Landgericht Essen Urteil, 27. Apr. 2015 - 3 O 34/13
Tenor
1.
Der Beklagte wird verurteilt, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aber auf dem Grundstück des Beklagten befindliche Eibenhecke eine Höhe von2 m künftig nicht überschreitet.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.760,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2013 zu zahlen.
3.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Kläger 5.378 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2013 zu zahlen.
4.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die weiteren Kosten für die Sanierung des Entwässerungssystems auf dem Grundstück Q-Straße … der Kläger –soweit diese aufgrund einer Durchwurzelung des auf dem Grundstück des Beklagten stehenden Silberahorns beruht- zu übernehmen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 35%, der Beklagte zu 65%.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien sind Grundstücksnachbarn mit einer gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken Q-Straße … und … in H. Schon seit längerer Zeit gab es Streit zwischen den Parteien hinsichtlich der Bepflanzung an der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Vorliegend streiten die Parteien um die Höhe einer Eibenhecke auf dem Grundstück der Beklagten sowie die von den Klägern begehrten Beseitigung eines Silberahornbaums und Schäden, die dessen Wurzeln im Kanalsystem auf dem Grundstück der Kläger hervorgerufen haben sollen.
3Zu den einzelnen Streitpunkten tragen die Kläger wie folgt vor:
4EibenheckeAuf dem Grundstück der Beklagten befindet sich eine aus 51 Einzelgewächsen bestehende Eibenhecke im Grenzabstand von 0,5 m, die im Jahre 2008 angelegt wurde.
5Im Jahre 2012 erreichte diese Hecke unstreitig ein Maß von mehr als 2,00 m, nach dem Vortrag der Kläger von 2,50 m.
6Die Kläger begehren insoweit die Beklagten zur Vornahme geeigneter Maßnahmen zu verurteilen, die Eibenhecke auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Maß von zwei Metern gem. § 42 b Nachbarrechtsgesetz NW zu halten.
7Silberahorn
8Auf dem Grundstück der Beklagten steht ein etwa 15 – 16 m hoher Silberahornbaum, dessen Äste auf das Grundstück der Kläger hinüber ragen.
9Nach deren Vorbringen geht von dem Baum eine Gefahr für das Grundstück und das Gebäude der Kläger aus. Zum einen sei es zu einer Durchwurzelung des auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Bewässerungssystems, von dem Silberahorn ausgehend, gekommen, zudem sei der Baum auch nicht standsicher, was sich auch darin zeige, dass er in Richtung des Wohnhauses der Kläger geneigt sei (Foto Bl. 113 dA)..
10Hinsichtlich des Baumes ist unstreitig, dass die Stadt H1 eine Fällgenehmigung für diesen Baum bisher abgelehnt hat. Hierüber läuft ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht H2 unter dem Aktenzeichen …, das von den Klägern im Rahmen der Anfechtungsklage geführt wird.
11Aufgrund der Durchwurzelungen sei es bereits wiederholt zu einem Rückstau von Wasser im Bereich der Kanalisation gekommen.
12Schäden durch die Durchwurzelung
13Hinsichtlich der Durchwurzelung des Kanalsystems haben die Kläger ein Sachverständigengutachten beauftragt. Diesbezüglich wird auf die gutachterliche Stellungnahme der Sachverständigen N vom 15.09.2012 (Bl. 21 d.A.) und vom 05.11.2012 (Bl 26 d.A.) verwiesen.
14Die Kläger tragen des Weiteren vor, hinsichtlich der Durchwurzelungen seien Ausfräsungsarbeiten im Leitungssystem notwendig geworden, welche die Firma T unter dem 16.01.2012 mit 422,93 Euro (Bl. 43 d.A.) in Rechnung stellte.
15Die Gutachterkosten N machen die Kläger vorliegend gemäß Rechnung vom 15.09.2012 in Höhe von 189 Euro und gemäß Rechnung vom 05.11.2012 in Höhe von 1.197 Euro geltend.
16Darüber hinaus machen die Kläger Kosten der Firma T gemäß Rechnung vom 19.10.2012 für Dichtheitsprüfung und Schadensfeststellung (Bl. 20 d.A.) in Höhe von 952 Euro geltend.
17Die Kläger tragen insoweit vor, Bergbauschäden hätten nach den Feststellungen im Zusatzgutachten N vom 20.03.2013 (Anlage A 16) nichts mit der vorliegend bestehenden Durchwurzelung zu tun. Für weitere künftige Sanierungsmaßnahmen seien gemäß Gutachten N vom 05.11.2012 (Bl. 26 d.A.) 9.300 Euro aufzuwenden.
18Die Kläger beantragen,
19den Beklagten zu verurteilen,
201.
21durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die sich an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aber auf dem Grundstück des Beklagten befindliche Eibenhecke eine Höhe von 2 m zukünftig nicht überschreitet,
222.
23den an der gemeinsamen Grundstücksgrenze in einem Abstand von ca. 0,9 m stehenden Silberahorn zu fällen, ggfls. nach gerichtlicher Durchsetzung einer Fällgenehmigung durch die Stadt H1,
243.
25hilfsweise zu 2. durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass eine Durchwurzelung des Leitungssystems auf dem Grundstück der Kläger durch den Silberahorn unterbleibt,
264.
27weiter hilfsweise zu 2. Maßnahmen zu treffen, die ein Umstürzen des Silberahorns oder das Abbrechen und Herunterfallen von Teilen des Silberahorns auf das Grundstück der Kläger, insbesondere des Eigenheims, verhindern,
285.
29an die Kläger 2.760,93 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit dieser Klage,
306.
31an die Kläger einen Kostenvorschuss zum Zwecke der Reparatur des Entwässerungssystems auf dem Grundstück der Kläger in Höhe von 9.300 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit,
327.
33hilfsweise zu 6. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten für die Sanierung des Entwässerungssystems auf dem Grundstück Q-Straße … der Kläger –soweit diese aufgrund einer Durchwurzelung des auf dem Grundstück des Beklagten stehenden Silberahorns beruht- zu übernehmen.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Er hält den Antrag zu Ziffer 1 (Eibenhecke) für nicht vollstreckungsfähig, da unbestimmt.
37Hinsichtlich der Eibenhecke sei es so gewesen, dass diese nur zwischenzeitlich, nämlich im Frühjahr 2012, die gesetzlich vorgeschriebene Höhe von 2 m um 5 – 10 cm während der Wachstumsphase überschritten gehabt habe.
38Der Silberahorn sei standfest und rustikal, der Astüberstand betrage maximal 3 – 3,5 m. Die Durchwurzelung des Leitungssystems auf dem Grundstück der Kläger gehe von dessen eigenen Bepflanzungen aus. Es sei insgesamt nicht nachweisbar, dass diese überhaupt von dem Silberahorn des Beklagten verursacht würden. Wenn, sei eine Durchwurzelung nur deshalb möglich, weil sich die Leitungen in einem vorgeschädigten Zustand befunden hätten, beispielsweise bergbaubedingt.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in den Akten Bezug genommen.
40Die Parteien haben ein Schlichtungsverfahren nach dem Nachbarrechtsgesetz NW erfolglos durchgeführt.
41Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten I vom 21.11.2014 verwiesen sowie auf das Gutachten des Sachverständigen L vom 03.01.2014 sowie Ergänzungsgutachte nebst zweitem Ergänzungsgutachten, jeweils vom 05.05.2014.
42Entscheidungsgründe:
43Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
441.)Eibenhecke
45Gem. §§ 823, 1004 BGB i.V.m § 42 Nachbarrechtsgesetz NW haben die Kläger einen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Ergreifung geeigneter Maßnahmen, die Hecke nicht über die Höhe von 2 m, wie sie im Nachbarrechtsgesetz vorgeschrieben ist, wachsen zu lassen. Anderenfalls wird durch einen sonst gegebenen Verstoß gegen das Nachbarrechtsgesetz das Grundstück der Kläger in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Zur Beseitigung dieser Beeinträchtigung ist der Beklagte als Zustandsstörer (Grundstückseigentümer) verpflichtet.
46Der geltend gemachte Anspruch ist auch nicht etwa unbestimmt, da er durch die Wahl geeigneter Maßnahmen in dem ihm zustehenden Auswahlermessen hinsichtlich der durchzuführenden Maßnahmen frei ist. Dabei ist der herzustellende Zustand und damit die dem Beklagten mit dem Urteil auferlegte Verpflichtung bestimmt genug bezeichnet; die tatsächlich vorzunehmenden Maßnahmen stehen in seinem Belieben, was sich auch aus § 887 ZPO ergibt; es reicht insoweit die Vorgabe des gewünschten Erfolges (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage § 253 Rn. 13 c).
472) Zahlungsanträge
48Der Beklagte ist verpflichtet, den Klägern gem. §§ 823 Abs. 1, 249 BGB diejenigen Schäden zu ersetzen, die auf deren Grundstück aufgrund der Durchwurzelung, die von dem Silberahorn auf dem Grundstück des Beklagten ausgehen, entstanden sind.
49a)
50Hierzu zählen neben den Kosten der eigentlichen Schadensfeststellung gem. Rechnung der Firma T vom 19.10.2012 (952 Euro) auch die Kosten des Gutachtens N gem. Rechnungen vom 15.09.2012 (189 Euro) und vom 05.11.2012 über 1.197 Euro, dort abgerechnete Begutachtung auch der Schadensfeststellung und gleichzeitig der Vorbereitung des zu führenden Schadensersatzprozesses diente. Hierzu zählen des Weiteren die Kosten aus der Rechnung der Firma T vom 16.01.2012 über die Ausfräsung des Leitungssystems in Höhe von 422,93 Euro, als weitere vorbereitende Maßnahme. Anerkanntermaßen gehören solchen Kosten als notwendige Begleitkosten zu dem, was zur Wiederherstellung des vor dem Schadensereignis bestehenden Zustandes geboten ist, da der Laie ohne sachverständige Hilfe häufig nicht in der Lage ist, den Schadensfall und die Höhe des Schadens ausreichend darzulegen (vgl. Geigel/Kerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Auflage, Kapitel 3 Rn. 118 ff.).
51Die Kosten sind im Übrigen auch angefallen für die Ausfräsung des Leitungssystems, mithin für die unmittelbare –vorläufige- Schadensbeseitigung. Offensichtlich war durch das Einwachsen der Wurzeln, die der Sachverständige L auch an anderen Stellen bestätigt, eine Verstopfung des Leitungssystems eingetreten, die kurzfristig mittels Ausfräsung zu beheben war, um eine weitere Ausbreitung des Schadens durch rückstauendes Wasser zu verhindern.
52Soweit von Beklagtenseite vorgetragen ist, die Kosten des Gutachtens N seien zu hoch ausgefallen, ist dieser Vortrag nicht substantiiert. Der Geschädigte ist insoweit nicht verpflichtet, ohne weitere Anknüpfungspunkte hierfür, den preiswertesten Sachverständigen zu ermitteln. Zu ersetzen sind die Aufwendungen für einen Sachverständigen, den ein wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten als geeignet und zumutbar erachten durfte (Geigel a.a.O. Rn. 119).
53b)
54Schließlich können die Kläger von dem Beklagten auch im Wege des Schadensersatzes den Ersatz der Kosten für die Reparatur des Entwässerungssystems verlangen.
55aa)
56Soweit die Kläger insoweit mit dem Klageantrag zu Ziffer 6 ausdrücklich einen Kostenvorschuss verlangen, sieht das Schadensersatzsystem nach § 249 ff BGB dieses allerdings nicht vor.
57Das Gericht legt den Antrag deshalb so aus, dass Ersatz der voraussichtlich anfallenden Kosten, die die Kläger aufgrund der eingeholten Gutachten beziffert haben, verlangt wird, da gem. § 49 Abs. 2 BGB der zur Herstellung des vor der Beschädigung bestehenden Zustandes erforderliche Geldbetrag verlangt werden kann. Geldersatz kann dabei auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen Kosten abgerechnet werden. Hinsichtlich der Verwendung des Geldersatzes ist der Geschädigte frei (vgl. dazu Beckscher Online-Kommentar/Schubert, § 249 Rn. 192, 204).
58Der Ersatz weiterer, derzeit nicht vorhersehbarer oder kalkulierbarer Schadenspositionen im Rahmen der tatsächlichen Behebung des Schadens ist sodann mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 7 abgedeckt.
59Hierzu zählt auch die im Falle der Reparatur anfallende Mehrwertsteuer, die allein aufgrund einer Schadensbestimmung im Wege eines Kostenvoranschlages oder –wie hier- den Ausführungen eines Sachverständigen nicht erstattungsfähig ist gem. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB.
60bb)
61Der Sachverständige L hat die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung in seinem Gutachten vom 03.01.2014 nachvollziehbar und überzeugend kalkuliert, wobei nach seiner Schätzung für eine sogenannte Reparatur mit Kurzlinern 9.300 Euro brutto anfallen, für eine Renovation des Leitungssystems unter Einsatz von sogenannten Schlauchlinern 9.550 Euro anfallen.
62Dabei sind vorliegend die Kläger als Geschädigte gehalten, das vom Sachverständigen dargestellte System der Renovation unter Einsatz von Schlauchlinern zu wählen. Dies gebietet die jedem Geschädigten obliegende Schadensminderungspflicht, was bedeutet, dass von mehreren, zur Verfügung stehenden Methoden der Schadensbeseitigung diejenige zu wählen ist, welche die geringeren Kosten ausmacht (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auflage, § 254 Rn. 36 ff.). Hierzu gehört es auch, unter mehreren zur Auswahl stehenden Methoden der Schadensbeseitigung diejenige zu wählen, die auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte am effektivsten ist und –wie hier- einen Eintritt weiterer Schäden weitgehend verhindern kann.
63Die vom Sachverständigen grundsätzlich in Betracht gezogenen Schadensbehebungsmethoden sind von diesem mit einem etwa gleich hohen Ausgangsaufwand bewertet worden, nämlich die Kosten für die Sanierung mit Kurzlinern in Höhe von 9.300 Euro und die Alternative der Sanierung mit Schlauchlinern mit einem Betrag von (ca.) 9.550 Euro.
64Bei der Wahl der beiden Reparatur- bzw. richtiger Schadensbeseitigungsmaßnahmen hat die Wahl aber nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen auf die Schlauchinliner-Methode zu fallen, einerseits deshalb, weil hierdurch weitere Schäden durch einwachsende Wurzeln verhindert werden, andererseits deshalb, weil hierdurch eine Wertverbesserung der bestehenden Anlage eintritt, die sodann den Schaden insgesamt mindert.
65Wie bereits im Zusammenhang mit der Frage der Notwendigkeit des Fällens der Silbereiche angesprochen, ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen zur Überzeugung des Gerichts, dass dann, wenn –wie hier kalkuliert- das gesamte Grundleitungssystem auf dem Grundstück der Kläger im Renovationsverfahren mit biegeweichen Schlauchlinern ausgeführt wird, dann weitere Gefahren von Wurzeleinwüchsen nicht bestehen, weil sich insoweit weder durch die Konstruktion noch durch sonstige Einwirkungen, wie z.B. Bergbau, Lücken ergeben können, die das Einwachsen von Wurzelwerk ermöglichen. Demgegenüber würde mit der (Teil-) Reparatur des Kanalsystems mittels Einsatzes von Kurzlinern nur der Bereich saniert, der tatsächlich betroffen bzw. befallen ist, mit der Gefahr des Eintritts weiteren Wurzelwachstums und im Übrigen mit der Notwendigkeit, den Baum zu fällen um eben solches zu verhindern.
66Aus der Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Geschädigten, der auch die Interessen des Schädigers berücksichtigt, kommt dementsprechend nur der Einsatz des Schlauchliner-Verfahrens in Betracht. Die hierfür anfallenden Kosten sind zu Gunsten des Schädigers weiter zu reduzieren, weil eine Wertverbesserung des Grundleitungssystems auf dem Grundstück der Kläger eintreten wird, was der Sachverständige insbesondere in seinem Ergänzungsgutachten vom 05.05.2014 überzeugend herausgearbeitet hat.
67cc)
68Die Gesamtlebensdauer des Leitungssystems wird (was die Gebührenkalkulation der Städte, welche die Aufwendungen auf die Grundstückseigentümer umlegen, betrifft)verlängert, so dass hier eine deutliche Nutzungsverlängerung der sanierten Kanalbereiche zu berücksichtigen ist.
69Schadensersatzrechtlich ist ein solcher Abzug neu für alt bei Ersetzung gebrauchter Sachen dann zu berücksichtigen, wenn die eintretende Werterhöhung sich für den Geschädigten wirtschaftlich günstig auswirkt (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O. vor § 249 Rn. 99). Das ist hier aufgrund der Verlängerung der Lebensdauer des Kanalsystems der Fall.
70Das Gericht geht deshalb davon aus, dass zunächst ein Betrag in Höhe von 6.400 Euro, wie vom Sachverständigen L ausgewiesen, anzusetzen ist.
71Hierbei handelt es sich allerdings um einen Bruttobetrag aus dem die –noch nicht angefallene- Mehrwertsteuer herauszurechnen ist, so dass den Klägern zunächst ein Schadensersatzanspruch ohne Mehrwertsteuer in Höhe von 5.3678 Euro zuzusprechen ist.
72Sollten sodann bei der tatsächlichen Herstellung weitere Kosten anfallen, sind diese, ebenso wie dann auszuweisende und zu zahlende Mehrsteuer vom Beklagten zu erstatten.
73dd)
74Dieser Betrag ist auch nicht weiter um einen Mitverursachungsanteil der Kläger an dem eingetretenen Schaden deshalb zu verändern, weil von den Klägern zu vertretende Umstände vorlägen, die das Einwachsen des Wurzelwerkes behindert haben. Feststellungen konnten insoweit zu Lasten der Kläger nicht getroffen werden.
75Soweit hierfür Bergschäden verantwortlich wären –der Sachverständige konnte diesen Nachweis bei seinen Untersuchungen nicht verlässlich erbringen-, würde dies nicht in den Verantwortungsbereich der Kläger fallen, so dass eine Schadenszurechnung über § 254 BGB ausscheidet.
76Aber auch Verlegungsfehler, die ein Einwachsen der Wurzeln begründet haben könnten, lassen sich nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht konkret feststellen. Vielmehr erklärt der Sachverständige L, das Einwachsungen von Wurzeln sei auch beim Einbau der Rohre nach dem Stand der Technik unvermeidbar, da minimale Abweichungen, die unvermeidlich sind und das Einwachsen erleichtern, nie auszuschließen sind.
77ee)
78Die ausgeurteilten Zinsen folgen aus Verzug.
793.)
80Die Zulässigkeit und Begründetheit des Feststellungsantrags ergibt sich aus den vorherigen Ausführungen.
814.)
82Beseitigung Silberahorn
83Die Klage hat insoweit keinen Erfolg.
84Entgegen der noch in der mündlichen Verhandlung am23.03.2015 geäußerten Ansicht des Gerichts besteht derzeit klägerseits kein Anspruch gegenüber dem Beklagten, den auf seinem Grundstück stehenden Baum zu fällen. Die Voraussetzungen der §§ 823, 1004 BGB sind tatsächlich nicht gegeben, da nach der ohnehin derzeit erforderlichen Reparatur des betroffenen Leitungssystems im Wege des Renovationsverfahrens vom Wurzelwerk dieses Baumes keine konkreten, weiteren Störungen des Grundstücks der Kläger zu erwarten sind.
85Die Verpflichtung des Beklagten, den auf seinem Grundstück grenznah stehenden Silberahorn zu fällen, ergibt sich deshalb nicht aus §§823, 1004 BGB, da dieser das Eigentum der Kläger durch die Einwurzelung in das Kanalsystem auf dem Grundstück der Kläger in Zukunft nicht in nicht hinzunehmender Art und Weise beeinträchtigt.
86a)
87Aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen I hat sich nicht ergeben, dass der Baum etwa standunsicher ist und allein deshalb gefällt werden müsste.
88Der Sachverständigte führt insoweit nach eingehender Besichtigung vor Ort überzeugend aus, dass der Baum insgesamt einen vitalen Eindruck macht, was auch das Gutachten T1 vom 02.04.2013 belegt. Hiernach waren die Wurzeln fest und Klopfproben konnten Hinweis auf Fäule im Stammfußbereich nicht erbringen. Die Wurzeln sind intakt. Solange dies der Fall ist, ist die Standsicherheit des Baumes lt. Gutachten gegeben.
89b)
90Allerdings hat der Sachverständige auch festgestellt, dass die vorgenannten Wurzeln des Silberahorns in das Kanalsystem unterhalb des Hauses Q-Straße … (der Kläger) eingewachsen sind. Er führt hierzu überzeugend aus, es spreche vieles dafür, dass ein erheblicher Anteil der Zugwurzeln des Silberahorns sich unterhalb des Hauses erstrecken. Die Zugwurzeln des Baumes, also die statisch am stärksten beanspruchten Wurzeln, erstrecken sich in eben diesem Bereich.
91Hierüber hat zwischen den Parteien bei der Ortsbesichtigung mit dem Sachverständigen vor Ort auch Einigkeit bestanden, so dass auf eine konkrete Untersuchung eines sichergestellten Wurzelteils verzichtet worden ist (Bl. 16 des Gutachtens).
92Aus den weiteren Ausführungen des Sachverständigen, hier unter Ziffer 6.1 zum Begriff der Wurzelsperre, folgt, dass das Wurzelwachstum durch Anbringung von Wurzelsperren letztlich nicht aufgehalten werden kann. Demnach streben Wurzeln in ihrem Verlauf nach Unterqueren einer Barriere weiter um den ursprüngliche Verlauf fortzusetzen oder in tiefere Bodenschichten weiter wachsen.
93Der Sachverständige sieht daher eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass künftige Einwurzelungen auf dem Grundstück der Klägerin zu erwarten sind.
94Deshalb besteht grundsätzlich eine von dem Baum ausgehende weitere Gefährdung des klägerischen Grundstücks bzw. speziell der dort verlegten Grundleitungen.
95c)
96Bei der Bewertung, ob eine von dem Baum ausgehende konkrete Gefahr für das Grundstück ausgeht, die dessen Beseitigung rechtfertigt, konnte aber nicht unberücksichtigt gelassen werden, dass aktuell ohnehin aufgrund der bereits eingetretenen Schäden eine Reparatur des Leitungssystems auf dem Grundstück der Kläger erforderlich ist.
97Dabei ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen L, der die Einwurzelungen und erforderlichen Reparaturmaßnahmen begutachtet hat, dass diesbezüglich die Schadensbeseitigung nicht nur im Wege der bloßen Reparatur durch Einbau sogenannter Kurzliner erfolgen kann, was bedeutet, dass lediglich die geschädigten Leitungsteile ersetzt werden, sondern dass auch eine sogenannte Renovation der Leitungen durch den Einbau von Schlauchlinern (s. dazu Seite 23 des Gutachtens L vom 03.01.2014) erfolgen kann. Durch den Einbau solcher Schlauchliner würde das gesamte Grundleitungssystem saniert, mithin auch diejenigen Rohrverbindungen, die bisher nicht durch Wurzeleinwuchs betroffen sind und sogar noch den positiven Nebeneffekt einer Verbesserung der Dichtheit der sanierten Leitungen bei künftig eventuell auftretenden Bergbaueinwirkungen bietet. Dieses Verfahren ist aus technischer Sicht das Verfahren der Wahl nach Empfehlung des Sachverständigen für Kanalisationstechnik. Da die Kläger im Rahmen der ihnen obliegenden Schadensminderungspflicht (insoweit wird auf die Ausführungen der Kammer im Zusammenhang mit den Zahlungsansprüchen verwiesen) steht eine Sanierung des Rohrleitungssystems in einer Form an, die weitere Einwüchse des Wurzelsystems von vorneherein verhindern.
98d)
99Entgegen der noch in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht der Kammer hat eine erneute Überprüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere Auswertung der gutachterlichen Feststellungen ergeben, dass die erforderlichen und vom Sachverständigen L vorgeschlagenen Reparaturmaßnahmen letztlich das gesamte Leitungssystem auf den Grundstück der Kläger betrifft, da weitere Schädigungen tatsächlich nicht zu erwarten sind. Auf Seite 22 seines Gutachtens führt der Sachverständige L nämlich aus, dass bei dem Einbau von Schlauchlinern nicht nur örtlich begrenzte Schadstellen sondern die gesamte Leitungslänge unter Einschluss der noch nicht betroffenen Leitungsteile in die Sanierung einbezogen wird. Es ist demnach eben nicht nur die im Termin angesprochene 11 m lange Leitung … betroffen, sondern auch die weiteren, im Rahmen des Gutachtens bezeichneten Leitungsteile mit einer Gesamtlänge von ca. 17 m, wie sich aus den Ausführungen auf Bl. 23 unten des Gutachtens ergibt.
100Dass darüber hinaus nach einer solchen Wiederherstellung aktuell oder in absehbarer Zukunft Schäden aufgrund des Wurzeleinwuchses entstehen könnten, ist nicht ersichtlich und von Klägerseite auch nicht hinreichend dargelegt.
1015.)
102ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Essen Urteil, 27. Apr. 2015 - 3 O 34/13
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Referenzen - Gesetze
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuss den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Verteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind.
(2) Der Verein gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.