klägerin sein, das Ergebnis dieser Überprüfung erst einmal abzuwarten, bevor sie über die Vergütungsforderung disponierte. Die Erklärung der Klägerin, bisher keine Kosten für die genannten Arbeiten berechnet zu haben, könnte deshalb durchaus in ihrem wörtlichen Sinne und als indirekter Hinweis zu verstehen gewesen sein, daû eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausgeschlossen sei, zumindest für den Fall, daû der Beklagte auf die anderweitigen Forderungen , insbesondere diejenige nach dem Abschluû eines entgeltpflichtigen Wartungsvertrags nicht eingehen werde. Diese Deutung würde auch im Einklang mit dem Umstand stehen, daû die Klägerin sich im zweiten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 Schadensersatzansprüche vorbehalten hat, insoweit also durchaus auf Wahrung ihrer Rechte bedacht war.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich im Umfang der Annahme auch nicht aus einem anderen Grund als richtig. Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift gegenüber dem geltend gemachten zusätzlichen Vergütungsanspruch nicht.
Gemäû § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. unterliegt diese Forderung einer Verjährungsfrist von zwei Jahren, die gemäû §§ 201, 198 BGB a.F. am Schluû des Jahres beginnt, in dem der Anspruch zur Entstehung gelangte, worunter bei unbedingten Forderungen Fälligkeit zu verstehen ist (z.B. BGHZ 113, 193). Fällig konnte die zusätzliche Vergütung aber nicht werden, bevor die Klägerin sie mit Schreiben vom 21. November 1995 dem Beklagten in Rechnung stellte.
Dies folgt aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 BVB-Kauf. Diese Regelung sieht vor, daû der Auftraggeber alle Rechnungen unverzüglich nach Eingang prüft, feststellt und den Betrag erst dann zahlt. Daraus ergibt sich, daû die Klägerin wegen der zusätzlichen Vergütung Zahlungsklage frühestens im Jahre 1995 hätte erheben können. Die hiernach bis zum 31. Dezember 1997 laufende Verjährung ist durch Klageerhebung am 23. September 1997 unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).
6. Die Sache ist deshalb zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten zu übertragen ist.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 356/00 Verkündet am:
10. Mai 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das Angebot auf Abschluß eines Erlaßvertrags muß unmißverständlich erklärt werden.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - OLG Frankfurt
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der A. GmbH Werklohnansprüche aus verschiedenen Bauaufträgen der Beklagten geltend. Die A. GmbH erstellte im Herbst 1997 die Schlußrechnungen über die Bauvorhaben und verlangte noch 424.404,27 DM. Die Klägerin informierte die Beklagte am 5. November 1997 über die Abtretung der Forderungen unter Hinweis darauf, daß deshalb mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 teilte die Beklagte mit, daß die Restverbindlichkeit nach dem Ergebnis ihrer Rechnungsprüfung nach Ab-
zug der vertraglichen Sicherheitseinbehalte lediglich 146.954,41 DM betrage. Sie wies darauf hin, daß die V. GmbH aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt ebenfalls Ansprüche auf Zahlung geltend gemacht habe. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, ihr durch übereinstimmende Erklärung aller Anspruchsteller aufzugeben, wie die von ihr errechnete Restverbindlichkeit zu verteilen sei. Sie werde sonst den Betrag von 146.954,41 DM hinterlegen. Die A. GmbH legte am 24. Januar neue Schlußrechnungen vor, die unter Berücksichtigung des vorab abgezogenen Sicherheitseinbehalts noch eine Forderung von 327.817,78 DM ergaben und forderte die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin auf. Die V. GmbH teilte am 29. Januar 1998 im Einverständnis mit der Klägerin mit, daß an sie noch 63.504,01 DM zu zahlen seien und die darüber hinausgehenden Beträge mit schuldbefreiender Wirkung an die Klägerin gezahlt werden könnten. Die Beklagte erbat daraufhin eine Stellungnahme der Klägerin , daß sie mit einer Verteilung der Restverbindlichkeit von 63.504,01 DM an die V. GmbH und 83.450,40 DM an sie einverstanden sei und die Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung an die Beteiligten erfolge. Die Klägerin erklärte sich mit der quotalen Aufteilung der Schuld zur Vermeidung des Hinterlegungsverfahrens einverstanden. Mit Schreiben vom 2. Februar 1998 erwiderte die Beklagte, sie verstehe das Schreiben der Klägerin so, daß nunmehr die Zahlung in der von der Beklagten vorgeschlagenen Weise erfolgen und mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt werden könne. Sollte die Beklagte von der Klägerin nichts anderes hören, ginge sie von deren Einverständnis und der daraus resultierenden Schuldbefreiung für ihre Gesellschaft aus. Die Klägerin reagierte nicht. Die Zahlungen erfolgten.
Mit der Klage verlangt die Klägerin noch 165.248,57 DM Vergütung für die Leistungen der A. GmbH. Sie legt ihrer Berechnung die Schlußrechnungen vom 24. Januar 1998 zugrunde und hat die sich aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt der V. GmbH ergebenden Forderungen in Höhe von 79.082,81 DM, die Zahlung von 83.450,40 DM sowie Sicherheitseinbehalte von 40.510,99 DM von vornherein abgezogen. Letztere macht sie gesondert zur Zahlung Zug um Zug gegen Stellung einer Bankbürgschaft geltend. Die Beklagte hat sich unter anderem auf den Standpunkt gestellt, mit der Zahlung von 83.450,40 DM an die Klägerin und 63.504,01 DM an die V. GmbH seien sämtliche Ansprüche aus den Bauvorhaben erledigt. Das Landgericht ist dem gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Parteien hätten auf der Grundlage des Schriftwechsels Ende Januar/Anfang Februar 1998 eine Vereinbarung getroffen , nach deren Inhalt der Streit über weitere Forderungen mit der Zahlung der Beklagten über insgesamt 146.954,41 DM erledigt gewesen sei. Die Beklagte
habe in ihren Schreiben deutlich gemacht, daß die Zahlung an die Klägerin, wie auch an die andere Gläubigerin, mit schuldbefreiender Wirkung habe erfolgen sollen. Das sei nicht anders zu verstehen gewesen, als daß dadurch auf die Beklagte keine weiteren Forderungen zukommen sollten. Unerheblich sei, daß die A. GmbH noch am 24. Januar 1998 auf Bezahlung der neuen Rechnungen bestanden habe. Die A. GmbH sei dazu nicht autorisiert gewesen, da sie infolge der Abtretung nicht Forderungsinhaberin gewesen sei. Wenn die Klägerin eine Schuldbefreiung nicht gewollt haben sollte, hätte sie spätestens auf das Schreiben vom 2. Februar 1998 reagieren müssen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Rechtsirrig nimmt das Berufungsgericht eine Einigung der Parteien darüber an, daß die Klägerin keine Ansprüche aus den abgetretenen Forderungen mehr hat. Das Berufungsgericht hat Prozeßstoff übergangen und gegen das Gebot einer interessengerechten Auslegung verstoßen. Die Auffassung, die Beklagte habe durch ihre verschiedenen Schreiben deutlich zum Ausdruck gebracht , daß es ihr um eine endgültige Erledigung der Forderungen gehe, wird durch diese Schreiben und die ihnen zugrunde liegenden Umstände nicht belegt. 1. Die Beklagte hat in den Schreiben vom 19. Januar 1998 bis zum 2. Februar 1998 nicht zum Ausdruck gebracht, daß mit der Zahlung der von ihr errechneten Restverbindlichkeit von 146.954,41 DM mögliche weitere Forderungen der Klägerin ausgeschlossen sein sollten. Ein derartiger Ausschluß ist in den Schreiben nicht erwähnt. Aus dem mehrfachen Hinweis auf die er-
wünschte Schuldbefreiung ergibt er sich bei interessengerechter, alle Umstände berücksichtigenden Auslegung nicht.
a) Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht das Schreiben der Klägerin vom 5. November 1997. Darin teilt diese mit, daß mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben am 19. Januar 1998 geantwortet. Mit der Bezugnahme auf das Schreiben vom 5. November 1997, dem Hinweis auf die angemeldete Forderung der V. GmbH und der Ankündigung der Hinterlegung wird deutlich, daß der Beklagten allein daran gelegen war, Sicherheit in einem möglichen Prätendentenstreit zu erhalten. So ist das Schreiben offenbar auch von den Forderungsinhabern verstanden worden. Eine Erklärung dahin, daß sie auf weitere Forderungen verzichten wollten, enthalten die Schreiben der Prätendenten nicht. Sie haben lediglich den von der Beklagten zugestandenen Betrag aufgeteilt.
b) Auch die Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 1998 und 2. Februar 1998 geben nicht zu erkennen, daß diese unter der mehrfach erwähnten Schuldbefreiung die Aufforderung der Klägerin zu einem Verzicht auf etwaige weitergehende Ansprüche verstanden haben wollte. Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß die Klägerin auf Forderungen in erheblicher Höhe verzichtet hätte. Gegen dieses Verständnis spricht schon, daß die Beklagte keinen nachvollziehbaren Grund dargelegt hat, warum die Klägerin auf ihre restliche Forderung verzichten sollte. Eine Gegenleistung hat sie nicht angeboten. Sie besteht nicht in dem Verzicht der Beklagten auf Hinterlegung. Eine Verhandlung über die Mehrforderungen, wie sie sich aus den Rechnungen der A. GmbH vom 24. Januar 1998 ergaben, hat nicht stattgefunden. Gegen die Bereitschaft der Klägerin zu einem Verzicht spricht, daß die A. GmbH noch mit Schreiben vom 24. Januar 1998 die Rech-
nungskürzungen der Beklagten nur zum Teil anerkannt hatte und zu einer weitaus höheren Restforderung gekommen war. Unabhängig davon, ob die A. GmbH noch Forderungsinhaberin war, war für die Beklagte erkennbar, daß auch die Klägerin diese Forderung unterstützte. Denn diese war als Sicherungszessionarin verpflichtet, die Interessen der A. GmbH zu wahren. Das betrifft insbesondere den vom Berufungsgericht ebenfalls bejahten Verzicht auf die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts. Über diesen bestand kein Streit. In der von der Beklagten errechneten Summe von 146.954,41 DM war er nicht enthalten. Die Beklagte hat keine Gründe dargelegt, warum die Klägerin bereit gewesen sein sollte, zu Lasten ihrer Zedentin auf eine Forderung zu verzichten , die zwischen den Parteien unstreitig, jedoch nur deshalb noch nicht fällig war, weil die Gewährleistungsfristen noch nicht abgelaufen waren. 2. Ein Verzicht kann auch dann nicht angenommen werden, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten zutreffen sollte, ihr Mitarbeiter F. habe dem Mitarbeiter W. der Klägerin auf dessen Nachfrage erklärt, die Beklagte wolle sicher gehen, daß die Angelegenheit mit der Zahlung der im Schriftverkehr erwähnten Teilbeträge endgültig geklärt sei. Diese Erklärung verdeutlicht ebenfalls nicht mit der nach Treu und Glauben gebotenen Klarheit, daß die Beklagte von der Klägerin erwartete, auf einen Großteil ihrer Forderung zu verzichten. Der Zeuge W. durfte die Erklärung so verstehen, daß sich die endgültige Klärung der Angelegenheit auf die bis dahin ungewisse Forderungszuständigkeit der Prätendenten bezog.

III.

Das Berufungsurteil hat keine Feststellungen zur Höhe der Forderungen getroffen. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ullmann Haß Hausmann Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 89/05 Verkündet am:
19. Oktober 2005
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
1. Das Berufen auf den Ablauf einer zuvor nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzten Klagfrist
steht im Prozess zur Disposition des Versicherers. Das Gericht hat den
Fristablauf deshalb nur dann zu beachten, wenn sich der Versicherer im Prozess
ausdrücklich darauf beruft. Eine Prüfung von Amts wegen kommt insoweit
nicht in Betracht (Fortführung von BGH, Urteil vom 27. November 1958 - II ZR
90/57 - NJW 1959, 241).
2. Beruft ein Versicherer sich auf den Ablauf der Klagfrist erstmals in der Berufungsinstanz
, so liegt allein darin weder ein (erstinstanzlich konkludent erklärter)
Verzicht auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebende Leistungsfreiheit noch ein
Rechtsmissbrauch.
3. Auch die Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG ergibt keine Verpflichtung des Versicherers
, den Ablauf der Klagfrist im Prozess unverzüglich geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - IV ZR 89/05 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, Felsch und Dr. Franke
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 24. November 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Leistungen aus einer bei der Be klagten gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Ende September 2001 zeigte er der Beklagten seine Berufsunfähigkeit an und beantragte deshalb im Oktober 2001 Versicherungsleistungen. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag , den sie mit weiterem Schreiben vom 1. März 2002, welches dem Kläger am 7. März 2002 zuging, damit begründete, der Kläger habe bei Beantragung des Versicherungsvertrages mehrere Krankenhausaufenthalte und eine neunjährige psychiatrische Betreuung verschwiegen. In dem Schreiben heißt es weiter: "Da die verschwiegenen Umstände jetzt wesentlich für die Geltendmachung von Leistungen aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung sind, treten wir … von der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung zurück … Sollten Sie mit unserer Entscheidung nicht einverstanden sein, so müssten Sie Ihre vermeintlichen Ansprüche innerhalb einer Frist von 6 Monaten - gerechnet ab Zugang dieses Schreibens - gerichtlich gegen uns geltend machen. Versäumen Sie diese Frist, so sind wir gemäß § 12 III Versicherungsvertragsgesetz allein schon wegen des Fristablaufs von der Verpflichtung zur Leistung frei."
2
Mit einem am 5. September 2002 beim Landgericht se ines Wohnortes eingegangenem Schreiben beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Beklagte. Der Vorsitzende der mit dem Antrag befassten Zivilkammer wies den Kläger am 9. September 2002 auf die örtliche Zuständigkeit des für den Sitz der Beklagten zuständigen Landgerichts hin. In dem Schreiben wird deshalb ein "Abgabeantrag" angeregt. Es schließt mit dem Hinweis: "Für die Wahrung der 6-Monatsfrist ist der Eingang Ihrer Anträge bei dem hiesigen Gericht ausschlaggebend."
3
Auf Antrag des Klägers wurde die Sache sodann an d as für den Sitz der Beklagten örtlich zuständige Landgericht abgegeben. Dieses forderte den Kläger mit Schreiben vom 20. September 2002 zunächst auf, Vertragsunterlagen und Schriftwechsel der Parteien als Anlagen nachzureichen, sowie den amtlichen Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt vorzulegen. Bei Gericht eingehend am 11. Oktober 2002 reichte der Kläger den ausgefüllten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach. Mit Schreiben vom 24. Januar 2003 stellte das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe für den Fall in Aussicht, dass er einen konkreten Klagantrag mitteile, und empfahl dem Kläger, nunmehr einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, der im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordnet werden könne. Die daraufhin beauftragten Rechtsanwälte zeigten mit Schriftsatz vom 10. Februar 2003 die Vertretung des Klägers an und nahmen Mitte Februar 2003 Akteneinsicht. Mit Verfügung vom 14. April 2003 forderte das Landgericht die Rechtsanwälte zur Einreichung eines Klagentwurfes bis zum 9. Mai 2003 auf. Am 9. Mai 2003 wurde der Entwurf vorgelegt. Mit Beschluss vom 27. Mai 2003 bewilligte das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe. Die daraufhin am 4. Juni 2003 bei Gericht eingereichte Klagschrift wurde der Beklagten am 12. Juni 2003 zugestellt.
4
Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme den Rücktritt der Beklagten vom Versicherungsvertrag für wirksam erachtet und die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat sich die Beklagte auf die Nichteinhaltung der Klagfrist des § 12 Abs. 3 VVG berufen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers deshalb zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.
6
I. Ob die Beklagte wirksam vom Versicherungsvertra g zurückgetreten ist, hat das Berufungsgericht offen gelassen und stattdessen angenommen , sie sei bereits nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Im Schreiben vom 1. März 2002 habe sie die vom Kläger erhobenen Ansprüche endgültig abgelehnt und ihn ausreichend über die Rechtsfolgen des § 12 Abs. 3 VVG belehrt.

7
Da die Frist des § 12 Abs. 3 VVG eine materielle A usschlussfrist sei, sei sie vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. Darauf komme es hier aber letztlich nicht an, weil sich die Beklagte in zweiter Instanz auch auf die Versäumung der Klagfrist berufen habe und § 531 Abs. 2 ZPO der Berücksichtigung dieses unstreitigen Parteivorbringens nicht entgegenstehe. Unstreitig seien insoweit nicht nur die Berufung auf § 12 Abs. 3 VVG, sondern auch die Prozesstatsachen , auf die sich die Beklagte dabei stütze.
8
Das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers sei zwar zunächst noch innerhalb der 6-Monatsfrist des § 12 Abs. 3 VVG bei Gericht eingegangen , doch wahre ein Prozesskostenhilfegesuch die Frist im Ergebnis nur dann, wenn der Versicherungsnehmer nachfolgend alles ihm Zumutbare veranlasse, damit es "demnächst" im Sinne von § 270 ZPO a.F. zu einer Zustellung der Klage komme. Schuldhafte Versäumnisse seines Rechtsanwalts müsse er sich dabei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Hier sei eine erhebliche und schuldhafte Verzögerung des Prozesskostenhilfeverfahrens - und damit auch der Klagzustellung - dadurch eingetreten, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Akteneinsicht Mitte Februar 2003 den Klagentwurf nicht alsbald, sondern erst aufgrund der Verfügung des Landgerichts vom 14. April 2003 am 9. Mai 2003 eingereicht habe.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur im Ergebn is stand.

10
1. Anders als die Revision meint, hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 1. März 2002 die vom Kläger zuvor erhobenen Ansprüche auf Versicherungsleistungen abgelehnt, so dass der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 VVG eröffnet ist. Zwar wird in dem Schreiben vorwiegend der schon mit vorangegangenem Schreiben vom 17. Dezember 2001 erklärte Rücktritt von der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung näher begründet. Die Beklagte hat aber auch klar zum Ausdruck gebracht , dass die "verschwiegenen Umstände jetzt wesentlich für die Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" seien. Verbunden mit der nachfolgenden Belehrung, nach der der Kläger seine "vermeintlichen Ansprüche" - und nicht etwa Einwendungen gegen den Rücktritt - innerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG gerichtlich geltend machen müsse, konnte ein verständiger Versicherungsnehmer das Schreiben nur dahin verstehen, dass darin nicht nur der Rücktritt begründet, sondern zugleich der erhobene Anspruch auf Versicherungsleistungen infolge des Rücktritts zurückgewiesen werden sollte. Gegen die von der Beklagten erteilte Rechtsfolgenbelehrung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG bestehen keine rechtlichen Bedenken.
11
2. Der Kläger hat die Frist des § 12 Abs. 3 VVG ve rsäumt.
12
a) Das Leistungsablehnungsschreiben der Beklagten ist ihm am 7. März 2002 zugegangen. Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG lief deshalb am 7. September 2002 ab. Vor Fristablauf hat der Kläger seine Ansprüche nicht ordnungsgemäß gerichtlich geltend gemacht.
13
b) Zwar kann für die gerichtliche Geltendmachung a uch die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs genügen (vgl. dazu BGHZ 98, 295, 300 f.). Doch wahrt dieses eine gesetzliche Frist nach ständiger Rechtsprechung nur dann, wenn es vor Fristablauf in ordnungsgemäßer Form bei Gericht eingeht (vgl. für die Wiedereinsetzung nach der Versäumung von Rechtsmittelfristen: BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548 unter II 2; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 232/02 - FamRZ 2003, 668 und ständig; für die Unterbrechung und Hemmung der Verjährung: BGHZ 70, 235, 237, 239; BGH, Urteile vom 8. März 1989 - IVa ZR 221/87 - VersR 1989, 642; vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 26/03 - FamRZ 2004, 177 unter II 1; für die Frist des § 12 Abs. 3 VVG: BGHZ 98 aaO und Urteil vom 8. März 1989 - IVa ZR 17/88 - NJWRR 1989, 675 unter 1). Dazu gehört gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, dass dem Gesuch der ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt wird (BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO m.w.N.; vom 31. August 2005 - XII ZR 116/05 - unter II 2 b).
14
c) Daran fehlt es hier. Der Kläger hat den ausgefü llten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach gerichtlicher Aufforderung am 11. Oktober 2002 - und damit nach dem schon am 7. September 2002 eingetretenen Fristablauf - zur Akte nachgereicht. Zuvor hatte er zwar bereits einen Leistungsbescheid der zuständigen Sozialbehörde über ihm gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt und Mietzuschuss nach den Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes vorgelegt. Auch dieser Bescheid war aber für sich allein zur ordnungsgemäßen Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend und überdies erst mit Schriftsatz vom 12. September 2002 - und damit ebenfalls nach Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG - bei Gericht eingegangen.

15
d) Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob daran festzuhalten sei, dass ein (ordnungsgemäßes) Prozesskostenhilfegesuch die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nur dann wahre, wenn der Versicherungsnehmer alles ihm Zumutbare für eine Klagzustellung "demnächst" unternehme (BGHZ 98, 295, 301; OLG Düsseldorf ZfS 2004, 477; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 64 m.w.N.), kommt es danach nicht mehr an. Ebenso wenig ist es für die Entscheidung noch von Bedeutung , dass das vom Kläger zunächst angerufene Landgericht seines Wohnortes mit dem Hinweis, für die Wahrung der 6-Monatsfrist sei der Eingang des Prozesskostenhilfeantrags bei Gericht "ausschlaggebend", dem Kläger den Blick darauf verstellt haben kann, dass er (auch bei einem ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfegesuch) gehalten gewesen wäre, im Weiteren für die baldige Zustellung ("demnächst") durch zumutbare Anstrengungen Sorge zu tragen.
16
3. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelasse n, um zunächst die Frage zu klären, ob die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 12 Abs. 3 VVG nur dann eintritt, wenn sich der Versicherer im Prozess darauf beruft (so BGH, Urteil vom 27. November 1958 - II ZR 90/57 - NJW 1959, 241; OLG Hamm r+s 1991, 361; ÖOGH SZ 56/23; Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 32) oder ob der Ablauf einer vom Versicherer nach § 12 Abs. 3 VVG ordnungsgemäß in Lauf gesetzten Frist vom Gericht von Amts wegen beachtet werden muss (so u.a. Prölss in Prölss/Martin aaO Rdn. 45 m.w.N.; Gruber in BK, VVG § 12 Rdn. 45 m.w.N.; KG VersR 1984, 977).

17
a) Der Senat hält daran fest, dass die Berufung au f den Fristablauf zur Disposition des Versicherers steht (BGH aaO). Daraus folgt, dass das Gericht den Fristablauf nur dann zu beachten hat, wenn sich der Versicherer im Prozess ausdrücklich darauf beruft. Denn die Frist des § 12 Abs. 3 VVG ist allein im Interesse des Versicherers geschaffen; ihm allein überlässt es das Gesetz, ob und wann er die Frist durch seine - mit einer Rechtsfolgenbelehrung verbundene - Erklärung in Lauf setzt. Ihm steht es auch danach noch offen, die in Lauf gesetzte Frist nachträglich durch einseitige Erklärung zu verlängern (vgl. dazu Römer aaO; Schlegelmilch in Beckmann/Matuschke-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 21 Rdn. 150) oder auch erneut in Lauf zu setzen. Es ist deshalb Sache des Versicherers, im gerichtlichen Verfahren klarzustellen, dass er sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen will; eine Prüfung von Amts wegen kommt insoweit nicht in Betracht.
18
b) Im Ergebnis kommt es darauf hier aber nicht ein mal an, weil sich die Beklagte in zweiter Instanz auf den Ablauf der nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzten Frist berufen hat und ihr diese Verteidigung weder wegen prozessualer Verspätung noch infolge eines Verzichts oder wegen Rechtsmissbrauchs abgeschnitten war.
19
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht die erst in zweiter Instanz nachgeholte Berufung der Beklagten auf den Ablauf der Klagfrist zugelassen. § 531 Abs. 2 ZPO stand dem insoweit unstreitigen Vorbringen der Beklagten nicht entgegen (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03 - WM 2005, 99 unter II 2). Unstreitig waren hier sowohl der Umstand, dass sich die Beklagte in zweiter Instanz auf den Fristablauf berufen wollte, als auch die aus der Akte ersichtlichen Prozesstatsachen, aus denen sich die Fristversäumnis des Klägers ergibt.
20
bb) Im Übrigen gilt: Der Versicherer kann sich so lange auf den sich aus § 12 Abs. 3 VVG für ihn ergebenden Rechtsvorteil berufen, wie er ihn nicht verloren hat. Allein der Beginn eines Rechtsstreits über den vom Versicherungsnehmer erhobenen Anspruch auf Versicherungsleistungen kann den Rechtsverlust, der nach materiellem Recht zu beurteilen ist, nicht herbeiführen (vgl. für das Berufen auf Obliegenheitsverletzungen Römer aaO § 6 Rdn. 140).
21
(1) Der teilweise in der Rechtsprechung vertretene n Auffassung, es könne ohne weiteres als Verzicht des Versicherers auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebende Leistungsfreiheit verstanden werden, wenn er sich in Kenntnis der Fristüberschreitung im Rechtsstreit erster Instanz nicht darauf berufe (so z.B. OLG Saarbrücken r+s 1994, 196, 197; OLG Koblenz VersR 1982, 260; ähnlich für Obliegenheitsverletzungen: OLG Düsseldorf VersR 1993, 425; a.A. OLG Schleswig VersR 1994, 169 mit zust. Anm. Schmalzl, VersR 1994, 853), ist nicht zu folgen.
22
Der Verzicht ist eine rechtsgestaltene Willenserkl ärung, mit der der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition endgültig aufgibt. Das setzt einen in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das Gebot einer interessegerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten (BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Hat der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition erlangt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er sie nicht einfach wieder aufgeben will (BGH aaO m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu vermuten (BGH Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 70/93 - WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein stillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein Verhalten , aus dem - nach Bewertung aller Fallumstände - unzweideutig der Wille entnommen werden kann, die günstige Rechtsposition aufzugeben (BGH aaO). Es müssen dann zum Schweigen ganz besondere Umstände hinzutreten, denen der Erklärungsgegner einen solchen Aufgabewillen entnehmen kann. Regelmäßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann ausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafür zu erkennen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - WM 2001, 1387 unter II 1 b).
23
Nach diesen Maßstäben kann allein der Umstand, das s sich ein Versicherer im Rechtsstreit erster Instanz trotz vorangegangener Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG (noch) nicht auf dessen Rechtsfolge beruft , nicht als Verzicht verstanden werden, denn der Versicherer kann sich aus unterschiedlichen Gründen so verhalten. Er kann beispielsweise vorrangig die Klärung anderweitiger Fragen bezwecken oder glauben, den Rechtsstreit auch aus anderen Gründen zu gewinnen (so zutreffend OLG Hamm VersR 1995, 819). Er kann ferner im Zweifel darüber sein, ob die gerichtliche Geltendmachung der vom Versicherungsnehmer erhobenen Ansprüche den rechtlichen Anforderungen an die Rechtzeitigkeit genügt. Ein anderes Verständnis seines Verhaltens kommt nur dort in Betracht, wo besondere Umstände hinzutreten, aus denen mit ausreichender Sicherheit auf einen Rechtsaufgabewillen geschlossen werden kann.

24
Solche besonderen Umstände sind hier weder vorgetr agen noch sonst ersichtlich.
25
(2) Auch der Vorwurf eines Rechtsmissbrauchs kann nicht allein daran geknüpft werden, dass sich die Beklagte erst in zweiter Instanz auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen hat.
26
Soweit zur Prüfung der Leistungsfreiheit streitige r Parteivortrag berücksichtigt werden muss, ergibt sich ein ausreichendes Korrektiv für die späte Geltendmachung aus den Präklusionsvorschriften der Zivilprozessordnung. Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 242 BGB kann erst dann gegeben sein, wenn besondere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, ein Vertrauen des Versicherungsnehmers darauf zu begründen, der Versicherer werde trotz vorangegangener Fristsetzung und Rechtsfolgenbelehrung die ihm daraus erwachsenden Rechtsvorteile nicht mehr in Anspruch nehmen. Dass der Versicherer sich gegen den erhobenen Anspruch auf Versicherungsleistungen zunächst mit anderen Verteidigungsmitteln zur Wehr setzt, begründet für sich genommen ein solches Vertrauen nicht. Insoweit gelten dieselben Erwägungen, die auch der Annahme eines Verzichts des Versicherers entgegenstehen.
27
(3) Der Senat hat schließlich erwogen, ob § 12 Abs. 3 VVG dahin auszulegen ist, dass der Versicherer verpflichtet sei, die Versäumung einer zuvor gesetzten Klagfrist im Prozess unverzüglich geltend zu machen. Dafür könnte allenfalls sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung den Zweck verfolgt hat, im Interesse des Versicherers eine schnelle und endgültige Klärung herbeizuführen, ob eine Leistungsablehnung Bestand hat, und dem Versicherer so die Übersicht über seine Verbindlichkeiten zu erleichtern (vgl. dazu Prölss, aaO § 12 Rdn. 21 m.w.N.; Römer, aaO § 12 Rdn. 32).
28
Der Versicherer setzt sich zu diesem Normzweck abe r nicht in Widerspruch , wenn er sich im Prozess auf den Ablauf einer zuvor gesetzten Klagfrist erst in zweiter Instanz beruft. § 12 Abs. 3 VVG dient allein seinem Interesse und ist lediglich darauf gerichtet, nach einer Leistungsablehnung eine schnelle Entscheidung des Versicherungsnehmers darüber zu erzwingen, ob dieser seinen Anspruch gerichtlich geltend machen will oder nicht. Kommt es zum Rechtsstreit, so weiß der Versicherer, dass seine Leistungsablehnung einer gerichtlichen Prüfung unterzogen wird. Sein von § 12 Abs. 3 VVG geschütztes Informationsbedürfnis ist damit erfüllt. Eine Pflicht, den sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebenden Rechtsvorteil im Rechtsstreit umgehend geltend zu machen, lässt sich der Regelung nicht entnehmen, sie entspräche auch häufig nicht dem Interesse des Versicherungsnehmers.
Terno Seiffert Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom - 2 O 540/02 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 24.11.2004 - 3 U 232/03 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 23/02 Verkündet am:
14. November 2002
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Verwirkung setzt auch voraus, daß zum Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten
des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten
rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend
machen.
BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin in Höhe von 203.796,36 DM zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Revisionsverfahren noch Werklohn für nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 203.796,36 DM. Sie wurde im Jahre 1994 von der Beklagten mit den Trockenbauarbeiten eines Bauvorhabens beauftragt. Nach fristloser Kündigung der Beklagten, deren Berechtigung im Streit ist, erstellte die Klägerin am 23. Mai 1995 Schluß-
rechnung über 124.698,62 DM, worauf die Beklagte insgesamt 92.218,50 DM zahlte. Die Schlußrechnung enthält nur die Abrechnung der erbrachten, streitigen Leistungen. Streitig ist auch, ob die Parteien sich später geeinigt haben, diese Schlußrechnung als "Abschlagsrechnung" zu behandeln. Am 8. Dezember 1997 erstellte die Klägerin erneut Schlußrechnung über einen Betrag von 193.393,95 DM. Sie wies darauf hin, daß nicht ausgeführte Leistungen noch separat berechnet würden. Auf diese Schlußrechnung zahlte die Beklagte noch weitere kleinere Beträge. Bei den sich anschließenden Verhandlungen forderte die Beklagte weitere Leistungsnachweise hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Die Klägerin reagierte nicht, sondern erstellte am 18. August 2000 erneut Schlußrechnung, in der sie erstmals die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zu einem Bruttopreis von 203.796,36 DM verlangte. Das Landgericht hat die Klage insoweit wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter. Der Senat hat die Anschlußrevision der Beklagten nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das für das Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die "verjährungsrechtliche Lösung" des Landgerichts sei nicht frei von Bedenken. Jedenfalls könne die Klägerin die Forderung wegen Verwirkung nicht mehr geltend machen, weil sie diesen Anspruch erst rund fünfeinhalb Jahre nach dem Ende ihrer Tätigkeit für die Beklagte erhoben habe. Zu diesem Zeitpunkt habe diese darauf vertrauen dürfen, daß ein derartiger Anspruch seitens der Klägerin nicht mehr verfolgt würde. Die Verhandlungen hätten sich nur auf die erbrachten Leistungen bezogen. Die Klägerin sei erstmals in der Rechnung vom 18. August 2000 auf die Forderung nach Vergütung der kündigungsbedingt "ausgefallenen" Leistungsteile umgeschwenkt. Vorher habe sie nur einen pauschalen Hinweis in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997 erteilt.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts belegen nicht die Annahme, die Beklagte könne sich auf Verwirkung berufen. 1. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so daß die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 26. Mai 1992 - VI ZR 230/91, ZIP 1992, 1402 = NJW-RR 1992, 1240). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch
nicht mehr geltend machen (BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99, NJW 2001, 1649 = BauR 2001, 784 = ZfBR 2001, 313 jeweils m.w.N.). 2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit für die Annahme einer Verwirkung überhaupt ausreichend sein könnte, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, daß sich die Beklagte darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Klägerin werde auf eine Werklohnforderung für nicht erbrachte Leistungen nicht mehr zurückkommen. Gegen einen derartigen Vertrauenstatbestand, der nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden kann, spricht entscheidend der Hinweis der Klägerin in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997. Auch aus dem Umstand, daß die Klägerin zunächst restlichen Werklohn für erbrachte Leistungen gefordert hatte und erst im Jahre 2000 dazu übergegangen ist, eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen geltend zu machen, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts Entscheidendes für die Annahme einer Verwirkung hergeleitet werden. Im übrigen fehlt es an Feststellungen dazu , daß sich die Beklagte, sollte doch von einem seitens der Klägerin gesetzten Vertrauenstatbestand auszugehen sein, hierauf auch tatsächlich eingerichtet hat.
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Verjährungsfrage kann vom Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Dressler Haß Hausmann Kuffer Kniffka

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 166/06 Verkündet am:
15. November 2006
E r m e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Klausel
"Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei
anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes
anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den
Verkäufer hiervon zu unterrichten"
(Ziffer VII 2 a der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen
Kraftfahrzeugen und Anhängern - NWVB) ist wegen Mehrdeutigkeit nicht dahin auszulegen,
dass die Unterrichtung des Verkäufers über die Geltendmachung von Ansprüchen des Käufers
auf Mängelbeseitigung bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des
Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben zu erfolgen hat, bevor die Nachbesserung durch
wiederholte erfolglose Mängelbeseitigungsversuche derartiger Betriebe fehlgeschlagen ist.
BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger und den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin erwarb am 23. August 2003 von der in M. geschäftsansässigen Beklagten einen Neuwagen C. zum Preis von 15.800 Euro. Die dem Vertrag zu Grunde liegenden "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen und Anhängern, Stand April 2003" (NWVB) bestimmen u.a.: "VII. Sachmangel ... 2. Für die Abwicklung einer Mängelbeseitigung gilt folgendes: Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen, vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon zu unterrichten."
2
Bis Ende August 2004 führte die Klägerin das Fahrzeug insgesamt fünf Mal bei zwei verschiedenen C. -Fachbetrieben in S. vor und bemängelte u.a., dass Wasser in das Fahrzeuginnere und in den Kofferraum eindringe. Im Februar 2005 unterrichtete die Klägerin die Beklagte über die nach ihrer Darstellung erfolglosen Versuche, die Undichtigkeiten des Fahrzeugs zu beseitigen. Die Beklagte bot der Klägerin daraufhin an, das Fahrzeug zwecks Überprüfung und Behebung des Mangels in ihrer Werkstatt bei der Klägerin abzuholen und ihr ein Leihfahrzeug zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin ging darauf nicht ein und erklärte mit Schreiben vom 7. März 2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrages ab.
3
Mit der Klage begehrt die Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Zahlung von 15.209,80 € (zusammengesetzt aus dem Kaufpreis von 15.800 Euro, 75 € An- und Abmeldekosten und 30 € Unkostenpauschale abzüglich einer Nutzungsentschädigung von 695,20 €) nebst Verzugszinsen und Feststellung des Annahmeverzuges. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen , das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Klägerin sei zum Rücktritt (noch) nicht berechtigt, weil sie der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass die Fristsetzung nach § 440 BGB entbehrlich gewesen sei. Zwar sei sie nicht schon deshalb an der Geltendmachung von Sekundäransprüchen gehindert, weil sie nicht der Beklagten selbst Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben habe, sondern zwei in S. ansässige Vertragshändler erfolglos eine Nachbesserung versucht hätten. Denn die Beklagte müsse sich die Nachbesserungsversuche der S. Werkstätten gemäß § 278 BGB entgegenhalten lassen, weil sie die Klägerin in Ziffer VII 2 a ihrer Vertragsbedingungen von vornherein ermächtigt habe, die Nachbesserung in einer anderen C. - Vertragswerkstatt vornehmen zu lassen.
7
Trotz mehrfacher vergeblicher Reparaturversuche sei die Nachbesserung nicht im Sinne des § 440 Satz 2 BGB fehlgeschlagen, weil sich aus den Umständen etwas anderes ergebe. Die Klägerin habe die ihr nach Ziffer VII 2 a der Geschäftsbedingungen obliegende Informationspflicht verletzt und könne sich deshalb auf die fehlgeschlagenen Reparaturversuche der Drittwerkstätten nicht berufen.
8
Auch wenn die Klausel VII 2 a keine ausdrückliche Vorgabe enthalte, wie und vor allem wann der Käufer den Verkäufer zu informieren habe, müsse der Käufer die Information in zeitlichem Zusammenhang mit der Nachbesserung und insbesondere vor der Vornahme des zweiten und letzten Nachbesserungsversuchs erteilen. Jedem verständigen Verbraucher müsse bewusst sein, dass er sich im Normalfall mit Mängelrügen und Nachbesserungsverlangen an seinen Vertragspartner wenden müsse und die in den NWVB enthaltene Regelung eine Ausnahme darstelle, die ihm eine Erweiterung seines Rechtskreises und eine flächendeckende Serviceleistung der Vertragshändler biete. Die Gewährleistungsansprüche und die damit verbundenen Kosten und Risiken beträfen ausschließlich den Verkäufer und nicht die Drittwerkstatt. Nur durch eine rechtzeitige Information werde der Zweck der Informationspflicht gewahrt, es dem Verkäufer doch noch zu ermöglichen, die Nachbesserung selbst durchzuführen oder den Drittbetrieb dabei zu unterstützen.
9
Die Klägerin habe die so verstandene Informationspflicht verletzt, indem sie die Beklagte erst kurz vor der Erklärung des Rücktritts über die erfolgten Nachbesserungsversuche in Kenntnis gesetzt und sie vor vollendete Tatsachen gestellt habe.

II.

10
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
11
1. Der Klägerin kann ein Anspruch aus § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 437 Nr. 2 1. Alt., §§ 440, 323 BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 23. August 2003 nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden. Nach dem revisionsrechtlich zu Grunde zu legenden Sachverhalt ist das von der Beklagten verkaufte Fahrzeug mit einem nicht unerheblichen (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) Sachmangel behaftet, dessen Beseitigung trotz mehrerer Nachbesserungsversuche misslungen ist. Anders als das Berufungsgericht meint, bedurfte es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, weil die der Klägerin zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen war (§ 440 BGB).
12
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Beklagte die Nachbesserungsversuche der von der Klägerin aufgesuchten C. -Vertragswerkstätten zurechnen lassen muss und dass die Klägerin daher nicht schon deshalb an der Geltendmachung von Sekundäransprüchen gehindert ist, weil sie der Beklagten zu keinem Zeitpunkt Gelegenheit zur Nachbesserung in deren eigener Werkstatt gegeben hat.
13
Die von der Beklagten verwendeten Geschäftsbedingungen räumen dem Käufer in Ziffer VII 2 a ausdrücklich das Recht ein, sich für die Abwicklung einer Mängelbeseitigung statt an den Verkäufer an einen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieb zu wenden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, setzt die dem Käufer eingeräumte Befugnis nicht voraus, dass er den Verkäufer zuvor informiert oder gar dessen Einverständnis einholt; eine derartige Einschränkung lässt sich den Geschäftsbedingungen nicht entnehmen. Infolge der vom Verkäufer erteilten Ermächtigung wird der vom Käufer zur Nachbesserung eingeschaltete Betrieb als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers tätig; der Verkäufer muss sich deshalb die von dieser Werkstatt ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten und die im Zusammenhang damit abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen (Senat, Urteil vom 15. Mai 1985 – VIII ZR 105/84, WM 1985, 917 = NJW 1985, 2819 unter I 5 sowie Urteil vom 10. April 1991 – VIII 131/90, WM 1991, 1221 = NJW 1991, 1882 unter II 3 b).
14
b) Die der Klägerin zustehende Art der Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, weil der – behebbare – Mangel nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legen- den Sachverhalt durch die der Beklagten zuzurechnenden Reparaturversuche nicht beseitigt wurde. Mit der dem Käufer zustehenden Art der Nacherfüllung ist die vom Käufer gewählte (§ 439 Abs. 1 BGB) und vom Verkäufer nicht zu Recht verweigerte (§ 439 Abs. 3 BGB) Art der Nacherfüllung gemeint (vgl. Begründung zum Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 233).
15
Die Nacherfüllung in der Variante Nachbesserung, für die sich die Klägerin entschieden hat, gilt gemäß § 440 Satz 2 BGB nach dem zweiten erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Mangels oder aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Mehr als zwei Nachbesserungsversuche kommen deshalb etwa bei besonderer (technischer ) Komplexität der Sache, schwer zu behebenden Mängeln oder ungewöhnlich widrigen Umständen bei vorangegangenen Nachbesserungsversuchen in Betracht (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, 2004, § 440 Rdnr. 18; Schmidt in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2006, § 440 Rdnr. 10; MünchKomm /Westermann, BGB, 4. Aufl., § 440 Rdnr. 11; Faust in Beck’scher OnlineKomm. BGB, Stand 1.8.2006, § 440 Rdnr. 32).
16
Derartige besondere Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Beklagte beruft sich auch nicht auf besondere objektive Schwierigkeiten bei der Mangelbeseitigung, sondern darauf, dass sie bisher keine Gelegenheit hatte, persönlich auf die Behebung des Mangels Einfluss zu nehmen, um nicht Sekundäransprüchen der Klägerin ausgesetzt zu sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dies kein Umstand, dem im Rahmen des § 440 Satz 2 BGB Bedeutung zukommen könnte. Ein Recht des Verkäufers, zumindest einen eigenen Nachbesserungsversuch vorzunehmen, sieht die Klausel Ziffer VII 2 a NWVB nicht vor. Vielmehr muss die Beklagte sich, wie bereits ausgeführt wurde, die wiederholten erfolglosen Mängelbeseitigungsversuche der von der Klägerin befugtermaßen eingeschalteten S. C. - Betriebe wie eigene gescheiterte Nachbesserungsversuche zurechnen lassen.
17
c) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, dass sich die Klägerin deshalb nicht auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 440 BGB berufen könne, weil sie die Beklagte nicht rechtzeitig über die Inanspruchnahme der S. Vertragswerkstätten informiert habe. Zwar kann die Ausübung eines Rechts nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine mit seinem Anspruch in engem Zusammenhang stehende schwerwiegende Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt (BGH, Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 90/04, NJW-RR 2005, 743, unter II 2 b bb (1); Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 242, Rdnrn. 46, 47; Staudinger/Looschelders/Olzen, BGB, 2005, § 242, Rdnrn. 251 und 255, jew.m.w.Nachw.). Es fehlt aber bereits an einer Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Klägerin, denn aus Ziffer VII 2 a NWVB ergibt sich keine Verpflichtung des Käufers, den Verkäufer spätestens vor dem zweiten Nachbesserungsversuch einer anderen Vertragswerkstatt über deren Einschaltung zu informieren.
18
Die Vertragsbedingungen der Beklagten regeln nicht ausdrücklich, zu welchem Zeitpunkt der Käufer seinen Vertragspartner informieren muss, so dass dies im Wege der Auslegung zu ermitteln ist.
19
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (BGHZ 77, 116, 118; 102, 384, 389 f; Senat, Urteil vom 9. Mai 2001 – VIII ZR 208/00, WM 2001, 2008 = NJW 2001, 2165 unter II 2 a).
20
Nach einer vor allem in der Literatur vertretenen Auffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, soll die in Ziffer VII 2 a NWVB geregelte Informationspflicht den Verkäufer in die Lage versetzen, die mit der Mängelabwicklung befasste Drittwerkstatt im Interesse einer erfolgreichen Mängelbeseitigung zu unterstützen bzw. zu kontrollieren oder die erforderliche Reparatur notfalls selbst durchzuführen (Seel, DAR 2004, 563, 564; Creutzig, Recht des Autokaufs , 4. Aufl., Rdnr. 7.2.6; ebenso LG Schwerin, DAR 2004, 590, 592; vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 410). Um einer solchen Funktion gerecht zu werden, müsste die Information möglichst frühzeitig, spätestens vor dem zweiten Nachbesserungsversuch erfolgen.
21
Aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers ist ein so verstandener Zweck der ihm auferlegten Informationspflicht jedoch keineswegs eindeutig. Offensichtlich bietet die in Ziffer VII 2 NWVB geregelte Abwicklung einer Mängelbeseitigung beiden Vertragspartnern Vorteile. Dem Käufer steht das gesamte Vertragshändler- und -werkstättennetz zur Verfügung, so dass er sich jeweils an eine nahe gelegene Werkstatt wenden kann; dies kommt auch dem Verkäufer zu gute, weil er dadurch unter Umständen erhebliche Transportkosten erspart , die dem Verkäufer bei berechtigten Mängelrügen zur Last fallen (§ 439 Abs. 2 BGB). Ferner sind mit der Schaffung eines kundenfreundlichen Servicenetzes im Interesse des Verkäufers liegende absatzfördernde Wirkungen verbunden (vgl. Himmelreich/Andreae/Teigelack, AutoKaufRecht, 3. Aufl., Rdnr. 748).
22
Dem Neuwagenkäufer stellt sich das Servicenetz des Herstellers /Importeurs als einheitliche Organisation dar. Er wird daher erwarten, dass jede vom Hersteller/Importeur autorisierte Werkstatt einen Fahrzeugmangel ebenso zuverlässig beheben wird wie der Betrieb, bei dem er das Fahrzeug gekauft hat. Das aus Sicht des Verkäufers möglicherweise erstrebte Ziel, zumindest einen Nachbesserungsversuch in der eigenen Werkstatt vornehmen zu können, ist mit Hilfe der Informationspflicht ohnehin nicht zu erreichen, weil dem Käufer mit der Regelung in Ziffer VII 2 a ein umfassendes Wahlrecht unter den autorisierten Werkstätten eingeräumt ist. Wie auch das Berufungsgericht zutreffend ausführt, wird dem Verkäufer durch eine unverzügliche Information des Käufers daher nur die Möglichkeit eröffnet, sich in Absprache mit der eingeschalteten Werkstatt an den Reparaturarbeiten zu beteiligen oder diese auf sonstige Weise zu unterstützen. Dass diese sehr eingeschränkte Möglichkeit der Einflussnahme für den Verkäufer von erheblicher Bedeutung und dem Käufer vornehmlich aus diesem Grund eine Unterrichtungspflicht auferlegt ist, wird aus der Sicht des Kunden nicht hinreichend deutlich, zumal die Unterstützung einer vom Betrieb des Verkäufers möglicherweise weit entfernt liegenden Vertragswerkstatt praktischen Schwierigkeiten begegnen (vgl. Schattenkirchner, DAR 2004, 592, 593) und Kosten verursachen dürfte, die durch die Schaffung eines Servicenetzes gerade vermieden werden sollen.
23
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die dem Verkäufer durch Ziffer VII 2 a NWVB auferlegte Information des Verkäufers nicht sinnlos, wenn sie erst nach dem Fehlschlagen der Nacherfüllung durch mehrere erfolglose Mängelbeseitigungsversuche anderer Betriebe erteilt wird. Aus der maßgeblichen Sicht des verständigen Neuwagenkäufers kann der Zweck der Informationspflicht auch darin bestehen, dem Verkäufer, der sich mit einem Rücktritt oder mit Schadensersatzansprüchen des Käufers konfrontiert sieht, die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen sekundärer Mängelrechte des Käufers erfüllt sind. Die von der Beklagten verwendete Formularklausel ist deshalb hinsichtlich des zeitlichen Rahmens, der dem Kunden für die Erfüllung der ihm auferlegten Informationspflicht zur Verfügung steht, objektiv mehrdeutig. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Auslegungsmethoden aber Zweifel und sind mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, so kommt die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB (früher § 5 AGBG) zur Anwendung (BGHZ 112, 65, 68; BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, IV ZR 74/02, NJW-RR 2003, 1247 unter II. 2c, st. Rspr.). Danach gehen die dargelegten Zweifel hinsichtlich des Zeitpunktes der vom Käufer geschuldeten Information zu Lasten des Verkäufers (so auch Reinking/Eggert, aaO Rdnr. 410).

III.

24
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif, da das Berufungsgericht – vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig – keine Fest- stellungen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin geltend gemachten Mängel (fort)bestehen. Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 27.09.2005 - 22 O 190/05 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.05.2006 - 13 U 212/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 74/02 Verkündet am:
9. Juli 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 88 § 7 I (2) a; AGBG § 5; BGB § 305c Abs. 2
Die in der Gliedertaxe (§ 7 I (2) a AUB 88) enthaltene Wendung "... Funktionsunfähigkeit
... einer Hand im Handgelenk ..." ist unklar (§§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 9. Juli 2003

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der er eine private Unfallversicherung unterhält, eine höhere Invaliditätsentschädigung als bereits bezahlt. Die Parteien streiten um die richtige Bemessung des Invaliditätsgrades und hierbei insbesondere darum, wie der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Begriff der "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" auszulegen ist.
Der Kläger erlitt durch einen Unfall einen Trümmerbruch der Speiche des linken Armes, mit Gelenkflächenbeteiligung und Schädigung der distalen Handwurzelknochen. Wegen fortdauernder Schmerzen mußte eine künstliche Versteifung des Handgelenks vorgenommen werden.

Einzelne Funktionen der Hand wie Tasten, Fühlen, Bewegen und die Beweglichkeit der Finger sind erhalten geblieben, so daß die Hand für den Kläger nicht vollständig nutzlos, sondern weiterhin teilweise gebrauchsfähig ist.
In der sogenannten Gliedertaxe der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (§ 7 I (2) a und b AUB 88) heißt es hierzu u.a.:
"(2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk 70 Prozent eines Armes bis oberhalb des Ellbogengelenks 65 Prozent eines Armes unterhalb des Ellbogengelenks 60 Prozent einer Hand im Handgelenk 55 Prozent. eines Daumens 20 Prozent eines Zeigefingers 10 Prozent eines anderen Fingers 5 Prozent ... eines Fußes im Fußgelenk 40 Prozent
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen." Der Kläger meint, der Grad seiner Invalidität sei nach der Funktionsbeeinträchtigung seiner Hand und des Handgelenks zu bemessen, die mindestens 80% betrage, so daß sein Invaliditätsgrad mit (80% von 55% =) 44% anzusetzen sei. Auf dieser Basis steht ihm unstreitig eine

Entschädigung von 216.480 DM zu, von der nach Abzug des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages noch die mit der Klage geltend gemachten 126.720 DM offenstehen. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß es auf die Funktionsbeeinträchtigung des ganzen Armes ankomme, die 2/5 betrage. Dementsprechend hat die Beklagte auf der Basis eines Invaliditätsgrades von (2/5 von 70% =) 28% abgerechnet und gezahlt.
Das Landgericht hat auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes abgestellt und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung der begehrten weiteren Entschädigung mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger steht die verlangte weitere Invaliditätsentschädigung zu.
I. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, daß es nicht auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes ankomme. Wegen des abstrakten und generellen Maßstabs der Gliedertaxe, die feste Invaliditätsgrade für die in ihr benannten Glieder bestimme, dürfe bei vollständiger Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand im Handgelenk der Invaliditätsgrad nicht unter Rückgriff auf die Auswirkungen auf das Restglied ge-

ringer angesetzt werden. Des weiteren hat das Berufungsgericht wegen des seiner Ansicht nach eindeutigen Wortlauts des Begriffs "Funktions- unfähigkeit der Hand im Handgelenk" angenommen, daß es auf die Funktionsunfähigkeit der Hand gerade im Handgelenk und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand ankomme. Bei einer kompletten Versteifung des Handgelenks, wie sie beim Kläger vorliege, sei es deshalb unerheblich, ob das Teilglied Hand noch vorhanden und funktionsfähig sei.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Ausstrahlungen der Funktionsbeeinträchtigung der Hand im Handgelenk auf den ganzen Arm für unbeachtlich erklärt und deshalb nicht den Armwert angewandt (vgl. Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 143/89 - VersR 1990, 964 unter 2 a; vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3 b; vom 23. Januar 1991 - IV ZR 60/91 - VersR 1991, 413; vom 17. Januar 2001 - IV ZR 32/00 - VersR 2001, 360 unter 2 a).
2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden , daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" vorliegt, wenn nur das Handgelenk funktionsunfähig ist. Dies ergibt sich aus der Unklarheitenregel der §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.


a) Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher dem AGBG bzw. den §§ 305 ff. BGB mitsamt der Unklarheitenregel.

b) Die Unklarheitenregel würde nicht eingreifen, wenn, wie das Berufungsgericht meint, die Klausel eindeutig und damit gar nicht auslegungsbedürftig wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 305c Rdn. 18; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 - X ZR 74/91 - NJW 1993, 657 unter II 2). Die in der Gliedertaxe gebrauchte Wendung "als feste Invaliditätsgrade gelten ... bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einer ... Hand im Handgelenk 55%" ist indessen nicht eindeutig. Der Wortlaut weist zwar einerseits auf einen im Handgelenk lokalisierten Verlust, eine dort lokalisierte Funktionsunfähigkeit hin, er läßt aber wegen der Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit dennoch Zweifel zu, ob es für die Funktionsunfähigkeit nicht auch auf die Hand bis zum Handgelenk ankommen soll.

c) Die demnach erforderliche Auslegung vermag diese Zweifel nicht zu beheben. Es sind vielmehr die Voraussetzungen der Unklarheitenregel gegeben: Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinnes und Zwecks objektiv mehrdeutig ist. Die Mehrdeutigkeit kann auch nicht beseitigt werden, und es bleiben nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar (BGHZ 112, 65, 68 f.).

(1) Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGHZ 123, 83, 85). Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
(2) Die vom Berufungsgericht erwogene Auslegung ist möglich.
Die Wortwahl "Hand im Handgelenk" kann den Versicherungsnehmer , der die Bedeutung der Formulierung "im Gelenk" zu erschließen sucht, zu einem Verständnis führen, daß auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks selbst und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand abzustellen ist. In diesem Verständnis kann sich der Versicherungsnehmer insbesondere dadurch bestätigt sehen, daß die Gliedertaxe Teilbereiche eines Gliedes - so des Armes - auch mit Wendungen beschreibt wie "eines Armes bis" (oberhalb des Ellbogengelenks - unterhalb des Ellbogengelenks); Entsprechendes gilt für Teilbereiche des Beines. Wenn einerseits mit der Wendung "bis" ausdrücklich Gliedabschnitte beschrieben werden, deutet im Gegensatz dazu die Wendung "im" auf eine Lokalisierung der Funktionsunfähigkeit gerade im Gelenk selbst hin. Liegt also vollständige Funktionsunfähigkeit des Handgelenks durch dessen Versteifung vor, kann der Versicherungsnehmer die Glie-

dertaxe dahin verstehen, daß allein deshalb ein Invaliditätsgrad von 55% zugrunde zu legen ist. Selbst wenn trotz der Funktionsunfähigkeit des Handgelenks die Hand selbst noch teilweise funktionsfähig geblieben sein sollte, muß das den Versicherungsnehmer nicht notwendig zu einer anderen Einschätzung führen. Denn er darf auch berücksichtigen, daß es in § 7 I (2) a AUB 88 einleitend heißt: "Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität...". Zwar erkennt der Versicherungsnehmer auch, daß der Verlust einer Hand im Handgelenk der Funktionsunfähigkeit im Gelenk bei verbleibender Teilfunktionsfähigkeit der Hand in seinen Auswirkungen nicht gleichstehen muß, gleichwohl aber der gleiche Invaliditätsgrad - also eine gleich hohe Entschädigung - in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer kann das auf die mit der Gliedertaxe vorgenommene pauschalisierende Bewertung des Invaliditätsgrades zurückführen, deren versicherungswirtschaftliche oder medizinische Rechtfertigung sich ihm ohnehin nicht erschließt. Das gilt auch und gerade mit Blick auf die Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit von Gliedern oder Gliedteilbereichen.
(3) Auf der anderen Seite ist aber auch eine Auslegung dahin möglich, daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ihrerseits die Funktionsunfähigkeit der restlichen Hand voraussetzt (vgl. Knappmann , VersR 2003, 430, 431).
Das kann dem Versicherungsnehmer der Aufbau der Gliedertaxe nahelegen. Die Gliedertaxe sieht Abstufungen des Invaliditätsgrades - etwa des Armes - vor, nachdem der Invaliditätsgrad mit der Rumpfnähe der in der Gliedertaxe festgelegten Teilbereiche ansteigt. Diese Abstu-

fung trägt - dem Versicherungsnehmer erkennbar - den zunehmenden Auswirkungen des jeweiligen Teilgliedverlustes oder der Teilgliedfunktionsunfähigkeit auf die generelle Arbeitsfähigkeit des Menschen Rechnung. Liefert aber die Rumpfnähe des Teilgliedes den Bewertungsmaßstab , läßt sich die Wendung "Hand im Handgelenk" auch dahin verstehen , daß mit ihr - wie mit der Abgrenzung "bis zum" - nur die Grenze eines Gliedteilbereichs beschrieben wird, es also bei der Funktionsunfähigkeit auf die Hand insgesamt ankommt. Für ein solches Verständnis kann auch die Gleichbewertung von Verlust und Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk sprechen. Sie läßt jedenfalls den Schluß zu, daß der Versicherer hier Sachverhalte gleichbehandeln wollte, die sich aus seiner Sicht hinsichtlich des versicherten Risikos gleichen.
(4) Beide Auslegungen sind vertretbar. Die sich aus der mehrdeutigen Formulierung "Hand im Handgelenk" ergebenden Zweifel lassen sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden. Diese Auslegungszweifel gehen gemäß §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders; es ist deshalb von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen.
Soweit sich aus dem (nicht begründeten) Nichtannahmebeschluß des Senats vom 2. Oktober 2002 - IV ZR 222/01 - etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

(5) Im vorliegenden Fall ist demgemäß bei der Bemessung der In- validität des Klägers allein darauf abzustellen, daß sein Handgelenk funktionsunfähig ist. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich danach als im Ergebnis zutreffend.
Terno Richter am Bundesgerichtshof Ambrosius Dr. Schlichting ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Terno
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 405/00 Verkündet am:
22. März 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGBG § 5
§ 5 AGBG kommt nicht zur Anwendung, wenn die fragliche Klausel von den Parteien
übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist.
BGH, Urt. v. 22. März 2002 - V ZR 405/00 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. November 2000 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 13. Zivilkammer - vom 3. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 20. Oktober 1992 verkaufte die L. R. GmbH, gesetzlich vertreten durch die Namensvorgängerin der Klägerin, an den Beklagten ein Grundstück in R. für investive Zwekke. Der Beklagte verpflichtete sich in dem Vertrag, ein näher bezeichnetes Vorhaben bis zum 31. Dezember 1995 fertigzustellen und "dabei etwa DM 3.500.000 zu marktüblichen Konditionen in den Kaufgegenstand und in den
auf dem Kaufgegenstand geführten Gewerbebetrieb zu investieren". Für den Fall der nicht fristgerechten Durchführung der versprochenen Maßnahme, bei einem erheblichen Abweichen davon oder im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids ist eine Vertragsstrafe von 25 % des bei Fristablauf nicht investierten Teils der geschuldeten Investitionssumme vereinbart. Die Klägerin ist aus diesem Vertragsstrafenversprechen unmittelbar berechtigt.
Der Vertrag enthält ferner die Klausel, daß etwaige im Investitionsvorrangbescheid erteilte Auflagen oder Bestimmungen, die von den Vertragsvereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Für diesen Fall wurde dem Beklagten ein Rücktrittsrecht zugebilligt.
Am 30. November 1993 erließ die Klägerin einen Investitionsvorrangbescheid mit der Auflage, daß sich der Beklagte verpflichtete,
"a) im Falle des Widerrufs des Investitionsvorrangbescheides aa) den Vermögensgegenstand zurückzuübertragen und bb) für den Fall der Nichtdurchführung der vertraglich zugesagten Investitionen innerhalb der vorgegebenen Frist eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % der vertraglich zugesagten und bei Fristablauf noch nicht investierten Investitionssumme zu zahlen."
Der Beklagte wurde als Eigentümer des gekauften Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. In den Kaufgegenstand investierte er innerhalb der Frist lediglich 62.368,50 DM netto (= 71.723,28 DM brutto). Die Klägerin macht die Vertragsstrafe geltend. Ihrer auf Zahlung von 859.407,87 DM nebst Zinsen (ausgehend von der Nettoinvestition des Beklagten) gerichteten Klage hat das
Landgericht in Höhe von 857.069,05 DM nebst Zinsen (berechnet nach der Bruttoinvestition des Beklagten) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die Vertragsstrafe sei nach den durch die Auflagen des Investitionsvorrangbescheids modifizierten Vertragsbestimmungen nur dann verwirkt, wenn der Beklagte nicht nur die zugesagten Investitionen nicht fristgerecht vorgenommen habe, sondern wenn auûerdem der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden sei. Dies ergebe sich zwar nicht zwingend aus den Bestimmungen. Da diese jedoch unklar seien, müsse sich die Klägerin nach § 5 AGBG diese für den Beklagten günstigste Auslegungsmöglichkeit entgegenhalten lassen. Mangels Widerrufs des Investitionsvorrangbescheids sei eine Vertragsstrafe folglich nicht geschuldet.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Vertragsstrafenregelung handele es sich um
einen Teil Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Klägerin bzw. die Verkäuferin dem Vertrag zugrunde gelegt habe. Hiervon durfte das Berufungsgericht auch ohne ausdrücklichen Vortrag des Beklagten ausgehen, da ihm aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt war, daû die Klägerin sich in Grundstückskaufverträgen, die investiven Zwecken dienen, zur Sicherung der versprochenen Investitionen inhaltlich gleichartiger Vertragsstrafenregelungen bedient. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600). Zwar mag es vorkommen, daû einzelne Klauseln in solchen Verträgen nicht vorformuliert sind. Dann aber wäre es Sache der Klägerin gewesen, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, daû das bei den hier maûgeblichen Klauseln der Fall ist (Senat aaO; BGHZ 83, 54, 58). Daran fehlt es.
2. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Anwendung des § 5 AGBG.

a) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine Auslegung ist, was indes Voraussetzung für die Anwendung der Unklarheitenregelung (§ 5 AGBG) ist. Denn diese Regelung greift nur ein, wenn man mit Mitteln der Auslegung nicht zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt. Einer Auslegung vorgeschaltet ist jedoch die Prüfung, ob die fragliche Klausel von den Parteien übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden worden ist. Ist das der Fall, so geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung vor, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urt. v. 9. März 1995, III ZR 55/94, NJW 1995, 1494, 1496). Das Verständnis der Parteien ist dann wie eine Individualvereinbarung zu behandeln, die nach § 4 AGBG Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat.

Hier spricht viel dafür, daû die Parteien die Vertragsstrafenregelung übereinstimmend in dem Sinn verstanden haben, daû sie schon dann eingreift, wenn der Beklagte innerhalb der Frist nicht vertragsgemäû investierte. Daû zusätzlich der Widerruf des Investitionsvorrangbescheids ergehen muûte, hat vorprozessual niemand auch nur in Erwägung gezogen. Gestritten wurde vielmehr darum, ob der Beklagte Investitionen vorgenommen hat, die den vertraglich geschuldeten gleichzustellen sind, und ob eine Befreiung von der Vertragsstrafenverpflichtung wegen nicht voraussehbarer dringender betrieblicher Erfordernisse (§ 9 Abs. 3 des Vertrages) anzunehmen ist.

b) Jedenfalls bestehen aber auch keine Zweifel bei der Auslegung, die es rechtfertigen, ein für die Klägerin ungünstiges Verständnis der Vertragsstrafenregelung zugrunde zu legen.
Das Berufungsgericht verkennt nicht, daû § 5 AGBG nur eingreift, wenn nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 91, 98; BGH, Urt. v. 11. März 1997, X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Zu Unrecht bejaht es diese Voraussetzungen aber im vorliegenden Fall. Daû die Vertragsstrafe nur dann verwirkt ist, wenn neben dem Ausbleiben der versprochenen Investitionen innerhalb der vereinbarten Frist auch der Investitionsvorrangbescheid widerrufen worden ist, kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Nr. 5 a des Investitionsvorrangbescheids für diese Deutung zu sprechen. Von ihm wäre aber nur auszugehen,
wenn er an die Stelle der vertraglichen Regelung getreten wäre, die - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids nur als alternative Möglichkeit, die Vertragsstrafe zu verlangen, behandelt. Unabhängig von einem Widerruf wird die Vertragsstrafe nach dem Vertrag auch dann fällig, wenn der Beklagte nicht vertragsgemäû investiert hat.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann aber nicht angenommen werden, daû der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids maûgeblich ist. Zwar sieht § 8 Nr. 5 Abs. 2 des notariellen Vertrages vor, daû Bestimmungen des Bescheids, die von den vertraglichen Vereinbarungen abweichen, an deren Stelle treten sollen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich indes , daû hiermit nur solche Bestimmungen gemeint sind, die eine für den Beklagten im Verhältnis zum Vertrag ungünstigere Regelung enthalten. Das folgt daraus, daû eine Änderung des Vertrages durch Übernahme von Auflagen oder Bestimmungen aus dem Investitionsvorrangbescheid für den Beklagten ein Rücktrittsrecht begründen sollte. Führt die Vertragsänderung zu einer Verschlechterung der Situation des Beklagten, so stellt ein Rücktrittsrecht einen angemessenen und naheliegenden Ausgleich dar. Verbessert die Vertragsänderung hingegen die Stellung des Beklagten, so gibt es für eine Rücktrittsmöglichkeit keine Rechtfertigung. Letzteres wäre aber die Folge, legte man den Wortlaut des Investitionsvorrangbescheides zugrunde und verlangte man neben der Nichterfüllung der Investitionszusage für die Verwirkung der Vertragsstrafe auch den Widerruf des Bescheides.
bb) Unabhängig davon läût aber auch der Wortlaut des Investitionsvorrangbescheids bei verständiger Würdigung nicht die Deutung zu, daû entgegen der vertraglichen Regelung der Widerruf des Bescheides keine alternative
Möglichkeit für die Verwirkung der Vertragsstrafe darstellen sollte, sondern zu der Nichterfüllung der Investitionspflicht hinzutreten muû. Darin läge nämlich keine vernünftige Regelung, und dies entspräche nicht den Interessen der Parteien.
Die Vereinbarung der Vertragsstrafe dient dem Ziel, der Durchsetzung des Anspruchs auf Vornahme der Investitionen Nachdruck zu verleihen. Die Verbindung von Nichterfüllung dieser Pflicht und Verwirkung der Strafe ist augenscheinlich. Daû die Strafe auch - alternativ - verwirkt sein sollte, wenn der Investitionsvorrangbescheid widerrufen wurde, bedeutet inhaltlich nichts wesentlich anderes; denn der Widerruf setzt seinerseits die Nichterfüllung der Investitionszusage voraus (§ 15 Abs. 1 Satz 1 InVorG). Die Alternativität erleichtert aber die Durchsetzung. Weist die Klägerin die Nichterfüllung nach, kann sie die Vertragsstrafe verlangen, ohne den Widerruf abwarten zu müssen; ist widerrufen worden, kann sie die Strafe allein mit Rücksicht darauf verlangen , ohne die Nichterfüllung darlegen zu müssen. Eine kumulative Verbindung dieser beiden Voraussetzungen erschwert demgegenüber die Geltendmachung der Vertragsstrafe, ohne daû dafür ein Grund ersichtlich ist und obwohl inhaltlich allein entscheidend bleibt, daû die Investitionszusage nicht erfüllt wurde. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, daû mit der Formulierung im Investitionsvorrangbescheid eine sachliche Änderung gegenüber dem Vertrag beabsichtigt war. Gemeint war vielmehr dasselbe. Miûlungen ist nur die sprachliche Fassung.
3. Daû der Beklagte die versprochenen Investitionen nur zu einem geringen Teil fristgerecht erbracht hat, so daû die Vertragsstrafe im Umfang der Nichterfüllung verwirkt ist, hat das Landgericht bejaht. Seinen - auch im übrigen
zutreffenden - Erwägungen liegt eine Vertragsauslegung zugrunde, der das Berufungsgericht beigetreten ist und die keine Rechtsfehler aufweist. Sie entspricht dem Wortlaut und berücksichtigt die Begleitumstände und steht insbesondere - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäuûerten Auffassung der Revisionserwiderung - nicht im Widerspruch zu dem Investitionsvorrangbescheid. Der Senat tritt dieser Auslegung bei. Richtig ist auch, daû die Fiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG, beruhend darauf, daû ein Widerruf des Bescheides nicht mehr möglich ist, nur den Verlust des Rückübertragungsanspruchs zur Folge hat, nicht aber auch den der Vertragsstrafe (vgl. Rapp, in: RVI, § 13 InVorG Rdn. 37a, 37b).

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 91/00 Verkündet am:
15. Januar 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht
nicht angenommen werden, ohne daß bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen
sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
BGH, Urt. v. 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. April 2000 verkündete Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Klage auch in Höhe eines Betrages von 10.442,63 Euro (20.424,-- DM, Anl. K 15, Position 4 nebst Mehrwertsteuer - GA I 109) nebst 12,5% Zinsen seit Klagezustellung abgewiesen worden ist.
Der Rechtsstreit wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin beteiligte sich an einer Ausschreibung des Beklagten und erhielt den Auftrag (im folgenden: ursprünglicher Vertrag) zur Lieferung, Auf-
stellung und Installation eines Novell-Netzwerks für die Abteilung Volksbildung des Bezirksamts W.. Dabei vereinbarten die Parteien die Geltung der Besonderen Vertragsbedingungen-Kauf (BVB-Kauf) sowie, daß der Beklagte wegen nicht ausreichender Haushaltsmittel die u.a. ausgeschriebenen Verkabelungsarbeiten in eigener Zuständigkeit durchführe.
Bei der Ausführung des Auftrags kam es zu Verzögerungen und Unstimmigkeiten. Unter dem 26. August 1994 wies die Klägerin auf viele durch Veränderungen des Systems verursachte Probleme hin, die sie "schon seit sechs Monaten ständig" habe "beheben" müssen, und forderte die Unterzeichnung eines Wartungsvertrags. Mit Schreiben vom 1. September 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten sodann im Zusammenhang mit der bevorstehenden Begutachtung ihrer Leistungen durch einen Sachverständigen mit:
"Wie gestern telefonisch vereinbart entstehen dem Bezirksamt W. keine Kosten für den Gutachter.
Nur für den Fall, daß das Bezirksamt W. Technik Soft- und Hardware und Installation nicht anerkennt und den BVB-Vertrag nicht erfüllt, kann ... Schadensersatz geltend gemacht werden.
Wie Sie wissen, haben wir von vornherein jegliche Fehler (PC 18 Supervisor, Printserver, Netzwerkkarten, Installation von Windows mit 2 bzw. 4 MB, nicht angeschlossenes Netzwerkkabel , Umtausch der Netzwerkkarte, Kabeltopologie, Multiconnecttreiber , Prisma-Office-Update vom DOS von 6.0 auf 6.2,
Einbauen einer Festplatte), die an unseren Systemen eingebaut wurden, ohne Probleme und bisher auch ohne Kosten beseitigt."
Am 9. November 1994 erklärte der Beklagte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistung. Die nach dem ursprünglichen Vertrag vorgesehene Vergütung wurde bis auf einen hier nicht mehr interessierenden Rest bezahlt.
Unter dem 21. November 1995 erteilte die Klägerin eine weitere Rechnung , die sich über sechs Positionen verhält. Als Position 4 verlangte die Klägerin für in einer beigefügten Aufstellung aufgeschlüsselte 148 Stunden an zusätzlicher Leistung in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 einen Betrag von 20.424,-- DM (einschl. MwSt.).
Mit ihrer am 23. September 1997 zugestellten Zahlungsklage hat die Klägerin u.a. die Positionen 1 und 3 bis 6 dieser Rechnung und für die Jahre 1994 bis 1997 ein Wartungsentgelt gerichtlich geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen teilweise entsprochen. Es hat die Positionen 1 und 3 der Rechnung vom 21. November 1995 für begründet erachtet, die Position 4 hingegen nur in Höhe eines Teilbetrages von 9.384,-- DM; insoweit habe die Klägerin dargelegt, daû 1994 aufgewendete Arbeitsstunden als Mehrleistung nur deswegen erforderlich gewesen seien, weil der Beklagte eine inkompatible Verkabelung verlegt habe. Ein Wartungsentgelt hat das Landgericht der Klägerin nur für das Jahr 1994 zugebilligt.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und auf Grund des behaupteten Wartungsvertrages einen weiteren Betrag verlangt. Der Beklagte hat sich der Berufung angeschlossen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung - auch im Umfang der Klageerweiterung - zurückgewiesen; die Anschluûberufung hatte hingegen im wesentlichen Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin lediglich einen Betrag von 2.318,40 DM (Positionen 1 u. 3 der Rechnung vom 21. November 1995) nebst Zinsen verlangen.
Wegen der Zurückweisung ihres Begehrens im übrigen hat die Klägerin Revision eingelegt. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit mit dem Rechtsmittel ein Betrag von 20.424,-- DM nebst Zinsen weiterverfolgt wird.
Die Klägerin beantragt,
im Umfang der Revisionsannahme das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.442,63 Euro nebst 12,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe


1. Da die zulässige Revision im Übrigen nicht angenommen worden ist, ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Klägerin - wie von ihr mit Position 4
der Rechnung vom 21. November 1995 verlangt - für die in der Anlage zu diesem Schreiben aufgelisteten Arbeiten den berechneten Betrag von 10.442,63 Euro (= 20.424,-- DM) - nebst Zinsen - als Entgelt für Leistungen beanspruchen kann, die nicht bereits im Rahmen des ursprünglichen Vertrags zu erbringen waren und deshalb mit der insoweit vereinbarten und bezahlten Vergütung abgegolten sind. Diese Frage hat das Berufungsgericht verneint. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
2. Mangels tatrichterlicher Feststellungen hierzu ist bei dieser Überprüfung davon auszugehen, daû die Klägerin in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 die in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995 aufgelisteten und in der ebenfalls zu den Gerichtsakten gereichten Aufstellung gemäû Anlage K 14 näher bezeichneten Leistungen tatsächlich erbracht hat, die ergänzende Hardwareinstallationen, Softwareinstallationen, Besprechungen , Beseitigung von sogenannten Manipulationen am Netz, Gerätetests usw. betrafen. Diese Leistungen haben im wesentlichen werkvertraglichen Charakter und ihre Erbringung durch einen Unternehmer kann normalerweise nur gegen eine Vergütung erwartet werden. Dies hat zur Folge, daû die Klägerin jedenfalls die übliche Vergütung verlangen kann (§ 631 Abs. 1, 2, § 632 Abs. 1, 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung - im folgenden: a.F.), wenn sie diese Leistungen jeweils dem Wunsche des Beklagten entsprechend neben der Erfüllung des ursprünglichen Vertrages und damit auf konkludent geschaffener neuer vertraglicher Grundlage erbracht hat.
3. Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht, weil die Klägerin nicht im einzelnen unter Beweisantritt dargetan habe , daû es sich bei den in der Anlage zur Rechnung vom 21. November 1995
im einzelnen bezeichneten Arbeiten um zusätzliche Leistungen gehandelt habe , die über die Erfüllung des ursprünglichen Vertrags, insbesondere die Beseitigung bei der Erfüllung dieses Vertrags aufgetretener Fehler hinausgingen.
Diese Bewertung ist nicht prozeûordnungsgemäû zustande gekommen. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht habe dabei wiederholte Darlegungen der Klägerin übersehen und das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung, warum das Berufungsgericht selbst im Hinblick auf die Leistungen einen Zusatzauftrag nicht als dargetan erachtet habe, für die das Landgericht der Klägerin ein zusätzliches Entgelt zugesprochen habe. Jedenfalls für einen Groûteil der Werkleistungen, von denen revisionsrechtlich davon auszugehen ist, daû sie erbracht worden sind, kann dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin ohne weiteres eine schlüssige Darstellung entnommen werden, daû die Arbeiten weder im ursprünglichen Vertrag vereinbart waren noch einer im Rahmen dieses Vertrages geschuldeten Mängelgewährleistung dienten. Da das Berufungsgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteil festgehalten hat, daû die Klägerin zur Begründung der beanspruchten Vergütung im einzelnen unter Beweisantritt vorgebracht habe, daû sie die betreffenden Mehrleistungen jeweils auf Wunsch und in Erfüllung zusätzlicher Forderungen des Beklagten erbracht habe, kann mithin die Bewertung des Berufungsgericht, das Vorbringen der Klägerin sei unsubstantiiert, keinen Bestand haben.

a) Die Klägerin hat beispielsweise schriftsätzlich geltend gemacht, der erste Installationsversuch sei gescheitert, weil der Beklagte einen anderen Kabeltyp verlegt habe als ursprünglich vorgesehen. Durch Einbau und Tests von neuen Netzwerkkarten sei zusätzlicher Zeitaufwand entstanden. Dies weist Arbeiten, die laut Anlage K 14 am 28. Januar, 25. Februar, 4., 17., 24. und
31. März 1994 erbracht worden sind, dem Bereich der zusätzlich zu vergütenden zu. Denn die Klägerin brauchte ohne entsprechenden Hinweis seitens des Beklagten nicht damit zu rechnen, daû die Verkabelung nicht wie vorgesehen ausgeführt werde. Mehraufwendungen, die durch diese Änderung entstanden sind, waren mithin vom ursprünglichen Vertrag nicht umfaût. Das Landgericht hat der Klägerin die auf die genannten Positionen entfallende Vergütung demgemäû auch zugesprochen. Das Berufungsurteil läût nicht erkennen, weshalb es diese Bewertung für falsch hält.

b) Die Klägerin hat auûerdem behauptet, der Beklagte habe zusätzliche Hard- und Software bestellt bzw. verlangt, daû die Netzwerkeinbindung von Geräten anders vorgenommen werde als ursprünglich vorgesehen. Das steht in erkennbarer Beziehung zu Leistungen, die laut Anlage K 14 am 8. März, 7. und 18. April, 25. Mai, 6. Juni, 12. Juli sowie 4. August 1994 erbracht worden sind, und läût ebenfalls einen zusätzlichen Vergütungsanspruch als entstanden erscheinen. Wenn der Beklagte nachträglich zusätzliche Geräte oder eine andere Einstellung von Netzwerkparametern begehrte, war auch dies vom ursprünglichen Auftrag nicht umfaût. Das Berufungsgericht durfte sich angesichts dessen nicht damit begnügen, den Vortrag der Klägerin pauschal als unsubstantiiert zu bewerten. Es hätte ihm vielmehr nachgehen, dann aber auch den Einwendungen des Beklagten Rechnung tragen müssen, wonach in einigen Fällen vereinbart gewesen sei, nur das Material ohne Arbeitszeit habe gezahlt werden sollen, der in Rechnung gestellte Aufwand sei zu hoch oder Änderungen seien rechtzeitig abgestimmt worden und hätten deshalb keinen Mehraufwand verursacht.

c) Ein Groûteil des übrigen Aufwandes (Leistungen vom 8. und 11. April, 1., 2., 13., 21., 24., 29. und 30. Juni, 6. und 27. Juli, 2., 12. und 17. August 1994 der Anlage K 14) ist nach Behauptung der Klägerin überdies dadurch entstanden, daû Mitarbeiter der Beklagten eigenmächtig die Netzwerkkonfiguration verändert haben, was zu Fehlern geführt habe. Die Klägerin habe den entsprechenden Zeitaufwand benötigt, um die Fehler aufzufinden und zu beheben. Auch dieser Vortrag macht einen zusätzlichen Vergütungsanspruch schlüssig. Der Beklagte war nicht befugt, die Konfiguration des Netzwerks eigenmächtig zu ändern. Zumindest seine zur Vertragsabwicklung eingesetzten Mitarbeiter waren insoweit seine Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 Satz 1 BGB. Für aus ihren eigenmächtigen Änderungen resultierende Mängel und deren Behebung hat deshalb im Zweifel der Beklagte einzustehen. Gemäû § 16 Nr. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-Kauf, veröffentlicht u.a. in GMBl. 1974, 326 ff.), die der Senat als allgemeine Geschäftsbedingungen selbst auslegen kann (vgl. BGHZ 7, 365, 368; BGHZ 105, 24, 27), weil sie als öffentlichen Auftraggebern in Bund und Ländern zur Verwendung vorgegebene Regeln in Bezirken mehrerer Oberlandesgerichte angewendet werden, war der Beklagte als Auftraggeber verpflichtet , Änderungen an der Anlage der Klägerin als Auftragnehmerin rechtzeitig anzuzeigen. Daû dies geschehen sei, ist nicht festgestellt. Nach Abs. 3 der genannten Regel erlosch damit die Gewährleistung für Änderungen, die nicht im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer durchgeführt wurden, es sei denn, daû ein Mangel erkennbar nicht auf die Änderung zurückzuführen ist.
Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung entfällt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts hingegen nicht schon deshalb, weil die Klägerin durch Mitarbeiter des Beklagten vorgenommene Netzwerkmanipulationen durch un-
zureichenden Paûwortschutz erst ermöglicht hat. Zum einen würde ein derartiges Verhalten der Klägerin die von ihr behauptete Veranlassung von Zusatzarbeiten des Beklagten nicht ohne weiteres ausräumen. Unabhängig davon rügt die Revision zu Recht, daû das Berufungsgericht auch zu diesem Streitpunkt den Vortrag der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt hat. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung nämlich dargelegt, sie habe eigens ein Paûwort eingerichtet und dieses nur auf Verlangen des für die Vertragsabwicklung zuständigen Mitarbeiters des Beklagten an diesen bekannt gegeben. Die sog. Supervisor -Rechte, mit deren Hilfe die in Streit stehenden Veränderungen vorgenommen worden seien, habe dann ein Mitarbeiter der Beklagten vergeben.
4. Ob eine Vergütungspflicht auch für weitere der aufgelisteten Arbeiten als schlüssig dargetan anzunehmen ist, kann für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils dahinstehen. Bereits nach dem bisher Ausgeführten ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daû der Klägerin wegen der Arbeiten in der Zeit vom 28. Januar bis 17. August 1994 ein zusätzlicher Vergütungsanspruch entstanden ist. Unter diesen Umständen kann auch die Feststellung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben, ein Anspruch der Klägerin sei wegen eines negativen Schuldanerkenntnisses i. S. v. § 397 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, in dem nach dem 17. August 1994 an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 1. September 1994 habe die Klägerin in Kenntnis, daû ihr wegen der erbrachten Leistungen möglicherweise ein Vergütungsanspruch gegen den Beklagten zustehe, anerkannt , daû insoweit ein Schuldverhältnis nicht bestehe. Denn aus dem Inhalt
des Schreibens gehe klar hervor, daû die Klägerin für die im einzelnen bezeichneten Tätigkeiten eine besondere Vergütung nicht beanspruchen wolle.
Diese Begründung ist nicht tragfähig, wie die Revision zu Recht geltend macht. Ein eindeutig auf einen Verzichtswillen der Klägerin hindeutender Wortlaut ist nicht gegeben. Die Formulierung "bisher auch ohne Kosten", aus der das Berufungsgericht seine Bewertung herzuleiten scheint, besagt zunächst nur, daû für die aufgeführten Tätigkeiten in der Vergangenheit nichts berechnet worden ist. Für die Feststellung, daû die Klägerin auch in Zukunft nichts habe verlangen wollen und dies auch erklärt habe, hätte es deshalb zusätzlicher Anhaltspunkte bedurft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht befaût, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlaû oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden muû und die der Erklärung zugrundeliegenden Umstände besondere Bedeutung haben (neuerdings wieder BGH, Urt. v. 10.5.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325). Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, daû eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (Sen.Urt. v. 18.4.1989 - X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, 1374; ebenso BGH, Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 70/93, NJW 1994, 379, 380; ähnlich - "strenge Anforderungen" - BGH, Urt. v. 22.6.1995 - VII ZR 118/94, NJW-RR 1996, 237). Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht deshalb nicht angenommen werden, ohne daû bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind.
Zu ihnen gehört im vorliegenden Fall, daû - wie aus dem ersten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 hervorgeht - damals eine Begutachtung der von der Klägerin erbrachten Leistungen durch einen Sachverständigen bevorstand. Das konnte - auch für den Beklagten erkennbar - Grund für die Klägerin sein, das Ergebnis dieser Überprüfung erst einmal abzuwarten, bevor sie über die Vergütungsforderung disponierte. Die Erklärung der Klägerin, bisher keine Kosten für die genannten Arbeiten berechnet zu haben, könnte deshalb durchaus in ihrem wörtlichen Sinne und als indirekter Hinweis zu verstehen gewesen sein, daû eine nachträgliche Geltendmachung nicht ausgeschlossen sei, zumindest für den Fall, daû der Beklagte auf die anderweitigen Forderungen , insbesondere diejenige nach dem Abschluû eines entgeltpflichtigen Wartungsvertrags nicht eingehen werde. Diese Deutung würde auch im Einklang mit dem Umstand stehen, daû die Klägerin sich im zweiten Satz des Schreibens vom 1. September 1994 Schadensersatzansprüche vorbehalten hat, insoweit also durchaus auf Wahrung ihrer Rechte bedacht war.
5. Das angefochtene Urteil erweist sich im Umfang der Annahme auch nicht aus einem anderen Grund als richtig. Die von dem Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift gegenüber dem geltend gemachten zusätzlichen Vergütungsanspruch nicht.
Gemäû § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. unterliegt diese Forderung einer Verjährungsfrist von zwei Jahren, die gemäû §§ 201, 198 BGB a.F. am Schluû des Jahres beginnt, in dem der Anspruch zur Entstehung gelangte, worunter bei unbedingten Forderungen Fälligkeit zu verstehen ist (z.B. BGHZ 113, 193). Fällig konnte die zusätzliche Vergütung aber nicht werden, bevor die Klägerin sie mit Schreiben vom 21. November 1995 dem Beklagten in Rechnung stellte.
Dies folgt aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 BVB-Kauf. Diese Regelung sieht vor, daû der Auftraggeber alle Rechnungen unverzüglich nach Eingang prüft, feststellt und den Betrag erst dann zahlt. Daraus ergibt sich, daû die Klägerin wegen der zusätzlichen Vergütung Zahlungsklage frühestens im Jahre 1995 hätte erheben können. Die hiernach bis zum 31. Dezember 1997 laufende Verjährung ist durch Klageerhebung am 23. September 1997 unterbrochen (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.).
6. Die Sache ist deshalb zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten zu übertragen ist.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 356/00 Verkündet am:
10. Mai 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Das Angebot auf Abschluß eines Erlaßvertrags muß unmißverständlich erklärt werden.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - OLG Frankfurt
LG Gießen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der A. GmbH Werklohnansprüche aus verschiedenen Bauaufträgen der Beklagten geltend. Die A. GmbH erstellte im Herbst 1997 die Schlußrechnungen über die Bauvorhaben und verlangte noch 424.404,27 DM. Die Klägerin informierte die Beklagte am 5. November 1997 über die Abtretung der Forderungen unter Hinweis darauf, daß deshalb mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Mit Schreiben vom 19. Januar 1998 teilte die Beklagte mit, daß die Restverbindlichkeit nach dem Ergebnis ihrer Rechnungsprüfung nach Ab-
zug der vertraglichen Sicherheitseinbehalte lediglich 146.954,41 DM betrage. Sie wies darauf hin, daß die V. GmbH aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt ebenfalls Ansprüche auf Zahlung geltend gemacht habe. Gleichzeitig forderte sie die Klägerin auf, ihr durch übereinstimmende Erklärung aller Anspruchsteller aufzugeben, wie die von ihr errechnete Restverbindlichkeit zu verteilen sei. Sie werde sonst den Betrag von 146.954,41 DM hinterlegen. Die A. GmbH legte am 24. Januar neue Schlußrechnungen vor, die unter Berücksichtigung des vorab abgezogenen Sicherheitseinbehalts noch eine Forderung von 327.817,78 DM ergaben und forderte die Beklagte zur Zahlung an die Klägerin auf. Die V. GmbH teilte am 29. Januar 1998 im Einverständnis mit der Klägerin mit, daß an sie noch 63.504,01 DM zu zahlen seien und die darüber hinausgehenden Beträge mit schuldbefreiender Wirkung an die Klägerin gezahlt werden könnten. Die Beklagte erbat daraufhin eine Stellungnahme der Klägerin , daß sie mit einer Verteilung der Restverbindlichkeit von 63.504,01 DM an die V. GmbH und 83.450,40 DM an sie einverstanden sei und die Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung an die Beteiligten erfolge. Die Klägerin erklärte sich mit der quotalen Aufteilung der Schuld zur Vermeidung des Hinterlegungsverfahrens einverstanden. Mit Schreiben vom 2. Februar 1998 erwiderte die Beklagte, sie verstehe das Schreiben der Klägerin so, daß nunmehr die Zahlung in der von der Beklagten vorgeschlagenen Weise erfolgen und mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt werden könne. Sollte die Beklagte von der Klägerin nichts anderes hören, ginge sie von deren Einverständnis und der daraus resultierenden Schuldbefreiung für ihre Gesellschaft aus. Die Klägerin reagierte nicht. Die Zahlungen erfolgten.
Mit der Klage verlangt die Klägerin noch 165.248,57 DM Vergütung für die Leistungen der A. GmbH. Sie legt ihrer Berechnung die Schlußrechnungen vom 24. Januar 1998 zugrunde und hat die sich aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt der V. GmbH ergebenden Forderungen in Höhe von 79.082,81 DM, die Zahlung von 83.450,40 DM sowie Sicherheitseinbehalte von 40.510,99 DM von vornherein abgezogen. Letztere macht sie gesondert zur Zahlung Zug um Zug gegen Stellung einer Bankbürgschaft geltend. Die Beklagte hat sich unter anderem auf den Standpunkt gestellt, mit der Zahlung von 83.450,40 DM an die Klägerin und 63.504,01 DM an die V. GmbH seien sämtliche Ansprüche aus den Bauvorhaben erledigt. Das Landgericht ist dem gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin die Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Parteien hätten auf der Grundlage des Schriftwechsels Ende Januar/Anfang Februar 1998 eine Vereinbarung getroffen , nach deren Inhalt der Streit über weitere Forderungen mit der Zahlung der Beklagten über insgesamt 146.954,41 DM erledigt gewesen sei. Die Beklagte
habe in ihren Schreiben deutlich gemacht, daß die Zahlung an die Klägerin, wie auch an die andere Gläubigerin, mit schuldbefreiender Wirkung habe erfolgen sollen. Das sei nicht anders zu verstehen gewesen, als daß dadurch auf die Beklagte keine weiteren Forderungen zukommen sollten. Unerheblich sei, daß die A. GmbH noch am 24. Januar 1998 auf Bezahlung der neuen Rechnungen bestanden habe. Die A. GmbH sei dazu nicht autorisiert gewesen, da sie infolge der Abtretung nicht Forderungsinhaberin gewesen sei. Wenn die Klägerin eine Schuldbefreiung nicht gewollt haben sollte, hätte sie spätestens auf das Schreiben vom 2. Februar 1998 reagieren müssen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Rechtsirrig nimmt das Berufungsgericht eine Einigung der Parteien darüber an, daß die Klägerin keine Ansprüche aus den abgetretenen Forderungen mehr hat. Das Berufungsgericht hat Prozeßstoff übergangen und gegen das Gebot einer interessengerechten Auslegung verstoßen. Die Auffassung, die Beklagte habe durch ihre verschiedenen Schreiben deutlich zum Ausdruck gebracht , daß es ihr um eine endgültige Erledigung der Forderungen gehe, wird durch diese Schreiben und die ihnen zugrunde liegenden Umstände nicht belegt. 1. Die Beklagte hat in den Schreiben vom 19. Januar 1998 bis zum 2. Februar 1998 nicht zum Ausdruck gebracht, daß mit der Zahlung der von ihr errechneten Restverbindlichkeit von 146.954,41 DM mögliche weitere Forderungen der Klägerin ausgeschlossen sein sollten. Ein derartiger Ausschluß ist in den Schreiben nicht erwähnt. Aus dem mehrfachen Hinweis auf die er-
wünschte Schuldbefreiung ergibt er sich bei interessengerechter, alle Umstände berücksichtigenden Auslegung nicht.
a) Das Berufungsgericht berücksichtigt nicht das Schreiben der Klägerin vom 5. November 1997. Darin teilt diese mit, daß mit schuldbefreiender Wirkung nur an sie gezahlt werden könne. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben am 19. Januar 1998 geantwortet. Mit der Bezugnahme auf das Schreiben vom 5. November 1997, dem Hinweis auf die angemeldete Forderung der V. GmbH und der Ankündigung der Hinterlegung wird deutlich, daß der Beklagten allein daran gelegen war, Sicherheit in einem möglichen Prätendentenstreit zu erhalten. So ist das Schreiben offenbar auch von den Forderungsinhabern verstanden worden. Eine Erklärung dahin, daß sie auf weitere Forderungen verzichten wollten, enthalten die Schreiben der Prätendenten nicht. Sie haben lediglich den von der Beklagten zugestandenen Betrag aufgeteilt.
b) Auch die Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 1998 und 2. Februar 1998 geben nicht zu erkennen, daß diese unter der mehrfach erwähnten Schuldbefreiung die Aufforderung der Klägerin zu einem Verzicht auf etwaige weitergehende Ansprüche verstanden haben wollte. Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß die Klägerin auf Forderungen in erheblicher Höhe verzichtet hätte. Gegen dieses Verständnis spricht schon, daß die Beklagte keinen nachvollziehbaren Grund dargelegt hat, warum die Klägerin auf ihre restliche Forderung verzichten sollte. Eine Gegenleistung hat sie nicht angeboten. Sie besteht nicht in dem Verzicht der Beklagten auf Hinterlegung. Eine Verhandlung über die Mehrforderungen, wie sie sich aus den Rechnungen der A. GmbH vom 24. Januar 1998 ergaben, hat nicht stattgefunden. Gegen die Bereitschaft der Klägerin zu einem Verzicht spricht, daß die A. GmbH noch mit Schreiben vom 24. Januar 1998 die Rech-
nungskürzungen der Beklagten nur zum Teil anerkannt hatte und zu einer weitaus höheren Restforderung gekommen war. Unabhängig davon, ob die A. GmbH noch Forderungsinhaberin war, war für die Beklagte erkennbar, daß auch die Klägerin diese Forderung unterstützte. Denn diese war als Sicherungszessionarin verpflichtet, die Interessen der A. GmbH zu wahren. Das betrifft insbesondere den vom Berufungsgericht ebenfalls bejahten Verzicht auf die Auszahlung des Sicherheitseinbehalts. Über diesen bestand kein Streit. In der von der Beklagten errechneten Summe von 146.954,41 DM war er nicht enthalten. Die Beklagte hat keine Gründe dargelegt, warum die Klägerin bereit gewesen sein sollte, zu Lasten ihrer Zedentin auf eine Forderung zu verzichten , die zwischen den Parteien unstreitig, jedoch nur deshalb noch nicht fällig war, weil die Gewährleistungsfristen noch nicht abgelaufen waren. 2. Ein Verzicht kann auch dann nicht angenommen werden, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten zutreffen sollte, ihr Mitarbeiter F. habe dem Mitarbeiter W. der Klägerin auf dessen Nachfrage erklärt, die Beklagte wolle sicher gehen, daß die Angelegenheit mit der Zahlung der im Schriftverkehr erwähnten Teilbeträge endgültig geklärt sei. Diese Erklärung verdeutlicht ebenfalls nicht mit der nach Treu und Glauben gebotenen Klarheit, daß die Beklagte von der Klägerin erwartete, auf einen Großteil ihrer Forderung zu verzichten. Der Zeuge W. durfte die Erklärung so verstehen, daß sich die endgültige Klärung der Angelegenheit auf die bis dahin ungewisse Forderungszuständigkeit der Prätendenten bezog.

III.

Das Berufungsurteil hat keine Feststellungen zur Höhe der Forderungen getroffen. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ullmann Haß Hausmann Kuffer Kniffka

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 89/05 Verkündet am:
19. Oktober 2005
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
1. Das Berufen auf den Ablauf einer zuvor nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzten Klagfrist
steht im Prozess zur Disposition des Versicherers. Das Gericht hat den
Fristablauf deshalb nur dann zu beachten, wenn sich der Versicherer im Prozess
ausdrücklich darauf beruft. Eine Prüfung von Amts wegen kommt insoweit
nicht in Betracht (Fortführung von BGH, Urteil vom 27. November 1958 - II ZR
90/57 - NJW 1959, 241).
2. Beruft ein Versicherer sich auf den Ablauf der Klagfrist erstmals in der Berufungsinstanz
, so liegt allein darin weder ein (erstinstanzlich konkludent erklärter)
Verzicht auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebende Leistungsfreiheit noch ein
Rechtsmissbrauch.
3. Auch die Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG ergibt keine Verpflichtung des Versicherers
, den Ablauf der Klagfrist im Prozess unverzüglich geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - IV ZR 89/05 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, Felsch und Dr. Franke
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 24. November 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Leistungen aus einer bei der Be klagten gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Ende September 2001 zeigte er der Beklagten seine Berufsunfähigkeit an und beantragte deshalb im Oktober 2001 Versicherungsleistungen. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 17. Dezember 2001 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag , den sie mit weiterem Schreiben vom 1. März 2002, welches dem Kläger am 7. März 2002 zuging, damit begründete, der Kläger habe bei Beantragung des Versicherungsvertrages mehrere Krankenhausaufenthalte und eine neunjährige psychiatrische Betreuung verschwiegen. In dem Schreiben heißt es weiter: "Da die verschwiegenen Umstände jetzt wesentlich für die Geltendmachung von Leistungen aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung sind, treten wir … von der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung zurück … Sollten Sie mit unserer Entscheidung nicht einverstanden sein, so müssten Sie Ihre vermeintlichen Ansprüche innerhalb einer Frist von 6 Monaten - gerechnet ab Zugang dieses Schreibens - gerichtlich gegen uns geltend machen. Versäumen Sie diese Frist, so sind wir gemäß § 12 III Versicherungsvertragsgesetz allein schon wegen des Fristablaufs von der Verpflichtung zur Leistung frei."
2
Mit einem am 5. September 2002 beim Landgericht se ines Wohnortes eingegangenem Schreiben beantragte der Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen die Beklagte. Der Vorsitzende der mit dem Antrag befassten Zivilkammer wies den Kläger am 9. September 2002 auf die örtliche Zuständigkeit des für den Sitz der Beklagten zuständigen Landgerichts hin. In dem Schreiben wird deshalb ein "Abgabeantrag" angeregt. Es schließt mit dem Hinweis: "Für die Wahrung der 6-Monatsfrist ist der Eingang Ihrer Anträge bei dem hiesigen Gericht ausschlaggebend."
3
Auf Antrag des Klägers wurde die Sache sodann an d as für den Sitz der Beklagten örtlich zuständige Landgericht abgegeben. Dieses forderte den Kläger mit Schreiben vom 20. September 2002 zunächst auf, Vertragsunterlagen und Schriftwechsel der Parteien als Anlagen nachzureichen, sowie den amtlichen Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt vorzulegen. Bei Gericht eingehend am 11. Oktober 2002 reichte der Kläger den ausgefüllten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach. Mit Schreiben vom 24. Januar 2003 stellte das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe für den Fall in Aussicht, dass er einen konkreten Klagantrag mitteile, und empfahl dem Kläger, nunmehr einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, der im Prozesskostenhilfeverfahren beigeordnet werden könne. Die daraufhin beauftragten Rechtsanwälte zeigten mit Schriftsatz vom 10. Februar 2003 die Vertretung des Klägers an und nahmen Mitte Februar 2003 Akteneinsicht. Mit Verfügung vom 14. April 2003 forderte das Landgericht die Rechtsanwälte zur Einreichung eines Klagentwurfes bis zum 9. Mai 2003 auf. Am 9. Mai 2003 wurde der Entwurf vorgelegt. Mit Beschluss vom 27. Mai 2003 bewilligte das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe. Die daraufhin am 4. Juni 2003 bei Gericht eingereichte Klagschrift wurde der Beklagten am 12. Juni 2003 zugestellt.
4
Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme den Rücktritt der Beklagten vom Versicherungsvertrag für wirksam erachtet und die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat sich die Beklagte auf die Nichteinhaltung der Klagfrist des § 12 Abs. 3 VVG berufen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers deshalb zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat keinen Erfolg.
6
I. Ob die Beklagte wirksam vom Versicherungsvertra g zurückgetreten ist, hat das Berufungsgericht offen gelassen und stattdessen angenommen , sie sei bereits nach § 12 Abs. 3 VVG leistungsfrei. Im Schreiben vom 1. März 2002 habe sie die vom Kläger erhobenen Ansprüche endgültig abgelehnt und ihn ausreichend über die Rechtsfolgen des § 12 Abs. 3 VVG belehrt.

7
Da die Frist des § 12 Abs. 3 VVG eine materielle A usschlussfrist sei, sei sie vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten. Darauf komme es hier aber letztlich nicht an, weil sich die Beklagte in zweiter Instanz auch auf die Versäumung der Klagfrist berufen habe und § 531 Abs. 2 ZPO der Berücksichtigung dieses unstreitigen Parteivorbringens nicht entgegenstehe. Unstreitig seien insoweit nicht nur die Berufung auf § 12 Abs. 3 VVG, sondern auch die Prozesstatsachen , auf die sich die Beklagte dabei stütze.
8
Das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers sei zwar zunächst noch innerhalb der 6-Monatsfrist des § 12 Abs. 3 VVG bei Gericht eingegangen , doch wahre ein Prozesskostenhilfegesuch die Frist im Ergebnis nur dann, wenn der Versicherungsnehmer nachfolgend alles ihm Zumutbare veranlasse, damit es "demnächst" im Sinne von § 270 ZPO a.F. zu einer Zustellung der Klage komme. Schuldhafte Versäumnisse seines Rechtsanwalts müsse er sich dabei nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Hier sei eine erhebliche und schuldhafte Verzögerung des Prozesskostenhilfeverfahrens - und damit auch der Klagzustellung - dadurch eingetreten, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Akteneinsicht Mitte Februar 2003 den Klagentwurf nicht alsbald, sondern erst aufgrund der Verfügung des Landgerichts vom 14. April 2003 am 9. Mai 2003 eingereicht habe.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur im Ergebn is stand.

10
1. Anders als die Revision meint, hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 1. März 2002 die vom Kläger zuvor erhobenen Ansprüche auf Versicherungsleistungen abgelehnt, so dass der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 3 VVG eröffnet ist. Zwar wird in dem Schreiben vorwiegend der schon mit vorangegangenem Schreiben vom 17. Dezember 2001 erklärte Rücktritt von der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung näher begründet. Die Beklagte hat aber auch klar zum Ausdruck gebracht , dass die "verschwiegenen Umstände jetzt wesentlich für die Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" seien. Verbunden mit der nachfolgenden Belehrung, nach der der Kläger seine "vermeintlichen Ansprüche" - und nicht etwa Einwendungen gegen den Rücktritt - innerhalb der Frist des § 12 Abs. 3 VVG gerichtlich geltend machen müsse, konnte ein verständiger Versicherungsnehmer das Schreiben nur dahin verstehen, dass darin nicht nur der Rücktritt begründet, sondern zugleich der erhobene Anspruch auf Versicherungsleistungen infolge des Rücktritts zurückgewiesen werden sollte. Gegen die von der Beklagten erteilte Rechtsfolgenbelehrung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 VVG bestehen keine rechtlichen Bedenken.
11
2. Der Kläger hat die Frist des § 12 Abs. 3 VVG ve rsäumt.
12
a) Das Leistungsablehnungsschreiben der Beklagten ist ihm am 7. März 2002 zugegangen. Die Frist des § 12 Abs. 3 VVG lief deshalb am 7. September 2002 ab. Vor Fristablauf hat der Kläger seine Ansprüche nicht ordnungsgemäß gerichtlich geltend gemacht.
13
b) Zwar kann für die gerichtliche Geltendmachung a uch die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs genügen (vgl. dazu BGHZ 98, 295, 300 f.). Doch wahrt dieses eine gesetzliche Frist nach ständiger Rechtsprechung nur dann, wenn es vor Fristablauf in ordnungsgemäßer Form bei Gericht eingeht (vgl. für die Wiedereinsetzung nach der Versäumung von Rechtsmittelfristen: BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548 unter II 2; vom 12. Februar 2003 - XII ZR 232/02 - FamRZ 2003, 668 und ständig; für die Unterbrechung und Hemmung der Verjährung: BGHZ 70, 235, 237, 239; BGH, Urteile vom 8. März 1989 - IVa ZR 221/87 - VersR 1989, 642; vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 26/03 - FamRZ 2004, 177 unter II 1; für die Frist des § 12 Abs. 3 VVG: BGHZ 98 aaO und Urteil vom 8. März 1989 - IVa ZR 17/88 - NJWRR 1989, 675 unter 1). Dazu gehört gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, dass dem Gesuch der ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt wird (BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2004 aaO m.w.N.; vom 31. August 2005 - XII ZR 116/05 - unter II 2 b).
14
c) Daran fehlt es hier. Der Kläger hat den ausgefü llten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach gerichtlicher Aufforderung am 11. Oktober 2002 - und damit nach dem schon am 7. September 2002 eingetretenen Fristablauf - zur Akte nachgereicht. Zuvor hatte er zwar bereits einen Leistungsbescheid der zuständigen Sozialbehörde über ihm gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt und Mietzuschuss nach den Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes vorgelegt. Auch dieser Bescheid war aber für sich allein zur ordnungsgemäßen Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend und überdies erst mit Schriftsatz vom 12. September 2002 - und damit ebenfalls nach Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG - bei Gericht eingegangen.

15
d) Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob daran festzuhalten sei, dass ein (ordnungsgemäßes) Prozesskostenhilfegesuch die Frist des § 12 Abs. 3 VVG nur dann wahre, wenn der Versicherungsnehmer alles ihm Zumutbare für eine Klagzustellung "demnächst" unternehme (BGHZ 98, 295, 301; OLG Düsseldorf ZfS 2004, 477; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 64 m.w.N.), kommt es danach nicht mehr an. Ebenso wenig ist es für die Entscheidung noch von Bedeutung , dass das vom Kläger zunächst angerufene Landgericht seines Wohnortes mit dem Hinweis, für die Wahrung der 6-Monatsfrist sei der Eingang des Prozesskostenhilfeantrags bei Gericht "ausschlaggebend", dem Kläger den Blick darauf verstellt haben kann, dass er (auch bei einem ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfegesuch) gehalten gewesen wäre, im Weiteren für die baldige Zustellung ("demnächst") durch zumutbare Anstrengungen Sorge zu tragen.
16
3. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelasse n, um zunächst die Frage zu klären, ob die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 12 Abs. 3 VVG nur dann eintritt, wenn sich der Versicherer im Prozess darauf beruft (so BGH, Urteil vom 27. November 1958 - II ZR 90/57 - NJW 1959, 241; OLG Hamm r+s 1991, 361; ÖOGH SZ 56/23; Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 32) oder ob der Ablauf einer vom Versicherer nach § 12 Abs. 3 VVG ordnungsgemäß in Lauf gesetzten Frist vom Gericht von Amts wegen beachtet werden muss (so u.a. Prölss in Prölss/Martin aaO Rdn. 45 m.w.N.; Gruber in BK, VVG § 12 Rdn. 45 m.w.N.; KG VersR 1984, 977).

17
a) Der Senat hält daran fest, dass die Berufung au f den Fristablauf zur Disposition des Versicherers steht (BGH aaO). Daraus folgt, dass das Gericht den Fristablauf nur dann zu beachten hat, wenn sich der Versicherer im Prozess ausdrücklich darauf beruft. Denn die Frist des § 12 Abs. 3 VVG ist allein im Interesse des Versicherers geschaffen; ihm allein überlässt es das Gesetz, ob und wann er die Frist durch seine - mit einer Rechtsfolgenbelehrung verbundene - Erklärung in Lauf setzt. Ihm steht es auch danach noch offen, die in Lauf gesetzte Frist nachträglich durch einseitige Erklärung zu verlängern (vgl. dazu Römer aaO; Schlegelmilch in Beckmann/Matuschke-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 21 Rdn. 150) oder auch erneut in Lauf zu setzen. Es ist deshalb Sache des Versicherers, im gerichtlichen Verfahren klarzustellen, dass er sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen will; eine Prüfung von Amts wegen kommt insoweit nicht in Betracht.
18
b) Im Ergebnis kommt es darauf hier aber nicht ein mal an, weil sich die Beklagte in zweiter Instanz auf den Ablauf der nach § 12 Abs. 3 VVG gesetzten Frist berufen hat und ihr diese Verteidigung weder wegen prozessualer Verspätung noch infolge eines Verzichts oder wegen Rechtsmissbrauchs abgeschnitten war.
19
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht die erst in zweiter Instanz nachgeholte Berufung der Beklagten auf den Ablauf der Klagfrist zugelassen. § 531 Abs. 2 ZPO stand dem insoweit unstreitigen Vorbringen der Beklagten nicht entgegen (BGH, Urteil vom 18. November 2004 - IX ZR 229/03 - WM 2005, 99 unter II 2). Unstreitig waren hier sowohl der Umstand, dass sich die Beklagte in zweiter Instanz auf den Fristablauf berufen wollte, als auch die aus der Akte ersichtlichen Prozesstatsachen, aus denen sich die Fristversäumnis des Klägers ergibt.
20
bb) Im Übrigen gilt: Der Versicherer kann sich so lange auf den sich aus § 12 Abs. 3 VVG für ihn ergebenden Rechtsvorteil berufen, wie er ihn nicht verloren hat. Allein der Beginn eines Rechtsstreits über den vom Versicherungsnehmer erhobenen Anspruch auf Versicherungsleistungen kann den Rechtsverlust, der nach materiellem Recht zu beurteilen ist, nicht herbeiführen (vgl. für das Berufen auf Obliegenheitsverletzungen Römer aaO § 6 Rdn. 140).
21
(1) Der teilweise in der Rechtsprechung vertretene n Auffassung, es könne ohne weiteres als Verzicht des Versicherers auf die sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebende Leistungsfreiheit verstanden werden, wenn er sich in Kenntnis der Fristüberschreitung im Rechtsstreit erster Instanz nicht darauf berufe (so z.B. OLG Saarbrücken r+s 1994, 196, 197; OLG Koblenz VersR 1982, 260; ähnlich für Obliegenheitsverletzungen: OLG Düsseldorf VersR 1993, 425; a.A. OLG Schleswig VersR 1994, 169 mit zust. Anm. Schmalzl, VersR 1994, 853), ist nicht zu folgen.
22
Der Verzicht ist eine rechtsgestaltene Willenserkl ärung, mit der der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition endgültig aufgibt. Das setzt einen in der Erklärung zum Ausdruck kommenden Verzichtswillen voraus. Insoweit ist das Gebot einer interessegerechten Auslegung in besonderem Maße zu beachten (BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - WM 2002, 822 unter 4 m.w.N.). Hat der Erklärende eine ihm günstige Rechtsposition erlangt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass er sie nicht einfach wieder aufgeben will (BGH aaO m.w.N.). Ein Verzicht ist deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Allgemeinen nicht zu vermuten (BGH Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 70/93 - WM 1994, 13 unter II 2 b). Gerade dann, wenn ein stillschweigender Verzicht angenommen werden soll, erfordert dies ein Verhalten , aus dem - nach Bewertung aller Fallumstände - unzweideutig der Wille entnommen werden kann, die günstige Rechtsposition aufzugeben (BGH aaO). Es müssen dann zum Schweigen ganz besondere Umstände hinzutreten, denen der Erklärungsgegner einen solchen Aufgabewillen entnehmen kann. Regelmäßig wird die Annahme eines stillschweigenden Verzichts schon dann ausscheiden, wenn kein nachvollziehbares Motiv dafür zu erkennen ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - WM 2001, 1387 unter II 1 b).
23
Nach diesen Maßstäben kann allein der Umstand, das s sich ein Versicherer im Rechtsstreit erster Instanz trotz vorangegangener Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG (noch) nicht auf dessen Rechtsfolge beruft , nicht als Verzicht verstanden werden, denn der Versicherer kann sich aus unterschiedlichen Gründen so verhalten. Er kann beispielsweise vorrangig die Klärung anderweitiger Fragen bezwecken oder glauben, den Rechtsstreit auch aus anderen Gründen zu gewinnen (so zutreffend OLG Hamm VersR 1995, 819). Er kann ferner im Zweifel darüber sein, ob die gerichtliche Geltendmachung der vom Versicherungsnehmer erhobenen Ansprüche den rechtlichen Anforderungen an die Rechtzeitigkeit genügt. Ein anderes Verständnis seines Verhaltens kommt nur dort in Betracht, wo besondere Umstände hinzutreten, aus denen mit ausreichender Sicherheit auf einen Rechtsaufgabewillen geschlossen werden kann.

24
Solche besonderen Umstände sind hier weder vorgetr agen noch sonst ersichtlich.
25
(2) Auch der Vorwurf eines Rechtsmissbrauchs kann nicht allein daran geknüpft werden, dass sich die Beklagte erst in zweiter Instanz auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen hat.
26
Soweit zur Prüfung der Leistungsfreiheit streitige r Parteivortrag berücksichtigt werden muss, ergibt sich ein ausreichendes Korrektiv für die späte Geltendmachung aus den Präklusionsvorschriften der Zivilprozessordnung. Ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 242 BGB kann erst dann gegeben sein, wenn besondere Umstände hinzutreten, die geeignet sind, ein Vertrauen des Versicherungsnehmers darauf zu begründen, der Versicherer werde trotz vorangegangener Fristsetzung und Rechtsfolgenbelehrung die ihm daraus erwachsenden Rechtsvorteile nicht mehr in Anspruch nehmen. Dass der Versicherer sich gegen den erhobenen Anspruch auf Versicherungsleistungen zunächst mit anderen Verteidigungsmitteln zur Wehr setzt, begründet für sich genommen ein solches Vertrauen nicht. Insoweit gelten dieselben Erwägungen, die auch der Annahme eines Verzichts des Versicherers entgegenstehen.
27
(3) Der Senat hat schließlich erwogen, ob § 12 Abs. 3 VVG dahin auszulegen ist, dass der Versicherer verpflichtet sei, die Versäumung einer zuvor gesetzten Klagfrist im Prozess unverzüglich geltend zu machen. Dafür könnte allenfalls sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung den Zweck verfolgt hat, im Interesse des Versicherers eine schnelle und endgültige Klärung herbeizuführen, ob eine Leistungsablehnung Bestand hat, und dem Versicherer so die Übersicht über seine Verbindlichkeiten zu erleichtern (vgl. dazu Prölss, aaO § 12 Rdn. 21 m.w.N.; Römer, aaO § 12 Rdn. 32).
28
Der Versicherer setzt sich zu diesem Normzweck abe r nicht in Widerspruch , wenn er sich im Prozess auf den Ablauf einer zuvor gesetzten Klagfrist erst in zweiter Instanz beruft. § 12 Abs. 3 VVG dient allein seinem Interesse und ist lediglich darauf gerichtet, nach einer Leistungsablehnung eine schnelle Entscheidung des Versicherungsnehmers darüber zu erzwingen, ob dieser seinen Anspruch gerichtlich geltend machen will oder nicht. Kommt es zum Rechtsstreit, so weiß der Versicherer, dass seine Leistungsablehnung einer gerichtlichen Prüfung unterzogen wird. Sein von § 12 Abs. 3 VVG geschütztes Informationsbedürfnis ist damit erfüllt. Eine Pflicht, den sich aus § 12 Abs. 3 VVG ergebenden Rechtsvorteil im Rechtsstreit umgehend geltend zu machen, lässt sich der Regelung nicht entnehmen, sie entspräche auch häufig nicht dem Interesse des Versicherungsnehmers.
Terno Seiffert Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom - 2 O 540/02 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 24.11.2004 - 3 U 232/03 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 23/02 Verkündet am:
14. November 2002
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Verwirkung setzt auch voraus, daß zum Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten
des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten
rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend
machen.
BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin in Höhe von 203.796,36 DM zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Revisionsverfahren noch Werklohn für nicht erbrachte Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 203.796,36 DM. Sie wurde im Jahre 1994 von der Beklagten mit den Trockenbauarbeiten eines Bauvorhabens beauftragt. Nach fristloser Kündigung der Beklagten, deren Berechtigung im Streit ist, erstellte die Klägerin am 23. Mai 1995 Schluß-
rechnung über 124.698,62 DM, worauf die Beklagte insgesamt 92.218,50 DM zahlte. Die Schlußrechnung enthält nur die Abrechnung der erbrachten, streitigen Leistungen. Streitig ist auch, ob die Parteien sich später geeinigt haben, diese Schlußrechnung als "Abschlagsrechnung" zu behandeln. Am 8. Dezember 1997 erstellte die Klägerin erneut Schlußrechnung über einen Betrag von 193.393,95 DM. Sie wies darauf hin, daß nicht ausgeführte Leistungen noch separat berechnet würden. Auf diese Schlußrechnung zahlte die Beklagte noch weitere kleinere Beträge. Bei den sich anschließenden Verhandlungen forderte die Beklagte weitere Leistungsnachweise hinsichtlich der erbrachten Leistungen. Die Klägerin reagierte nicht, sondern erstellte am 18. August 2000 erneut Schlußrechnung, in der sie erstmals die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zu einem Bruttopreis von 203.796,36 DM verlangte. Das Landgericht hat die Klage insoweit wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihr Begehren weiter. Der Senat hat die Anschlußrevision der Beklagten nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das für das Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die "verjährungsrechtliche Lösung" des Landgerichts sei nicht frei von Bedenken. Jedenfalls könne die Klägerin die Forderung wegen Verwirkung nicht mehr geltend machen, weil sie diesen Anspruch erst rund fünfeinhalb Jahre nach dem Ende ihrer Tätigkeit für die Beklagte erhoben habe. Zu diesem Zeitpunkt habe diese darauf vertrauen dürfen, daß ein derartiger Anspruch seitens der Klägerin nicht mehr verfolgt würde. Die Verhandlungen hätten sich nur auf die erbrachten Leistungen bezogen. Die Klägerin sei erstmals in der Rechnung vom 18. August 2000 auf die Forderung nach Vergütung der kündigungsbedingt "ausgefallenen" Leistungsteile umgeschwenkt. Vorher habe sie nur einen pauschalen Hinweis in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997 erteilt.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts belegen nicht die Annahme, die Beklagte könne sich auf Verwirkung berufen. 1. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so daß die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 26. Mai 1992 - VI ZR 230/91, ZIP 1992, 1402 = NJW-RR 1992, 1240). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch
nicht mehr geltend machen (BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99, NJW 2001, 1649 = BauR 2001, 784 = ZfBR 2001, 313 jeweils m.w.N.). 2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Unabhängig von der Frage, ob die verstrichene Zeit für die Annahme einer Verwirkung überhaupt ausreichend sein könnte, fehlt es jedenfalls an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, daß sich die Beklagte darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, die Klägerin werde auf eine Werklohnforderung für nicht erbrachte Leistungen nicht mehr zurückkommen. Gegen einen derartigen Vertrauenstatbestand, der nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden kann, spricht entscheidend der Hinweis der Klägerin in der Schlußrechnung vom 8. Dezember 1997. Auch aus dem Umstand, daß die Klägerin zunächst restlichen Werklohn für erbrachte Leistungen gefordert hatte und erst im Jahre 2000 dazu übergegangen ist, eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen geltend zu machen, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts Entscheidendes für die Annahme einer Verwirkung hergeleitet werden. Im übrigen fehlt es an Feststellungen dazu , daß sich die Beklagte, sollte doch von einem seitens der Klägerin gesetzten Vertrauenstatbestand auszugehen sein, hierauf auch tatsächlich eingerichtet hat.
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Die Verjährungsfrage kann vom Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Dressler Haß Hausmann Kuffer Kniffka

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.