Landgericht Hamburg Beschluss, 01. März 2017 - 301 O 275/16

bei uns veröffentlicht am01.03.2017

Tenor

1. Das Landgericht Hamburg erklärt sich für örtlich unzuständig.

2. Der Rechtsstreit wird auf Antrag des Klägers an das Landgericht Dortmund verwiesen.

Gründe

1

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht ist für den vorliegenden Rechtsstreit örtlich unzuständig.

2

Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg folgt zunächst nicht aus § 22 ZPO. Gemäß § 22 ZPO ist das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand einer Gesellschaft für die Klagen zuständig, die von der Gesellschaft oder von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche erhoben wird. Um eine solche Klage handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Der hier geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Hafteinlageschuld gemäß § 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB ist kein Anspruch der Gesellschaft, sondern ausdrücklich ein solcher der Gesellschaftsgläubiger (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 22 Rn. 6). „Das den Gesellschaftsgläubigern nach Abs. 1 zustehende Recht“ (§ 171 Abs. 2 HGB) wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch der Gläubiger gegen den Kommanditisten, der das Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft als solches nicht betrifft (vgl. Zöller a.a.O., OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.01.1998, 4 W 169/97, Naumburg NZG 2000, 1218, jeweils zitiert nach juris). Ein Gesellschaftsgläubiger müsste am Sitz des Kommanditisten klagen. Entsprechendes gilt für den (lediglich) an seine Stelle tretenden Insolvenzgläubiger. Dem durch den Kläger zitierten Auszug aus einer Bundestagsdrucksache lässt sich insoweit nichts Anderes entnehmen.

3

Jedoch könnte ein Gesellschaftsgläubiger wahlweise gemäß § 35 ZPO am Sitz des Kommanditisten gemäß §§ 12, 13 ZPO oder gemäß § 29 ZPO Abs. 1 ZPO am besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes klagen. Gemäß §§ 12, 13 ZPO wäre vorliegend das Landgericht Mannheim zuständig.

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Nach § 29 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dabei findet die Vorschrift auch Anwendung auf die akzessorische Haftung der Gesellschafter gemäß §§ 128, 129, 171 HGB (vgl. Zöller, a.a.O., § 29 Rnrn. 6, 7, 18, 25). Maßgeblich ist danach als Erfüllungsort der Sitz der Gesellschaft. Der allgemeine Gerichtsstand der Insolvenzschuldnerin liegt jedoch nicht in Hamburg. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand einer Gesellschaft durch ihren Sitz bestimmt. Eingetragener Sitz der Insolvenzschuldnerin ist Dortmund. Sofern der Kläger vorträgt, dass die Verwaltung in Hamburg geführt werde, kommt es hierauf angesichts der vorrangigen Regelung des § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht an. Denn danach gilt der Ort der Verwaltung erst dann als Sitz der Gesellschaft, „wenn sich nichts anderes ergibt“ (vgl. Zöller, a.a.O., § 17 Rn. 10). Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.05.1957 (Aktenzeichen II ZR 317/55) und auf die Ansicht beruft, bei Personenhandelsgesellschaften sei auf den Ort der Verwaltung abzustellen, steht dem der eindeutige Wortlaut des § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO entgegen. Im Übrigen bezieht sich die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs und die Berücksichtigung der dortigen Besonderheiten auch nicht auf eine (so verstandene) Auslegung des § 17 ZPO. Dass der Sitz der Gesellschaft in Dortmund zudem nicht nur „auf dem Papier“ gestanden hat, folgt im Übrigen auch daraus, dass die Stadt Dortmund nach dem klägerischen Vortrag immerhin Gewerbesteuerforderungen in Höhe von mehr als € 600.000,- zur Tabelle angemeldet hat.

5

Soweit dem Kläger danach gemäß § 35 ZPO ein Wahlrecht zwischen den Gerichtsständen aus §§ 12, 13 ZPO bzw. § 29 ZPO zusteht, hat er dies vorrangig gemäß § 29 ZPO ausgeübt, sodass der Rechtsstreit antragsgemäß an das Landgericht Dortmund zu verweisen ist.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit


(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 171


(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist. (2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so

Zivilprozessordnung - ZPO | § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts


(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 13 Allgemeiner Gerichtsstand des Wohnsitzes


Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 35 Wahl unter mehreren Gerichtsständen


Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 129


(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. (2

Zivilprozessordnung - ZPO | § 22 Besonderer Gerichtsstand der Mitgliedschaft


Das Gericht, bei dem Gemeinden, Korporationen, Gesellschaften, Genossenschaften oder andere Vereine den allgemeinen Gerichtsstand haben, ist für die Klagen zuständig, die von ihnen oder von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche oder

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(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

Das Gericht, bei dem Gemeinden, Korporationen, Gesellschaften, Genossenschaften oder andere Vereine den allgemeinen Gerichtsstand haben, ist für die Klagen zuständig, die von ihnen oder von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche oder von den Mitgliedern in dieser Eigenschaft gegeneinander erhoben werden.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

(2) Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(3) Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann.

(4) Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt.

(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

Unter mehreren zuständigen Gerichten hat der Kläger die Wahl.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Der allgemeine Gerichtsstand einer Person wird durch den Wohnsitz bestimmt.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.