Landgericht Itzehoe Urteil, 28. Juni 2011 - 11 S 41/10

ECLI:ECLI:DE:LGITZEH:2011:0628.11S41.10.0A
bei uns veröffentlicht am28.06.2011

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Kiel vom 06.07.2010 – Az. 114 C 57/09 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil vom 22.12.2009 wird aufrechterhalten.

Die weitergehenden Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungsstreitwert wird auf 1.997,11 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

2

In der Berufungsinstanz wurde unstreitig, dass sich die reparierte Abwasserhebeanlage außerhalb des Sondereigentums der Stadt Kiel in einem als „Lager Hausmeister“ bezeichneten Raum befindet. Insoweit wird auf den Lageplan der Kellerräumlichkeiten Bl. 158 d.A. Bezug genommen.

3

In der Teilungserklärung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 23.11.1995, UR-Nr.: 1220/1995 des Notars Henning Hahn in Kiel (Bl. 159 ff. d.A.), finden sich keinerlei Regelungen zu Abwasserhebeanlagen. Zu Entwässerungsanlagen im Allgemeinen regelt die Gemeinschaftsordnung in § 1 Abs. 3: „Gemäß § 5 Abs. 3 WEG werden zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt: a)…… b) Alle Teile der Versorgungs-, Entwässerungs- und sonstigen Gemeinschaftsanlagen, die zum bestimmungsgemäßen Gebrauch durch mehrere Sondereigentümer erforderlich sind.“ und zu Instandhaltungspflichten in § 4 Abs. 2: „Instandzuhalten bzw. instandzusetzen sind von ihm [dem Sondereigentümer] ferner folgende Gebäudeteile, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen: a) Alle Versorgungs-, Entwässerungs- und sonstigen gemeinschaftlichen Anlagen, soweit sie sich räumlich im Bereich des Sondereigentums befinden (§ 1 Abs. 3, Ziffer b)).“

4

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2011 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen W.

II.

5

Die zulässige Berufung ist auch in der Sache begründet.

6

Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB i.V.m. dem Verwaltervertrag scheidet vorliegend aus. Der Beklagte hat nicht dadurch seine Pflichten als Verwalter verletzt, dass er eine Abwasserhebeanlage, welche sich in dem als „Lager Hausmeister“ bezeichneten Kellerraum befindet, bei der Firma M. G. zu einem Betrag von 1.997,11 € hat reparieren lassen.

7

Ohne die vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung darf der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft unter anderem dringende Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr.3 WEG in Auftrag geben. Denn nur in den Fällen des § 27 Abs. 1 Nr.3 WEG, wenn Maßnahmen erforderlich sind, um einen Schaden abzuwenden, der dem gemeinschaftlichen Eigentum droht, darf und muss der Verwalter umgehend tätig werden.

8

Bei dieser Notgeschäftsführung geht es allein um die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, nicht des Sondereigentums.

9

In der Berufungsinstanz wurde unstreitig, dass sich die reparierte Abwasserhebeanlage im Bereich des als „Lager Hausmeister“ bezeichneten Gemeinschaftseigentums befindet. Die Anlage gehört damit auch zum Gemeinschaftseigentum.

10

Regelungen zu der Hebeanlage finden sich in der Teilungserklärung nicht, insbesondere auch nicht zur Begründung von Sondereigentum.

11

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer auch nicht davon überzeugt, dass die Abwasserhebeanlage für den Beklagten erkennbar nur dazu diente, die Entwässerung des Sondereigentums der Stadt Kiel sicher zu stellen. Der Zeuge W. führte zwar nachvollziehbar aus, dass unterschiedliche Bereiche des Kellers – insbesondere Waschküchen einzelner Wohnungseigentümer – über gesonderte Hebeanlage verfügen und möglicherweise auch der zum Gemeinschaftseigentum gehörende Fitnessbereich über eine eigene Abwasserhebeanlage verfügt, zu einer abschließenden Klärung konnte jedoch auch der Zeuge nicht beitragen. Insbesondere konnte er nicht bestätigen, dass sich aus der Rohrleitungsführung zu der fraglichen Hebeanlage eindeutig ergebe, dass diese nur von dem Sondereigentum der Stadt Kiel kommen würden.

12

Zu berücksichtigen war des Weiteren, dass für die Abwasserhebeanlage seit vielen Jahren ein Wartungsvertrag zwischen der Klägerin und der Firma M. G. besteht. Deren Kosten trägt die gesamte Gemeinschaft, nicht nur die Stadt Kiel.

13

Aufgrund des Vorgesagten und der auch in erster Instanz deutlich gewordenen Unklarheiten bezüglich der Zuordnung, welche Abwässer die Hebeanlage pumpt, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass dem Gemeinschaftseigentum aufgrund der Verstopfung der Anlage Schaden droht, welchen er zu verhindern verpflichtet war.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters


(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die 1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder2. zur

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.