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| Der klagende Fußballverein begehrt von dem beklagten Fußballverband die Änderung mehrerer Spielwertungen. |
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| Der Kläger ist Mitglied des Beklagten, welcher eine Vereinigung der den Fußballsport betreibenden Vereine S. ist. Für beide Parteien gilt die Satzung des Beklagten sowie die dazu unter anderem erlassene Spielordnung (SpO) und die Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO). |
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| § 17 Ziff. 2 g) der Satzung des Beklagten (nachfolgend VS) verpflichtet die in ihm organisierten „den Fußballsport betreibenden Vereine S.“ (§ 1 Ziff. 1 VS) |
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| in allen aus der Mitgliedschaft zum Verband erwachsenden Rechtsangelegenheiten ausschließlich die bestehenden Organe nach Maßgabe der in der Rechts- und Verfahrensordnung hierfür festgelegten Bestimmungen zur Entscheidung anzurufen und sich deren Entscheidung zu unterwerfen. Vor Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs ist der Verbandspräsident zu unterrichten. |
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| In § 54 VS wird unter der Überschrift „Strafbestimmungen“ unter anderem geregelt: |
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Verstöße gegen die Satzung oder die Ordnungen werden nach Maßgabe der Rechts- und Verfahrensordnung bestraft. |
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Folgende Strafen sind zulässig: |
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Geldstrafen oder Geldbußen gegen Vereinsmitglieder, Anhänger, Schiedsrichter, Trainer und Betreuer sowie Vereine bis zu EUR 10.000,00, |
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| In der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO) des Beklagten regelt § 15 den Einspruch wie folgt: |
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Gegen die Wertung eines vom Verband angesetzten Spiels können die an diesem Spiel beteiligten Vereine Einspruch erheben. Sämtliche Einspruchsgründe müssen innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemacht sein, andernfalls können sie keine Berücksichtigung finden. |
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Ein Einspruch kann mit folgender Begründung erhoben werden: |
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Mitwirkung eines nicht spiel- oder einsatzberechtigten Spielers bei der gegnerischen Mannschaft. Der Spieler ist namentlich zu bezeichnen. |
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Der Einspruch ist beim Vorsitzenden des Sportgerichts einzulegen. Die Bestimmungen des § 14 Ziffer 2 und 3 gelten entsprechend. Bei Pokal-, Aufstiegs- und Abstiegs-, Relegations- sowie Entscheidungsspielen beträgt die Einspruchsfrist jedoch nur zwei Tage. Die Einspruchsfrist beginnt am Tag nach dem Spiel. |
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In den Fällen der Ziffer 2 a steht das Recht des Einspruchs auch der spielleitenden Stelle nach Rücksprache mit dem zuständigen Staffelleiter innerhalb der Verjährungsfrist zu. § 14 Ziffer 3 findet in diesem Fall keine Anwendung. |
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| Die in Bezug genommenen Ziffern des § 14 RuVO, welcher die Berufung regelt, lauten: |
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Die Berufung ist schriftlich innerhalb von sieben Tagen ab Zustellung des Urteils beim Spruchorgan erster Instanz oder beim Verbandsgericht mit Begründung einzureichen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Bekanntgabe des Urteils. Die Bekanntgabe gilt mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. |
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Innerhalb dieser Frist ist die Berufungsgebühr auf ein Konto des Verbandes einzuzahlen. Der Nachweis der rechtzeitigen Einzahlung ist dem Verbandsgericht gegenüber zu erbringen. Dies gilt nicht, wenn der Verein am Abbuchungsverfahren teilnimmt. |
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| In § 10 RuVO werden die „Strafarten und Verjährung“ behandelt: |
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Die zulässigen Strafarten ergeben sich aus § 54 Ziffer 2 der Satzung. |
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Vergehen, soweit sie nachfolgend unter Strafe stehen, verjähren, soweit nichts anderes bestimmt ist, in zwei Jahren. Die Einleitung eines sportgerichtlichen Verfahrens und verfahrensleitende Handlungsweisen unterbrechen die Verjährung. Der Austritt aus dem Verband oder dem Verein hemmt die Verjährung. |
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Spielt ein Spieler ohne Spiel- oder Einsatzberechtigung, so kann die Spielwertung für die Spiele, die mehr als neun Monate nach Einleitung des Verfahrens zurückliegen, nicht mehr geändert werden. |
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| Die Spielordnung (SpO) regelt in § 10 Ziffer 2: |
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| 2.1 Die Spielberechtigung wird durch Vorlage des Spielerpasses nachgewiesen. |
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| 2.2 Der Spielerpass muss mindestens folgende Erkennungsmerkmale und Daten des Inhaber enthalten: |
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| … 2.2.4 Eigenhändige Unterschrift |
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| 2.4. Der Verein ist für die Richtigkeit der Eintragungen im Spielerpass, die auf seinen Angaben beruhen, verantwortlich. |
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| § 46 SpO - Spielverlusterklärung - lautet: |
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| 1. Ein Spiel wird dem Verein als verloren und dem Gegner als gewonnen angerechnet, wenn er: |
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| a) einen Spieler ohne Spiel- oder Einsatzberechtigung, unter falschem Namen oder mit falschem Pass teilnehmen lässt. Das gleiche gilt, wenn die erteilte Spielberechtigung auf unrichtigen Angaben durch den Verein oder den Spieler beruht. |
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| 2. Für die Spielwertung gilt folgendes: |
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| a) In den Fällen von Ziffer 1 a) und 1 b) und 1 f) erfolgt die Wertung nach dem Endstand bzw. dem Stand zum Zeitpunkt des Abbruchs, es sei denn, die Tordifferenz beträgt weniger als 3. In diesem Fall gilt die Spielwertung 3:0 bzw. 0:3. |
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| In § 47 SpO - Nachweis der Spielberechtigung - finden sich folgende Regelungen: |
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Vor jedem Pflicht- oder Freundschaftsspiel sind dem Schiedsrichter vom Platzverein das mit der Aufstellung beider Mannschaften versehene Spielberichtsformular in doppelter Ausfertigung und von beiden Vereinen die Spielerpässe unaufgefordert vorzulegen. |
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Bei Fehlen eines mit dem Vereinsstempel versehenen Lichtbildes im Spielerpass, bei Fehlen der Unterschrift im Spielerpass oder bei Fehlen des Spielerpasses hat der betreffende Spieler ebenfalls unaufgefordert einen mit einem Lichtbild versehenen amtlichen Ausweis vorzulegen. In Ausnahmefällen kann der Spielerpass oder der Lichtbildausweis bis unmittelbar nach Spielende beigebracht und unaufgefordert dem Schiedsrichter vorgezeigt werden. Für die Vorlage vorschriftsmäßiger Spielerpässe sind die Vereine verantwortlich. |
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| Spieler …, deren Spielerpass fehlt, deren Spielerpass kein Lichtbild oder keine Unterschrift enthält oder in deren Spielerpass das Lichtbild nicht mit dem Vereinsstempel versehen ist und die dem Schiedsrichter auch keinen anderen mit einem Lichtbild versehenen Ausweis vorlegen, sind nicht einsatzberechtigt. |
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| Das Fehlen von Spielerpässen bzw. die Vorlage von Spielerpässen, die kein Lichtbild oder keine Unterschrift enthalten, oder in denen das Lichtbild nicht mit dem Vereinsstempel versehen ist, hat eine Geldstrafe gemäß § 37 RuVO zur Folge, wenn der Spieler spiel- und einsatzberechtigt war und sich vorschriftsmäßig ausgewiesen hat. Im Falle fehlender Spiel- oder Einsatzberechtigung erfolgt eine Ahndung gemäß § 46 der Spielordnung und gemäß § 38 RuVO. |
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| Der Kläger nahm mit seiner Herrenmannschaft an folgenden Begegnungen teil und erzielte dabei die aufgeführten Ergebnisse: |
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| - 03.09.2011, FC RW S. - FV W., 3:1 Tore; |
- 11.09.2011, SG T. - FC RW S., 0:3 Tore; |
- 14.10.2011, FC RW S. - SV D., 3:0 Tore; |
- 23.10.2011, SV O. - FC RW S., 0:0 Tore; |
- 05.11.2011, FC RW S. - SC G., 3:0 Tore; |
- 13.11.2011, TSV A. - FC RW S., 2:1 Tore. |
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| Zum Einsatz kam dabei auch der Spieler W., der zwar über einen Spielerpass verfügte und damit spielberechtigt war, diesen aber nicht unterschrieben hatte und bei fehlender Vorlage eines mit einem Lichtbild versehenen amtlichen Ausweises an den Schiedsrichter nicht einsatzberechtigt gewesen wäre (§ 47 Ziffer 3 SpO). Nach dem Spiel der Herrenmannschaft des Klägers gegen den FC Wollmatingen am 19.11.2011, zu dem der Schiedsrichter der Begegnung berichtet hatte, dass der von dem Kläger eingesetzte Spieler W. einen unvollständigen Spielerpass vorgelegt hatte, der nicht von dem Spieler unterschrieben worden war, legte die spielleitende Behörde des Bezirks B. mit Schreiben vom 27.11.2011 Einspruch gegen die Wertung der Spiele des Klägers ein, in denen der Spieler W. eingesetzt worden war. In Fällen, in denen ein Spieler einen amtlichen Ausweis vorlegt und erst dadurch „teilnahmeberechtigt“ wird, muss der Schiedsrichter im Spielbericht auf Seite 2 unter der Rubrik „sonstige Vorkommnisse“ einen entsprechender Vermerk machen. |
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| Mit Urteil des Bezirksportgerichts für den Bezirk B. Nr. 00372-11/12-BSGB/HRB in der Sportrechtssache Bezirksliga Verbandsspiel FC RW S. - FC W. am 19.11.2011 vom 01.12.2011 wurde über den Einspruch der spielleitenden Stellen mit folgendem Ausspruch entschieden: |
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| „Dem form- und fristgerecht eingelegten Einspruch der spielleitenden Behörde gegen die Wertung der unten aufgeführten Verbandsspiele, wegen Einsatzes eines nicht einsatzberechtigten Spielers, wird statt gegeben. Nachfolgend aufgeführte Verbandsspiele werden gemäß § 46 Ziffer 1a der SpO mit 0:3 Toren und 0 Punkten für FC Rot-Weiß S. als verloren und mit 3:0 Toren und 3 Punkten für den jeweiligen Gegner als gewonnen gewertet. … In einer notwendigen Prüfung durch Staffelleiter und dem Sportgericht wurde der Spieler auch in den o.g. Spielen eingesetzt. Somit hatte der Spieler in diesen Spielen kein Einsatzrecht, da zum jeweiligen Zeitpunkt der Spieler dem SR ein nicht ordnungsgemäßer Spielerpass vorgelegt wurde (§ 37 RuVO).“ |
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| Der Kläger wandte sich gegen diese Entscheidung. Mit Urteil des Verbandsgerichts - 31-2011/2012 - vom 31.12.2011 wurde seine Berufung gegen das Urteil vom 01.12.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Der Punkteabzug hatte erhebliche Konsequenzen in der Tabelle. Der Kläger wurde danach auf einem möglichen Abstiegsplatz geführt, anstelle eines Platzes in der Spitzengruppe mit Aufstiegschancen. |
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| Der Kläger behauptet, W. sei spielberechtigt gewesen und habe sich - wegen der auf dem Spielerpass fehlenden Unterschrift - in sämtlichen streitgegenständlichen Spielen durch Vorlage erforderlicher Dokumente (Ausweise) legitimiert. Bei den streitgegenständlichen Spielen sei neben dem einsortierten Spielerpass im hinteren Teil der Passmappe auch der Personalausweis des Spielers W. beigefügt gewesen, welche vor dem Spiel dem Schiedsrichter übergeben worden sei. Die Beweislastregelung des § 47 SpO verstoße gegen höherrangiges Recht, da sie die Beweislast dem Verein dafür auferlege, dass er korrekt gehandelt habe, was gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze und die Unschuldsvermutung verstoße. Eine ausreichende und wirksame Ermächtigungsgrundlage für den Punkteabzug stelle § 47 SpO auch nicht dar. Zudem sei die von dem Sportgericht angewandte Vorschrift des § 28 Nr. 2a RuVO, wonach für Vorgänge, die der Schiedsrichter selbst beobachtet hat, seine Aussage grundsätzlich maßgebend sei, mit höherrangigem Recht unvereinbar, da sie gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoße. |
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Das Urteil des Beklagten, Nr. 00372-11/12-BSGB/HRB vom 01.12.2011, mit dem die Verbandsspiele Fußball Herren Bezirksliga B. Saison 2011/2012 |
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| - vom 03.09.2011, FC RW S. - FV W., |
- vom 11.09.2011, SG T. - FC RW S., |
- vom 14.10.2011, FC RW S. - SV D., |
- vom 23.10.2011, SV O. - FC RW S., |
- vom 05.11.2011, FC RW S. - SC G., |
- vom 13.11.2011, TSV A. - FC RW S., |
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| für den Kläger mit 0:3 Toren und 0 Punkten als verloren und für den jeweiligen Gegner mit 3:0 Toren und 3 Punkten als gewonnen gewertet wurden, sowie das Berufungsurteil des Beklagten vom 31.12.2011, Az.: 31-2011/2012, mit dem die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen wurde, aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in diesen Spielen auf Grund des Einsatzes des Spielers W. keine Strafe verwirkt hat, die zum Punktabzug durch den Beklagten führen kann. |
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Den Beklagten zu verurteilen, die Verbandsspiele Fußball Herren Bezirksliga B. Saison 2011/2012 wie folgt zu werten: |
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| - 03.09.2011, FC RW S. - FV W., 3:1 Tore, 3 Punkte für S.; |
- 11.09.2011, SG T. - FC RW S., 0:3 Tore, 3 Punkte für S.; |
- 14.10.2011, FC RW S. - SV D., 3:0 Tore, 3 Punkte für S.; |
- 23.10.2011, SV O. - FC RW S., 0:0 Tore, 1 Punkt für S.; |
- 05.11.2011, FC RW S. - SC G., 3:0 Tore, 3 Punkte für S.; |
- 13.11.2011, TSV A. - FC RW S., 2:1 Tore, 0 Punkte für S.. |
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Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 144,50 EUR zu bezahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. |
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| Der Beklagte behauptet, bei keinem der streitgegenständlichen Spiele habe W. unaufgefordert einen amtlichen Ausweis vorgelegt. Es werde bestritten, dass bei der Passkontrolle vor den jeweiligen Spielen der Personalausweis in der Passmappe gewesen sei. Es sei nicht Aufgabe des Schiedsrichters, zu prüfen, welche Dokumente - außer den Spielerpässen - sich in der fraglichen Mappe befinden. Die angegriffenen Spielwertungen seien daher zu Recht erfolgt. |
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| Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dazu vorgelegten Anlagen und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2012 (AS. 85 ff.) verwiesen. |
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