Landgericht Hagen Urteil, 15. Juni 2016 - 10 O 567/13
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die zur Vollbeendigung der Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR aufzustellende Auseinandersetzungsbilanz auf folgender Grundlage zu ermitteln ist:
Auf der Einnahmenseite werden durchgängig alle Einnahmen der Parteien/Gesellschafterinnen ihr selbst gutgeschrieben.
Von den Einnahmen, die die angestellte Rechtsanwältin Dr. O erzielt hat, und den Einnahmen, die die Angestellte Frau N erzielt hat, erhält die Klägerin, Rechtsanwältin S, vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2012 zwei Drittel und die Beklagte, Rechtsanwältin U, ein Drittel gutgeschrieben.
Ab dem 01.09.2012 werden die Einnahmen der Rechtsanwältin Dr. O und Frau N den Parteien/Gesellschafterinnen jeweils zur Hälfte gutgeschrieben.
Von den Nettoausgaben der Gesellschaft trägt im Innenverhältnis der Gesellschafterinnen die Klägerin, Rechtsanwältin S, vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2012 zwei Drittel und die Beklagte, Rechtsanwältin U, ein Drittel.
Von den Nettoausgaben der Gesellschaft trägt für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2013 im Innenverhältnis die Klägerin, Rechtsanwältin S, vorab 1.000 € pro Monat, und beide Parteien tragen von den verbleibenden monatlichen Nettoausgaben der Gesellschaft jeweils die Hälfte.
Die vorstehende Ausgabenverteilung gilt mit Ausnahme der Kfz-Kosten, Darlehenszinsen und Abschreibungen. Diese Kosten trägt im Innenverhältnis jede Partei/Gesellschafterin selbst, und die Abschreibungen für die von ihr im Innenverhältnis alleine getragenen Ausgaben kommen nur ihr selbst zugute.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an der Feststellung der Gewinnermittlungen der Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR für das Jahr 2012 und für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2013 und der Auseinandersetzungsbilanz per 30.09.2013 unter Zugrundelegung der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellungen zu der Verurteilung zu Ziffer 1. und unter Zugrundelegung der durch die Buchhalterin L, V-Weg, C erstellten Buchhaltung der Gesellschaft durch die Beauftragung eines von der Steuerberaterkammer X, F-Straße, N zu benennenden, zur Übernahme des Mandats bereiten Steuerberaters mitzuwirken,
3. Die Beklagte wird verurteilt, durch ihre Unterschrift daran mitzuwirken, gegenüber dem Finanzamt M für die Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR für das Jahr 2012 und für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2013 die Umsatzsteuererklärungen und die Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung unter Zugrundelegung der sich aus der vorstehenden Verurteilung zu 2. ergebenden steuerlich relevanten Beträge abzugeben.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 € vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die Gewinnverteilung einer zum 30.09.2013 beendeten Rechtsanwaltssozietät.
3Die Parteien schlossen am 08.07.2011 einen schriftlichen Sozietätsvertrag über die Gründung einer Anwaltssozietät zur gemeinsamen Ausübung ihrer Berufe unter der Bezeichnung Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR.
4Bis zum Beginn der Gesellschaft betrieb die Klägerin eine Einzelkanzlei und beschäftigte die angestellte Rechtsanwältin Dr. O sowie die Mitarbeiterin N, die im Büro in M eingesetzt waren. Die Beklagte war bis zum 31.07.2011 in Wuppertal als Partnerin in der Kanzlei L1 tätig. Entgegen Ziffer 4 des Vertrages, wonach der Sozietätsbeginn auf den 01.09.2011 festgelegt wurde, wurde diese bereits am 01.08.2011 in Vollzug gesetzt.
5Neben den durch die Klägerin bereits zuvor betriebenen Büros in M und I, eröffneten die Parteien eine weitere anwaltliche Zweigstelle in T. Die neue Zweigstelle wurde vereinbarungsgemäß auf Kosten der Beklagten eingerichtet. Für den Fall einer Trennung bestand zwischen den Parteien Einigkeit darüber, dass die Beklagte das Büro in T und die Klägerin die beiden Büros in M und I weiterführen sollten.
6Vorgesehen war, dass die Beklagte unentgeltlich Mandate aus dem Mandantenstamm der Klägerin erhalten solle. In welchem Umfang es in der Folgezeit dazu kam, ist zwischen den Parteien streitig.
7Die Klägerin war neben ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin auch als Notarin tätig. Die Mitarbeiterin N wurde auch im Rahmen der Notartätigkeit für die Klägerin eingesetzt.
8Im Hinblick auf die in Streit stehende Gewinnverteilung sieht der Gesellschaftsvertrag keine Regelung vor. Ein zuvor gefasster Entwurf, welcher eine entsprechende Regelung enthielt, wurde durch die Parteien nicht unterzeichnet. Die Parteien sind sich aber einig, dass jeder Partei die ihr erzielten Einnahmen aus ihrer Anwaltstätigkeit zustehen. Die Einnahmen als Notarin und die Einnahmen bis zur Begründung der Sozietät stehen der Klägerin zu. Die Kosten für die jeweiligen PKW der Parteien tragen die Parteien selbst. Die Einnahmen der angestellten Mitarbeiterinnen stehen bis zum 31.08.2012 der Klägerin zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 zu.
9Der angestellten Rechtsanwältin Dr. O wurde zum 31.08.2012 gekündigt. Daraufhin kam es am 05.10.2012 zu einem „vier-Augen-Gespräch“ zwischen den Parteien über die Gewinnverteilung nach Kündigung der angestellten Rechtsanwältin Dr. O. Der Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.
10Am Freitag, den 26.04.2013 fand ein Termin im Steuerberatungsbüro des Zeugen I statt, in welchem die Grundlagen für die Erstellung des Jahresabschlusses 2011 und die weitere Gewinnverteilung und Kostentragung für das Jahr 2012 besprochen wurden. Die Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Im Nachgang zu diesem Gespräch erstellte der Zeuge I einen Jahresabschluss für das Jahr 2011, welchen die Klägerin der Beklagten am 05.06.2013 übergab.
11Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.06.2013 gerichtet an den Zeugen I2 teilt die Beklagte mit, dass sie die Steuerklärung für das Jahr 2011 zunächst nicht unterzeichnen werde. Als Gründe werden u.a. angeführt, dass im Gesellschaftsvertrag keine Gewinnverteilungsquoten vereinbart worden wären, mit der Folge, dass eine Gewinnverteilung im Verhältnis 50 : 50 zu erfolgen hätte.
12Mit Schreiben vom 19.06.2013 kündigte die Beklagte den Sozietätsvertrag mit Frist zum 30.09.2013.
13Die Klägerin behauptet, hinsichtlich der Kostentragung sei zunächst bis zum 31.08.2012 vereinbart worden, dass die Klägerin 2/3 der Kosten und die Beklagte 1/3 der Kosten tragen würde. Diese quotale Regelung beziehe sich auch auf die Gehälter der angestellten Mitarbeiterinnen Dr. O und N und des Gehalts des Ehemanns der Klägerin.
14Die Klägerin behauptet ferner, dass im Gespräch vom 05.10.2012 es eine Einigung der Parteien für die Zeit ab 01.09.2012 dahingehend gegeben habe, dass die Klägerin von den monatlichen Kosten 1000 € mehr tragen würde als die Beklagte und sodann die restlichen Kosten im Verhältnis 50 zu 50 jeder Rechtsanwältin belastet würden. Dies sei auch in dem Gespräch am 26.04.2013 bei dem Zeugen I thematisiert worden, wogegen die Beklagte keine Einwendungen erhoben habe. Entnahmen seien tatsächlich auch anhand der vorstehenden Vereinbarungen erfolgt.
15Die Klägerin hat zunächst beantragt, zusätzlich auch die Grundlagen zur Gewinnverteilung sowie den Jahresabschluss für das Jahr 2011 festzustellen. Nachdem die Beklagte die Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2011 vorgenommen hat, haben die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die Vorgänge im Jahr 2011 übereinstimmend im Sinne des § 91a Abs.1 S.2 ZPO für erledigt erklärt.
16Die Klägerin beantragt zuletzt,
171. festzustellen, dass die zur Vollbeendigung der Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR aufzustellende Auseinandersetzungsbilanz auf folgender Grundlage ermittelt wird:
18Auf der Einnahmenseite werden durchgängig alle Einnahmen der Parteien/Gesellschafterinnen ihr selbst gutgeschrieben.
19Von den Einnahmen, die die angestellte Rechtsanwältin Dr. O erzielt hat, und den Einnahmen, die die Angestellte Frau N erzielt hat, erhält die Klägerin, Rechtsanwältin S, vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2012 zwei Drittel und die Beklagte, Rechtsanwältin U, ein Drittel gutgeschrieben.
20Ab dem 01.09.2012 werden die Einnahmen der der Rechtsanwältin Dr. O und Frau N den Parteien/Gesellschafterinnen jeweils zur Hälfte gutgeschrieben.
21Von den Nettoausgaben der Gesellschaft trägt im Innenverhältnis der Gesellschafterinnen die Klägerin, Rechtsanwältin S, vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2012 zwei Drittel und die Beklagte, Rechtsanwältin U, ein Drittel.
22Von den Nettoausgaben der Gesellschaft trägt für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2013 im Innenverhältnis die Klägerin, Rechtsanwältin S, vorab 1.000 € pro Monat und beide Parteien tragen von den verbleibenden monatlichen Nettoausgaben der Gesellschaft jeweils die Hälfte.
23Die vorstehende Ausgabenverteilung gilt mit Ausnahme der Kfz-Kosten, Darlehenszinsen und Abschreibungen. Diese Kosten trägt im Innenverhältnis jede Partei/Gesellschafterin selbst und die Abschreibungen für die von ihr im Innenverhältnis alleine getragenen Ausgaben kommen nur ihr selbst zugute.
242. die Beklagte zu verurteilen, an der Feststellung der Gewinnermittlungen der Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR für das Jahr 2012 und für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2013 und der Auseinandersetzungsbilanz per 30.09.2013 unter Zugrundelegung der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellungen zu dem Klageantrag zu Ziffer 1. aus der Klageschrift und unter Zugrundelegung der durch die Buchhalterin L, V-Weg, C erstellten Buchhaltung der Gesellschaft durch die Beauftragung eines von der Steuerberaterkammer X, F-Straße, N zu benennenden, zur Übernahme des Mandats bereiten Steuerberaters mitzuwirken,
253. durch die Unterschrift der Beklagten daran mitzuwirken, gegenüber dem Finanzamt M für die Rechtsanwalts-Notarbüro S & U GbR für das Jahr 2012 und für die Zeit vom 01.01.2013 bis 30.09.2013 die Umsatzsteuererklärungen und die Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung unter Zugrundelegung der sich aus dem vorstehenden Klageantrag zu 2. ergebenden steuerlich relevanten Beträge abzugeben.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Widerklagend hat die Beklagte zunächst beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 25.000 € nebst Rechtshängigkeitszinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verurteilen.
29Widerklagend beantragt sie zuletzt,
30die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.383,31 € nebst Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2015 zu zahlen.
31Die Klägerin beantragt,
32die Widerklage abzuweisen.
33Die Beklagte behauptet, hinsichtlich der Kosten sei vereinbart gewesen, dass die Klägerin 2/3 der Kosten des Anwaltsbereichs und die Beklagte 1/3 der Kosten des Anwaltsbereichs tragen sollte. Die Kosten des Notariats habe vereinbarungsgemäß die Klägerin zu tragen, der diesbezüglich auch die alleinigen Einnahmen - unstreitig - zustünden.
34Hinsichtlich des Gesprächs vom 05.10.2012 behauptet die Beklagte, dass sie das Angebot der Klägerin bezüglich der Kostentragung von 50 zu 50 unter Vorababzug eines Betrages von 1.000 € zurückgewiesen habe und eine Einigung nicht erfolgt sei. Alle im Nachgang zu diesem Gespräch praktizierten Regelungen seien einseitig ohne das Einverständnis und ohne die Einwilligung der Beklagten vorgenommen worden. Zudem seien Entnahmen willkürlich, ohne eine entsprechende Unterlegung durch die Buchführung, getätigt worden.
35Bezüglich des Termins am 25.04.2013 bei dem Steuerberater I behauptet die Beklagte, dass die Ausführungen des Zeugen für sie nicht nachvollziehbar gewesen seien und sie geäußert habe, dass sie gar nichts verstehe. Es sei vornehmlich darum gegangen, dass der Kontostand des Geschäftskontos mit den in der Buchhaltung ausgewiesenen Gewinnen nicht übereinstimmte.
36Die Beklagte behauptet weiter, die Kosten der Mitarbeiterin N seien fast ausschließlich dem Notariat zuzurechnen gewesen.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
38Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen H und I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.06.2015 (Bl. 278 ff. d.A.) verwiesen.
39Entscheidungsgründe:
40Die zulässige Klage ist begründet, wohingegen die Widerklage keinen Erfolg hat.
41I. 1. Die Klage im Antrag zu Ziffer 1) ist als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse. Dem steht auch nicht der Vorrang der Leistungsklage entgegen, welche regelmäßig zur endgültigen Klärung des Streitstoffs in einem Prozess dienlicher ist. Die Leistungsklage ist aufgrund der sog. Durchsetzungssperre gemäß § 730 BGB nicht statthaft.
42Von der Durchsetzungssperre werden alle gesellschaftsvertraglichen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegen die Mitgesellschafter erfasst, die in die Auseinandersetzung einzubeziehen sind. Hierzu zählen nicht nur Ansprüche, wie der Anspruch auf Rückzahlung von Einlagen, die vorherige Liquidation voraussetzen, sondern auch Gewinnansprüche, Aufwendungsersatzansprüche, gesellschaftsvertragliche Schadensersatzansprüche auch gegen einen anderen Gesellschafter und regressbedingte Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB (Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, § 730 Rn. 15 f.).
43Die Durchsetzungssperre entspricht der Anpassung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter an den Abwicklungszweck und dient der Vermeidung von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens (Palandt – Sprau, § 730 Rn.6).
44Die Ansprüche können zur Klarstellung der Abrechnungsgrundlagen Gegenstand einer positiven oder negativen Feststellungsklage sein (BGH NJW 1985, 1898; DStR 2002, 228). Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch, wenn die Abrechnungsgrundlage an sich in Streit steht, da dieser Streit mit der Feststellungsklage endgültig beigelegt werden kann.
45Ein Feststellungsinteresse besteht auch hinsichtlich der (nunmehr) unstreitigen Feststellungen, da die Beklagte vorgerichtlich im anwaltlichen Schreiben vom 07.06.2013 eine maßgebliche Quote von 50 : 50 behauptet hat.
462. Die Klage ist gemäß dem Antrag zu Ziffer 1) begründet, da zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nach der Beweisaufnahme feststeht, dass die Gewinnverteilung wie beantragt zwischen den Parteien vereinbart wurde.
47a) Bezüglich der Verteilung der Einnahmen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass jeder Partei die ihr erzielten Einnahmen aus ihrer Anwaltstätigkeit sowie der Klägerin darüber hinaus die Einnahmen als Notarin und die Einnahmen bis zur Begründung der Sozietät zustehen. Ebenso ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kosten für die jeweiligen PKW der Parteien diese selbst tragen. Die Einnahmen der angestellten Mitarbeiterinnen stehen der Klägerin zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 zu.
48Hinsichtlich der Feststellung bezüglich der Verteilung der Einnahmen der Rechtsanwältin Dr. O und Frau N ergibt sich zwar aus dem übereinstimmenden Parteivortrag, dass diese 2/3 zugunsten der Klägerin und 1/3 zugunsten der Beklagten betrug. Da eine Bindung des Gerichts gemäß § 308 ZPO an die Parteianträge besteht, ist die hälftige Gewinnverteilung für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2013 als Minus festzustellen.
49b) Hinsichtlich der Aufteilung der Ausgaben, insbesondere der streitigen Notariatskosten, hält die Kammer nach der Beweisaufnahme für bewiesen, dass die Verteilung im Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2012 im Verhältnis Klägerin 2/3 und Beklagte 1/3 vereinbart war.
50Die Zeugin H führte aus, an mehreren Gesprächen beteiligt gewesen zu sein, in denen es um die Gewinnverteilung ging. Nach der Aussage der Zeugin bestand in allen Gesprächen Einvernehmen zwischen den Parteien, dass die Kosten insgesamt im Verhältnis 2/3 zu 1/3 verteilt werden sollten. Es sei keine Vereinbarung über die Ausgliederung der Kosten des Notariats getroffen worden. Allein bei dem ersten Gespräch sei über Kosten für die Haftpflichtversicherung des Notariats gesprochen worden, allerdings mit dem Ergebnis, dass im Rahmen der Gewinnermittlung eine individuelle Regelung am Abschluss des Jahres im Rahmen des Jahresabschlusses erfolgen solle.
51Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Detailreich schildert sie die Umstände, welche den Vereinbarungen zugrunde gelegen haben. Erinnerungslücken offenbarte die Zeugin auch ungefragt. Zudem steht mit der Aussage der Zeugin in Einklang, dass die Kosten des Notariats aus der Gewinnermittlung gar nicht ersichtlich waren, so dass auch vor diesem Hintergrund die Aussage der Zeugin plausibel erscheint.
52Der Glaubhaftigkeit steht auch nicht entgegen, dass der Zeugin die genauen Termine der Gespräche nicht erinnerlich waren, da dies aufgrund des Zeitablaufs nur verständlich erscheint. Insofern hatte die Zeugin zuvor auch keine konkreten Daten genannt, sondern nur Zeiträume bezeichnet. Auf Vorhalt der Klägerin korrigierte sie ihre Aussage unmittelbar.
53c) Bezüglich der noch in Streit stehenden Feststellungen zu der Ausgabenverteilung für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2013 konnte die beweisbelastete Klägerin zur Überzeugung des Gerichts den Beweis führen, dass die Vereinbarungen gemäß ihrem Vortrag getroffen wurden.
54Für den von der Klägerin vorgetragenen Ablauf des Gesprächs am 05.10.2012 sprechen zugleich mehrere Indizien. Maßgeblich ist für das erkennende Gericht die glaubhafte Aussage des Zeugen I. Dieser sagte aus, dass es am 26.04.2013 in seinem Büro ein Gespräch mit beiden Sozien gegeben habe. Inhaltlich sei es um eine Vorbesprechung des Jahresabschlusses für das Jahr 2011 gegangen. Da ihm auch schon die Unterlagen für das Jahr 2012 vorgelegen hätten, sei auch über die Gewinnverteilung für das Jahr 2012 gesprochen worden. Die Ausgaben sollten bis zum 31.08.2012 2/3 zu 1/3 verteilt werden. Ab dem 01.09.2012 sollten die Ausgaben dann so verteilt werden, dass vorab die Klägerin 1.000 € tragen und der Rest hälftig verteilt werden sollte. Zwar vermochte der Zeuge keine Angaben darüber zu machen, ob zwischen den Parteien Einvernehmen bezüglich der Verteilung der Ausgaben bestanden hat. Solche Angaben hätte er aber auch nur dann tätigen können, wenn die Beklagte dies bestätigt hätte. Da die Beklagte sich nach Aussage des Zeugen nicht geäußert hat, konnte der Zeuge folgerichtig auch davon ausgehen, dass entsprechendes Einvernehmen bestand.
55Dabei geht die Kammer selbstverständlich nicht davon aus, dass die Beklagte durch Schweigen der Gewinnverteilung zugestimmt hätte. Vielmehr sieht es die Kammer als entscheidendes Indiz für die Richtigkeit der klägerseits behaupteten Gewinnverteilung an, dass die Beklagte – so der Zeuge – den entsprechenden Angaben des Zeugen im Gespräch am 05.10.2012 nicht widersprochen hat. Ein solcher Widerspruch wäre aber sicher zu erwarten, wenn diese Gewinnverteilung nicht zuvor zwischen den Parteien vereinbart worden wäre.
56Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Erinnerungslücken gibt er von sich aus zu erkennen. Ebenso legt er offen, aufgrund welchen Verhaltens der beteiligten Personen er Rückschlüsse auf innere Vorgänge vornimmt. Durch die Schilderung innerer Vorgänge wirkt die Aussage authentisch. Zudem stehen auch die handschriftlichen Aufzeichnungen der Anlage K5 mit der Aussage in Einklang.
57Ein weiteres Indiz für die seitens der Klägerin behauptete Vereinbarung vom 05.10.2012 ist der als Anlage K 6 vorgelegte Additionsstreifen.
58Soweit die Beklagte einwendet, die Kosten für das Betreiben des Notariats überstiegen einen Betrag von monatlich 1.000 €, mit der Folge, dass die Regelung schon unter wirtschaftlicher Betrachtung nicht zutreffen könne, überzeugt dies nicht. Es steht den Parteien im Rahmen der Privatautonomie frei, eine – wenn auch von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichende – Kostenverteilungsregelung zu treffen.
59II.1. Bezüglich der begehrten Mitwirkung (ursprünglicher Antrag zu Ziffer 4.) ist der Antrag zulässig. Insbesondere weist der Antrag die erforderliche Bestimmtheit gemäß § 253 Abs.2 ZPO auf. Die Konkretisierung der einzelnen Handlungen kann dem Vollstreckungsverfahren überlassen bleiben (OLG Koblenz NZG 2002, 371; aA OLG Hamm Urteil v. 31.01.2007 Az. 8 U 168/05).
602. Der Antrag ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, mit der Klägerin eine Auseinandersetzungsbilanz (Schlussabrechnung) der gemeinsam betriebenen Sozietät zu erstellen, die die wirtschaftliche Situation zum 30.09.2013 wiedergibt, weil die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt aufgelöst wurde. Der Anspruch hierauf steht nach dem Eintritt der Auflösung als Teil des Anspruchs auf Auseinandersetzung jedem Gesellschafter zu (Palandt – Sprau, § 730 Rn.4).
61III.
621. Der Klageantrag, mit dem die Klägerin die Unterschriftsleistung der Beklagte begehrt (ursprünglicher Antrag zu Ziffer 5.), ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt, da bezeichnet ist, woran die Klägerin durch welche Handlung mitwirken soll.
632. Der Antrag ist auch begründet. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Erklärungspflicht gegenüber den Finanzbehörden jede Person selbstständig trifft. Davon zu unterscheiden ist aber die gesellschaftsinterne Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen als Grundlage der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung. Die Gesellschafter sind schon aus dem Gesellschaftsvertrag heraus verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen zu offenbaren und an der Erklärung mitzuwirken.
64IV. 1. Die Widerklage ist unzulässig.
65Über den Anspruch ist zu entscheiden, da die Klägerin der Rücknahme der Widerklage nicht zugestimmt hat.
66Die geltend gemachten Ansprüche unterliegen der Durchsetzungssperre. Eine Ausnahme von der Durchsetzungssperre besteht nur dann, wenn feststeht, dass dem Gesellschafter der geltend gemachte Mindestbetrag in jedem Fall zusteht (BGH NJW-RR 1993, 1187; NJW 1980, 1628). Eine solche Feststellung ist im vorliegenden Fall allerdings nicht möglich, da die Grundlagen der Gewinnverteilung zwischen den Parteien streitig sind, was erhebliche Auswirkungen auf den geltend gemachten Anspruch hat.
67Auch kommt eine Umdeutung in eine Feststellungsklage nicht in Betracht. Zwar kann eine Zahlungsklage in eine Feststellungsklage geändert oder auch umgedeutet werden mit dem Ziel, den Betrag als unselbstständigen Posten in die Auseinandersetzung einzustellen (BGH DStR 2002, 228). Vorliegend scheitert dies aber daran, dass der Auseinandersetzungsanspruch an sich begehrt wird, nicht aber ein Einzelposten.
682. Die Widerklage ist darüber hinaus auch unbegründet. Für die Anspruchsvoraussetzungen ist die Beklagte beweisbelastet. Da sie den Vorschuss zur Gutachtenerstellung aus dem Beschluss vom 24.06.2015 nicht eingezahlt hat, ist sie mit dem Beweismittel präkludiert.
69V. Hinsichtlich der teilweise zurückgenommenen Widerklage hat die Klägerin dieser mit der Stellung des Kostenantrags zugestimmt. Die Kosten hat die Beklagte zu tragen. Insofern wird auf die Ausführungen zu Ziffer IV. verwiesen.
70VI. Bezüglich der (teilweise) übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge ergibt die im Rahmen des § 91a ZPO vorzunehmende summarische Prüfung anhand des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, dass die Kosten durch die Beklagte zu tragen sind. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter Ziffer I.2. sowie verwiesen. Die glaubhaften Angaben der Zeugin H bezogen sich auch auf den Zeitraum vom 01.08.2011 bis zum 31.12.2011.
71Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S.1 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Hagen Urteil, 15. Juni 2016 - 10 O 567/13
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Referenzen - Gesetze
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist.
(2) Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Befugnis zur Geschäftsführung erlischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrag sich ein anderes ergibt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.