Landgericht Hamburg Urteil, 13. Okt. 2016 - 330 O 150/16

bei uns veröffentlicht am13.10.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages aufgrund eines Widerrufs.

2

Die Kläger sind Verbraucher. Im November 2009 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag (Kto-Nr4...4) über einen Nennbetrag in Höhe von 16.000,- € mit einer Verzinsung von 7,49 % p.a. und einer Zinsfestschreibung von 10 Jahren (Anlage B1). Dem Vertragsschluss lag der Antrag der Kläger vom 12.11.2009 zugrunde, den die Beklagte nach Eingang des Kreditantrages annahm (Anlage B1, Eingangsstempel 18.11.2009). Die Antragsunterlagen waren den Klägern dabei zuvor, in zweifacher Ausfertigung, davon eine zum Verbleib in den Unterlagen der Kläger, übersandt worden. Das Darlehen wurde an die Kläger ausgezahlt. Ab dem 1. Dezember 2009 entrichteten die Kläger Darlehensraten in Höhe von 153,00 € monatlich, insgesamt 11.628,00 € an die Beklagte.

3

Der Vertrag enthielt auf Seite 4 von insgesamt 6 Seiten eine gesonderte Widerrufsbelehrung, die auszugsweise wie folgt lautet:

4

„Widerrufsbelehrung

5

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag nach Abschluss des Kreditvertrages zu laufen. Der Vertrag ist geschlossen, wenn die H. Bank GmbH & Co. KG Ihnen die Annahme Ihres Antrags erklärt oder den Kreditbetrag wie vereinbart auszahlt. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. ...“

6

(Anlage B1, Seite 4)

7

Mit Schreiben vom 16.03.2016 (Anlage K5) erklärten die Klägervertreter den Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen der Kläger.

8

Die Kläger meinen unter Verweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 28.05.2008, 14c O 200/07), die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft.

9

Die Fehlerhaftigkeit folge daraus, dass die im Muster der Widerrufsbelehrung gem. Anl. 2 zu § 14 BGB InfoV a.F. vorhandene Zwischenüberschrift „Widerrufsrecht“ unstreitig nicht vorhanden ist.

10

Zudem sei die in der Belehrung enthaltene Information über den Beginn der Widerrufsfrist unrichtig und bestimme den Fristbeginn nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit. Der Fristbeginn lasse sich nicht eindeutig feststellen, weil die Belehrung zwei Alternativen des Vertragsschlusses erläutere - durch Annahme des Antrags durch die Beklagte oder Auszahlung des Kreditbetrages -, sodass eine eindeutige und verständliche Belehrung nicht vorliege.

11

Die Kläger beantragen,

12

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertragsverhältnis zu der Konto-Nr4...4 über ein Darlehen im Nennbetrag von 16.000,00 € durch Widerruf vom 16.03.2016 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde;

13

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Rechtsschutzversicherer der Klägerin zu 1), die A... SE, A...- P...X, (PLZ)D., vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 335,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

17

Die zulässige Klage ist unbegründet.

18

Die Kläger haben den Darlehensvertrag vom November 2009 (Anlage B1) nicht wirksam mit Schreiben vom 16.03.2016 (Anlage K5) gemäß §§ 355 Abs. 1 S. 1, 495 BGB in der zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) widerrufen.

19

Denn die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1. Satz 2 BGB a.F. war im Zeitpunkt des Widerrufs abgelaufen, weil der Darlehensbetrag den Klägern im Dezember 2009 zugeflossen ist; der erst im März 2016 erklärte Widerruf erfolgte damit nicht fristgemäß.

20

Entgegen der Ansicht der Kläger entsprach die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.. Das Gericht schließt sich - wie im Hinweis vom 24.08.2016, Bl. 91 d.A., erläutert, - der in einem Parallelverfahren der Beklagten ergangenen Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 01.03.2016 - 333 O 237/15 - an.

21

Die Widerrufsbelehrung genügt dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB. Sie ist durch die Umrandung sowie die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ im Fettdruck und leicht vergrößerter Schriftart hinreichend drucktechnisch aus dem übrigen Vertragstext herausgehoben. Die Verwendung der Zwischenüberschrift „Widerrufsrecht“ ist entbehrlich, da die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ den gleichen Zweck erfüllt. Die Widerrufsbelehrung befindet sich allein auf Seite 4 des Vertrages, so dass sie auch schon deshalb geeignet ist, dem Verbraucher unübersehbar zur Kenntnis gebracht zu werden.

22

Soweit die Kläger weiter rügen, dass die in der Belehrung enthaltene Information hinsichtlich des Fristbeginns unrichtig und nicht eindeutig sei, vermag das Gericht dem ebenfalls nicht zu folgen. Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung erläutert den Vertragsschluss wie folgt:

23

„Der Vertrag ist geschlossen, wenn die H. Bank GmbH & Co. KG Ihnen die Annahme Ihres Antrags erklärt oder den Kreditbetrag wie vereinbart auszahlt.“

24

(Anlage B1, S. 4)

25

Den Klägern wird damit hinreichend deutlich zur Kenntnis gebracht, dass der Vertrag, für den sie eine Erklärung abgegeben haben und für den ihnen ein Widerrufsrecht zusteht, entweder mit der Annahmeerklärung der Beklagten oder mit der Auszahlung des vereinbarten Darlehensbetrages zustande kommt. Dabei handelt es sich in beiden Varianten um Umstände, die im Kenntnisbereich der Kläger liegen und die von ihnen eindeutig erkannt werden können.

26

Dass Teilauszahlungen einen Fristbeginn nicht auslösen können, ergibt sich schon daraus, dass es sich bei einer Teilauszahlung nicht um eine Auszahlung „wie vereinbart“ handelt. Die Belehrung entspricht der Gesetzeslage, wonach Verträge durch Angebot und Annahme geschlossen werden, §§ 145ff BGB, wobei für die Annahme auch ein schlüssiges Verhalten wie z.B. das Bewirken der geschuldeten Leistung genügen kann.

27

Angesichts des Zusammenhangs mit der im vorherstehenden Satz genannten „Vertragserklärung“, der in dem Satz als Alternative genannten Auszahlung des Kreditbetrages sowie dem Gesamtkontext der Belehrung in einem Darlehensvertrag kann nach Auffassung des Gerichts auch kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dem erläuterten Vertragsschluss um den Darlehensvertrag handelt.

II.

28

Mangels Hauptanspruch steht den Klägern gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie Verzugszinsen zu.

III.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 14 Unternehmer


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(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.