Tenor

1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 4.478,- EUR

Tatbestand

 

Entscheidungsgründe

 
Die Berufung ist zulässig, doch hat sie in der Sache keinen Erfolg.
I.
Den Beklagten steht der mit der Widerklage und der Berufung verfolgte Rückzahlungsanspruch in Höhe von 4.478,75 EUR nicht zu. Die Voraussetzungen des § 812 BGB sind nicht erfüllt; die gezahlten Beträge sind nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen, die allein Gegenstand der Berufung ist. Es geht zutreffend von einer konkludenten Änderung des ursprünglich geschlossenen Mietvertrages aus.
2. Die Beklagten haben vorliegend unstreitig über einen Zeitraum von 4 Jahren hinweg (von 1997 bis 30.06.2001) die von den Klägerin in Rechnung gestellten Jahresabrechnungen beglichen. In diesen übersichtlich aufgeschlüsselten Abrechnungen wurden neben den ursprünglich vereinbarten Nebenkostenpositionen (Heizung, Warmwasser und Haftpflichtversicherung) noch weitere ursprünglich nicht geschuldete Nebenkostenpositionen (vgl. Abrechnungen B1 - B 4) den Beklagten in Rechnung gestellt. Aus der Sicht der Beklagten war aufgrund der konkreten Rechnungsstellung erkennbar, dass die Klägerin auch diese Nebenkosten von ihnen verlangt. Spätestens nach der dritten Abrechnung mussten die Beklagten auch davon ausgehen, dass die Klägerin auch in Zukunft diese ursprünglich nicht vereinbarten Nebenkostenpositionen verlangt. Nach §§ 133, 157 BGB ist daher das Verhalten der Klägerin als Angebot auf Änderung des ursprünglichen Mietvertrages auszulegen. Dieses Angebot haben die Beklagten angenommen, indem sie alle 4 Abrechnungen bezahlt haben. Wie die Klägerin zu Recht ausführte, konnte sie davon ausgehen, dass die Beklagten die Abrechnung prüfen. Die Klägerin konnte daher zumindest nach der dritten Bezahlung der in Abweichung zum ursprünglichen Mietvertrag aufgestellten Nebenkostenabrechnung davon ausgehen, dass Beklagten mit der Einstellung der weiteren Nebenkostenpositionen einverstanden gewesen waren und nicht nur eine versehentliche Überbezahlung vorliegt (vgl. auch BGH, Urt. v. 29.05.2000 - XII ZR 35/00, NJW-RR 2000, 1463, 1464).
3. Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht zudem, dass die Parteien in dem im Jahr 2001 neu abgeschlossenen Mietvertrag ausdrücklich sämtliche nach § 27 der zweiten Berechnungsverordnung umlegbaren Betriebskosten vereinbarten, ohne die vorherige Handhabung zur Disposition zu stellen.
4. Darüber hinaus wäre die Berufung der Beklagten auch dann unbegründet, wenn man keine Vertragsänderung annehmen würde. Denn die Beklagten sind aufgrund der vorbehaltlosen Begleichung der Nebenkostenabrechnungen zumindest mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die sie bereits bei Erteilung der jeweiligen Nebenkostenabrechnung hätten geltend machen können. Wer vorbehaltlos zahlt, erklärt sein Einverständnis mit den ihm zur Kenntnis gelangten Abrechnungsergebnis und Abrechnungsmodalitäten (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 20.12.1989 - 4 U 66/89, WuM 1991, 598 ff).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 analog, 713 ZPO.

Gründe

 
Die Berufung ist zulässig, doch hat sie in der Sache keinen Erfolg.
I.
Den Beklagten steht der mit der Widerklage und der Berufung verfolgte Rückzahlungsanspruch in Höhe von 4.478,75 EUR nicht zu. Die Voraussetzungen des § 812 BGB sind nicht erfüllt; die gezahlten Beträge sind nicht ohne Rechtsgrund geleistet worden. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen, die allein Gegenstand der Berufung ist. Es geht zutreffend von einer konkludenten Änderung des ursprünglich geschlossenen Mietvertrages aus.
2. Die Beklagten haben vorliegend unstreitig über einen Zeitraum von 4 Jahren hinweg (von 1997 bis 30.06.2001) die von den Klägerin in Rechnung gestellten Jahresabrechnungen beglichen. In diesen übersichtlich aufgeschlüsselten Abrechnungen wurden neben den ursprünglich vereinbarten Nebenkostenpositionen (Heizung, Warmwasser und Haftpflichtversicherung) noch weitere ursprünglich nicht geschuldete Nebenkostenpositionen (vgl. Abrechnungen B1 - B 4) den Beklagten in Rechnung gestellt. Aus der Sicht der Beklagten war aufgrund der konkreten Rechnungsstellung erkennbar, dass die Klägerin auch diese Nebenkosten von ihnen verlangt. Spätestens nach der dritten Abrechnung mussten die Beklagten auch davon ausgehen, dass die Klägerin auch in Zukunft diese ursprünglich nicht vereinbarten Nebenkostenpositionen verlangt. Nach §§ 133, 157 BGB ist daher das Verhalten der Klägerin als Angebot auf Änderung des ursprünglichen Mietvertrages auszulegen. Dieses Angebot haben die Beklagten angenommen, indem sie alle 4 Abrechnungen bezahlt haben. Wie die Klägerin zu Recht ausführte, konnte sie davon ausgehen, dass die Beklagten die Abrechnung prüfen. Die Klägerin konnte daher zumindest nach der dritten Bezahlung der in Abweichung zum ursprünglichen Mietvertrag aufgestellten Nebenkostenabrechnung davon ausgehen, dass Beklagten mit der Einstellung der weiteren Nebenkostenpositionen einverstanden gewesen waren und nicht nur eine versehentliche Überbezahlung vorliegt (vgl. auch BGH, Urt. v. 29.05.2000 - XII ZR 35/00, NJW-RR 2000, 1463, 1464).
3. Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht zudem, dass die Parteien in dem im Jahr 2001 neu abgeschlossenen Mietvertrag ausdrücklich sämtliche nach § 27 der zweiten Berechnungsverordnung umlegbaren Betriebskosten vereinbarten, ohne die vorherige Handhabung zur Disposition zu stellen.
4. Darüber hinaus wäre die Berufung der Beklagten auch dann unbegründet, wenn man keine Vertragsänderung annehmen würde. Denn die Beklagten sind aufgrund der vorbehaltlosen Begleichung der Nebenkostenabrechnungen zumindest mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die sie bereits bei Erteilung der jeweiligen Nebenkostenabrechnung hätten geltend machen können. Wer vorbehaltlos zahlt, erklärt sein Einverständnis mit den ihm zur Kenntnis gelangten Abrechnungsergebnis und Abrechnungsmodalitäten (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 20.12.1989 - 4 U 66/89, WuM 1991, 598 ff).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 analog, 713 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

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Landgericht Heilbronn Urteil, 17. Juni 2003 - 2 S 7/03 Mu zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Mai 2000 - XII ZR 35/00

bei uns veröffentlicht am 29.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 35/00 vom 29. Mai 2000 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Sprick besch

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 35/00
vom
29. Mai 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Mai 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne,
Gerber und Sprick

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus dem am 13. Februar 1998 vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 7 U 5/97) abgeschlossenen Vergleich einstweilen einzustellen , wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat von 1986 bis 1997 Geschäftsräume an die Klägerin untervermietet. In einem Vorprozeß hat die Beklagte gegen die Klägerin rückständigen Mietzins eingeklagt. Der Prozeß wurde durch einen gerichtlichen Vergleich beendet, in dem sich die Klägerin verpflichtete, an die Beklagte 280.000 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Weiter heißt es in dem Vergleich, alle Ansprüche des beendeten Untermietverhältnisses sollten damit ausgeglichen sein mit Ausnahme etwaiger Rückforderungsansprüche der damaligen Beklagten wegen überzahlter Nebenkosten. Die Klägerin hat auf die in dem Vergleich festgelegte Forderung 154.245,64 DM gezahlt. Mit ihrer Vollstreckungsgegenklage will sie erreichen, daß die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich wegen der noch offenstehenden Restforderung für unzulässig erklärt wird. Zur
Begründung der Vollstreckungsgegenklage macht sie geltend, sie habe gegenüber der Restforderung aus dem Vergleich wirksam die Aufrechnung erklärt mit ihr zustehenden Gegenansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Nebenkosten. Wegen des Vorbringens der Parteien zu der zur Aufrechnung gestellten Forderung wird auf den Tatbestand des Berufungsurteils verwiesen. Das Landgericht hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen, die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt sie den Antrag , die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig zu erklären, weiter. Sie beantragt, die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über die Revision gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, hilfsweise die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung der Beklagten abhängig zu machen.

II.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO im übrigen gegeben sind. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (Zöller/Herget, ZPO 21. Aufl. § 769 Rdn. 6 m.N.). Der Klägerin steht kein Gegenanspruch zu, mit dem sie gegen die Restforderung aus dem gerichtlichen Vergleich aufrechnen könnte. Die ursprüngliche Hauptvermieterin stellte der Beklagten als Nebenkosten lediglich die Kosten für Wasser und Heizung in Rechnung und dementsprechend gab die Beklagte auch nur diese Kosten an die Klägerin - ihre Untermieterin - weiter. Nachdem im Jahre 1990 eine Versicherung das Grund-
stück erworben hatte und auf Vermieterseite in den Hauptmietvertrag eingetreten war, stellte diese der Beklagten zusätzlich die Kosten für Grundsteuer, Entwässerung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Aufzug, Allgemeinstrom, Brandversicherung , Hausmeister, Ungezieferbekämpfung und Gebäudehaftpflichtversicherung in Rechnung. Die Beklagte leitete die diese Positionen enthaltenden Nebenkostenabrechnungen an die Klägerin weiter und die Klägerin zahlte die so errechneten Nebenkosten mehrere Jahre lang anstandslos: Gemäß Abrechnung vom 5. Mai 1992 für das Jahr 1990, gemäß Abrechnung vom 3. Dezember 1992 für das Jahr 1991, gemäß Abrechnung vom 17. Juni 1994 für das Jahr 1992, gemäß Abrechnung vom 2. September 1995 für das Jahr 1993, gemäß Abrechnung vom 27. Oktober 1996 für das Jahr 1994 und gemäß Abrechnung vom 27. Februar 1997 für das Jahr 1995. Erstmals mit Schreiben vom 30. Januar 1998 - nach Beendigung des Untermietverhältnisses - machte die Klägerin geltend, als Nebenkosten seien nur die Kosten für Wasser und Heizung zu zahlen. Es kann dahingestellt bleiben, wie der zwischen den Parteien abgeschlossene schriftliche Untermietvertrag bezüglich der Abwälzung der Nebenkosten auszulegen ist. Eine Vereinbarung der Parteien über den Umfang der von dem Mieter zu zahlenden Nebenkosten kann auch durch jahrelange Zahlung stillschweigend getroffen werden (vgl. Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 535 Rdn. 37 a m.N.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Parteien sich durch jahrelange Übung stillschweigend darauf geeinigt haben, die von der neuen Hauptvermieterin der Beklagten in Rechnung gestellten Nebenkosten auf die Klägerin abzuwälzen. Auch stillschweigend abgegebene Willenserklärungen sind auszulegen aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Die Beklagte konnte das Verhalten der Klägerin nur dahin verstehen, daß die Klä-
gerin mit der Abwälzung der erhöhten Nebenkostenabrechnungen einverstanden war. Auf die Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche teilweise verjährt wären, kommt es somit nicht an. Der weitere Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen bis zur endgültigen Entscheidung über den Einstellungsantrag, ist damit gegenstandslos.
Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Sprick

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 35/00
vom
29. Mai 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Mai 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne,
Gerber und Sprick

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus dem am 13. Februar 1998 vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 7 U 5/97) abgeschlossenen Vergleich einstweilen einzustellen , wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte hat von 1986 bis 1997 Geschäftsräume an die Klägerin untervermietet. In einem Vorprozeß hat die Beklagte gegen die Klägerin rückständigen Mietzins eingeklagt. Der Prozeß wurde durch einen gerichtlichen Vergleich beendet, in dem sich die Klägerin verpflichtete, an die Beklagte 280.000 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen. Weiter heißt es in dem Vergleich, alle Ansprüche des beendeten Untermietverhältnisses sollten damit ausgeglichen sein mit Ausnahme etwaiger Rückforderungsansprüche der damaligen Beklagten wegen überzahlter Nebenkosten. Die Klägerin hat auf die in dem Vergleich festgelegte Forderung 154.245,64 DM gezahlt. Mit ihrer Vollstreckungsgegenklage will sie erreichen, daß die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich wegen der noch offenstehenden Restforderung für unzulässig erklärt wird. Zur
Begründung der Vollstreckungsgegenklage macht sie geltend, sie habe gegenüber der Restforderung aus dem Vergleich wirksam die Aufrechnung erklärt mit ihr zustehenden Gegenansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Nebenkosten. Wegen des Vorbringens der Parteien zu der zur Aufrechnung gestellten Forderung wird auf den Tatbestand des Berufungsurteils verwiesen. Das Landgericht hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen, die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt sie den Antrag , die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig zu erklären, weiter. Sie beantragt, die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über die Revision gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, hilfsweise die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung der Beklagten abhängig zu machen.

II.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO im übrigen gegeben sind. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (Zöller/Herget, ZPO 21. Aufl. § 769 Rdn. 6 m.N.). Der Klägerin steht kein Gegenanspruch zu, mit dem sie gegen die Restforderung aus dem gerichtlichen Vergleich aufrechnen könnte. Die ursprüngliche Hauptvermieterin stellte der Beklagten als Nebenkosten lediglich die Kosten für Wasser und Heizung in Rechnung und dementsprechend gab die Beklagte auch nur diese Kosten an die Klägerin - ihre Untermieterin - weiter. Nachdem im Jahre 1990 eine Versicherung das Grund-
stück erworben hatte und auf Vermieterseite in den Hauptmietvertrag eingetreten war, stellte diese der Beklagten zusätzlich die Kosten für Grundsteuer, Entwässerung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Aufzug, Allgemeinstrom, Brandversicherung , Hausmeister, Ungezieferbekämpfung und Gebäudehaftpflichtversicherung in Rechnung. Die Beklagte leitete die diese Positionen enthaltenden Nebenkostenabrechnungen an die Klägerin weiter und die Klägerin zahlte die so errechneten Nebenkosten mehrere Jahre lang anstandslos: Gemäß Abrechnung vom 5. Mai 1992 für das Jahr 1990, gemäß Abrechnung vom 3. Dezember 1992 für das Jahr 1991, gemäß Abrechnung vom 17. Juni 1994 für das Jahr 1992, gemäß Abrechnung vom 2. September 1995 für das Jahr 1993, gemäß Abrechnung vom 27. Oktober 1996 für das Jahr 1994 und gemäß Abrechnung vom 27. Februar 1997 für das Jahr 1995. Erstmals mit Schreiben vom 30. Januar 1998 - nach Beendigung des Untermietverhältnisses - machte die Klägerin geltend, als Nebenkosten seien nur die Kosten für Wasser und Heizung zu zahlen. Es kann dahingestellt bleiben, wie der zwischen den Parteien abgeschlossene schriftliche Untermietvertrag bezüglich der Abwälzung der Nebenkosten auszulegen ist. Eine Vereinbarung der Parteien über den Umfang der von dem Mieter zu zahlenden Nebenkosten kann auch durch jahrelange Zahlung stillschweigend getroffen werden (vgl. Palandt/Putzo, BGB 59. Aufl. § 535 Rdn. 37 a m.N.). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Parteien sich durch jahrelange Übung stillschweigend darauf geeinigt haben, die von der neuen Hauptvermieterin der Beklagten in Rechnung gestellten Nebenkosten auf die Klägerin abzuwälzen. Auch stillschweigend abgegebene Willenserklärungen sind auszulegen aus der Sicht des Erklärungsempfängers. Die Beklagte konnte das Verhalten der Klägerin nur dahin verstehen, daß die Klä-
gerin mit der Abwälzung der erhöhten Nebenkostenabrechnungen einverstanden war. Auf die Frage, ob die von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche teilweise verjährt wären, kommt es somit nicht an. Der weitere Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen bis zur endgültigen Entscheidung über den Einstellungsantrag, ist damit gegenstandslos.
Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Sprick

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)