Landgericht Freiburg Urteil, 02. März 2006 - 3 S 155/05

bei uns veröffentlicht am02.03.2006

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 06.05.2005 – 10 C 343/05 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 196,04 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 10.08.2004 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt, ist zulässig und hat auch in der Sache in vollem Umfang Erfolg.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen nimmt die Kammer auf diejenigen im angefochtenen Urteil Bezug.
I.
Unstreitig hat die Beklagte als Versicherer des Unfallverursachers für den der Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 29.06.2004 entstandenen Schaden einzutreten. Vom Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst sind auch die Kosten für eine sachgerechte und erforderliche Rechtsverfolgung. Da die Klägerin sich zur Durchsetzung ihrer Ansprüche der Hilfe eines Rechtsanwalts bedient hat, hat dieser für diese außergerichtliche Tätigkeit einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 RVG VV. Die Höhe der Geschäftsgebühr ist dem Gebührenrahmen zu entnehmen, wie er in Nr. 2400 VV vorgegeben ist. Dieser beträgt 0,5 bis 2,5, so dass sich die rechnerische Mittelgebühr auf 1,5 beläuft.
Unter Beachtung des vorgegebenen Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt die angemessene Gebühr nach § 14 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Wenn – wie hier – die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung allerdings nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Die Anknüpfung der Gebührenbestimmung an die Umstände des Einzelfalles lässt damit generalisierende Einordnungen zur Bestimmung der angemessenen Geschäftsgebühr an sich nicht zu. Vielmehr sind danach allein die Kriterien des Einzelfalles für die Bestimmung der Geschäftsgebühr maßgeblich. Daher ist es grundsätzlich Aufgabe des Anspruchstellers, die Tatsachen, die den geltend gemachten Satz rechtfertigen, vorzutragen. Die allgemeine Aussage, dass jeder Verkehrsunfall eine durchschnittliche Angelegenheit sei und deshalb zumindest einen Satz von 1,3 rechtfertige, wird daher in der Regel nicht ausreichend sein. Aus der Kennzeichnung einer Geschäftsgebühr von 1,3 als Regel- oder Schwellengebühr ist aber der Schluss zu ziehen, dass bei Normalfällen einer Unfallabwicklung, bei denen weder Umfang noch Schwierigkeit der Tätigkeit über dem Durchschnitt liegen, diese Kriterien aber auch nicht von deutlich unterdurchschnittlichem Gewicht sind, von einem Gebührensatz von 1,3 auszugehen ist.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die vom Rechtsanwalt der Klägerin getroffene Gebührenbestimmung von 1,3 nicht als unbillig anzusehen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind ebenso wie die Bedeutung der Sache als durchschnittlich einzustufen. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass der Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht von Anfang an unbestritten war. Vielmehr hat die Beklagte sich zunächst auf den Standpunkt gestellt, dass die Klägerin für die von ihrem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr einzustehen habe und deshalb ihre Ansprüche um 20 % zu kürzen seien. Erst aufgrund der mit der Beklagten geführten Korrespondenz hat diese sich umstimmen lassen. Bereits die insoweit erforderliche Informations- und Beratungstätigkeit des Rechtsanwalts sowie der Umfang des eingetretenen Schadens rechtfertigen die Bestimmung einer Gebühr von 1,3. Diese beläuft sich vorliegend auf Euro 439,40. Einschließlich Kosten für Post- und Telekommunikation sowie der Mehrwertsteuer belaufen sich die Rechtsanwaltskosten auf Euro 532,90, worauf die Beklagte Euro 336,86 bezahlt hat, so dass ein noch zu erstattender Differenzbetrag von Euro 196,04 verbleibt.
II.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Referenzen

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.