Landgericht Hechingen Beschluss, 01. Juli 2005 - 1 Qs 61/05

bei uns veröffentlicht am01.07.2005

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hechingen vom 27. Mai 2005 wird als unbegründet

v e r w o r f e n.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten in diesem fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
Gegen den Beschuldigten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz geführt, weil er nach dem 01.04.2003 Federdruckpistolen (sogenannte Soft-Air-Waffen) mit einer Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule vertrieben habe ohne die für den Handel erforderliche Waffenhandelserlaubnis besessen zu haben.
Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. Dezember 2004 eingestellt, nachdem festgestellt wurde, dass „durch Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes vom 18. Juni 2004 die Energiegrenze für Spielzeugwaffen aufgrund eines bestehenden Widerspruchs zum europäischen Rechts auf 0,5 Joule angehoben“ worden sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Hechingen auf Antrag des Verteidigers vom 23. Dezember 2004 die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung von Ansprüchen des Beschuldigten dem Grunde nach nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) festgestellt.
Das Amtsgericht führt in der Begründung im Wesentlichen aus, dass das Waffengesetz in der derzeit geltenden Form bereits seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01. April 2003 höherrangigem Europarecht, nämlich der Richtlinie des Rates vom 03. Mai 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Sicherheit von Spielzeug, Nr. 88/378/EWG (im folgenden Spielzeugrichtlinie) in der Fassung vom 22. Juli 1993 widerspreche. Danach dürfe hinsichtlich einer Waffe, die zum Spiel bestimmt sei und bis zu einer Geschossbewegungsenergie von 0,5 Joule als Spielzeug zu klassifizieren sei, der freie Handel als Spielzeug in Europa nicht behindert werden.
Wegen des Vorrangs des übergeordneten EU-Rechts habe der Beschuldigte damit das Ermittlungsverfahren nicht fahrlässig herbeigeführt, weshalb Ausschlussgründe für eine Strafrechtsentschädigung nicht vorlägen.
Die Staatsanwaltschaft gründet ihr Rechtsmittel darauf, dass Art. 5 der Spielzeugrichtlinie zwar davon ausgehe, dass Spielzeug, das mit der CE-Kennzeichnung versehen ist, alle Bestimmungen der Richtlinie erfülle. Indes könne diese Indizwirkung ausweislich der Art. 6 und 7 der Spielzeugrichtlinie auch widerlegt werden, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass das nationale Recht der Richtlinie von Anfang an widersprochen habe. Erst durch den Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes sei daher Straflosigkeit eingetreten, weshalb eine Entschädigung nach § 5 Abs. 2 StrEG ausgeschlossen sei.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
Grundsätzlich steht einem Beschuldigten nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StrEG ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, den er durch Sicherstellung oder Beschlagnahme sowie Durchsuchung erlitten hat, wenn das Verfahren gegen ihn nicht nur aufgrund einer Ermessensvorschrift eingestellt wird. Dies ist vorliegend der Fall.
Gründe für eine Versagung der Entschädigung nach § 6 StrEG liegen offenkundig nicht vor.
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme auch nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht.
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Hierbei geht schon die Argumentation der Beschwerdeführerin fehl, das strafbare Tun des Beschuldigten sei wie bei einer nachträglichen Entpönalisierung aufgrund einer Gesetzesänderung zu behandeln, da der Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes vorliegend eine vergleichbare Auswirkung auf die ursprünglich gegebene Straftat habe.
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Dass solches nicht der Fall ist, ergibt sich für die Kammer aus folgendem: Die Waffen, wegen deren Besitz und Handel gegen den Beschuldigten das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war, tragen sämtlich die CE-Kennzeichnung nach Art. 11 der Spielzeugrichtlinie, die ab 01. Januar 1990 angewendet wurde.
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Bei Vorlage eines Musters des zum Handel beabsichtigten Spielzeuges und dem Erwerb einer EG-Baumusterbescheinigung, die durch Anbringung der CE-Kennzeichnung bescheinigt wird, darf der Hersteller und mithin auch der Handeltreibende davon ausgehen, dass bei korrekter Anwendung harmonisierter Normen, die die Spielzeugrichtlinie in nationales Recht umsetzen, die Sicherheitsanforderungen der entsprechenden EU-Richtlinie erfüllt sind. Nach Art. 4 der Spielzeugrichtlinie dürfen Mitgliedsstaaten sodann das Inverkehrbringen von Spielzeug, das den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, in ihrem Gebiet nicht behindern.
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Für das Rechtsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hat die Bundesregierung aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 4 Gerätesicherheitsgesetz (GSG) mit der Zweiten Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz (2. GSGV) vom 21. Dezember 1998 in der Fassung vom 28. September 1995 die Harmonisierung der Spielzeugrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Hierbei wurden die nach Anhang II, II. 1. Buchst. (i) der Spielzeugrichtlinie festzusetzenden physikalischen und mechanischen Merkmale unbedenklichen Spielzeugs durch die DIN-Norm DIN-EN 71-1, Sicherheit von Spielzeug (im folgenden Spielzeugnorm) im November 1998 hinsichtlich der unbedenklichen Geschossenergie von Spielzeugwaffen dahingehend normiert, dass die mittlere Bewegungsenergie des Geschosses für Starrgeschosse ohne Spitze aus biegsamem Werkstoff nicht größer als 0,08 Joule und für Geschosse aus biegsamem Werkstoff oder Geschosse mit einer Spitze aus biegsamem Werkstoff (z.B. Gummi) nicht größer als 0,5 Joule sein darf.
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Die Spielzeugnorm wurde in der Folge gemäß der Zweiten Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug im Amtsblatt der europäischen Gemeinschaft als harmonisierte Norm bekannt gemacht, die die Spielzeugrichtlinie des Rates umsetzt und deren Einhaltung die Konformitätsvermutung nach Art. 5 der Richtlinie auslöst.
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Damit erhielten die vorliegend vom Beschuldigten besessenen und gehandelten Waffen zu Recht die CE-Kennzeichnung und hatten deshalb die Vermutung der Konformität für sich.
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Im Wertungswiderspruch hierzu hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des Waffengesetzes, die am 01. April 2003 in Kraft getreten ist, trotz Kenntnis der Spielzeugrichtlinie in Anlage 2 zum Waffengesetz, Abschnitt 3, Unterabschnitt 2 Ziffer 1 bestimmt, dass nur solche Schusswaffen vom Gesetz ausgenommen sind, die zum Spiel bestimmt sind, wenn aus ihnen nur Geschosse verschossen werden können, denen eine Bewegungsenergie von nicht mehr als 0,08 Joule erteilt wird, die mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen so geändert werden können, dass diese Übersteigung der Bewegungsenergie erreicht werden kann oder die als getreue Nachahmung von Schusswaffen im Sinne der Anlage 1 zum Waffengesetz, Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1 zu betrachten sind, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf.
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Entgegen der Auffassung des angefochtenen Beschlusses liegt hiermit nach Auffassung der Kammer kein Verstoß gegen höherrangiges EU-Recht vor. Bei der Spielzeugrichtlinie handelt sich lediglich um eine EU - Richtlinie, die noch der Umsetzung in nationales Recht, sprich der Harmonisierung bedarf. Indes hat die Bundesregierung die Umsetzung mit der Zweiten Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz und der Veröffentlichung der DIN-EN 71-1 im Amtsblatt der Europäischen Union vorgenommen und die EU-Richtlinie damit in geltendes deutsches Recht umgesetzt und eine Harmonisierung herbeigeführt.
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Es handelt sich daher um einen Wertungswiderspruch zwischen einem Bundesgesetz und einer Verordnung der Bundesregierung, zu deren Erlass diese ihrerseits durch Bundesgesetz zum Zwecke der Erfüllung von Verpflichtungen und zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder zur Durchführung von Rechtsakten des Rates oder der Kommission der europäischen Gemeinschaften ermächtigt ist.
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Zwar steht ein vom Bundestag erlassenes Gesetz verfassungsmäßig im Range über einer „bloßen“ Verordnung der Bundesregierung, die diese aufgrund eines anderen Bundesgesetzes erlässt. Indes kann vorliegend nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verordnung die Umsetzung für die Mitgliedsstaaten der EU verbindlicher, europarechtlicher Vorschriften zum Gegenstand hat, weshalb ihr nach Auffassung der Kammer kein geringeres Gewicht zukommt als die Anlage zum Waffengesetz.
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Dies auch vor dem Hintergrund, dass Art. 4 der Spielzeugrichtlinie den Mitgliedsstaaten die Behinderung des Handels von Spielzeugwaffen untersagt, die den Bestimmungen der Richtlinie entsprechen.
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Zum anderen läge aber auch ein typischer Fall des venire contra factum proprium vor, wenn die Bundesrepublik Deutschland in Umsetzung der Spielrichtlinie durch Veröffentlichung der Zweiten Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz und der zugehörigen DIN-EN 71-1 gegenüber ausländischen Herstellern und Bürgern zu verstehen gibt, dass sie bestimmte Federdruckpistolen mit einer mittleren Bewegungsenergie von nicht mehr als 0,5 Joule oder nicht mehr als 0,08 Joule - jeweils abhängig von der Art des Geschosses - als der Spielzeugnorm entsprechend betrachtet und bei späterem Inverkehrbringen solcher Waffen, die die CE-Kennzeichnung erlangt haben, das Tun der Hersteller oder Händler dieser Spielzeugwaffen als strafbar ahndet.
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Hat der Hersteller einer Spielzeugwaffe aber die Konformitätsvermutung für sich, wenn sein Spielzeugmuster die CE-Kennzeichnung aufgrund der Befolgung der als harmonisiert bekannt gemachten Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland erhält und damit alles in seiner Macht stehende getan, um sicher zu stellen, dass er gegen keine sicherheitsrechtlichen oder anderen Bestimmungen eines Mitgliedstaates der europäischen Union verstößt, so kann für einen Händler in einem Mitgliedsstaat keine höhere Erkundigungs- oder Überprüfungspflicht gelten. Bringt ein Händler in der Bundesrepublik Deutschland Spielzeugwaffen in den Verkehr, die das CE-Kennzeichen tragen, so gilt auch zu seinen Gunsten die Konformitätsvermutung. Eine weitere Erkundigung danach, ob das Spielzeug gegen das Waffengesetz verstoßen könnte, ist vor diesem Hintergrund nach Auffassung der Kammer auch bei Einhaltung größtmöglicher Sorgfalt nicht veranlasst.
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Daneben war die dem Beschuldigten zur Last gelegte Handlung demzufolge schon von Anfang an nicht mit Strafe bedroht, da die Beschränkung der Anlage 2 zum Waffengesetz Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 schon zum Zeitpunkt ihres Erlasses am 01. April 2003 gegen die Zweite Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz und die zugehörige DIN-Norm EN 71-1 verstieß und diese Vorschrift als die das höherrangige EU-Recht umsetzende Bundesnorm der Anlage zum Waffengesetz vorgeht.
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Bei dieser Auslegung kommt dem Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes Wiesbaden vom 18. Juni 2004 keine eigenständige Bedeutung zu. Es bedarf deshalb auch keiner Erörterung der Frage, ob das Bundeskriminalamt zu dem Erlass eines Feststellungsbescheides des dort getroffenen Inhalts überhaupt durch §§ 2 Abs. 5, 48 Abs. 3 Waffengesetz ermächtigt ist. Nach Auffassung der Kammer spricht vieles dafür, dass lediglich Zweifelsfragen über die Gesetzeskonformität bestimmter, einzelner Gestände vom Bundeskriminalamt entschieden werden sollen, wenn über deren Gesetzeskonformität oder die Frage, ob Gegenstände überhaupt vom Gesetz erfasst werden, bestehen. Hierfür wären die besondere Sachkunde und die technischen Prüfungsmöglichkeiten des Bundeskriminalamtes erforderlich und ausreichend.
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Die Bundesregierung hat aber die Ermächtigung zur Verordnungsgebung aus § 4 GSG nicht aus das Bundeskriminalamt übertragen und kann dies mangels gesetzlicher Ermächtigung auch nicht. Dafür, dass der Gesetzgeber das Bundeskriminalamt indes dazu ermächtigen wollte, Regelungslücken zu schließen oder gesetzliche Wertungswidersprüche zu beheben und damit als „Ersatzgesetzgeber“ zu fungieren, indem Vorschriften des Waffengesetzes oder seiner Anlage vom Bundeskriminalamt in eigener Kompetenz geändert oder ausgesetzt werden, spricht nichts, zumal dem Bundeskriminalamt als Behörde der Exekutive hierzu die demokratische Legitimation fehlt.
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Nach alldem war die Beschwerde als unbegründet mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1, Abs. 2 StPO zu verwerfen.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Hechingen Beschluss, 01. Juli 2005 - 1 Qs 61/05 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen - StrEG | § 2 Entschädigung für andere Strafverfolgungsmaßnahmen


(1) Wer durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat, wird aus der Staatskasse entschädigt, soweit er freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird oder soweit das Geric

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen - StrEG | § 5 Ausschluß der Entschädigung


(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen 1. für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,2. für eine Freiheitsen

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen - StrEG | § 6 Versagung der Entschädigung


(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte 1. die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen

Gesundheitsstrukturgesetz - GSG | § 4 Freiwillige Versicherung


Für Personen, die bis zum 31. Dezember 1992 aus der Versicherungspflicht ausscheiden, gelten § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte jeweils in der bis

Referenzen

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.

(1) Wer durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten hat, wird aus der Staatskasse entschädigt, soweit er freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird oder soweit das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn ablehnt.

(2) Andere Strafverfolgungsmaßnahmen sind

1.
die einstweilige Unterbringung und die Unterbringung zur Beobachtung nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
die vorläufige Festnahme nach § 127 Abs. 2 der Strafprozeßordnung,
3.
Maßnahmen des Richters, der den Vollzug des Haftbefehls aussetzt (§ 116 der Strafprozeßordnung),
4.
die Sicherstellung, die Beschlagnahme, der Vermögensarrest nach § 111e der Strafprozeßordnung und die Durchsuchung, soweit die Entschädigung nicht in anderen Gesetzen geregelt ist,
5.
die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis,
6.
das vorläufige Berufsverbot.

(3) Als Strafverfolgungsmaßnahmen im Sinne dieser Vorschrift gelten die Auslieferungshaft, die vorläufige Auslieferungshaft, die Sicherstellung, die Beschlagnahme und die Durchsuchung, die im Ausland auf Ersuchen einer deutschen Behörde angeordnet worden sind.

(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte

1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.

(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.

Für Personen, die bis zum 31. Dezember 1992 aus der Versicherungspflicht ausscheiden, gelten § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte jeweils in der bis dahin geltenden Fassung auch dann, wenn der Beitritt nach dem 31. Dezember 1992 der Krankenkasse angezeigt wird.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.