Landgericht Flensburg Beschluss, 24. Apr. 2007 - 7 S 89/06

ECLI:ECLI:DE:LGFLENS:2007:0424.7S89.06.0A
bei uns veröffentlicht am24.04.2007

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 06.07.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Niebüll wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig nach einem Gegenstandswert in Höhe von 1.184,70 € kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

1

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

2

Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 ZPO).

3

Dies ergibt sich aus den Gründen des Hinweises vom 23.03.2007, auf den verwiesen wird.

4

Die Kammer hält trotz der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 16.04.2007, über die die Kammer intensiv beraten hat, an der im Hinweisbeschluss geäußerten Rechtsauffassung fest. Die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs des Klägers nach §§ 683 S.1, 670 BGB sind nicht gegeben. Die Abmahnung der anwaltlichen Vertreterin des Klägers vom 27.10.2005 stellt keine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag dar. Sie hat nicht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen.

5

Die Kammer hat bereits in ihrem Hinweisbeschluss deutlich gemacht, dass trotz der umfangreichen Kasuistik zur Frage der Berechtigung oder Nichtberechtigung von urheberrechtlichen Maßnahmen das gesetzliche Tatbestandsmerkmal der Anspruchsgrundlage „dem mutmaßlichen Willen entsprechend“ erfüllt sein muss. Das ist der Wille, den die Beklagte bei einer objektiven Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Abmahnung durch die anwaltliche Vertreterin des Klägers geäußert haben würde (vgl. OLG München NJW-RR 1988, 1013, 1015). Für dessen Bestimmung kommt es darauf an, ob die Abmahnung dem Interesse der Beklagten entsprochen hat, für diese also objektiv nützlich gewesen ist (vgl. OLG München, aaO.; BGH NJW-RR 1989, 970). Entscheidend ist ausschließlich die Perspektive der Beklagten als Geschäftsherrin (vgl. Bergmann, Staudinger, Kommentar zum BGB, §§ 657-704, Neubearbeitung 2006, § 683 Rn.28); das Risiko einer unzutreffenden Einschätzung hierüber liegt beim Kläger (vgl. Bergmann, aaO., § 683 Rn.8).

6

Die im Regelfall für die Bestimmung des objektiven Interesses anzustellende Kosten-Nutzen-Analyse (Bergmann, aaO., § 683 Rn.39) hätte hier eine Kosten verursachende anwaltliche Abmahnung der Beklagten nicht erfordert. Eine Wiederholungsgefahr hat nach der - von Rechtsanwalt Dr. S. der anwaltlichen Vertreterin des Klägers mitgeteilten - Rückgabe der verbliebenen Exemplare durch die Beklagte an den Verleger L. nicht mehr bestanden.

7

Für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr kommt es auch nach den vom Kläger zitierten Entscheidungen darauf an, ob trotz der tatsächlichen Verhaltensweise des Störers (zB Aufgabe der Betätigung im Fall TCM) die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Störer beseitigt ist oder nicht (vgl. BGH GRUR 2001, 453, 455; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9.Auflage 2007, 6.Kapitel Rn.2). Eine absolute Sicherheit ist hingegen nicht erforderlich. Diese Wahrscheinlichkeit eines weiteren Verkaufs der Kalender hat hier entgegen der Ansicht des Klägers nicht bestanden. Dieser ist - anders als der Kläger meint - nicht „faktisch möglich“ gewesen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Verleger L. sämtliche Kalender von der Beklagten zurückerhalten hat und weder der L.-Verlag noch ... die Kalender im Sortiment geführt haben. Weshalb der Kläger annimmt, dass sich die Beklagte gleichwohl erneut Kalender verschaffen und sie sie verkaufen würde, ist - unabhängig davon, dass für ein solches Verhalten kein wirtschaftlicher Anreiz bestanden hätte - nicht ersichtlich und ergibt sich nicht aus dem insoweit unstreitigen Sachverhalt. Es kann dahin stehen, ob die Auffassung der Kammer in anderen Fällen eine Beweisaufnahme über die tatsächliche Beendigung des störenden Verhaltens erfordern würde. Hier ist eine solche Beweisaufnahme nicht erforderlich.

8

Wenn der Kläger nunmehr geltend macht, dass ihm vor der Abmahnung der Beklagten nur die „Aussage des Prozessbevollmächtigten des Hauptverletzers“ vorgelegen habe, der er nicht habe vertrauen müssen , greift dies zu kurz. Zwar mag in anderen Fällen einer Urheberrechtsverletzung eine Kontaktaufnahme zum Störer vor Abmahnung nicht erforderlich sein, um das Kostenrisiko des Verletzten zu minimieren. Hier hat der Kläger bzw. dessen anwaltliche Vertreterin aber durchaus hinreichende Anhaltspunkte dafür gehabt, dass ein störendes Verhalten der Beklagten auch unabhängig von deren wirtschaftlichem Eigeninteresse nicht mehr möglich gewesen ist. Bestritten hat der Kläger die Richtigkeit der Erklärung von Dr. S. jedenfalls nicht. Unter diesen Umständen hätte es, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, nahe gelegen, gegebenenfalls bei Dr. S. oder direkt bei der Beklagten nachzufragen.

9

Ob die Beklagte gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Verleger L. haben könnte, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Bei der Beklagten ist nach der von der Kammer vertretenen Auffassung ein Schaden nicht eingetreten.

10

Dementsprechend stellt die unberechtigte Abmahnung einen schuldhaften und rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten gemäß § 823 Abs. 1 BGB dar. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft nicht die hier relevante Frage, ob auch bei sorgfältiger Prüfung der unstreitigen Umstände vom Fortbestehen einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden konnte oder nicht.

11

Die Zurückweisung der Berufung kann durch Beschluss gemäß § 522 Abs.2 ZPO erfolgen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Der hier zu entscheidende Fall betrifft eine Sonderkonstellation, so dass die hier klärungsbedürftige Frage keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus hat.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


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Landgericht Flensburg Beschluss, 24. Apr. 2007 - 7 S 89/06 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 670 Ersatz von Aufwendungen


Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 683 Ersatz von Aufwendungen


Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht diese

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679 steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)