Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 28. Aug. 2008 - 4 O 347/06

ECLI:ECLI:DE:LGFRAPF:2008:0828.4O347.06.0A
bei uns veröffentlicht am28.08.2008

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin verfolgt mit ihrer am 12. März zugestellten Klage gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz wegen behaupteter Insolvenzverschleppung in Höhe eines Teilbetrages von 500.000,00 € aus einem behaupteten Schaden von insgesamt 1.102.243,97 €.

2

Diesen Teilbetrag begehrt die Klägerin primär aus Zahlungen aus Warenlieferungen und sekundär auf Rückzahlung von Darlehen nebst Zinsen, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 103-120 d. A. verwiesen.

3

Die Klägerin ist im Bereich des Großhandels mit Garten- und Freizeitmöbeln, Sonnenschirmen, Polsterauflagen und sonstigem Zubehör tätig. Zum 01. Januar 1999 übernahm sie den Geschäftsbetrieb der vormaligen .... Die ..., gegründet am 28. November 1998, ist als Einzelhändler in der Branche ... tätig, der Beklagte ... war bis zum 01. Dezember 2003 alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter und vormals zu 1/3 am Stammkapital der ... beteiligt. Sowohl die Klägerin als auch die ... gingen aus der erworbenen ... hervor. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die Finanzierung der ... durch Fremdkapital oder Innenfinanzierung (Cash Flow) ausschließlich der Geschäftsführung der ... mithin dem Beklagten, oblag. Die Geschäftsführer der Klägerin ... sind zugleich Gesellschafter der ... im streitgegenständlichen Zeitraum gewesen; der Geschäftsführer ... war daneben auch Prokurist der .... Zwischen dem Beklagten und diesen Firmen, bzw. den Gesellschaftern wurden diverse Rechtsstreitigkeiten geführt, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 37 d. A. verwiesen.

4

Ab Januar 2004 war der Geschäftsführer der Klägerin ...zugleich Geschäftsführer der .... Die … bezog von der Klägerin Warenlieferungen auf Grundlage der Bestimmungen der Einkaufsvereinbarung vom 28. November 1998, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K1 verwiesen wird.

5

Zwischen den Parteien ist umstritten, ob weitere Vereinbarungen hinsichtlich erfolgter Warenlieferungen an die ... bestanden.

6

Für die in den Jahren 1999 bis 2003 von der ... von der Klägerin bezogenen Waren hätten die Forderungen aus diesen Warenverkäufen nach der bestrittenen Behauptung der Klägerin insgesamt 1.416.732,00 € betragen und seien bislang auch nicht vollständig beglichen worden, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 103 -120 d. A. Bezug genommen.

7

Die Klägerin gewährte der ... Darlehen in Höhe von jeweils 50.000,00 DM (jeweils 25.564,59 €) am 18. Januar 2000, 14. Februar 2000 und 10. April 2000 bei einem behaupteten Zinssatz von 8,5 % p.a., der zwischen den Parteien in Streit steht. Eine Rückzahlung der Darlehen durch die ... erfolgte bislang nicht, die durch die Klägerin behauptete Gesamtforderung aus den Darlehensverträgen belaufe sich auf insgesamt 122.308,46 €, was zwischen den Parteien umstritten ist.

8

Die neben der für die ... zugleich auch für die Klägerin tätige Steuerberaterin erstellte den Jahresabschluss der ... auf den 31. Dezember 1999 unter dem 28. Mai 2000. Dieser Jahresabschluss. wies einen Jahresüberschuss in Höhe von 26.797,26 DM aus, wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 7 verwiesen.

9

Der gleichfalls in Zusammenarbeit mit der Steuerberaterin am 25. August 2001 aufgestellte Jahresabschluss der ... auf den 31. Dezember 2000 wies einen Verlust in Höhe von 154.653,33 DM aus, wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 8 verwiesen.

10

Die jeweiligen Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 1999 und 2000 sind von den Gesellschaftern der ... beschlossen und dem Beklagten für die entsprechenden Jahre Entlastung erteilt worden; wegen der Einzelheiten der Gesellschafterversammlungen wird auf die Anlagen K 59 - K 62 verwiesen.

11

Für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 wurden keine Jahresabschlüsse gefertigt, die Gründe hierfür sind zwischen den Parteien im Einzelnen umstritten, ob für das Geschäftsjahr 2003 und auch für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 eine verwertbare Buchhaltung vorgelegen habe, steht zwischen den Parteien gleichfalls in Streit.

12

Die ... ist nach wie vor operativ tätig, weder wurde ein Insolvenzantrag bislang gestellt, noch ein Verfahren nach der Insolvenzordnung (InsO) über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet.

13

Die Klägerin behauptet,

14

bei ordnungsgemäßer Buchhaltung und Bilanzierung sei die ...bereits Ende des Jahres 1999 überschuldet gewesen. Die ... habe bereits Verbindlichkeiten in Höhe von 133.991,11 DM nicht bilanziert, der bilanzierte Jahresüberschuss in Höhe von 26.797,26 DM wandele sich unter Berücksichtigung von Steuerrückstellungen daher in einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Jahresfehlbetrag von 327.955,69 DM um; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 190 d. A. verwiesen. Der Beklagte habe es unterlassen, einen Aufwand in Höhe von ca. 1.340.000,00 DM ordnungsgemäß zu verbuchen, dies indiziere ein vorsätzliches Handeln des Beklagten.

15

Die ... sei bereits zum Ende des Geschäftsjahres 1999 im bilanziellen und insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet gewesen und der Beklagte daher bereits zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, einen Insolvenzantrag gem. § 64 Abs. 1 GmbHG zu stellen und der Gesellschaft den Verlust des hälftigen Stammkapitals gem. § 49 Abs. 3 GmbHG anzuzeigen. Beiden Verpflichtungen sei der Beklagte rechtswidrig und schuldhaft nicht nachgekommen (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 11 - 21 d. A. Bezug genommen). Die Verbindlichkeiten der ... gegenüber der Klägerin seien nicht ordnungsgemäß gebucht worden. Die Buchung eines entsprechenden Warenaufwandes sowie eine erforderliche Rückstellung für ausstehende Rechnungen der Klägerin, Barzahlungen, sowie weitere Ausgleichsansprüche für Telefonnutzung und Messen sei nicht bilanziert worden. Unter Korrektur der bisherigen Beträge seien u.a. für das Jahr 1999 für Warenlieferungen 108.525,14 DM und aus Telefon, Telefax und Internet 10.395,53 DM als Verbindlichkeiten zu bilanzieren. Wegen weiterer Unrichtigkeiten der Jahresabschlüsse 1999 und 2000 der ... seien diese nichtig, insbesondere Gehaltsaufwendungen und uneinbringliche Forderungen seien nicht ordnungsgemäß berücksichtigt, daneben seien Buchungen unterblieben und bei der Bewertung des Vorratsvermögens bzw. bei der Inventurbewertung in den Geschäftsjahren 1999 und 2000 das - handelsrechtlich zwingend vorgeschrieben - Niederstwertprinzip nicht angewandt worden. Weiter seien Bewertungsabschläge für Wertminderung oder mangelnde Gängigkeit für Ausstellungswaren, beschädigte und gebrauchte Artikel weder 1999 noch in 2000 vorgenommen worden. Es hätte daher eine Überschuldungsbilanz erstellt werden müssen, bei der eine Bewertung der Aktiva und Passiva nach Liquidationswerten hätte erfolgen müssen, stille Reserven seien nicht vorhanden gewesen; wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrages wird auf Bl. 173 - 207 d. A. Bezug genommen.

16

Aufgrund wiederhergestellter Dateien und auch aus der Analyse der jeweiligen Buchungsvorgänge ergebe sich, dass die Jahresabschlüsse für die Jahre 1999 und 2000 falsch gewesen seien. Hiervon hätten die Gesellschafter der Klägerin und zugleich Mitgesellschafter der ... trotz der beschlossenen Feststellung der Jahresabschlüsse und der Entlastung des Beklagten keine Kenntnis gehabt; weder hätten sie die Jahresabschlüsse für die Jahre 1999 und 2000 vor deren Feststellung prüfen können, noch erkennen können, dass die aufgestellten Jahresabschlüsse nicht inhaltlich korrekt gewesen seien. Gleiches gelte für die daraufhin erteilte Entlastung des Beklagten; wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrages wird auf Bl. 207 - 211 d. A. Bezug genommen. Der Geschäftsführer ... habe lediglich im Frühjahr 1999 das EDV-System einschließlich Kontenrahmen eingerichtet und dem Beklagten die Funktionsweise des Systems erklärt, eine weitere Einbindung in die Buchhaltung oder gar die Jahresabschlussarbeiten seien weder mit dem Mitgesellschafter ... noch mit dem Mitgesellschafter ... erfolgt.

17

Der Beklagte sei daher zum Ersatz des aus der Warenbelieferung im Zeitraum 2000 bis 2002 entstandenen Schadens in Höhe von insgesamt 1.102.243,97 € verpflichtet, da die korrespondierenden Forderungen der Klägerin nicht mehr werthaltig seien.

18

Die Klägerin beantragt,

19

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 500.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. §§ 288 Abs. 1,247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen

22

und führt hierzu aus,

23

Ziel der ... sollte die Expansion sein, es seien daher in erheblichem Umfang Waren eingekauft und auch bezahlt worden, allein im Jahr 1999 knapp 800.000,00 DM; erst zum Jahreswechsel 1999 seien 2 Rechnungen in Höhe von 578.000,00 DM und 215.000,00 DM geschrieben worden, so dass hierdurch offene Posten zu Lasten der ... entstanden seien. Im Geschäftsjahr 1999 seien unter Aktiva B 1 fertige Erzeugnisse und Waren in Höhe von 1.282.000,00 DM und unter Passiva C 2 Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung in Höhe von 1.325.000,00 DM aufgeführt. Aus der Gegenüberstellung dieser Zahlen ergäbe sich zwanglos, dass lediglich die auf Lager liegenden Waren bislang nicht bezahlt worden seien, was absolut üblich sei. Dies sei der Klägerin aufgrund der Gesellschafteridentität auch bekannt gewesen. Eine desolate finanzielle Situation bei der ... habe es nicht gegeben. Das Ergebnis eines nicht gedeckten Fehlbetrages von zunächst behaupteten 107.000,00 € wie auch der nachfolgenden Beträge entbehre jedweder Grundlage. Der von dem Gesellschafter ... hergestellte Eigenbeleg in Form der Anlage K 3 vorgelegten Excel-Tabelle könne nicht zum Beleg hierfür dienen. Gleiches gelte für das Geschäftsjahr 2000. Verbindlichkeiten der … gegenüber der Klägerin Höhe von insgesamt 1.493.000,00 € hätten sich nicht ergeben. Auch hierbei handele es sich um Eigenbelege der Klägerin oder aber um Buchhaltungsausdrucke, die erst nach dem Ausscheiden des Beklagten aus der ... gefertigt worden seien. Weder sei ein Rückzahlungsdatum für die Darlehen vereinbart, noch die Kündigung erklärt worden. Der Vortrag hierzu sei im Übrigen unsubstantiiert.

24

Eine Verfolgung oder gar Titulierung der behaupteten Forderungen gegenüber der ... sei bislang nicht erfolgt. Die ... sei im Geschäftsjahr 1999 nicht im bilanziellen bzw. insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet gewesen. Die Buchhaltung sei für die Jahre 2001 und 2002 sowie 2003 ordnungsgemäß gewesen. Soweit der Jahresabschluss der ... auf den 31. Dezember 2001 einen Jahresfehlbetrag von 2.234.000,00 DM aufweisen solle, sei dies unzutreffend. Da ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... zu keinem Zeitpunkt beantragt, noch eröffnet oder mangels Masse abgewiesen worden sei, fehle es bereits an den entsprechenden Haftungsvoraussetzungen.

25

Der Klägerin müsse zur Darlegung der rechnerischen Überschuldung grundsätzlich eine sog. Überschuldungsbilanz bei Ansatz von Liquiditätswerten, in der Aktiva und Passiva nicht mit ihrem buchmäßigen, sondern ihrem tatsächlichen Wert einzustellenden und stille Reserven einzubeziehen seien, vorlegen. Eine Trennung der Schadensersatzforderungen insoweit, als die Klägerin sowohl Alt- als auch Neugläubigerin im Sinne des § 64 Abs. 1 GmbHG sei, sei nicht erfolgt. Soweit sie Altgläubigerin sei, sei sie nicht aktivlegitimiert.

26

Soweit die Klägerin für die von ihr behaupteten Bilanzwerte die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantrage, laufe dies auf einen Ausforschungsbeweis hinaus. Die Berechnungen der Klägerin seien nicht nachvollziehbar, auch die von ihr in Ansatz gebrachten Werte. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Kostenbelege und Kontenblätter seien zum Nachweis einer behaupteten Überschuldung nicht ausreichend.

27

Für die Bilanzen sowohl der Klägerin, als auch der ... sei durchweg im relevanten Zeitraum die Steuerberaterin ... verantwortlich gewesen, welche peinlichst genau darauf geachtet habe, dass die Bilanzen der Klägerin und der ... korrespondieren und keine Widersprüche ergäben.

28

Die ... sei zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen, Zahlungsstockungen aufgrund regelmäßigen saisonalen Flauten in bestimmten Branchen, auch wenn diese teilweise mehrere Monate andauern, seien zu überbrücken. Der Kreditrahmen der ... bei der Kreissparkasse ... über 150.000,00 DM sei nicht ausgeschöpft worden.

29

Nach dem Inhalt der Jahresabschlüsse 1999 und 2000 hätten Abwertungen nicht vorgenommen werden müssen, da keine Erfahrungswerte vorgelegen haben.

30

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die nach Konkretisierung durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 02. Oktober 2007 zulässige Teilklage ist unbegründet, da der Klägerin unter keinem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt der behauptete Schadensersatz gegen den Beklagten zusteht.

32

Soweit die Klägerin einen Schadensersatzanspruch gem. § 64 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB wegen Unterlassen der Beantragung eines Insolvenzverfahrens durch den Beklagten wegen behaupteter Überschuldung der … gegen Ende 1999 behauptet, ist sie für das Vorliegen einer Überschuldung der Gesellschaft beweisfällig geblieben.

33

Nach § 64 Abs. 1 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich, spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, ebenso im Falle der Überschuldung der Gesellschaft. § 64 Abs. 1 GmbHG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Der Gläubiger hat das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht darzulegen und zu beweisen. Dazu hat er die rechnerische Überschuldung der Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt darzutun (vgl. BGH, Urteil vom 06. Juni 1994 - II ZR 292/91 -). Hierzu hat er einen Überschuldungsstatus vorzulegen, eine sog. Liquidationsbilanz. Die Vorlage der Handelsbilanz reicht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus, weil diese nach Fortführungswerten aufzustellen ist und keine Auskunft über stille Reserven gibt Für die Überschuldung im Insolvenzrechtssinne, damit auch im Sinne des § 64 Abs. 1 GmbHG, kommt es dagegen wegen § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO grundsätzlich auf Liquidationswerte und damit auch auf die stillen Reserven an. Die Handelsbilanz hat indes indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung, weil eine (handels-)bilanzielle Überschuldung jedenfalls ein erstes Anzeichen einer Krise der Gesellschaft ist (BGH, a.a.O.). Die festgestellte Handelsbilanz zum 31. Dezember 1999 weist hingegen einen Überschuss von 26.797,26 DM aus, so dass insoweit keine Indizwirkung zugunsten der Klägerin streitet. Zwar kann grundsätzlich zur Darlegung der Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne ausreichend sein, wenn neben den Daten der Handelsbilanz auch vorgetragen wird, dass stille Reserven oder sonst hieraus nicht ersichtliche Vermögenswerte nicht vorhanden seien, wobei es genügt, wenn nur nahe liegende Anhaltspunkte für solche Reserven und die von den Gesellschaftern in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptungen widerlegt werden (BGH, Urteil vom 07. März 2005 - II ZR 138/03 -). Die Klägerin ist jedoch vorliegend zur Vorlage einer Liquidationsbilanz allein deshalb verpflichtet, da die einzelnen Bilanzierungswerte, Bilanzierungsinhalte und sogar die Inventurwerte zwischen den Parteien In Streit stehen und die Klägerin über ihre Geschäftsführer ... und ... als Geschäftsführer der … und Mitgesellschafter, was sich insbesondere aus den vorgelegten Kontenblättern ergibt, Zugriff hat auf die entsprechenden Buchhaltungsunterlagen und daher gehalten ist, zum Beweis der Überschuldung wegen § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO eine solche Bilanz vorzulegen.

34

Trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweis und auch auf die Rüge des Beklagten erfolgte eine solche Vorlage nicht. Die Klägerin ist daher für die behauptete Überschuldung der ...gegen Ende 1999, sofern dies überhaupt als hinreichend bestimmter Zeitpunkt zugrunde gelegt werden kann, beweisfällig geblieben, insbesondere da ein Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft unstreitig zu keinem Zeitpunkt gestellt worden ist.

35

Allein die Behauptung, die streitgegenständlichen Kaufpreisforderungen der Klägerin gegenüber der ... seien nicht mehr werthaltig, reichen daneben zur Darlegung einer Überschuldung der ... ebenso wenig aus, wie die zuletzt noch behaupteten Jahresfehlbeträge unter den für von der Klägerin als zutreffend erachteten Bilanzwerte.

36

Der anerbotene Sachverständigenbeweis für die von ihr aufgestellten Behauptungen war nach dem Vorgenannten nicht einzuholen, da es einerseits an der Vorlage einer Überschuldungs-/Liquidationsbilanz fehlt und soweit eine Handelsbilanz vorgelegt worden ist, die hierzu aufgestellten Behauptungen; auch soweit sie überhaupt auf den Vortrag des Beklagten eingehen, jedenfalls in ihrer Gesamtheit ohne entsprechende Testate - etwa eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers eben in der Form einer Liquidations-/Überschuldungsbilanz - einen bloße Ausforschungsbeweis darstellen.

37

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach dem Aufbau des § 19 Abs. 2 InsO ohne weiteres folgt, dass die Überschuldensprüfung unter Zugrundelegung von Liquidationswerten den Regelfall und die Prüfung unter Zugrundelegung von Fortführungswerten, die eine positive Fortführungsprognose voraussetzt, den Ausnahmefall darstellt.

38

Nach dem Vorgenannten kommt es indes auf eine günstige Fortführungsprognose, für den der Beklagten beweisbelastet ist, nicht mehr an.

39

Daneben kann auch dahinstehen, dass die Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Neugläubigern, § 823 Abs. 2 BGB, § 64 Abs. 1 GmbHG, nicht um die auf diese entfallende Insolvenzquote zu kürzen ist, sondern vielmehr in dem Umfang zu ersetzen sind, den Ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu der insolvenzreifen GmbH getreten sind (negatives Interesse), allerdings dem Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB i.V.m. § 273 ff BGB ein Anspruch auf Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Gesellschaft zuzubilligen ist (BGH, Urteil vom 05. Februar 2007, - II 2R 234/05 -) t wo hingegen die Altgläubiger auf den Betrag beschränkt sind, auf den sich die Insolvenzquote, den die Gläubiger bei rechtzeitiger Insolvenzanmeldung hätten erhalten können, durch die behauptete verzögerte Insolvenzanmeldung verringert (BGHZ 126, 181 ff). Darlegungen hierzu fehlen jedoch, auch unter Berücksichtigung einer behaupteten Insolvenzreife „Ende 1999".

40

Nach dem Vorgenannten hat die Klägerin gegen den Beklagten daher keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB.

41

Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen Anspruch aus § 826 BGB stützen, da sie auch insoweit beweisfällig dafür geblieben ist, dass die... überschuldet war, unabhängig davon, dass eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung nicht eo ipso ein Sittenwidrigkeitsverdikt nach § 826 BGB zu begründen vermag (LG Stuttgart, Urteil vom 13. Juni 2008, 15 O 228/07).

42

Die Klage unterlag daher der Abweisung.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Voltstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

44

Beschluss

45

Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt, §§ 3 ZPO, 39,40,46 GKG.

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*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 138/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verlangt eine GmbH oder in ihrer Insolvenz der Insolvenzverwalter von
einem Gesellschafter Rückzahlung einer Leistung nach den Grundsätzen
des Eigenkapitalersatzes, muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter
darlegen und beweisen, daß die Gesellschaft zu dem maßgeblichen Zeitpunkt
in einer Krise i.S. des § 32 a Abs. 1 GmbHG war.

b) Beruft sich die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter dazu auf eine Insolvenzreife
wegen Überschuldung der Gesellschaft, reicht es nicht aus, wenn
lediglich die Handelsbilanz vorgelegt wird, auch wenn sich daraus ein nicht
durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt. Vielmehr muß entweder ein
Überschuldungsstatus mit Aufdeckung etwaiger stiller Reserven und Ansatz
der Wirtschaftsgüter zu Veräußerungswerten aufgestellt oder dargelegt werden
, daß stille Reserven und sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche
Veräußerungswerte nicht vorhanden sind.

c) Dabei muß die Gesellschaft bzw. der Insolvenzverwalter nicht jede denkbare
Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise
stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter
insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03 - OLG Celle
LG Verden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist zu 25 % an der B. GmbH beteiligt. Er ist Eigentümer des Betriebsgrundstücks, das er an die Gesellschaft vermietet hat. Am 2. Juni 1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung der von dem Beklagten im Jahre 1998 vereinnahmten Mieten. Dazu behauptet er, die Gesellschaft sei schon seit 1994 überschuldet gewesen. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Überlassung des Betriebsgrundstücks habe jedenfalls im Jahre 1998 eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Die zum 31. Dezember 1996 aufgestellte Bilanz der Gesellschaft habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 139.672,44 DM ausgewiesen. Dieser Wert sei nicht im Hinblick auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus zu korrigieren gewesen. Zwar habe der Beklagte zu einzelnen Aktivposten der Bilanz das Vorliegen von stillen Reserven behauptet und dazu auch präzise Zahlen vorgetragen. Der daraufhin als Sachverständiger eingeschaltete Wirtschaftsprüfer habe jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgefunden, um die tatsächlichen Werte der Wirtschaftsgüter bestimmen zu können. Das gehe zu Lasten des Beklagten. Zwar liege die Beweislast für die Kreditunwürdigkeit grundsätzlich bei der Gesellschaft bzw. ihrem Konkursverwalter. Die Jahresbilanz habe aber eine indizielle Bedeutung für die Insolvenzreife. Nur wenn greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven vorlägen, müsse der Konkursverwalter dazu vortragen und Beweis führen.
II. Dem kann nicht gefolgt werden.
1. Die Klage auf Rückgewähr der Mieten ist nach §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG i.V.m. den Rechtsprechungsregeln zur eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung (BGHZ 109, 55; 121, 31) nur dann begründet, wenn die Gesellschaft am 31. Dezember 1996 - oder jedenfalls bis zum 30. Juni 1997, als der Beklagte den Mietvertrag zum Ablauf des 31. Dezember 1997 späte-
stens hätte kündigen können - in eine Krise im Sinne des § 32 a Abs. 1 GmbHG geraten ist und der Beklagte - wovon im Normalfall auszugehen ist - das erkennen konnte. Eine Krise lag dann vor, wenn die Gesellschaft insolvenzreif oder jedenfalls "überlassungsunwürdig" war. Zu einer unabhängig von einer Insolvenzreife bestehenden Überlassungsunwürdigkeit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Entscheidend ist daher allein die Frage, ob die Gesellschaft insolvenzreif war. Da die Gesellschaft im Jahre 1998 noch zahlungsfähig war, konnte sich eine Insolvenzreife nur aus einer Überschuldung ergeben. Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind dazu eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehensprognose erforderlich. Eine rechnerische Überschuldung in diesem Sinne liegt vor, wenn die im Insolvenzfall verwertbaren Vermögensgegenstände zu ihren Veräußerungswerten nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu decken.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt die Darlegungsund Beweislast bezüglich der Überschuldung bei der Gesellschaft bzw. dem für sie tätig werdenden Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter hat die Überschuldung grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Nicht ausreichend ist dagegen, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil die Handelsbilanz nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie etwa nichts über stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben. Mindestens muß der Insolvenzverwalter die Ansätze der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muß er nicht jede
denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur naheliegende Anhaltspunkte - beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (BGHZ 125, 141, 146; 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99, ZIP 2001, 242, 243; v. 2. April 2001 - II ZR 261/99, ZIP 2001, 839; ebenso zur vergleichbaren Problematik bei der Kreditunwürdigkeit Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, NJW 1997, 3171, 3172 und v. 17. November 1997 - II ZR 224/96, NJW 1998, 1143, 1144).
2. Nach diesen Grundsätzen und dem bisherigen Vortrag der Parteien ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Überschuldungsstatus zu dem maßgeblichen Zeitpunkt aufgestellt. Er hat auch nicht die Behauptungen des Beklagten zu den stillen Reserven widerlegt. So hat der Beklagte behauptet, die Transportfahrzeuge der Gemeinschuldnerin, die in der Handelsbilanz mit einem Erinnerungswert von 11,00 DM erfaßt gewesen seien, hätten tatsächlich einen Wert in Höhe von 61.000,00 DM gehabt, die Werkzeuge der Gemeinschuldnerin , in der Bilanz mit 18.348,00 DM veranschlagt, seien 43.000,00 DM wert gewesen , die abgeschriebenen geringwertigen Wirtschaftsgüter hätten noch einen Wert in Höhe von 11.000,00 DM gehabt und die sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung , die mit einem Buchwert in Höhe von 23.645,00 DM erfaßt gewesen sei, sei tatsächlich 73.000,00 DM wert gewesen. Dieser Vortrag ist substantiiert genug, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sich damit auseinanderzusetzen und die Zahlen des Beklagten zu widerlegen. Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch richtig gesehen, wie sich daraus ergibt, daß es eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Daß der Sachverständige dann aber erklärt hat, er könne mangels ausreichender Unterlagen keine Feststellungen treffen, geht zu Lasten des Klägers. Seine Sache war es, die Überschuldung unter Berücksichtigung des
substantiierten Gegenvortrags des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Ist ihm das nicht möglich, kann seine Klage keinen Erfolg haben. Anders wäre allenfalls dann zu entscheiden, wenn der Beklagte eine ihm obliegende Pflicht zur Führung und Aufbewahrung von Büchern bzw. Belegen verletzt hätte. Das aber macht der Kläger selbst nicht geltend.
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme abgebrochen, ohne alles getan zu haben, um den Sachverhalt aufzuklären. So hätte versucht werden müssen, aufgrund der Veräußerungserlöse, die für die streitigen Gegenstände im Rahmen des Konkursverfahrens erzielt worden sind, auf die Verkehrswerte zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt rückzuschließen, soweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die verwerteten Wirtschaftsgüter auch schon zu jenem Zeitpunkt vorhanden waren. Dazu hätte notfalls ein anderer Sachverständiger hinzugezogen werden müssen, der - über das allgemeine Wissen eines Wirtschaftsprüfers hinaus - über spezielle Kenntnisse in der Bewertung von Anlagegütern verfügt. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen Bi. ist es dagegen nicht erforderlich, eine Überschuldungsbilanz aufzustellen. Es geht allein darum zu überprüfen, ob die von dem Beklagten behaupteten stillen Reserven vorhanden waren, die - nur - in ihrer Summe ausreichen, um trotz des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Fehlbetrags eine rechnerische Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts auszuschließen. Gelingt dem Kläger, ggf. nach ergänzendem Vortrag, der Beweis, daß jedenfalls ein Teil dieser stillen Reserven nicht vorhanden war, ist von einer rechnerischen Überschuldung - und damit angesichts der von dem Berufungsgericht festgestellten negativen Fortbestehensprognose von einer Insolvenzreife - auszugehen. Gelingt dem Kläger dieser Beweis dagegen nicht, ist die Klage unbegründet. Die
Zurückverweisung ermöglicht den Parteien, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend vorzutragen, und dem Berufungsgericht , auf dieser Grundlage die Beweisaufnahme fortzusetzen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Streitwert: 31.090,16 EUR

Tatbestand

 
Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege des Schadensersatzes auf Erstattung von Insolvenzausfallgeld in Anspruch, welches sie den Arbeitnehmern der vom Beklagten als Geschäftsführer geführten Gesellschaft bezahlt hat.
Der Beklagte war Alleingesellschafter-Geschäftsführer der K.-GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 30.01.1975 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet und in das Handelsregister des Amtsgerichts E. unter HRB 2481 eingetragen wurde. Der Geschäftsgegenstand des Unternehmens war die Herstellung von Metallkonstruktionen aller Art.
Die K.-GmbH war spätestens seit dem 15.06.2002 nicht nur kurzfristig nicht mehr in der Lage, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, mithin zahlungsunfähig, was dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt auch bewusst war. Die an diesem Tag fälligen Sozialversicherungsbeiträge an die AOK S. und die IKK S. für den Beitragsmonat Mai 2002 führte der Beklagte nicht mehr ab. An die DAK leistete er ab dem Beitragsmonat Juni 2002 keine Beiträge mehr.
Zudem war die K.-GmbH spätestens seit Juni 2002 auch überschuldet, was sich für den Geschäftsführer, also den Beklagten, ebenfalls erkennbar darstellte.
Die IKK S. stellte am 04.11.2002, der Beklagte selbst am 29.11.2002 Insolvenzantrag. Die Insolvenzverfahren wurden gemeinsam durch das Amtsgericht E. mit Beschluss vom 01.03.2003 unter dem Aktenzeichen 2 IN 503/02 eröffnet.
Weil die K.-GmbH keine Gehälter mehr an ihre Arbeitnehmer bezahlen konnte, gewährte die Klägerin für zehn in Anlage K 17 näher bezeichnete Arbeitnehmer der Gesellschaft in der Zeit vom 01.05.2002 bis zum 31.01.2003 für jeweils maximal drei Monate Insolvenzausfallgeld, wobei die Höhe der jeweils geleisteten Zahlungen zwischen den Parteien streitig ist.
Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts E. unter dem Aktenzeichen 3 Cs 156 Js 47931/03 wegen Insolvenzverschleppung und Verletzung der Buchführungspflicht sowie Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen zu der Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15,00 EUR im Strafbefehlswege verurteilt, wobei die Einsatzstrafe für die Insolvenzverschleppung mit 60 Tagessätzen angesetzt wurde. In dem Vermerk der Staatsanwaltschaft zum Strafbefehlsantrag heißt es: „Zudem fiel zugunsten des Angeklagten erheblich ins Gewicht, dass er über Jahrzehnte hinweg seinen Betrieb ordentlich geführt hat und erst durch die schlechte wirtschaftliche Gesamtlage in Schwierigkeiten gekommen ist.“
Die Klägerin hat vorgerichtlich den Beklagten zur Zahlung von 31.090,16 EUR Schadensersatz mit Schreiben vom 12.02.2007 aufgefordert. Der Beklagte leistete trotz weiterer Mahnungen auf die Zahlungsaufforderung nicht.
Die Klägerin trägt vor,
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ihr stünde ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB gegen den Beklagten zu. Der Beklagte habe durch Unterlassen der rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages und Fortführung der Gesellschaft über den Zeitpunkt der Insolvenzreife hinaus gegen seine Pflichten als Geschäftsführer verstoßen und dadurch sittenwidrig die Klägerin geschädigt. Das habe er vorsätzlich getan, da er zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass der Zeitpunkt kommen werde, in dem die Gesellschaft nicht mehr in der Lage sein würde, die Lohnforderungen ihrer Arbeitnehmer zu erfüllen. Er habe daher voraussehen können, dass mindestens seit dem 01.05.2002 - was nicht bestritten ist - keine Gehälter mehr gezahlt wurden.
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Der Beklagte habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass sich die Situation der Gesellschaft bessere, da keinerlei Sanierungsmöglichkeiten mehr bestanden.
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Die Sittenwidrigkeit der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung des Beklagten resultiere ohne weiteres aus der Unterlassung der rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages bei bestehender Unfähigkeit der Entlohnung der Arbeitnehmer und aus der Tatsache, dass die Antragstellung keine besondere Mühewaltung verursacht hätte.
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Die Klägerin trägt weiter vor, sie habe im Zeitraum vom 01.05.2002 bis 31.01.2003 Insolvenzausfallgeld mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 31.090,16 EUR bezahlen müssen. Diese Zahlungen hätte sie nicht erbringen müssen, wenn der Beklagte rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt hätte.
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Schließlich sei der (bestrittene) Einwand des Beklagten, dass bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung die Klägerin kein Insolvenzgeld hätte zahlen müssen, eine Frage des hypothetischen Kausalverlaufs. Insoweit sei aber der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Koblenz, 6 U 175/06, NZI 2007, 113, trägt die Klägerin vor, dass der Einwand des Beklagten nichts daran ändere, dass feststehe, dass für den konkret streitgegenständlichen Zeitraum, also die konkreten Monatszeiträume, Zahlungen geleistet wurden. Darauf komme es bei der Frage des Schadens allein an. Eine Berücksichtigung des Einwands des Beklagten verbiete sich auch in Anbetracht des Schutzzwecks der Insolvenzantragspflicht, die beabsichtige, insolvenzreife Gesellschaften vom Geschäftsverkehr fern zu halten.
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Schließlich sei im Rahmen der hypothetischen Betrachtung gänzlich offen, ob nicht das Insolvenzgericht die sofortige Stilllegung des Betriebes angeordnet hätte. Jedenfalls hätte der Insolvenzverwalter für die konkreten streitgegenständlichen Monate mit Sicherheit kein Insolvenzgeld verlangt. Zudem gebe es keine Vermutung dafür, dass ein Insolvenzverwalter in jedem Fall Insolvenzgeldzahlungen ausnutze.
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Auch die Entscheidung BGH, VI ZR 231/06, NZI 2008, 242, ändere nichts daran, dass die bloße Behauptung des Beklagten, dass im Falle der rechtzeitigen Insolvenzantragstellung die Klägerin auch hätte Insolvenzgeld zahlen müssen, ein unsubstantiierter Vortrag sei. Die K.-GmbH sei nämlich schon lange vor Juni 2002 insolvenzreif gewesen und habe bereits Ende 2001 den eigenen Steuerberater nicht mehr bezahlen können, weswegen spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Kündigung der Arbeitnehmer hätte erfolgen müssen. Dann könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschaft mit gleichem Personalbestand weitergeführt worden wäre. Zum Zeitpunkt der notwendigen Insolvenzantragstellung wären dann keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt gewesen und hätte insoweit kein Insolvenzausfallgeld gezahlt werden müssen.
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Im Hinblick auf die Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Beklagten trägt die Klägerin weiter vor, dass der Beklagte als Geschäftsführer die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte, voraus sah und dies billigend in Kauf nahm, wobei nicht erforderlich sei, dass sich der Schädigungsvorsatz gegen eine bestimmte Person richte. Von einer begründeten Hoffnung, die Krise zu überstehen, habe der Beklagte nicht ausgehen dürfen, gerade weil - was bestritten ist - die Krise der Gesellschaft schon lange Zeit bestand. Dies genüge, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu rechtfertigen.
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Der Anspruch der Klägerin sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verjährt. Die Klägerin habe - was insoweit unstreitig ist - erst mit Schreiben vom 02.09.2004, das bei der Klägerin am 06.09.2004 eingegangen ist, den Strafbefehl zur Kenntnisnahme übersandt erhalten. Erst ab diesem Zeitpunkt habe die Klägerin deshalb Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erhalten. Zuvor habe sich die Klägerin - was insoweit unstreitig ist - in angemessenen Zeitabständen bemüht, die Ermittlungsakten zur Einsicht zu erhalten bzw. nach dem Ergebnis der Ermittlungen nachgefragt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 31.090,16 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.02.2007 nebst weiterer 665,81 EUR zu bezahlen.
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Der Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen
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und trägt hierzu vor,
24 
der Anspruch sei verjährt. Der Strafbefehl sei seit 11.10.2003 rechtskräftig. Die Klägerin hätte sich entsprechend informieren können. Soweit sie dies nicht getan habe, müsse ihr grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Schließlich hätten ihr im Insolvenzverfahren sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestanden. Diese Unterlagen hätte sie prüfen können.
25 
Jedenfalls sei das Verhalten des Beklagten nicht sittenwidrig. Er habe das Unternehmen jahrzehntelang gut geführt und sei voller Hoffnung gewesen, die Krise überstehen zu können. Diese Hoffnung sei durch eine zufriedenstellende Auftragssituation begründet gewesen. Er habe ein starkes Interesse daran gehabt, die Mitarbeiter weiter zu beschäftigen und weiter zu bezahlen. Bei den fest angestellten Mitarbeitern seien Gehälter erst ab Oktober 2002 rückständig geworden. Gerade angesichts dieser Umstände liege es fern, ihm den Vorwurf zu machen, er habe durch die verspätete Antragstellung billigend in Kauf genommen, dass es zur Zahlung von Insolvenzgeld kommt.
26 
Soweit die Klägerin davon ausgehe, dass bereits vor Mitte/Herbst 2002 eine Insolvenzreife bestand, sei dies unzutreffend. Mögliche Fehlbeträge in den Bilanzen ließen insoweit nicht auf eine insolvenzrechtliche Überschuldung rückschließen.
27 
Überdies sei, so der Beklagte, ein Schaden der Klägerin nicht gegeben. Denn auch in dem Fall, dass der Beklagte seiner Insolvenzantragspflicht rechtzeitig nachgekommen wäre, wäre die Klägerin in gleicher Höhe nach §§ 183 ff. SGB III einstandspflichtig geworden.
28 
Für die Frage, wie sich die Dinge bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung entwickelt hätten, sei die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Saarländischen OLG Saarbrücken, 4 U 49/06, NZG 2007, 105, führt der Beklagte aus, dass ein - wie hier in Frage stehendes - Unterlassen für einen Erfolg nur dann kausal sei, wenn der Erfolg - denkt man sich die gebotene Handlung hinzu - ausgeblieben wäre. Die Voraussetzung dieser normativen Schlussfolgerung müsse der Gläubiger, hier also die Klägerin, darlegen und beweisen.
29 
Soweit die Klägerin nach ihrem Vortrag bereits für Mai 2002 und damit einen Zeitraum vor Insolvenzreife Insolvenzgeld bezahlt haben will, könne der Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht im Juni 2002 denknotwendig nicht für einen Schaden der Klägerin ursächlich geworden sein. Was die nach diesem Zeitpunkt gezahlten Beträge betreffe, sei davon auszugehen, dass das Unternehmen bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung ebenfalls noch über mehrere Monate fortgeführt worden wäre und der Insolvenzverwalter dann ebenfalls für drei Monate die Möglichkeit der Insolvenzgeldzahlung in Anspruch genommen hätte.
30 
Ihrer Darlegungs- und Beweislast sei die Klägerin nicht nachgekommen. Die Lebenserfahrung jedenfalls spreche nicht dafür, dass die Inanspruchnahme von Insolvenzgeld bei rechtzeitiger Antragstellung unterblieben wäre. Schließlich sei die Inanspruchnahme des Insolvenzgeldes ein legitimes Mittel - auch bei rechtzeitiger Stellung des Insolvenzantrages -, um sich den notwendigen Spielraum für die Fortführung des Unternehmens zu verschaffen.
31 
Die Klägerin habe somit nicht nachgewiesen, dass sie gerade durch die Verspätung der Insolvenzantragstellung einen Schaden erlitten habe. Das Argument der Klägerin, die Arbeitnehmer hätten - jedenfalls teilweise - vor der Insolvenzreife noch bezahlt werden können, trage nicht, denn wenn die Gesellschaft rechtzeitig Insolvenz angemeldet hätte, wären auch diese Mitarbeiter bei der Alternativbetrachtung nicht mehr bezahlt worden und hätten stattdessen Insolvenzgeld erhalten. Schließlich sei es üblich, dass die Insolvenzverwalter diesen Zeitraum ausnutzten. Dabei sei zu sehen, dass gerade Zweck der Insolvenzordnung sei, nach Möglichkeit das Unternehmen fortzuführen.
32 
Der Klägerin sei es auch ohne Weiteres möglich, zum Schaden weiteren Vortrag zu halten, da sie sich die Informationen hierzu bereits verschafft habe oder verschaffen könne, etwa durch Akteneinsicht. Beweiserleichterungen seien nicht anzuerkennen.
33 
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
34 
Das Gericht hat die Akten aus dem Strafverfahren gegen den Beklagten beigezogen (Amtsgericht E., 3 Cs 156 Js 47931/03). Es hat, nachdem das Urteil des BGH vom 18.12.2007, VI ZR 231/06, NZI 2008, 242, veröffentlicht worden war, den Parteien mit Verfügung vom 06.03.2008 rechtliche Hinweise erteilt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und zu weiterem Vortrag gegeben.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 31.090,16 EUR.
36 
I. Insolvenzverschleppungshaftung
37 
(§ 823 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG)
38 
Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen nicht rechtzeitiger Insolvenzantragstellung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG scheidet bereits deshalb aus, weil die Klägerin nicht in den Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG, also der Insolvenzantragspflicht, mit einbezogen ist.
39 
1. Die Klägerin erlangte im Zuge der Insolvenzverfahrenseröffnung über das Vermögen der K.-GmbH eine Gläubigerstellung zur K.-GmbH. Denn auf sie gingen mit Insolvenzgeldantragstellung die jeweiligen Lohnansprüche der Arbeitnehmer gemäß § 187 SGB III über.
40 
2. Dass der Beklagte - jedenfalls ab Juni 2002 nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit - verabsäumte, rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen und damit - bedingt vorsätzlich - gegen § 64 Abs. 1 GmbHG verstieß, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Beklagte ist danach grundsätzlich Ansprüchen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG ausgesetzt.
41 
3. Die Insolvenzantragspflicht schützt indes ausschließlich diejenigen Gläubiger, die ihre Forderung bereits vor Insolvenzeröffnung erworben haben (BGH NJW 1989, 3277, 3277; OLG Saarbrücken, NZG 2007, 105, 105; OLG Frankfurt, NZG 1999, 947, 947). Die Verpflichtung des Geschäftsführers, rechtzeitig bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit für die Einleitung des Insolvenzverfahrens zu sorgen, will sonach zum einen die sog. Altgläubiger - also diejenigen Gläubiger, deren Forderung gegen die Gesellschaft bereits vor Eintritt der Insolvenzreife begründet wurde - davor bewahren, dass deren zu erwartende Insolvenzquote durch die Insolvenzverfahrensverschleppung weiter geschmälert wird. Zum anderen bezieht sich § 64 Abs. 1 GmbHG auf die sog. Neugläubiger der Gesellschaft - also diejenigen Gläubiger der Gesellschaft, deren Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife und damit während der Phase der Insolvenzverschleppung begründet wurde - und schützt diese davor, überhaupt mit der insolvenzreifen Gesellschaft in Kontakt zu treten, weil es insoweit Zweck der Insolvenzantragspflicht ist, insolvenzreife Gesellschaften vom Rechtsverkehr fern zu halten (st. Rspr. seit BGHZ 126, 181, 194). Neugläubiger können demzufolge bei einem Verstoß des Geschäftsführers gegen § 64 Abs. 1 GmbHG von diesem Schadenersatz in Form des negativen Interesses beanspruchen.
42 
Wer aber, wie die Klägerin, in dem Zeitraum, in dem die Insolvenzantragspflicht zu erfüllen ist, noch gar nicht Gläubigerin der Gesellschaft war, kann sich auf den Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GmbHG auch nicht berufen. Denn dessen Tatbestandsverwirklichung endet mit Stellung des Insolvenzantrages.
43 
II. Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
44 
(§ 826 BGB)
45 
Ein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB). Die Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor.
46 
1. Eine Haftung des Beklagten aus § 826 BGB wegen der stattgefundenen Insolvenzverschleppung ist zwar grundsätzlich denkbar.
47 
So hat der Bundesgerichtshof erst jüngst wiederholt entschieden, dass neben der eigentlichen Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG eine Haftung nach allgemeinen Grundsätzen möglich bleibt (BGH, Urteil vom 18.12.2007, VI ZR 231/06, NZI 2008, 242, 243 - Rz. 14). Unter Bezugnahme und Wiederholung einer Entscheidung des II. Senates (NJW 1989, 3277) stellt der VI. Senat in dieser Entscheidung fest, dass der Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung erfüllt sein kann, wenn der Geschäftsführer die Schädigung von Gläubigern billigend in Kauf nimmt. Ein Schädigungsvorsatz sei dabei mit Regelmäßigkeit schon dann zu bejahen, wenn der Geschäftsführer „den als unabwendbar erkannten Todeskampf“ seiner Gesellschaft so lange als möglich hinausschiebt. Zu wessen Nachteil sich der Schaden später auswirke, sei insoweit nicht relevant. Gegen eine bestimmte Person müsse sich dieser Vorsatz nicht richten (BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15 f.; ebenso BGH NJW 1989, 3277, 3279; OLG Frankfurt, NZG 1999, 947 948; OLG Stuttgart, ZInsO 2004, 1150, 1152). Die Sittenwidrigkeit der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung auch gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit resultiert nach dieser Rechtsprechung bereits allein daraus, dass das durch die Unterlassung der gebotenen Insolvenzantragstellung herbeigeführte und in Kauf genommene Unvermögen der Gesellschaft, die Arbeitnehmer zu entlohnen, unmittelbar die Verpflichtung zur Zahlung des Insolvenzgeldes als gesetzliche Folge auslöst, ohne dass seitens der zunächst geschädigten Arbeitnehmer an eigenem Handeln mehr erforderlich ist als die Stellung eines Antrags (BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15 m.w.N.).
48 
2. Das erkennende Gericht vermag diesen Grundsätzen nicht zu folgen, soweit diese dazu führen, ohne weiteres aus dem Vorliegen einer bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung eine sittenwidrige Schädigung der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die von ihr geleisteten Insolvenzgeldzahlungen abzuleiten. Für die Annahme, das Verhalten des Beklagten unterfalle § 826 BGB, fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls an einem inneren Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung, also dem Unterlassen der Insolvenzantragstellung, auf die sich ein mögliches Sittenwidrigkeitsurteil stützen könnte, und dem möglichen Schaden der Klägerin.
49 
a. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Tatsache der bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung durch den Beklagten allein bereits das Sittenwidrigkeitsurteil rechtfertigt.
50 
aa. Der Begriff der Sittenwidrigkeit in § 826 BGB orientiert sich wie bei § 138 BGB am Verhalten des Schädigers, das sich nach seinem Gesamtcharakter unter Berücksichtigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar zeigen muss. Dass ein Verhalten gegen Vertrag oder Gesetz verstößt, genügt dabei für sich ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Schaden entstanden ist. Ohne eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens ist auch aus der Verfolgung eigener Interessen allein nicht auf die Sittenwidrigkeit zu schließen ( Sprau , in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 826 Rn. 4 m.w.N.).
51 
bb. Die eigentliche Bedeutung des § 826 BGB im Hinblick auf die Sanktionierung der Insolvenzverschleppung liegt darin, jenseits der Spezialvorschriften des Gesellschaftsrechts gesellschaftsexterne Entscheidungsträger zu veranlassen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen (Wagner in: MüKo BGB, 4. Aufl. 2004, § 826 Rn. 76). Gemeint sind etwa die Fälle des sittenwidrig eigennützigen Sanierungskredites oder aber die Fälle, in denen die Insolvenzverschleppung dazu dient, Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen durch Zeitablauf insolvenzanfechtungsfest zu machen (vgl. bereits RGZ 136, 246, 253). Entscheidend sind insoweit für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit die Umstände und Absichten, die hinter der (weiteren) Finanzierung oder Unternehmensfortführung stehen.
52 
cc. Für die Haftung des Geschäftführers bei Unterlassen der gebotenen Insolvenzantragstellung ist primär auf die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG abzustellen. Obschon § 826 BGB neben diesem Haftungssystem kumulativ Anwendung findet, ist zu sehen, dass er über das in den Spezialvorschriften normierte Niveau nicht hinausgeht. Insoweit ist zu konstatieren, dass § 826 BGB für die Haftung des Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung kaum Bedeutung hat. Jedenfalls kann der Verstoß gegen § 64 Abs. 1 GmbHG für sich noch nicht die Sittenwidrigkeit begründen, da ansonsten § 823 Abs. 2 BGB neben § 826 BGB keine Bedeutung zukäme. Dies impliziert indes gleichzeitig, dass auch das bloße Erkennen einer Gläubigergefährdung, also gerade die Tatsache, dass der Geschäftsführer möglicherweise sieht, dass sich seine Handlung zum Nachteil anderer auswirken kann, noch nicht hinreicht, um eine Sittenwidrigkeit zu bejahen (a.A. BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15). Denn mit der - jedenfalls bedingt vorsätzlichen - Insolvenzverschleppung geht notwendigerweise eine solche in Kauf genommene Möglichkeit einher. Es müssten daher zu Bejahung der Sittenwidrigkeit weitere, zusätzliche Umstände, wie etwa eine gezielte Schädigung einzelner Gläubiger oder sonstige eigensüchtige Motive hinzu kommen (vgl. Nehrlich , in: Michalski, GmbH-Kommentar 2002, § 64 Rn. 85).
53 
Solche besonderen Umstände hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Im Gegenteil hat der Beklagte - auch wenn keine begründete Aussicht auf eine Sanierung bestanden hat und sich deswegen am Vorliegen der bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung nichts ändert - in der irrationalen, aber subjektiv gut gemeinten Intention gehandelt, „sein“ Unternehmen zu retten, was auch das Strafgericht bei der Verurteilung des Beklagten strafmildernd berücksichtigt hat.
54 
Das erkennende Gericht übersieht dabei nicht die generelle Notwendigkeit einer effektiven Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers, um die Bedeutung der Terminierungspflichten bei Vorliegen der Insolvenzgründe nach §§ 17, 19 InsO zu unterstreichen. Denn die dem Geschäftsführer drohende Haftung kann und muss die Gesellschaftsorgane zu steter Selbstprüfung veranlassen, so dass diese der finanziellen Entwicklung der Gesellschaft eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Insoweit mahnt § 64 Abs. 1 GmbHG ebenso wie § 49 Abs. 3 GmbHG dazu, Vorkehrungen zu treffen, um auf Krisenwarnsignale rechtzeitig und angemessen zu reagieren. Der Vorschrift kommt insoweit auch eine nicht zu unterschätzende präventive Wirkung zu. Während es aber für die Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG genügt, schuldhaft den gebotenen Insolvenzantrag zu unterlassen, muss zur Begründung einer Haftung nach § 826 BGB die Fortführung des Unternehmens über den Zeitpunkt der Insolvenzreife hinauszusätzlich sich auch als sittenwidrig darstellen. Die Sittenwidrigkeit kann sonach nicht - wie es die bisherige Rechtsprechung in der vorliegenden Fallkonstellation getan hat - eo ispo aus der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung gefolgert werden.
55 
b. Die Frage, ob das Verhalten des Beklagten als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu bezeichnen ist, kann indes offen bleiben. Denn es fehlt für die Bejahung dieser Anspruchsnorm vorliegend schon am notwendigen Schutzzweckzusammenhang zwischen möglicherweise sittenwidrigem Verhalten des Beklagten und einer möglichen Schädigung der Klägerin.
56 
aa. Die durch den Beklagten begangene Insolvenzverschleppung kann nicht als Grundlage für ein Sittenwidrigkeitsurteil auch gegenüber der Klägerin dienen, wenn auf der anderen Seite - wie oben ausgeführt - die Klägerin in den Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht nicht mit einbezogen ist.
57 
(1) Der Schutzbereich des § 826 BGB ist in Bezug auf mittelbar Geschädigte, wie es hier die Klägerin ist, dahingehend einzugrenzen, dass sich die Handlung gerade auch in Bezug auf den Geschädigten als sittenwidrig darstellen muss (eingehendOechsler in: Staudinger, BGB-Kommentar, Neubearbeitung 2003, § 826 Rn. 103). Mittelbar Geschädigte sind sonach nur dann ersatzberechtigt, wenn sie ihren Schaden nicht nur als Reflex des dem unmittelbar Verletzten entstandenen Schadens erlitten haben, sondern wenn im Verhältnis zwischen dem Schädiger und ihnen die Vermögensverletzung ebenfalls sittenwidrig ist (BGH NJW 1979, 1599, 1600). Nicht nur, aber auch für die Frage der Sittenwidrigkeit der Insolvenzverschleppung ist deswegen zu fordern, dass sich das Sittenwidrigkeitsurteil auf eine Pflichtverletzung stützt, die einen hinreichend engen Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schaden aufweist, wobei eine nur mehr oder weniger zufällige Verbindung nicht hinreicht (BGH NJW 1986, 837, 839; BGH NJW 2005, 3137, 3141).
58 
(2) Die geltend gemachte Schädigung der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich nicht unmittelbar aus der Insolvenzverschleppung. Vielmehr ist es so - was nunmehr auch der BGH betont (NZI 2008, 242, 244 - Rz. 23) -, dass die Einstandspflicht der Bundesagentur für Arbeit allein aus dem Gesetz resultiert und zur Voraussetzung lediglich das Insolvenzereignis i.S.d. § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III sowie einen Insolvenzgeldantrag hat. Die Tatsache einer Insolvenzverschleppung spielt daher für die Einstandspflicht der Bundesagentur an sich keine Rolle.
59 
Gerade weil sie in dieser Weise gesetzlich zur Insolvenzgeldzahlung verpflichtet ist, würde sich angesichts der allenfalls mittelbaren Betroffenheit durch die Insolvenzverschleppung eine Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des § 826 BGB nur dann rechtfertigen, wenn die Bundesagentur auch in den Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht fallen würde, auf deren Verletzung allein das Sittenwidrigkeitsurteil beruhen kann. Gerade dies ist aber - wie oben unter I. ausgeführt - nicht der Fall. Dann aber ist es auch nicht nachvollziehbar, einerseits den Schutzzweckcharakter einer Norm (§ 64 Abs. 1 GmbHG) in Bezug auf einen bestimmten Geschädigten zu verneinen, andererseits aber eben diesem Geschädigten einen Anspruch aus § 826 BGB zuzubilligen, bei dem die Sittenwidrigkeit allein auf dem Verstoß gegen § 64 Abs. 1 GmbHG fußt.
60 
bb. Die Annahme einer Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin auf Grundlage des § 826 BGB störte zudem das Gefüge der Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, wie es nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung - insbesondere in einer Unterteilung zwischen Alt- und Neugläubigern - besteht. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit denjenigen Ansprüchen, die die Arbeitnehmer der insolvenzreifen Gesellschaft gegenüber dem insolvenzverschleppenden Beklagten als Geschäftsführer der K.-GmbH (gehabt) hätten, falls sie einen Insolvenzgeldantrag nicht gestellt hätten oder soweit es ausgefallene Lohnansprüche außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums betrifft.
61 
(1) Da die Arbeitnehmer insoweit grundsätzlich als Neugläubiger anzusehen sind, weil und soweit sie ihre Forderung nach dem Zeitpunkt erwerben, zu dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, würde ihnen dem Grunde nach ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG zustehen (vgl. LAG Hessen, NZA-RR 2001, 2001, 154, 155 - Haas , DStR 2003, 423, 428). Geschützt ist insoweit allerdings lediglich das negative Interesse der Neugläubiger (st. Rspr. seit BGHZ 126, 181, 194; vgl. auch BGH NJW 1999, 2182, 2183; BGH NJW 2005, 3137, 3140; BGH NZG 2007, 347, 349; dazu bereits oben I.).
62 
Die Arbeitnehmer wären also so zu stellen, als ob sie nicht in eine vertragliche Bindung mit der insolvenzreifen Gesellschaft gekommen oder nicht in dieser Bindung geblieben wären. Die Entstehung eines wertlosen Lohnanspruchs allein ist aber noch kein ersatzfähiger Schaden - und insoweit würde der Arbeitnehmer schließlich auch das positive Interesse verlangen, das durch § 64 Abs. 1 GmbHG gerade nicht geschützt ist (zutr. Haas , DStR 2003, 423, 428). Dass der dem Arbeitnehmer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG zu ersetzende Vertrauensschaden in gleicher Höhe besteht wie der ausgefallene Vergütungsanspruch, würde nur dann gelten, wenn der Arbeitnehmer nachweisen könnte, dass er nicht nur bei Kenntnis der Insolvenzreife die Arbeitsleistung eingestellt und das Arbeitsverhältnis gekündigt hätte, sondern dass er darüber hinaus für den gleichen Zeitraum, in dem er mit seinem Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgefallen ist, ein anderes Arbeitsverhältnis begründet und in demselben Umfang einen Lohnanspruch erworben hätte (zutr. LAG Köln NZA-RR 2007, 146, 147; LAG Hessen NZA-RR 2001, 154, 155). Weil eine dahingehende Vermutung nicht besteht, wird es im Regelfall dem Arbeitnehmer schwer fallen, auf Grundlage der Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers Schadenersatz in Höhe seines entgangenen Lohnes zu verlangen.
63 
Weil wie vorerwähnt § 826 BGB über das spezialgesetzlich normierte Niveau der §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 64 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich nicht hinaus geht, wird der Arbeitnehmer auch unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Schädigung regelmäßig seinen entgangenen Lohn nicht einklagen können ( Wagner in: MüKo BGB, 4. Aufl. 2004, § 826 Rn. 75).
64 
(2) Dieses Ergebnis macht deutlich, dass dann auch unter diesem Gesichtspunkt ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des von ihr gezahlten Insolvenzgeldes nach § 826 BGB nicht überzeugt.
65 
Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegen die insolvente Gesellschaft geht mit Stellung des Insolvenzgeldantrages auf die Bundesagentur nach § 187 SGB III über, weswegen die Bundesagentur quasi in die Stellung des Arbeitnehmers einrückt. Auch wenn das Gesetz keine cesio legis im Hinblick auf mögliche Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Geschäftsführer der Gesellschaft kennt, wäre immerhin denkbar, dass die Beklagte infolge der Zahlung von Insolvenzgeld gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch aus § 255 BGB auf Abtretung dessen (auf Ersatz des negativen Interesses gerichteter) Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer hat. Nicht hingegen ist es überzeugend, die Bundesagentur unter vorschneller Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen des § 826 BGB besser zu stellen, als der Arbeitnehmer stünde, wenn er den Geschäftsführer in Anspruch nähme, also der Bundesagentur den Ersatz des gezahlten Insolvenzgeldes und damit schadensrechtlich gesehen das positive Interesse zuzubilligen.
66 
3. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ihren Schaden hinreichend substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat. Insoweit bleibt lediglich anzumerken, dass der Einwand des Beklagten, dass auch bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung die Klägerin hätte Insolvenzgeld zahlen müssen, sich als ein rechtserhebliches Bestreiten des Schadens darstellt (dazu BGH NZI 2008, 242, 244 - Rz. 20). Weil die Verpflichtung zur Zahlung von Insolvenzgeld als gesetzliche Einstandspflicht nach § 183 SGB III unabhängig davon besteht, ob die Insolvenzantragstellung rechtzeitig im Sinne von § 64 Abs. 1 GmbHG erfolgt oder nicht, obliegt es der Bundesagentur darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihre im Einzelnen sich nach § 183 SGB III bestimmende Zahlungspflicht gerade durch die Insolvenzverschleppung initiiert wurde und nicht etwa ganz unabhängig vom Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung eingetreten wäre.
67 
Der Vortrag der Klägerin, es handle sich bei dem Einwand des Beklagten nicht um ein substantiiertes Bestreiten, vermag kaum zu überzeugen, da nach dem eben Gesagten zunächst einmal die Klägerin darlegungspflichtig ist. Der übrige Vortrag der Klägerin zur Frage des Schadens, der sich im wesentlichen in der Feststellung erschöpft, dass die Beklagte zum maßgeblichen konkreten Zeitpunkt, in dem ein Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, tatsächlich eben kein Insolvenzgeld gezahlt habe, vermag insoweit kaum auszureichen. Denn die Klägerin übersieht bei diesem pauschalen Vortrag, dass ihre Zahlungspflicht gesetzlich allein an das Vorliegen eines Insolvenzereignisses i.S.d. § 183 SGB III geknüpft ist. Sie müsste damit - ähnlich wie bei der Berechnung eines Altgläubigerschadens - fiktiv das Szenario bei rechtzeitiger Antragstellung darlegen und konkrete Anhaltspunkte dafür vortragen, warum sie trotz des auch dann vorliegenden Insolvenzereignisses nicht in Anspruch genommen worden wäre.
68 
III. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit
69 
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.

Gründe

 
35 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 31.090,16 EUR.
36 
I. Insolvenzverschleppungshaftung
37 
(§ 823 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG)
38 
Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen nicht rechtzeitiger Insolvenzantragstellung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG scheidet bereits deshalb aus, weil die Klägerin nicht in den Schutzbereich des § 64 Abs. 1 GmbHG, also der Insolvenzantragspflicht, mit einbezogen ist.
39 
1. Die Klägerin erlangte im Zuge der Insolvenzverfahrenseröffnung über das Vermögen der K.-GmbH eine Gläubigerstellung zur K.-GmbH. Denn auf sie gingen mit Insolvenzgeldantragstellung die jeweiligen Lohnansprüche der Arbeitnehmer gemäß § 187 SGB III über.
40 
2. Dass der Beklagte - jedenfalls ab Juni 2002 nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit - verabsäumte, rechtzeitig Insolvenzantrag zu stellen und damit - bedingt vorsätzlich - gegen § 64 Abs. 1 GmbHG verstieß, ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Beklagte ist danach grundsätzlich Ansprüchen nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG ausgesetzt.
41 
3. Die Insolvenzantragspflicht schützt indes ausschließlich diejenigen Gläubiger, die ihre Forderung bereits vor Insolvenzeröffnung erworben haben (BGH NJW 1989, 3277, 3277; OLG Saarbrücken, NZG 2007, 105, 105; OLG Frankfurt, NZG 1999, 947, 947). Die Verpflichtung des Geschäftsführers, rechtzeitig bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit für die Einleitung des Insolvenzverfahrens zu sorgen, will sonach zum einen die sog. Altgläubiger - also diejenigen Gläubiger, deren Forderung gegen die Gesellschaft bereits vor Eintritt der Insolvenzreife begründet wurde - davor bewahren, dass deren zu erwartende Insolvenzquote durch die Insolvenzverfahrensverschleppung weiter geschmälert wird. Zum anderen bezieht sich § 64 Abs. 1 GmbHG auf die sog. Neugläubiger der Gesellschaft - also diejenigen Gläubiger der Gesellschaft, deren Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife und damit während der Phase der Insolvenzverschleppung begründet wurde - und schützt diese davor, überhaupt mit der insolvenzreifen Gesellschaft in Kontakt zu treten, weil es insoweit Zweck der Insolvenzantragspflicht ist, insolvenzreife Gesellschaften vom Rechtsverkehr fern zu halten (st. Rspr. seit BGHZ 126, 181, 194). Neugläubiger können demzufolge bei einem Verstoß des Geschäftsführers gegen § 64 Abs. 1 GmbHG von diesem Schadenersatz in Form des negativen Interesses beanspruchen.
42 
Wer aber, wie die Klägerin, in dem Zeitraum, in dem die Insolvenzantragspflicht zu erfüllen ist, noch gar nicht Gläubigerin der Gesellschaft war, kann sich auf den Schutzzweck des § 64 Abs. 1 GmbHG auch nicht berufen. Denn dessen Tatbestandsverwirklichung endet mit Stellung des Insolvenzantrages.
43 
II. Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
44 
(§ 826 BGB)
45 
Ein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB). Die Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor.
46 
1. Eine Haftung des Beklagten aus § 826 BGB wegen der stattgefundenen Insolvenzverschleppung ist zwar grundsätzlich denkbar.
47 
So hat der Bundesgerichtshof erst jüngst wiederholt entschieden, dass neben der eigentlichen Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG eine Haftung nach allgemeinen Grundsätzen möglich bleibt (BGH, Urteil vom 18.12.2007, VI ZR 231/06, NZI 2008, 242, 243 - Rz. 14). Unter Bezugnahme und Wiederholung einer Entscheidung des II. Senates (NJW 1989, 3277) stellt der VI. Senat in dieser Entscheidung fest, dass der Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung erfüllt sein kann, wenn der Geschäftsführer die Schädigung von Gläubigern billigend in Kauf nimmt. Ein Schädigungsvorsatz sei dabei mit Regelmäßigkeit schon dann zu bejahen, wenn der Geschäftsführer „den als unabwendbar erkannten Todeskampf“ seiner Gesellschaft so lange als möglich hinausschiebt. Zu wessen Nachteil sich der Schaden später auswirke, sei insoweit nicht relevant. Gegen eine bestimmte Person müsse sich dieser Vorsatz nicht richten (BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15 f.; ebenso BGH NJW 1989, 3277, 3279; OLG Frankfurt, NZG 1999, 947 948; OLG Stuttgart, ZInsO 2004, 1150, 1152). Die Sittenwidrigkeit der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung auch gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit resultiert nach dieser Rechtsprechung bereits allein daraus, dass das durch die Unterlassung der gebotenen Insolvenzantragstellung herbeigeführte und in Kauf genommene Unvermögen der Gesellschaft, die Arbeitnehmer zu entlohnen, unmittelbar die Verpflichtung zur Zahlung des Insolvenzgeldes als gesetzliche Folge auslöst, ohne dass seitens der zunächst geschädigten Arbeitnehmer an eigenem Handeln mehr erforderlich ist als die Stellung eines Antrags (BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15 m.w.N.).
48 
2. Das erkennende Gericht vermag diesen Grundsätzen nicht zu folgen, soweit diese dazu führen, ohne weiteres aus dem Vorliegen einer bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung eine sittenwidrige Schädigung der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf die von ihr geleisteten Insolvenzgeldzahlungen abzuleiten. Für die Annahme, das Verhalten des Beklagten unterfalle § 826 BGB, fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls an einem inneren Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung, also dem Unterlassen der Insolvenzantragstellung, auf die sich ein mögliches Sittenwidrigkeitsurteil stützen könnte, und dem möglichen Schaden der Klägerin.
49 
a. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Tatsache der bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung durch den Beklagten allein bereits das Sittenwidrigkeitsurteil rechtfertigt.
50 
aa. Der Begriff der Sittenwidrigkeit in § 826 BGB orientiert sich wie bei § 138 BGB am Verhalten des Schädigers, das sich nach seinem Gesamtcharakter unter Berücksichtigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar zeigen muss. Dass ein Verhalten gegen Vertrag oder Gesetz verstößt, genügt dabei für sich ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Schaden entstanden ist. Ohne eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens ist auch aus der Verfolgung eigener Interessen allein nicht auf die Sittenwidrigkeit zu schließen ( Sprau , in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, § 826 Rn. 4 m.w.N.).
51 
bb. Die eigentliche Bedeutung des § 826 BGB im Hinblick auf die Sanktionierung der Insolvenzverschleppung liegt darin, jenseits der Spezialvorschriften des Gesellschaftsrechts gesellschaftsexterne Entscheidungsträger zu veranlassen, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen (Wagner in: MüKo BGB, 4. Aufl. 2004, § 826 Rn. 76). Gemeint sind etwa die Fälle des sittenwidrig eigennützigen Sanierungskredites oder aber die Fälle, in denen die Insolvenzverschleppung dazu dient, Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen durch Zeitablauf insolvenzanfechtungsfest zu machen (vgl. bereits RGZ 136, 246, 253). Entscheidend sind insoweit für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit die Umstände und Absichten, die hinter der (weiteren) Finanzierung oder Unternehmensfortführung stehen.
52 
cc. Für die Haftung des Geschäftführers bei Unterlassen der gebotenen Insolvenzantragstellung ist primär auf die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG abzustellen. Obschon § 826 BGB neben diesem Haftungssystem kumulativ Anwendung findet, ist zu sehen, dass er über das in den Spezialvorschriften normierte Niveau nicht hinausgeht. Insoweit ist zu konstatieren, dass § 826 BGB für die Haftung des Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung kaum Bedeutung hat. Jedenfalls kann der Verstoß gegen § 64 Abs. 1 GmbHG für sich noch nicht die Sittenwidrigkeit begründen, da ansonsten § 823 Abs. 2 BGB neben § 826 BGB keine Bedeutung zukäme. Dies impliziert indes gleichzeitig, dass auch das bloße Erkennen einer Gläubigergefährdung, also gerade die Tatsache, dass der Geschäftsführer möglicherweise sieht, dass sich seine Handlung zum Nachteil anderer auswirken kann, noch nicht hinreicht, um eine Sittenwidrigkeit zu bejahen (a.A. BGH NZI 2008, 242, 243 - Rz. 15). Denn mit der - jedenfalls bedingt vorsätzlichen - Insolvenzverschleppung geht notwendigerweise eine solche in Kauf genommene Möglichkeit einher. Es müssten daher zu Bejahung der Sittenwidrigkeit weitere, zusätzliche Umstände, wie etwa eine gezielte Schädigung einzelner Gläubiger oder sonstige eigensüchtige Motive hinzu kommen (vgl. Nehrlich , in: Michalski, GmbH-Kommentar 2002, § 64 Rn. 85).
53 
Solche besonderen Umstände hat die Klägerin aber nicht vorgetragen. Im Gegenteil hat der Beklagte - auch wenn keine begründete Aussicht auf eine Sanierung bestanden hat und sich deswegen am Vorliegen der bedingt vorsätzlichen Insolvenzverschleppung nichts ändert - in der irrationalen, aber subjektiv gut gemeinten Intention gehandelt, „sein“ Unternehmen zu retten, was auch das Strafgericht bei der Verurteilung des Beklagten strafmildernd berücksichtigt hat.
54 
Das erkennende Gericht übersieht dabei nicht die generelle Notwendigkeit einer effektiven Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers, um die Bedeutung der Terminierungspflichten bei Vorliegen der Insolvenzgründe nach §§ 17, 19 InsO zu unterstreichen. Denn die dem Geschäftsführer drohende Haftung kann und muss die Gesellschaftsorgane zu steter Selbstprüfung veranlassen, so dass diese der finanziellen Entwicklung der Gesellschaft eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Insoweit mahnt § 64 Abs. 1 GmbHG ebenso wie § 49 Abs. 3 GmbHG dazu, Vorkehrungen zu treffen, um auf Krisenwarnsignale rechtzeitig und angemessen zu reagieren. Der Vorschrift kommt insoweit auch eine nicht zu unterschätzende präventive Wirkung zu. Während es aber für die Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG genügt, schuldhaft den gebotenen Insolvenzantrag zu unterlassen, muss zur Begründung einer Haftung nach § 826 BGB die Fortführung des Unternehmens über den Zeitpunkt der Insolvenzreife hinauszusätzlich sich auch als sittenwidrig darstellen. Die Sittenwidrigkeit kann sonach nicht - wie es die bisherige Rechtsprechung in der vorliegenden Fallkonstellation getan hat - eo ispo aus der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung gefolgert werden.
55 
b. Die Frage, ob das Verhalten des Beklagten als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu bezeichnen ist, kann indes offen bleiben. Denn es fehlt für die Bejahung dieser Anspruchsnorm vorliegend schon am notwendigen Schutzzweckzusammenhang zwischen möglicherweise sittenwidrigem Verhalten des Beklagten und einer möglichen Schädigung der Klägerin.
56 
aa. Die durch den Beklagten begangene Insolvenzverschleppung kann nicht als Grundlage für ein Sittenwidrigkeitsurteil auch gegenüber der Klägerin dienen, wenn auf der anderen Seite - wie oben ausgeführt - die Klägerin in den Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht nicht mit einbezogen ist.
57 
(1) Der Schutzbereich des § 826 BGB ist in Bezug auf mittelbar Geschädigte, wie es hier die Klägerin ist, dahingehend einzugrenzen, dass sich die Handlung gerade auch in Bezug auf den Geschädigten als sittenwidrig darstellen muss (eingehendOechsler in: Staudinger, BGB-Kommentar, Neubearbeitung 2003, § 826 Rn. 103). Mittelbar Geschädigte sind sonach nur dann ersatzberechtigt, wenn sie ihren Schaden nicht nur als Reflex des dem unmittelbar Verletzten entstandenen Schadens erlitten haben, sondern wenn im Verhältnis zwischen dem Schädiger und ihnen die Vermögensverletzung ebenfalls sittenwidrig ist (BGH NJW 1979, 1599, 1600). Nicht nur, aber auch für die Frage der Sittenwidrigkeit der Insolvenzverschleppung ist deswegen zu fordern, dass sich das Sittenwidrigkeitsurteil auf eine Pflichtverletzung stützt, die einen hinreichend engen Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schaden aufweist, wobei eine nur mehr oder weniger zufällige Verbindung nicht hinreicht (BGH NJW 1986, 837, 839; BGH NJW 2005, 3137, 3141).
58 
(2) Die geltend gemachte Schädigung der Bundesagentur für Arbeit ergibt sich nicht unmittelbar aus der Insolvenzverschleppung. Vielmehr ist es so - was nunmehr auch der BGH betont (NZI 2008, 242, 244 - Rz. 23) -, dass die Einstandspflicht der Bundesagentur für Arbeit allein aus dem Gesetz resultiert und zur Voraussetzung lediglich das Insolvenzereignis i.S.d. § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III sowie einen Insolvenzgeldantrag hat. Die Tatsache einer Insolvenzverschleppung spielt daher für die Einstandspflicht der Bundesagentur an sich keine Rolle.
59 
Gerade weil sie in dieser Weise gesetzlich zur Insolvenzgeldzahlung verpflichtet ist, würde sich angesichts der allenfalls mittelbaren Betroffenheit durch die Insolvenzverschleppung eine Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des § 826 BGB nur dann rechtfertigen, wenn die Bundesagentur auch in den Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht fallen würde, auf deren Verletzung allein das Sittenwidrigkeitsurteil beruhen kann. Gerade dies ist aber - wie oben unter I. ausgeführt - nicht der Fall. Dann aber ist es auch nicht nachvollziehbar, einerseits den Schutzzweckcharakter einer Norm (§ 64 Abs. 1 GmbHG) in Bezug auf einen bestimmten Geschädigten zu verneinen, andererseits aber eben diesem Geschädigten einen Anspruch aus § 826 BGB zuzubilligen, bei dem die Sittenwidrigkeit allein auf dem Verstoß gegen § 64 Abs. 1 GmbHG fußt.
60 
bb. Die Annahme einer Haftung des Beklagten gegenüber der Klägerin auf Grundlage des § 826 BGB störte zudem das Gefüge der Insolvenzverschleppungshaftung nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG, wie es nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung - insbesondere in einer Unterteilung zwischen Alt- und Neugläubigern - besteht. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit denjenigen Ansprüchen, die die Arbeitnehmer der insolvenzreifen Gesellschaft gegenüber dem insolvenzverschleppenden Beklagten als Geschäftsführer der K.-GmbH (gehabt) hätten, falls sie einen Insolvenzgeldantrag nicht gestellt hätten oder soweit es ausgefallene Lohnansprüche außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums betrifft.
61 
(1) Da die Arbeitnehmer insoweit grundsätzlich als Neugläubiger anzusehen sind, weil und soweit sie ihre Forderung nach dem Zeitpunkt erwerben, zu dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, würde ihnen dem Grunde nach ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG zustehen (vgl. LAG Hessen, NZA-RR 2001, 2001, 154, 155 - Haas , DStR 2003, 423, 428). Geschützt ist insoweit allerdings lediglich das negative Interesse der Neugläubiger (st. Rspr. seit BGHZ 126, 181, 194; vgl. auch BGH NJW 1999, 2182, 2183; BGH NJW 2005, 3137, 3140; BGH NZG 2007, 347, 349; dazu bereits oben I.).
62 
Die Arbeitnehmer wären also so zu stellen, als ob sie nicht in eine vertragliche Bindung mit der insolvenzreifen Gesellschaft gekommen oder nicht in dieser Bindung geblieben wären. Die Entstehung eines wertlosen Lohnanspruchs allein ist aber noch kein ersatzfähiger Schaden - und insoweit würde der Arbeitnehmer schließlich auch das positive Interesse verlangen, das durch § 64 Abs. 1 GmbHG gerade nicht geschützt ist (zutr. Haas , DStR 2003, 423, 428). Dass der dem Arbeitnehmer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG zu ersetzende Vertrauensschaden in gleicher Höhe besteht wie der ausgefallene Vergütungsanspruch, würde nur dann gelten, wenn der Arbeitnehmer nachweisen könnte, dass er nicht nur bei Kenntnis der Insolvenzreife die Arbeitsleistung eingestellt und das Arbeitsverhältnis gekündigt hätte, sondern dass er darüber hinaus für den gleichen Zeitraum, in dem er mit seinem Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgefallen ist, ein anderes Arbeitsverhältnis begründet und in demselben Umfang einen Lohnanspruch erworben hätte (zutr. LAG Köln NZA-RR 2007, 146, 147; LAG Hessen NZA-RR 2001, 154, 155). Weil eine dahingehende Vermutung nicht besteht, wird es im Regelfall dem Arbeitnehmer schwer fallen, auf Grundlage der Insolvenzverschleppungshaftung des Geschäftsführers Schadenersatz in Höhe seines entgangenen Lohnes zu verlangen.
63 
Weil wie vorerwähnt § 826 BGB über das spezialgesetzlich normierte Niveau der §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 64 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich nicht hinaus geht, wird der Arbeitnehmer auch unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Schädigung regelmäßig seinen entgangenen Lohn nicht einklagen können ( Wagner in: MüKo BGB, 4. Aufl. 2004, § 826 Rn. 75).
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(2) Dieses Ergebnis macht deutlich, dass dann auch unter diesem Gesichtspunkt ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des von ihr gezahlten Insolvenzgeldes nach § 826 BGB nicht überzeugt.
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Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegen die insolvente Gesellschaft geht mit Stellung des Insolvenzgeldantrages auf die Bundesagentur nach § 187 SGB III über, weswegen die Bundesagentur quasi in die Stellung des Arbeitnehmers einrückt. Auch wenn das Gesetz keine cesio legis im Hinblick auf mögliche Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Geschäftsführer der Gesellschaft kennt, wäre immerhin denkbar, dass die Beklagte infolge der Zahlung von Insolvenzgeld gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch aus § 255 BGB auf Abtretung dessen (auf Ersatz des negativen Interesses gerichteter) Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer hat. Nicht hingegen ist es überzeugend, die Bundesagentur unter vorschneller Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen des § 826 BGB besser zu stellen, als der Arbeitnehmer stünde, wenn er den Geschäftsführer in Anspruch nähme, also der Bundesagentur den Ersatz des gezahlten Insolvenzgeldes und damit schadensrechtlich gesehen das positive Interesse zuzubilligen.
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3. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ihren Schaden hinreichend substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt hat. Insoweit bleibt lediglich anzumerken, dass der Einwand des Beklagten, dass auch bei rechtzeitiger Insolvenzantragstellung die Klägerin hätte Insolvenzgeld zahlen müssen, sich als ein rechtserhebliches Bestreiten des Schadens darstellt (dazu BGH NZI 2008, 242, 244 - Rz. 20). Weil die Verpflichtung zur Zahlung von Insolvenzgeld als gesetzliche Einstandspflicht nach § 183 SGB III unabhängig davon besteht, ob die Insolvenzantragstellung rechtzeitig im Sinne von § 64 Abs. 1 GmbHG erfolgt oder nicht, obliegt es der Bundesagentur darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihre im Einzelnen sich nach § 183 SGB III bestimmende Zahlungspflicht gerade durch die Insolvenzverschleppung initiiert wurde und nicht etwa ganz unabhängig vom Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung eingetreten wäre.
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Der Vortrag der Klägerin, es handle sich bei dem Einwand des Beklagten nicht um ein substantiiertes Bestreiten, vermag kaum zu überzeugen, da nach dem eben Gesagten zunächst einmal die Klägerin darlegungspflichtig ist. Der übrige Vortrag der Klägerin zur Frage des Schadens, der sich im wesentlichen in der Feststellung erschöpft, dass die Beklagte zum maßgeblichen konkreten Zeitpunkt, in dem ein Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, tatsächlich eben kein Insolvenzgeld gezahlt habe, vermag insoweit kaum auszureichen. Denn die Klägerin übersieht bei diesem pauschalen Vortrag, dass ihre Zahlungspflicht gesetzlich allein an das Vorliegen eines Insolvenzereignisses i.S.d. § 183 SGB III geknüpft ist. Sie müsste damit - ähnlich wie bei der Berechnung eines Altgläubigerschadens - fiktiv das Szenario bei rechtzeitiger Antragstellung darlegen und konkrete Anhaltspunkte dafür vortragen, warum sie trotz des auch dann vorliegenden Insolvenzereignisses nicht in Anspruch genommen worden wäre.
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III. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit
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Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.