Landgericht Flensburg Urteil, 18. Juni 2012 - 4 O 160/11

ECLI:ECLI:DE:LGFLENS:2018:0618.4O160.11.00
bei uns veröffentlicht am18.06.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages.

2

Der Kläger schloss bei der Beklagten eine kapitalbildende Lebensversicherung gemäß dem Versicherungsschein vom 10.11.2004 (Anlage K 3, Bl. 22 ff. d.A.) ab. Dabei erhielt er die Verbraucherinformation (Anlage K 2, Bl. 21 d.A.) erst zusammen mit dem Versicherungsschein mit einem Anschreiben der Beklagten vom 10.11.2004 (Anlage K 1, Bl. 19 f. d.A.) übersandt.

3

Mit Schreiben vom 26.11.2010 kündigte der Kläger die Versicherung zum 01.12.2010. Die Beklagte nahm mit Schreiben vom 26.11.2010 (Anlage K 17, Bl. 83 d.A.) eine Abrechnung vor und zahlte als Rückkaufswert zzgl. Überschussbeteiligung und einbehaltenen Beiträgen 3.328,39 € an den Kläger aus. Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 06.05.2011 und 11.05.2011 erklärte der Kläger den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages gemäß § 5a VVG 1994, den Widerruf gemäß §§ 495, 355 BGB und vorsorglich die Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB und verlangte von der Beklagten die Rückzahlung aller eingezahlten Beiträge zzgl. Zinsen.

4

Dieses Begehren verfolgt der Kläger mit der Klage weiter.

5

Er meint, die Widerspruchsfrist nach § 5 a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden, weil er in der Verbraucherinformation nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei, insbesondere habe eine Belehrung darüber gefehlt, dass eine rechtzeitige Absendung des Widerspruchs zur Fristwahrung ausreiche.

6

Die Jahresfrist nach § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sei europarechtswidrig, ebenso aber auch der übrige Inhalt des § 5a VVG a.F. Das Policenmodell, das es erlaube, dem Versicherungsnehmer erst zusammen mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen zu übersenden, widerspreche der Zielsetzung der europarechtlichen Richtlinien, wonach ein Verbraucher vor seiner verbindlichen Entscheidung für eine bestimmte Versicherung alle maßgeblichen Bedingungen kennen und die Möglichkeit zum Vergleich mit Konkurrenzprodukten haben müsse. Rechtsfolge dieser Europarechtswidrigkeit sei ein zeitlich unbeschränktes Widerrufsrecht.

7

Auch nach § 495 BGB sei ein Widerrufsrecht begründet. Sei die Versicherungsprämie nämlich ein Jahresbeitrag, der mit entsprechenden Zuschlägen in monatlichen Raten zu zahlen sei, dann handele es sich der Sache nach um einen Kredit, bei dem die Angabe des effektiven Jahreszinses geboten sei. Die im alten Recht enthaltenen, von einer ordnungsgemäßen Belehrung unabhängigen Befristungen für einen Widerruf sein wegen Europarechtswidrigkeit unwirksam.

8

Rechtsfolge von Widerspruch und Widerruf sei eine Rückerstattung aller Prämien nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, daneben aber auch eine Herausgabe der vom Versicherer gezogenen Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB, also der Zinsvorteile. Diese müsse die Beklagte darlegen, da es sich um Vorgänge aus ihrer Sphäre handele. Die Zinsvorteile könnten aber jedenfalls auf 7 % geschätzt werden.

9

Ihm stehe außerdem gegen die Beklagte auch ein Schadensersatzanspruch wegen Beratungsverschuldens zu. Er hätte nämlich entsprechend der Kick-Back-Rechtsprechung des BGH darüber belehrt werden müssen, dass ein Großteil der Prämien für die Zahlung der Provisionen der Versicherungsagenten und für Abschluss- und Verwaltungskosten verwendet würde. Durch die unterbliebene Belehrung sei ihm ein Schaden mindestens in Höhe der Klageforderung entstanden.

10

Hilfsweise könne er von der Beklagten Auskunft zur Ermittlung des Mindestrückkaufswertes verlangen. Die Beklagte habe nämlich bei der Abrechnung seines Vertrages die Beiträge in unzulässigerweise gezillmert und Stornoabzüge vorgenommen und im Ergebnis weniger als die Hälfte der Prämien als Rückkaufswert ausgezahlt.

11

Der Kläger beantragt,

12

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.839,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2011 zu zahlen,

13

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 871,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

14

hilfsweise,

15

die Beklagte zu verurteilen,

16

a) in prüfbarer und - soweit für die Prüfung erforderlich - belegter Form darüber Auskunft zu erteilen, mit welchen Abschlusskosten die Beklagte den Zeitwert nach § 176 Abs. 3 VVG und welchem Abzug sie die Auszahlungsbeträge für den mit dem Kläger abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag belastet hat,

17

b) die von der Beklagten erteilten Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen,

18

c) ggf. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern und

19

d) die Beklagte zur Zahlung eines Betrages an den Kläger in einer nach der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 29.01.2011 zu verurteilen.

20

Die Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beklagte hält den Widerspruch des Klägers für verspätet und meint, er sei auf sein Widerspruchsrecht im Versicherungsschein ordnungsgemäß hingewiesen worden. § 5 a VVG a.F. sei europarechtskonform und wirksam. Nach einem Rücktritt sei ohnehin keine Widerspruch mehr möglich. Zudem habe der Kläger den Versicherungsvertrag durch sein Verhalten in den Jahren seit 2004 konkludent genehmigt, jedenfalls sei sein Widerspruchsrecht nach der langen Zeit verwirkt. Im Übrigen führe ein im Jahre 2011 erklärter Widerspruch nach § 152 VVG n.F. nur zu einem Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes.

23

Die Beklagte behauptet, sie habe keine Nutzungen von 7 % gezogen, erwirtschaftete Überschüsse seien den Versicherten nach § 81 VVG zugeflossen.

24

Bei der Berechnung des Rückkaufswertes habe sie keinen Stornoabzug vorgenommen. Im Übrigen habe der Kläger wenigstens die Hälfte des ungezillmerten Deckungsbetrages erhalten.

25

Die Beklagte hält schließlich das Verbraucherkreditrecht und die Kick-Back-Rechtssprechung im Bereich von Versicherungsverträgen für unanwendbar.

26

Wegen der Einzelheiten der zitierten Schriftstücke wird auf die angegebenen Fundstellen in der Akte verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist nicht begründet.

1.

28

Der Kläger kann keine Rückerstattung aller gezahlten Prämien nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB und keine Herausgabe von Nutzungen (Zinsvorteilen) nach § 818 Abs. 1 BGB verlangen, weil der Versicherungsvertrag zwischen ihm und der Beklagten wirksam zustande gekommen und nur durch die Kündigung des Klägers beendet worden ist.

a)

29

Der Kläger konnte im Mai 2011 keinen Widerspruch nach § 5 a Abs. 1 Satz 1, 2 VVG a.F. mehr erklären, weil er die Frist von 30 Tagen nach Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen nicht gewahrt hat.

30

Diese Unterlagen sind ihm mit dem Anschreiben der Beklagten vom 10.11.2004 (Anlage K1) übersandt worden und unstreitig kurz nach diesem Datum zugegangen, während sein Widerspruch erst im Mai 2011 erklärt worden ist.

31

Dabei ist der Kläger durch die ihm übersandte Verbraucherinformation (Anlage K 2) auch ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden, sodass die Widerspruchsfrist gemäß § 5 a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. in Gang gesetzt worden ist.

32

So war die Widerspruchsbelehrung hinreichend deutlich hervorgehoben. Sie war durch Fettdruck gegenüber dem übrigen Schriftbild der Verbraucherinformation deutlich abgehoben, wobei diese ohnehin nur 2 Seiten (Vorder- und Rückseite) umfasste, sodass die auf der Vorderseite stehende Belehrung auf den ersten Blick zu erkennen war.

33

Der Beginn der Widerspruchsfrist wurde hinreichend eindeutig durch die Formulierung "nach Überlassen der Unterlagen" bezeichnet, wobei im folgenden Satz die maßgeblichen Unterlagen aufgelistet wurden. Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist klar, dass ein "Überlassen" der Unterlagen vorliegt, sobald er diese tatsächlich erhalten hat, zumal er ja auch dann erst von der Verbraucherinformation Kenntnis erlangen kann.

34

Dass eine rechtzeitige Absendung des Widerspruchsschreibens zur Wahrung der Widerspruchsfrist genügte, wurde durch den Zusatz: "Absendung genügt" eindeutig zum Ausdruck gebracht. Der unmittelbare textliche und inhaltliche Zusammenhang dieses Klammerzusatzes mit der Frist von 14 Tagen ließ zweifelsfrei erkennen, dass eine Absendung innerhalb von 14 Tagen gemeint war, es bedurfte deshalb nicht des ausdrücklichen Zusatzes: "rechtzeitige Absendung …".

35

Weiter war der Belehrung hinsichtlich der Folgen eines Widerspruchs eindeutig zu entnehmen, dass im Falle eines Widerspruchs der Versicherungsvertrag nicht als geschlossen gelten würde. Eine weitergehende Belehrung darüber, was im Falle eines Widerspruchs hinsichtlich bereits gezahlter Prämien und sonstiger schon erbrachter Leistungen gelten würde, war nach damaligem Recht nicht vorgeschrieben und insbesondere auch deshalb nicht erforderlich, weil sich die Belehrung ja nur auf den gesetzlichen Regelfall zu beziehen brauchte, nach dem ein Widerspruch innerhalb von 14 Tagen nach Übersendung des Versicherungsscheins und der Versicherungsunterlagen ausgeübt werden musste. In diesem Falle stellte sich die Problematik schon gezahlter Prämien ja allenfalls hinsichtlich der ersten Prämie.

36

Dass er das Widerspruchsrecht ohne Angabe von Gründen ausüben durfte, musste dem Kläger nicht noch ausdrücklich erläutert werden. Nach der Belehrung konnte er ja widersprechen, ohne dass dafür (abgesehen von der Frist) irgendwelche Bedingungen genannt waren. Bei einem verständigen Versicherungsnehmer konnte deshalb auch nicht der Irrtum entstehen, einen Widerspruch nur mit besonderer Begründung erklären zu dürfen.

37

Schließlich konnte der Kläger auch keinen Zweifel hinsichtlich des Adressaten eine Widerspruchserklärung haben. Es ergab sich aus der Natur der Sache, dass der Widerspruch gegenüber der Beklagten erklärt werden musste, deren Anschrift in der Verbraucherinformation ausdrücklich angegeben war.

b)

38

Das sogenannte Policenmodell, das § 5 a Abs. 1 Satz 1, 2 VVG a.F. zugrunde liegt, ist nicht europarechtswidrig.

39

Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaft in ihren Stellungnahmen vom 04.04.2006 (Anlage K 14) und vom 12.10.2006 (Anlage K 16) dargelegt hat, verlangt das (dort im Wortlaut wiedergegebene) europäische Recht lediglich, dass dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages die im Einzelnen vorgegebenen Informationen zum Vertragsinhalt mitgeteilt werden. Darüber, wann und wie genau der Vertragsabschluss erfolgt, gibt es jedoch keine europarechtlichen Vorgaben. Das nationale Recht kann deshalb durchaus bestimmen, dass ein wirksamer Vertrag erst dann vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer nach Übersendung der Vertragsunterlagen binnen einer bestimmten Frist keinen Widerspruch erklärt.

40

Zuzugeben ist sicherlich, dass bei dieser Gestaltung der eigentliche Zweck der europarechtlichen Bestimmungen nicht optimal erreicht wird, der darin besteht, dass der Versicherungsnehmer vor seiner Entscheidung für einen bestimmten Versicherungsvertrag umfassend informiert und in der Lage sein soll, die Angebote verschiedener Versicherer sachgerecht miteinander zu vergleichen. Erhält er die dazu erforderlichen Informationen nämlich erst, nachdem er bereits den Antrag unterschrieben hat, dann ist die psychologische Hemmschwelle, sich jetzt überhaupt noch mit Vertragsklauseln zu beschäftigen und sich doch noch gegen den eigentlich schon ausgewählten Versicherungsvertrag zu entscheiden, sicherlich höher, als wenn dem Versicherungsnehmer diese Informationen bereits vor Antragstellung vorliegen. Ihm wird nunmehr eine Widerspruchslast auferlegt.

41

Allein der Umstand, dass das sogenannte Antragsmodell den europarechtlichen Zielsetzungen besser entspricht, führt aber noch nicht zur Unzulässigkeit des Policenmodells. Schließlich bleibt es auch bei dem Policenmodell - vorbehaltlich der hier noch nicht relevanten Regelung nach § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - dabei, dass der Versicherungsnehmer eine verpflichtende Bindung noch verhindern kann, nachdem er alle Unterlagen erhalten hat und entsprechend belehrt worden ist. Entgegen der Auffassung der Europäischen Kommission handelt es sich bei dem Widerspruch rechtstechnisch um etwas anderes als einen Rücktritt von einem bereits wirksamen Vertrag.

42

Von einer Europarechtskonformität geht ersichtlich auch der Bundesgerichtshof aus, der ja in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 28.03.2012 nur die Jahresfrist nach § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. problematisiert hat, nicht aber das Policenmodell insgesamt.

c)

43

Selbst wenn man den vorstehenden Ausführungen zu 1. a) nicht folgen und die Belehrung der Beklagten als unzureichend ansehen wollte, wäre der Widerspruch des Klägers nach § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. verspätet. Der Kläger hat auch die Frist von einem Jahr nach Zahlung der ersten Prämie nicht gewahrt.

44

Zu diesem Ergebnis gelangt man ohne weiteres, wenn man davon ausgeht, dass auch § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. europarechtskonform ist. Letztlich gilt aber auch dann nichts anderes, wenn man von einer Europarechtswidrigkeit ausgeht. In diesem Falle müsste die Vorschrift nämlich von den deutschen Gerichten trotzdem weiter angewandt werden.

45

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann auch eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung, mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüber stehen, nicht als solche Anwendung finden; den Richtlinien kommt keine horizontale Direktwirkung zu (BGH, Urteil vom 26.11.2008, Az.: VIII ZR 200/05, bei Juris Rd.-Nr. 35). Vielmehr sind die nationalen Gerichte (nur) verpflichtet, zur Durchführung einer europäischen Richtlinie erlassene Gesetze unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (BGH, Urteil vom 09.04.2002, Az.: XI ZR 91/99, bei Juris Rd.-Nr. 14).

46

In dem auf das "Heininger-Urteil" des EuGH folgenden Urteil vom 09.04.2002 ist der BGH dieser Verpflichtung in der Weise nachgekommen, dass er § 5 Abs. 2 HWiG einschränkend ausgelegt hat, wobei diese Auslegung nach seiner Auffassung mit dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung vereinbar war (BGH, a.a.O., bei Juris Rd.-Nr. 17 ff.) und dieser Gesetzesbestimmung auch noch einen hinreichenden Anwendungsbereich beließ (BGH, a.a.O., bei Juris Rd.-Nr. 31).

47

Im "Quelle-Urteil" vom 26.11.2008 hat der BGH ergänzend ausgeführt, dass eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts auch dann möglich sei, wenn eine einschränkende Gesetzesauslegung im engeren Sinne wegen des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht möglich sei. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung fordere nämlich auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich sei, richtlinienkonform fortzubilden, beispielsweise durch eine teleologische Reduktion. Das Verbot einer Auslegung contra legem sei funktionell zu verstehen und bezeichne den Bereich, in dem eine richterliche Rechtsfindung nach nationalen Methoden unzulässig sei (BGH, a.a.O., bei Juris Rd.-Nr. 20, 21).

48

Auf das nationale deutsche Recht bezogen bedeutet das, dass sich die Gerichte wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung und ihrer Bindung an das Gesetz nicht gegen eindeutigen Willen des Gesetzgebers stellen dürfen (so auch das BVerfG in seinem auf das "Heininger-Urteil" des BGH bezogenen Beschluss vom 26.09.2011, Az. 2 BvR 2216/06, insbes. Abschnitt 45). Im "Quelle-Urteil" hat der BGH eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes angenommen, weil der Gesetzgeber einerseits zwar die von ihm formulierte Gesetzesbestimmung, andererseits aber ausdrücklich auch eine richtlinienkonforme Regelung gewollte habe. Auf dieser Grundlage ist der BGH zu einer teleologischen Reduktion gelangt. Dabei verblieb wiederum für die betroffene Verweisungsklausel in § 439 Abs. 4 BGB ein hinreichender Anwendungsbereich, die Verweisung auf die Rücktrittsvorschriften sollte nur insoweit nicht gelten, als diese zu einem Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache geführt hätten.

49

Im Falle von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. lässt dem gegenüber der eindeutige Wortlaut keinen Spielraum für eine einschränkende Gesetzesauslegung im engeren Sinne dahingehend zu, dass das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers bestehen bleibt, solange er nicht sämtliche Informationen und die Belehrung über sein Widerspruchsrecht erhalten hat. Schließlich regelt § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. explizit diesen Fall gerade im umgekehrten Sinne.

50

Aus diesem Grunde kommt auch eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion nicht in Betracht, selbst wenn man unterstellt, dass der Gesetzgeber mit § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. eine richtlinienkonforme Regelung schaffen wollte (wofür anders als im Falle des § 439 Abs. 4 BGB ausdrückliche Hinweise in der Gesetzesbegründung fehlen). Geht man nach dem "Heininger-Urteil" des EuGH davon aus, dass ein Widerrufsrecht generell nicht erlöschen darf, solange der Verbraucher über dieses gar nicht belehrt worden ist, und dass nach der Lebensversicherungsrichtlinie ein wirksamer Versicherungsvertrag nicht zustande kommen darf, solange der Versicherungsnehmer nicht alle Vertragsinformationen erhalten hat, dann verbleibt für § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. nämlich überhaupt kein richtlinienkonformer Anwendungsbereich mehr. Eine generelle Unanwendbarkeit einer Gesetzesnorm lässt sich jedoch nicht mit dem Institut einer teleologischen Reduktion begründen. Eine Gesetzesnorm für schlechthin unwirksam und unanwendbar zu erklären, steht den Gerichten nicht zu (abgesehen von Sonderfall des Bundesverfassungsgerichts im Falle der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen). In diesem Falle muss es dem Gesetzgeber selbst vorbehalten bleiben, die von ihm geschaffene, europarechtswidrige Regelung durch eine neue, europarechtskonforme zu ersetzen. Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg in dessen Urteil vom 18.11.2011 (Anlage B 29) an.

d)

51

Auf die Frage einer Verwirkung sowie darauf, ob sich die Rechtsfolgen eines im Jahre 2011 erklärten Widerspruchs nach § 152 n.F. VVG richten würden, kommt es nicht mehr an.

2.

52

Der Kläger kann die Klage auch nicht mit Erfolg auf einen Widerruf nach §§ 495, 355 BGB stützen, weil die Regelung über die Prämienzahlungen nach § 3 Nr. 1, 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Anlage K 3) bei unterjährigen Ratenzahlungen keine Kreditgewährung enthält.

53

Nach § 499 Abs. 1 BGB a. F., jetzt § 506 Abs. 1 BGB n.F. stellt zwar u.a. die Gewährung eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs einen Kreditvertrag dar, und in § 3 Nr. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist für den Fall halbjährlicher, vierteljährlicher oder monatlicher Zahlungen von Zuschlägen die Rede.

54

Dem gegenüber ist aber der Gesetzgeber bei der Schaffung des VerbrKrG (des Vorgängers des jetzigen Verbraucherdarlehensrechts) ausdrücklich davon ausgegangen, dass Dauerschuldverhältnisse mit laufenden Zahlungen nicht schon dann unter das VerbrKrG fallen würden, wenn die Tarife nach der Zahlungsweise (monatlich, vierteljährlich usw.) gestaffelt werden, wie dies z.B. bei Versicherungsverträgen angetroffen werde. Bei dieser Tarifgestaltung liege kein Zahlungsaufschub vor, vielmehr stünden Rabattgesichtspunkte im Vordergrund. Dem wird allerdings entgegengehalten, dass es letztlich nur eine Frage der Darstellung durch den Versicherer ist, welche Summe den maßgeblichen Ausgangsbetrag bilden soll, ob dem Versicherungsnehmer bei einmaliger oder jährlicher Zahlung ein Rabatt gewährt wird, oder ob er umgekehrt bei unterjähriger Zahlungsweise mit Zuschlägen belastet wird. Gerade deswegen kann es aber im Ergebnis für die Frage, ob ein entgeltlicher Zahlungsaufschub gewährt wird, nicht auf die jeweiligen Formulierungen ankommen.

55

Überzeugender ist vielmehr nach Auffassung der Kammer der Ansatz, der nicht isoliert nur die verschiedenen vertraglichen Zahlungsmöglichkeiten miteinander vergleicht, sondern vielmehr darauf abstellt, ob gegenüber dem dispositiven Gesetzesrecht ein Zahlungsaufschub vorliegt. Weicht nämlich eine im Vertrag vorgesehene Zahlungsvereinbarung in Zeitabschnitten nicht zugunsten des Zahlungsverpflichteten vom dispositiven Recht ab, dann bringt ihm die vertragliche Regelung keine wirtschaftliche Besserstellung, sodass auch nicht von einem Kredit gesprochen werden kann (Nachweise im Beschluss des OLG Hamm vom 24.08.2011 -Az. 20 U 51/11 - auf Seite 3/4). Dabei regelt das VVG lediglich die Fälligkeit der Erst- oder Einmalprämie in § 35 a.F./ § 33 n.F. VVG, sodass es im Übrigen nach dem dispositiven Gesetzesrecht gemäß § 271 Abs. 1 BGB auf die von den Parteien getroffene Bestimmung der Leistungszeit ankommt. Auch die Regelung in § 9 a.F. /§ 12 n.F. VVG, wonach die Versicherungsperiode ein Jahr beträgt, ändert daran nichts, weil damit nichts über die Fälligkeit der Prämien gesagt ist. Insoweit schließt sich die Kammer den zutreffenden Ausführungen des OLG Hamm a.a.O. auf Seite 4 bis 6 an.

3.

56

Der Kläger kann die Klageforderung auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch wegen Beratungsverschuldens nach den früheren Regelungen der c.i.c. (jetzt § 280 Abs. 1 BGB) stützen.

57

Eine unrichtige Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a.F. liegt, wie oben unter 1. a) bereits dargelegt, nicht vor.

58

Eine gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, den Kläger darüber zu informieren, in welchem Umfang seine Prämienzahlungen für Provisionen und Abschluss- und Verwaltungskosten verwendet werden würden, bestand 2004 nicht, sie ist erst mit Wirkung ab 01.01.2008 für Neuverträge gesetzlich begründet worden. Die sogenannte Kick-Back-Rechtsprechung des BGH ist auf den Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages nicht anzuwenden.

59

Diese Rechtsprechung betrifft nur Banken und andere gewerbliche Kapitalanlageberater, die im Rahmen von Geschäftsbesorgungs- oder Kommissionsverträgen tätig werden. Das hat der BGH in seinem Urteil vom 29.11.2011 (Az. XI ZR 220/10; bei Juris Rn 39) ausdrücklich klargestellt. Etwas anderes besagt auch das vom Kläger vorgelegte Urteil des LG Heidelberg (Anlage K 21) nicht. Im dortigen Fall richtete sich die Klage nämlich auch nicht gegen einen Versicherer, sondern gegen eine Bank, die ihrem Kunden eine Lebensversicherung als Kapitalanlage empfohlen hatte.

60

Dem gegenüber hat der Kläger bei der Beklagten einen normalen Versicherungsvertrag abgeschlossen. In diesem Rahmen bezieht sich die Beratung durch den Versicherer in aller Regel darauf, hinsichtlich welcher Risiken ein Versicherungsbedarf besteht und wie dieser sachgerecht abgedeckt werden kann. Auch eine kapitalbildende Lebensversicherung dient in diesem Sinne zunächst einmal der Absicherung. Dass sie zugleich - anders als eine reine Risikoversicherung - auch den Charakter einer Kapitalanlage hat, macht den Versicherer noch nicht zu einem Anlageberater. Dass hier im konkreten Fall der Kläger von der Beklagten speziell eine Kapitalanlageberatung gewünscht und sich aufgrund einer solchen für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages entschlossen hätte, trägt der Kläger selbst nicht vor.

4.

61

Schließlich ist die Klage auch insoweit unbegründet, als der Kläger meint, dass ihm jedenfalls ein höherer Rückkaufswert als der von der Beklagten ausgezahlte zustehen müsse, und darauf seine Hilfsanträge stützt.

62

Nach dem grundlegenden Urteil des BGH vom 12.10.2005 (VersR 2005, 1565 ff.) sind zwar die Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswertes wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Daraus folgt aber lediglich, dass einem Versicherungsnehmer auch dann, wenn er den Versicherungsvertrag schon nach recht kurzer Zeit kündigt, sodass nach dem Zillmerungsverfahren zunächst nur die Abschlusskosten durch seine Prämienzahlungen ausgeglichen worden sind, jedenfalls ein Rückkaufswert zustehen muss, der der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals entspricht. Dabei ist die Hälfte des ungezimmerten Deckungskapitals wegen des Abzugs von Risikoanteilen und laufenden Verwaltungskosten stets geringer als die Hälfte der eingezahlten Prämien (OLG Köln, Beschluss vom 25.06.2012, Anlage B 18) und beträgt rund 40 % der gezahlten Beiträge (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.08.2011, Anlage B 17).

63

Der Kläger hat demgegenüber nach seinen eigenen Angaben 7.267,60 € Beiträge gezahlt und einen Rückkaufswert von 3.328,39 € ausgezahlt bekommen, das entspricht knapp 46 % der gezahlten Prämien.

64

Kommt somit ein Zahlungsanspruch des Klägers auf einen höheren Rückkaufswert von vornherein nicht in Betracht, dann besteht auch für einen vorgeschalteten Auskunftsanspruch keine Grundlage.

5.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Landgericht Flensburg Urteil, 18. Juni 2012 - 4 O 160/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Apr. 2002 - XI ZR 91/99

bei uns veröffentlicht am 09.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 91/99 Verkündet am: 9. April 2002 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2011 - XI ZR 220/10

bei uns veröffentlicht am 29.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 220/10 Verkündet am: 29. November 2011 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2008 - VIII ZR 200/05

bei uns veröffentlicht am 26.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 200/05 Verkündet am: 26. November 2008 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.

(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.

(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.

(2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 200/05 Verkündet am:
26. November 2008
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
EG Art. 10, 249 Abs. 3; Richtlinie 1999/44/EG Art. 3; BGB §§ 346 bis 348, § 439 Abs. 4,
§ 474 Abs. 1 Satz 1

a) Der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geprägte
Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten über eine
Gesetzesauslegung im engeren Sinne hinaus auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich
ist, richtlinienkonform fortzubilden.

b) Eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte
Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus; eine
solche planwidrige Unvollständigkeit kann sich daraus ergeben, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung
ausdrücklich seine Absicht bekundet hat, eine richtlinienkonforme Regelung
zu schaffen, die Annahme des Gesetzgebers, die Regelung sei richtlinienkonform, aber fehlerhaft
ist.

c) § 439 Abs. 4 BGB ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
vom 17. April 2008 (Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quelle AG/Bundesverband der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung
in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) einschränkend anzuwenden
: Die in § 439 Abs. 4 BGB in Bezug genommenen Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346
bis 348 BGB) gelten in diesen Fällen nur für die Rückgewähr der mangelhaften Sache selbst, führen
hingegen nicht zu einem Anspruch des Verkäufers gegen den Käufer auf Herausgabe der
gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache.
BGH, Urteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Wolst, die Richterin Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. August 2005 wird zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Klageantrags zu I 2 in dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 7. Zivilkammer, vom 22. April 2005 zurückgewiesen worden ist. Auf die Berufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils und im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, Verbrauchern im Zusammenhang mit der Lieferung von Waren, die als Ersatz für mangelhafte Kaufgegenstände zur Verfügung gestellt werden, Beträge für die Nutzung der mangelhaften Ware in Rechnung zu stellen. Die Kosten der Revision einschließlich der Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden der Beklagten auferlegt. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger ein Viertel und die Beklagte drei Viertel zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist ein Verbraucherverband, der in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) beim Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist. Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen.
2
Im Sommer 2002 bestellte die Käuferin B. für ihren privaten Gebrauch bei der Beklagten ein sogenanntes "Herd-Set" zum Preis von 524,90 €. Die Ware wurde im August 2002 geliefert. Im Januar 2004 stellte die Käuferin fest, dass sich an der Innenseite des zu dem "Herd-Set" gehörenden Backofens die Emailleschicht abgelöst hatte. Da eine Reparatur des Gerätes nicht möglich war, tauschte die Beklagte den Backofen vereinbarungsgemäß noch im Januar 2004 aus. Das ursprünglich gelieferte Gerät gab die Käuferin an die Beklagte zurück. Für dessen Nutzung verlangte die Beklagte eine Vergütung , die die Käuferin an die Beklagte zahlte.
3
Gestützt auf eine entsprechende Ermächtigung durch die Käuferin verlangt der Kläger Rückzahlung der Vergütung in Höhe von 67,86 € nebst Zinsen. Daneben hat er, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Verbrauchern im Falle der Ersatzlieferung Beträge für die Nutzung der mangelhaften Ware in Rechnung zu stellen.
4
Das Landgericht (LG Nürnberg-Fürth, NJW 2005, 2558) hat dem Zahlungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG Nürnberg, NJW 2005, 3000) hat die Berufung der Beklagten und hinsichtlich des vorbezeichneten Unterlassungsantrags auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision für beide Parteien zugelassen.
Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die Abweisung der Zahlungsklage. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision den Unterlassungsanspruch weiter.
5
Der Senat hat das Verfahren durch Beschluss vom 16. August 2006 (NJW 2006, 3200) ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG um eine Vorabentscheidung ersucht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat hierüber durch Urteil vom 17. April 2008 (Rs. C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände) entschieden.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers ist begründet.

A.

7
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
8
Die Zahlung einer Nutzungsentschädigung sei ohne Rechtsgrund erfolgt und könne daher nach § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden. Aus der Verweisung des § 439 Abs. 4 BGB auf § 346 Abs. 1 BGB könne die Beklagte keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung herleiten. Die Vorschrift des § 439 Abs. 4 BGB enthalte keine Rechtsfolgenverweisung auf § 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB (Herausgabe von tatsächlich gezogenen Nutzungen). Die Begründung des Gesetzgebers für eine Verpflichtung des Käufers, im Falle der Ersatzlieferung eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, überzeuge nicht. Es sei nicht gerechtfertigt, im Falle einer Ersatzlieferung alle aus dem Rücktritt resultierenden Rechtsfol- gen anzuwenden. Zwar habe der Käufer bei der Ersatzlieferung dadurch einen Vorteil, dass er anstelle der ursprünglichen Sache nun eine neue ungebrauchte Sache mit einer neuen Gewährleistungsfrist erhalte und grundsätzlich mit einer längeren Lebensdauer der Ware rechnen könne. Dem Verkäufer bleibe als Nachteil eine unverkäufliche, weil mangelbehaftete Sache; allerdings behalte er den vollen Kaufpreis und damit den eigentlichen Gewinn. Im Falle des Rücktritts stelle sich die Situation für den Verkäufer deutlich ungünstiger dar. Er müsse nicht nur die mangelhafte Ware behalten, sondern zusätzlich noch den im Kaufpreis enthaltenen Gewinn herausgeben. Demgegenüber erhalte der Käufer den vollen Kaufpreis zurück und könne sich von seinem Vertragspartner lösen. Nur in diesem Fall sei es interessengerecht, wenn der Käufer eine Nutzungsentschädigung zahle.
9
Auch wenn der Beklagten somit im Falle der Ersatzlieferung kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zustehe, sei der auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG gestützte Unterlassungsantrag unbegründet, weil das Verhalten der Beklagten nicht gegen eine Vorschrift verstoße, die dem Schutz der Verbraucher diene. Die Erwähnung von § 439 BGB in § 475 BGB lasse die erstgenannte Bestimmung nicht generell zu einer verbraucherschützenden Vorschrift werden. Denn in § 475 BGB werde als spezielle Regelung über den Verbrauchsgüterkauf nur die grundsätzliche Unabdingbarkeit des § 439 BGB festgeschrieben. Würde jede Abweichung von den Bestimmungen der §§ 433 ff. BGB, soweit diese die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzten, dem § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG unterfallen, hätte dies die nicht beabsichtigte Folge, dass aus jedem Rechtsstreit, in dem ein Unternehmer bei einem Verbrauchsgüterkauf unterliege , ein allgemeiner, vom Kläger durchzusetzender Unterlassungsanspruch herrührte. Ohnehin sei dem § 439 BGB ein Verbot, eine Nutzungsentschädigung verlangen zu dürfen, nicht zu entnehmen. Die Vorschrift des § 439 Abs. 4 BGB biete lediglich keine Anspruchsgrundlage für ein derartiges Verlangen, enthalte aber kein diesbezügliches Verbot.

B.

10
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
11
I. Revision der Beklagten
12
Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Käuferin gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung eines Betrages von 67,86 € nebst Zinsen hat, den der Kläger aufgrund der Ermächtigung durch die Käuferin im eigenen Namen geltend machen kann.
13
Die von der Käuferin geleistete Zahlung für die Nutzung des zunächst gelieferten mangelhaften Herdes ist ohne Rechtsgrund erfolgt. Der Beklagten steht ein Anspruch auf Wertersatz dafür, dass die Käuferin die anfangs gelieferte Ware in der Zeit von August 2002 bis Januar 2004 nutzen konnte, nicht zu. Ein derartiger Anspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus § 439 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 346 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 100 BGB.
14
1. Zwar kann nach dem Wortlaut des § 439 Abs. 4 BGB der Verkäufer, der zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache "nach Maßgabe der §§ 346 bis 348" verlangen. Neben der Rückgabe der empfangenen Leistung selbst sieht § 346 Abs. 1 BGB im Falle des Rücktritts die Pflicht zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen vor, zu denen auch die Gebrauchsvorteile nach § 100 BGB gehören. Für diese Vorteile hat der Rückgewährschuldner nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB dem Rückgewährgläubiger Wertersatz zu leisten. Dies gilt nach dem Wortlaut der Vorschriften auch dann, wenn es sich – wie im vorliegenden Fall – um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) handelt.
15
2. Diese – im rechtswissenschaftlichen Schrifttum sehr umstrittene (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2006, aaO, Tz. 10 ff. m.w.N.) – Vorschrift steht aber nicht im Einklang mit Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171, S. 12; im Folgenden: Richtlinie). Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie hat der Verbraucher bei Vertragswidrigkeit des Verbrauchsgutes entweder Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung oder auf angemessene Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie bestimmt , dass der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen kann, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. In Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie heißt es, dass die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung innerhalb angemessener Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen müsse. Nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie umfasst der Begriff "unentgeltlich" in den Absätzen 2 und 3 die für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten.
16
Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch Beschluss vom 16. August 2006 (aaO) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: "Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 oder des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie dahin auszule- gen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, die besagt, dass der Verkäufer im Falle der Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes durch Ersatzlieferung von dem Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des zunächst gelieferten vertragswidrigen Verbrauchsgutes verlangen kann?"
17
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Frage mit Urteil vom 17. April 2008 (aaO) wie folgt beantwortet: "Art. 3 der Richtlinie ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die dem Verkäufer, wenn er ein vertragswidriges Verbrauchsgut geliefert hat, gestattet, vom Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des vertragswidrigen Verbrauchsguts bis zu dessen Austausch durch ein neues Verbrauchsgut zu verlangen."
18
Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Dem Wortlaut und den einschlägigen Vorarbeiten der Richtlinie zufolge habe der Gemeinschaftsgesetzgeber die Unentgeltlichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch den Verkäufer zu einem wesentlichen Bestandteil des durch die Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes machen wollen (Rdnr. 33). Diese dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, solle den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen. Das bedeute, dass jede finanzielle Forderung des Verkäufers im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsmäßigen Zustands des Verbrauchsguts ausgeschlossen sei (Rdnr. 34). Diese Auslegung werde dadurch bestätigt, dass nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung auch ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zu erfolgen habe (Rdnr. 35). Der 15. Erwägungsgrund betreffe nur den in Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie vorgesehenen Fall der Vertragsauflösung mit gegenseitiger Herausgabe der erlangten Vorteile und könne somit nicht als allgemeiner Grundsatz verstanden werden (Rdnr. 39). Der Verbraucher werde durch die Erlangung eines neuen Verbrauchsguts als Ersatz für das vertragswidrige Verbrauchsgut nicht ungerechtfertigt bereichert. Er erhalte lediglich verspätet ein den Vertragsbestimmungen entsprechendes Verbrauchsgut, wie er es bereits zu Beginn hätte erhalten müssen (Rdnr. 41). Die finanziellen Interessen des Verkäufers seien durch die Verjährungsfrist von zwei Jahren nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie und durch die ihm in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie eröffnete Möglichkeit geschützt, die Ersatzlieferung zu verweigern, wenn sich diese Abhilfe wegen unzumutbarer Kosten als unverhältnismäßig erweist (Rdnr. 42).
19
3. An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 249 Abs. 3 EG und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 10 EG zudem verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 10. April 1984 – Rs. 14/83, Slg. 1984, 1891, Rdnr. 26, 28 – von Colson und Kamann/ Nordrhein-Westfalen; Urteil vom 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I S. 8835, Rdnr. 113 – Pfeiffer u.a./Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Waldshut e.V.).
20
a) Allerdings lässt sich dieses Gebot richtlinienkonformer Auslegung im vorliegenden Fall nicht im Wege einer (einschränkenden) Gesetzesauslegung im engeren Sinne umsetzen, also einer Rechtsfindung innerhalb des Gesetzeswortlauts (vgl. Canaris in: Festschrift für Bydlinski, 2002, S. 47, 81; Gebauer in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kap. 3 Rdnr. 38), deren Grenze durch den möglichen Wortsinn gebildet wird (vgl. La- renz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 343; Staudinger /Coing/Honsell, Einleitung zum BGB [2005], unter VIII 4). Dem steht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen, weil § 439 Abs. 4 BGB für den Fall der Ersatzlieferung uneingeschränkt auf die §§ 346 bis 348 BGB Bezug nimmt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dadurch allein die Rückgabe der mangelhaften Sache selbst geregelt und nicht dem Verkäufer auch ein Anspruch auf Herausgabe der vom Käufer gezogenen Nutzungen zugebilligt werden soll. Denn dann wäre zumindest die Verweisung auf § 347 BGB sinnlos, weil diese Vorschrift ausschließlich die Frage der Nutzungen (und Verwendungen ) regelt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2006, aaO, Tz. 14).
21
b) Der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften geprägte Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten aber mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne. Der Gerichtshof ist bei der Verwendung des Begriffs "Auslegung" nicht von der im deutschen Rechtskreis – anders als in anderen europäischen Rechtsordnungen – üblichen Unterscheidung zwischen Auslegung (im engeren Sinne) und Rechtsfortbildung ausgegangen. Auch die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften formulierte Einschränkung, nach der die richtlinienkonforme Auslegung nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen darf (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 – Rs. C-212/04, Slg. 2006, I S. 6057, Rdnr. 110 – Adeneler u.a./Ellinikos Organismos Galaktos), bezieht sich nicht auf die Wortlautgrenze. Der Begriff des Contra-legemJudizierens ist vielmehr funktionell zu verstehen; er bezeichnet den Bereich, in dem eine richterliche Rechtsfindung nach nationalen Methoden unzulässig ist (Canaris, aaO, S. 91). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung fordert deshalb auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (Canaris, aaO, S. 81 f.; Gebauer, aaO; Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999, S. 358; Her- resthal, Rechtsfortbildung im europarechtlichen Bezugsrahmen, 2006, S. 317 f.; Baldus/Becker, ZEuP 1997, 873, 883; aA Habersack/Mayer, WM 2002, 253, 256; Ehricke, ZIP 2004, 1025, 1029 f.). Daraus folgt hier das Gebot einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion (zum Begriff Larenz, aaO, S. 391) des § 439 Abs. 4 BGB auf einen mit Art. 3 der Richtlinie zu vereinbarenden Inhalt.
22
aa) Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. BGHZ 149, 165, 174; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 – IX ZB 134/04, NJW 2005, 1508, unter II 3 b aa (1), jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt.
23
In der Begründung des Koalitionsentwurfs zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz heißt es in der Einzelbegründung zu § 439 Abs. 4 BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 232 f.): "Ebenso wie bisher § 480 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 467 Satz 1 steht dem Verkäufer ein Rückgewähranspruch nach den Vorschriften über den Rücktritt zu. Deshalb muss der Käufer, dem der Verkäufer eine neue Sache zu liefern und der die zunächst gelieferte fehlerhafte Sache zurückzugeben hat, gemäß §§ 439 Abs. 4, 346 Abs. 1 RE auch die Nutzungen , also gemäß § 100 auch die Gebrauchsvorteile, herausgeben. Das rechtfertigt sich daraus, dass der Käufer mit der Nachlieferung eine neue Sache erhält und nicht einzusehen ist, dass er die zurückzugebende Sache in dem Zeitraum davor unentgeltlich nutzen können soll und so noch Vorteile aus der Mangelhaftigkeit ziehen können soll. (…) Mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist eine derartige Verpflichtung des Verbrauchers (Käufers) vereinbar. Zwar bestimmt deren Artikel 3 Abs. 2 ausdrücklich den Anspruch des Verbrauchers auf eine „unentgeltliche“ Herstellung des vertragsgemäßen Zustands. (…) Der vertragsgemäße Zustand wird indes durch die Lieferung der neuen Ersatzsache hergestellt. (…) Zu den Kosten kann aber nicht die Herausgabe von Nutzungen der vom Verbraucher benutzten mangelhaften Sache gezählt werden.
(…) Des Weiteren werden dem Verbraucher auch nicht Kosten, auch nicht solche der Rückgabe der gebrauchten, mangelhaften Sache auferlegt. Es geht vielmehr um die Herausgabe der Vorteile, die der Verbraucher (Käufer) aus dem Gebrauch der Sache gezogen hat, (…) Schließlich wird diese Wertung durch den Erwägungsgrund (15) der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestätigt. (…)"
24
Daraus ergibt sich, dass die Absicht des Gesetzgebers einerseits dahin ging, dem Verkäufer für den Fall der Ersatzlieferung einen Anspruch auf Herausgabe der vom Käufer gezogenen Nutzungen zuzubilligen. Andererseits sollte aber – was die weiteren Ausführungen in der Gesetzesbegründung belegen – auch eine Regelung geschaffen werden, die mit der Richtlinie vereinbar ist. Die explizit vertretene Auffassung, dass die Regelung über den Nutzungsersatz den Anforderungen der Richtlinie genüge, ist jedoch fehlerhaft, wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nunmehr mit Bindungswirkung festgestellt hat.
25
Damit erweist sich das Gesetz als planwidrig unvollständig. Es liegt eine verdeckte Regelungslücke (vgl. Larenz, aaO, S. 377) vor, weil die Verweisung in § 439 Abs. 4 BGB keine Einschränkung für den Anwendungsbereich der Richtlinie enthält und deshalb mit dieser nicht im Einklang steht. Dass diese Unvollständigkeit des Gesetzes planwidrig ist, ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausdrücklich seine Absicht bekundet hat, auch und gerade hinsichtlich des Nutzungsersatzes eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen. Somit steht die konkrete Regelungsabsicht hinsichtlich des Nutzungsersatzes nicht lediglich im Widerspruch zu einem generellen, allgemein formulierten Umsetzungswillen (so aber Schmidt, ZGS 2006, 408, 410). Vielmehr besteht ein Widerspruch zur konkret geäußerten, von der Annahme der Richtlinienkonformität getragenen Umsetzungsabsicht des Gesetzgebers. Deshalb ist auszuschließen, dass der Gesetzgeber § 439 Abs. 4 BGB in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die Vor- schrift nicht im Einklang mit der Richtlinie steht. Diese Annahme wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber nunmehr eine Gesetzesänderung in die Wege geleitet hat, die der im Streitfall ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Rechnung tragen und eine richtlinienkonforme Umsetzung der Richtlinie gewährleisten soll (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 15. Oktober 2008, BT-Drs. 16/10607, S. 4, 5 f.). Danach soll § 474 Abs. 2 BGB dahingehend neu gefasst werden, dass § 439 Abs. 4 BGB auf einen Verbrauchsgüterkauf mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind.
26
bb) Die bis zu einer gesetzlichen Neuregelung bestehende verdeckte Regelungslücke ist durch eine einschränkende Anwendung des § 439 Abs. 4 BGB für Fälle des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu schließen. Die Vorschrift ist in solchen Fällen einschränkend dahingehend anzuwenden , dass die in Bezug genommenen Vorschriften über den Rücktritt nur für die Rückgewähr der mangelhaften Sache selbst eingreifen, hingegen nicht zu einem Anspruch des Verkäufers auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen oder auf Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache führen (so auch Gebauer , AnwBl 2007, 314, 319; Theisen, GPR 2007, 276, 281 f.; Witt, NJW 2006, 3322, 3325). Diese Einschränkung ist nach dem Gebot richtlinienkonformer Rechtsfortbildung erforderlich, weil eine Verpflichtung des Käufers zur Zahlung von Nutzungsersatz mit Art. 3 der Richtlinie nicht vereinbar ist. Anders lässt sich der dargestellte Widerspruch zwischen den gesetzgeberischen Zielen – einerseits Begründung eines Anspruchs auf Nutzungsersatz, andererseits Richtlinienkonformität –, der eine planwidrige Regelungslücke begründet, im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht lösen.
27
Die Regelungslücke besteht zwar nur im Hinblick auf den im Verhältnis zu § 13 BGB engeren Verbraucherbegriff des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richt- linie. Die Ausfüllung der Lücke im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung ist jedoch auf alle Konstellationen des Verbrauchsgüterkaufs und damit des Verbraucherbegriffs gemäß § 13 BGB zu erstrecken, weil insoweit der Einheitlichkeitswille des nationalen Gesetzgebers in Bezug auf den Verbraucherbegriff zu berücksichtigen ist (vgl. Herresthal, NJW 2008, 2475, 2477, unter Hinweis auf BT-Drs. 14/3195, S. 32).
28
Hingegen bleibt es in Fällen, in denen kein Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, bei der uneingeschränkten Anwendung des § 439 Abs. 4 BGB. Eine Ausdehnung der teleologischen Reduktion des § 439 Abs. 4 BGB auch auf solche Fälle widerspräche dem Wortlaut und dem eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers, dem Verkäufer für den Fall der Ersatzlieferung einen Anspruch auf Herausgabe der vom Käufer gezogenen Nutzungen zuzubilligen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2006, aaO, Tz. 15 m.w.N.). Da solche Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie liegen, ergibt sich insoweit aus der fehlenden Richtlinienkonformität auch keine planwidrige Regelungslücke.
29
cc) Die teleologische Reduktion führt nicht zur faktischen Derogation des § 439 Abs. 4 BGB, denn die Regelung bleibt in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs hinsichtlich der Verweisung auf die Rücktrittsvorschriften über die Rückgewähr der mangelhaften Sache und in den übrigen Fällen insgesamt anwendbar. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, ob im Rahmen einer gemeinschaftsrechtskonformen Rechtsfortbildung auch die vollständige Nichtanwendung einer Norm gerechtfertigt sein kann (so Herresthal, Rechtsfortbildung, aaO, S. 321 ff.; aA Canaris, aaO, S. 94; Gebauer, aaO, Rdnr. 51).
30
dd) Die Rechtsfortbildung verletzt (entgegen Hummel, EuZW 2007, 268, 272) auch nicht die Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Befugnis der Gerichte zur Fortbildung des Rechts anerkannt; aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes folgt kein Verbot für die Gerichte , vorhandene Lücken im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen (BVerfGE 82, 6, 11 f.; 111, 54, 82, jeweils m.w.N.).
31
Zwar dürfen die Gerichte eine eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern. Durch die hier vorgenommene Rechtsfortbildung wird jedoch der erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht beiseite geschoben. Vielmehr wird aus der in der Gesetzesbegründung niedergelegten Regelungsabsicht des Gesetzgebers entnommen , dass eine Lücke besteht und in welcher Weise sie geschlossen werden soll (vgl. BVerfGE 82, aaO). Denn aus den Gesetzesmaterialen ist – wie bereits dargelegt – die konkrete Absicht des Gesetzgebers erkennbar, eine richtlinienkonforme Regelung zu schaffen. Somit liegt eine der richtlinienkonformen teleologischen Reduktion des § 439 Abs. 4 BGB entgegenstehende Wertungsentscheidung des Gesetzgebers nicht vor (vgl. auch Herresthal, NJW 2008, aaO; aA Fischinger, EuZW 2008, 312, 313).
32
ee) Der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit spricht ebenfalls (entgegen Schmidt, aaO, S. 409) nicht gegen die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung.
33
Das rechtsstaatliche Prinzip der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) bedeutet in erster Linie Vertrauensschutz für den Bürger. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (vgl. BVerfGE 72, 175, 196; 84, 212, 227; BGHZ 132, 119, 130). Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die teleologische Re- duktion des § 439 Abs. 4 BGB sich im Rahmen vorhersehbarer Entwicklung hält. Eine uneingeschränkte Anwendung der Vorschrift konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil § 439 Abs. 4 BGB von Anfang an in hohem Maße umstritten war (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2006, aaO, Tz. 10 f. m.w.N.) und auch die Richtlinienkonformität der Vorschrift von zahlreichen Stimmen im Schrifttum verneint wurde (aaO, Tz. 20 m.w.N.).
34
ff) Der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung lässt sich schließlich nicht entgegenhalten, sie laufe auf eine horizontale Direktwirkung der Richtlinie hinaus , die dieser nicht zukomme (so Habersack/Mayer, aaO, S. 257; Schulze, GPR 2008, 128, 131; vgl. auch Franzen, JZ 2003, 321, 327).
35
Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auch eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung , mit der dem Einzelnen Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, nicht als solche Anwendung finden (EuGH, Urteil vom 26. Februar 1986 – Rs. 152/84, Slg. 1986, S. 723, Rdnr. 48 – Marshall/Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority; Urteil vom 5. Oktober 2004, aaO, Rdnr. 108 f. – Pfeiffer u. a./ Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Waldshut e.V.; Urteil vom 7. Juni 2007 – Rs. C-80/06, Slg. 2007, I S. 4473, Rdnr. 20 – Carp Snc di L. Moleri e.V. Corsi/Ecorad Srl.). Um eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie geht es hier jedoch nicht, auch nicht in Form einer (lediglich) negativen Anwendung der Richtlinie im Verhältnis zwischen Privaten (dafür aber Kreße, ZGS 2007, 215, 216; ablehnend zu einem solchen Rechtsinstitut von Danwitz, JZ 2007, 697, 702 ff.). Der Senat beschränkt sich vielmehr auf eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion, die – wie ausgeführt – im Rahmen des vom nationalen Recht eingeräumten Beurteilungsspielraums möglich und notwendig ist.
36
II. Revision des Klägers
37
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG verneint. Der Kläger kann gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG von der Beklagten verlangen, dass diese es unterlässt, im Zusammenhang mit einer Ersatzlieferung im Sinne des § 439 Abs. 1 BGB Verbrauchern für die Nutzung der mangelhaften Sache Beträge in Rechnung zu stellen.
38
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze ). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt.
39
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Bestimmung des § 439 BGB um eine Vorschrift, die dem Schutz des Verbrauchers dient. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Danach sind Verbraucherschutzgesetze insbesondere die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs , die für Verbrauchsgüterkäufe gelten. Dass § 439 BGB auch auf einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB anwendbar ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Die Vorschrift des § 439 BGB wäre nur dann nicht als Verbraucherschutzgesetz anzusehen, wenn der Verbraucherschutz in der Norm nur untergeordnete Bedeutung hätte oder nur eine zufällige Nebenwirkung der Regelung wäre (BT-Drs. 14/2658, S. 53 zur insofern unverändert übernommenen Vorgängerregelung in § 22 AGBG). Dies ist indes nicht der Fall.
40
Die Vorschrift über die Nacherfüllung in § 439 BGB dient auch dem Verbraucherschutz. Sie bezweckt, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie umzuset- zen (BT-Drs. 14/6040, S. 230). Deren verbraucherschützender Charakter kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Richtlinie nach ihrem Art. 10 in den Anhang der "Liste der Richtlinien nach Art. 1" der Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. EG Nr. L 166, S. 51) als verbraucherschützende Richtlinie aufgenommen worden ist. Die Richtlinie über Unterlassungsklagen wiederum ist durch die Vorgängerregelung zu § 2 UKlaG, § 22 AGBG, in deutsches Recht umgesetzt worden (vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 52).
41
Dass § 439 BGB seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich auf den Verbrauchsgüterkauf Bezug nimmt, vielmehr in seinem Anwendungsbereich nicht auf Verbrauchsgüterkäufe beschränkt ist, ist unerheblich. Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat sich dafür entschieden, die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht in einem separaten Verbrauchsgüterkaufgesetz in nationales Recht umzusetzen, sondern die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Kauf (§§ 433 ff. BGB) nach den Vorgaben der Richtlinie auszugestalten und nur einige wenige Bestimmungen in ihrem Anwendungsbereich auf den Verbrauchsgüterkauf zu beschränken (§§ 476 bis 479 BGB). Dass § 439 Abs. 4 BGB (auch) dem Schutz der Verbraucher dient, erhellt schon daraus, dass nach § 475 Abs. 1 BGB eine von § 439 BGB zu Lasten des Verbrauchers abweichende Vereinbarung unzulässig ist.
42
2. Verlangt die Beklagte im Zusammenhang mit einer Ersatzlieferung im Sinne des § 439 Abs. 1 BGB von Verbrauchern Wertersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache, handelt sie damit der Vorschrift des § 439 Abs. 4 BGB zuwider. § 439 Abs. 4 BGB ist – wie bereits ausgeführt – im Falle des Verbrauchsgüterkaufs einschränkend dahingehend anzuwenden, dass dem Verkäufer, der zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, kein Anspruch auf Wertersatz für Nutzungen gegen den Käufer zusteht. Da auch eine andere Anspruchsgrundlage für ein derartiges Begehren des Verkäufers nicht ersichtlich ist, hat die Ersatzlieferung nach § 439 Abs. 4 BGB im Falle des Verbrauchsgüterkaufs in der Weise zu erfolgen, dass der Verkäufer eine mangelfreie Sache liefert und vom Käufer lediglich Rückgewähr der mangelhaften Sache fordern kann. Verlangt der Verkäufer in einem solchen Fall darüber hinaus Wertersatz für Nutzungen, macht er – der Vorschrift des § 439 Abs. 4 BGB zuwider – einen Anspruch geltend, der ihm nicht zusteht.
43
3. Schließlich liegt die Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung auch im Interesse des Verbraucherschutzes, weil der dargelegte Verstoß die Kollektivinteressen der Verbraucher berührt. Er reicht seinem Gewicht und seiner Bedeutung nach über den Einzelfall hinaus, weil anzunehmen ist, dass Verkäufer in einer Vielzahl von Fällen von Verbrauchern die Zahlung einer Nutzungsentschädigung verlangen. Dies lässt eine generelle Klärung der Frage geboten erscheinen (vgl. BT-Drs. 14/2658, S. 53).

C.

44
Nach alledem ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des mit der Revision allein noch verfolgten Unterlassungsantrages (ursprünglicher Klageantrag zu I 2) zurückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat insoweit in der Sache selbst zu entscheiden, da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Kläger von der Beklagten verlangen kann, dass diese es unterlässt, im Zusammenhang mit einer Ersatzlieferung im Sinne des § 439 Abs. 1 BGB Verbrauchern Beträge für die Nutzung der mangelhaften Sache in Rechnung zu stellen, ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte entsprechend zu verurteilen. Ball Wiechers Dr. Wolst Dr. Hessel Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 01.02.2005 - 7 O 10714/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 23.08.2005 - 3 U 991/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 91/99 Verkündet am:
9. April 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
HWiG §§ 1 Abs. 1 a.F., 5 Abs. 2; VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2

a) § 5 Abs. 2 HWiG ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99)
richtlinienkonform einschränkend auszulegen.

b) Kreditverträge gehören danach insoweit nicht zu den Geschäften, die im
Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG "die Voraussetzungen eines Geschäfts nach
dem Verbraucherkreditgesetz" erfüllen, als das Verbraucherkreditgesetz
kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht einräumt wie das Haustürwiderrufsgesetz.

c) Dies gilt für alle Kreditverträge, die Haustürgeschäfte im Sinne des § 1
Abs. 1 HWiG a.F. sind, auch wenn sie die Voraussetzungen eines
Haustürgeschäfts im Sinne der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom
20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb
von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ("Haustürgeschäfterichtlinie"
) nicht erfüllen.
BGH, Urteil vom 9. April 2002 - XI ZR 91/99 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger verlangen von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages. Sie begehren die Erstattung erbrachter Zinsund Tilgungsleistungen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 118.443,81 DM zuzüglich Zinsen sowie die Feststellung, daß der Beklagten aus dem Darlehen keine Ansprüche mehr zustehen.
Zur Finanzierung des Kaufpreises für eine im März 1993 gekaufte Eigentumswohnung nahmen die Kläger mit Vertrag vom 28. April/7. Mai 1993 bei der Beklagten ein Darlehen über 150.000 DM auf, das durch eine Grundschuld in derselben Höhe abgesichert wurde. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde ihnen nicht erteilt.
Mit ihrer im Januar 1998 erhobenen Klage haben die Kläger gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen widerrufen. Die Kläger behaupten, ein ihnen bekannter, freiberuflich auch für die Beklagte tätiger Immobilienmakler habe sie mehrfach unaufgefordert zu Hause aufgesucht und zum Wohnungskauf sowie zur Darlehensaufnahme überredet. Kurz vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz haben sie außerdem geltend gemacht, der Darlehensvertrag sei sittenwidrig, weil der Wert der Eigentumswohnung erkennbar nur 50.000 DM betragen und die Beklagte eine "versteckte Innenprovision" von 18,4% gezahlt habe.
Das Landgericht (WM 1998, 1723) hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht (WM 1999, 728) hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Der erkennende Senat hat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um Vorabentscheidung ersucht (WM 2000, 26); die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 ist abgedruckt in WM 2001, 2434.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ein Widerrufsrecht der Kläger verneint. Bei dem streitbefangenen Darlehen handele es sich um einen Realkredit im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG. § 7 VerbrKrG finde deshalb keine Anwendung. Der Rückgriff auf § 1 HWiG a.F. scheide wegen der Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG aus. Mit Rücksicht auf diese Vorschrift sei das Haustürwiderrufsgesetz zwar in den Fällen des § 3 Abs. 1 VerbrKrG anwendbar, nicht aber in den Fällen des § 3 Abs. 2 VerbrKrG, in denen nur die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes ausgeschlossen sei. Die Gegenauffassung, nach welcher das Haustürwiderrufsgesetz stets zum Zuge komme, wenn und soweit eine Ausnahme nach § 3 VerbrKrG eingreife, sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 VerbrKrG vereinbar. Durch die Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes werde die differenzierte Regelung des § 3 Abs. 2 VerbrKrG unterlaufen und dem Willen des Gesetzgebers zuwidergehandelt. Dieser habe das Widerrufsrecht bei Realkreditverträgen ganz bewuût wegen der damit einhergehenden Gefährdung der taggenauen Refinanzierung vieler Realkredite ausgeschlossen, auf der wiederum deren günstige Verzinsung beruhe.
Der Vortrag der Kläger zur angeblichen Sittenwidrigkeit des Darlehens sei unsubstantiiert und überdies verspätet.

II.


Diese Beurteilung hält, soweit sie ein Widerrufsrecht der Kläger gemäû § 1 Abs. 1 HWiG a.F. wegen der Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG verneint, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar entspricht sie der Auslegung der §§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, 5 Abs. 2 HWiG, wie sie der Senat in seinem Vorlagebeschluû vom 29. November 1999 (WM 2000, 26) an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bei ausschlieûlich nationaler Betrachtung befürwortet hat. Sie berücksichtigt aber nicht, daû mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von auûerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (im folgenden: Haustürgeschäfterichtlinie) in nationales Recht umgesetzt worden ist und die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes daher richtlinienkonform auszulegen sind.
Der Senat hat in dem Vorlagebeschluû zwar die Auffassung vertreten , die Verbraucherschutzvorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts erforderten keine andere Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG als sie sich bei ausschlieûlich nationaler Betrachtung ergebe (aaO S. 28); es bleibe auch bei Berücksichtigung der Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts bei der Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG, nach welcher das Haustürwiderrufsgesetz auf Realkreditverträge im Sin-
ne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG unanwendbar sei. Im Hinblick auf insoweit verbleibende Zweifel hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aber folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Erfaût die Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von auûerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie" ) auch Realkreditverträge (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz ) und kommt ihr in bezug auf das in Art. 5 vorgesehene Widerrufsrecht Vorrang vor der Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit vom 22. Dezember 1986 (ABl. Nr. L 42/48 vom 12. Februar 1987, "Verbraucherkreditrichtlinie") zu? 2. Für den Fall, daû der Gerichtshof diese Frage bejaht: Ist der nationale Gesetzgeber durch die Haustürgeschäfterichtlinie gehindert , die in § 7 Abs. 2 Satz 3 Verbraucherkreditgesetz geregelte Befristung des Widerrufsrechts auch in den Fällen anzuwenden , in denen ein Haustürgeschäft die Gewährung eines Realkredits im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz zum Gegenstand hat und die in Art. 4 der Richtlinie vorgesehene Belehrung unterblieben ist? Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Fragen mit Urteil vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) dahingehend beantwortet , daû
1. die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von auûerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dahin auszulegen ist, daû sie auf einen Realkreditvertrag wie den im Ausgangsverfahren fraglichen anwendbar ist, so daû der Verbraucher, der einen derartigen Vertrag in einem der in Art. 1 dieser Richtlinie
genannten Fälle geschlossen hat, über das Widerrufsrecht nach Art. 5 der Richtlinie verfügt und 2. der nationale Gesetzgeber durch die Richtlinie 85/577/EWG daran gehindert ist, das Widerrufsrecht nach Art. 5 dieser Richtlinie für den Fall, daû der Verbraucher nicht gemäû Art. 4 dieser Richtlinie belehrt wurde, auf ein Jahr nach Vertragsabschluû zu befristen. 1. An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des Umsetzungsgebots gemäû Art. 249 Abs. 3 EGV (Art. 189 Abs. 3 a.F.) und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäû Art. 10 EGV (Art. 5 a.F.) zudem verpflichtet, zur Durchführung einer europäischen Richtlinie erlassene Gesetze unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urteil vom 10. April 1984 - Rs 14/83, Slg. 1984, 1891, 1909 Rz. 26, 28 - von Colson und Kamann; EuGH, Urteil vom 10. April 1984 - Rs 79/83, Slg. 1984, 1921, 1942 Rz. 26, 1943 Rz. 28 - Harz; EuGH, Urteil vom 13. November 1990 - Rs C-106/89, Slg. I 1990, 4135, 4159 Rz. 8 - Marleasing). Diese gemeinschaftsrechtliche Dimension der Auslegung hat auch der Bundesgerichtshof gerade beim Haustürwiderrufsgesetz wiederholt hervorgehoben (Senatsurteil vom 9. März 1993 - XI ZR 179/92, WM 1993, 683, 684; BGH, Urteil vom 4. Mai 1994 - XII ZR 24/93, WM 1994, 1390, 1391; BGH, Beschluû vom 11. Januar 1996 - IX ZR 56/95, WM 1996, 384, 386).
2. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung gebietet es in Verbindung mit der vom Senat eingeholten Vorabentscheidung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, die maûgeblichen nationalen Vorschriften, soweit ein Auslegungsspielraum besteht, dahingehend auszulegen, daû dem Verbraucher, der einen in den Anwendungsbereich der Haustürgeschäfterichtlinie fallenden Realkreditvertrag geschlossen hat, ein Art. 5 der Richtlinie entsprechendes Widerrufsrecht zusteht.
Dies hat zur Folge, daû § 5 Abs. 2 HWiG unter Beachtung der für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften richtlinienkonform einschränkend auszulegen ist. Kreditverträge gehören danach insoweit nicht zu den Geschäften , die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG "die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz" erfüllen, als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das Haustürwiderrufsgesetz einräumt.

a) § 5 Abs. 2 HWiG, wonach auf ein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG a.F., das zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllt, nur die Vorschriften dieses Gesetzes anwendbar sind, läût eine solche Auslegung zu.
aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten und einer in der Instanzrechtsprechung (OLG Bamberg WM 2002, 537, 545; LG München I BKR 2002, 230, 233 f.; LG München I WM 2002, 285, 287) und Literatur (Edelmann BKR 2002, 80, 81 f.; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 257; von Heymann/Annertzok BKR 2002, 234; Hochleitner/Wolf/Groûerichter WM 2002, 529, 532; Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 524; Sauer
BB 2002, 431, 432) vertretenen Auffassung wird die Auslegung weder durch den Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG noch den des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen.
(1) § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG regelt seinem Wortlaut nach ausdrücklich nur das Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG. Er enthält zur Frage der Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes keine Aussage (Frisch BKR 2002, 84, 85).
(2) Der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG legt für sich genommen, wie im Vorlagebeschluû des Senates vom 29. November 1999 (WM 2000, 26, 27) näher ausgeführt, zwar eher das Ergebnis nahe, daû in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG das Haustürwiderrufsgesetz insgesamt von den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes verdrängt werden sollte. Zwingend ist diese Auslegung jedoch nicht, da der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig ist.
Gemäû § 5 Abs. 2 HWiG greift die Subsidiaritätsklausel nur, wenn ein Geschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 HWiG a.F. zugleich die "Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz" erfüllt. Da nicht näher geregelt wird, wann die so umschriebenen Voraussetzungen im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG vorliegen, ist die Norm auslegungsfähig (Reiter/Methner VuR 2002, 90, 92 f.).
Möglich sind eine weite und engere Auslegungen. Der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG kann einmal mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. hierzu den Vorlagebeschluû des Se-
nats vom 29. November 1999, WM 2000, 26, 27 m.w.Nachw.) dahin verstanden werden, daû das Verbraucherkreditgesetz das Haustürwiderrufsgesetz für Realkredite vollkommen verdrängt, wenn der Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes überhaupt eröffnet ist, weil das Verbraucherkreditgesetz das speziellere Gesetz ist. Möglich und vertretbar ist aber auch eine Auslegung des Wortlauts dahin, daû das Haustürwiderrufsgesetz durch § 5 Abs. 2 HWiG nicht vollständig verdrängt wird, wenn ein Kreditvertrag nur Teilen des Verbraucherkreditgesetzes unterfällt oder - noch weitergehend - dieses dem Verbraucher nicht den gleichen effektiven Schutz bietet wie das Haustürwiderrufsgesetz (Reich/Rörig EuZW 2002, 87, 88). Für eine solche einschränkende Auslegung werden insbesondere der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 HWiG und die Begründung zu § 5 des Entwurfs eines Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (BTDrucks. 10/2876 S. 14) angeführt. Dem Gesetzgeber erschien es danach möglicherweise sinnvoll, jeweils das sachnähere Gesetz für anwendbar zu erklären, solange dieses einen dem Haustürwiderrufsgesetz vergleichbaren Schutz gewährleistet (Fischer/Machunsky, HWiG 2. Aufl. Grundlagen Rdn. 83).
Dies ist bei Realkreditverträgen im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG indes nicht der Fall. Bei ihnen steht dem Kreditnehmer nach dem Verbraucherkreditgesetz kein Widerrufsrecht zu. Da das Verbraucherkreditgesetz damit erheblich hinter dem durch das Haustürwiderrufsgesetz bezweckten Schutz zurückbleibt und der Schutzbedürftigkeit eines Verbrauchers in einer Haustürsituation nicht Rechnung trägt, ohne daû dafür ein zwingender sachlicher Grund ersichtlich ist, waren ein Teil
der Rechtsprechung (OLG München - 5. Zivilsenat - WM 2000, 1336, 1338 f.) und eine bedeutsame Mindermeinung in der Literatur (Staudinger /Werner, BGB 13. Bearb. 1997 § 5 HWiG Rdn. 24, 27; Erman/Klingsporn , BGB 9. Aufl. § 5 HWiG Rdn. 5; Fischer/Machunsky, HWiG 2. Aufl. Grundlagen Rdn. 80-86; § 51 Rdn. 31; Steppeler, VerbrKrG 2. Aufl. S. 209; Köndgen, Gewährung und Abwicklung grundpfandrechtlich gesicherter Kredite 3. Aufl. S. 32; Peters, in: Lwowski/Peters/Göûmann, VerbrKrG 2. Aufl. S. 173-175; ders. DZWir 1994, 353, 357; ders. WuB I E 2 b.–6.93; Spickhoff/Petershagen BB 1999, 165, 169 f.; Stüsser NJW 1999, 1586, 1589) schon vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) und ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung der Auffassung, § 1 HWiG a.F. werde durch § 5 Abs. 2 HWiG nur dann verdrängt, wenn das vorrangig anzuwendende Verbraucherkreditgesetz einen gleich effektiven Schutz biete.
Dieser Auffassung haben sich nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 mit Rücksicht auf die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG das Oberlandesgericht München (20. Zivilsenat, WM 2002, 694, 695) und weitere Autoren angeschlossen (Pfeiffer EWiR 2002, 261, 262; Reich/Rörig EuZW 2002, 87, 88; Hoffmann ZIP 2002, 145, 149; Kulke ZBB 2002, 33, 45 ff.; Staudinger NJW 2002, 653, 655; Fischer ZfIR 2002, 19, 21; Frisch BKR 2002, 84, 85; Reiter/Methner VuR 2002, 90, 92 f.; Rott VuR 2002, 49, 52). Nur wenn man die Ansicht aller dieser Stimmen aus Rechtsprechung und Schrifttum für schlechthin unvertretbar hielte (so unter Hinweis auf den angeblich eindeutigen, nicht ausle-
gungsfähigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG: OLG Bamberg WM 2002, 537, 545; LG München I BKR 2002, 230, 234; LG München I WM 2002, 285, 287; Edelmann BKR 2002, 80, 81; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 257; Hochleitner/Wolf/Groûerichter WM 2002, 529, 531; Piekenbrock/ Schulze WM 2002, 524; Markus Roth WuB IV D. § 5 HWiG 1.02; Sauer BB 2002, 431, 432), wäre eine richtlinienkonforme Auslegung ausgeschlossen. Der erkennende Senat ist, wie er schon durch die Vorlage vom 29. November 1999 an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und insbesondere durch die Frage nach der Zulässigkeit einer Befristung des Widerrufsrechts entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG zum Ausdruck gebracht hat, nicht dieser Ansicht, sondern hält die von der Mindermeinung befürwortete Auslegung für möglich.
Erweist sich der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG danach als auslegungsfähig , so ist der Senat gezwungen, die Vorschrift richtlinienkonform auszulegen. Mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften steht fest, daû die Haustürgeschäfterichtlinie die Gewährung eines Widerrufsrechts auch für Realkreditverträge fordert, die zugleich die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts erfüllen. Das bedeutet für die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG, daû die Subsidiaritätsklausel bezüglich der Widerrufsvorschriften nur dann greift, wenn im konkreten Fall auch das Verbraucherkreditgesetz ein Widerrufsrecht gewährt. Wird das Widerrufsrecht - wie hier - nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen oder ist es nach den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes bereits erloschen, muû es bei der Anwendbarkeit des § 1 HWiG a.F. bleiben.
bb) Der Wille des Gesetzgebers hindert - entgegen der Meinung der Beklagten und einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Felke MDR 2002, 226, 227; von Heymann/Annertzok BKR 2002, 234; Hochleitner /Wolf/Groûerichter WM 2002, 529, 531 f.; Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 524) - die vorgenannte Auslegung nicht. Zwar ergibt sich - wie der Senat im einzelnen in dem Vorlagebeschluû vom 29. November 1999 (aaO S. 27) ausgeführt hat - aus den Materialien zum Verbraucherkreditgesetz (BT-Drucks. 11/5462 und BT-Drucks. 11/8274), daû der Gesetzgeber das Widerrufsrecht nach § 1 HWiG a.F. für Kreditverträge im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausschlieûen wollte. Dem Gesetzgeber kann aber nicht unterstellt werden, er habe bei der Konkurrenzregel des § 5 Abs. 2 HWiG sehenden Auges einen Richtlinienverstoû in Kauf nehmen wollen; der Privilegierung von Realkreditverträgen in einer Haustürsituation lag vielmehr die Annahme zugrunde, sie sei richtlinienkonform (Staudinger NJW 2002, 653, 655). Der Gesetzgeber des Haustürwiderrufsgesetzes war davon ausgegangen, mit diesem Gesetz die europarechtlichen Vorgaben der seinerzeit kurz vor dem Erlaû stehenden Haustürgeschäfterichtlinie bereits umgesetzt zu haben (Rechtsausschuû zum RegE HWiG sowie zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drucks. 10/4210, S. 9; so auch BGHZ 139, 21, 26). Die Übereinstimmung von nationalem Recht und Richtlinieninhalt entsprach danach seinem Willen.
cc) Auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes spricht (entgegen Felke MDR 2002, 226, 227) nicht gegen die richtlinienkonforme Auslegung. Daû gerichtliche Entscheidungen zur Auslegung einer Vorschrift Auswirkungen auf in der Vergangenheit liegende, noch nicht ab-
geschlossene Sachverhalte haben, steht nicht einmal der Zulässigkeit einer Änderung der Rechtsprechung entgegen (BGHZ 132, 119, 129; Schimansky WM 2001, 1889, 1890). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daû von einem schützenswerten Vertrauen in die von der Beklagten befürwortete Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG nie die Rede sein konnte: Wie oben dargelegt, war die Auslegung dieser Vorschrift bereits vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften seit langem umstritten. So wurde etwa von Steppeler (VerbrKrG 1. Aufl. S. 186) die Ansicht vertreten, die von der Beklagten befürwortete Auffassung sei "äuûerst bedenklich und gefährlich"; es sei "völlig unstreitig und offenkundig, daû mit der Vorrangregelung in § 5 Abs. 2 HWiG ausschlieûlich ein Nebeneinander von zwei gleichgerichteten Widerrufsrechten vermieden werden" solle, das bei Realkrediten im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gerade nicht bestehe.
dd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, ein Rückgriff auf das Haustürwiderrufsgesetz im Wege richtlinienkonformer Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG sei nach nationalem deutschen Recht systemwidrig, weil dann dem Verbraucher bei - nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich privilegierten - Realkreditverträgen gemäû § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ein stärkeres Widerrufsrecht zustünde als bei Personalkreditverträgen (Edelmann BKR 2002, 80, 81 f.). Richtig hieran ist, daû eine auf Realkreditverträge beschränkte Eröffnung des Widerrufsrechts gemäû § 1 HWiG a.F. system- und wertungswidrig wäre. Sie würde dazu führen, daû Realkreditverträge im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG im Falle einer Haustürsituation in weiterem Umfang als Personalkreditverträge widerrufbar wären. Die auf den Abschluû eines Realkreditvertrags ge-
richteten Willenserklärungen könnten nämlich innerhalb der längeren Frist des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen werden und nicht nur wie bei Personalkreditverträgen innerhalb der Frist des § 7 VerbrKrG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.).
Der vorgenannten richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG steht dies jedoch nicht entgegen. Der Wertungswiderspruch läût sich nämlich dadurch vermeiden, daû die richtlinienkonforme Auslegung nicht auf Realkreditverträge im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG beschränkt , sondern auf Personalkreditverträge erstreckt wird. Nur dies wird auch dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gerecht. Zwar beschränkt sich die Entscheidung in ihrem Tenor - entsprechend der Fragestellung - auf die Feststellung, daû bei in Haustürsituationen geschlossenen Realkreditverträgen ein Widerrufsrecht gemäû der Haustürgeschäfterichtlinie zu gewähren sei. Nach der Begründung der Entscheidung kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, daû es für die Frage, ob dem Verbraucher ein Widerrufsrecht einzuräumen ist, nicht darauf ankommt, ob ein Real- oder ein Personalkreditvertrag vorliegt, sondern allein auf die Entstehung des Vertrages in einer Haustürsituation. Dem Urteil ist daher zu entnehmen, daû die für Realkreditverträge geltende Vorgabe der Haustürgeschäfterichtlinie in gleicher Weise für die in Haustürsituationen zustande gekommenen Personalkreditverträge gelten würde, die nach nationalem deutschem Recht dem Verbraucherkreditgesetz unterliegen (so auch Hochleitner/Wolf/ Groûerichter WM 2002, 529).

Eine solche Auslegung ist mit § 5 Abs. 2 HWiG nicht unvereinbar (a.A. Edelmann BKR 2002, 80, 82). Angesichts der dargelegten Auslegungsfähigkeit der Norm und der Tatsache, daû der Gesetzgeber mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Vorgaben der Haustürgeschäfterichtlinie erfüllen wollte, sind die Gerichte auch bei Personalkreditverträgen zu einer entsprechenden richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet.
ee) Die vorbezeichnete Auslegung führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu einer methodisch bedenklichen Sinnentleerung bzw. Derogation des § 5 Abs. 2 HWiG (so aber Hochleitner/Wolf/Groûerichter WM 2002, 529 ff.). Da die Subsidiaritätsklausel nur hinsichtlich der Widerrufsvorschriften der beiden konkurrierenden Gesetze eine einschränkende Auslegung erfährt und dies auch nur für den Fall, daû das Verbraucherkreditgesetz dem Verbraucher kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht gibt wie das Haustürwiderrufsgesetz, bleibt für die Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG ein Anwendungsbereich erhalten. So schlieût § 5 Abs. 2 HWiG - wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der Parallelsache XI ZR 32/99 entschieden und näher ausgeführt hat - bei Realkreditverträgen einen Rückgriff auf § 7 HWiG aus. Im übrigen ist für die Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 HWiG nur dann kein Raum, wenn ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder bereits erloschen ist. In den Fällen, in denen das Verbraucherkreditgesetz selbst ein Widerrufsrecht gewährt, bleibt es demgegenüber bei der in § 5 Abs. 2 HWiG geregelten Subsidiarität des Haustürwiderrufsgesetzes.
ff) Der richtlinienkonformen Auslegung läût sich schlieûlich auch nicht entgegenhalten, sie begründe in Wahrheit eine horizontale Direktwirkung der Richtlinie, die dieser gerade nicht zukomme (hierzu Piekenbrock /Schulze WM 2002, 521, 527 f.). Der Senat beschränkt sich auf eine richtlinienkonforme Auslegung. Eine solche ist - wie ausgeführt - im Rahmen des vom nationalen Recht eingeräumten Beurteilungsspielraums möglich. Sie gibt dem Verbraucher ein im nationalen Recht in § 1 HWiG a.F. geregeltes Widerrufsrecht.

b) Das Argument, die Richtlinienkonformität des nationalen Rechts lasse sich auf andere Weise besser erreichen, greift ebenfalls nicht durch. Eine in der Literatur (Edelmann BKR 2002, 80, 82; Fischer ZfIR 2002, 19, 22) erörterte Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG dahingehend, daû bei in Haustürsituationen geschlossenen Realkreditverträgen das in § 7 VerbrKrG a.F. geregelte Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen sei, kommt nicht in Betracht. Sie würde nur zu einem befristeten Widerrufsrecht führen, das nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs den Anforderungen der Haustürgeschäfterichtlinie nicht genügt.
3. Die durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG erfaût auch den vorliegenden Fall, obwohl die Beklagte zu Recht darauf hinweist, daû nach dem für die Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt die - streitige - Haustürsituation nur bei der Vertragsanbahnung , nicht hingegen beim Vertragsabschluû selbst vorlag. Dies hätte zwar zur Folge, daû der Kreditvertrag mit Rücksicht auf die richtlinien-
überschieûende Umsetzung im deutschen Recht die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfüllte, nicht aber den Tatbestand der Haustürgeschäfterichtlinie: Während letztere gemäû Art. 1 Abs. 1, 3 und 4 voraussetzt, daû in der konkreten Haustürsituation der Vertrag geschlossen oder jedenfalls ein entsprechendes Vertragsangebot abgegeben worden sein muû, genügt nach § 1 HWiG a.F. eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluû ursächlich war.
Der gegenüber dem Haustürwiderrufsgesetz engere Anwendungsbereich der Haustürgeschäfterichtlinie rechtfertigt eine abweichende Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG nicht. Vielmehr erstreckt sich die richtlinienkonforme Auslegung auch auf solche Verträge, die zwar nicht unmittelbar der Richtlinie unterfallen, die aber nach nationalem Recht die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts erfüllen. Die von einem Teil der Literatur (Habersack WM 2000, 981, 991; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 257; Edelmann BKR 2002, 80, 81; Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 527 f.; Wagner BKR 2002, 194, 195) befürwortete "gespaltene Auslegung", nach der die richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG auf Sachverhalte beschränkt bleiben soll, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, überzeugt nicht (so auch Frisch BKR 2002, 84, 86; Hoffmann ZIP 2002, 145, 149; Kulke ZBB 2002, 33, 44 f.; Staudinger NJW 2002, 653, 655). Sie widerspricht der durch das deutsche Recht geforderten Gleichbehandlung der verschiedenen Haustürsituationen.
Befürworter der "gespaltenen Auslegung" räumen denn auch selbst ein, daû sich eine solche Auslegung deutlich vom Wortlaut des § 1 HWiG a.F. entfernen würde (so Habersack WM 2000, 981, 991). § 1 HWiG a.F. unterscheidet gerade nicht danach, ob der Vertrag in einer Haustürsituation geschlossen oder nur angebahnt wurde (Hoffmann ZIP 2002, 145, 149; Kulke ZBB 2002, 33, 44 f.).
Darüber hinaus widerspricht eine "gespaltene Auslegung" Sinn und Zweck des § 1 HWiG a.F.. Dieser gebietet die Gleichstellung aller Willenserklärungen, die in der Haustürsituation selbst oder aufgrund einer Einfluûnahme in der Haustürsituation abgegeben worden sind. Diese gesetzgeberische Zielsetzung würde eine differenzierte Auslegung unterlaufen. Der deutsche Gesetzgeber hat für sie keinen Raum gelassen. Mit seiner Entscheidung, den Begriff des Haustürgeschäfts weiter zu fassen als die Haustürgeschäfterichtlinie dies fordert, hat er vielmehr zum Ausdruck gebracht, daû er den Kunden in sämtlichen dem § 1 HWiG a.F. unterfallenden Situationen - unabhängig davon, ob sie vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfaût werden - in gleicher Weise für schutzwürdig hält.
Eine "gespaltene Auslegung" würde zudem zu erheblichen Rechtsanwendungsproblemen führen, da in jedem Einzelfall die genaue Abgrenzung zwischen Haustürgeschäften nach der Haustürgeschäfterichtlinie und sonstigen Haustürgeschäften erforderlich wäre. Abgesehen davon, daû dies in vielen Fällen zu umfangreichen Feststellungen zwingen würde, wäre es auch deshalb bedenklich, weil damit das Bestehen
eines Widerrufsrechts nach § 1 HWiG a.F. letztlich von Zufällen des tatsächlichen Geschehensablaufs abhinge.
4. Keiner Entscheidung bedarf im vorliegenden Fall die Frage, ob das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur zweiten Vorlagefrage über den Wortlaut des Tenors hinaus im Lichte der Entscheidungsgründe dahingehend zu verstehen ist, daû auch die Befristung der Ausübung des Widerrufsrechts in § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. der Richtlinie widerspricht, und ob auch dem noch durch eine richtlinienkonforme Gesetzesanwendung Rechnung getragen werden könnte. Die Kläger haben ihre Willenserklärungen mit der im Januar 1998 erhobenen Klage vor Ablauf der Frist des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. widerrufen, da bislang die beiderseitigen Leistungen aus dem Vertrag noch nicht vollständig erbracht sind.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Dieses wird, da die Umstände des Vertragsschlusses zwischen den Parteien streitig sind, zunächst Feststellungen zu den Voraussetzungen des Widerrufsrechts gemäû § 1 HWiG a.F. zu treffen haben.
Sollte danach ein Widerrufsrecht zu bejahen sein, wird das Berufungsgericht bei der Prüfung der sich aus § 3 HWiG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) ergebenden Rechtsfolgen des Widerrufs zu berücksichtigen haben, daû § 9 VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) gemäû § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge im Sinne dieser Vorschrift nicht anwendbar ist (Edelmann BKR 2002, 80, 83; Felke MDR 2002, 226, 227; Fischer ZfIR 2002, 15, 22 f.). Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Senatsurteile vom 17. September 1996 (insbesondere BGHZ 133, 254, 259 ff. und XI ZR 197/95, WM 1996, 2103) insoweit nicht einschlägig. Diese Urteile betreffen nicht Realkreditverträge, sondern die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung, bei der der Darlehens- und der Beteiligungsvertrag aufgrund besonderer Umstände als ein verbundenes Geschäft anzusehen waren. Um ein solches Geschäft handelt es sich hier nicht.
Nach ständiger langjähriger Rechtsprechung mehrerer Senate des Bundesgerichtshofs sind der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen (BGH, Urteile vom 18. September 1970 - V ZR 174/67, WM 1970, 1362, 1363; vom 12. Juli 1979 - III ZR 18/78, WM 1979, 1054; vom 13. November 1980 - III ZR 96/79, WM 1980, 1446, 1447 f.; vom 9. Oktober 1986 - III ZR 127/85, WM 1986, 1561, 1562; vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905 und vom 19. Mai 2000 - V ZR 322/98, WM 2000, 1287, 1288). Denn bei einem Immobilienkauf weiû auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, daû Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen , indem er in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestimmt hat, daû die Regelungen über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung finden.
Der Widerruf des Realkreditvertrages berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung deshalb grundsätzlich nicht. Die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG ändert daran nichts. Sie hat nicht zur Folge, daû das Verbraucherkreditgesetz für Geschäfte der vorliegenden Art generell nicht zu beachten wäre. Haustürwiderrufs- und Verbraucherkreditgesetz stehen insoweit vielmehr
ebenso nebeneinander wie Haustürgeschäfte- und Verbraucherkreditrichtlinie (vgl. Pfeiffer EWiR 2002, 261, 262). Ob der Kaufvertrag aus anderen Gründen unwirksam ist, was für die Rückabwicklung des Realkreditvertrages nach § 3 HWiG von Bedeutung sein kann, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls noch zu prüfen haben.
Nobbe Bungeroth Müller
Joeres Mayen

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

(1) In einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag ist eine Vereinbarung über ein Kündigungsrecht des Darlehensgebers unwirksam, wenn eine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart wurde oder die Kündigungsfrist zwei Monate unterschreitet.

(2) Der Darlehensgeber ist bei entsprechender Vereinbarung berechtigt, die Auszahlung eines Allgemein-Verbraucherdarlehens, bei dem eine Zeit für die Rückzahlung nicht bestimmt ist, aus einem sachlichen Grund zu verweigern. Beabsichtigt der Darlehensgeber dieses Recht auszuüben, hat er dies dem Darlehensnehmer unverzüglich mitzuteilen und ihn über die Gründe möglichst vor, spätestens jedoch unverzüglich nach der Rechtsausübung zu unterrichten. Die Unterrichtung über die Gründe unterbleibt, soweit hierdurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet würde.

(3) Der Darlehensgeber kann einen Verbraucherdarlehensvertrag nicht allein deshalb kündigen, auf andere Weise beenden oder seine Änderung verlangen, weil die vom Darlehensnehmer vor Vertragsschluss gemachten Angaben unvollständig waren oder weil die Kreditwürdigkeitsprüfung des Darlehensnehmers nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit der Mangel der Kreditwürdigkeitsprüfung darauf beruht, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber für die Kreditwürdigkeitsprüfung relevante Informationen wissentlich vorenthalten oder diese gefälscht hat.

(1) Die für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge geltenden Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 sowie 505a bis 505e sind mit Ausnahme des § 492 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Bezieht sich der entgeltliche Zahlungsaufschub oder die sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe auf den Erwerb oder die Erhaltung des Eigentumsrechts an Grundstücken, an bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder auf den Erwerb oder die Erhaltung von grundstücksgleichen Rechten oder ist der Anspruch des Unternehmers durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert, so sind die für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge geltenden, in Satz 1 genannten Vorschriften sowie § 503 entsprechend anwendbar. Ein unentgeltlicher Zahlungsaufschub gilt als entgeltlicher Zahlungsaufschub gemäß Satz 2, wenn er davon abhängig gemacht wird, dass die Forderung durch ein Grundpfandrecht oder eine Reallast besichert wird.

(2) Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes gelten als entgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass

1.
der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist,
2.
der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstandes verlangen kann oder
3.
der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat.
Auf Verträge gemäß Satz 1 Nummer 3 sind § 500 Absatz 2, § 501 Absatz 1 und § 502 nicht anzuwenden.

(3) Für Verträge, die die Lieferung einer bestimmten Sache oder die Erbringung einer bestimmten anderen Leistung gegen Teilzahlungen zum Gegenstand haben (Teilzahlungsgeschäfte), gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 zusätzlich die in den §§ 507 und 508 geregelten Besonderheiten.

(4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind in dem in § 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 5, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bestimmten Umfang nicht anzuwenden. Soweit nach der Vertragsart ein Nettodarlehensbetrag (§ 491 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1) nicht vorhanden ist, tritt an seine Stelle der Barzahlungspreis oder, wenn der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben hat, der Anschaffungspreis.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 220/10 Verkündet am:
29. November 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
PAngV (in der Fassung vom 28. Juli 2000) § 6 Abs. 3 Nr. 5

a) Zur Berücksichtigung der Kosten einer Restschuldversicherung bei der
Prüfung der Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags.

b) Für die Frage, ob der Abschluss einer Restschuldversicherung vom Darlehensgeber
als Bedingung für die Gewährung des Kredits vorgeschrieben
ist, ist nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV in der Fassung vom 28. Juli 2000 allein
entscheidend, dass der Kredit ohne Abschluss einer Restschuldversicherung
insgesamt nicht gewährt worden wäre; die Frage, ob er auch zu
denselben Bedingungen gewährt worden wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
BGH, Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 220/10 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die
Richterin Mayen und die Richter Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Mai 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung aus einem zwischen den Eheleuten S. (im Folgenden: Darlehensnehmer ) und der Beklagten geschlossenen und von den Darlehensnehmern vollständig getilgten Ratenkredit in Anspruch, der mit einer Restschuldversicherung verbunden war.
2
Die Darlehensnehmer hatten am 29. März 2001 bei der Beklagten ein Darlehen aufgenommen. Da sie im Jahr 2002 weiteren Barbedarf hatten, wandten sie sich erneut an die Beklagte und schlossen mit dieser am 8. Mai 2002 einen neuen Vertrag über ein Gesamtdarlehen von 50.831,60 € mit einer Laufzeit von 83 Monaten ab. Ein Teilbetrag in Höhe von 40.258,70 € wurde den Darlehensnehmern zur Ablösung des früheren Darlehens und zur Deckung des zusätzlichen Geldbedarfs überlassen. Der Restbetrag von 10.572,90 € diente zur Finanzierung des Versicherungsbeitrags für eine Restschuldversicherung, die die Darlehensnehmer am selben Tag in einer eigenständigen Urkunde mit zwei Versicherungsgesellschaften abschlossen. Die Versicherungsverträge umfassten eine Kreditlebensversicherung für beide Eheleute und eine Arbeitsunfähigkeitszusatz - und Arbeitslosigkeitsversicherung für Herrn S. . Einschließlich einer Bearbeitungsgebühr von 1.524,95 € (3%) und Nominalzinsen von 29.085,40 € (13,96%) belief sich der Gesamtbetrag des Darlehens auf 81.441,95 €. Der effektive Jahreszins wurde in dem Darlehensvertrag mit 16,07% angegeben. Der Gesamtbetrag sollte von den Darlehensnehmern in 82 Raten zu je 989 € und einer Schlussrate von 343,95 € gezahlt werden.
3
Nachdem die Darlehensnehmer mit den ersten 36 Raten 35.604 € und zur vorzeitigen Ablösung des Kredites am 24. Mai 2005 weitere 34.739,90 € an die Beklagte gezahlt hatten, forderte der Kläger diese mit Schreiben vom 13. Dezember 2007 im Namen der Darlehensnehmer erfolglos zur Erstattung von 30.085,20 € auf, die er aus der Differenz zwischen dem ausgezahlten Kreditbetrag und den von den Darlehensnehmern insgesamt geleisteten Zahlungen errechnet hatte. Zur Begründung berief er sich darauf, der Kreditvertrag sei sittenwidrig , weil der effektive Jahreszins richtigerweise unter Berücksichtigung der Restschuldversicherung hätte berechnet werden müssen und bei dieser Berechnungsweise den damaligen Marktzins sittenwidrig überstiegen habe. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 27./28. Dezember 2007 traten die Darlehensnehmer ihre Ansprüche aus dem Kreditvertrag zur gerichtlichen Geltendmachung an den Kläger ab.
4
Die auf Zahlung von 30.085,20 € nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revision von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe der geltend gemachte Bereicherungsanspruch nicht zu, da der Ratenkreditvertrag nicht im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Kreditvertrag nicht unabhängig davon, ob die Kosten der Restschuldversicherung in den effektiven Jahreszins mit einzuberechnen seien, wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei die Frage eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung insbesondere durch einen Vergleich zwischen dem effektiven Vertragszins und dem marktüblichen Effektzins zu ermitteln. Der effektive Jahreszins sei gemäß § 492 Abs. 2 Satz 2 BGB (in der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung, im Folgenden: aF) nach § 6 der Preisangabenverordnung (in der hier maßgebli- chen Fassung vom 28. Juli 2000, im Folgenden: PAngV aF) zu berechnen, was zur Folge habe, dass gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF die Kosten für Restschuldversicherungen nur dann in die Berechnung mit einzubeziehen seien, wenn der Abschluss der Versicherung für die Gewährung des Kredits obligatorisch sei. Dieser Beweis sei dem Kläger nicht gelungen. Eine darüber hinausgehende Würdigung der freiwillig abgeschlossenen Restschuldversicherung als sonstige, im Übermaß belastende Kreditbedingung lasse sich mit der geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang bringen. Nach dieser seien die Kosten der Restschuldversicherung bei der Prüfung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nicht in die Vergleichsbetrachtung von effektivem Vertragszins und marktüblichem Effektivzins einzubeziehen, weil eine Restschuldversicherung regelmäßig beiden Parteien zugute komme und in dem von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Durchschnittszinssatz, der als marktüblicher Vergleichszins heranzuziehen sei, nicht berücksichtigt werde. Es sei nicht erkennbar, dass diese Annahme aufgrund veränderter Rahmenbedingungen nicht mehr gerechtfertigt sei. Weder die inzwischen geschaffene Möglichkeit einer Privatinsolvenz des Verbrauchers noch der Umstand, dass der Verbraucherdarlehensvertrag und die dafür abgeschlossene Restschuldversicherung unter bestimmten Umständen als verbundenes Geschäft zu sehen seien, rechtfertigten eine abweichende Beurteilung. Dass die Prämie für die von den Darlehensnehmern abgeschlossene Restschuldversicherung ihrerseits in wucherischer Weise überhöht gewesen sei, habe der Kläger weder behauptet noch dargetan.
8
Die Beklagte hafte im Zusammenhang mit der von ihr vermittelten Restschuldversicherung auch nicht wegen unzureichender Aufklärung der Darlehensnehmer über vertragswesentliche Umstände. Für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB) fehle es hinsichtlich der von der Beklagten vereinnahmten Provision für die Vermittlung der Restschuldversicherung bereits an einer rechtlichen Verpflichtung der Beklagten, diese offen zu legen. Insbesondere lasse sich eine solche Pflicht nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Aufklärungspflichten über verdeckte Rückvergütungen begründen , weil im Streitfall kein Beratungsvertrag bestanden habe. Unabhängig davon fehle es an schlüssigem Vortrag zur Kausalität der etwaigen Pflichtverletzung und zur Ermittlung eines darauf bezogenen Schadens. Mit Rücksicht hierauf müsse auch nicht geklärt werden, ob die Beklagte - wie vom Kläger geltend gemacht - wegen fehlerhafter Beratung der Darlehensnehmer über den Versicherungsumfang hafte.

II.

9
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung in allen wesentlichen Punkten stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
10
1. Die Revision stellt nicht in Frage, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein objektiv auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei Darlehensverträgen, welches eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, in der Regel dann zu bejahen ist, wenn der effektive Vertragszins den marktüblichen Effektivzins relativ um etwa 100% oder absolut um 12 Prozentpunkte überschreitet (vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1990 - XI ZR 252/89, BGHZ 110, 336, 340, vom 11. Januar 1995 - VIII ZR 82/94, BGHZ 128, 255, 266, vom 20. Februar 1990 - XI ZR 195/88, WM 1990, 534 f., vom 11. Dezember 1990 - XI ZR 24/90, WM 1991, 271, 272 und vom 4. Mai 1993 - XI ZR 9/93, WM 1993, 1324, 1325, jeweils mwN), wobei in Einzelfällen die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB aufgrund einer Gesamtwürdigung aller weiteren Geschäftsumstände auch zu bejahen sein können, wenn die relative Zinsdifferenz nur zwischen 90% und 100% beträgt (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 1990 - XI ZR 195/88, WM 1990, 534, 535 und vom 11. Dezember 1990 - XI ZR 24/90, WM 1991, 271, 272, jeweils mwN).
11
Zutreffend nimmt die Revision auch hin, dass diese Voraussetzungen im Streitfall - sofern man die Kosten der Restschuldversicherung bei der Ermittlung des effektiven Jahreszinses unberücksichtigt lässt - nicht gegeben sind. Ausgehend von dem in dem Darlehensvertrag angegebenen effektiven Jahreszins von 16,07% liegen der relative Zinsunterschied zum vom Kläger angegebenen und von der Beklagten nicht bestrittenen Marktzins für vergleichbare Ratenkredite von 10,73% mit 49,77% und der absolute Zinsunterschied mit 5,34 Prozentpunkten deutlich unterhalb der vorgenannten Grenzen.
12
2. Die Revision wendet sich aber dagegen, dass das Berufungsgericht die Restschuldversicherungskosten bei der Ermittlung des effektiven Jahreszinses im Rahmen der Prüfung der objektiven Voraussetzungen des § 138 BGB unberücksichtigt gelassen hat.
13
a) Diese Art des Äquivalenzvergleichs entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher die Kosten einer Restschuldversicherung im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung des Effektivzinssatzes weder beim Vertrags- noch beim Marktzins zu berücksichtigen sind (BGH, Urteile vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, WM 1982, 921, 922 f., vom 15. Januar 1987 - III ZR 217/85, BGHZ 99, 333, 336, vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 648 f., vom 7. Dezember 1989 - III ZR 276/88, WM 1990, 136 und vom 30. Mai 1990 - IV ZR 22/89, WM 1990, 1236 f.). Dieser maßgeblich vom III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entwickelten Rechtsprechung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (Urteile vom 20. Februar 1990 - XI ZR 195/88, WM 1990, 534, vom 11. Dezember 1990 - XI ZR 69/90, WM 1991, 216, 217 und vom 4. Mai 1993 - XI ZR 9/93, WM 1993, 1324, 1325). Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Restschuldversicherung regelmäßig beiden Partnern des Kreditgeschäfts Vorteile in Form einer Minderung des jeweils eingegangenen Risikos bietet (BGH, Urteile vom 12. März 1981 - III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 168 und vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 648 mwN). Anders als etwa die Darlehenszinsen dient sie nicht nur dem wirtschaftlichen Interesse der Bank, sondern bringt auch dem Darlehensnehmer zusätzliche Vorteile. Dieser oder seine Erben werden nach Eintritt des Versicherungsfalles mit der Zahlung des Versicherers an den Darlehensgeber in entsprechender Höhe von den eigenen Leistungsverpflichtungen frei. Für einen Vergleich der vom Darlehensnehmer zu tragenden Belastungen kommen mit Rücksicht hierauf nur Kredite in Betracht, die ihm die gleichen Vorteile bieten. Aus diesem Grund können nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen des auf den Effektivzinssatz bezogenen Äquivalenzvergleichs Kredite mit Versicherungsschutz nicht mit marktüblichen Krediten verglichen werden, bei denen die Kosten für eine Restschuldversicherung - wie in den für die Zeit des hiesigen Vertragsschlusses heranzuziehenden Monatsberichten der Deutschen Bundesbank zum einschlägigen Schwerpunktzins üblich - nicht berücksichtigt sind.
14
b) An dieser Rechtsprechung ist jedenfalls für Fälle, in denen die Bank die Restschuldversicherung nicht zwingend für die Gewährung des Kredits vorgeschrieben hatte, auch unter Berücksichtigung der Einwände der Revision festzuhalten.
15
aa) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Hälfte der Kosten der Restschuldversicherung müsse - wie in der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Ansatz noch für zulässig erachtet (BGH, Urteil vom 12. März 1981 - III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 168) - in die Berechnung des Vertragszinses eingestellt werden, übergeht sie, dass in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls ein entsprechender Zuschlag bei dem damit zu vergleichenden Marktzins vorzunehmen wäre, um eine Gegenüberstellung der vom Darlehensnehmer zu tragenden Belastungen einerseits und der sich für ihn aus der Restschuldversicherung ergebenden Vorteile andererseits zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1981 - III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 169 f., vom 15. Januar 1987 - III ZR 217/85, BGHZ 99, 333, 336 und vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, WM 1982, 921, 922). Eine derartige Einbeziehung der Restschuldversicherungskosten erweist sich indes aus Sicht des Darlehensnehmers als unergiebig, da sich das Ergebnis bei dieser Berechnungsweise aus Sicht des Darlehensnehmers nicht zu seinem Vorteil ändert; es verschiebt sich vielmehr das rechnerische Verhältnis der beiden effektiven Jahreszinssätze zueinander zugunsten des Darlehensgebers (BGH, Urteile vom 15. Januar 1987 - III ZR 217/85, BGHZ 99, 333, 336, vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, WM 1982, 921, 923 und vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 648; OLG Zweibrücken, Urteil vom 10. Mai 2010 - 7 U 84/09, juris Rn. 5).
16
Vor diesem Hintergrund geht der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit der Grundsatzentscheidung des III. Zivilsenats vom 8. Juli 1982 (aaO) für vorzugswürdig erachtete Ansatz, die Versicherungskosten weder in die Berechnung des Vertrags- noch des Marktzinses einzubeziehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 648 f. mwN), entgegen der Auffassung der Revision auch nicht von vornherein zu Lasten des Darlehensnehmers. Denn lässt man die Kosten der Restschuldversicherung bei der Vergleichsberechnung sowohl beim Vertragszins als auch beim Marktzins unberücksichtigt , kann ein effektiver Jahreszins, der für sich betrachtet, also ohne Einbeziehung der Restschuldversicherungskosten, ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung offenbart, im Rahmen einer Vergleichsberechnung , die sowohl beim Vertragszins als auch beim Marktzins die Restschuldversicherungskosten berücksichtigt, auch nicht wegen der dadurch bedingten Verringerung des Zinsunterschiedes milder beurteilt werden (BGH, Urteile vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, WM 1982, 921, 923 und vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 648 f.).
17
bb) Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts steht entgegen der Auffassung der Revision im Streitfall auch nicht fest, dass die der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegende Annahme, der Abschluss der Restschuldversicherung habe auch im Interesse der Darlehensnehmer gelegen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1982 - III ZR 60/81, WM 1982, 921, 922), nachweislich nicht mehr zutrifft.
18
(1) Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die im Zusammenhang mit Ratenkrediten abgeschlossenen Versicherungsbeiträge seien in der Vergangenheit erheblich gestiegen und auch die Beklagte habe insbesondere durch gestiegene Vermittlungsprovisionen den Umfang ihrer Erträge steigern können, greift er - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - Einwände auf, die nicht erst in neuerer Zeit erhoben werden, sondern die bereits ohne Erfolg in ähnlicher Weise vorgebracht worden waren, als der Bundesgerichtshof die von der Revision - nunmehr erneut - angegriffene Rechtsprechung entwickelt hat (vgl. Knops, VersR 2006, 1455, 1456 Fn. 14; Metz, BKR 2007, 401, 402; Reifner, NJW 1988, 1948, 1950 f.; ders., Handbuch des Kreditrechts, § 20 Rn. 61 ff.), der auch die herrschende Meinung im Schrifttum nach wie vor folgt (MünchKommBGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 138 Rn. 119; Artz in Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 32 Rn. 10; MünchKommBGB/Berger, 5. Aufl., § 488 Rn. 107; Bülow, Sittenwidriger Konsumentenkredit , 3. Aufl., Rn. 77 f., 82; Pamp in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 82 Rn. 20; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 138 Rn. 90; Nassall in jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 138 Rn. 281; Staudinger/ Sack, BGB, Neubearb. 2003, § 138 Rn. 183; Schmidt, BKR 2009, 119, 121; Schneider in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 150-171, Rn. 25; vgl. auch Völker in Harte-Bavendamm/ Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl., § 6 PAngV Rn. 20; jeweils mwN; aA PWW/Ahrens, BGB, 6. Aufl., § 138 Rn. 125 sowie insbesondere Reifner, NJW 1988, 1948, 1950 f.; ders., WM 2008, 2329, 2339; ders., BKR 2009, 51, 55 ff.). Dass das Berufungsgericht diesem Vorbringen des Klägers angesichts dessen keine ausreichenden Anhaltspunkte entnehmen konnte, die zu einer gänzlich neuen Bewertung führen müssten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, gibt das diesbezügliche pauschale Vorbringen des Klägers jedenfalls in einem Fall, in dem die Bank den Abschluss der Restschuldversicherung nicht zwingend zur Bedingung für die Gewährung des Kredits gemacht hat, keinen Anlass, abweichend von der bislang ständigen Rechtsprechung ein Eigeninteresse des Darlehensnehmers an dem Abschluss einer - wenn auch in der Markttendenz zunehmend teureren - Restschuldversicherung zu verneinen.
19
(2) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich auch aus der zwischenzeitlichen Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens kein Argument gegen die wechselseitige Vorteilhaftigkeit einer Restschuldversicherung herleiten. Die danach mit Ablauf der so genannten Wohlverhaltensphase eröffnete Möglichkeit der Restschuldbefreiung (vgl. §§ 300 ff. InsO) ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, für den Darlehensnehmer mit erheblichen wirtschaftlichen und persönlichen Belastungen verbunden, zu deren Vermeidung der Abschluss einer Restschuldversicherung gerade dient. So bedingt die Restschuldbefreiung die Abtretung des pfändbaren Einkommens des Schuldners an einen Treuhänder über einen mehrjährigen Zeitraum (§ 287 Abs. 2 InsO), während dessen der Schuldner zahlreiche Obliegenheiten zu erfüllen hat (§ 295 InsO). Eine Verletzung dieser Obliegenheiten führt auf Antrag eines Insolvenzgläubigers zur Versagung der Restschuldbefreiung (§ 296 InsO). Schon mit Rücksicht hierauf stellt eine vom Darlehensnehmer durchzuführende Privatschuldnerinsolvenz keine mit dem Abschluss einer Restschuldversicherung gleichwertige Entschuldungsalternative dar.
20
(3) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, rechtfertigt auch der Umstand, dass Darlehens- und Restschuldversicherungsvertrag verbundene Verträge im Sinne von § 358 BGB sein können, keine abweichende Beurteilung. In seinem Urteil vom 15. Dezember 2009 (XI ZR 45/09, BGHZ 184, 1 Rn. 20 f.) hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass die Restschuldversicherung auch dann, wenn sie durch das Darlehen finanziert wird und ihre Kosten in der vom Darlehensnehmer zu unterzeichnenden Vertragserklärung anzugeben waren (vgl. § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 6 BGB aF; vgl. auch jetzt § 492 Abs. 2 BGB nF i.V.m. Art. 247 § 8 Abs. 1 Satz 1 EGBGB), nicht etwa einen Teil der Gesamtfinanzierung darstellt, sondern dass es sich bei ihr um eine "andere Leistung" im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB handelt; Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag bleiben rechtlich selbständige Verträge , was im Streitfall auch durch die Verwendung unterschiedlicher Vertragsformulare zum Ausdruck kommt, und die Kosten der Restschuldversicherung sind entgegen der Auffassung der Revision keine Kosten des Darlehens, sondern Kosten einer zu der Darlehensgewährung hinzutretenden "anderen" Leistung im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB (Senatsurteil vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 45/09, BGHZ 184, 1 Rn. 20 f., 25).
21
(4) Schon aus diesem Grund scheidet die von der Revision befürwortete Berücksichtigung des Provisionsanteils der Restschuldversicherungskosten bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses aus (ebenso OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Dezember 2009 - 6 U 110/09, juris Rn. 67). Auch wenn die Provision allein der Bank zugeflossen ist, geschah dies nicht für die Darlehensgewährung , sondern ausschließlich für die Vermittlung des rechtlich selbständigen Versicherungsvertrages. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach welcher die für die Sittenwidrigkeitsprüfung außer Acht zu lassenden Restschuldversicherungskosten grundsätzlich (vgl. für den Ausnahmefall, in welchem die Kredit- und Bearbeitungsgebühren für die Rest- schuldversicherung nach einem höheren Prozentsatz als die des Hauptkredits berechnet werden, BGH, Urteil vom 3. Dezember 1987 - III ZR 103/86, WM 1988, 184, 187) nicht nur die Versicherungsprämien, sondern auch die darauf entfallenden Anteile der Kreditgebühren und der Bearbeitungsgebühr umfassen , da sie ohne Abschluss der Restschuldversicherung nicht entstanden wären (BGH, Urteile vom 24. März 1988 - III ZR 24/87, WM 1988, 647, 649, vom 13. Juli 1989 - III ZR 78/88, NJW-RR 1989, 1321, 1322, vom 7. Dezember 1989 - III ZR 276/88, WM 1990, 136 und vom 30. Mai 1990 - IV ZR 22/89, WM 1990, 1236). Nichts anderes gilt für eine Provision. Auch sie wäre ohne Abschluss der Restschuldversicherung nicht angefallen. Sie fällt (nur) hierfür markttypisch an (vgl. Pamp in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 82 Rn. 20; Reifner, WM 2008, 2329, 2333), denn die Innenprovision wird für das Rechtsgeschäft vereinnahmt, dessen Gegenstand ausschließlich der Versicherungsschutz ist (vgl. bereits OLG München, NJW 1977, 152; OLG Nürnberg, MDR 1979, 755). Dass die Innenprovision dabei nur der Bank zugute kommt, macht sie demzufolge entgegen der Auffassung der Revision nicht zu verdeckten Kreditkosten im Sinne des § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB aF. Allein der Umstand, dass die Bank bei Durchführung eines eigenen Geschäfts (Darlehensgewährung ) zugleich die Rolle des Vermittlers für ein fremdes Geschäft (Restschuldversicherung) einnimmt, erlaubt es entgegen der Auffassung der Revision nicht, die dafür erhaltene Provision den Kosten des Eigengeschäfts, hier also dem Effektivzinssatz des Darlehens, hinzuzurechnen.
22
cc) Soweit die Revision unter Hinweis auf ausländische Rechtsordnungen oder in Anlehnung an überkommene Rechtsgrundsätze ("laesio enormis") ihre Auffassung zu begründen sucht, allein die nach der Behauptung des Klägers überteuerten Prämien und Finanzierungskosten der Restschuldversicherungen rechtfertigten es, die wirtschaftliche Gesamtbelastung des Darlehensnehmers abweichend von der dargestellten Rechtslage und unabhängig von einer zwingenden Verbindung von Darlehen und Restschuldversicherung als sittenwidrig zu qualifizieren, ist dies verfehlt.
23
(1) Der deutsche Gesetzgeber hat sich gegen eine gesetzliche Regelung entschieden, nach der ein Rechtsgeschäft unabhängig von einem nach Maßgabe der Marktverhältnisse festzustellenden krassen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung und einer - im Einzelfall auch nur daraus zu vermutenden - verwerflichen Gesinnung des Darlehensgebers als sittenwidrig qualifiziert werden kann. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ergibt sich nicht schon aus der reinen Höhe der Vergütung für eine Leistung, sondern nur nach Maßgabe ihres objektiven Werts, zu dessen Feststellung geeignetes Mittel der Marktvergleich ist. Dabei ist das vereinbarte Entgelt dem marktüblichen Preis, den die Mehrzahl der übrigen Anbieter für vergleichbare Leistungen fordert, gegenüberzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2003 - IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154, 159 mwN). Andernfalls würde die durch das Bürgerliche Gesetzbuch gerade beseitigte "laesio enormis" des gemeinen Rechts im Ergebnis wieder eingeführt (BGH, Urteil vom 12. März 1981 - III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 156).
24
(2) Das Berufungsgericht hat hiernach zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Kläger behauptete Unangemessenheit der Versicherungsprämie allenfalls im Hinblick auf § 139 BGB Anlass hätte geben können, den mit der Darlehensvaluta finanzierten Versicherungsbeitrag eigenständig daraufhin zu überprüfen, ob er in Relation zu durchschnittlich am Markt angebotenen Restschuldversicherungen vergleichbarer Art ein auffälliges Leistungsmissverhältnis aufwies und daher in sittenwidriger Weise überhöht gewesen sein könnte. An dem hierzu erforderlichen substantiierten Vortrag zum Marktpreis für vergleichbare Restschuldversicherungen (vgl. Metz, BKR 2007, 401, 402) fehlt es aber nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts. Auch die Revision vermag nicht auf diesbezüglichen Vortrag zu verweisen. Soweit sie geltend macht, der Markt für Restschuldversicherungen sei dadurch gekennzeichnet , dass kein freier Anbieter vorhanden sei und dass ein echter Konditionenwettbewerb daher nicht stattfinde, entbindet dies nicht von einem Vergleich mit dem Preis der auf dem Markt angebotenen Restschuldversicherungen (vgl. zu entsprechendem Vortrag OLG Hamm, VuR 2008, 104, 105), sondern erfordert vielmehr substantiierten Vortrag hierzu (Metz, BKR 2007, 401, 402). Vortrag zu einem solchen Marktvergleich hat der Kläger aber nicht einmal ansatzweise erbracht.
25
(3) Dem von der Revision stattdessen befürworteten Vergleich der streitgegenständlichen Restschuldversicherung mit einer reinen Risikolebensversicherung steht bereits entgegen, dass es für die kalkulatorische Gegenüberstellung der im Streitfall zu beurteilenden Restschuldversicherung mit Risikolebensversicherungen an der Darlegung einer tauglichen Vergleichsgrundlage fehlt (vgl. zu der Vergleichskonstellation von Restschuldversicherungen und Kapitallebensversicherungen im Zusammenhang mit einem Festkredit Senatsurteil vom 3. April 1990 - XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117, 122 f.). Die beiden Versicherungsarten unterscheiden sich auf vielfältige Weise voneinander (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 2005 - XI ZR 17/04, BGHZ 162, 20, 24 f.), insbesondere nach Maßgabe ihrer jeweiligen Risikoabdeckung, altersbezogenen Prämienstrukturen, zu erwartenden Rückerstattungsverlusten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung und ihren möglichen Steuervorteilen. Jedenfalls in Fällen, in denen die Restschuldversicherung - wie vorliegend für einen der Darlehensnehmer vereinbart - nicht nur das Todesfallrisiko umfasst, sondern in die Versicherungsprämie zugleich ein für die Absicherung des Ratenkredites spezifischer Versicherungsschutz gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit des Darlehensnehmers eingepreist ist, scheidet der von der Revision geforderte Preis- und Konditionenvergleich mit einer reinen Risikolebensversicherung von vornherein mangels Vergleichbarkeit aus.
26
dd) Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, rechtfertigt auch der Umstand, dass mittlerweile die Kosten der Restschuldversicherung von Gesetzes wegen unter bestimmten Umständen bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses zu berücksichtigen sind, jedenfalls in Fällen, in denen die Bank die Restschuldversicherung nicht zwingend für die Gewährung des Kredits vorgeschrieben hat, keine Abkehr von den genannten Rechtsprechungsgrundsätzen. In diesem Fall sind die Kosten der Restschuldversicherung auch im Rahmen der im Streitfall gemäß § 492 Abs. 2 Satz 2 BGB aF noch anzuwendenden Vorschrift des § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF nicht in den Effektivzinssatz des Verbraucherdarlehens einzubeziehen (vgl. jetzt § 492 Abs. 2 BGB nF i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 3 EGBGB und § 6 Abs. 3 Nr. 4 PAngV nF).
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c) Unter welchen Voraussetzungen Sittenwidrigkeit in einem Fall vorliegen kann, in dem der Abschluss der Restschuldversicherung von der Bank zwingend vorgeschrieben ist, bedarf keiner abschließenden Klärung.
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aa) Bei zwingender Vorgabe einer Restschuldversicherung sind deren Kosten nach nunmehr geltendem Recht - im Streitfall nach den Vorschriften des § 492 Abs. 2 Satz 2 BGB aF i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF (vgl. jetzt § 492 Abs. 2 BGB nF i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 3 EGBGB und § 6 Abs. 3 Nr. 4 PAngV nF) - in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einzubeziehen. Das wirft die Frage auf, ob die Kosten der Restschuldversicherung gleichwohl auch in diesem Fall nach wie vor im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung, die - wie oben ausgeführt - maßgeblich auf einem Vergleich des verlangten Effektivzinses mit dem marktüblichen Zins beruht, von vornherein ausgeklammert werden können, wie es die bisherige Rechtsprechung getan hat (vgl. dazu mit unterschiedlichen Auffassungen OLG Hamm, VuR 2008, 104, 105; OLG Oldenburg, WM 2009, 796, 799; OLG Stuttgart, Urteil vom 21. Dezember 2009 - 6 U 110/09, juris Rn. 64 ff.; LG Bonn, BKR 2008, 78, 79 f.; MünchKommBGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 138 Rn. 146; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht , 7. Aufl., § 492 Rn. 104b Fn. 154; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 302; Pamp in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 82 Rn. 20; Reifner, WM 2008, 2329, 2334 ff.; ders., BKR 2009, 51, 55 f.; Schmidt, BKR 2009, 119, 121). Im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung könnte gegebenenfalls zu Lasten der Bank zu berücksichtigen sein, dass sie - etwa im Rahmen einer Umschuldung von Alt- in Neudarlehen - eine Restschuldversicherung zur Bedingung macht, deren Kosten eine inadäquate Verteuerung der Gesamtkosten des Kreditnehmers zur Folge hätte (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 138 Rn. 28). Hierfür könnte sprechen, dass eine Bank nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Umschuldung ihre eigenen Interessen nicht ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Belange des Darlehensnehmers durchsetzen darf, dass sich vielmehr ein Kredit als gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig erweisen kann, wenn die Bank die Kreditvergabe von Bedingungen abhängig macht, die unter Abwägung aller Vor- und Nachteile zu einer unverhältnismäßig gesteigerten finanziellen Gesamtbelastung des Kreditnehmers führen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1987 - III ZR 98/86, WM 1988, 181, 182 f.); auch müssen Kredit- und Bearbeitungsgebühren einer Restschuldversicherung, die nach einem höheren Prozentsatz als die des Hauptkredits berechnet werden, schon jetzt hinsichtlich des überschießenden Teils zu Lasten der Bank in den Äquivalenzvergleich einbezogen werden (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1987 - III ZR 103/86, WM 1988, 184, 187).
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bb) Die Frage muss im Streitfall nicht entschieden werden.
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(1) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den Darlehensnehmern den Abschluss der Restschuldversicherung für die Kreditgewährung nämlich nicht im Sinne des § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF "zwingend" vorgeschrieben.
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(2) Die gegen diese tatrichterliche Würdigung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch.
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(a) Dabei kann im Streitfall offen bleiben, ob für den im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF obligatorischen Abschluss einer Restschuldversicherung allein auf eine vertraglich vorgegebene rechtliche Verpflichtung abzustellen ist oder ob sich die von § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF vorausgesetzte Zwangslage zumindest gleichermaßen daraus ergeben kann, dass die kreditgebende Bank dem Darlehensnehmer den Abschluss einer Restschuldversicherung mündlich derart aufgedrängt hat, dass er sich diesem, ohne auf die Gewährung eines Darlehens verzichten zu müssen, faktisch nicht entziehen konnte (vgl. zum Meinungsstand OLG Oldenburg, WM 2009, 796, 798; LG Bonn, BKR 2008, 78, 79; Knops, VersR 2006, 1455, 1456 f.; Metz, BKR 2007, 401, 405; Reifner in Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 15 Rn. 164 ff.; ders., WM 2008, 2329, 2335 f.; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., PAngV, § 6 Rn. 9; Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., PAngV § 6 Rn. 72). Beides hat das Berufungsgericht hier in tatrichterlicher Würdigung verneint. Es ist nach der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte habe von den Darlehensnehmern den Abschluss der Restschuldversicherung weder unmittelbar schriftvertraglich noch im Rahmen der Vertragsanbahnung durch eine mündliche Vorgabe ihres Sachbearbeiters als Voraussetzung für die Gewährung des neuen Kredits verlangt. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Die insoweit erhobenen Rügen der Revision hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
33
(b) Anders als die Revision meint, kommt es für die Frage, ob der Abschluss der Restschuldversicherung obligatorisch war, nach der im Streitfall noch anwendbaren Fassung des § 6 Abs. 3 Nr. 5 PAngV aF auch nicht etwa darauf an, ob den Darlehensnehmern der Darlehensvertrag im Falle der Ablehnung des Versicherungsvertrages zu denselben Konditionen angeboten worden wäre. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, der die Darlehensnehmer betreuende Sachbearbeiter der Beklagten habe im Rahmen der Beweisaufnahme bekundet, er sei in Fällen, in denen Darlehensnehmer den Abschluss einer Restschuldversicherung abgelehnt hätten, gehalten gewesen, das Kreditangebot neu zu berechnen und dem Filialleiter nochmals vorzulegen. Damit ist der zwingende Charakter der Restschuldversicherung im Streitfall aber nicht dargetan.
34
Nach der hier geltenden Fassung des § 6 PAngV aF ist nämlich allein entscheidend, dass der Kredit ohne Abschluss einer Restschuldversicherung insgesamt nicht gewährt worden wäre; die Frage, ob er auch zu denselben Bedingungen gewährt worden wäre, ist nicht entscheidungserheblich.
35
Deutlich wird dies schon aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 PAngV aF, der für die danach in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einzubeziehenden Versicherungskosten nicht auf die Kreditvergabe zu den vom Darlehensgeber konkret angebotenen Vertragsbedingungen abstellt, sondern schlicht auf die "Gewährung des Kredits".
36
Die Materialien zu § 6 PAngV belegen dies ebenfalls. Die Revision weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Neufassung des § 6 Abs. 3 Nr. 4 PAngV nF (BGBl. I S. 2355) eine Regelung enthält, die die Einbeziehung der Restschuld- versicherungskosten in den effektiven Jahreszinssatz des Darlehens schon dann vorsieht, wenn der Kredit ohne ihren Abschluss nur zu anderen Konditionen gewährt worden wäre (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 141 f.). Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei dieser Vorschrift, die erst mit Wirkung vom 11. Juni 2010 in Kraft getreten ist, aber keineswegs lediglich um eine "Klarstellung", sondern nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung um eine Änderung der bisherigen Rechtslage (BT-Drucks. 16/11643, S. 142; Ady/Paetz, WM 2009, 1061, 1068; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., PAngV § 6 Rn. 22; Müller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, § 492 BGB Rn. 24). Auf diese neue Rechtslage kann sich der Kläger im Streitfall nicht berufen , da die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB für die über Art. 247 § 6 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 3 EGBGB auf § 6 PAngV verweisende Norm des § 492 Abs. 2 BGB nF klarstellt, dass eine Anwendung der Neuregelung auf Verbraucherkreditverträge, die - wie der hier zu beurteilende - vor dem 11. Juni 2010 entstanden sind, nicht in Betracht kommt (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., EGBGB Art. 229 § 22 Rn. 3; MünchKommBGB/ Schürnbrand, 5. Aufl., EGBGB Art. 229 § 22 Rn. 12 f.).
37
3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB) verneint.
38
a) Ungeachtet der Frage, ob und unter welchen Umständen vorliegend eine Pflicht der Beklagten als kreditgebender Bank in Betracht kommt, unaufgefordert über die für die Vermittlung der Restschuldversicherung vereinnahmte Innenprovision, die vermeintlichen Nachteile der gewählten Versicherungsart im Vergleich zu einer reinen Risikolebensversicherung oder den - nach Behauptung des Klägers - unzureichenden Versicherungsumfang der Restschuldversi- cherung aufzuklären, würde eine entsprechende Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten jedenfalls nicht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Rückabwicklung des Kreditvertrages rechtfertigen, sondern wegen des beschränkten Schutzzwecks einer auf die Versicherungsleistung bezogenen Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten nur den Ersatz der durch die abgeschlossene Restschuldversicherung entstandenen Mehrkosten (st.Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 3. April 1990 - XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117, 124, vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212, vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1373, vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 49 und vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 42; vgl. auch OLG Oldenburg, WM 2009, 796, 800; Metz, BKR 2007, 401, 403; Mülbert/Wilhelm, WM 2009, 2241, 2253). Diese hat der Kläger, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt hat, nicht substantiiert dargetan. Auch die Revision vermag auf keinen diesbezüglichen Instanzvortrag zu verweisen. Soweit sie geltend macht, die Darlehensnehmer hätten bei gehöriger Aufklärung vom Abschluss einer Restschuldversicherung abgesehen, fehlt es auch insoweit an ordnungsgemäßem Vortrag zu den entstandenen Mehrkosten; darüber hinaus steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts, die Darlehensnehmer hätten nach dem Vortrag des Klägers bei richtiger Beratung eine Risikolebensversicherung abgeschlossen. Dass die Darlehensnehmer den Darlehensvertrag vom 8. Mai 2002 bei Aufklärung über die von der Beklagten vereinnahmte Innenprovision, die vermeintlichen Nachteile der gewählten Versicherungsart oder den angeblich unzureichenden Versicherungsumfang überhaupt nicht geschlossen hätten, macht die Revision nicht (mehr) geltend. Einem darauf zu stützenden Schadensersatzanspruch stünde im Streitfall auch bereits der Umstand entgegen, dass die Darlehensnehmer dann jedenfalls den Kapitaldienst des abgelösten Darlehens vom 29. März 2001 hätten tragen müssen. Das liefe im Rahmen der schadensrechtlich veranlassten Differenzbetrachtung ebenfalls auf eine Mehrkostenberechnung hinaus (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1990 - XI ZR 24/90, WM 1991, 271, 273), an der es fehlt.
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b) Auf die vom Berufungsgericht zur Begründung der Revisionszulassung formulierte Frage, ob sich aus der Senatsrechtsprechung zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über Innenprovisionen und von ihr vereinnahmte Rückvergütungen (Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 22 f., vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 11 ff. und vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 338/08, WM 2009, 2306 Rn. 31 sowie Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - XI ZR 510/07, WM 2009, 405 Rn. 12 f., vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. und vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22 ff., jeweils mwN) auch in Fällen der vorliegenden Art eine Aufklärungspflicht der Bank ergibt, kommt es danach nicht an. Zu Recht hat das Berufungsgericht diese Rechtsprechung aber im Übrigen auch nicht auf einen Sachverhalt wieden vorliegenden übertragen. Sie gilt nur in Fällen einer Kapitalanlageberatung durch die Bank. Im Streitfall fehlt es aber nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts bereits an einem Beratungsvertrag und darüber hinaus auch an einer Kapitalanlageberatung.
Wiechers Mayen Grüneberg Maihold Pamp

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.07.2008 - 323 O 91/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.05.2010 - 13 U 21/09 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.